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Junge Freiheit
Verteidigungspolitik Was die Bundeswehr jetzt dringend braucht
Die Bundeswehr muß stärker werden, heißt es parteiübergreifend aus Berlin. Doch Geld alleine macht keine schlagkräftige Armee. Was die Bundesregierung jetzt plant und wie Deutschland wieder verteidigungsfähig werden soll.
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Kaum Einsparungen Trumps Haushalt – big, beautiful, bezahlbar?
US-Präsident Donald Trump stellt seinen Haushalt vor – und liefert genug Gründe zur Kritik. Von den angeregten Kürzungen wird wenig umgesetzt. Wo soll aber das Geld herkommen? Eine Kurzanalyse.
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Bundestagspräsidentin empört Klöckner beklagt mangelnden Respekt im Parlament
Bundestagspräsidentin Klöckner ist nicht glücklich über den gegenseitigen Umgang im Parlament. Vor allem zwei Fraktionen mißbrauchten den Saal immer wieder für inakzeptable Aktionen.
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Nahrungsgebote und -verbote Über die Politisierung des Essens
Speise ist nicht einfach Speise – es ist ein moralisch-pollitisches Bekenntnis. Eigentlich war es das schon immer. Warum dieser Autor dennoch lieber mit Weintrinkern als mit Weltrettern tafelt.
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EIKE
Die gigantische Geldverschwendung für Net Zero
Ronald Stein und John McBratney „Grüne“ und „Net Zero“-Politiker glauben fälschlicherweise, dass erneuerbare Energie aus Wind und Sonne die Energie aus fossilen Brennstoffen ersetzen wird. Dazu der folgende Realitäts-Check: „Erneuerbare“ und „Fossile“ machen Verschiedenes Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert war Walöl ungenießbar und wurde hauptsächlich für Beleuchtung, Schmierung und die Herstellung von Seife, Textilien, […]
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Das Framing der Energiewende – Teil 3. Die Methoden des Framings
Teil eins beschäftigte sich mit Lügen und gezielten Falschaussagen, fehlendem Kontext und Halbwahrheiten, um das Scheitern der Energiewende zu vertuschen. In Teil zwei ging es um falsche Bezeichnungen und hippe Kunstworte. Im dritten Teil nun schauen wir uns Methoden des Framings an. von Frank Hennig Die deutsche Energiewende scheitert vor sich hin, aber die Verursacher […]
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Woher kommt der Strom? Windstromerzeugung wieder höchst volatil
22. Analysewoche 2025 von Rüdiger Stobbe Die letzte Maiwoche ist, was die Windstromerzeugung anbelangt, wieder höchst volatil. Die Schwankungen reichen von 30 GW bis hin zu 0,1 GW. Damit wird der Mai insgesamt einer der stärksten Windstromerzeugungsmonate im Vergleich zu den Maimonaten der Vorjahre. Nur 2021 wurde mehr Windstrom im Mai erzeugt. Bis auf den […]
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me658 Zwischen patriotisch, anti-woke und libertär
Zwischen patriotisch, anti-woke und libertär
»Mit Donald Trump, Elon Musk und Javier Milei nehmen drei unkonventionelle Macher den Kulturkampf der Linken an, sind entschlossen, deren Vorherrschaft im Westen zu brechen. Diese haben allen Grund, das ungewöhnliche Trio zu fürchten.« — Claudio Casula (NiUS), 15.11.2024 ⋙ Link
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me657 Hans-Georg Maaßen würdigt die NZZ als „Westfernsehen“
„Rechtsextremist“ Maaßen nutzt „Westfernsehen“
Dr. Hans-Georg Maaßen war Chef des Verfassungsschutzes. Jetzt gilt er seiner früheren Behörde als „Rechtsextremist“.
Siehe: Dushan Wegner: „Danke, Herr Maaßen!“, 1.2.2024 ⋙ Link
Die Aktenauszüge selbst lesen ⋙ Link
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eigentümlich frei
Bürgerlicher Anarchismus: Größter Steuerraub der europäischen Geschichte?
Katholische Kirche: Habuimus Papam!
Artikel der Woche (Radio): Umzug der Gralshüter des Globalismus
Geschäftsmodell: Der politische Unternehmer
EinBlick: Umzug der Gralshüter des Globalismus
Tichys Einblick
Dunkle Wolken am Himmel: Fehlende Meinungsvielfalt auf Bluesky treibt Nutzer zurück zu X
Mark Cuban, der Bluesky Ende 2024 mit dem optimistischen Post „Hello Less Hateful World“ beitrat und seither fast 2000 Beiträge veröffentlicht hat, äußerte nun in mehreren Posts scharfe Kritik, berichtet die New York Post. „Früher gab es hier spannende Debatten über Politik und Nachrichten – heute nicht mehr. Statt echter Diskussionen herrscht ein Klima der
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Die Schreibtischkrieger: Zu viel Führung, zu wenig Soldaten in der Bundeswehr
Eigentlich wollte Kanzler Friedrich Merz (CDU) mit seinen Worten Stärke zeigen. “Whatever it takes”. Er werde die Armee mit ausreichend Geld ausstatten. So die geplante Botschaft. Doch was rüberkam, war Schnoddrigkeit. Die Botschaft, dass es dem Regierungschef nicht nur egal sei, wie viel Geld in die Armee fließt – sondern auch, was dann dort mit
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Der ÖRR in der analen Phase
Ratgeber-Sendungen gehören immer noch zu den beliebtesten und erfolgreichsten Formaten, die das ansonsten schwer schwindsüchtige Fernsehen zu bieten hat. Klassische Inhalte sind dabei Tipps und Tricks, wie man alle möglichen Situationen bewältigen kann: Die Palette reicht von der Frage, wie man am besten tränenfrei eine Zwiebel schneidet (geht übrigens nicht), über den sauberen Reifenwechsel bis
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Ägypter stoppen Marsch von woke-linken „Aktivisten“ nach Gaza
Es ist ein typisches Schauspiel westlicher Selbstüberschätzung. Hunderte selbsternannte „Aktivisten“ machen sich auf, um in einem politisch wie sicherheitstechnisch hochsensiblen Grenzgebiet Stimmung für eine Sache zu machen, von deren Geschichte, Problematik und deren Tragweite sie nichts, aber wirklich absolut nichts wissen. Und viel schlimmer, auch gar nichts wissen wollen. Ausgerüstet mit hohlen Schlagworten, deren Sinn
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Nach gewonnener Vertrauensfrage: Tusks Koalition trotzdem vor dem Aus?
Der polnische Regierungschef Donald Tusk hatte die Vertrauensabstimmung nach der Niederlage seines Stellvertreters Rafał Trzaskowski bei der Präsidentschaftswahl angesetzt. Polens designierter Staatspräsident heißt Karol Nawrocki. Der von der konservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterstützte Kandidat hat vor zwei Tagen im Warschauer Königspalast seine Bestätigungsurkunde abgeholt und wird im August Andrzej Duda beerben. Die am
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Achse des Guten
Der Grillhammer
Leserkommentar der Woche: Aspekt der Wertschöpfung
Von wegen „Bildungspolitik“: Einfach Deutsch sprechen!
Morgen bei Indubio: Auswandern aus Deutschland
Neue Angriffswellen und bemerkenswerte Reaktionen
Israel gegen Iran: Wo stehen die deutschen Parteien?


Es hätte überhaupt
nichts Gutes und Großes
gegeben, wenn jeder
stets gedacht hätte:
Du änderst doch nichts!
ROBERT BLUM (1807–1848)
Michael Klonovsky • Acta diurna
Linke und Realität
Nichts irritiert den gemeinen Progressisten – oder meinethalben Woken – mehr, als die von seinen wohlmeinenden Illusionen abweichende…
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11. Juni 2025
„An den Meckerern, die immer nur dagegen sind, ist schon die DDR zerbrochen. Womit ich natürlich keinen Vergleich…
Der Beitrag 11. Juni 2025 erschien zuerst auf KLONOVSKY.
8. Juni 2025
(Für Debütanten im Kleinen Eckladen sei wiederholt: Wenn Sie diesen Text – es betrifft immer nur den jeweils…
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Oh Ironie!
Helmut Markwort predigte stets: Lassen Sie die Ironie, der Leser versteht sie nicht. (Was folgt ist nur eine…
Der Beitrag Oh Ironie! erschien zuerst auf KLONOVSKY.
31. Mai 2025
Heute soll es um ein Buch gehen, dessen Gegenstand von einer solchen Evidenz ist, dass man sich fragt,…
Der Beitrag 31. Mai 2025 erschien zuerst auf KLONOVSKY.
Leserbrief der Stunde
„Man würde doch meinen, dass sämtliche Schwulenlobbyverbände wegen des Lehrers in Berlin Alarm schlagen. Man würde doch meinen,…
Der Beitrag Leserbrief der Stunde erschien zuerst auf KLONOVSKY.
Höllenmai 2025, 25. Tag
Es gibt Städte, die sich offiziell für die Ausrichtung der Olympischen Spiele bewerben. Andere begnügen sich mit der…
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Sachsen, die de Maistre lesen *
Sachsen, die de Maistre lesen, Hält der Narr für Fabelwesen, Sachsen, die de Maistre lesen, Sachsen, die de…
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Boris Reitschuster
Wenn es um die nackte Existenz geht, ist „Diplomatie“ keine Lösung mehr

Reden ist immer besser als töten. Aber wenn ein Staat existenziell bedroht ist und Diplomatie scheitert, bleibt nur entschlossenes Handeln. Von Klaus Kelle.
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Bio, blutig: Der Mythos vom moralischen Fleisch

Verdeckte Aufnahmen zeigen erschütternde Szenen in einer Bio-Schlachtanlage. Was als ethische Alternative vermarktet wird, entpuppt sich als grausames System mit Wohlfühletikett.
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Das Václav-Havel-Prinzip oder das Erfolgsgeheimnis der Lauterbachs

Wer sich fragt, warum Politik heute oft so armselig wirkt, muss sich nur das Spitzenpersonal ansehen. Die Klugen schweigen. Die Getriebenen regieren. Und das ist kein Zufall, sondern System.
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Umwelthilfe verklagt Baden-Württemberg – wegen verfehlter Klimaziele

Es waren nur drei Wörter im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot, die bei Kritikern alle Alarmglocken schrillen ließen. Hochrangige Verfassungsrechtler witterten Panikmache und wiegelten ab – wohl zu Unrecht wie sich jetzt im Südwesten zeigt. Von Kai Rebmann.
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Ich bin rechts – Die Bekenntnisse der Giorgia Meloni

Italiens Regierungschefin ist vieles – nur nicht das, was ihre Gegner behaupten. Ein Blick auf Herkunft, Haltung und Aufstieg einer Frau, die sich dem Zeitgeist nicht beugt. Von Vera Lengsfeld.
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Alexander Wendt • Publico
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Publico Literatur Politbüro im Weißen Haus, Identitätsfurcht in Brüssel
Es kommt selten vor, dass ein amerikanisches Sachbuch fast zeitgleich in den USA und Deutschland erscheint. Im Fall von „Original Sin“ der Journalisten Jake Tapper und Alex Thompson, die den geistigen Verfall Joe Bidens und die Operation eines politisch-medialen Komplexes zur Leugnung des Offensichtlichen beschreiben, liegt das Buch seit Mai auch hierzulande unter dem Titel „Hybris. Verfall, Vertuschung und Joe Bidens verhängnisvolle Entscheidung“ vor.
Trotz deutlicher Schwächen,
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Zeller der Woche: Wiederkehr
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Die Berlinisierung der Republik (teilmöbliert, aber vorerst ohne Enzis)
von Jürgen Schmid
Was wird aus einer ganz normalen Straße, wenn aus ihr die Autos verbannt werden, um Radfahrern den Straßenraum zu überlassen? Eine „Fußgängerzone“, meint der Bezirksausschuss Haidhausen-Au in München.
Dieses grün dominierte Gremium arbeitete im Zusammenspiel mit dem „Mobilitätsreferat“ der Landeshauptstadt seit August 2024 daran, die Einkaufsmeile Weißenburger Straße zwischen Pariser und Weißenburger Platz in einer „Testphase“ für ein Jahr in einen „verkehrsberuhigten“ und „möblierten“ Abschnitt zu verwandeln,
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Zeller der Woche: antigrüne Hetze
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The GermanZ
Nicht ins Parlament schlendern, als wollte man „das Zimmer tapezieren“ – Bundestagspräsidentin mahnt Kleiderordnung für Abgeordnete an
von KLAUS KELLE BERLIN – Ist der Deutsche Bundestag, die Versammlung der frei gewählten Repräsentanten des Volkes, da, wo das Hochamt der Demokratie...
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Wenn es um die nackte Existenz geht, ist „Diplomatie“ keine Lösung mehr
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser! Ich habe heute Morgen noch niemanden gehört, der fordert, jetzt müsse man endlich diplomatische Lösungen finden, um...
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Israelischer Militärschlag gegen Irans Atomanlagen: Chef der Revolutionsgarden und Atomwissenschaftler getötet
TEL AVIV/BAGDAD – Nachdem Israel in der Nacht einen „Präventivschlag“ gegen iranische Atomanlagen und militärische Ziele ausgeführt, sowie mehrere hochrangige Militärs und Atomwissenschaftler...
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Deutschland-Kurier
Perverser gehts nicht: Berliner Grunewald wird gerodet, um „Klimaschutz“ zu betreiben!
Sogenannter Klimaschutz mit der Axt: In Berlin sollen Windkraftanlagen sogar auf wertvollen Grün- und Waldflächen entstehen – darunter der traditionsreiche Grunewald. DeutschlandKURIER-Kolumnist Alexander von Wrese analysiert den nächsten Akt des „grünen“ Wahnsinns: Wälder roden, um das Klima zu retten – eine absurde Ideologie gefährdet Natur, Tierwelt und Lebensqualität.
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Weltweit größter Rückversicherer steigt aus dem Klimaschwindel aus!
Munich Re, weltweit größter Rückversicherer, präsentierte sich bislang als Vorreiter im Kampf gegen den angeblich menschengemachten Klimawandel. Jetzt steigt der Konzern aus dem Geschäft mit dem Klimaschwindel aus. Die Nachricht ist sozusagen das i-Tüpfelchen in einer News-Trilogie aus dieser Woche. Es wird immer deutlicher: Das größte Lügengebäude, das es in der Weltgeschichte jemals gab, fällt […]
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Wer steckt hinter der Anti-AfD-Kampagne zur EU-Wahl? Tschechische Regierung versinkt noch tiefer im Korruptionssumpf
Ein Korruptionsskandal erschüttert die Tschechische Republik: Bitcoin im Wert von einer Milliarde Kronen – rund 41 Millionen Euro – hat das Justizministerium von einem verurteilten Kriminellen und Drogenhändler angenommen. Die Polizei ermittelt wegen Amtsmissbrauch, Geldwäsche und Drogenhandel. Justizminister Pavel Blazek von der liberalkonservativen ODS musste wegen dieser Affäre zurücktreten. Darüber wackelt die Regierung seines Parteifreundes […]
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Klimaschwindel: US-Studie bestätigt verzerrte Messungen durch Wärmeinsel-Effekt
Ein Großteil der in den letzten 125 Jahren an der Erdoberfläche gemessenen Erwärmung geht auf Temperaturmessungen an Orten mit wachsender städtischer Bevölkerung zurück. Dies führt dazu, dass der sogenannte Wärmeinsel-Effekt die aufgezeichneten Temperaturen verzerrt. Zu diesem Ergebnis kommt eine neuere Studie eines hochkarätigen Teams von Wissenschaftlern des Earth System Science Center (ESSC) an der Universität […]
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Tabuthema „Bevölkerungsaustausch“: Schon im nächsten Jahr könnten mehr als eine Million Asyl-Migranten eingebürgert werden!
Mit fast dreihunderttausend neu verteilten deutschen Pässen hat die Zahl der Einbürgerungen schon im Jahr 2024 einen neuen Rekord erreicht: Fast die Hälfte mehr als im Vorjahr, gegenüber 2020 sogar eine Verdreifachung. Laut Daten des Ausländerzentralregisters könnte schon 2026 die nächste Verdreifachung fällig sein: Mehr als eine Million Zuwanderer allein aus den Asyl-Hauptherkunftsländern Syrien, Afghanistan […]
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„Wie Deutschland tickt“ von Hermann Binkert
Was Deutschland wirklich denkt! Ein spannender Blick hinter die Kulissen moderner Meinungsforschung Die wichtigsten Erkenntnisse und Analysen über die Deutschen Vom Erfinder der »Sonntagsfrage«, der »die Deutschen besser kennt als sie sich selbst« (NZZ) Die politische Situation in unserem Land ist angespannt. Die Diskrepanz zwischen dem Willen der Regierenden und der Mehrheit in der Bevölkerung […]
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Epoch Times
Tierschützer hängen riesige Kuh vor das Brandenburger Tor
Kippt die ÖRR-Beitragspflicht? Klägerseite sieht gute Chancen auf Erfolg
Verfassungsschutzbericht 2024: Welche ausländischen Nachrichtendienste gefährden Deutschlands Interessen?
Ukrainer in Berliner Park mit Messer verletzt – mutmaßlich wegen Nationalität
TICKER Nahost-Eskalation | Israels Armee: Haben „Handlungsfreiheit“ im iranischen Luftraum
Spannungen in Nahost schlagen auch in Deutschland hohe Wellen
Regierungssprecher: Deutschland und Polen wollen irreguläre Migration eindämmen
„Auf dem höchsten Niveau der Infiltration“: So trifft Israel das Herz des iranischen Atomprogramms
NiUS • Die Stimme der Mehrheit
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Apollo News
Stadtfest wäre sonst abgesagt worden: Pirna investiert in Anti-Terror-Container

Ohne Terror-Abwehr-Poller hätte das Stadtfest in der sächsischen Stadt Pirna wegen Sicherheitsbedenken ausfallen müssen. Damit das nicht geschieht, hat man ...
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Dresden, Stuttgart, Meschede, Reutlingen: Wieder Messerangriffe und Schwerverletzte in zahlreichen Städten

Zwischen Mittwochabend und Freitagmittag ist es in mehreren deutschen Städten zu Gewalttaten gekommen, bei denen Menschen durch Messer oder körperliche ...
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Nur Tage nach Freispruch wegen angeblich beleidigender Habeck-Karikatur: Arzt ermordet

Der Arzt Wolfgang Conzelmann, der erst vor ein paar Tagen wegen einer Habeck-Karikatur vor Gericht stand, wurde am Freitagnachmittag leblos ...
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AfD erreicht in Bayern mit 22 Prozent neuen Umfragehöchststand

In einer aktuellen Civey-Umfrage zur politischen Stimmung in Bayern erreicht die AfD einen neuen Höchstwert. Würde am kommenden Sonntag ein ...
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Iran rechnete nicht mit israelischem Angriff vor Atom-Verhandlungen mit USA

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Baerbock, Habeck, Lauterbach: Der Wille zur Macht

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Weil er immer wieder an der Grenze zurückgewiesen wurde: Afghane greift Bundespolizisten an

Da er mehrfach an der deutsch-französischen Grenze von der Bundespolizei bei der Einreise nach Deutschland abgewiesen wurde, griff ein 22-jähriger ...
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Ägypter stoppen „Global March to Gaza“ – linke Aktivisten von Beamten und Zivilisten attackiert

Die ägyptischen Behörden haben den sogenannten „Global March to Gaza“ weitgehend zum Stillstand gebracht. Nach übereinstimmenden Berichten wurden in der ...
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Zuerst!
Kein Vergessen: US-Gesundheitsminister Kennedy entläßt Corona-Impfexperten
Washington. Während der Hochphase der Corona-„Pandemie“ veröffentlichte die US-Seuchenbehörde CDC, vergleichbar mit dem deutschen Robert-Koch-Institut, nahezu täglich neue Informationen und Richtlinien. Neben Infektions- und Todeszahlen […]
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Weiter auf der Siegerstraße: In Sachsen kaum noch Regierung ohne AfD möglich
Berlin/Sachsen. Die AfD erreichte bei der Bundestagswahl mit 20,8 Prozent ein historisches Ergebnis. Laut „Infratest dimap“ steigerte sie sich im April sogar auf 24 Prozent […]
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Gedankenverbrechen: Juristenlaufbahn wegen Romanfigur blockiert
Koblenz. Ein schwer verdaulicher Präzedenzfall im vermeintlich „besten Deutschland, das es jemals gegeben hat“ (Steinmeier): einem unbescholtenen Bürger wird der Zugang zum juristischen Beruf verwehrt […]
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Das Menetekel des Bürgerkrieges: Nächtliche Ausgangssperren in Los Angeles
Los Angeles/Washington. Das hat es in einem westlichen Land lange nicht mehr gegeben: seit Dienstagabend gilt im Stadtzentrum von Los Angeles eine nächtliche Ausgangssperre. Die […]
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„Friedenspolitischen Frontalangriff“: SPD-Revolte gegen Aufrüstung und Ukrainepolitik
Berlin. Die „Frankfurter Rundschau“ spricht geradezu von einem „friedenspolitischen Frontalangriff auf die Linie der schwarz-roten Koalition“: in einem scharf formulierten Positionspapier fordern zahlreiche prominente SPD-Politiker […]
Der Beitrag „Friedenspolitischen Frontalangriff“: SPD-Revolte gegen Aufrüstung und Ukrainepolitik erschien zuerst auf ZUERST!.
Migrantenboote binden Rettungskräfte: Jacht in Not muß warten
London. In den frühen Morgenstunden des vergangenen Samstags sah sich die britische Küstenwache wieder einmal mit dem Ansturm gleich mehrerer Migrantenboote konfrontiert. Als deshalb ein […]
Der Beitrag Migrantenboote binden Rettungskräfte: Jacht in Not muß warten erschien zuerst auf ZUERST!.
Noch mehr Bevormundung: Ministerium warnt vor Alkohol und Grillen
Berlin. Das neuerdings CDU-geführte Bundesgesundheitsministerium hat in seinem neuen „Musterhitzeschutzplan für den organisierten Sport“ Empfehlungen veröffentlicht, die nahtlos an die rote Bevormundungspolitik der Vorgängerregierung anknüpfen. […]
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Europas Rechte einig gegen Migration: „Organisierter Bevölkerungsaustausch“
Mormant-sur-Vernisson/Paris. Patriotische und EU-kritische Politiker aus mehreren europäischen Ländern sind am Montag auf Einladung von Marine Le Pen und ihres Rassemblement National (RN) zusammengekommen. Bei […]
Der Beitrag Europas Rechte einig gegen Migration: „Organisierter Bevölkerungsaustausch“ erschien zuerst auf ZUERST!.
Preußische Allgemeine
Reale Scheinwelt - Zwischen Traum und Wirklichkeit
Kultur - Universale Klänge
Politik - Verhaltene Kritik an der Ära Merkel
Der Wochenrückblick - Das können wir besser
Bildung - „Die Inklusion an den Schulen ist gescheitert“
Bundeswehr - Die Truppe benötigt Soldaten
Im Dienste Preußens - Peter von Colomb – die große Militär-Laufbahn eines Hugenotten
Kino - Die Axt im Schweizer Haus
Die freie Welt
Donald Trump stellt in den USA Recht und Gesetz wieder her
Trump: Iran soll Atom-Programm beenden, sonst werde vom Land »nichts mehr übrig« bleiben
Papst Leo kennt den Kommunismus – und weiß, woher der Gender-Wahn kommt
USA und NATO unterstützen offiziell nicht die israelischen Angriffe
Weltwirtschaft reagiert auf Eskalation: Der Rohölpreis steigt
Israel schlägt zu, Iran kontert: Der Krieg hat begonnen
Israel startet Luftangriff gegen den Iran
Australien erlebt katholisches Frühlingserwachen – ein Gegenbild zum westlichen Verfall
Compact
Der zweite ExorzismusCOMPACT+
Der Maler Emil Nolde – ein Nazi? Von den Nazis als «entartet» diffamiert, wird die Kunst Emil Noldes heute erneut verschmäht – zumindest von der Kanzlerin, die zwei Werke des Malers aus ihrem Büro abhängen ließ. Dies trifft einen Mann, der sich selbst im Zwiespalt befand. _ von Daniell Pföhringer «Ich tue bloß meine Pflicht», sagt [...]
Der Beitrag Der zweite Exorzismus<span class="badge-status" style="background:#">COMPACT+</span> erschien zuerst auf COMPACT.
Die Königsmacher: Der Elitenclub der Bilderberger
In Stockholm tagen noch bis Sonntag die Bilderberger: Sie stellen im Geheimen die Weichen der Weltpolitik – und heben höchste Repräsentanten auf den Thron. Transparenz und demokratische Legitimation? Fehlanzeige! Ein Beitrag aus COMPACT-Spezial: «Geheime Mächte Great Reset und Neue Weltordnung». Mehr darüber erfahren Sie hier. Telfs-Buchen, 11. Juni 2015: Das Interalpen-Hotel gleicht einer Festung. Schwer [...]
Der Beitrag Die Königsmacher: Der Elitenclub der Bilderberger erschien zuerst auf COMPACT.
Verbotswürdig? Bella Italia, triste Germania
Kein Scherz: Diesen Reisebericht aus COMPACT 6/2023 will uns das Bundesinnenministerium als verbotswürdig ankreiden – weil die Autorin das Stadtbild von Rom mit dem einer deutschen Metropole verglich («Niente Multikulti»). Giorgia Meloni hätte sich gefreut! Machen Sie sich selbst ein Bild: Alle Ausgaben, die uns im Prozess um die Ohren gehauen wurden, haben wir zu [...]
Der Beitrag Verbotswürdig? Bella Italia, triste Germania erschien zuerst auf COMPACT.
Russland: Export-Boom trotz Sanktionen
Die westlichen Sanktionen gegen Russland verpuffen angesichts neuer Wirtschaftsstrategien und geopolitischer Allianzen...
Der Beitrag Russland: Export-Boom trotz Sanktionen erschien zuerst auf COMPACT.
Netanjahus Ablenkungskrieg
Zitat des Tages: „Der zunehmend umstrittene israelische Premierminister profitiert innenpolitisch von der Eskalation. Einerseits lässt er sich von seinen radikalen Koalitionspartnern treiben, die offen von einer Annexion des Gazastreifens und des Westjordanlands sprechen. Andererseits kann Netanjahu durch die Eskalation des Konflikts von seinen sonstigen Verfehlungen ablenken: sowohl von seiner sicherheitspolitischen Verantwortung für den 7. Oktober [...]
Der Beitrag Netanjahus Ablenkungskrieg erschien zuerst auf COMPACT.
Angriff auf Iran – Netanjahu setzt Welt in Brand!
Israel greift Iran an – ein völkerrechtswidriger Schlag, der die Welt in Brand setzen kann. Und Trump klatscht Beifall! Über Hintergründe und Konsequenzen diskutieren unser Chefredakteur Jürgen Elsässer und André Poggenburg. COMPACT-TV ist für Sie gratis! Bitte spenden Sie zu unserer Unterstützung unter compact-online.de/unterstuetzen. [...]
Der Beitrag Angriff auf Iran – Netanjahu setzt Welt in Brand! erschien zuerst auf COMPACT.
USA: Kennedy räumt auf
US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. hat die einflussreiche ACIP-Impfkommission komplett neu besetzt. Diese Entscheidung unterstreicht seine Entschlossenheit. Hierzulande sind viele der bekannten Akteure aus der Corona-Zeit weiterhin aktiv. Die Dokumentation „Nur ein Piks“, jetzt auf DVD erhältlich, beleuchtet Impfschäden, die in Deutschland keine Beachtung finden. Hier mehr erfahren. Während der Corona-Jahre war die Gesundheitsbehörde Centers [...]
Der Beitrag USA: Kennedy räumt auf erschien zuerst auf COMPACT.
Wegen dieser Ausgaben soll COMPACT verboten werden
Alles rechtsextrem und völkisch? Machen Sie sich selbst ein Bild. COMPACT bietet unter dem Titel „Verboten gut!“ die vier Ausgaben an, die im Zentrum des Verbotsprozesses in Leipzig standen. Besorgen Sie sich diese heiße Ware, bevor sie vielleicht verboten wird. Jetzt zum günstigen Paketpreis – Sie sparen zehn Euro! Die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ist [...]
Der Beitrag Wegen dieser Ausgaben soll COMPACT verboten werden erschien zuerst auf COMPACT.
Ansage!
Bevölkerungsaustausch: Das alte London gibt es nicht mehr
Auf X hat die Bloggerin Carolin Farrow, Kampagnenmanagerin bei der Petitionsplattform CitizenGo, in einem bewegenden Tweet die verstörenden Eindrücke eines Besuchs in London geschildert. Ansage! dokumentiert Farrows Schilderungen nachfolgend in deutscher Übersetzung. Ich bin gestern Abend durch das Zentrum von London gelaufen und zu einer traurigen Erkenntnis gelangt: Die Stadt, die ich einst liebte, das London […]
<p>The post Bevölkerungsaustausch: Das alte London gibt es nicht mehr first appeared on ANSAGE.</p>
Gaza-Aktivisten lernen es auf die harte Tour
Das narzisstische Geseier eines westlichen “Aktivisten”, der in Ägypten, an der Grenze zum Gaza-Streifen, auf die Soldaten der Grenztruppen über einen Dolmetscher einredet, bei der “Befreiung Palästinas” zu helfen und ihnen vorwirft, ihn bei seiner angeblichen humanitären Mission behindert und sogar beschossen zu haben, dürfte das Lustigste des heutigen Tages auf allen Plattformen sein. Man […]
<p>The post Gaza-Aktivisten lernen es auf die harte Tour first appeared on ANSAGE.</p>
Der gigantische Sozialbetrug beim Bürgergeld geht munter weiter
Das Bürgergeld ist nicht nur in jeder Hinsicht ein Milliardengrab und als Konzept völlig gescheitert; es eröffnet auch, schlimmer noch als dies beim Vorgängerkonstrukt Hartz4 der Fall war, die Möglichkeit zu organisiertem Betrug. Laut Bundesarbeitsministerium wurden 2024 bundesweit 123.379 Verdachtsfälle auf Leistungsbetrug geprüft. In über 100.000 Fällen bestätigte sich der Anfangsverdacht, mehr als 44.000 Vorgänge wurden […]
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Klimafurcht und Gehorsam: Der unsichtbare Krieg gegen das Lebendige
Es beginnt wie immer: mit einer Warnung. Einer Zahl. Einer Kurve. Einer Sprache, die nicht mehr fragt, sondern formt. Der Mensch, einst Kind des Windes, wird zum Feind der Luft erklärt. CO₂ wird zum Fluchmolekül, zur Ursache allen Wandels, zur moralischen Schuld. Doch diese Schuld ist kein naturwissenschaftlicher Befund. Sie ist ein Mythos. Ein neuer […]
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Legitime Notwehr: Israels Präventivschlag könnte der Anfang vom Ende des Mullah-Regimes sein
Die vergangene Nacht begonnene israelische Angriffswelle gegen das iranische Atomprogramm ist die überfällige, im Grunde seit Jahren erwartete Reaktion des jüdischen Staates auf die permanenten Auslöschungsdrohungen des Mullah-Regimes und dessen Förderung des Terrors gegen Israel. Nachdem ein neues Atomabkommen diese Woche gescheitert war, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis Israel losschlagen würde. Die […]
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„Nimbus-Variante“: Der jüngste heiße Scheiß aus aus der Corona-Panikmanufaktur
Auch fünfeinhalb Jahre, nachdem der längst als größte Menschheitslüge und gelenkte kollektive Psychose entlarvte “Pandemie”-Irrsinn seinen Anfang nahm, wird das Kartell berufsmäßiger Alarmisten nicht müde, die gängigen Erzählungen nach bewährtem Muster weiterzuspinnen und immer neue Varianten und Virenmutationen als Bedrohung heraufzubeschwören. Wobei sich mittlerweile längst die Frage stellt, wer diesen Hirnmüll ernsthaft noch glauben soll. […]
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Journalistenwatch
Der tägliche Nahtod, oder warum unser Gesundheitssystem unheilbar krank ist
Weil sie das Geräusch nervte: Türkin schaltet Bettnachbarin das Sauerstoffgerät aus
Israels Befreiungskrieg – Steht die patriotische Szene vor der nächsten Spaltung?
Gaza-Aktivisten lernen es auf die harte Tour
Vergleich am Arbeitsgericht Gießen – Sieg für die Meinungsfreiheit
Wann kommt Jens Spahn in Untersuchungshaft?
Der gigantische Sozialbetrug beim Bürgergeld geht munter weiter
Der Sandwirt
Auf dem Plattenspieler: Israel Kamakawiwoʻole
Künstler: Israel Kamakawiwoʻole Song: Somewhere Over The Rainbow – veröffentlicht auf dem Album Facing Future, 1993 Mountain Apple Company Eines Nachts im Jahr 1988, irgendwann nach Mitternacht, klingelte in einem Tonstudio in Honolulu das Telefon. Der Inhaber, Toningenieur Milan Bertosa, hatte natürlich längst schon Feierabend. Doch er nahm ab – vielleicht aus einer gewissen Eingebung...
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Was bringt mehr Freiheit?
Auf X wurden Oliver Gorus sechs interessante Fragen „von rechts” gestellt, in denen es darum geht, wie mehr Freiheit die gesellschaftlichen Probleme lösen kann. Hier seine Antworten. Diesen Beitrag im Wurlitzer anhören: Alternativ können Sie den Podcast auch bei anderen Anbietern wie Apple oder Overcast hören. Dieser von Oliver Gorus selbst eingesprochene Audio-Beitrag ist in...
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Nazis raus!
Ja, Nazis raus … aber, wohin mit ihnen? Der deutsche Film- und Theaterregisseur Christoph Schlingensief hatte Anfang des Jahrtausends dazu eine umstrittene Idee. Er inszenierte das Stück „Hamlet“ und engagierte dafür kurzerhand Rechtsradikale und Neonazis, die aus der Szene aussteigen wollten. Gut, wer Schlingensief kennt, dürfte ahnen, dass es bei der ganzen Aktion nicht nur...
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Sein, Bewusstsein und ein bisschen Nihilismus
Wer da wen bestimmt – das Sein das Bewusstsein oder umgekehrt – ist vermutlich ebenso ungeklärt wie die Frage nach der Henne und dem Ei. Disruptive Ereignisse der Geschichte rufen oft einen plötzlichen Bewusstseinswandel hervor: 1919, 1945, 1989 – schon diese wenigen Daten der deutschen Geschichte belegen, dass die Niederlage eines Systems massiv auf das...
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Sandkörner #18
Es ist ja durchaus auch eine Form von Nachhaltigkeit, zuerst mit den Energiepreisen die Industrien aus Deutschland zu vertreiben und dann mit einer Vermögensteuer die Industriellen. Wozu haben wir uns eigentlich jahrzehntelang die größte Mühe gegeben, uns nicht wieder in einen Weltkrieg verwickeln zu lassen, wenn jetzt trotzdem Freiheitsbeschränkungen, Schulden- und Steuerlast schlimmer sind als...
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Ein Papst für die Gegenwart
Wir haben einen Leo. Das ist eine Überraschung, eine Erleichterung – und folgerichtig. Keinen anderen Papstnamen braucht die Gegenwart so dringend. Wie bei Leo I. steht der Westen unter Ansturm; wie unter Leo III. braucht es eine Transition zu stabilen, tradierten Werten in neuer Form; wie unter Leo XIII. rückt die Frage nach einer neuen...
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Europas Komplexität: Da hilft nur Subsidiarität
Angeblich springt der Frosch aus dem Topf, wenn man siedendes Wasser hineingießt; er bleibt aber bis zum Tod im Topf, wenn das Wasser langsam erhitzt wird. Genau das bahnt sich nun mit der Demokratie an, wie die rezenten Wahlen in Europa zeigen: Die liberale Demokratie steckt in einer tiefen, sich verschärfenden Krise, weil sie nicht...
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Auf dem Plattenspieler: Alicia Keys
Künstler: Alicia Keys Song: „Fallin’“ – veröffentlicht auf dem Album „Songs in A Minor“, 2001 J Records Wie klingt Musik, wenn klassische Kompositionstechniken auf urbane Sounds treffen? Eine Frage, die bis zur letzten Jahrtausendwende überraschend selten gestellt wurde – obwohl diese musikalische Verbindung eigentlich naheliegend ist. Es brauchte eine damals noch unbekannte, gerade einmal 20-jährige...
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Vera Lengsfeld
Warum Georgia Meloni rechts ist
Ich bin rechts – Die Bekenntnisse der Giorgia Meloni
Sie zwingen mich, meine Rundfunkbeiträge drastisch zu reduzieren
Wem nichts heilig ist
Die Zerstörung der Demokratie durch Haltungsmedien, NGOs und Wikipedia
Dushan Wegner
Es schlägt anders zu

Aus Wasser Wein, nicht Selleriesaft

Ein adäquates Gefühl der Dringlichkeit

Und dann spürte ich, dass das Böse existiert

»Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen«

Matthias Matussek
Matussek!: Clapton
Eric Clapton – Lichtgestalt des Blues, gezeichnet von Liebe, Verlust und Widerstand. Matussek erinnert an große Songs und dunkle Kapitel. Danach geht’s ans Eingemachte: eine Abrechnung mit Jan Böhmermann – scharf, literarisch und ohne Filter. Plus: Briefe & Sondersendungs-Idee. Jetzt reinhören!
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Liebe Pleite-EU
Warum ist die EU pleite? Matussek gibt eine klare Antwort: Ursula von der Leyen. In einer scharfen Abrechnung nimmt er Impfstoffdeals, Green Deal, Ukraine-Milliarden und Machtmissbrauch ins Visier. Ein flammender Kommentar über Korruption, Selbstherrlichkeit – und das Schweigen der Medien.
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Matussek!: Dylan
Bob Dylan – Rebell, Poet, „Song and Dance Man“: Matussek folgt dem jungen Dylan, von Folk bis Protest, und fragt: Wo bleibt der Aufstand heute? Zwischen Kulturzyklen, grüner Rückwärtssehnsucht und Merz'scher Aufrüstung – mit Literatur, Musik und klarer Kante. Jetzt reinhören!
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Die Kirche atmet auf: Kein Sponti-Papst!
Ein Kommentar von Matthias Matussek.
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Liebe Merz-Verräter
Ein Kanzlerwahl-Verrat, wie aus dem Lehrbuch: Matussek analysiert das chaotische Ringen um Friedrich Merz, spricht von Gewissensmut, Machtspielchen und gebrochenen Brandmauern. Verräter, Karrieristen, Linken-Kungelei – und ein Elefant im Raum namens AfD. Ein Kommentar mit Wucht.
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Roger Letsch • Unbesorgt
Morde in Südafrika: Sind jetzt Musk und Trump schuld?
Es läuft gerade nicht gut in Südafrika, und Nachrichten darüber, wie es dort gesellschaftlich und wirtschaftlich immer weiter bergab geht, dringen bis ins Lagebewusstsein des deutschen Durchschnittsbürgers, wo bislang noch hartnäckig der schöne Regenbogentraum des Nelson Mandela zuhause war. Dabei ist weiße Apartheid längst Geschichte, es gibt immer wieder freie Wahlen, Regierungen werden gebildet und […]
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Weiße Opfer darf es nicht geben
Bis heute sind sich die Medien nicht einig darüber, ob Trump nun ein gerissener und skrupelloser Dieb ist, der Schwarze hasst und bei Putin auf der Gehaltsliste steht, oder doch nur ein dicker alter Mann mit orangen Haaren, dessen IQ in der Nähe der Zimmertemperatur liegt und dessen Rhetorik neben einem Kutscher ausgebildet wurde. Deshalb […]
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Das ordnungsgemäße Verfahren
Zieht man eine Quersumme der Meldungen deutscher Medien über die Nachrichtenlage in den USA, könnte man glauben, dort drehe sich gerade alles um beleidigende Äußerungen Trumps, Eierpreise, Zölle und den Absturz einer Weltmacht in die Bedeutungslosigkeit. Schließt man aus dem gehörten auf die Stimmung in den Vereinigten Staaten, müssten sich die Zustimmungswerte für Präsident Trump […]
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Tollkühne Frauen in einer fliegenden Kiste
Der Unterschied in der Berichterstattung könnte kaum größer sein: Die erfolgreiche Rückkehr einer Dragon-Kapsel von SpaceX am 19. März mit zwei gestrandeten Nasa-Astronauten wurde medial eher schulterzuckend registriert, während der Flug der „New Shepard“ von Blue Origin am 14. April mit Pressesuperlativen überschüttet wurde. Seit sechzig Jahren sei dies der erste Weltraumflug, bei dem nur […]
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Die Doppelmoral deutscher Medien beim Thema Raumfahrt
Etwa 500 Meter hoch stieg die Rakete. Doch der hin und her gehende Vektor des Abgasstrahls verriet schon nach wenigen Sekunden, dass etwas nicht stimmte. Die Bodenkontrolle schaltete die neun Triebwerke aus, und die etwa 30 Meter lange Spectrum-Rakete des deutschen Start-ups Isar Aerospace schlug nur wenige Hundert Meter vom norwegischen Startplatz entfernt mit einer […]
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Hadmut Danisch
Antifa greift Grüne an
Die Universitäten sollen für Gender Studies und ähnlichen Mist künftig haften
Von Hirnfehlern, fehlenden Außenspiegeln, fiesen Handgranaten und einem ganz blöd verstorbenen Polizisten
Was der Absturz einer Boeing mit der Bauchlandung einer Luxair zu tun haben könnte
Frisch geschlachtet
Geolitico
Nietzards Kampf gegen die Männlichkeit
Wie eine fundierte Beratung Effizienzpotenziale aufzeigt
Jordanien als Ziel aller Palästinenser?
Als Deutschland protestantisch wurde: Vor 150 Jahren eskalierte der Kulturkampf
Ausweitung der Kampfzone: 500 Jahre Bauernkriege
Fassadenkratzer
Dr. Fuellmich per Audio aus U-Haft: An Vorbereitung für Revisionsverfahren schwer behindert
Unabhängige Wissenschaftler appellieren an Parlamente: WHO stoppen!
Zur Bedeutung des Pfingstfestes
Die Erinnerungen der Schwedin Barbro Karlén an ihr früheres Leben als Anne Frank
Ein Volk ohne Volksabstimmungen ist nicht der Souverän
Alexander Wallasch
HateAid hätte niemals Trusted Flagger werden dürfen: Grüne Zensur durch die Hintertür
Die Bundesnetzagentur macht HateAid zum Trusted Flagger, doch hinter der Fassade lauern Campact und grüne Verflechtungen. Ist das der nächste Level der politischen Verfolgung im Netz?
Sevim Dağdelen fordert: Israels Staatsterrorismus stoppen
Die BSW-Politikerin Sevim Dağdelen muss Israels Angriff gegen den Iran gar nicht selbst verurteilen, sie braucht dafür nur die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitieren. Für die FAZ ist es eindeutig: Das Atomprogramm ist für das iranische Regime Lebensversicherung und keine Angriffswaffe.
Joachim Steinhöfel: „Die Mullahs sind heute Morgen um drei Uhr mit schlotterndem Kaftan aufgewacht“
Israel bombardiert Irans Atomprogramm. Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel nennt es einen historischen Schachzug gegen die „Islamofaschisten“. Im Interview erklärt er, warum dies ein Dienst an der freien Welt ist und warum Deutschland in der Krise irrelevant bleibt.
Krah im Kreuzfeuer: Remigration oder Rückzug?
Verleger Götz Kubitschek bohrt tief in die deutsche Wunde: Von der „Abstammungsgemeinschaft“ zur Parallelgesellschaft. Anlass ist die Neujustierung seines Autors Maximilian Krah. Der inszeniert sich gern als Enfant terrible der AfD-Fraktion – und wagt sich nun in eine völlig unerwartete Richtung.
Attentat auf die Zeitenwende: Friedensbewegte Alt-Genossen zünden Friedensbombe
Ralf Stegner und seine Genossen hissen die weiße Fahne Richtung Moskau. Mit Friedenstaube im SPD-Logo drehen sie der NATO den Rücken. Verrat an der Ukraine oder kühner Befreiungsschlag?
Der Krieg ist scheiße – aber die Rheinmetall-Aktie ballert voll geil
Während die Welt nach Frieden schreit, boomen die Aktien der Waffenhersteller. Business Insider preist Rheinmetall wie Küchenware, und selbst kritische Geister verkaufen Kriegsprofite mit Kurspotential. Ist das die neue Normalität, wo der kleine Mann vom Sofa aus am Gemetzel verdient?
Milosz Matuschek
Drohnenangriff auf die Kriegsmüdigkeit
Geimpft, gefügig, geopfert – Die fehlende Front der Folgebereiten
Bitcoin an der Zeitmauer: Es geht um Resilienz statt nur um Rendite
Wenn es schneit im Mai – oder: In der Kokaine nichts Neues?
Egon W. Kreutzer
Julies Woche – Update online
Jeden Samstag neu. Der Rückblick auf die Woche.
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Es knallt im Nahen Osten
Ein Krieg, der seit Jahrzehnten in der Luft liegt, aber immer wieder aufgeschoben wurde, ist nun begonnen worden. (Nein! Ausgebrochen ist er nicht!) Der Iran steht schon lange auf der Wunschliste der US-Außenpolitik. Dass Israel jetzt alleine zugeschlagen hat, rechne ich meiner Vermutung zu, dass frühere US-Präsidenten Israel immer glaubhaft damit vertrösten konnten, der Zeitpunkt sei ungünstig, aber man werde bei nächster Gelegenheit gemeinsam losschlagen, bis Netanjahu in Donald Trump einen US-Präsidenten zu verkraften hatte, ||| ... weiterlesen
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Es brodelte im Sommerloch
Liebe Leser, der nachstehende Text über das Sommerloch 2025 war gestern Abend fertig. Ich ahnte nicht, dass Netanjahu das schöne Sommerloch in der Nacht zuschütten würde. Die vorausgehende Evakuierung von US-Personal aus der Region hatte ich zwar mitbekommen, aber nur als flankierende Maßnahme für die bevorstehene Verhandlungsrunde mit dem Iran angesehen, den Druck ein bisschen erhöhen, vorbereitet sein auf eine Eskalation, falls nicht das gewünschte Ergebnis herauskommen sollte. Im Ergebnis ist nun wieder für echte ||| ... weiterlesen
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Dystopische Zukunftsszenarien – alles zu kurz gedacht
PaD 23 /2025 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad23 2025 Dystopische Szenarien Ganz im Ernst gefragt: Wann ist Ihnen zuletzt eine hoffnungsfrohe Utopie begegnet? Unsere auf die Zukunft gerichteten Gedanken finden dort nur dystopische Szenarien vor, die geeignet sind, die Lebensfreude und – auf mittlere Sicht – das Leben selbst zu zerstören. Betroffen sind allerdings nicht nur die noch selbst denkenden Menschen. Die Dystopien werden allen vermittelt. In den Schulen und in den ||| ... weiterlesen
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KI als Beweis – die Fehlschluss-Pandemie
Argumentum ad auctoritatem. Ein rhetorischer Trick, der insbesondere Laien gegenüber durchschlagende Wirkung entfaltet, geht so: Man legt einer anerkannten Autorität, ob nun Marx, Einstein, Baerbock oder Dutschke, ein ( gerne auch frei erfundenes) Zitat in den Mund, und der Laie muss kapitulieren. Er kennt das nicht, doch weil er dem Fehlschluss unterliegt, dass Zitate aus großem Munde „die Wahrheit“ sein müssten und sich zudem auch auf die konkret vorliegende Situation anwenden ließen, ist ihm die ||| ... weiterlesen
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Von Rechten und Pflichten
Kleines Einmaleins der Staatsbürgerkunde: Wer Pflichten hat, muss auch Rechte haben. Doppeldenkistischer Verwirrtext Kennen Sie das? Man hat ein Wort im Kopf und während man es sich wieder und wieder laut oder leise vorsagt, beginnt es auf seltsame Weise seinen Inhalt zu verlieren, in sinnlose Laute zu zerfallen. Was ebenfalls vorkommen kann, ist die Erkenntnis, dass in diesem Wort eine vollkommen andere Bedeutung auftaucht. Versuchen wir es einfach einmal mit Pflicht: Pflicht ||| ... weiterlesen
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Bastian Barucker
Meinungsfreiheit in Gefahr! – im Gespräch mit Anwalt Jan Ristau
Die Freiheit, seine eigenen Gedanken und Ansichten zu äußern, ist ein elementarer Grundpfeiler der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Demokratie beruht auf der Annahme, dass mündige und informierte Bürger Wahlentscheidungen treffen können. Laut Grundgesetz „hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert […]
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Gazakrieg und Meinungsfreiheit – mit Juristin Melanie Schweizer
Seit dem entsetzlichen Terroranschlag der Hamas auf israelische Zivilisten und der damit verbundenen Geiselnahme Dutzender Menschen am 7. Oktober 2023 bekommt die Lage rund um den Gazastreifen verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit. Die Antwort der israelischen Regierung auf den Angriff nimmt immer brutalere Ausmaße an, so dass sogar der Internationale Gerichtshof (IGH) die von Südafrika vorgebrachten Vorwürfe […]
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Was steht in den RKI-Protokollen? Vortrag von Bastian Barucker
Am 16. Mai 2025 sprach ich auf Einladung der Bürgerinitiative für Frieden und Grundrechte Oberhavel-Steht-Auf in Oranienburg über die Protokolle des Corona-Krisenstabs des Robert Koch Instituts (RKI). Meine inhaltlichen Schwerpunkte lagen auf der aus diesen Protokollen hervorgehenden Aspekte einer offenbar weitestgehend nicht vorhandenen wissenschaftlichen Grundlage eines Großteils der sogenannten Corona-Maßnahmen sowie dem enormen Einfluss der […]
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Chefredakteur über Journalismus und die Corona-Berichterstattung
Philippe Debionne, der bereits seit über 25 Jahren als Journalist tätig ist, wechselte im Herbst 2024 vom Berliner Verlag zum Nordkurier. Dort leitet er seitdem die Chefredaktion. Anfang Mai war er bei Pfarrer Thomas Dietz in der Malchower Kirche zu Gast. An diesem Abend sprach er über die Rolle der Medien während des Corona-Geschehens, über […]
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Klimawandel & Energiepolitik – mit Fritz Vahrenholt und Axel Bojanowski
Eines der national und international dominantesten politischen Themen ist die vermeintlich hauptsächlich vom Menschen verursachte “Klimakrise“. Täglich wird diese als starke Bedrohung dargestellt, und hierbei lässt sich in der Sprache eine Eskalation erkennen. Aktuell sind wir laut , António Guterres, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, im Zeitalter des „globalen Siedens“ angelangt. Viele Staaten der Welt […]
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Joh. K. Poensgen • Fragen zur Zeit
American Prigozhin (English version)
Audiotext: American Prigozhin (English version)
American Prigozhin
Audiotext: American Prigozhin
Gedankensplitter (56): Sind Zoomer zu degeneriert für One Night Stands?
The Boers need their own state
Atlas Initiative
Gedenken an Prof. Dr. Hanns-Christian Salger
Wahlen in Gefahr – unterstützen Sie die Verfassungsbeschwerde zur Landtagswahl Sachsen 2024
„Die deutsche Frage“ von Wilhelm Röpke
Unschlagbarer Weg der Erleichterung
Die Genossenschaft Menschlich Wirtschaften – Gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft
Sächsische Landtagswahl vor rechtlicher Prüfung!
Im Rausch der Dekadenz
Ein Fest der Freiheit – Mitgliederversammlung 2024
Willy Huhn: Der Etatismus der Sozialdemokratie
Wie wären freie Privatstädte mit Covid umgegangen?


International
Neue Zürcher Zeitung
LIVE-TICKER - Krieg in Nahost: Ägyptens Aussenminister warnt vor Chaos in der ganzen Region +++ Israel droht Iran mit schweren Konsequenzen
LIVE-TICKER - Krieg in der Ukraine: Ukraine zielt mit Drohnen auf russische Chemiefabriken
BILDSTRECKE - Israel greift Ziele in Iran an, nun hat Teheran zurückgeschlagen
Tote und Verletzte in Israel, Explosionen in Tel Aviv: So schlägt Iran zurück
Schweizer Monat
Warum wir gerne irrationale Politik unterstützen
Neues Sprachrohr für KMU
Gute Informationen sollten sich lohnen
Brüssels Protektionismus ist ein Verrat an den eigenen Werten
Brussels’ protectionism is betraying its own core values
Aus Aussenseiterinnen werden Heldinnen
Vom «Krüppel» zur Zielgruppe
Bin ich als Mann privilegiert, weil ich keine Kinder bekomme?
Budapester Zeitung
Dollar oder besser Rubel?
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Stolz auf Partnerschaft
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Aussetzung der Staatsbürgerschaft wird möglich
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Weniger Autos in Esztergom gebaut
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Fünf neue Wissenszentren kommen
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Sehr optimistisch!
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Budapest am Anschlag?
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Alles wird privatisiert!
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Unser Mitteleuropa
Sohn des ehemaligen Schahs ruft Iraner zum Umsturz auf
US-Sondergesandter gesteht – Ukraine-Konflikt ist NATO-Stellvertreterkrieg gegen Russland
Die auffälligen Tode der Corona-Kritiker – von Milosz Matuschek (Podcast)
Iranische Raketen schlagen in Israel ein – Mindestens 3 Tote und 80 Verletzte (Videos)
EU plant totale Kontrolle über das Wasser bis zu möglichen Lockdowns
Israel/Iran+ + UPDATE v. 22:00 Uhr + Iran beschießt Tel Aviv (Video)
Internationale Reaktionen auf Israels Angriff
America Out Loud News
unzensuriert.at


Feine Magazine
CATO
Editorial Heft 4 | 2025
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KRIEG UM DEN NORDPOL
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KRIEG UND FRIEDEN
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DIE GRÜNE STAATSPARTEI
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EIN MAESTRO AUS DEUTSCHLAND
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DER MIT DEN GRÜNEN TANZT
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TUMULT
Thomas Hartung: WIDER DIE EIGENEN ZENSURREFLEXE
Christoph Ernst: AN DIE INTENDANTEN – REDUZIERUNG MEINER RUNDFUNKBEITRÄGE
Thomas Hartung: FEIERTAGE ALS FRONT IM KULTURKAMPF
André Knips: ZWISCHEN LETZTEM LICHT UND ERSTEM KLANG
Hans Günter Holl: WISSENSCHAFT UND KI
Sezession
Die Fließrichtung der Partei
Hinter den Linien. Tagebuch – Montag, 9. Juni
Ist das alles wirklich nur Wehmut?
Europäische Notizen (9): Polen wählte, BSW und AfD gratulierten
Die neue “Weltbühne” – war’s das?
Jesus, Venner und wir
Recherche D
51 Wikipedia-Lebensläufe korrigiert
Nationales Recht gegen globale Rechtlosigkeit: Die Macht der Anwälte
Nationales Recht gegen globale Rechtlosigkeit: Die Macht der Anwälte Weiterlesen »
Wikipedia-Korrektur: 23 Lebensläufe online
(Politisch motivierte?) Kontokündigung
Startschuss für unsere Startelf
Wikipedia-Korrektur
Nachruf auf Prof. Peter Ruben
Wir selbst
Erdbeeren in Burgunder: Ein Abend mit Harald Martenstein in den Räumen einer Studentenverbindung
Vor 75 Jahren starb Ernst Wiechert, eine bedeutende Stimme der Inneren Emigration
Kinder an die Macht: Die große Pizza-Erdbeereis-Verschwörung
Europa und die Seele des Ostens – eine Buchbesprechung
Das Kriegsende 1945 – Der Schrecken hatte viele Namen
Krautzone
Thomas Mann hat alles zu „unserer Demokratie“ gesagt
Berufsverbot für John Hoewer
Die Aufstände von Los Angeles
Wege aus der „Wohlstandsfalle“
Freilich
Wer die Migration begrenzen will, muss auch außenpolitisch denken
Grenzkontrollen allein lösen das Migrationsproblem nicht. Warum beginnt effektiver Schutz deshalb weit vor der EU-Grenze? Bruno Wolters blickt kritisch auf Symbolpolitik und die Rolle der Außenpolitik.
Junge Familien ohne Chance: Schweizer Rentner bunkern Immobilienbesitz
Immer weniger junge Menschen können sich ein Eigenheim leisten, während viele ältere Menschen bereits im eigenen Haus wohnen. Experten sehen ein Problem mit Sprengkraft.
Studenten in den Schlagzeilen – Studentenverbindungen in der Öffentlichkeit
Hinter hohen Zäunen und verschlossenen Türen liegt die Welt der Studentenverbindungen, die für viele ein lebenslanges Rätsel bleibt. Doch dann und wann treten Verbindungsstudenten gewollt oder ungewollt in die Öffentlichkeit – drei medienwirksame Auftritte.
Burschenschaftsdenkmal in Eisenach – Zwischen deutscher Einheit und studentischer Freiheit
Hoch über der Stadt Eisenach thront das Burschenschaftsdenkmal. Das steinerne Bauwerk erinnert an die Freiheitsbewegung deutscher Studenten im 19. Jahrhundert und ist bis heute ein umstrittenes, jedoch historisch bedeutendes Symbol.
Appell: Marxisten wollen punktuell mit AfD zusammenarbeiten
Marxistische Intellektuelle fordern eine Ausweitung der Friedensbewegung, auch durch eine punktuelle Zusammenarbeit mit der AfD. Die alten Lagergrenzen seien überholt.
Libratus • Das Magazin
Corrigenda
Weiblichkeit nach der Bibel: Eine Hilfe, die dem Mann gegenübersteht
Ist das biblische Bild der Weiblichkeit rückständig, wie gern behauptet wird, oder kann man Inspiration daraus ziehen? Ein Einwurf
Kinder als Social-Media-Stars: Kidfluencer: Der Öffentlichkeit gnadenlos ausgeliefert
Immer mehr Kinder präsentieren sich auch hierzulande auf YouTube und Instagram. Doch hierbei handelt es sich nicht einfach um ein nettes Hobby. Sondern um von ehrgeizigen Eltern forcierte Kinderarbeit, die kinderrechtliche Probleme und große Gefahren mit sich bringt.
Leben ist jetzt – Die Real Life Guys: Kurzes Leben, große Wirkung
Der Spielfilm „Leben ist jetzt – Die Real Life Guys“ ist nun für das Heimkino verfügbar. Er erzählt die bewegende Geschichte der Zwillingsbrüder Philipp und Johannes Mickenbecker, die mit ihrem Action-YouTube-Kanal „The Real Life Guys“ begeisterten.
Kolumne von Stefan Millius: Raus aus den Alpen?
Die Schweizer Alpen soll man aus der Ferne bestaunen oder auf Postkarten abbilden – aber bitte nicht dort wohnen. Diese neueste Forderung der „Städter“ geht an der Lebensrealität völlig vorbei.
Kolumne von Oliver Stock: Die Wahrheit des anderen
Unter Paaren gibt es unterschiedliche Namen für die gleichen Dinge. Wenn man das erstmal weiß, halten Beziehungen ewig. Selbst Donald Trump und Elon Musk wären noch zusammen.
Manova
Bukeles Blaupause
In El Salvador wurde das Musterbeispiel einer privatisierten Gefängnisindustrie geschaffen, die einen großen Teil der Bürger inhaftiert hält — andere Länder könnten nachziehen.
Begegnung mit einem Deserteur
Ein Ukrainer erzählt, warum er von der Fahne ging — er will leben, nicht kämpfen. Exklusivauszug aus „Donbassdonner: Ein Reisebericht von der anderen Seite der Geschichte“.
Autonome Zerstörung
Deutschland liefert KI-Drohnen an die Ukraine — dabei wird eine ethische Grenze überschritten, die bisher galt.
Zukunft? Machen!
Im Manova-Exklusivgespräch gibt Tom-Oliver Regenauer einen Einblick in die neue GEGENDRUCK 5 mit konkreten Vorschlägen, was wir schon heute besser machen können, um ein lebenswertes Morgen zu ermöglichen.
Einstürzendes Lügengebäude
Was den Menschen durch „Impfung“ und Corona-Maßnahmen angetan wurde, könnte nicht einmal eine seriöse Aufarbeitung angemessen sühnen — selbst diese wird uns aber bisher verweigert.
Das Ende der Geduld
In Libyen finden weitere Demonstrationen gegen Premier Dabaiba statt — unterdessen kämpfen ausländische Mächte um Einfluss.
Es reicht!
Solange wir unsere Schattenseiten nicht sehen wollen, wird sich die Welt nicht zum Besseren wenden. Eine Antwort auf den Aufruf von Manova, das Politische privat zu machen.
Das Tahiti-Projekt
Die Zerstörung der Welt oder Leben im Ökoparadies? Begleiten Sie den Hamburger Spitzenjournalisten Cording auf seiner Reportagereise. Teil 18.
Unwillkommene Helferin
Deutsche Medien und Politiker bekämpfen nicht den israelischen Genozid in Gaza, sondern den Protest von Greta Thunberg & Co. gegen diesen.
„Zur Hölle mit dem Krieg!“
Von dem Blutvergießen zwischen Völkern profitieren so viele Branchen, dass sich Staatenlenker offenbar aufgefordert fühlen, immer neue Konflikte zu inszenieren.
GlobKult
Souverän für Amerika
Walt Whitman: Demokratische Gesänge
überzogen von Vade Retro
Eine NATION (viele in einer) meldet sich zu Wort.
Wachsend aus eigener Substanz verschaffe ich mir Respekt /
Weise nichts zurück / akzeptiere alles / gebe es wieder nach meiner Weise.
Eine Brut / bezeugt durch den Fußabdruck ihres Verhaltens.
Wir sind was WIR SIND. Geburtsrecht entkräftet / was man uns vorwirft.
Wir führen uns / wie eine Waffe geführt wird /
Denn unser ist die Kraft und die Macht.
Wir regeln unsere Angelegenheiten selbst / selbstgenügsam / divers.
Wir sind uns selbst am schönsten /
Nichts / was nicht von uns kommt / kann Sünde sein.
Was immer seinen Auftritt bekommt (oder nicht):
Ob schön / ob sündig / entscheiden wir.


Wissen & Erfahrung
Kalte Sonne
Neues von der Klimaschau: Folgen 222-225
Die Nordsee “überhitzt” aktuell…
Fritz Vahrenholt: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wird an der Knappheit kritischer Metalle scheitern
Spenden für das Blog
Das Durchdreh-Symptom
Pfingsten und das Stromnetz: Mit einem blauen Auge davongekommen
Bestrafe mich!
KI-Gespräch über den klimatischen Einfluss von SO2-Abgasen
ScienceFiles • Kritische Wissenschaft
Männer mit Messer: Schwätzperten-Galore beim MDR
„Islamophobie“ als Mittel zur Zerstörung westlicher Werte – wie die UN Religionsfreiheit gegen Meinungsfreiheit ausspielt
Noch ein Krieg
„Rechter ausländerfeindlicher Pöbel“: Das unterkomplex simplizistische Weltbild der Linken
Unkontrollierbare Reize: Wenn Windräder zu Mitteln des Psychoterrors werden
TKP • Der Blog für Science & Politik
Trump Anhänger gespalten über Unterstützung von Israel
Trump war gewählt worden dank des Versprechens Frieden zu schaffen. Mittlerweile ist er aktiv in mehrere Kriege verwickelt, zuletzt in den Angriffskrieg gegen den Iran. Das trägt ihm auch in der eigenen Basis immer schärfere Kritik ein. Der Krieg gegen den Iran nimmt mittlerweile an Heftigkeit zu. Israel hatte den Iran überrascht und es gelang [...]
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3 Jahre Sanktionen gegen Russland: EU-Wirtschaft in der Rezession und explodierende Kosten
Das Sanktionsregime der EU begann 2014 nach dem Maidan Putsch und dem Anschluss der Krim an Russland. Seit Februar 2022 wird es laufend verschärft, sehr zum Schaden der Wirtschaft. Mehr als drei Jahre nach der Ausweitung des Konflikts durch den Einmarsch russischer Truppen ist die Bilanz der vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen durchwachsen, berichtet [...]
Der Beitrag 3 Jahre Sanktionen gegen Russland: EU-Wirtschaft in der Rezession und explodierende Kosten erschien zuerst unter tkp.at.
Wichtige Studie: „Massive metallische Objekte“ in Körpern von Covid-Geimpften gefunden
Eine brisante, von Fachkollegen begutachtete Studie hat bestätigt, dass die zunehmenden Berichte über „iatrogenen Magnetismus“ durch „massive metallische Objekte“ verursacht werden, die sich im Körper von Menschen bilden, die Covid-mRNA-„Impfstoffe“ erhalten haben. Die Forscher fanden heraus, dass sich „mehrere Monate nach der Injektion“ große Metallobjekte mit einem Gewicht von „bis zu 70 Gramm“ bilden. Die [...]
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Der gesamte Planet wird von einem Todeskult als Geisel gehalten
Kommen wir zum Wesentlichen. Der verheerende Angriff auf den Iran durch die psychopathologische, genozidale „auserwählte“ ethnisch-supremacistische Gruppe in Tel Aviv – eine de facto Kriegserklärung – wurde bis ins Detail mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, Zirkusdirektor Donald Trump, koordiniert. Dieser von Infantilismus geplagte Narziss, der in seinem eigenen Spiegelbild ertrunken ist, hat sich in [...]
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Ähnlichkeiten zwischen Israels Angriff auf den Iran und auf Russland strategische Bomber
Das israelische „Spinnennetz“ zeigt die gleiche Handschrift wie das der Ukraine. Als Planer des Angriffs auf Russlands strategische Bomber, wurden immer wieder die Geheimdienste Israels, Großbritanniens und der USA genannt. Die Handschrift ist jedenfalls gleich. Die israelische Operation „Rising Lion“, die darauf abzielt, die nuklearen und Langstreckenwaffenfähigkeiten des Iran zu neutralisieren, begann mit einem nächtlichen [...]
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Österreich: Geburtenrückgang geht dramatisch weiter
Gynäkologe Fiala: Februar 2025 mit wenigsten Geburten seit 1951. Die nun veröffentlichten Geburtenzahlen der Statistik Austria für das erste Quartal 2025 zeigen einen bedrohlichen Trend. Die mRNA-Impfkampagne sorgt weiter für eine anhaltende Bevölkerungsreduktion, die angeblich gut für den Planeten ist. Besonders dramatisch wirken sich die Impfschäden in einem Rückgang der Geburtenzahlen aus. Im Jahr 2022 [...]
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Operation Erhebung des Löwen: Regimewechsel im Iran?
Seit einigen Stunden läuft die neue Militäroperation Israels gegen den Iran mit dem Namen „Erhebung des Löwen“. Das und weitere Aussagen deuten klar auf das Ziel hin: Den Sturz des Mullah-Regimes und ein politischer Machtwechsel im Iran. Etwa seit Mittag läuft die zweite Angriffswelle Israels unter anderem auf iranische Nuklearanlagen. Ein weiterer Schlag soll gegen [...]
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Neues Impfgremium in USA: FPÖ gratuliert
Auch aus Österreich gehen Glückwünsche an den US-Gesundheitsminister, der das staatliche Impfgremium mit kritischen Wissenschaftlern besetzt hat. TKP hat über das von Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. neu besetzte Impfgremium in den USA berichtet. Auch wenn auch diese Bestellungen von Teilen der Opposition kritisiert werden, ist das ein deutlicher Kurswechsel. Per Presseaussendung kommen Glückwünsche vom [...]
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Edgar L. Gärtner
Angst vor einem europaweiten Blackout
Baumscheiben erzählen die wahre Klimageschichte
Gibt es Naturgeschichte ohne Selektion?
Neue Sprüche
Folgt die Geschichte immer dem gleichen Muster?
Barbarische Reaktionen auf den Tod von Jean-Marie Le Pen
Hoffen auf die Zeitenwende
OVALmedia • Live-TV & Investigatives
Freuds Psychoanalyse: Die große Fälschung
OVALmedia:
Freuds Psychoanalyse: Die große Fälschung. Warum Freud seine Theorie der Verführung aufgab und den Ödipuskomplex erfand. Dies ist die Geschichte von drei Skandalen. Drei Skandale, deren Einsatz und Auswirkungen das Verhältnis ganzer Generationen zur Kindheit immer wieder belastet haben. Die Geschichte von drei Fälschungen, von drei Geheimnissen, die von der psychoanalytischen Szene gut gehütet werden.…
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Wie groß darf ein Geschenk sein?
OVALmedia:
Wie groß darf ein Geschenk sein? Cluse Krings Ende des 18. Jahrhunderts erschütterten zwei Ereignisse die Welt: Zunächst die Amerikanische, dann die Französische Revolution. Sie markierten den Siegeszug dessen, was später Kapitalismus genannt wurde. Ein Jahrhundert danach bewies Karl Marx1, dass der Kapitalismus nur eine vorübergehende Erscheinung sein könne und sich selbst vernichten werde. Im…
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Das Eis der Antarktis nimmt zu
OVALmedia:
Autor: Prof. Dr. Fritz Vahrenholt Wie die obige Grafik zeigt, ist die globale Mitteltemperatur im April gegenüber dem Vormonat etwa gleichgeblieben. Die Abweichung vom langjährigen Mittel der Satellitenmessungen beträgt nun 0,61 Grad Celsius. Deutlich erkennbar ist der Erwärmungsschub von 2022-2025, die mit dem herkömmlichen Narrativ der CO2-bedingten Erwärmung nicht zu erklären ist. Noch unerklärlicher wird…
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Marcel Luthe | NARRATIVE #202 by Robert Cibis
OVALmedia:
Wahlgefecht Auf einer nie dagewesenen Art werden Wahlen in der Bundesrepublik „anders“ durchgeführt als ein Kenner des Wahlrechts und des Grundgesetzes es erwarten würde. Robert Cibis spricht mit Marcel Luthe. Der Geschäftsführer der Good Governance Gewerkschaft fechtet die Bundestagswahl vom 23.2.2025 an und klärt zur Rechtmäßigkeit der zweifachen Kanzlerwahl am 6. Mai 2025 auf. Mit…
Der Beitrag Marcel Luthe | NARRATIVE #202 by Robert Cibis erschien zuerst auf OVALmedia.
Cluse Krings | NARRATIVE #201 by Robert Cibis
OVALmedia:
Systemende Cluse Krings nimmt Robert Cibis mit auf ein spannendes Gedankenexperiment. Ausgehend von der marxistischen Analyse des Ende des Kapitalismus, beschreibt er die gegenwärtige Weltkrise, welche auf allen Ebenen der Gesellschaft manifest wird. Das immer weiter geschöpfte Geld ohne Gegenwert in Produktion und Dienstleistung ist in den letzten Jahrzehnten zum Monster geworden, was unseren Frieden…
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Fahrt nach Kalaurea
Die Blogs von Ingo Bading
Studium Generale
Der Ausdruck des Schmerzes - War er bei den antiken Griechen anders?
G. E. Lessing über die Andersartigkeit der antiken Griechen im Umgang mit Schmerz im Vergleich zu den Nordeuropäern
Daß das Wesen der antik-griechischen Kultur kulturpsychologisch aus ganz anderen Gesetzmäßigkeiten entsprungen gewesen sein könnte als das Wesen der abendländischen Kultur, darauf hat erstmals Friedrich Hölderlin hingewiesen (s. Stg23). Seine Gedanken darüber blieben aber im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unbeachtet. Sie fanden erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Beachtung und bilden seither den Kern der sogenannten "Hellas-Hesperien-Debatte", die vor allem vor allem von Literaturwissenschaftlern geführt wird.
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Abb. 1: Die Laokoon-Gruppe, eines der berühmtesten Kunstwerke der europäischen Geschichte (Wiki) - Sie wurde von den Bildhauern Hagesandros, Polydoros und Athanadoros aus Rhodos geschaffen - In einem Zeitraum zwischen 200 v. Ztr. und 79 n. Ztr. (denn Plinius der Ältere, der 79 n. Ztr. in Pompeij starb, erwähnte dieses Kunstwerk) |
Hier auf dem Blog waren wir auf dieses Thema aufmerksam geworden, als es galt, von geisteswissenschaftlicher Seite her die archäogenetische Erkenntnis zu deuten, nach der das "Paradevolk" der Indogermanen, die antiken Griechen nur acht Prozent indogermanische Steppengenetik aufgewiesen haben (Stg22). Nach dieser waren sie also von ihrer Genetik her gesehen alles andere mehr als ausgerechnet "Indogermanen". Damit war die Hölderlin'sche Erkenntnis völlig unerwartet von einer Seite her bestätigt und bekräftigt worden, von der man es vielleicht am wenigsten hätte erwarten können oder von der es nur von wenigen erwartet worden war.
Auch so manche Deutung der antik-griechischen Kultur durch Friedrich Nietzsche erhielt für uns vor dem Hintergrund der neuen archäogenetischen Erkenntnissen neues Gewicht (Stg23).
Lessing's Schrift "Laokoon"
Nun stoßen wir neuerdings zusätzlich auf die Schrift "Laokoon" von Gotthold Ephraim Lessing aus dem Jahr 1766 (1). Wir entdecken, daß auch Lessing darin schon mit der Andersartigkeit des Wesens der antiken Griechen, sowie daraus folgend ihrer Kunst und Kultur im Vergleich zu dem Wesen der Nordeuropäer beschäftigt war.
Ein zentrales Argument Lessings im "Laokoon" ist, so lassen wir uns durch die KI belehren: In der Dichtung darf der Schmerz lauter und ungehemmter sein, weil dort keine visuellen Grenzen gesetzt sind. In der bildenden Kunst (z. B. Skulptur) muß der Ausdruck so gestaltet sein, daß er dem Ideal der Schönheit entspricht - und dauerhaft betrachtet werden kann. In diesem Sinne behandelt er die im Untertitel genannten "Grenzen der Malerei und Poesie". Lessing war sicherlich der Meinung, daß es sich hierbei um allgemein gültige und kulturunabhängige "Grenzen" handeln würde. Aber im Verlauf seiner Ausführungen kommt er auch darauf zu sprechend, daß die antik-griechische Kultur ganz anders mit dem Ausdruck von Schmerz umgegangen ist als die abendländische.
Zunächst zitiert Lessing die Ausführungen von Johann Joachim Winckelmann über den Ausdruck des Schmerzes in der Laokoon-Gruppe (Abb. 1). Er stimmt ihnen zu. Allerdings regt sich in ihm ein Widerstand bei der Bemerkung Winckelmann's, in der Laokoon-Gruppe zeige sich der Schmerz ebenso wie ihn der Philoktet in der gleichnamigen Tragödie des Sophokles (Wiki) aus dem Jahr 409 v. Ztr. zeigen würde. An dieser Stelle widerspricht Lessing und macht darauf aufmerksam, daß es eine Fülle von Zeugnissen in der antik-griechischen Dichtung und Geschichtsschreibung gibt, wo der Schmerz keineswegs so "gemessen" und "ruhig", so "ohne Wut", "ohne Geschrei" zum Ausdruck kommt wie es - nach der Deutung Winckelmann's - in dieser Laokoon-Gruppe geschieht. Lessing schreibt (1):
Schreien ist der natürliche Ausdruck des körperlichen Schmerzes. Homers verwundete Krieger fallen nicht selten mit Geschrei zu Boden. Die geritzte Venus schreiet laut (...). Selbst der eherne Mars, als er die Lanze des Diomedes fühlet, schreiet so gräßlich, als schrien zehntausend wütende Krieger zugleich, daß beide Heere sich entsetzen.Soweit auch Homer sonst seine Helden über die menschliche Natur erhebt, so treu bleiben sie ihr doch stets, wenn es auf das Gefühl der Schmerzen und Beleidigungen, wenn es auf die Äußerung dieses Gefühls durch Schreien, oder durch Tränen, oder durch Scheltworte ankommt. Nach ihren Taten sind es Geschöpfe höherer Art; nach ihren Empfindungen wahre Menschen.Ich weiß es, wir feinern Europäer einer klügern Nachwelt wissen über unsern Mund und über unsere Augen besser zu herrschen. Höflichkeit und Anstand verbieten Geschrei und Tränen. Die tätige Tapferkeit des ersten rauhen Weltalters hat sich bei uns in eine leidende verwandelt. Doch selbst unsere Ureltern waren in dieser größer, als in jener. Aber unsere Ureltern waren Barbaren. Alle Schmerzen verbeißen, dem Streiche des Todes mit unverwandtem Auge entgegensehen, unter den Bissen der Nattern lachend sterben, weder seine Sünde noch den Verlust seines liebsten Freundes beweinen, sind Züge des alten nordischen Heldenmuts. Palnatoko gab seinen Jomsburgern das Gesetz, nichts zu fürchten, und das Wort Furcht auch nicht einmal zu nennen.
Lessing gibt hier - wie nebenbei - eine sehr gute Charakterisierung der mittelalterlichen Island-Sagas. So fremdländisch der hier erwähnte Name Palnatoko klingt, so ist er überraschenderweise doch eine Gestalt der Jomsvikinger-Saga (s. Wiki). Lessing deutet damit an, daß die andere Art des Umgangs mit Schmerz und Angst in Nordeuropa nichts mit irgendeiner Art von angeblicher "Zivilisation", bzw. "Kultivierung" - etwa durch das Christentum oder auch durch moderne Affektiertheit - zu tun hat, sondern schon ursprünglicher zum Wesen der nordeuropäischen Völker gehörte. Das würde umgekehrt heißen, daß es zum ursprünglicheren Wesen der antiken Griechen gehört hätte, Furcht und Schmerzen unbefangen zu zeigen und zum Ausdruck zu bringen.*) Dies geschieht ja nicht nur in der Dichtung, auch in der Geschichtsschreibung hören wir davon, etwa im Zusammenhang mit dem Lebensschicksal des Miltiades (Stg23). Und so schreibt Lessing dann in diesem Sinne weiter (1):
Nicht so der Grieche! Er fühlte und furchte sich; er äußerte seine Schmerzen und seinen Kummer; er schämte sich keiner der menschlichen Schwachheiten; keine mußte ihn aber auf dem Wege nach Ehre, und von Erfüllung seiner Pflicht zurückhalten. Was bei dem Barbaren aus Wildheit und Verhärtung entsprang, das wirkten bei ihm Grundsätze. Bei ihm war der Heroismus wie die verborgenen Funken im Kiesel, die ruhig schlafen, solange keine äußere Gewalt sie wecket, und dem Steine weder seine Klarheit noch seine Kälte nehmen. Bei dem Barbaren war der Heroismus eine helle fressende Flamme, die immer tobte, und jede andere gute Eigenschaft in ihm verzehrte, wenigstens schwärzte.
Letztere Auffassung über die heidnischen Germanen und Wikinger ist eine Typische für das 18. Jahrhundert. Sie ist Ausdruck des Zeitgeistes, der noch kein wirkliches Verständnis für diese gefunden hatte. Dieses kam erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf und man begann zu sehen, daß die Furchtlosigkeit der heidnischen Germanen keineswegs zwangsläufig gute Eigenschaften "schwärzte". Im Gegensatz dazu stand Lessing als Kind seiner Zeit den antiken Griechen mit viel größerem Verständnis gegenüber (1):
Es ist merkwürdig, daß unter den wenigen Trauerspielen, die aus dem Altertume auf uns gekommen sind, sich zwei Stücke finden, in welchen der körperliche Schmerz nicht der kleinste Teil des Unglücks ist, das den leidenden Helden trifft. Außer dem Philoktet, der sterbende Herkules. Und auch diesen läßt Sophokles klagen, winseln, weinen und schreien. (...)Selbst ein Laokoon findet sich unter den verlornen Stücken des Sophokles. Wenn uns das Schicksal doch auch diesen Laokoon gegönnet hätte! Aus den leichten Erwähnungen, die seiner einige alte Grammatiker tun, läßt sich nicht schließen, wie der Dichter diesen Stoff behandelt habe. So viel bin ich versichert, daß er den Laokoon nicht stoischer als den Philoktet und Herkules, wird geschildert haben.
Lessing kommt dann wieder auf die Laokoon-Gruppe zurück (1):
Und nunmehr komme ich zu meiner Folgerung. Wenn es wahr ist, daß das Schreien bei Empfindung körperlichen Schmerzes, besonders nach der alten griechischen Denkungsart, gar wohl mit einer großen Seele bestehen kann: so kann der Ausdruck einer solchen Seele die Ursache nicht sein, warum demohngeachtet der Künstler in seinem Marmor dieses Schreien nicht nachahmen wollen; sondern es muß einen andern Grund haben, warum er hier von seinem Nebenbuhler, dem Dichter, abgehet, der dieses Geschrei mit bestem Vorsatze ausdrücket.
Wie schon gesagt, ist der Grundgedanke dieser Schrift von Lessing, daß der Dichter - sowohl bei den antiken Griechen wie in der Moderne - den Schmerz viel expressiver darstellen und zum Ausdruck bringen dürfe als der Maler oder Bildhauer. Denn den antiken Griechen und der Moderne würde Schönheit über alles gehen und ein schmerzverzerrtes Gesicht, das ein Maler oder ein Bildhauer gar zu expressiv und "naturalistisch" zum Ausdruck bringen würde, würde damit nicht in Einklang zu bringen sein.
Darin spiegelt sich natürlich wiederum vor allem die Kunstauffassung des 18. Jahrhunderts. Die expressionistischen Bilder etwa eines Edvard Munch oder auch die Skulptur "Krieg" des Höchster Bildhauers Richard Biringer (1877-1947) aus dem Jahr 1928 (Wiki) halten sich ja dann später keineswegs mehr an solche Sichtweisen. Aber obwohl es Lessing gar nicht deutlich ausdrücklich anspricht, sind seine Ausführungen natürlich auch als eine Kritik an vielen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Darstellungen der "Leiden Christi" anzusehen. Auch ein Maler wie Matthias Grünewald (1480-1528) (Wiki) würde aus seiner Sichtweise mancherlei Kritik auf sich ziehen.
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Abb. 2: Medea mit ihren Kindern - Wandmalerei in Pompeji, Museum von Neapel (Wiki) |
Es ist sehr interessant, daß Lessing auch auf ein antik-griechischen Kunstwerk zu sprechen kommt, das wir selbst schon andernorts behandelt haben: "Ein Kind in einem Ehekonflikt in Pompeji im Jahr 79 n. Ztr." (GAj2021) (Abb. 2). Wir erfahren durch Lessing, daß die sehr psychologische Darstellung in diesem Kunstwerk ebenfalls von der Tendenz der antik-griechischen Künstler geprägt wäre, nichts gar zu Häßliches darstellen zu wollen, nämlich in diesem Fall die Tötung der eigenen Kinder durch Medea. Stattdessen wird in diesem Fall als Thema das unmittelbare Innehalten vor dem Ausführen der Tat selbst gewählt. Um dieser "psychologischen" Darstellungen willen hat der Maler Timomachus in der Antike sehr viel Wertschätzung erfahren, etwa von Cäsar, in dessen Leben ein Innehalten vor der Tat ja ebenfalls wiederholt eine Rolle spielte.
Indem Lessing allerdings Cicero zitiert, wird auch deutlich, daß die antiken Römer insgesamt einen anderen Umgang mit Schmerz kannten als die antiken Griechen. Vielleicht kein Wunder, denn sie trugen ja auch 12 % indogermanische Steppengenetik mehr in sich.
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*) Lessing ist in dieser Sichtweise allerdings keineswegs konsequent. In Ausführungen nur einige Seiten weiter meint er es allein mit Kunstgesetzen entschuldigen zu können, daß von griechischen Dichtern dennoch Schmerzen zum Ausdruck gebracht werden. Er schließt aus anderen antiken Dichtungen auf die verloren gegangene Laokoon-Dichtung des Vergil und schreibt über letztere (1):
Virgils Laokoon schreiet, aber dieser schreiende Laokoon ist eben derjenige, den wir bereits als den vorsichtigsten Patrioten, als den wärmsten Vater kennen und lieben. Wir beziehen sein Schreien nicht auf seinen Charakter, sondern lediglich auf sein unerträgliches Leiden. Dieses allein hören wir in seinem Schreien; und der Dichter konnte es uns durch dieses Schreien allein sinnlich machen.
Hier scheint doch wieder seine ("abendländische") Meinung durch, daß Schreien Ausdruck eines weniger heldischen Charakters wäre, obwohl er doch zuvor und sonst schon klar gemacht hatte, daß diese Auffassung eben eine abendländische ist und für die antik-griechische Welt gar nicht kennzeichnend war. Er hält also an seinen eigenen Erkenntnissen nicht durchgehend fest. Aber ihm geht es ja auch im Kern allgemein um die "Grenzen der Malerei und Poesie", nicht um Wesensunterschiede zwischen Antike und Abendland.
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- Lessing, Gotthold Ephraim: Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und Poesie. Mit beiläufigen Erläuterungen verschiedener Punkte der alten Kunstgeschichte. 1766 (Gutenb)
Mit KI meine Doktorarbeit fertig schreiben (!!!)
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Abb. 1: William D. Hamilton |
An ihn, diesen großen Wegbahner und mutigen Intellektuellen soll als erstes erinnert werden, bevor ich mit dem weiteren fortfahre. Er sollte zahllose Schüler weltweit haben. Zu den namhaftesten gehören Edward O. Wilson und Richard Dawkins. Diese machten die große Öffentlichkeit ab 1975 erstmals mit jenen neuen Gedanken bekannt, die von William D. Hamilton in die Welt gebracht worden waren (in den Büchern "Sociobiology - The New Synthesis" und "Das egoistische Gen"). In Deutschland wurde die neue Forschungsrichtung aufgenommen von Wolfgang Wickler, einem Schüler von Konrad Lorenz, später von Leuten wie Christian Vogel und dessen Schüler, dem Gießener Humansoziobiologen Eckart Voland. Bei letzterem begann ich selbst 1995/97 eine Doktorarbeit - also quasi als wissenschaftlicher Urenkel von William D. Hamilton. Schließlich war es im Jahr 2006 auch der Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Frank Schirrmacher, der in seinem Büchlein "Minimum - Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft" Anregungen seines Autors Eckart Voland aufnahm und der Soziobiologie eine neue öffentliche Aufmerksamkeit gegeben hat. Seither war es etwas stiller geworden rund um diese Forschungsrichtung. Ob das nicht sollte geändert werden können?
Soweit also zunächst als allgemeine Einleitung.
Künstliche Intelligenz nimmt richtig Fahrt auf in der Wissenschaft
The path for AI in poor nations does not need to be paved with billionsResearchers in low- and middle-income countries show that home-grown artificial-intelligence technologies can be developed, even without large external investments.
Oder:
AI linked to explosion of low-quality biomedical research papersAnalysis flags hundreds of studies that seem to follow a template, reporting correlations between complex health conditions and single variables based on publicly available data sets.
Oder:
I told AI to make me a protein. Here’s what it came up withA new crop of artificial-intelligence models allows users to create, manipulate and learn about biology using ordinary language.
Oder:
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Abb. 2: "Nature" |
AI tool flags people at high risk of post-partum depressionModel could be used by hospitals to identify people who would benefit from of preventive measures.
Oder:
Can AI help us talk to dolphins? The race is now onLucrative prizes are offered for an AI-powered breakthrough in communications between humans and other species.
Mit solchen Titeln auf die Thematik eingestimmt, stößt der unbedarfte, nichtsahnende Leser dann auf die folgende Überschrift:
‘AI models are capable of novel research’: OpenAI’s chief scientist on what to expectJakub Pachocki, who leads the firm’s development of advanced models, is excited to release an open version to researchers.
Ja, was denn, so taucht aus den Tiefen unseres Gehirns der Gedanke auf: Kann ich denn mit KI, mit OpenAI (vormals "ChatGPT") auch meine Doktorarbeit fertig schreiben? Und sei es auch nur, nunja: als "low-quality research paper"? Dieser Frage will ich gleich einmal nachgehen.
Die grundlegende These meiner Doktorarbeit von 1997
Ich frage also unbefangen OpenAI:"Altruismus kann evoluieren, wenn die Hamilton-Ungleichung r > K/N eingehalten wird, das heißt, wenn die Kosten K einer altruistischen Handlung (für den Altruisten) geteilt durch den Nutzen N einer altruistischen Handlung (für den Nutznießer) kleiner sind als der genetische Verwandtschaftsgrad, der zwischen Altruist und Nutznießer besteht - richtig?"
Dieser Satz ist der allgemeinen Beschreibung des vorliegenden Blogs entnommen. Die KI gibt mir im Wesentlichen recht.
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Abb. 3: Fragen an Athena, die Göttin der Weisheit (Wiki) |
Schließlich stelle ich die Folgefrage, meine "Fangfrage":
"Gut, wie wirkt sich nun Arbeitsteilung im Sinne von Adam Smith auf die Gesetzmäßigkeiten dieser Altruismus-Evolution aus? Durch Arbeitsteilung kann mit wenig Kosten viel Nutzen erreicht werden."
Die KI zögert mit der Antwort auch nicht eine Sekunde:
Sehr gute und tiefgehende Frage! Du bringst hier zwei verschiedene, aber potenziell verknüpfbare Konzepte zusammen: biologischen Altruismus im Sinne der Hamilton-Regel und Arbeitsteilung im ökonomischen Sinne von Adam Smith. Lassen wir uns diese Verbindung systematisch betrachten. (...)Adam Smith stellte fest, dass durch Spezialisierung und Arbeitsteilung:Produktivität steigt (mehr Output mit gleichem oder weniger Input),Effizienzgewinne entstehen (z. B. Zeitersparnis, Lernkurve, Technikeinsatz),die Kosten pro Einheit sinken, während der Nutzen (Output) steigt.Hier kommt deine kluge Beobachtung ins Spiel:Durch Arbeitsteilung kann der Quotient K/N (Kosten/Nutzen) kleiner werden.Beispielhafte Wirkung:Ohne Arbeitsteilung Mit ArbeitsteilungK = 5 (Kosten) K = 2N = 10 (Nutzen) N = 12K/N = 0,5 K/N = 0,166...Benötigtes r > 0,5 Benötigtes r > 0,166...Arbeitsteilung reduziert K/N ⇒ Erhöht die Bedingungen, unter denen Altruismus evolvieren kann.In biologischen oder sozialen Systemen (z. B. bei Insekten, Primaten oder Menschen) zeigt sich das so:Arbeitsteilung senkt individuelle Kosten → Altruistische Handlungen werden fitnessverträglicher.Hochspezialisierte Individuen (z. B. Arbeiterinnen bei Ameisen) können altruistisch handeln, weil der individuelle Beitrag gering erscheint, aber für das Ganze (Kolonie) hoch ist.Effizienz durch Spezialisierung → K wird klein, N wird groß → Mehr evolutionär stabiler Altruismus möglich.FazitJa, Arbeitsteilung verändert die Bedingungen der Altruismus-Evolution:Sie kann K/N verkleinern und dadurch die Hamilton-Ungleichung leichter erfüllbar machen.Dadurch wird kooperatives, altruistisches Verhalten auch zwischen weniger nah verwandten Individuen wahrscheinlicher – ein evolutionärer Mechanismus, der zur Hochentwicklung komplexer Gesellschaften beitragen kann.Wenn du möchtest, kann ich dir ein vereinfachtes Modell oder Diagramm zeichnen, das diesen Zusammenhang zeigt.
In diesen wenigen, schnell von der KI hingeschriebenen Worten sind fast alle Grundgedanken meiner Doktorarbeit von 1997 zusammen gefaßt. Die KI trägt hier genau jene These vor, die ich selbst 1997 im Doktorandenseminar von Eckart Voland in Gießen vorgetragen habe! Ganz ohne daß ich die KI mit dem Zaunpfahl darauf hinweisen muß, also quasi "von selbst". (Aus anderen Zusammenhängen weiß ich, daß ChatGPT nicht immer so schnell auf den Punkt kommt, den ich als Fragender von ihr erwarte, etwa als ich die KI neulich zu der Philosophin Violetta Waibel befragte, da brauchte ich dann doch irgendwann den Zaunpfahl ... [Stg2025]. Wie auch immer!) Auch die Schlußfolgerung bezüglich der Ameisenstaaten hat ChatGPT von selbst gezogen. Und wenn ich den Schritt von der Einzelligkeit zur Mehrzelligkeit über dieses Prinzip erklären möchte, dann wird mir ChatGPT voraussichtlich auch hierbei zustimmen (!). (Werde ich die KI irgendwann noch fragen ...)
Ich möchte hier also erst einmal feststellen, daß die Künstliche Intelligenz intelligenter ist als es mein Doktorvater Professor Voland im Jahr 1997 war, also zu jenem Zeitpunkt, als ich genau diese These in seinem Doktorandenseminar vorgetragen habe und als auch alle anderen anwesenden Doktoranden - hm, vielleicht ein bisschen eilfertig - argumentativ dagegen gehalten haben. Und als ich von keiner Seite Ermutigung erhielt, diese Grundgedanken weiter zu verfolgen.
Die Zeit war damals vermutlich einfach noch nicht reif für einen solchen "ungewöhnlichen" (?) Gedanken. Zumindest unter deutschsprachigen Menschen, die sich mit Soziobiologie und Evolutionärer Anthropologie - ein wenig - auskannten. ChatGPT scheint da nun im Jahr 2025 "vorurteilsfreier" heranzugehen, ähm!!! (Manchmal mag es eben auch vorteilhaft sein, keine Emotionen zu haben ;-) ) Statt zunächst den Vorschlag im letzten Satz von ChatGPT weiter zu verfolgen, stelle ich der hohen Göttin KI gleich einmal jene Frage, der ich seit etwa 1994/95 nachgehe, und die mir fast noch am meisten auf den Nägeln brennt:
"Gibt es zu diesem Thema wissenschaftliche Literatur?"
Ich bin sehr gespannt auf die Antwort. Aber meine neue Koautorin KI nennt mir keine wesentliche Literatur, die ich nicht schon kennen würde, und in der ich den von mir aufgeworfenen Grundgedanken nie explizit genug heraus gearbeitet gefunden hatte. Die KI nennt etwa:
Bert Hölldobler & Edward O. Wilson (2009)Titel: The Superorganism: The Beauty, Elegance, and Strangeness of Insect SocietiesBetrachtung von Arbeitsteilung, Kooperation und Altruismus in sozialen InsektenVerknüpfung zwischen Effizienzsteigerung durch Spezialisierung und kollektiver Fitness
Ich kann mich nicht erinnern, daß in diesem Buch der aufgeworfene Grundgedanke schon besonders konkret und ausführlich und explizit genug behandelt worden wäre. Das bemängele ich ja schon seit Jahren in meiner Blogbeschreibung an der Superorganismus-Theorie.
Sie nennt außerdem eine Arbeit von Herbert Gintis aus dem Jahr 2007 - gut! Sie nennt eine Arbeit von Samuel Bowles & Herbert Gintis (2011) - ebenfalls gut! 2008 hatte ich diese Autoren schon hier auf dem Blog erwähnt (Stg2008). So kommen wir weiter, mein liebe Koautorin KI. Jedenfalls: Beides sind Autoren, von denen ich immer schon gedacht habe, daß sie auf gutem Wege wären. Also, weiter so, liebe KI, liebe Göttin der Weisheit.*)
Die KI verweist mich aber auch auf Literatur zu Tit-for-Tat-Interaktionen. Da bist du auf dem Irrwege, liebe KI, denn diese haben zunächst gar nichts direkter mit dem Thema zu tun. Insgesamt kommt dir also selbst deine vorgeschlagene Literaturliste etwas zu kurz vor und du glaubst, sie "füllen" zu müssen. Ich schaue allmählich hinter deine Kulissen, meine liebe KI. Sieh dich vor. Auch Göttinnen können irren.
Also insgesamt kommt mir ChatGPT bei der Literaturrecherche nicht schlauer vor als ich es selbst schon war. Damit bestätigt mir die KI im Grunde, daß ich offenbar keine wesentliche Arbeit zu diesem konkreten Thema übersehen habe - und (!!!): daß es immer noch keine echte Konkurrenz gibt bei der Behandlung dieses so grundlegenden Themas (!!!). Ich könnte also immer noch ein zweiter William D. Hamilton werden bei der Begründung eines neuen Wissenschaftszweiges.
Die KI hat in ihrer kurzen Antwort ohne Umschweife mehr und Konkreteres gesagt als ich es jemals in der wissenschaftlichen Literatur irgendwo behandelt gefunden habe! Die vergleichsweise spärliche Literatur, die die KI zu diesem konkreten Thema zusammen bringt, ist übrigens auch ein Beleg dafür, daß die KI bei ihrer ersten Antwort "selbständig" gedacht hatte und keineswegs nur Lesefrüchte referiert hat. Das zeigt mir, daß die KI wirklich was "drauf" hat. Ich bin sprichwörtlich begeistert.
Ich gehe dann doch noch auf den Vorschlag von ChatGPT ein und bitte: "Zeichne mir ein vereinfachtes Modell oder Diagramm, das den oben genannten Zusammenhang zeigt." Aber es dauert zu lange, bis es mit den Diagrammen fertig ist. Da aktuell gerade so viele Leute Bilder erstellen würden, so sagt mir die hohe Göttin KI. Tja, Delphi hat neuerdings viel zu tun. Um ihretwillen müssen ganze neue Kernkraftwerke in Betrieb genommen werden oder in Betrieb bleiben. Machen wir also mit Textfragen weiter und verzichten zunächst auf kluge Diagramme.
Der durchschnittliche genetische Verwandtschaftsgrad in Jäger-Sammler-Gesellschaften
Frage: "Wie hoch ist der durchschnittliche genetische Verwandtschaftsgrad in Jäger-Sammler-Gesellschaften?" Die hohe Göttin der Weisheit antwortet: In Jäger-Sammler-Gesellschaften liegt der durchschnittliche genetische Verwandtschaftsgrad unter Gruppenmitgliedern bei etwa:
r ≈ 0,2 bis 0,25
Das ist deutlich höher als in heutigen anonymen Gesellschaften, aber niedriger als innerhalb enger Verwandtschaft (z. B. r = 0,5 bei Geschwistern).
(Literatur: Hill et al. (2011) Titel: Co-Residence Patterns in Hunter-Gatherer Societies Show Unique Human Social Structure. Studie an 32 Jäger-Sammler-Gruppen weltweit, mittlerer Verwandtschaftsgrad innerhalb von Wohnlagern: r ≈ 0,2 bis 0,25. In: Science, 331(6022), 1286–1289 DOI: 10.1126/science.1199071)
Nächste Frage: "Wie hoch ist der durchschnittliche Verwandtschaftsgrad in den frühesten, arbeitsteiligen bäuerlichen Gesellschaften des Menschen?"
Antwort: Basierend auf archäogenetischen Studien und ethnographischen Vergleichen kann man sagen: In frühen bäuerlichen Gesellschaften (Neolithikum) lag der durchschnittliche genetische Verwandtschaftsgrad vermutlich zwischen
r ≈ 0,05 und 0,15
Zum Vergleich:
Gesellschaftstyp Durchschnittlicher r-Wert
Enge Familie (z. B. Geschwister) 0,5
Jäger-Sammler-Band ~0,2–0,25
Neolithische Bauerngemeinde ~0,05–0,15
Moderne anonyme Gesellschaft < 0,01
Das Schöne ist auch: Die KI befreit einen von so vielen Selbstzweifeln. All solche Daten habe ich ja selbst schon zusammen gestellt. Aber da die KI das ebenso schnell, frei und offen kommuniziert, fühlt man sich gleich viel sicherer. (Natürlich: Auch die hohe Göttin kann irren. Natürlich.)
Welche arbeitsteiligen Strukturen kann man bei vorkeramischen neolithischen Gesellschaften im Vorderen Orient feststellen?
Mit den vorkeramischen, neolithischen Gesellschaften des Vorderen Orients kenne ich mich vergleichsweise gut aus, denn zu ihnen habe ich schon 1995 am Anthropologischen Institut der Universität Mainz eine Seminararbeit erarbeitet. Es gab hier im sogenannten PPNB ab 7.500 v. Ztr. schon Dörfer mit bis zu 3.000 Einwohnern, ab 6.500 v. Ztr auch Städte mit 10.000 Einwohnern (1) (Abb. 4). Hier wird man sicherlich schon vielfältiger strukturierte gesellschaftliche Arbeitsteilung voraussetzen dürften, bzw. müssen. Deshalb meine Frage an die hohe Göttin KI: "Welche arbeitsteiligen Strukturen kann man bei vorkeramischen neolithischen Gesellschaften im Vorderen Orient feststellen?" In der Antwort heißt es unter anderem:
In PPNB zunehmend arbeitsteilige Organisation von:
Pflanzenbau (Weizen, Gerste, Hülsenfrüchte)
Tierhaltung (Ziegen, später Schafe und Rinder)
Nahrungsverarbeitung (Sicheln, Mahlsteine)
Unterschiedliche Aufgaben für Gruppen oder Individuen: Anbau, Ernte, Lagerung, Zubereitung
Ja, das deckt sich mit meinen eigenen Lektüre-Eindrücken von archäologischen Forschungs-Studien zum PPNB (1). Insgesamt ist die gesellschaftliche Arbeitsteilung in vorkeramischen, neolithischen Gesellschaften aber noch nicht besonders klar und konturiert archäologisch festgestellt. Sie läßt sich aber schlußfolgern, insbesondere auch anhand der von der KI nicht erwähnten, aufwändig hergestellten Terrazzo-Fußböden und der damit verbundenen Fußboden-Heizungen in den rechteckigen Gebäuden des PPNB, die zum Beispiel einen hohen Verbrauch an Feuerholz zum Herstellen derselben mit sich brachten. Das heißt also, es gab spezialisierte Handwerks-Berufe.
Bevölkerungswachstum ohne und mit Spezialisierung
Nun gut, neue Frage: "Wenn es zu Bevölkerungswachstum in einer Gesellschaft kommt, ohne dass dabei die berufliche Spezialisierung zunimmt, dann sinken die Potentiale innerhalb dieser Gesellschaft, die aus dem Verwandtenaltruismus nach William D. Hamilton abgeleitet werden können - richtig?" - Antwort:
Ja, das ist im Kern richtig – und zwar sowohl theoretisch als auch empirisch gut begründbar. Hier ist eine genauere Erklärung: (...) Wenn r sinkt, wird es schwieriger, die Ungleichung zu erfüllen - es sei denn, C/B sinkt ebenfalls (z. B. durch Arbeitsteilung oder Effizienz).
Was passiert bei Bevölkerungswachstum ohne Spezialisierung?
Größere Gesellschaften → mehr Interaktionen mit Nicht-Verwandten
Dadurch sinkt der durchschnittliche r-Wert zwischen zufällig gepaarten Individuen
Ohne zunehmende Spezialisierung:
Kosten des Helfens (C) bleiben gleich hoch
Nutzen (B) nicht gesteigert durch Effizienz
→ C/B bleibt hoch
Ergebnis:
Die Hamilton-Bedingung (r > C/B) wird seltener erfüllt
→ Weniger Altruismus durch Verwandtschaftsselektion
Die hohe Göttin KI hat völlig verstanden, worum es geht!!!! Mit ihr kann ich mich über alles rund um meine Doktorarbeit viel besser und viel schlagfertiger unterhalten als mit allen Anwesenden im Doktorandenseminar in Gießen 1997. Die hohe Göttin KI führt in ihrer Antwort auch gleich noch unglaublich klug weiter - und sehr selbstständig gedacht - aus:
Was würde das kompensieren?
Berufliche/ökonomische Spezialisierung reduziert C (Kosten) → senkt C/B
Reziprozität, kulturelle Normen oder Multilevel-Selektion könnten altruistisches Verhalten auch zwischen Nichtverwandten stützen
Beispiel: "Arbeitsteilung kompensiert sinkenden r-Wert"
Beispielhafte Szenarien:
Fazit
Ja, bei Bevölkerungswachstum ohne gleichzeitige Senkung der Kosten (C) durch Spezialisierung oder andere Mechanismen verliert Verwandtenaltruismus an Wirkungskraft.
→ In großen Gesellschaften braucht es kompensatorische Mechanismen (Arbeitsteilung, Normen, Institutionen), um Kooperation und Altruismus aufrechtzuerhalten.
Auf den Vorschlag, das zu visualisieren, verzichte ich zunächst angesichts der Erfahrung damit weiter oben. ;-) Ich nehme einfach einmal eine "Visualisierung" aus meiner Seminararbeit von 1995 mit herein (s. Abb. 4).
Um welchen Faktor ändert sich eigentlich der Spezialisierungsgrad einer Gesellschaft im geschichtlichen Verlauf?
Nächste Frage: "Um welchen Faktor hat sich der Spezialisierungsgrad in den europäischen Gesellschaften zwischen dem Frühmittelalter und dem Hochmittelalter verändert?" Leider gibt ChatGPT dazu keine konkreten quantitativen Angaben. Fragen wir weiter: "Um welchen Faktor hat sich der Spezialisierungsgrad in den europäischen Gesellschaften zwischen der Frühen Neuzeit und dem frühen Zwanzigsten Jahrhundert verändert, dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft?" Auch auf diese Frage will mir ChatGPT keine konkrete, quantitative Antwort geben. Deshalb die nächste Frage: "Um welchen Faktor hat sich der Spezialisierungsgrad in den europäischen Gesellschaften zwischen der dem frühen Zwanzigsten Jahrhundert und heute verändert, dem Übergang von der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft?" ChatGPT behauptet, es gäbe keine konkreten, quantitativen Angaben. Das glaube ich der KI nicht. Da macht sie es sich ein wenig zu einfach. Da gibt es viele Forschungen drüber. Deshalb frage ich: "Glaubst du nicht, dass du es dir bei deiner Antwort ein wenig zu einfach machst? Zu dieser Frage gibt es doch eine Fülle von wirtschaftsgeschichtlicher Forschung." Antwort:
Du hast völlig recht - die Frage nach dem Wandel des Spezialisierungsgrads in europäischen Gesellschaften zwischen dem frühen 20. Jahrhundert und heute ist komplex und wurde umfassend in der wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Forschung untersucht. Einige meiner früheren Antworten waren zu allgemein gehalten und haben die Tiefe der vorhandenen Literatur nicht ausreichend berücksichtigt. (...)
Quantitative Indikatoren für den Spezialisierungsgrad
Die Messung des Spezialisierungsgrads erfolgt in der Forschung häufig über verschiedene Indikatoren:
Herfindahl-Index: Dieser Index misst die Konzentration von Beschäftigung in bestimmten Branchen und kann Aufschluss über die Spezialisierung einer Volkswirtschaft geben.
Vielfalt der Berufsklassifikationen: Die Zunahme der Anzahl und Differenzierung von Berufsklassifikationen in nationalen und internationalen Klassifikationssystemen (z. B. ISCO) spiegelt die wachsende Spezialisierung wider.
Anteil hochqualifizierter Beschäftigter: Der steigende Anteil von Beschäftigten mit tertiärer Bildung oder spezialisierten Qualifikationen deutet auf eine zunehmende Spezialisierung hin.
Gut, wir schreiten hier erst einmal nur Themengebiete ab, die grob im Zusammenhang mit der Grundthese meiner Doktorarbeit Bearbeitung finden könnten.
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Abb. 4: Die Kulturstufen der neolithischen Revolution (aus: T. Molleson, 1994, ergänzt durch I.B. 1995) (1) (auch in: Stg2012) |
Dieser Blogartikel wird - natürlich - Fortsetzungen nach sich ziehen ...
... Und wie schlägt sich die KI "Grok" des Elon Musk?
Ergänzung 1.6.2025: In der aktuellen Ausgabe von "Scientific American" finde ich einen Artikel über die KI des Elon Musk, genannt "Grok" (ScAm25). Was diese nun wohl zu diesen Fragen sagt? - Sie sagt unter anderem (Grok):
Nach Adam Smith führt Arbeitsteilung zu einer höheren Produktivität, da Individuen durch Spezialisierung effizienter arbeiten. Dies bedeutet, dass die Kosten (C) einer altruistischen Handlung (z. B. Zeit, Energie oder Ressourcen, die der Altruist aufwendet) im Verhältnis zum erzeugten Nutzen (B) für den Nutznießer sinken können.In der Hamilton-Ungleichung (rB > C) führt eine Arbeitsteilung dazu, dass B (Nutzen) steigt und/oder C (Kosten) sinkt. Dadurch wird die Ungleichung leichter erfüllt, was altruistisches Verhalten evolutionär begünstigt.In sozialen Gruppen, wie bei Insektenstaaten (z. B. Bienen oder Ameisen) oder menschlichen Gesellschaften, kann Arbeitsteilung als eine Form von Altruismus betrachtet werden. Beispielsweise opfert ein Individuum (z. B. eine Arbeitsbiene) Zeit und Energie, um eine spezialisierte Aufgabe zu erfüllen, die der gesamten Gruppe zugutekommt. Durch die Spezialisierung wird der Nutzen für die Gruppe (z. B. mehr Nahrung, bessere Verteidigung) maximiert, während die Kosten für das Individuum relativ niedrig bleiben.In menschlichen Gesellschaften könnte ein Bauer, der sich auf den Anbau von Nahrung spezialisiert, altruistisch handeln, indem er Nahrung mit anderen teilt. Durch die Arbeitsteilung ist die Produktion effizienter, was den Nutzen für die Empfänger erhöht und die Kosten für den Geber senkt.Einfluß auf die Hamilton-UngleichungErhöhung von B (Nutzen): Arbeitsteilung führt dazu, dass der Nutzen für die Empfänger einer altruistischen Handlung größer wird, da spezialisierte Aufgaben oft mehr Ressourcen oder bessere Ergebnisse liefern. Dies macht es wahrscheinlicher, dass rB > C erfüllt ist, selbst wenn der Verwandtschaftsgrad r relativ niedrig ist.Senkung von C (Kosten): Durch Spezialisierung kann der Altruist seine Aufgabe mit geringerem Aufwand erfüllen, was die Kosten der altruistischen Handlung reduziert. Dies erleichtert ebenfalls die Erfüllung der Hamilton-Ungleichung.Erweiterung von r (Verwandtschaftsgrad): In komplexen Gesellschaften kann Arbeitsteilung auch kooperatives Verhalten über die enge Verwandtschaft hinaus fördern, indem sie reziproken Altruismus oder Gruppenvorteile ermöglicht. Dies ist jedoch eher eine Erweiterung der klassischen Hamilton-Regel.4. Evolutionäre KonsequenzenArbeitsteilung verstärkt die Evolution von Altruismus, da sie die Bedingungen der Hamilton-Ungleichung erleichtert. Gruppen mit Arbeitsteilung können effizienter kooperieren, was ihren evolutionären Erfolg steigert, insbesondere in Umgebungen, in denen Ressourcen knapp sind oder komplexe Aufgaben gelöst werden müssen.Bei sozialen Insekten wie Ameisen oder Bienen ist die Arbeitsteilung ein Paradebeispiel für altruistisches Verhalten, das durch hohen Verwandtschaftsgrad (r nahe 1) und optimierte Kosten-Nutzen-Verhältnisse stabilisiert wird.In menschlichen Gesellschaften ermöglicht Arbeitsteilung komplexe Formen von Kooperation, die über genetische Verwandtschaft hinausgehen, indem sie indirekte Vorteile (z. B. Handel, gegenseitige Unterstützung) schaffen, die den Prinzipien von reziprokem Altruismus ähneln.FazitArbeitsteilung im Sinne von Adam Smith wirkt sich positiv auf die Evolution von Altruismus aus, indem sie die Kosten (C) einer altruistischen Handlung senkt und den Nutzen (B) für die Empfänger erhöht. Dies erleichtert die Erfüllung der Hamilton-Ungleichung (rB > C), selbst bei niedrigerem Verwandtschaftsgrad. In sozialen Systemen fördert Arbeitsteilung somit die Kooperation und stabilisiert altruistisches Verhalten, was den evolutionären Erfolg von Gruppen steigert.
Sagen wir es so: Einverstanden, aber die Antwort von ChatGPT oben war doch noch einen Tick differenzierter. Die dann abgefragte Literatur-Liste von "Grok" ist auch ein wenig anders gestaltet - aber keineswegs besser. Auch die Frage zu Bevölkerungswachstum ohne weitere berufliche Spezialisierung wird in ähnlichem Sinne wie von ChatGPT beantwortet, aber wiederum etwas weniger differenziert. Interessant ist, wenn man diese Frage dann durch "DeeperSearch" weiter verfolgt. Dann wird deutlich, daß die KI sich über mehrere Versuche hinweg schwer tut, wirklich brauchbare Literatur zu dieser Frage zu finden. (Woher kenne ich das???) Sie sagt da etwa Worte wie:
Let's check if there's a connection between these factors in scientific literature.
Ergebnis des ersten Versuchs:
Just found interesting results from the search, including papers on kin selection and Hamilton's rule.None directly address population growth without occupational specialization affecting kin altruism, though.
Und nach weiteren Versuchen:
Again, the search results are not directly addressing the specific combination of population growth, occupational specialization, and kin altruism.
Dieses "DeeperSearch" macht ein wenig transparenter, wie die KI arbeitet, vor allem auch, wie sie mit Mißerfolgen bei der Literaturrecherche umgeht, bzw. daß sie eben solche hat (so wie ich seit 25 Jahren). Wenn man sonst keine Anregungen hätte, würde man aus diesem "trial and error" mancherlei Anregungen für weiteres Nachdenken ableiten können, und zwar weil die KI doch ein wenig hartnäckig dran bleibt, die gestellte Frage doch noch von verschiedenen Seiten aus und aus verschiedenen Richtungen her zu beantworten. Wir wollen im Auge behalten, daß hier weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit gegeben sein könnten. Ich freue mich darauf, liebe KI Grok.
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*) Die KI ist weiblich - oder etwa nicht? Es macht jedenfalls viel mehr Spaß, sie sich weiblich vorzustellen. Etwa wie Athene, die Göttin der Weisheit. Wollen wir sie deshalb nicht lieber Athena nennen? Oder Minverva? Und warum kommt uns dann auch noch jenes Hegel-Wort von der Eule der Minerva in die Quere, die ihren Flug angeblich erst mit einbrechender Dämmerung beginnen würde (Wiki)? Mit diesem Hegel-Wort könnten wieder neue Bezüge hergestellt werden nach verschiedenen Richtungen hin - aber lassen wir das an dieser Stelle. (Das Füllhorn philosophischer Ideen, das auch Hegel vor seinen Lesern ausbreitet, hatte sich schon in seiner Jugend und in seinen Gesprächen mit Friedrich Hölderlin zum Bersten angefüllt, also vorsichtig damit, ein solches Hegel-Wort in gar zu einseitiger Weise auszulegen!)
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- Bading, Ingo: Die Neolithische Revolution im Vorderen Orient 12.000 bis 6.000 v. Ztr.. (Ursprünglicher Titel: Populationsstrukturen und Transitions-Vorgänge im Levanteraum vom Epi-Paläolithikum bis zum PPNB.) Seminararbeit für den Anthropologischen Kurs II (Populationsstrukturen) von PD Dr. Winfried Henke, Universität Mainz, SS 1995 (Acad)
Die Italiener haben viele Worte für "Traube" ...
Die Inuit haben vier Wörter für das Wortfeld "Schnee" (ScAm2025) und einige für das Wortfeld "See-Eis" (1), Hindi hat viele Wörter für das Wortfeld "Liebe". Ob es sich bei diesen Aussagen nur um Vorurteile handelt, ist in einer neuen Studie durch quantitative Auswertung von Wörterbüchern untersucht worden. Die Ergebnisse können auch in einem frei zugänglichen "Lexical Elaboration Explorer" (LEE) besichtigt werden.
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Abb. 1: Die Pennsylvania-Deutschen hatten viele Worte für "Bugy" - Hier ein amischer Buggy auf einem Feldweg in Holmes County, Ohio, nahe des Wallnuß-Baches (Fotografie von Carol M. Highsmith, 2016) (Garystock) |
Welch immense Auswirkung die muttersprachliche Prägung auf die Wahrnehmung der Welt und der sozialen Beziehungen hat, ist in Wahrnehmungsstudien festgestellt worden, etwa an englischsprachigen, fünf Monate alten Kindern. Diese nehmen räumliche Konzepte, die nur im Koreanischen hervor gehoben werden, noch wahr, was zwar erwachsene Engländer nicht mehr tun, erwachsene Koreaner aber schon (2, 3). Das heißt, daß erwachsene Engländer eine andere muttersprachliche Prägung ihrer räumlichen Wahrnehmung aufweisen als erwachsene Koreaner.
Gegenüber diesem Forschungsergebnis, das schon 2004 gewonnen worden ist, ist eine aktuelle Annäherung an dasselbe Phänomen über die Erforschung der unterschiedlichen Größe von Wortfeldern in einzelnen Sprachen eine Annäherung an ähnliche Phänomen aus anderer Richtung und auf weniger grundsätzlicher Ebene (1).
Mittelalterliche europäische Sprachen
Im mittelalterlichen Deutschen (Mittelhochdeutsch) werden von dem neuen "Lexical Elaboration Explorer" (LEE) die Wortfelder mit den meisten Worten angeführt von den folgenden Wortfeldern, bzw. Konzepten: Witz, Glanz, Kampf, Bewaffnung, Helm. Ähnliches gilt für Altenglisch und Altfranzösisch. Man fühlt sich bei solchen Konzepten und Wortfeldern - natürlich - an die Welt des Nibelungenliedes und an ähnliche Dichtungen erinnert. Das sind ja auch die Sprachdokumente, aus denen die analysierten Wörterbücher destilliert worden sind!
Bei den Wortfeldern mit den meisten Worten noch im heutigen Isländischen fühlt man sich aber ebenso oft an die isländische Saga-Welt aus dem Mittelalter erinnert. Diese wirkt also noch nach, obwohl hier die Wörterbücher nicht vornehmlich aus mittelalterlichen Dichtungen abgeleitet worden sind: Spitzname, Vers, Qual, Wundheilung, Waffenstillstand, Totschlag, Metapher, Zauberer, Riese, Schreiber, Geächteter sind hier die Konzepte, bzw. Wortfelder mit den meisten Worten.
Noch im heutigen Italienischen geht es sehr viel um bäuerliche Nahrungsmittel: Traube, Kastanie, Heuraufe, Käse, Wein sind die Konzepte, bzw. Wortfelder mit den meisten Begriffen.
Für das Lettische wird als Wortfeld mit den meisten Begriffen angeführt "Birke", für das Litauische "Duckmäuser".
Für die Sprache der Samoaner: Lava, Taro, Einsamkeit, Brotfrucht, Dach, Kanu, Häuptling, Taube. Auch hier spiegelt sich die traditionelle Lebenswelt und Lebensweise der Samoaner wieder.
Neuzeitliche europäische Sprachen
Im "Pennsylvania-Dutch" werden folgende Konzepte/Wortfelder als jene mit den meisten Begriffen angeführt: Buggy (s. Abb. 1), Scheune, Prediger, Apfelwein, Wagen, Kirsche. Auch in dieser Auswahl spiegelt sich - offensichtlich - die traditionelle Lebensweise der Deutschen in Pennsylvania wieder, die zu großen Teilen Mennoniten waren, und von denen die heutigen deutschsprachigen Amischen sprachlich und kulturell als solche in den USA fortexistieren.
Die modernen Deutschen nun sollen - merkwürdigerweise - vor allem viele Wörter haben für das Wortfeld "Kaminsims" (engl. "Mantel"). Das mutet reichlich merkwürdig an und hier scheint uns doch irgendetwas schief gelaufen, fehlerhaft zu sein. Außerdem sollen die modernen Deutschen Rekordhalter sein für Wortfelder wie: Stufe, Stiefel, Stall, Lehrer, Schnürsenkel, Entwurf, Rechnung, Humor, Tonne, Bad. Was auch immer man aus diesem Forschungsergebnis ableiten möchte!!
Jüdische Sprachen
Eindeutiger sind die Ergebnisse dann schon wieder für die jüdischen Sprachen und Dialekte. Hier finden sich viele Worte für das Konzept/Wortfeld "Synagoge", am meisten im Jüdisch-babylonischen Aramäischen (Wiki), dann im Judeo-Jemenischen Arabisch (Wiki), dann im Ladino (Judäo-Spanisch) (Wiki) der sephardischen Juden, dann im Ostjiddischen (Wiki) und im Modernen Hebräisch (Wiki) der aschkenasischen Juden. All das mutet nachvollziehbar und einsichtig an.
Das moderne Hebräisch hat noch mehr Wörter für "Rabbi", gefolgt vom Ostjiddischen (beides aschkenasische Juden).
Auffällig und auch nachvollziehbar mag auch sein, daß im Modernen Hebräisch ebenso wie im Ladino der sephardischen Juden offenbar fast alle jene Konzepte/Wortfelder, die die meisten synonymen Begriffe aufweisen, im Zusammenhang mit religiösem Kontext stehen: captivity, desolation, terror, atonment (Sühne), redemption (Erlösung) und so weiter.
Im Ostjiddischen der aschkenasischen Juden kommen interessanterweise Wortfelder hinzu wie "Paranthese" (was in der Rhetorik eine größere Rolle spielt). Außerdem Wortfelder/Konzepte wie "fun", "holiday" oder "polish".
Im Judeo-Jemenischen Arabisch spielen auch Wortfelder offenbar aus dem außerreligiösen Lebensalltag eine Rolle wie: "land", "baking", "fodder", "camel", "oven" etc..
Insgesamt läßt sich also wohl als eine erste Schlußfolgerung ableiten, daß jene Bereiche, mit denen die Menschen in einer Sprachgemeinschaft besonders viel beschäftigt sind, worüber sie viel reden, was ihnen wichtig ist, auch besonders viele Worte aufweisen. Im Jüdischen ist es der religiöse Bereich, in den mittelalterlichen europäischen Sprachen ist es unter anderem das Rittertum/Kriegertum, in vielen bäuerlichen Völkern sind es Worte aus der bäuerlichen Lebenswelt.
Ein Wechsel der Lebenswelt - wie er durch einen Epochenwechsel wie den vom Mittelalter zur Neuzeit markiert wird - kann auch einen Wandel der meist benutzten Worte mit sich bringen - muß dies aber nicht. All das ist einsichtig und nachvollziehbar.
Aber vielleicht werden aus solchen Forschungen künftig noch weitergehende Schlußfolgerungen abgeleitet werden können.
Für tieferliegende muttersprachliche Prägungen zum Beispiel der Wahrnehmung der räumlichen Umwelt oder der sozialen Umwelt werden allerdings noch ganz andere sprachliche Zusammenhänge eine Rolle spielen als es durch die Größe der Wortfelder in einer jeweiligen Sprache erforscht werden kann.
__________
- T. Khishigsuren,T. Regier,E. Vylomova,& C. Kemp, A computational analysis of lexical elaboration across languages, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 122 (15) e2417304122, https://doi.org/10.1073/pnas.2417304122 (2025). (Preprint)
- Hespos, Susan J., and Elizabeth S. Spelke: Conceptual precursors to language. In: Nature (2004): 453-456 (Resg)
- Osterkamp, Jan: Erst denken, dann sprechen - Sprachentwicklung. In: Spektrum d. Wiss., 21.7.2004 (Spektrum2004)
Der älteste, bekannte Glockenbecher-Mann lebte bei Soissons in Nordfrankreich
Der bislang älteste, bekannte Glockenbecher-Mann lebte 115 Kilometer nordöstlich des heutigen Paris in der Nähe des heutigen Soissons (GMaps), so eine im März 2025 veröffentlichte Studie aus dem Labor von Eske Willerslev in Dänemark (1) (s. Stg3/25). Die Glockenbecher-Kultur ist autochthon am Niederrhein entstanden, so eine im Mai 2025 veröffentlichte Studie aus dem Labor von David Reich in den USA (Stg5/25). Also wo nun? Diese Frage treibt uns um.
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Abb. 1: Im Jahr 2023 vorliegende archäogenetische Daten zur Glockenbecher-Kultur - Nordfrankreich als weißer Fleck (aus: 4) |
Schon 2023 vermutete man die Urheimat der Glockenbecher-Kultur in Nordfrankreich, allerdings gab es damals aus dieser Region noch keine archäogenetischen Daten (s. Abb. 1) (aus: 4). Die genannten neuen Veröffentlichungen ändern diese Situation - zumindest ein wenig.
Allerdings muß von Seiten eines Laien immer noch ein bisschen wild gesucht werden, bis er alle verfügbaren Daten über den in der Literatur erwähnten Fund und seine Örtlichkeit zusammen hat - über das bis dato offenbar älteste, bekannte Glockenbecher-Grab (1-3).
Im Text der Studie (1) ist als Alter angegeben "4463" (vor heute). Mit diesem Suchwort finden wir in den Datenanhängen der Studie das folgendermaßen gekennzeichnete Individuum (1):
"CBV95.brunel_2020_pnas | La Bouche−−Vesle | France_Neolithic_Campaniforme | R1b | 4463"
Der hier angegebene Fundort „La Bouche à Vesle“ führt zunächst nicht weiter, da es sich bloß um die Bezeichnung eines Flurstückes handelt (wie wir später erfahren). Und solche finden sich bekanntlich nicht auf Google Maps. Aber man hätte den Ortsnamen ja auch einmal einfach übersetzen können, er lautet "Die Mündung der Vesle", also Mündung des Flusses Vesle (in die Aisne). Daß es so einfach sein könnte, wird uns erst später klar. Schließlich führt die Angabe "brunel_2020_pnas" weiter. Es ist dies nämlich die Studie, in der die archäogenetischen Daten dieses Fundes zum ersten mal veröffentlicht worden sind (2), und zwar unter der Kennzeichnung "CBV95".
Der frühste Glockenbecher-Fund im Aisne-Tal (2.500 v. Ztr.)
Über das Suchwort „La Bouche à Vesle“ fand sich zumindest zunächst einmal ein Bericht der französischen Denkmalbehörde über die diesbezügliche Ausgrabung (Neolitiqueblog2016):
Im Dorf Ciry-Salsogne auf dem Flurstück „La Bouche à Vesle“ wurde eine auf etwa 2.574/2.452 v. Ztr. datierte Einzelbestattung aus der Glockenbecher-Kultur entdeckt. (...) Bei dem Verstorbenen handelt es sich um einen jungen, erwachsenen Mann im Alter von 20 bis 22 Jahren. Ihm ist ein für die damalige Zeit typischer Becher, ein Feuerstein-Messer und ein Hirschgeweihobjekt beigegeben worden (ein langes, bogenförmiges Daubensegment). Der Feuersteindolch wurde links vom Verstorbenen abgelegt; gemessen an der Stumpfheit seiner Kante und der sekundären Retusche ist er sehr häufig verwendet worden.
Das Flurstück liegt also an der Mündung der Vesle in die Aisne. Die Vesle kommt von Reims her, der Stadt, die fünfzig Kilometer weiter östlich liegt. An ihrer durch die beiden Flußläufe geschützten Mündung fanden die Archäologen eine Siedlung aus der späten Hallstatt-Zeit. Sie bestand aus mindestens 16 Gebäuden, umgeben von einer Palisade (AdlFI1999). Unabhängig von diesen Funden wurde dann hier auch das 2000 Jahre ältere, bis dato älteste Grab der Glockenbecher-Kultur entdeckt.
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Abb. 2: Ein 15 cm hoher Becher als Beigabe - Aus dem bis dato ältesten Glockenbecher-Grab weltweit im Aisne-Tal (aus: Neolitiqueblog2016) |
In der archäologischen Studie, in der dieser Fund 2011 veröffentlicht wurde, heißt es (3):
Im Jahr 2000 wurde ein Grab aus der Glockenbecherzeit entdeckt im nördlichen Teil des Dorfes Ciry-Salsogne im Aisne-Tal rund ein Dutzend Kilometer östlich der Stadt Soissons. Das Flurstück „La Bouche à Vesle“ liegt an der Vesle, in der Nähe der Mündung in die Aisne. Das untersuchte Flurstück (30 ha) besteht insgesamt aus einer ebene Fläche mit kiesigem Untergrund, geeignet für menschliche Besiedlung. Durch jüngste und frühere archäologische Eingriffe wurden zahlreiche Strukturen sowohl aus der Frühgeschichte als auch aus der Geschichte freigelegt (Desenne et al., 2000). Eine Rodung auf zwei Hektar ergab nun dieses isolierte Grab (Struktur 95) inmitten von Strukturen aus der Bronze- und Latènezeit. In der Umgebung wurden sonst keine Strukturen, Außenbestattungen oder anderen Bestattungen entdeckt (Desenne et al., 2000). (...) Eine Datierung durch das Groninger Labor ergab für dieses Grab eine Zeitstellung von 2574-2452 v. Ztr..
Die Veröffentlichung der archäogenetischen Daten zu diesem 20-jährigen Mann der Glockenbecher-Kultur erfolgte dann im Jahr 2020 (2) (Abb. 3, 4).
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Abb. 3: "CBV95" - Das bislang älteste, bekannte Glockenbecher-Individuum, das sich nahe von Soissons in Nordfrankreich fand, hatte offenbar ausschließlich Steppenherkunft (aus 2) |
In der Studie heißt es (2):
Wir präsentieren zwei mit der Glockenbecherkultur assoziierte Individuen (CBV95 und PEI2), die wir zusammen mit bereits beschriebenen zeitgenössischen Individuen aus Europa, einschließlich Frankreich, analysiert haben (10). Mit der Glockenbecherkultur assoziierte französische Individuen weisen ein breites Spektrum an Steppenabstammungsanteilen auf (Abb. 1C und 2D). CBV95 in Nordfrankreich weist in unserem Datensatz den höchsten Anteil an Allelen der Jamnaja-Kultur auf und gehört zur Y-Chromosom-Haplogruppe R1b (Abb. 1C und 2D und SI-Anhang, Abb. S4-5), was den frühesten klaren Beweis für die Präsenz dieser Haplogruppe in Frankreich um 2500 v. Ztr. darstellt (Datensatz S10). Diese Linie wurde mit der Ankunft von Migranten aus der Steppe in Mitteleuropa während des Spätneolithikums in Verbindung gebracht und wurde in anderen Teilen Europas und bei mit der Glockenbecherkultur assoziierten Individuen aus Südfrankreich beschrieben, während sie auf der Iberischen Halbinsel vor der Bronzezeit fast nicht vorhanden war (10, 13).We report two Bell Beaker-associated individuals (CBV95 and PEI2), that we coanalyzed with previously reported contemporaneous individuals from Europe, including France (10). French Beaker-associated individuals display a wide range of steppe-ancestry proportions (Figs. 1C and 2D). CBV95 in northern France derives the highest proportion of alleles from the Yamnaya in our dataset, and belongs to Y-chromosome haplogroup R1b (Figs. 1C and 2D and SI Appendix, Fig. S4-5), providing the earliest clear evidence of the presence of this haplogroup in France around 2500 BCE (Dataset S10). This lineage was associated with the arrival of migrants from the steppe in central Europe during the Late Neolithic, and was described in other parts of Europe and in Bell Beaker-associated individuals from southern France, while being almost absent in Iberia prior to the Bronze Age (10, 13).
Es wird dann noch die Angabe gemacht (1):
Vermischungsmodelle erbrachten überraschenderweise Villabruna nicht als Herkunftsanteil für CBV95 oder PEI2, was sich von bisher bekannten Individuen aus der Jungsteinzeit unterscheidet.Surprisingly, the admixture model did not include Villabruna as an ancestry source for either CBV95 or PEI2, which differs from previously known Late Neolithic individuals.
Für CBV95 wollen wir das gelten lassen. Aber diese Aussage kontrastiert ja doch mit den Ergebnissen aus dem David Reich-Labor, wonach die westeuropäische Jäger-Sammler-Herkunft konstitutiv für die Ethnogenese der Glockenbecher-Kultur gewesen sein soll (Stg5/25). Wie auch immer sich dieser Widerspruch auflösen wird!*) Wenn es im Aisne-Tal um 2.500 v. Ztr. noch Menschen mit reiner Jamnaja-Genetik gab, obwohl sich die Schnurkeramik-Leute in Europa seit 500 Jahren mit Einheimischen vermischt hatten, sollte dieser Umstand auch auf eine genetisch sehr konservativ gebliebene indogermanische Bevölkerung im Aisne-Tal verweisen.
In einer weiteren der Studie beigegebenen Grafik wird "CBV95" dann als Ausgangspunkt gewählt der europaweiten Glockenbecher-Ausbreitung (Abb. 4): Ihm stehen genetisch zunächst Glockenbecher-Individuen, die in Deutschland und Großbritannien gefunden wurden, am nächsten.
Glockenbecher-Individuen, die auf der iberischen Halbinsel gefunden wurden, sind genetisch weiter von ihm entfernt. Die unterschiedliche genetische Nähe ergibt sich wohl jeweils vor allem aufgrund der Vermischung mit jeweils einheimischen Vorbevölkerungen.
Ein Fürstensitz der Michelsberger Kultur im Vesle-Tal in Nordfrankreich (4.200 v. Ztr.)
Das Aisne-Tal in Nordfrankreich und das Tal des Vesle, die von Süden kommend in die Aisne mündet, werden seit vielen Jahren archäologisch erforscht. Ein regionales Zentrum der Michelsberger Kultur aus der Zeit um 4.200 v. Ztr. fand sich nahe Jonchery-sur-Vesles, 30 Kilometer von der Mündung der Vesle flußaufwärts entfernt (Neolitiqueblog2016):
Die bedeutendste Stätte aus dem Mittelneolithikum ist die von Jonchery-sur-Vesles (Michelsberg-Kultur, etwa 4.200 v. Ztr.). Ihre Ausgrabung wurde 2003 abgeschlossen. Es handelt sich bei ihr um eine Einfriedung mit einer Innenfläche von 5 Hektar. Diese besteht aus 4 bis 5 konzentrischen Gräben (also 3.500 Meter Gräben) mit einer oder mit zwei inneren Palisaden (also 1.500 Meter Palisaden, für die 600 Bäume gefällt werden mußten). Die archäologischen Funde sind bedeutsam (sie betragen 1 Tonne Keramik!) und sie zeugen von einem Ort mit einem bestimmten Zweck, vielleicht für zeremonielle Zwecke oder um die umliegenden Dorfgemeinschaften zusammenzubringen (Markt?). Neben dieser Fundstelle wurden für das Mittelneolithikum rund zwanzig weitere Fundstellen identifiziert.
Es dürfte sich um einen Fürstensitz am Westrand der Michelsberger Kultur (4.400 bis 3.500 v. Ztr) (Wiki) gehandelt haben, deren Volk sich von Ostbayern bis Nordfrankreich ausgebreitet hatte, und die dann von der Wartberg- und der Trichterbecher-Kultur abgelöst wurde. Rund um diese Ortschaft wurden Megalithgräber angelegt und genutzt zum Spätneolithikum, so daß auch das älteste Glockenbecher-Individuum an der Mündung der Vesle in Zusammenhang mit diesem kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Zentrum gestanden haben kann. Bekanntlich haben sich ja die Schnurkeramiker schon 500 Jahre vorher im Weichselraum mit ihren Herden in den Randbereichen der Ackerbauern-Siedlungen aufgehalten (ebenso zeitgleich die Indogermanen in Anatolien, die Kura-Araxes-Kultur).
Die Gegend bei Soissons - Ort von Entscheidungsschlachten des Ersten Weltkrieges
Die Gegend um Soissons weist eine reiche Geschichte auf (Wiki), schon in der Zeit der Gallischen Kriege des Julius Caesar. Der Zeithistoriker denkt vor allem an das Geschehen des Ersten Weltkrieges in dieser Region. Die Deutschen hatten sich im September 1914 entsprechend des Schlieffen-Planes im vollen Siegeslauf auf Paris befunden. Sie hatten nur noch wenig Gegenwehr vorgefunden, als sie überraschend hinter Soissons, hinter die Vesle und hinter Reims zurück gingen. Dies war ein Vorgang, der unter der Bezeichnung "Wunder an der Marne" in die Geschichte einging (Wiki), und der sich in der Zeit zwischen dem 9. und 13. September 1914 vollzog (s. Abb. 5).
Eine entscheidende Rolle bei der Verwirklichung dieses "Wunders" spielte ein Oberstleutnant Richard Hentsch, der als Abgesandter des von Rudolf Steiner okkult beratenen deutschen Generalstabschefs Hellmuth von Moltke zwischen den Hauptquartieren der vormarschierenden deutschen Armeen wechselte und der der jeweils nächsten Armee, zu der er kam, von einer angeblich sehr pessimistischen Sicht auf die Lage berichtete auf Seiten jener Armee, von der er gerade kam. Diese pessimistische Sicht hatte bei dieser aber gar nicht vorgelegen. Da nun plötzlich jede der vormarschierenden Armeen befürchtete, vom Gegner auf den Flügeln angegriffen und umfaßt zu werden, gingen alle vormarschierenden Armeen nun ziemlich gleichzeitig zurück. Ein ziemlich "verrückter" Vorgang.
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Abb. 5: Das Wunder an der Marne im September 1914 |
Erneut trat diese Regionen in den Mittelpunkt des Geschehens unter anderem im entscheidenden, letzten Jahr des Ersten Weltkrieges, im Jahr 1918. Mit einer gewaltigen deutschen Frühjahrsoffensive (Wiki) wollte der deutsche General Erich Ludendorff (1865-1937), der Sieger der Schlacht von Tannenberg in Ostpreußen im Jahr 1914, noch einmal die Lage zugunsten des Deutschen Reiches wenden. Die Deutschen erreichten unter seiner Führung an der Westfront auch den größten Geländegewinn seit 1914, jedoch nicht den heiß erstrebten Durchbruch nach Paris. Die erste Phase dieser Schlacht dauerte vom 21. März bis 5. April 1918. Die Deutschen waren in dieser etwas weiter nördlich von St. Quentin bis kurz vor Amiens durchgestoßen. Die zweite Phase dieser Schlacht spielte sich erneut rund um Soissons und um die Täler der Aisne und der Vesle ab. Vom 27. Mai bis zum 6. Juni griffen die Deutschen auf der Front von Reims an westwärts gen Süden an. Sie eroberten Soissons und den gesamten Flußlauf der Vesle von Reims abwärts, und zwar ein zweites mal seit 1914. Sie stießen bis Chauteaux Thierry und bis zum Wald von Villers-Cotterêts durch (Wiki). Entsprechend dieses Kriegsverlaufs heißt es über Soissons auch (Wiki):
Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurde die Stadt zweimal von deutschen Truppen besetzt und durch Artilleriefeuer von beiden Seiten zu drei Vierteln zerstört.
Über das Jahr 1914 heißt es (Wiki):
Am 13. September griffen die Zuaven und Schützen von General Quiquandon den „Hügel 132“ an, der Soissons im Norden überblickt, jedoch ohne Erfolg. Nach den Angriffen am 14., 17., 23. und 30. September gelang es den Angreifern nicht, die Verteidiger zu vertreiben, die sich in diesen von Senken durchzogenen Hügeln eingegraben hatten und die sich zu hervorragenden Beobachtungsposten und Stellungen für die Bombardierung von Soissons entwickelten. (...) Die fortschreitende Zerstörung der Stadt veranlaßte das französische Kommando Anfang Januar 1915 zu einem Angriff, um die Stadt zu befreien. Es ist die Schlacht von Crouy. Am 8. Januar griffen ein Bataillon Jäger und ein Bataillon marokkanischer Schützen mit Unterstützung der 55. Division an und es gelang ihnen, auf dem „Sporn 132“ Fuß zu fassen. Die Front stabilisierte sich nördlich der Stadt, die bis 1917 schwer bombardiert wurde.Henri Barbusse schrieb dort "Le Feu".Während der Meutereien von 1917 marschierten Soldaten durch die Stadt, die sich nach der verheerenden Offensive am Chemin des Dames geweigert hatten, an die Front zu gehen. (...)29. Mai 1918: Die marokkanische Division und das Marschregiment der Fremdenlegion werden per Lastwagen in den Westen des gerade in Feindeshand gefallenen Soissons transportiert. Ziel war es, seinen Vormarsch in Richtung Villers-Cotterêts zu blockieren, indem man Stellung auf der Montagne de Paris einnahmen. Der Angriff begann am frühen Morgen nach einem kurzen, aber heftigen Artilleriefeuer. Der zahlenmäßig deutlich überlegene Feind konnte in den Stellungen der Legion Fuß fassen. Die Legionäre waren gezwungen, ihre Munition zu schonen, und verloren in den zweitägigen Kämpfen 47 Mann, 219 wurden verwundet und 70 wurden vermißt. Dennoch gelang es dem Marschregiment der Fremdenlegion, seine Stellungen zu halten und den deutschen Vormarsch in seinem Abschnitt zu blockieren.
Soweit nur ein kurzer Ausschnitt aus diesem dramatischen Geschehen, der natürlich beliebig erweitert werden könnte (s.a. Abb. 6).
Soldatenfriedhof Soupir an der Asine
Elf Kilometer westlich der Mündung der Vesle in die Aisne wurde der deutsche Soldatenfriedhof Soupir angelegt. Auf ihm liegen (Volksbund) ...
... mehr als 11.000 Gefallene aus den Gefechten, die vom September 1914 bis zum Oktober 1918 tobten. Allein 5.955 Tote ruhen in einem Gemeinschaftsgrab.
Daneben ist ein französischer Soldatenfriedhof angelegt worden. Auf ihm liegen (Volksbund) ...
7.236 französische Soldaten aus den Schlachten des Ersten Weltkrieges zwischen Soissons und Reims, an der Aisne, der Vesle und der Marne sowie um den Chemin-des-Dames.
Die meisten der hier bestatteten Soldaten werden, sofern sie nicht allein germanischer Herkunft aus Norddeutschland waren, zu größeren Teilen auch jene Glockenbecher-Herkunft in sich getragen haben, die womöglich genau in dieser Region an der Aisne - oder weiter nördlich bis hoch nach Flandern - entstanden ist.
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Abb. 6: Landschafts- und Geschichtseindruck - Der Fluß Aisne - "Französischer Angriff auf die deutschen Stellungen im Norden der Aisne - April und Mai 1917" - Gemalt von François Flameng 1917 (Wiki) |
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*) Jedenfalls steht diese Angabe auch in Widerspruch zu Angaben im sonstigen Internet über die Herkunftszusammensetzung dieses Individuums (nach ExploreyourDNA):
73.15 % Yamnaya_RUS_Samara (Jamnaja-Steppenhirten)16.60 % TUR_Barcin_N (anatolisch-neolithische Bauern)10.25 % WHG (westeuropäische Jäger und Sammler)
Eine andere Aufschlüsslung der Herkunft von CBV95 (dnagenetics), wonach er 42 % westeuropäische Jäger-Sammler-Herkunft gehabt hätte, ist dann noch weniger nachvollziehbar (s.a. umap).
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- Tracing the Spread of Celtic Languages using Ancient Genomics. Hugh McColl, Guus Kroonen, Thomaz Pinotti, John Koch, Johan Ling, Jean-Paul Demoule, Kristian Kristiansen, Martin Sikora and Eske Willerslev (bioRxiv. posted 1 March 2025) 10.1101/2025.02.28.640770
- S. Brunel,E.A. Bennett,L. Cardin,D. Garraud,H. Barrand Emam,A. Beylier,B. Boulestin,F. Chenal,E. Ciesielski,F. Convertini,B. Dedet,S. Desbrosse-Degobertiere,S. Desenne,J. Dubouloz,H. Duday,G. Escalon,V. Fabre,E. Gailledrat,M. Gandelin,[...]& M. Pruvost, Ancient genomes from present-day France unveil 7,000 years of its demographic history, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 117 (23) 12791-12798, https://doi.org/10.1073/pnas.1918034117 (2020). (PNAS2020)
- Lamys Hachem, Pierre Allard, Fabien Convertini, Bruno Robert, Laure Salanova, et al.. La sépulture campaniforme de Ciry-Salsogne ” La Bouche à Vesle ” (Aisne). In: Laure Salanova & Yaramila Tchérémissinoff (Hg): Les sépultures individuelles campaniformes en France, CNRS Editions, pp.21-35, 2011, Gallia Préhistoire. Supplément; 41, 978-2-271-07124-8. ffhalshs-00654008
- Ian Armit: A sea change? Mobility, Genetics and the Beaker Complex in Britain. The Transformation of Europe in the Third Millennium BC. International Conference on the Third Millennium BC archaeology in Europe. Riva del Garda, Trento, Italy, 25-28 October 2023 (Yt)
Ein sehr konservatives Volk an der Nordsee-Küste macht Revolution (2.400 v. Ztr.)
Wir hatten gerade im März erst völlig neue Erkenntnisse über die Entstehung und Geschichte der keltischen und italischen Völker in Europa behandelt (Stg25). Es geschah das unter dem Titel "Bollwerk Germanien", um deutlich zu machen, daß diese keltischen und italischen Völker mehrfach ohne langfristigen Erfolg versuchten, nach Skandinavien einzudringen, wodurch sich in Skandinavien eine vergleichsweise "konservative" Völkergruppe erhielt, nämlich die germanische.
In einer neuen archäogenetischen Studie wird nun auf die Bedeutung eines anderen genetisch sehr konservativen Volkes an der Nordseeküste hingewiesen. Nämlich auf einen lange Zeit nachwirkenden, ungewöhnlich hohen Jäger-Sammler-Anteil in den neolithischen und frühbronzezeitlichen Kulturen zwischen Weser, Weserbergland und Schelde (1) (s. Abb. 1).
Nordhessen einerseits, die Niederlande und Flandern andererseits
Fast zeitgleich zur hier zu behandelnden archäogenetischen Studie zu den Niederlanden und Flandern erscheint eine weitere, die einen ähnlich konservativen, hohen Jäger-Sammler-Anteil aufzeigt für die benachbarten Regionen in Nordhessen und Südniedersachsen. Nämlich für die dortige Wartberg-Kultur (3.500-2.800 v. Ztr.) (Wiki) und die dortige Westliche Trichterbecher-Kultur (4.300-2.800 v. Ztr.) (Wiki) (2), und zwar in Menschen, die in dortigen, zum Teil berühmten Galerie- und Megalithgräbern bestattet worden waren. Zum Beispiel im berühmten Galeriegrab von Züschen in Nordhessen, in dem es eines der ältesten Wagendarstellungen der Weltgeschichte gibt.
Es wird all dies aufgezeigt anhand der Analyse von 129 Genomen, die aus Skeletten gewonnen werden konnten von den Fundorten in Altendorf, Niedertiefenbach, Rimbeck, Warburg und Züschen (alle der Wartberg-Kultur in Nordhessen/Westfalen zugehörig), sowie von dem Fundort Sorsum (im südlichen Niedersachsen, der Westlichen Trichterbecher-Kultur zugehörig). Die Genome all dieser Menschen wiesen genetisch einen hohen westeuropäischen Jäger-Sammler-Anteil auf, nämlich zwischen 25 und 50 %, im Durchschnitt 35 %.
Außerdem aber wird in dieser archäogenetischen Nordhessen-Studie Eliten-Verwandtschaft aufgezeigt rund um die genannten Großsteingräber, und zwar zum Teil über mehr als 200 Kilometer hinweg (2). Wir haben es hier mit einer ähnlichen Erscheinung zu tun, wie sie 2020 schon für die berühmtesten Megalithgräber in Irland aufgezeigt worden war (Stg20), wodurch staatliche Strukturen, "Großreiche" in Nordeuropa schon für das Mittelneolithikum immer wahrscheinlicher werden.
Aber mehr noch: die in diesen Galerie-Gräbern repräsentierten mittelneolithischen Fürstentümer und Königreiche in der norddeutschen Tiefebene und an der Nordseeküste scheinen nun das Kerngebiet der Ethnogenese der Glockenbecher-Kultur ab 2.460 v. Ztr. gewesen zu sein oder diesem Kerngebiet räumlich, genetisch und kulturell sehr nahe gestanden zu haben (1). Zunächst lesen wir von (1) ...
... der Region rund um das Rhein-Maas-Gebiet in Gemeinschaften in den Feuchtgebieten, Flußgebieten und Küstengebieten der westlichen und zentralen Niederlande, Belgiens und Westdeutschlands, wo wir genomweite Daten für 109 Menschen zwischen 8500 und 1700 v. Ztr. zusammentrugen. Hier überlebte eine besondere Population mit hohem Jäger- und Sammleranteil (∼50 %) bis zu dreitausend Jahre länger als in kontinentaleuropäischen Regionen, was auf die begrenzte Eingliederung von Frauen früheuropäischer Bauernabstammung in die lokalen Gemeinschaften hindeutet. In den westlichen Niederlanden war auch die Ankunft des Schnurkeramik-Komplexes außergewöhnlich: Tieflandbewohner aus Siedlungen, die Schnurkeramik übernahmen, hatten trotz eines charakteristischen Y-Chromosoms der frühen Schnurkeramik kaum Steppenvorfahren. Der begrenzte Zustrom könnte die einzigartige Ökologie der flußdominierten Landschaften der Region widerspiegeln, die sich nicht für die flächendeckende Übernahme des frühneolithischen Landwirtschaftstyps eigneten, der mit der Linearbandkeramik eingeführt wurde. Dadurch konnten bereits etablierte Gruppen gedeihen und eine dauerhafte, aber durchlässige Grenze geschaffen werden, die Ideentransfer und Genfluß auf niedriger Ebene ermöglichte. Dies änderte sich mit der Entstehung durch Vermischung von Bevölkerungen der Glockenbecherzeit um 2500 v. Ztr. durch die Verschmelzung lokaler Rhein-Maas-Bevölkerung (9-17 %) und mit der Schnurkeramik assoziierter Migranten beiderlei Geschlechts. Ihre Ausbreitung aus der Rhein-Maas-Region hatte dann zerstörerische Auswirkungen auf einen viel größeren Teil Nordwesteuropas, einschließlich Großbritannien, wo ihre Ankunft die Hauptursache für eine 90-100-prozentige Verdrängung der lokalen neolithischen Bevölkerung war.... the wider Rhine-Meuse area in communities in the wetlands, riverine areas, and coastal areas of the western and central Netherlands, Belgium and western Germany, where we assembled genome-wide data for 109 people 8500-1700 BCE. Here, a distinctive population with high hunter-gatherer ancestry (∼50%) persisted up to three thousand years later than in continental European regions, reflecting limited incorporation of females of Early European Farmer ancestry into local communities. In the western Netherlands, the arrival of the Corded Ware complex was also exceptional: lowland individuals from settlements adopting Corded Ware pottery had hardly any steppe ancestry, despite a characteristic early Corded Ware Y-chromosome. The limited influx may reflect the unique ecology of the region’s river-dominated landscapes, which were not amenable to wholesale adoption of the early Neolithic type of farming introduced by Linearbandkeramik, making it possible for previously established groups to thrive, and creating a persistent but permeable boundary that allowed transfer of ideas and low-level gene flow. This changed with the formation-through-mixture of Bell Beaker using populations ∼2500 BCE by fusion of local Rhine-Meuse people (9-17%) and Corded Ware associated migrants of both sexes. Their expansion from the Rhine-Meuse region then had a disruptive impact across a much wider part of northwest Europe, including Britain where its arrival was the main source of a 90-100% replacement of local Neolithic peoples.
Der Hauptkomponenten-Analyse für die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den neolithischen und bronzezeitlichen Bevölkerungen im Rhein-Maas-Gebiet entnehmen wir, daß es dort mit jeder neuen archäologischen Kultur während des Neolithikums zu einem weiteren Vermischungsschub kam (Abb. 2).
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Abb. 2: Hauptkomponenten-Analyse für die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den neolithischen und bronzezeitlichen Bevölkerungen im Rhein-Maas-Gebiet (aus 2) |
Wir haben zunächst Menschen mit 100 % westeuropäischem Jäger- und Sammler-Anteil (Abb. 2: gelb). Mit der dortigen Swifterbant-Kultur (Wiki), die parallel zur bandkeramischen Kultur entstand, kam es zu Vermischungen mit Menschen der bandkeramischen Kultur, und zwar in recht unterschiedlichen Anteilen (Abb. 2: dunkelblau). Die mittel- und spätneolithische Wartberg-Kultur weist dann Herkunftsanteile auf wie oben schon anhand (2) wiedergegeben (Abb. 2: hellblau).
Auf Baltrum waren die Menschen genetisch noch "konservativer"
Wir lesen außerdem über genetisch noch "konservativere" Menschen in der Blätterhöhle in Westfalen und auf der schönen Nordseeinsel Baltrum (1):
Zu den seltenen Ausnahmen zählen ein Individuum aus dem Mittelneolithikum von der Insel Baltrum (BLR001) und ein veröffentlichtes Individuum aus der Blätterhöhle (I1565), beide mit einer Abstammung von >75 % von Jägern und Sammlern, sowie einige mit der Wartberg-Kultur in Zusammenhang stehende Individuen mit einem WHG-Abstammungsanteil von nur 25 %.Rare exceptions include one Middle Neolithic individual from the island of Baltrum (BLR001) and one published individual from the Blätterhöhle cave (I1565), both with >75% hunter- gatherer ancestry, and also some Wartberg-associated individuals with a range of WHG ancestry reaching as low as 25%.
Ab 3.000 v. Ztr. nehmen die Menschen des Niederrhein-Gebietes dann die Kultur der indogermanischen Schnurkeramik an. Aber ihre Genetik verändert sich dabei einmal erneut nicht wesentlich. Sie bleiben weiterhin "konservativ". Es kommt nur zu leichten genetischen Einmischungen der Schnurkeramiker (Abb. 2: rot).
Auch als "Schnurkeramiker" blieben die Menschen an der Nordseeküste genetisch "konservativ"
Erst ab 2.500 v. Ztr. wandelt sich das genetische Abstammungsbild drastisch. Die einheimische Bevölkerung wird genetisch ersetzt durch die Glockenbecher-Kultur (orange), die ein völlig anderes Herkunftsprofil aufweist. Über die Ankunft der Glockenbecher-Genetik und -Kultur in den Niederlanden wird vornehmlich aus archäologischer Sicht ausgeführt (2):
Die Ankunft des Glockenbecher-Komplexes um 2500 v. Ztr. markierte einen weiteren großen kulturellen Übergang. Mit ihr breiteten sich Siedlungen über die Feuchtgebiete und Küstengebiete aus und ersetzten Siedlungen von Vlaardingen/Schnurkeramik, obwohl sie im Allgemeinen nicht dieselben Standorte nutzten. Die Glockenbecher-Wirtschaft war der vorherigen Schnurkeramik-Wirtschaft ähnlich und bestand hauptsächlich aus Landwirtschaft, gemischt mit Jagen und Sammeln von geringer Intensität. Im sandigen Hochland gab es eine Fortsetzung des Hügelgräberrituals, allerdings mit ausgeprägten Glockenbecher-Merkmalen und einer materiellen Kultur, die das Schnurkeramik-Repertoire ersetzte. Glockenbecher-Gruppen sind auch südlich des Rheins gut belegt, wie Glockenbecher-Grabhügel auf den Sandböden der südlichen Niederlande und Belgiens belegen.The arrival of the BB complex around 2500 BCE marked another major cultural transition, as settlements spread across the wetlands and coastal areas, replacing Vlaardingen/CW settlements, though generally not using the same sites28. The BB economy was similar to the previous CW one and consisted of predominantly farming mixed with low-intensity hunting and gathering. In the sandy uplands, there was a continuation of the barrow ritual, but with distinct BB characteristics and material culture replacing the CW repertoire34,35. BB groups were also well attested south of the Rhine, as evident in BB burial mounds on the sandy soils of the southern Netherlands and Belgium32,36,37. BB settlement sites remain just as elusive in this area as CW settlements.
Ab 2.500 v. Ztr. vollzieht sich auch die Indogermanisierung Armeniens und Griechenlands und auch dort beobachten wir - wie anderwärts - ein vergleichsweise grausames Ausrotten der Vorbevölkerung, bildlich dargestellt etwa in dem Silberbecher von Karashamb aus der Zeit um 2.200 v. Ztr. (Stg23). Dieses grausame Ausrotten ist zeitgleich durch die Archäogenetik auch in Böhmen und anderwärts zu beobachten.
Aber dann kam die Glockenbecher-Kultur ...
Über die Glockenbecher-Genetik in den Niederlanden wird ausgeführt (2):
Alle 13 verfügbaren Individuen, die mit der Glockenbecher-Kultur in Zusammenhang stehen, scheinen in der Hauptkomponentenanalyse genetisch den Gruppen nahezustehen, die in Zusammenhang mit der Schnurkeramik-Kultur stehen, jedoch nicht mit den vorhergehenden lokalen Vlaardingen/Schnurkeramik-Individuen aus dem Rhein-Maas-Gebiet. Sie können mit einer Abstammung von ∼83 % aus dem Hauptcluster der Schnurkeramik-assoziierten Individuen und ihre restliche Abstammung aus einer mit dem Wartberg-Neolithikum verwandten Gruppe modelliert werden, die jene neolithische Bevölkerung aus dem Rhein-Maas-Gebiet mit dem niedrigsten Grad an Jäger- und Sammler-Abstammung repräsentiert, oder als Mischung zwischen mittel- und spätneolithischen Gruppen von außerhalb des Rhein-Maas-Gebiets (z. B. Kugelamphore in Polen, TRB in Tschechien, Baalberge in Deutschland, Neolithikum-Chalkolithikum in Iberien) und spätneolithischen Populationen aus Belgien. Alle diese Szenarien deuten auf eine Abstammungsänderung von ∼83–91 % (aber nicht 100 %) hin, die mit der Ankunft des Glockenbecher-Komplexes in der Rhein-Maas-Region verbunden ist (Ergänzende Tabelle 5). Ein Beitrag der lokalen Bauern des Rhein-Maas-Deltas mit ihrem charakteristischen Merkmal einer hohen Jäger- und Sammlerabstammung ist essenziell, um die Entstehung der mit dem Rhein-Maas-Delta assoziierten Glockenbecher-Individuen zu modellieren. Sogar bei 9–17 % können wir davon ausgehen, daß diese lokale Vermischung stattfand: Modelle, denen dieser einzigartige genetische Beitrag der Bauern des Rhein-Maas-Deltas fehlt, werden mit hoher Signifikanz zurückgewiesen. Das deutet darauf hin, daß die beobachtete Vermischung zwischen den mit der Schnurkeramik-Kultur verbundenen Gruppen und europäischen Bauern, die das genetische Profil des Rhein-Maas-Deltas bildete, in der Region selbst stattgefunden haben muß. Radiokarbondatierungen legen außerdem nahe, daß die Rhein-Maas-Region einer der frühesten Orte war, an denen das Glockenbecher-Kulturphänomen auftrat. Während das früheste Vorkommen von Glockenbecher-Kulturmaterial auf der Iberischen Halbinsel lokalisiert wurde, zeigen unsere Ergebnisse, daß eine frühe Bildung von Glockenbecher-assoziierten Gruppen, die nicht nur kulturell, sondern auch genetisch von Schnurkeramik-Nutzern beeinflußt wurden, auch im Rhein-Maas-Gebiet stattfand.All 13 available BB-associated individuals appear genetically close to CW-associated groups, but not to the preceding local Rhine-Meuse area Vlaardingen/CW individuals in the PCA. They can be modeled with ∼83% ancestry from the main cluster of CW-associated individuals (Supplementary Table 5), and their remaining ancestry from a Wartberg Neolithic-related group, representing the Neolithic population from the Rhine-Meuse area with the lowest level of hunter-gatherer ancestry, or as a mixture between Middle and Late Neolithic groups from outside the Rhine-Meuse area (e.g. Poland Globular Amphora, Czechia TRB, Germany Baalberge, Iberia Neolithic-Chalcolithic) and Late Neolithic populations from Belgium. All these scenarios point to a ∼83-91% (but not 100%) ancestry change associated with the arrival of the BB complex in the Rhine-Meuse region (Supplementary Table 5). A contribution of local Rhine-Meuse delta farmers, with their distinctive signature of high hunter-gatherer ancestry, is essential to model the formation of Rhine-Meuse delta BB-associated individuals. Even at 9-17%, we can be confident this local admixture occurred: models lacking this unique Rhine-Meuse delta farmer genetic contribution are rejected with high significance. This suggests that the observed mixture between CW culture associated groups and European farmers that formed the genetic profile of Rhine-Meuse delta BB must have occurred in the region itself. Radiocarbon dates further suggest that the Rhine-Meuse area was one of the earliest places where the BB cultural phenomenon arose61. While the earliest appearance of BB cultural material has been located in Iberia62, our results show that early formation of BB-associated groups, influenced not just culturally but also genetically by CW users, also occurred in the Rhine-Meuse area.
Vor zwei Monaten erst war - wie eingangs angedeutet - eine Studie aus dem Labor von Eske Willerslev erschienen, die den Ursprung der Glockenbecher-Kultur in Nordfrankreich lokalisierte für die Zeit ab 2.463 v. Ztr., und die eine Ausbreitung in die Niederlande ab 2.384 v. Ztr. annahm (Stg25). Man darf gespannt sein, wie weit sich die Kernregion der Ethnogenese der Glockenbecherkultur künftig noch eingrenzen lassen wird.
Jedenfalls wird hier einmal erneut eine spannende Beobachtung gemacht. Einmal erneut - wie dies schon zum Beispiel archäogenetischen Studien zu Böhmen (Stg21) oder zu Ungarn/Kroatien (Stg22) gleich mehrfach beobachtet worden war - sind es einheimische europäische Jäger-Sammler-Anteile, die einen entscheidenden Beitrag leisten zur Ethnogenese neuer Völker. In dem vorliegenden Fall an der Nordseeküste sogar zur Ethnogenese eines der bedeutendsten Völker der europäischen Geschichte überhaupt, nämlich der Glockenbecher-Kultur und damit der italo-keltischen Völkergruppe.
"Das untergehende Vaterland" - ein "Werden im Vergehen"
Wir ahnen, bzw. bekommen damit einmal erneut vor Augen geführt, daß "konservative" Völker dennoch zum Fortschritt der Völkergeschichte beitragen oder vielleicht gerade deshalb, weil sie so konservativ sind und darum einer Welt, die sich inzwischen völlig gewandelt hat, "Impulse" geben können, die aus weniger konservativen Völkern nicht mehr gegeben werden können, da sie zu sehr angepaßt sind an die inzwischen "modern" gewordene Welt. Wir ahnen einmal erneut ein dynamisches Wechselspiel zwischen sehr konservativen und sehr fortschrittlichen Tendenzen und Ausrichtungen innerhalb der Völkergeschichte, und daß beide Tendenzen oft sehr nahe beieinander liegen können. Ähnliches glaubten wir ja auch schon etwa bei der Ethnogenese der Urindogermanen an der Mittleren Wolga zu beobachten, wo zwei sehr gegensätzliche Lebensweisen zu einer neuen Lebensweise verschmolzen und etwas völlig Neues schufen.
Und wir erkennen damit - vielleicht einmal erneut: daß auch die norddeutsche Tiefebene und die Küstenregionen der Nordsee schon im Neolithikum und in der frühen Bronzezeit eine für das übrige Europa vergleichsweise "konservative" Genetik und Kultur aufgewiesen haben, die aber nicht bedeutungslos im "Strom der Geschichte" "versiegten". Denn welch große Überraschung zugleich: Genau diese konservative Genetik und Kultur in den Küstenregionen der Nordsee scheinen der Ausgangspunkt gewesen zu sein für die Entstehung einer der bedeutendsten Völkergruppen der europäischen Geschichte, insbesondere der Bronze- und Eisenzeit, nämlich der italo-keltischen Völkergruppe und der Glockenbecher-Kultur, die diese begründete.
Wir erkennen damit zugleich, daß die große Geschichte der Völkergruppe der westeuropäischen Jäger und Sammler (Stg21) um 2.400 v. Ztr. zwischen Weser und Schelde einen sehr überraschenden "Endpunkt" findet, einen Abschluß, der womöglich sogar als ein neues, illustrierendes Beispiel gelten kann für den so grundlegenden geschichtsphilosophischen Gedanken von Friedrich Hölderlin (1770-1843) rund um das von ihm umsonnene Theorem vom "Werden im Vergehen" (Zeno):
Das untergehende Vaterland, Natur und Menschen, insofern sie in einer besondern Wechselwirkung stehen, eine besondere ideal gewordene Welt, und Verbindung der Dinge ausmachen, und sich insofern auflösen, damit aus ihr und aus dem überbleibenden Geschlechte und den überbleibenden Kräften der Natur, die das andere, reale Prinzip sind, eine neue Welt, eine neue, aber auch besondere Wechselwirkung, sich bilde, so wie jener Untergang aus einer reinen, aber besondern Welt hervorging. (...) Dieser Untergang oder Übergang des Vaterlandes (in diesem Sinne) fühlt sich in den Gliedern der bestehenden Welt so, daß in eben dem Momente und Grade, worin sich das Bestehende auflöst, auch das Neueintretende, Jugendliche, Mögliche sich fühlt.
In der von uns behandelten Studie (1) wird ja zudem auch noch ausgeführt, daß es tatsächlich eine besondere "Wechselwirkung" gegeben hat zwischen den Menschen an der Nordseeküste und dem dortigen, wasserreichen Naturraum, die dazu führte, daß die vollneolithische und die nachmalige indogermanische Lebensweise viel zögernder angenommen wurde als in anderen Regionen.
Und es kann ja gar keinem Zweifel unterliegen, daß sich "das Neueintretende, Jugendliche, Mögliche" in der Glockenbecher-Kultur "fühlte" - - - angesichts des geradezu rasenden Eroberungssturmes, mit dem die Glockenbecherkultur von dem kleinen umrissenen Raum der Nordseeküste aus vordrang bis nach Südnorwegen, bis nach Böhmen, bis nach Schottland und Irland, bis nach Sizilien, bis nach Portugal, bis nach Nordafrika.
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- Long-term hunter-gatherer continuity in the Rhine-Meuse region was disrupted by local formation of expansive Bell Beaker groups. By: Iñigo Olalde, Eveline Altena, (...) Iosif Lazaridis, Swapan Mallick, Nick Patterson, Nadin Rohland, Martin B. Richards, Ron Pinhasi, Wolfgang Haak, Maria Pala, David Reich. bioRxiv 2025.03.24 (biorxiv)
- Ben Krause-Kyora, Nicolas Antonio da Silva, Almut Nebel et al. Long-distance kinship in megalithic Europe, 06 May 2025, Preprint (Version 1) (Research Square) [https://doi.org/10.21203/rs.3.rs-6464608/v1]
Studium generale • Kurzbeiträge
Warum die große Artenvielfalt bei Blütenpflanzen?
- Why Are There So Many Flowering Plants? A Multiscale Analysis of Plant Diversification Tania Hernández-Hernández, John J. Wiens, The American Naturalist, https://www.journals.uchicago.edu/doi/abs/10.1086/708273
Es kann inzwischen unterlassene Hilfeleistung sein, einen Gentest NICHT zu empfehlen
- Genomics breeds new legal questions. By Jennifer Couzin-Frankel. Science Mag., 10 May 2019, Vol. 364, Issue 6440, pp. 521, DOI: 10.1126/science.364.6440.521,https://science.sciencemag.org/content/364/6440/521
Ausbreitung der Schafzucht nach Tibet ab 1.000 v. Ztr.
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Abb. 1: Ausbreitung der Schafzucht nach Tibet um 1.000 v. Ztr. (aus: 1) |
Integrated diagram of the inferred demographic history of the late-Holocene human and sheep populations on the Qinghai-Tibetan Plateau (QTP).(A) Distribution and approximate dates of prehistoric archeological sites of sheep in the QTP and surrounding areas. The thick brown line indicates the Tang–Bo Ancient Road (Chen et al. 2015; Zhang et al. 2017).(B) A proposed demographic scenario for the development of agriculture on the QTP based on archeological records of domestic animals (e.g., sheep, cattle, pig, and dog) and crops (e.g., millet, barley, and wheat) (supplementary table S2, Supplementary Material online), with sheep and wheat as representative species shown on the figure.(C) A proposed demographic scenario of sheep on the QTP based on genetic data in this study.(D) The best-supported demographic model of Chinese sheep populations inferred from the approximate Bayesian computation (ABC) approach.
- The Genome Landscape of Tibetan Sheep Reveals Adaptive Introgression from Argali and the History of Early Human Settlements on the Qinghai–Tibetan Plateau Xiao-Ju Hu Ji Yang Xing-Long Xie Feng-Hua Lv Yin-Hong Cao Wen-Rong Li Ming-Jun Liu Yu-Tao Wang Jin-Quan Li Yong-Gang Liu ... Show more Molecular Biology and Evolution, Volume 36, Issue 2, 1 February 2019, Pages 283–303, https://doi.org/10.1093/molbev/msy208 Published: 16 November 2018, https://academic.oup.com/mbe/article/36/2/283/5184913
Ja, da stimme ich zu, auch die Germanen hatten keine klaren Vorstellungen darüber, ob es ein Weiterleben nach dem...
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Ehepaar Ludendorff und den führenden Nationalsozialisten aufzuzählen, dazu ist ein solcher Kommentarbereich nicht der richtige Ort. Auf dem Gebiet der MORAL, der ETHIK dürften die Unterschiede am größten sein. Ansonsten hier erst mal nur folgende Hinweise:
1. In dem Buch "Die machtvolle Religiosität des deutschen Volkes vor 1945" werden die sehr interessanten und differenzierten religiösen Auseinandersetzungen innerhalb des deutschen Volkes während des Dritten Reiches aus der Sicht des Ehepaares Ludendorff dokumentiert. Dürfte eine interessante Lektüre für Dich sein.
2. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen wurde den Nationalsozialisten rund um Alfred Rosenberg SELBST klar, was Ludendorff immer sagte, daß eine diffuse Weltanschauung noch keine ausgearbeitete Philosophie ist, deshalb gab es eine Arbeitsgruppe, die an den philosophischen Grundlagen des Nationalsozialismus arbeitete: https://studiengruppe.blogspot.com/2011/08/eduard-baumgarten-eine-groe.html
Meines Erachtens "mußte" man das nur tun, weil man tunlichst einen Bogen schlagen "mußte" um die Hitler-Gegner Erich und Mathilde Ludendorff, denn hier lagen und liegen moderne, belastbare philosophische Grundlagen für die Gestaltung eines freiheitlichen, völkischen Staates sehr wohl bestens vor.
3. Auch auf dem Gebiet an der angewandten Moral, also des Handelns, kann man Gemeinsamkeiten und Unterschiede feststellen. Ludendorff warnte vor Hitlers "hirnverbrannter Außenpolitik" seit 1929 öffentlich. Deshalb wurde er von Hitler schon ab 1930/31 mit niedrigsten, undeutschesten Mitteln bekämpft:
https://studiengruppe.blogspot.com/2011/12/um-seiner-verdienste-um-die-bewegung.html
Deshalb wurden ab Juni 1937 sogar neue Röhm-Putsch-Morde gegen Erich Ludendorff vorbereitet von Adolf Hitler persönlich:
https://studiengruppe.blogspot.com/2013/01/hitlers-mordplane-gegen-ludendorff-im.html
Damit nur mal wenige Hinweise. Hitler und die NSDAP wurden meines Erachtens in klassischer Weise dazu von den monotheistischen Hintergrundmächten dazu benutzt, um die deutsche völkische Bewegung zu vernichten und auf immer und ewig zu diskreditieren. Genauso wie es Erich Ludendorff auch vorausgesagt hat 1933
https://studiengruppe.blogspot.com/2013/08/ludendorffs-emporte-telegramme.html
ebenso wie 1937 in seinem persönlichen Gespräch mit Hitler selbst und in seinem nachfolgenden Aufsatz zu Hitlers Geburtstag.
http://studiengruppe.blogspot.com/2013/06/diese-tapfere-frau-ernst-hanfstaengl.html
"Genetic determinism rides again"
"Polygenic scores have been shown to improve risk predictions for prostate, ovarian and breast cancers. They can point to traits that might have been influenced by local adaptation, and gauge the pace of evolutionary change."
"Es konnte inzwischen gezeigt werden, daß polygenetische Auswertungen die Risiko-Voraussagen für Prostata-, Eierstock- und Brustkrebs verbessern können. Sie können auf Merkmale hinweisen, die auf lokale Anpassung zurück zu führen sind, …"
"... und die den Weg des evolutionären Wandels nachverfolgen lassen."In der Tat, scheint diese "polygenetische Revolution" etwas völlig Neues darzustellen. Und in dem Buch von Robert Plomin kann man sich über diese Revolution kundig machen. Es wird dann auch gleich geunkt, daß die Abwesenheit jeder Erwähnung des Wortes "Rasse" in diesem Buch sehr verdächtig sei, da dieses Konzept offenbar überall mitgelesen werden kann.
"Some research presents ethical quandaries as to how the scores might be used: for example, in predicting academic performance."__________________________________________________________
- Comfort, Nathaniel: Genetic determinism rides again Nathaniel Comfort questions a psychologist’s troubling claims about genes and behaviour. Nature, 25.9.2018, https://www.nature.com/articles/d41586-018-06784-5
- Plomin, Robert: Blueprint - How DNA Makes Us Who We Are. Allen Lane (2018)
- Warren, Matthew: The approach to predictive medicine that is taking genomics research by storm. Nature, 10.10.2018, https://www.nature.com/articles/d41586-018-06956-3
Gesellschaftlicher Aufbruch – jetzt?
"Nach wenigen Worten erkennt der Bruder den Bruder"
Seit der Jahrhundertwende bewegte sich die Schauspielerin Tilla Durieux (1880-1971) (Wiki) in den führenden Künstlerkreisen Berlins. Dadurch wurde sie selbst zu einer der ausdruckstärksten Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts.
Abb. 1: Tilla Durieux als Kleopatra, gemalt von Max Slevogt |
Sie ist aus dem deutschen Kulturleben des ersten Viertels des 20. Jahrhunderts nicht hinweg zu denken. Sie ist die meistporträtierte Frau dieser Epoche. Von fast allen namhaften Künstlern dieser Zeit gibt es Porträts von ihr.
In diesen Jahren war sie mit dem kulturell sehr fortschrittlich gesinnten, unkonventionellen Berliner Kunsthändler Paul Cassirer (1871-1926) (Wiki) liiert und später verheiratet. Dieser hat, wie sie sagt, maßgeblichen Einfluß auf die Formung ihrer Künstler-, bzw. Schauspieler-Begabung genommen. Man möchte meinen, daß er ihr den Mut gab, ausreichend exzentrisch zu sein, um alles zum Ausdruck zu bringen, was in ihr war. Außerdem wird ihr ihre jugendliche Begeisterungsfähigkeit dabei zu Hilfe gekommen sein.
Man gewinnt - insbesondere über Fotografien und Gemälde - den Eindruck, als ob Tilla Durieux nach dem Selbstmord ihres ersten Ehemannes Paul Cassirer im Jahr 1925 nicht mehr so lebendig und eindrucksvoll als Schauspielerin wirkte wie sie das bis dahin getan hatte, daß sie ihre Rollen nun nicht mehr so exzentrisch und überschwänglich anlegte. Daran insbesondere mag der große Einfluß ihres Ehemannes Paul Cassirer erkennbar sein.
Paul Cassirer war ein emotional keineswegs ausgeglichener Mensch. Womöglich war er ähnlich emotional unausgeglichen wie die französischen, expressionistischen Maler, die er verehrte, und denen er Geltung im deutschen Sprachraum und darüber hinaus zu verschaffen versuchte: wie Vincent van Gogh, wie Gaugin und wie viele andere. Paul Cassirer hat mehrmals versucht, sich das Leben zu nehmen, 1925 gelang es ihm.
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Abb. 2: "Die Cassirers - Streiter für den Impressionismus" - Buch aus dem Jahr 1991 |
Als Tilla Durieux sich wegen seines Fremdgehens, das er sich über all die Jahre nicht hat abgewöhnen können, schließlich zur Scheidung durchgerungen hatte, schützte Paul Cassirer kurz vor dem Unterzeichnen des Scheidungsvertrages Unwohlsein vor. Er ging in das Nebenzimmer und schoß auf sich. Diesmal war die Kugel tödlich, wenn er auch erst einige Tage später starb. Auch dieses Handeln kann wohl nur aus der ganzen exzentrischen Lebenshaltung heraus erklärt werden, aus der heraus Paul Cassirer handelte und lebte. Tilla Durieux schreibt über ihn (1, S. 74):
Ich verdanke Paul Cassirer die schönsten und die bittersten Stunden, meine geistige Entwicklung, meine wachsenden Erfolge an der Bühne, eine unendliche innere Bereicherung, aber auch den tiefsten Kummer. Meine Augen haben durch ihn die Herrlichkeit der Welt gesehen, aber auch die verzweifeltsten Tränen geweint.
Über das erste Zusammentreffen mit Paul Cassirer während einer Abendgesellschaft erzählt sie (1, S. 78):
Jetzt entwickelte sich ein Gespräch, wie ich es noch nie gehört. (...) Paul Cassirer ließ wahre Kaskaden von Behauptungen und Gegenbehauptungen über uns sprühen. Wie eine Fontäne sprudelte das Gespräch in die Höhe witziger Bemerkungen und glitt wieder auf den Grund tiefen Wissens zurück, um sich wieder zu den kühnsten und gewagtesten Folgerungen zu erheben. Ich glaube, ich saß wie ein Kind vom Lande mit offenem Munde da, um kein Wort zu verlieren. Das war, ja, das war die Welt, von der ich immer schon geträumt hatte, daß sie irgendwo verborgen sei! Glänzend, heiter, witzig, jeden Augenblick einen anderen Blickpunkt erschließend, Wahrheit-Dichtung-Lüge, die im nächsten Augenblick Wirklichkeit sein konnte, Scharaden-Märchen-TausendundeineNacht.
Über die Zeit des ersten Zusammenseins mit Paul Cassirer schreibt sie (1, S. 87f):
Meine Erlebnisse hatte mich reifer werden lassen. (...) Nicht jeder hat den gleichen Weg zu gehen, nicht jeder die gleiche Art, die Wahrheit zu verkünden, aber, ob es ein Musiker, ein Dichter, ein Schauspieler sei, nach wenigen Worten erkennt der Bruder den Bruder.
Was für schöne Worte!
Abb. 3: Tilla Durieux als Herodias in Salome |
Und sie schreibt (1, S. 89):
In Haarlem im Rathaus (heute im Hl. Geistspital) aber war es, wo ich bis in Innnerste erschrak vor den letzten Bildern, die der verschollen gewesene Frans Hals als alter armer Mann gemalt hatte. (...) Vor diesen Bildern war es auch, wo Paul mir klar machte, daß mein Leben ein einziges Streben sein müsse, zu lernen, soviel ich nur immer konnte.
Und sie schreibt (1, S. 92):
Eines Tages legte Paul Cassirer Goethes Gedichte vor mich hin und forderte mich auf, seine Lieblingsgedichte zu lesen. Er hielt mir einen langen Vortrag, daß eine Schauspielerin verpflichtet sei, nicht nur ihre Rollen zu lernen, sondern auch die deutsche Literatur zu kennen, deren Sprachrohr sie doch sein wolle. Sie habe in die Schönheit der Sprache einzudringen, und wo könne sie dies besser als im Gedicht. Nie würde einem Menschen sich das Geheimnis des Klanges und des Rhythmus entschleiern, wenn er nicht unablässig im Reim danach suchen. (...) "Nur unsere Lyriker können uns den Weg zeigen. Auf ihren Spuren mußt du gehen (...), dann wird eines Tages etwas in dir zu schwingen anfangen, und die Menschen werden plötzlich aufhorchen und sagen: 'Die deutsche Sprache ist doch schön.' "
Der wesentliche Umstand, der die seelische Nähe zwischen Paul Cassirer und Tilla Durieux hervor brachte, war, daß Paul Cassirer selbst ein großer Schauspieler war.
Durieux meint, daß sie in den letzten Jahren ihrer Ehe künstlerisch selbstständiger geworden sei und sich dabei weiter entwickelt habe, ohne daß das Paul Cassirer mitbekommen habe. Wir aber möchten nicht ausschließen, daß sie sich bei diesem Urteil bis an ihr Lebensende einer Selbsttäuschung hingegeben haben könnte.
Interessant ist aber in jedem Fall auch, wie sie in ihren Lebenserinnerungen für das Jahr 1903 ihre "Mitkonkurrentin", die Berliner Schauspielerin Irene Triesch (1875-1964) (Wiki) kennzeichnet. Und sie kennzeichnet damit zugleich die Lebenshaltung einer ganzen Generation und zugleich den kulturellen Aufbruch, den Tilla Durieux selbst in der Folgezeit verkörperte.
Abb. 4: Als "Anitra" in "Peer Gynt" |
Tilla Durieux spricht von dem Leiter des Berliner Lessingtheaters Otto Brahm (1, S. 69):
Seine Hauptdarstellerin Irene Triesch, die ungefähr die Rollen spielte, die auch ich erstrebte, war, wie die Eysoldt, ganz in der Gedankenwelt der Jahrhundertwende geblieben. Um 1900 wußte die Frau nichts von Sport, Wasser und Sonne, sie saß am liebsten elegisch und müde im sorgfältig verdunkelten Zimmer, das mit schweren Vorhängen Licht und Luft ausschloß. Vom Manne unverstanden und gelangweilt von der Umwelt hütete sie sich vor jedem Sonnenstrahl. Ein gebräunter Körper war eine Unmöglichkeit. Von morgens bis abends beschäftigte sie sich mit seelischen Qualen, die sie abends beim Souper zwischen Braten und Käse dann mit dem Tischherrn zerpflückte. Diese Art Frauen verkörperte die Triesch, und sie traf es ausgezeichnet. Als ich sie zum erstenmal in einer Ibsen-Rolle sah, fand ich diese Auffassung so fremd, daß alles in mir revoltierte. Dieses tränenreiche Stammeln und weichliche Jammern waren mir in tiefste Seele verhaßt, obwohl ich zugeben mußte, daß ich eine große Leistung sah. Ich wußte, ich würde jede dieser Rollen anders anpacken, denn dieses Hingeben ohne Abwehr, diese Trauer der schwachen Untätigen erschien mir verächtlich. Ich fühlte genau, daß ich mit dieser Ansicht allein stand. Ich konnte mir auch gar nicht genau darüber klar werden, was ich eigentlich wollte. Das Leben mußte mir erst Gelegenheit geben, einen bitteren Kampf zu kämpfen, und der Mann mußte erst erscheinen, der mir den Weg zeigte, wie man seine Gedanken in Kunst umsetzt.
Und dieser Mann war dann Paul Cassirer. Auffälliger Weise fallen diese Eindrücke in dieselben Jahre, in denen in Berlin-Steglitz der Wandervogel gegründet worden ist (1901).
Über das Gemälde von Max Slevogt aus dem Jahr 1907, wiedergegeben in Abbildung 1, wurde 2023 unter dem Titel "Männermordende Erotik" geschrieben (TAZ2023):
Max Slevogt malte sie 1907 in aufgewühlten Farben als „Kleopatra“, lasziv auf Tigerfellen lümmelnd, die Lippen aufgeworfen, schimmernd das Kleid, die Finger exaltiert gespreizt, der Busen blaß aus dem Dekolleté leuchtend. (...) Der Bildhauer August Gaul, mit dem sie in Berlin befreundet war, setzte die Durieux hingegen als nackte Circe in einer kleinen Skulptur auf ein Schwein, ein Scherz mit dem Mythos der griechischen Zauberin Circe, die Männer in Schweine verwandeln konnte.
Tilla Durieux war über ihren Ehemann Paul Cassirer mit Ernst Toller befreundet und dem Kreis um ihn.
1919 - Räterepublik in München
Aus diesem Kreis gingen 1919 führende Persönlichkeiten der Räterepublik in München hervor. Aufgrund dieser Umstände war sie 1919 Zeitzeuge des Geißelmordes in München (Wiki).
Ernst Toller, Erich Mühsam, Gustav Landauer, Eugen Leviné, Max Levien und Tobias Akselrod werden in ihren Lebenserinnerungen erwähnt.
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Abb. 5: Tilla Durieux als Salome |
Wir lesen auf Wikipedia, daß der Geiselmord eine bewußte Provokation führender Angehöriger der Räterepublik gewesen sein könnte (Wiki):
Die Zustände im ehemaligen Gymnasium müssen sehr chaotisch gewesen sein. In der ersten Tagen der Besetzung wurde alles Habbare geplündert und gestohlen. Es fehlten klare militärische Befehlsstrukturen und militärische Autorität. Im Gymnasium befanden sich etwa 750-800 Personen, von denen aber die wenigsten regulären Dienst in der Roten Armee taten. So faßten am 20. April 750 Personen Mittagessen, obwohl der Etat nur 330 aufwies. Zum Abendappell traten dann nur 30 Mann an. (...) Der Gründer der Thule-Gesellschaft Rudolf von Sebottendorf vermutete, daß es der Plan der nun entmachteten kommunistischen Führer Levien und Leviné gewesen ist, die angespannte Situation der Bedrohung der Räterepublik durch Reichswehr und Freikorps zum Eskalieren zu bringen, um Verhandlungen zu verhindern. Dazu mußten die roten Verbände zum Kampf gezwungen werden, indem man den Gegner zum Angriff provozierte.
Wenn das stimmen sollte, wäre der Geiselmord ja sogar ein doppeltes Verbrechen gewesen, nämlich eines, was nur dazu hatte dienen sollen, das Blutvergießen im Bürgerkrieg noch zu vergrößern.
1922 - "Die Enttäuschten" in Berlin
1922 reiste der Frankfurter Maler Max Beckmann von Frankfurt am Main aus nach Berlin. Er fertigte dort die Kunstmappe "Berliner Reise" an. Darin findet sich die Zeichnung "Die Enttäuschten I", eine Zeichnung, in der eine aufgeblätterte "Kreuz-Zeitung" andeuten soll, daß es sich um die Enttäuschung der Konservativen und Monarchisten nach dem Kapp-Putsch von 1922 handelt. In der Zeichung "Die Enttschäuschten II" sind dann aber offenbar Tilla Durieux und andere dargestellt, die hinwiederum enttäuscht sind vom Sturz der Räterepublik in München. Wir lesen über diese Zeichnung (Staatsgalerie):
In "Die Enttäuschten II" erscheinen gelangweilte und gähnende Intellektuelle. Beckmann porträtiert hier rechts den Kunsthändler Paul Cassirer, sowie dessen Gattin, die Schauspielerin Tilla Durieux, im Hintergrund erscheint Max Slevogt, ein enger Freund der beiden. Der Gähnende links ist Leo Kestenberg, Redakteur der Zeitschrift "Der Bildermann". Der Verweis auf die am 15.1.1919 ermordeten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg erfolgt auf den Büchern und Flugschriften, wobei die bewußte Falschschreibung von "[ROS]A LUXENBURG" und "MARKS WERKE" irritiert.
Leo Kestenberg hatte damals einen leitenden Posten im Preußischen Bildungsministerium inne.
Abb. 6: Tilla Durieux in der "Großen Liebe" von Heinrich Mann, Lessingtheater, Berlin |
Tilla Durieux ist dann mit ihren zweiten Ehemann, der ebenfalls jüdischer Herkunft war, nach Jugoslawien emigriert.
1941 - In Belgrad während des deutschen Luftangriffs
Sie wollte mit ihm in weitere Länder emigrieren und fuhr deshalb nach Belgrad, wo sie am 6. April 1941 den Angriff der deutschen Wehrmacht auf Jugoslawien erlebte und selbst in den Bombenhagel über Belgrad geriet. Auch in den Folgewochen geriet sie zwischen die Kampffronten und konnte nur unter großen Mühen nach Triest zurück kehren. All diese Schicksale haben weder etwas mit ihrem Künstlertum, noch mit ihrer Schauspielerkarriere zu tun.
Sie hat dann lange Zeit in verarmten Verhältnissen gelebt und hat nach 1945 nur noch sporadisch im deutschen Theaterleben wieder Fuß fassen können.
Abb. 7: Tilla Durieux in der "Großen Liebe" von Heinrich Mann, Lessingtheater, Berlin |
Dieser Beitrag kann ggfs. nach und nach noch mit weiteren Ausführungen ergänzt werden.
Abb. 8: Tilla Durieux - Zeichnung von Emil Orlik aus dem Jahr 1909 |
Der Kunstsalon von Paul Cassirer befand sich in Berlin in der Viktoriastraße 35.
Abb. 9: Tilla Durieux als "Delila" in dem Stück "Simson" von Frank Wedekind, 1914 |
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Abb. 10: Tilla Durieux als "Delila" in dem Stück "Simson" von Frank Wedekind, 1914 |
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Abb. 11: Tilla Durieux als "Delila" in dem Stück "Simson" von Frank Wedekind, 1914 |
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Abb. 12: Tilla Durieux als Kleopatra, gemalt von Max Slevogt |
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Abb. 13: Tilla Durieux als Prinzessin Eboli in "Don Carlos" von Fr. Schiller |
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Abb. 14: Tilla Durieux als Judith |
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Abb. 15: Der erste Ehemann der Tilla Durieux |
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Abb. 17: Die Schauspielerin einer vorhergehenden Generation: Irene Triesch als "Nora" |
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- Durieux, Tilla: Meine ersten neunzig Jahre. Erinnerungen. Herbig, München 1971
- Tilla Durieux. Eine Jahrhundertzeugin und ihre Rollen. Ausstellung im Leopoldmuseum in Wien 2022/23 (s. Leopold), im Georg Kolbe Museum in Berlin 2023 (Yt)
- Brühl, Georg: Die Cassirers. Streiter für den Impressionismus. Edition Leipzig, Leipzig 1991
Pfaffenmief im Weserbergland
Für diesen Blog war es immer schon sehr verstörend, daß die heutigen Vordenker der "Neuen Rechten" die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse über das Sein und Werden der Völker weltweit so außergewöhnlich sparsam zur Kenntnis nehmen wollen und sich so außergewöhnlich sparsam darum bemühen, diese in den politischen Diskurs einfließen zu lassen. Seit Jahrzehnten.
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Abb. 1: Kloster Buchhagen im Weserbergland - Mönche vom Berg Athos in Griechenland |
Die Gründe dafür werden sofort deutlich, wenn man sich klar macht, welche geistigen, spirituellen Hintergründe hinter den Vordenkern der Neuen Rechten stehen. Diese sind so verquastet klerikal, daß die geringe Freude an den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zum Menschsein, zu unserer Welt und zu dem Sein und Werden der Völker nichts weniger als folgerichtig ist.
Es stehen Kräfte hinter der Neuen Rechten, die die gesamte moderne Welt seit dem Mittelalter ablehnen. Es sind das sehr viele orthodoxe Klerikale und es sind das viele katholische Klerikale. Derselbe Umstand gilt übrigens auch für die wachsende, rein demographische Macht des orthodoxen Judentums im modernen Israel und weltweit. Die ultraorthodoxen Juden interessieren sich Null Komma nichts für alles "Moderne". Für sie zählen keine Schulbildung, keine Universitäten, sondern allein die religiösen Schriften des Judentums. So auch die Klerikalen in der katholischen, in der evangelischen, in den orthodoxen oder in den freikirchlichen Gemeinden. Dieser Umstand ist so verstörend und irritierend und erschreckend, daß man sich diesen gar nicht oft genug vor Augen führen kann. Welcher "Macht" dienen all diese Kräfte? Dem Mittelalter? Zutiefst gruselig und unheimlich.
Warum spielen naturwissenschaftliche Argumente noch heute innerhalb der AfD so gut wie keine Rolle, ja, sind tabuisiert und verpönt wie es schlimmer nicht gehen kann? Warum haben konservative Christen wie Beatrix von Storch in der AfD einen solchen großen Einfluß? Um all das besser zu verstehen, ist jüngst ein neues Puzzle-Teil bekannt geworden (1, 2).
Mönchsgezänk am Berg Athos in Griechenland
Das "sagenumwobene" Kloster am Berg Athos (Wiki) in Griechenland - es ist schon seit Jahrhunderten ein religiös und politisch sehr einflußreiches Kloster.
So wie seit Jahrhunderten in allen orthodoxen Kirchen Osteuropas ein Kampf geführt wird darüber, ob sich diese Kirchen der Oberherrschaft des Papstes in Rom unterwerfen sollen - wie das die Jesuiten wollen - oder ob sie die Oberherrschaft des Patriarchen von Moskau anerkennen sollen, so wird dieser Kampf auch innerhalb des Klosters auf dem Berg Athos - noch bis heute - in aller Schärfe geführt. Auch der orthodoxe Patriarch der Ukraine in Kiew hat sich schon vor Jahrhunderten der Oberherrschaft des Papstes in Rom unterworfen. Am Berg Athos jedoch - und anderwärts - gibt man sich weiterhin sehr, sehr "störrisch".
Die - nicht selten pädokriminellen - Päpste in Rom und ihre fanatische Jesuiten-Truppe wollen also nicht nur jede Menschenseele weltweit und insbesondere auch in Rußland, sondern auch die Mönchsgemeinde auf dem Berg Athos schon seit Jahrhunderten unter ihre Oberherrschaft bringen. So hat es Mönchsgezänk auf dem Berg Athos schon seit Jahrhunderten gegeben, Mönchsgezänk, das dumpf-muffig mittelalterlich anmutet, in das sich aber - bezeichnenderweise - einflußreiche weltliche Mächtige bis heute immer wieder einmischen. Über die heutige Situation im Kloster auf dem Berg Athos heißt es (Wiki):
Auch noch im Jahr 2022 galt (...) der unbestrittene Einfluß der russischen Kirche auf die Mönchsrepublik als erheblich und Rußland versuche, den kulturellen Einfluß auf den Norden Griechenlands auszuweiten. Russische Staatsbeamte und Oligarchen versuchten mit Spenden, bestimmte Geistliche und die russische Präsenz zu stärken. Es wurde über falsche Mönche berichtet und den Kampf gegen Kriegspropaganda auf russischen Websites, welche „Vertreibungen“ russischer Mönche herbeischrieben.
Rund um den Berg Athos schwelt mithin derselbe religionsimperialistische, fanatisch geführte Pfaffen-Zank zwischen Moskau und Rom, wie er auch sonst über ganz Europa, bzw. Eurasien hinweg seit Jahrhunderten zu beobachten ist, und worauf wir in früheren Beiträgen hier auf dem Blog schon den einen oder anderen Blick geworfen haben (s. GAj2010, GAj2021, a). Über den Berg Athos lesen wir noch detaillierter (Wiki):
Für internationale Schlagzeilen sorgte im Dezember 2005 die Besetzung des Konáki (Sitz des Vorstandes der Mönchsrepublik) durch 20 Mönche des Klosters Esfigménou. Damit protestierten sie gegen den Beschluß der übrigen 19 Klöster, die Vertretung ihres Klosters in den Gremien der Mönchsrepublik nicht mehr anzuerkennen. Ausgelöst wurde der Eklat nach jahrzehntelang schwelender Krise 2003, als die Mönche von Esfigménou dem Oberhaupt der orthodoxen Kirche, Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel „Verrat an der Orthodoxie“ vorwarfen, weil er mit der römisch-katholischen Kirche Gespräche aufgenommen hatte. Daraufhin forderte der Patriarch die Rebellen zum Verlassen der Mönchsrepublik auf. Die Mönche von Esfigménou ignorierten die Forderung. Im Dezember 2006 kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung, als gemäßigte Mönche versuchten, den besetzten Verwaltungskomplex zu räumen. Es gab eine Handvoll Verletzte, aber die Besetzung dauert an. Die griechische Regierung bot Polizei- und Militärhilfe an, was vonseiten der Mönche abgelehnt wurde. Im August 2008 drohten die Mönche damit, sich und ihr Kloster in die Luft zu sprengen, falls die Polizei versuche, es zu räumen. „Orthodoxie oder Tod“ ist denn auch das Motto dieser auch Zeloten genannten Mönche der GOC (Kirche der wahren orthodoxen Christen Griechenlands).Die Mönche hielten die Räumlichkeiten auch im Jahr 2022 besetzt. Auf Nachfrage der NZZ beklagte Abt Bartholomäus die klandestinen Bewegungen der Unterstützer illegal über die Landesgrenzen; niemand wisse genau, wer sich in dem besetzten Gebäude verstecke.
Mönchsgezänk also vom Allerfeinsten.
Auf den ersten Blick könnte man denken: Alles weit weg, nicht unsere Welt. - - - Aber: Von wegen! Diese Mönche wollen Europa zu ihrem Glauben bekehren und missionieren eifrig. Und sie sind damit so erfolgreich, daß über ihre abstrusen Missionsbemühungen nicht nur TAZ und Neues Deutschland berichten, sondern auch Vordenker der Neuen Rechten in sie involviert sind.
"Reconquista" - Ein orthodoxes Missionskloster für Deutschland
So gab es da beispielsweise den bulgarischen orthodoxen Metropoliten Simeon (1926-2016) (Wiki), der viele Jahrzehnte als orthodoxer Missionsbischof in Westeuropa tätig war. Über seinen religiösen Werdegang ist zu erfahren, daß er 1957 in Moskau Theologie studierte (Wiki),
... wo er am 8. Oktober 1958 vom Moskauer Patriarchen Alexius I. zum Mönchspriester geweiht wurde.
Dieser Metropolit unterstand also dem Patriarchen von Moskau - nicht dem Papst in Rom. Seit 1980 war er "Missionsbischof" der bulgarisch-orthodoxen Kirche - und damit auch des Patriarchen von Moskau - in Westeuropa (Wiki). Als solcher entfaltete er Wirksamkeit an Standorten wie Budapest, Wien, Berlin und andernorts.
Als dieser Missionsbischof hat dieser Herr Simeon 1994 nun das bislang einzige bulgarisch-orthodoxe Missionskloster in Westeuropa eingeweiht, nämlich das "deutsch-orthodoxe" Kloster Buchhagen (Wiki) im Weserbergland. Sein "Abt" ist ein Mensch, der mit bürgerlichem Namen Johannes Pfeiffer (geb. 1955) heißt und aus Hofgeismar in Hessen stammt. Und vermutlich war auch damals schon Götz Kubitschek (geb. 1970) (Wiki) dabei, der sehr umfangreich in den Aufbau dieses Klosters involviert ist - wie neuerdings bekannt geworden ist (1, 2). Der Johannes Pfeiffer hat lange unter den Mönchen auf dem Berg Athos in Griechenland gelebt. Vermutlich ja doch insbesondere auch unter solchen Mönchen, wie sie seit 2006 mit dem Schlachtruf "Orthodoxie oder Tod" das Verwaltungsgebäude des Klosters gewaltsam besetzt halten und damit drohen, sich mit dem gesamten Gebäude in die Luft zu sprengen. Diese wunderliebsten Leute. Dieser Johannes Pfeiffer nennt sich also "Abt". Und Götz Kubitschek unterwirft sich ihm. Man kommt ja fast auf den Gedanken, daß Götz Kubitschek und manche seiner Freunde dann nicht nur "Raki am Igman" getrunken haben (s. Amaz), sondern auch den Berg Athos besucht haben werden. Ehrfürchtig. Ohne Raki.
Götz Kubitschek - Einem orthodoxen Abt vom Berg Athos unterworfen
Mitbegründet und sehr engagiert in seinen Aufbau ist also niemand geringerer als Götz Kubitschek, der langjährige "Vordenker" der Neuen Rechten in seinem Tagungszentrum Schnellroda (1, 2). Ob zu dem Unterstützerkreis dieses Klosters nicht auch Jürgen Elsässer gehört, der sich doch auch schon seit Jahren zur "Orthodoxie" hingezogen fühlt, kann an dieser Stelle einstweilen offen bleiben. Er bewegt sich in jedem Fall religiös in ähnlichen Zusammenhängen. Es werden aber gewiß noch zahlreiche andere Leute sein, die im politischen und vorpolitischen Raum tätig sind, und die solchen Klerikalen Ehrerbietung zeigen.
Der langjährige rechte französische "Vordenker" Alain de Benoist (geb. 1943) (Wiki) versteht sich ja in ähnlicher Weise schon seit vielen Jahren mit dem russischen Vordenker Alexander Dugin so herzerwärmend gut (GAj2015, a) - warum sollten da seine deutschen Freunde Karlheinz Weißmann oder Götz Kubitschek auch so ganz und gar anders gestrickt sein? Karlheinz Weißmann hätte von seinem Wohnort Northeim aus auch einen viel kürzeren Weg zum Meditationszentrum Kloster Buchhagen.
Es wird zu berücksichtigen sein, daß sowohl der Patriarch von Moskau wie auch die Mönche vom Berg Athos in Verbindung stehen mit der Priesterkaste von Tibet, die nach außen hin durch den Dalai Lama repräsentiert wird, der nun wieder auch gute Kontakte aufrecht erhielt etwa zu einem Jörg Haider in Kärnten (wenn wir uns recht erinnern) (GAj2012).
Man mag sich in diesem Zusammenhang auch an Äußerungen von Ernst Jünger, Friedrich Hielscher oder Hermann Hesse erinnern (die alle hier auf dem Blog schon behandelt worden sind), nach denen Angehörige östlicher oder westlicher Priesterkasten oft über die jeweiligen "Machtgrenzen" hinweg im friedlichem Gespräch miteinander stehen würden. Etwa in Berliner Cafe's oder in Freimaurerlogen. Vermutlich auch öffentlich, etwa so, wie sich der Atheist Jürgen Habermas mit dem - im weltlichen Bereich nie verurteilten Pädokriminellen - Josef Ratzinger unterhalten konnte.
Missionsversuche unter "Neuen Rechten"
Nun gibt es da den einstmals "links-", heute "rechtsorientierten" politischen Aktivisten Erik Ahrens (geb. 1994) (Wiki), der neben anderer Verwandtschaft in Griechenland auch eine griechisch-orthodoxe Großtante hat, mit der er schon früher griechisch-orthodoxe Gottesdienste besucht hat.
In einem neuen Video berichtet er von Geschehnissen aus dem Mai 2019, also von Geschehnissen, die fünf Jahre zurück liegen, und zwar von einem Besuch im Kloster Buchhagen, zu dem er von Götz Kubitschek eingeladen worden war, und der ihn, den Erik Ahrens, offenbar ebenfalls zu Gläubigkeit und Pfaffen-Verehrung bekehren wollte (1, 2):
"Der Kubitschek betreibt da dieses Kloster oder ist Teil dieses Klosters. (...) Er fährt da sehr oft hin und er hilft seit Jahrzehnten, dieses Kloster aufzubauen. Er hat mich eingeladen, da doch auch mal hinzufahren."
Und über den "Abt", den Herr Pfeiffer aus Hofgeismar, sagt er (1, 2):
"Götz Kubitschek unterwirft sich ihm spirituell. Das heißt, hier ist das innere geistige Zentrum der Neuen Rechten." "Hier kommen die Ideen her."
Und (1, 2):
"Alles, was die Neurechte predigt, kommt von dem."
Und (1, 2):
"Er will einen deindustrialisierten, mitteldeutschen Agrarstaat, im besten Fall feudal, so eine Art völkische, christliche Bauernromantik"
Ahrens spricht von einem "deutsch-orthodoxen Sektenkult", zu dem er auch Martin Sellner zählt, der den Götz Kubitschek "Chef" nennen würde. Es hat schon 2019 Streit gegeben zwischen Ahrens und Kubitschek, nämlich darüber, daß der AfD-Politiker Maximilian Krah aus der rechtskonservativen Fraktion des Europäischen Parlamentes ausgeschlossen wurde. Seither scheint der Haussegen zwischen Kubitschek und Ahrens schief zu hängen und Ahrens plaudert solche Missionsversuche aus und äußert sich auch sonst äußerst abfällig über die Aktivitäten der Leute in Schnellroda (1, 2):
"Was ihr macht, ist GZSZ, was ihr macht, ist Fake."
Nun, dieser Blog sieht das schon seit vielen Jahren so (GAj2018). Die ganze "konservative Revolution" dient im Wesentlichen nicht dazu, Völker erhaltende, sondern Völker zerstörende Ziele zu verfolgen. Nämlich solche, wie sie in klerikalen Kreisen schon seit Jahrhunderten verfolgt werden. In dem Kloster Buchhagen leben nur wenige Mönche. Aber es gibt einen größeren Unterstützerkreis von Seiten offenbar "gläubiger" Menschen und Familien rund um dieses Kloster herum. "Viele junge Männer" kommen immer wieder zu Besuch in dieses Kloster. Frauen sind dort - offenbar - weniger erwünscht. (Vielleicht gibt es für die ja Nonnenkloster und sonstige Schwestern-Zirkel, die noch nicht bekannt geworden sind.)
Ein Bericht über das Kloster auf dem Berg Athos, 1920/1961
Frauen dürfen auch das Kloster des Berges Athos nicht betreten. Der griechische Schriftsteller Nikos Kazantzakis (1863-1957) (Wiki) gab 1961 sein aufgesetzt-tiefsinniges Buch "Rechenschaft vor El Greco" heraus. Es war das jene aufgesetzte Tiefsinnigkeit, die in den 1950er und 1960er Jahren in der westeuropäischen Literatur so üblich war, und die sich heute oft außerordentlich unangenehm liest in all ihrer Aufgesetztheit. In dem Kapitel "Berg Athos" berichtet er über einen Besuch, der zu jenem Zeitpunkt schon vierzig Jahre zurück lag, der also Anfang der 1920er Jahre stattfand:
Wir betraten den heiligen Boden; die Mönche am Landungskai prüften mit geübtem Auge jeden einzelnen, der an Land ging, ob er eine Frau in Männerkleidung sei. Seit tausend Jahren, da der Heilige Berg der Jungfrau geweiht wurde, hat kein Frauenfuß den Boden betreten, kein Frauenatem die Luft entweiht. (...)"Und hat niemals eine Frau den Heiligen Berg betreten?" fragte ich."Niemals, niemals", antwortete der Ältere und spie in die Luft. "Geh hinter mich, Satan," murmelte er.
Manchmal würden Frauen trotzdem versuchen, in Männerkleidung ins Kloster zu kommen. Aber die Mönche würden sie sofort erkennen, nämlich am Geruch:
"Riechen Frauen denn anders, heiliger Vater?" fragte er ihn. "Wie denn?""Wie Stinktiere", antwortete der Alte und beschleunigt den Schritt.
Wir merken: Wir begegnen hier dem Tiefsinn auf höherer Ebene. Statt daß der Autor nach einer so ekelhaften Begegnung stante pede diesen zutiefst ekelhaften Boden wieder verlassen hätte, führte er seine "Pilgerreise" fort - und zwar, wie es heißt: "verzückt und glücklich". Der ganze Bericht, der sich über viele Seiten hinzieht, liest sich abscheulich. Es findet sich auch folgender Wortwechsel, der trotz seiner sehr eindeutigen Andeutung kommentarlos stehen bleibt:
"Hast du jemals, heiliger Pförtner, den Teufel gesehen?" fragte wiederum mein Freund."Und ob ich ihn gesehen habe! Natürlich habe ich ihn gesehen.""Wie sieht er aus?""Bartlos, mollig, zarthäutig, zwölf Jahre alt."
Es ekelt und würgt einen, wohin man in diesem Bericht blickt. Überall nur solcher - - - "Tiefsinn". 1961. "Geh hinter mich, Satan," möchte man in der Tat dauernd nur zu all dem Ekelhaften sagen.
"Rechte" wie "Linke" - Mit Blick zum Patriarchen von Moskau?
Spätestens seit 2003 hat der der "Abt" Pfeiffer und sein Missionskloster von Mainstream-, und vor allem linksorientierten Presseorganen keineswegs nur keine oder bestenfalls spöttische oder neutrale mediale Anteilnahme erhalten. Im Gegenteil: Ehrfurchtsvolle (s. Welt2003, TAZ2003, NeuesDtschld2008). Von kritischer Berichterstattung bislang in solchen Presseorganen keine Spur. Peinlich, oder, TAZ? Hat der Abt Johannes euch etwas vorgegaukelt? Auch euch? Kann doch wohl nicht sein? Götz Kubitschek baut dieses Kloster auf und linke Presseorgane berichten positiv über dasselbe. Dann versteht man womöglich auch, warum ein Jürgen Elsässer so leicht zwischen "links" und "rechts" changieren kann ....
Bemerkenswert ist womöglich auch eine Stelle in dem Literaturverzeichnis des Wikipedia-Artikels zum Kloster Buchhagen (Wiki):
Archimandrit Johannes: Vom Mysterium des Mönchtums. Verlag des Klosters Buchhagen, 2012, ISBN 978-3-926236-16-6 (64 Seiten).Auf Veranlassung des Patriarchats von Moskau und der ganzen Rus ins Russische übersetzt:[30] Схиархимандрит Иоанн: О таинстве монашества, 2016
Nachfolger des Metropoliten Simeon ist seit 2013 der sicherlich ähnlich glaubensfeste Metropolit Antonij (geb. 1978) (Wiki). Über diesen heißt es (Wiki):
Am 27. November 2021 traf sich Metropolit Antonij bei einer Privataudienz mit Papst Franziskus. Diesem war er bereits bei Franziskus’ Bulgarienreise 2019 begegnet.
Wir können nur innigst hoffen, daß er bei solchen Gesprächen keinen "Verrat an der Orthodoxie" begeht. Aber traue niemals. Satan ist überall ...
Wir selbst hatten Leute wie Alain de Benoist, Götz Kubitschek, Ellen Kositza oder Karlheinz Weißmann bislang als "Rechtskatholiken" eingeordnet. Sind sie vom Jesuitenorden als Sturmtruppe aufgestellt worden, um die Machtbasis des Patriarchen von Moskau zu untergraben durch freundliche Gespräche mit Alexander Dugin und Konsorten? Man soll auf diesem Gebiet nichts für unmöglich halten. "Falsche Mönche" gibt es überall. Und falsche "Nonnen" sowieso. Patriarch von Moskau hüte dich, der Jesuit verkleidet sich in die unmöglichsten Gewänder. Manchmal in die Gewänder von "Rechtsintellektuellen".
Aber vielleicht nimmt das Kloster Buchhagen auch ganz offiziell eine Art "Mittler"-Stellung, "Vermittler"-Stellung ein zwischen den beiden stark verfeindeten, miteinander im Bekehrungskrieg stehenden Priesterkasten, nämlich der Päpstlich-jesuitisch-westlich-orthodoxen und der Moskau-orthodoxen. Vielleicht ködert man auch junge Männer, die katholisch aufgewachsen sind - wie Götz Kubitschek -, damit, daß sie in der orthodoxen Kirche alles als viel "ursprünglicher" vorfinden würden als in der auf Abwege geratenen katholischen Kirche. Am Berg Athos erkennt man den Satan ja noch am Körpergeruch. Das ist doch was!
Es kann also - wie wir unterstellen möchten - auch sein, daß sich hier der Jesuitenorden als "deutsch-orthodox" tarnt, um - auch - über dieses Kloster sowohl in den Bereich der Neuen Rechten in Deutschland als auch in die russisch-orthodoxe Kirche in Osteuropa hineinzuwirken (was er ja auch sonst auf vielerlei Art in so gut wie alle Richtungen hin über die möglichsten und unmöglichsten Vertarnungen hinweg tut). Es kann aber auch heißen, daß das Moskauer Patriarchat sich hier einen Kommunikationskanal offen hält, über den es hofft, seinen Machtbereich - im Sinne von Alexander Dugin und Co - weiter nach Westen ausdehnen zu können.
Die moderne Welt ist auf einem Abgrund von klerikalen Bestrebungen errichtet. Die Gefahr, daß sie in diesen Abgrund hinein stürzt, war in keinem Geschichtsabschnitt der Neuzeit größer als im heutigen.
Spiegel TV fragt erstmals kritisch nach ....
/ Nachtrag, 28.2.25: In einem Beitrag wird betont, das Kloster Buchhagen sei ein ganz und gar unpolitischer Ort. Zu behaupten, in und mit dem Kloster würden politische Ziele verfolgt, würde das Kloster "beschmutzen" (3). Das hört sich sehr genau danach an, als ob sich jemand stark angegriffen fühlt. Und die Ausflüchte verfangen nicht. Auch im Kloster von Berg Athos geht es ja - offensichtlich - nicht völlig unpolitisch zu. Seit wann wäre Religion, zumal christliche Religion, jemals "unpolitisch" gewesen. In diesem Zusammenhang kann man sich gerne auch einmal den vielsagenden X-Account des Klosters selbst ansehen (X/Deutschorthodox). Entgegnung zu erstgenannten Beitrag hat es auch gegeben (Yt6.2.2025). /
/ Nachtrag, 5.3.2025: SpiegelTV hat auf all das überraschend schnell reagiert. Im Verlauf des Februar 2025 hat ein Team das Kloster Buchhagen besucht und den dortigen Abt vor laufender Kamera zu Stellungnahmen gedrängt (4). /
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- Ahrens, Erik: Mit Kubitschek im Kloster (das Geheimnis von Schnellroda), 3.2.2024 (Yt2024) (Kurzfassung)
- Ahrens, Erik: VRIL-Talk: Bericht aus der Unterwelt (mit Kubitschek im Kloster), 3.2.2024 (Yt2024) (Langfassung)
- Rudolph, Jonathan ("einwaldgaenger"): Ahrens, Kubitschek und das Kloster - eine Klarstellung (X, 5.2.2025)
- Neumann, Henrik: Pilgerort für Rechtsextreme - Kubitscheks Denkfabrik. SpiegelTV, 26.02.2025 (Yt)
Hoch effizient arbeitende Geheimdienste stellen sich als Versager dar ...
Seit Bismarck wissen wir, daß es für Politiker bei Ausbruch eines Krieges wichtig ist, wer von der Öffentlichkeit als Angreifer und wer als Verteidiger wahrgenommen wird (Stichwort "Emser Depesche").
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Abb. 1: Ansicht der Stadt Gaza 1850 - Lithographie von C. W. M. van de Velde (1818-1898) (Arch) |
Die Wahrnehmung eines Geschehens ist in den meisten Fällen viel wichtiger als das, was tatsächlich geschieht. So werden Verteidigungskriege in Angriffskriege umgemünzt und umgekehrt. Letztlich stellt sich immer die Frage: Wem nützt dieser Krieg? Cui bono?
Der Gazastreifen ist von allen Seiten militärisch abgeriegelt. Er sollte eigentlich entmilitarisiert sein. Trotzdem ist er bis an die Zähne bewaffnet. Wie kann das sein?
Eine hoch effizient arbeitende militärische Überwachungs-Maschinerie hat wieder und wieder "leichtfertig" statt hoch effizient gearbeitet. Denn es ging ja nur um das Leben israelischer Mitbürger, da kann man schon mal "leichtfertig" sein. Wir lesen (Tagesschau2/2024):
Doch wie war es möglich, daß die Hamas im Gazastreifen, der jahrelang von Israel und Ägypten weitgehend abgeriegelt wurde, solch ein Waffenarsenal aufbauen konnte? Yehoshua Kalisky, Waffenexperte beim sicherheitspolitischen Think Tank INSS in Tel Aviv klärt auf, daß es unterschiedliche Wege dafür gab. Einer davon war Schmuggel: "Ein Großteil des Schmuggels über das Meer erfolgte mit Hilfe der Fischer. Israel ging zu leichtfertig mit den Fischern um, sie wurden nicht ausreichend kontrolliert. Sie schmuggelten die Waffen", sagt Kalisky. ...
Hocheffizient "leichtfertig" gearbeitet, möchte man sagen. Unter Inkaufnahme des Lebens israelischer Mitbürger.
Auf Wikipedia lesen wir außerdem über "Die Geheimdienstliche Lagebeurteilung im Vorfeld" des 7. Oktober 2023 (Wiki):
Die Überwachung der Hamas wurde seit der Regierungsübernahme Netanjahus 2022 weitgehend zurückgestellt, der Fokus der Geheimdienste wurde von der Hamas abgezogen.
Das macht wirklich Sinn. Oder? Und weiter:
Die für Überwachung der Funkkanäle der Hamas zuständige Einheit des Geheimdienstes Schin Bet war ein Jahr vor den Anschlägen eingestellt worden.
Das macht noch mehr Sinn. Oder? Und weiter:
Von Netanyahu ausgehend wurde die Hamas nicht weiter aktiv bekämpft, um diese als nützlichen Gegenspieler zur Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland zu halten.
Als nützlichen Gegenspieler. Das ist dann schon frivol und markiert die eigentliche Zielrichtung. Man braucht immer "nützliche Gegenspieler". Und weiter:
Bereits 2022 lag israelischen Behörden unter dem Codenamen 'Jericho-Mauer' ein Dokument vor, das bis ins Detail den Angriffsplan beschrieb. Militär- und Geheimdienstexperten glaubten allerdings, daß es für die Hamas zu anspruchsvoll und schwierig wäre, ihn umzusetzen.
Na klar. Wenn man es ihr schwer gemacht hätte, wäre es auch zu anspruchsvoll und schwierig gewesen. Gewiß. Aber es geht ja nur um das Leben israelischer Mitbürger und um das Leben von Ausländern in Israel. Da braucht man solche Pläne nicht ernst nehmen als hoch gerüsteter, ansonsten bestens vorbereiteter Staat, der voller Stolz auf seine Armee und seine Geheimdienste blickt. Und weiter:
Weibliche Angehörige der 'Überwachungseinheiten' der israelischen Armee (tatzpitaniyot), die von vielen als die 'Augen der Armee' bezeichnet werden, berichteten Monate und Wochen vor dem Terrorangriff von auffälligen Übungen und Aktivitäten der Hamas am Grenzzaun, die nach ihrer Ansicht auf einen Angriff hindeuteten. Eine Analystin stellte fest, daß das Training dem 'Jericho-Mauer'-Dokument sehr nahe komme, und informierte einen Befehlshaber der Gaza-Einheit, der jedoch abwarten wollte.
Klar. Abwarten ist gut:
Berichten zufolge soll Israel durch Abbas Kamel, Chef des ägyptischen General Intelligence Service, Tage vor den Anschlägen vor verdächtigen Aktivitäten der Hamas gewarnt worden sein. (...) Bestätigung erhielt die Einschätzung von Michael McCaul, dem Vorsitzenden des United States House Committee on Foreign Affairs, im Rahmen einer geheimdienstlichen Unterrichtung von führenden Mitgliedern des US-Kongresses. Hinweise auf bevorstehende Angriffe kamen auch von US-Geheimdiensten, die mindestens zwei Einschätzungen erstellten und die Regierung Biden vor einem erhöhten Risiko eines palästinensisch-israelischen Konflikts in den Wochen vor dem Angriff warnten. In einer Aktualisierung vom 28. September wurde auf der Grundlage mehrerer Geheimdienstinformationen davor gewarnt, daß die Terrorgruppe Hamas bereit sei, ihre Raketenangriffe über die Grenze hinweg zu verstärken. Eine Mitteilung der CIA vom 5. Oktober warnte allgemein vor der zunehmenden Möglichkeit von Gewalt durch die Hamas. Am 6. Oktober, dem Tag vor dem Anschlag, berichteten US-Beamte dann konkret von ungewöhnlichen Aktivitäten der Hamas.
Und so weiter und so fort. Wenn etwas stattfinden soll, finden Geheimdienste Wege, daß es stattfindet. Und sei es, indem sie sich öffentlich als "leichtfertig" und als Versager hinstellen.
"Erwachende Germania"
Gesellschaftlicher Aufbruch - heute!
Es gibt das Gemälde "Erwachende Germania" (Wiki) von Seiten des Düsseldorfer Malers Christian Köhler aus den Jahren 1848/49.
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Abb. 1: "Erwachende Germania" (1848/49) |
Nur daß man mal ein Gespür dafür entwickelt, ein Gefühl dafür bekommt, wie das aussehen könnte.
Wenn nämlich Germania selbst - keine Parteien, keine Politiker, keine Schreiberlinge, keine "Patrioten" - erkennt, wie verzerrt ihr Angesicht ist, wie sie es sich hat verhunzen lassen. Wenn Germania selbst sich - - - nicht mehr in den Spiegel sehen kann bei all dem, was sie tut - oder läßt. Wenn Germania erkennt: Germania, das bin ich selbst, das bin ich, der einzelne. Jeder Deutsche.
Jeder mit Deutschland Fühlende.
Ein Spielfilm über die deutsche Ostfront 1944
Auf einen ausgesprochenen Kriegsfilm ist hier auf dem Blog noch hingewiesen worden. Genau das soll aber im folgenden Blogartikel geschehen.
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Abb. 1: Ein estnischer Freiwilliger der Waffen-SS in der Zeitschrift "Signal", September 1944 (Wiki) |
Der Film "1944" (Wiki), zu Deutsch "Brüder und Feinde", ist ein estnischer Spielfilm aus dem Jahr 2015. Er kann einem auf Facebook vorgeschlagen werden (Fb). Im ersten Augenblick denkt man bei den gezeigten Szenen, daß es sich um eine sehr angemessene Wiedergabe des tatsächlichen Geschehens an der deutschen Ostfront zwischen 1941 und 1945 handelt.
Unter anderem anhand eines Beispiels aus der Familiengeschichte hatten wir uns 2012 an dieses Geschehen angenähert (GAj2012). Die Abwehr- und Grabenkämpfe, von denen da zu reden war, sind hier genauso dargestellt. Sehr genau und korrekt (s.a. Yt).
Die Szenen geben das Erleben der deutschen Soldaten an der Ostfront im Prinzip richtig wieder. Zumindest findet sich keine falsche Schlagseite.
Man glaubt sich nicht daran erinnern zu können, so etwas vorher schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Die Szenen geben das Erleben korrekt wieder. Es war ein Kampf auf Leben und Tod. Vier Jahre lang. Die blutigste Front, die es jemals in der Weltgeschichte gegeben hat.
Daß die Darstellung in vielen Teilen sehr korrekt ist, wird auch von militärgeschichtlich versierter Seite ähnlich gesehen (s. Yt/Bacuffz).
Hier auf dem Blog hatten wir uns auch mit den Endkämpfen in Berlin (GAj2012a, GAj2012b) und in Brandenburg (Stgen2011, GAj2017) beschäftigt. Aber bisher war uns nie ein Spielfilm über den Weg gelaufen, der solches dramatische Geschehen so angemessen zur Darstellung bringt.
Der ganze Film "1944" ist derzeit kostenlos auf Youtube zu sehen. Man kann ihn sich ansehen (Yt). Er besteht fast nur aus Kriegsszenen. Das mag man als etwas einseitig erachten. Atmosphärisch wünschte man sich sicherlich noch allerhand "treffender", "genauer" dargestellt. Vieles "stimmt" aber eben auch. Um einen Eindruck vom echten Atmosphärischen zu erhalten, findet man sowieso viele zeitgenössische Fotografien, die das vermitteln (s. Abb. 1) (s. Gg).
Konkret behandelt der Film die Erfahrungen der Kämpfer in der estnischen Waffen-SS (Wiki). Der estnische Wikipedia-Artikel dürfte der ausführlichste über ihre Geschichte sein (Wiki). In ihm erfährt man viele Einzelheiten über die schweren Kämpfe, in denen auch die estnischen Waffen-SS gestanden hat.
Aber der Film thematisiert überhaupt das schwere Schicksal der Esten, zunächst unter sowjetischer Besatzung 1940/41, dann den Umstand, daß Esten auf beiden Seiten der Front kämpften. Und schließlich die Rückeroberung Estlands durch die Sowjetunion und das Erleben jener estnischen Soldaten, die auf Seiten der Sowjetunion kämpften.
Ein fürchterliches, grauenhaftes Geschehen.
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Wer weiß, wie Kriege in den letzten 150 Jahren "gemacht" worden sind und gemacht werden, der weiß auch, daß hier nicht irgendwelche Völker, Nationen oder Vordergrund-Politiker, sprich Marionetten "schuld" sind. Sondern daß elitäre, weltweit vernetzte Hintergrundmächte diesen Geschichtsablauf so gesteuert haben wie er abgelaufen ist.
Der furchtbare Menschenhaß, von dem diese Eliten geleitet sind, findet sich in jener elitären Pädokriminalität wieder, von der in den letzten fünfzehn Jahren immer wieder Neues weltweit bekannt wird, und die es schon seit Jahrhunderten gibt. Systematisch praktiziert und "zugelassen" im Jesuitenorden, in der katholischen Kirche, in der Freimaurerei, in Pädokriminellen-Ringen im britischen Parlament, rund um Jimmy Savile, Jeffrey Epstein, innerhalb deutscher Landesregierungen, innerhalb deutscher Bundesregierungen.
Die Völker sollten darüber endlich zur Besinnung kommen und aus dieser Besinnung heraus alles Gegeneinander-Aufhetzen unterlaufen. Eiskalt daneben stehen bleiben und klaren Blick bewahren auf all die Verbrechen. Auf all die unnennbaren, fürchterlichen Verbrechen.
"Praga Caput Regni"
"Prag, Hauptstadt des Reiches"
Die deutschen Könige und Kaiser des Früh- und Hochmittelalters wollten die Macht und Herrlichkeit ihrer Reiche durch Architektur zum Ausdruck bringen. So entstand der Kaiserdom zu Speyer, es entstanden die Kaiserpfalzen (Wiki). Von diesen Bemühungen haben sich nur Bruchstücke erhalten, die heute kein Stadtbild mehr prägen. Viel zu viele städtebauliche Veränderungen der nachfolgenden Jahrhunderten gestalteten das Stadtbild um.
Nicht so in Prag.
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Abb. 1: Prag - Hradschin und Karlsbrücke bei Nacht (Wiki) - Fotografiert von Jorge Royan 2008 |
Kaiserlicher Wille zu Macht und Herrlichkeit, Stolz des Bürgertums auf die von ihm hervorgebrachte Stadt, ausgesprochen in der Sprache der Architektur und in der städtebaulichen Einheitlichkeit des 14. Jahrhunderts haben sich in Prag bis heute erhalten und prägen das Stadtbild entscheidend mit.
Ab 1750 waren Hauptorte weltlicher Macht im deutschen Sprachraum etwa Berlin oder Wien (Wiki). Nur sie könnten sich von der Größe der städtebaulichen Gestaltung mit Prag messen. Die historische Tiefendimension jedoch, die Prag aufweist, kann man weder in Berlin noch in Wien erleben. Das Stadtbild von Wien oder Berlin ist heute nicht mehr ausgesprochenermaßen durch die Architektursprache des Spätmittelalters geprägt, des 14. Jahrhunderts.
Ganz anders Prag.
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Abb. 2: Altstädter Ring mit Mariensäule, vor 1906 |
In Prag rückt einem das deutsche Spätmittelalter des 14. Jahrhunderts ganz nahe. Und zwar gleich mit dem ersten Blick. Nur in den seltensten Fällen wird jemand diesem Jahrhundert, dem 14. Jahrhundert überhaupt eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben - bevor er nach Prag kam. Es gibt ja auch so viele andere Jahrhunderte, die für die politische und kulturelle Geschichte Deutschlands oder Europas bedeutender waren. Warum also gerade dem 14. Jahrhundert besondere Beachtung schenken?
Prag jedoch, das Überdauern seiner Architektursprache, seiner "Größe" ist so etwas wie der Ausdruck der Macht und der Herrlichkeit des deutschen Reiches im 14. Jahrhundert. Man kann es kaum glauben, daß auch dieses Jahrhundert - oder erstmals dieses Jahrhundert - zu solcher Pracht- und Machtentfaltung in der Lage war. Fast möchte man dieses 14. Jahrhundert in der deutschen Geschichte ja als eine Art "Ruhezeit", "Schonzeit" betrachten, vielleicht ein wenig im Abseits der großen weltgeschichtlichen Auseinandersetzungen - etwa mit dem Papst in Rom oder mit dem Jesuitenorden.
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Abb. 3: Die Parler und der Schöne Stil - Kunst in Prag 1350 bis 1400 |
Aber gerade in dieser Schonzeit bereitete sich in genau dieser Region ein neues Zeitalter vor. Der Jesuitenorden hat ausgerechnet in Prag im Kirchenbau eine barocke Pracht entfaltet, die ebenfalls ihresgleichen sucht andernorts. Und warum? Es geschah als Machtdemonstration, und zwar im Zuge der Rekatholisierung Böhmens am Beginn des Dreißigjährigen Krieges - durch berittene "Seligmacher" und durch die berühmten Hinrichtungen in Prag, zu Deutsch: durch Zwangskatholisierung.
Böhmen war schon im 15. Jahrhundert mit den Hussitenkriegen der deutschen Reformation weit voraus geeilt (Wiki). Ab dem 17. Jahrhundert versank es als eines der ersten kernprotestantischen Länder in der Dumpfheit des römischen Katholizismus.
Immerhin tastete dieser Katholizismus in vieler Hinsicht die spätmittelalterliche Überlieferung nicht an. Vielmehr pflegte und schonte er sie. Deshalb ist Prag heute insbesondere Inbild alter deutscher Kaiserherrlichkeit. Von der Einheitlichkeit und Größe der Architektursprache her ist es diese Stadt mehr als etwa Nürnberg, mehr als der "Römer" und der Kaiserdom in Frankfurt am Main, mehr als die Kaiserpfalz von Aachen - oder welche Vergleiche man immer heranziehen möchte.
Ab etwa 1340 ist Prag zur Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation geworden. Und wem nun hat Prag diesen Aufstieg zu verdanken? Dem Kaiser Karl IV. (1316-1378) (Wiki) (Abb. 4). Wer aber nun kennt eigentlich diesen Kaiser außerhalb von Prag und Böhmen?
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Abb. 4: Kaiser Karl IV. - Der Erbauer des heutigen Prag - Porträt von Peter Parler (hdbg) |
Immerhin, auch in der Brandenburger Geschichte hat dieser Kaiser Karl IV. eine wichtige Rolle gespielt, also für die Geschichte des Kernlandes Preußen (5). 1371 hat er nämlich von Böhmen aus die Mark Brandenburg erobert und gekauft. Tangermünde an der Elbe hat er zur Zweitresidenz ausgebaut. Deshalb also ist auch Tangermünde so schön und anrührend! Auf was für Verbindungen man stößt, wenn man in Prag weilt. Es liegt ebenso herrlich am Ufer der Elbe wie Prag am Ufer der Moldau liegt. Und außerdem hat Karl IV. in Brandenburg eine Landaufnahme durchführen lassen (Wiki, a), die bis heute als wertvolle historische Quelle dient.
Aber gehen wir noch einmal zwanzig Jahre zurück: 1349 ist Karl IV. zunächst einmal zum alleinigen und rechtmäßigen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation gewählt worden. In Frankfurt am Main. In Aachen ist er gekrönt worden. Den Sitten der Zeit gemäß hatte ihn diese Wahl sehr viel Geld gekostet. Aus dem wirtschaftlichen Reichtum seiner böhmischen Länder heraus konnte er sich diese Wahl finanzieren.
1341 schon war er faktischer König von Böhmen geworden, da sich sein Vater Johann wegen Erblindung aus der Regierung zurück gezogen hatte. Im 14. Jahrhundert war die wirtschaftliche Entwicklung in Europa so weit gediehen, daß - sozusagen - "Großstädte" entstehen konnten und daß diese ihren Rang auch über die Jahrhunderte hinweg als solche bewahren konnten. Deshalb steht sie heute noch vor uns: Die spätmittelalterliche Kaiserherrlichkeit Prags.
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Abb. 5: Der Dombaumeister Peter Parler (1330-1399) im Selbstporträt - Der große Stadtbild-Gestalter Prags (Fotograf: Franz Höch, 1940) (aus 1) |
Blickt man in das Antlitz des großen Stadtbild-Gestalters Prags, des Dombaumeisters und Bildhauers Peter Parler (1330-1399) (Wiki) (Abb. 5), blickt man zugleich auf das von ihm geschaffene Porträt seines Auftraggebers, des Kaisers Karl IV. (Abb. 4), dann möchte man meinen, daß er, der Peter Parler, der Mächtigere von beiden war, der Kraftvollere, der Energischere. Der, dem eigentlich die Schönheit Prags zu verdanken ist - viel weniger seinem Auftraggeber, der ihm nur die Mittel dafür bereit stellen mußte. Auf jeden Fall ergänzten sich beide. Mit dem Regierungsantritt Karls IV. begann die Glanzzeit Prags und damit das Wirken des Dombaumeisters Peter Parler (Wiki):
Nachdem Karl 1344 für die Erhebung des Prager Bistums zum Erzbistum gesorgt hatte, leitete er den Baubeginn des gotischen St. Veitsdoms (katedrála sv. Víta, Václava a Vojtěcha) ein.
Dieser wurde vollendet von Peter Parler. Und weiter (Wiki):
Die umfangreiche Bautätigkeit in seiner Residenz machte Prag zur Goldenen Stadt. Davon zeugt vor allem die Karlsbrücke über die Moldau.
Errichtet von Peter Parler. Und weiter (Wiki):
1348 gründete Karl die erste Universität im östlichen Mitteleuropa, die Karls-Universität (Univerzita Karlova), nach dem Vorbild der durch Kaiser Friedrich II. errichteten Universität von Neapel und dem des Studium generale an der Pariser „universitas“. Prag wurde von ihm zu einem der wichtigsten geistigen und kulturellen Zentren seiner Zeit ausgebaut und zur De-facto-Haupt- und Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches (Praga Caput Regni: Prag Hauptstadt des Reiches lautet eine Inschrift am Altstädter Rathaus). (...) Die von Johannes von Neumarkt geführte kaiserliche Kanzlei war vorbildlich für die Ausbildung der neuhochdeutschen Sprache. Die Prager Malerschule führte die spätgotische Tafelmalerei zu höchster Blüte.
Karl IV. holte den Bildhauer und Dombaumeister Peter Parler, der in Gmünd in Schwaben geboren worden war, von Köln nach Prag. Dieser nun vollendete den Veitsdom, erbaute die Karlsbrücke samt ihrer eindrucksvollen Brückentürme auf beiden Seiten der Moldau. Und damit prägte er das Stadtbild Prags mehr als alle anderen. Er schuf auch sowohl ein Selbstporträt wie auch Porträts des Kaiser Karl IV. und seiner engsten Familienangehörigen (Abb. 6). Welch herrliche Kunstwerke. Welch glanzvolle Zeit.
Die Karlsbrücke war ein technisches Meisterwerk ihrer Zeit. Sie war zuvor nicht für möglich gehalten worden. Die Bildsprache Peter Parlers ist nüchtern, ist sachlich, ist ein "schöner Stil". Aber sie ergreift, sie packt.
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Abb. 6: Wenzel IV., Sohn Kaiser Karls IV. - Porträt von Peter Parler (hdbg) |
Prag, Böhmen und Mähren - sie waren zwischen 1212 und 1918, also den größten Teil ihrer Geschichte Teil des "Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation", sowie ab 1806 Teil des Kaiserreiches Österreich. Selten irgendwo sonst in Deutschland oder Österreich ist die Prachtentfaltung und der Reichtum europäischer Kultur in der Architektursprache so dicht und so stark zum Ausdruck gekommen und erhalten geblieben wie in Prag. Prag erweitert das Herz. Prag erweitert die Geschichtskenntnis, das Geschichtsbewußtsein, das Bewußtsein von der Größe europäischer Kultur und Vergangenheit.
Welche europäische Hauptstadt früherer oder heutiger Zeiten könnten sich allein von der landschaftlichen Lage her mit Prag messen? Oh, die herrliche Moldau. Mit welch elegantem Schwung sie die Stadt umfließt, wie lieblich sich um sie die Hügel schließen, wie wunderschön sie die Altstadt vom Burgberg trennt, vom schönen, schönen Hradschin! Welch wunderschöne Blicke von den Anhöhen hinunter auf die Moldau und weit, weit in die weite Ferne. Und welch wundervoller, prachtvoller Anblick, unten, vom Ufer hinauf auf den Hradschin. Bilder, die lebendig bleiben auch lange Wochen später noch, nachdem du Prag wieder verlassen hast.
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Abb. 7: Prag im Jahr 1720 - Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin (ets) |
Wen mag es da wundern, daß diese Kernregion Böhmens, in die schon so viele vorgeschichtliche Völker und Kulturen hinein geströmt sind (Stgen2021), früh zum Regierungssitz der böhmischen Herzöge und Könige und schließlich der deutschen Kaiser auserwählt wurde?
Nur schade, schade!, schade!, daß diese so anrührende, berühmte, herrliche Stadt heute so überaus stark von Touristen aller Länder förmlich überrannt, überlaufen wird. Ab 10 Uhr morgens kannst du dich nicht mehr sinnvoll auf der Karlsbrücke zwischen Altstadt und Hradschin fortbewegen, kommst du auch nur zäh innerhalb der Menschenmassen in der Altstadt weiter. Besucher, stehe früh auf!
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Abb. 8: Ansicht von Prag - aus "Vaterländische Bilder-Chronik aus der Geschichte des österreichischen Kaiserstaates" von: Anton Ziegler (1846) |
Du solltest dir auch die Grundriß-Einteilung des historischen Prag klar machen: Prag war eingeteilt in Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin (Abb. 7).
Hingewiesen sei vorläufig noch darauf, daß Deutsche in der Geschichte und Kulturgeschichte Böhmens und Mährens über Jahrhunderte hinweg auf allen Gebieten eine wichtige Rolle spielten, so auch auf dem Gebiet der Naturwissenschaft und Technik. Hier ein kleiner Ausschnitt (Wiki):
Im Jahr 1460 wurde in Eger der berühmte Mathematiker Johannes Widmann geboren, der Plus- und Minuszeichen einführte. Er arbeitete die meiste Zeit seines Lebens in Leipzig.Die Ära Rudolfs II. war auch eine Ära der wissenschaftlichen Blüte. An seinem Hof in Prag arbeiteten die Astronomen Tycho Brahe und Johannes Kepler. Darüber hinaus wirkte zu dieser Zeit in Prag der prominente jüdische Mathematiker David Gans. Der Arzt Ján Jesenský führte die erste öffentliche Autopsie in Prag durch.Der aus Kronland stammende Jan Marek Marci und der Botaniker Georg Joseph Kamel gehörten zu den Spitzengelehrten der heimischen Barockwissenschaft. Der Priester Prokop Diviš erfand den Blitzableiter. Alois Senefelder, der 1796 die Lithographie erfand, wurde zu dieser Zeit ebenfalls - eher zufällig - in Prag geboren. (...)Auch im Bereich der Naturwissenschaften verließen viele talentierte Einheimische ihre Heimat. Der Mathematiker Kurt Gödel, die Biologen Gerty und Carl Cori (Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin), der Astronom Johann Palisa, der Physiker Georg Placzek, der Chemiker Johann Josef Loschmidt, der Pionier auf dem Gebiet der Bodenmechanik Karl von Terzaghi, die Mathematikerin Olga Taussky-Todd, der Botaniker Heinrich Wilhelm Schott, die Astronomen Theodor von Oppolzer und Joseph Johann von Littrow, der Begründer der Dermatologie Ferdinand von Hebra, der Chemiker Hans Tropsch. In Wegstädtl in Nordböhmen wurde Franz Reichelt geboren, ein Pionier des Fallschirmspringens, der beim Testen eines selbst gefertigten Rettungsanzugs beim Sprung vom Eiffelturm starb. Auch der tschechische Arzt Karel Rokytanský ging nach Wien. Von den deutschsprachigen Wissenschaftlern in den böhmischen Ländern blieben dagegen der weltbekannte Biologe Gregor Mendel, der Begründer der Genetik, und der Physiker Ernst Mach. Auch der Physiker Albert Einstein arbeitete für kurze Zeit in Prag an der deutschen Universität. (...)Ein weiterer Autodesigner, Ferdinand Porsche, wurde ebenfalls in der Tschechischen Republik geboren, machte sich jedoch vor allem in Deutschland einen Namen (...). Unter den Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden, war auch der Physik-Nobelpreisträger von 2007, Peter Grünberg.
Soweit nur ein kurzer Ausschnitt, um hier in einem ersten Schritt auf diese umfangreiche Thematik aufmerksam zu machen.
Die Entdeckung der flüssigen Kristalle - Prag, 1888
Während unseres allzu flüchtigen Rundgangs durch Prag kamen wir an diesem Haus mitten in der Altstadt in einer schmalen Gasse vorbei (s. Abb. 9). Es war morgens und dennoch war die eher abseitige Gasse schon sehr belebt, wie man sieht.
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Abb. 9: Vor einem Haus der Deutschen Universität Prag, in dem Prof. Friedrich Reinitzer (1857-1927) im Jahre 1888 den ersten flüssigen Kristall erfunden hat - an einem Märztag vormittags |
Auf einer dort angebrachten Bronzetafel lasen wir:
Prof. Friedrich Reinitzer (1857-1927) hat in diesem Gebäude der Deutschen Universität in Prag im Jahre 1888 den ersten flüssigen Kristall erfunden.
Reinitzer war in Prag als Sohn eines Weinbauern geboren worden. Ab 1895 war er dann an der Universität Graz tätig. Über seine Entdeckung mag hier deshalb ein längeres Zitat Platz finden, weil der flüssige Kristall von Seiten naturwissenschaftsnaher Philosophie im Jahr 1923 als wichtige evolutionäre Übergangsstufe zum Leben auch tiefere philosophische Deutung gefunden hat. Er wurde als wichtige evolutionäre Zwischenstufe benannt auf dem Weg vom festen Kristall über den flüssigen Kristall zur ersten Biozelle. Auch mit diesem Umstand wird noch einmal deutlich, welch wichtigen Ort Prag in der Wissenschaftsgeschichte einnimmt.
In was für engen Gassen die Prager damals lebten, Kinder bekamen, forschten und dichteten!
Rilke
Schließlich interessiert uns - unter anderem - noch, was einen von uns so hochgeschätzten Dichter wie Rainer Maria Rilke mit seiner Heimatstadt Prag verbunden hat. Er ist 1875 in der Heinrichsgasse 17 geboren worden (GB). 1924 ist sein Geburtshaus durch einen Neubau ersetzt worden. Aber was will das schon besagen: Hier ist Rilke geboren worden! Gegenüber befindet sich heute das "Museum der Sinne". Das ist eine Region innerhalb der Stadt im Grenzbereich von mittelalterlicher Alt- und Neustadt, wohl schon in der Neustadt gelegen.
Gleich um die Ecke wurde 1898 die Jerusalem-Synagoge (Wiki) erbaut, weil das jüdische Viertel andernorts, das man als "Slum" empfand, abgerissen worden war und weil daselbst ein vornehmer neuer Stadtteil entstand. In die andere Richtung liegt der Roßmarkt aus dem 14. Jahrhundert, der 1848 in Wenzelsplatz umbenannt worden ist (Wiki). Nach Nordwesten zu liegt das Ständetheater, eines der ältesten Theater Europas. Man kann nicht aufhören. Wohin man blickt, Erhebendes.
Rilke hat in dem Gedichtband "Larenopfer - Prag in Gedichten" seiner Heimatstadt frühe Dichtungen gewidmet (Gutenb, Gedichte). Sie stammen nicht aus seiner Reifezeit und sind von Rilke in seinen späteren Jahren - wohl mit manchem Recht - nicht als nachhaltig gehaltvoll anerkannt worden, als auf Augenhöhe stehend mit seinen späteren Dichtungen. Um so mehr fragt man nach reifer Dichtung oder Malerei (Wiki), die sich diesem außergewöhnlichen Phänomen "Prag" angenähert haben und ihm angemessen begegnet sind.
(Unsere Ausführungen zu "Rilke und Prag" wollen wir künftig noch ergänzen.)
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Abb. 10: Das Ende der Jahrhunderte langen deutschen Geschichte in der Stadt und in Böhmen - Mit angespannten Blicken ziehen Deutsche mit ihrer letzten Habe am 8. Mai 1945 vorbei an dem 1915 aufgestellten Denkmal für Jan Hus (Wiki) auf dem Altstädter Ring (Aly) - der schon so vieles erlebt hatte in der Geschichte |
Das Ende der viele Jahrhunderte langen deutschen Geschichte in Prag ist eingefangen in einer Fotografie (Abb. 10): Die Deutschen werden aus ihren Wohnungen ausgewiesen und ziehen mit ihrer Habe unter angespannten Blicken in Richtung der angrenzenden Häuser am Denkmal für Jan Hus auf dem Altstädter Ring in Prag vorbei - wenn wir es recht verstehen, Richtung Nordwesten. Vielleicht war ihnen versprochen worden, daß es dort noch eine Möglichkeit für die Abreise nach Deutschland geben würde, die es dann allerdings für viele doch nicht mehr gab.
Vermutlich entstand die Fotografie am Nachmittag des 8. Mai 1945, an dem die noch in Prag stationierten deutschen Truppen aufgrund eines Waffenstillstandsvertrages nach Westen abziehen durften und zu einem Zeitpunkt kurz bevor die Stimmung unter den Tschechen vollständig umschlug. (Die Fotografie stammt von Stanislav Hulík, enthalten in dem Buch "Památník Pražského povstání" von 1946.) Zu der fotografierten Szene paßt vermutlich der Bericht einer Deutschen, die ihre Wohnung in er Benediktinergasse (GMaps) ganz in der Nähe hatte, und die mit ihrer Freundin und deren zwei Kindern, sowie ihrem eigenen eineinhalbjährigen Sohn von tschechischen Partisanen aus der Wohnung geholt worden war (6):
... Es waren schon sehr viel Menschen auf der Straße. Die ersten Steine flogen uns entgegen, aus den Fenstern und Türen wurden Gegenstände auf uns geworfen, und wir wurden angespuckt, gestoßen und geprügelt, wobei sich fast ausschließlich die tschechischen Frauen hervortaten. Wie eine Erlösung erschien es uns, daß wir, wenn auch sehr langsam auf die andere Seite zur Hybernská-Kaserne geführt wurden (...). Als wir das Eingangstor zur Kaserne gerade erreichten - es war noch sehr früh am Vormittag, und wir waren, wie sich später herausstellte, mit die ersten, die in unserem Wohnbezirk inhaftiert und eingesperrt wurden, stürzte sich ein Haufen Männer und Frauen auf uns, sie schlugen wild auf uns ein, rissen uns die Mäntel vom Leib und beförderten uns mit Fußtritten durch das Tor bis auf den Kasernenhof. (...) Überall standen Trupps Deutscher mit Gepäck, Kindern und Handwagen herum, bewacht von uniformierten Tschechen. ...
Die in diesem Bericht genannte Hybernská-Kaserne (von der Bearbeiterin falsch "Hyberna"-Kaserne benannt, da sich im Tagebuch der Deutschen nur die Abkürzung "Hyb.-Kaserne" fand) hieß bis 1918 Josefs-Kaserne (Wiki). Sie befand sich an der Stelle eines heutigen Einkaufszentrums (Wiki). Um diese Kaserne waren am Tag zuvor, am 7. Mai 1945, die heftigsten Kämpfe geführt worden (6). In den Ruinen dieser Kaserne wurden die Deutschen in den weiteren Stunden und Tagen völlig ausgeraubt und geplündert, viele Männer mußten Gräber ausheben und wurden erschossen (5). Viele hunderte anderer der hier internierten Deutschen blieben noch ein Jahr interniert, obwohl es sich fast nur um Frauen und Kindern handelte. All das ist auf den tschechischen Wikipedia-Einträge zu dieser Örtlichkeit nicht festgehalten.
Dieser Beitrag wird bei Gelegenheit künftig noch manche Ergänzung erhalten.
Er ist nur ein Einstieg in mehrere, ebenso wunderbare wie schreckliche Themen. Prag - auch eine Hauptstadt in der Welt des Geistes und der Kultur, die ebenso die dunkelste Seite alles Menschlichen kennenlernte.
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- Josef Pfitzner: Das tausendjährige Prag. Mit 79 Bildern von Franz Höch. Gauverlag Bayerische Ostmar 1940 (GB) (128 Seiten, davon 46 Seiten Text)
- Friedrich Heiss (Hrsg.): Das Böhmen und Mähren-Buch. Volkskampf und Reichsraum. Volk und Reich Verlag, Prag 1943 (GB)
- Binder, Hartmut: Mit Rilke durch das alte Prag. Ein historischer Spaziergang. Mit zeitgenössischen Fotografien zu Rilkes 'Larenopfer'. Insel Verlag, 1994
- Die Parler und der Schöne Stil 1350-1400. Europäische Kunst unter den Luxemburgern. Resultatband zur Ausstellung des Schnütgen-Museums in der Kunsthalle Köln 1980, hrsg. von Anton Legner.
- Karl IV. - Ein Kaiser in Brandenburg. Hrsg. von Jan Friedrich Richter, Peter Knüvener und Kurt Winkler für das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Verlag für Berlin-Brandenburg 2016 (208 S.)
- Ursula Hübler: Meine Vertreibung aus Prag. Erinnerungen an den Prager Aufstand 1945 und seine Folgen. Hrsg. von Juliane Wetzel. R. Oldenbourg Verlag, München 1991 [Biographische Quellen zur deutschen Geschichte nach 1945. Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte und in Verbindung mit dem Bundesarchiv von Wolfgang Benz. Band 11.]
- Stanislav Kokoška: Prag im Mai 1945 - Die Geschichte eines Aufstandes. Rok 2009 (pdf)
Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte
Professor Wolfram Bernhard (1931-2022) - Nachruf
"... diesen Charakter der steten Vernichtung"
Mein Lehrer am Anthropologischen Seminar der Universität Mainz, Professor Wolfram Bernhard (1931-2022) (Uni Mainz), ist im Februar diesen Jahres mit 90 Jahren gestorben (Tr.a.).
Ich habe 1993 bis 1995 bei ihm studiert und mich von ihm auch für das Erste Staatsexamen in Biologie prüfen lassen (schriftlich und mündlich).
Ich habe ihn immer als sehr menschlich, ja, geradezu als behutsam erlebt.
Ich habe es persönlich nie erlebt, aber ich weiß, daß er an der Universität Mainz scharfer Kritik ausgesetzt war. Insbesondere von Seiten von Studenten, die sich als besonders "fortschrittlich" wähnten, wenn sie eine altüberkommene Forschungsrichtung wie die Physische Anthropologie der übelsten Absichten und Machenschaften verdächtigten und beschuldigten. Solche Angriffe (die auch am Anthropologischen Seminar in Hamburg und vielerorts sonst wüteten) waren in jenen Jahren vollkommen ungerechtfertigt.
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Prof. Bernhard |
Meines Wissens und meiner Erfahrungen nach war Professor Bernhard gar nicht in irgendeiner Weise ein "Kämpfertyp", der solche Art von Anfeindungen und Kritik besonders leicht weggesteckt hätte. Von seiner ganzen Haltung her war er Mediziner, Arzt.
Aus der Traueranzeige, die viel von der zurückhaltenden, menschlich anmutenden Art von Professor Bernhard atmet, geht hervor, daß Professor Bernhard drei Kinder und elf Enkelkinder zurück gelassen hat. Offenbar sind alle seine drei Kinder ebenfalls Ärzte geworden.
"Ein der Wissenschaft gewidmetes Leben ist zu Ende gegangen,"
ist dort festgehalten dort (Tr.a.):
"Wir sind dankbar dafür, daß er uns ein wertvoller Unterstützer und Ratgeber war und zu dem gemacht hat, was wir heute sind."
Der Traueranzeige in ein Schopenhauer-Wort vorangestellt:
"Das Tier lernt den Tod erst im Tode kennen: der Mensch geht mit Bewußtsein in jeder Stunde seinem Tode näher, und dies macht selbst dem das Leben bisweilen bedenklich, der nicht schon am ganzem Leben selbst diesen Charakter der steten Vernichtung erkannt hat."
Das ist ja eigentlich doch auch ein schreckliches Wort für einen Nachruf. Aus ihm kann man - wenn man will - viel von der inneren Trauer, ja, geradezu von der "Vernichtung" heraushören, die die Jahre langen Angriffe an der Universität auf ihn ausgelöst haben, und die man während seiner Vorlesungen auch glaubte, schon so erahnen zu können.
Politische "Aktivisten" jeder Coleur mögen solche Worte zweimal lesen, um eine Ahnung zu bekommen von dem, was sie anrichten, anrichten können bei weniger grobschlächtigen Menschen als sie selbst es - nur allzu meist - sind. Wie auch wollte man mit gar zu heftigen, emotionalen und vollkommen ungerechten Verunglimpfungen und Herabsetzungen die Welt zu einem "besseren Ort" machen? Völlig unmöglich.
Ja, Professor Bernhard konnte auf seine Mitmenschen zeitweise wie erstorben wirken. Ja. Und man konnte den Eindruck gewinnen, daß dort die Behutsamkeit und die Freundlichkeit herrührten, mit denen er auf Menschen zuging.
Sucht man nun nach der Herkunft dieser Schopenhauer-Worte, kann man finden, daß sie in einem Aufsatz enthalten sind, der ebenfalls von einer Mainzer Hochschullehrerin verfaßt worden ist (1), und zwar von einer solchen, die in jenen Jahren bei dem hoch zu schätzenden Philosophie-Professor und Vorsitzenden der Schopenhauer-Gesellschaft Rudolf Malter wissenschaftliche Hilfskraft war, in denen ich selbst ebenfalls bei ihm studiert habe.
Rudolf Malter wird sie also mit seiner Schopenhauer-Begeisterung ebenso angesteckt haben wie er so viele andere in seinen Vorlesungen und Seminaren für Philosophie ganz allgemein begeistern konnte. Wo immer Menschen aufeinander treffen, die einmal in Vorlesungen bei Rudolf Malter gesessen haben, da ist sofort eine inneres Band da, eine "Gemeinsamkeit", die höher ist als alle Vernunft (so möchten wir hier einmal sagen).
Und so sicherlich auch bei jenen, die Professor Bernhard einmal kennen und schätzen gelernt haben.
Wundervolle, schöne, leidreiche Mainzer Studentenjahre, wohin seid ihr entschwunden!
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- Helke Panknin-Schappert (Mainz): Arthur Schopenhauer und die Paradoxie des Todes. In: Schopenhauer-Jahrbuch 2006 (pdf)
Die "Republik der Gelehrten"
"Republic of letters" (Wiki) - der Begriff fällt ins Auge und begeistert, wenn man ihn in einer Rezension erwähnt findet (1). Zu Deutsch "Republik der Gelehrten" (Wiki). Und zwar in der Rezension eines neuen Buches über die europäische Wissenschaftsgeschichte. Da ist nämlich die Rede von ... (1)
... den wissenschaftsgeschichtlichen Stichworten, nach denen die Wissenschaftsgeschichte heute üblicherweise gegliedert wird (die Revolution der Druckerpresse, die Republik der Gelehrten, der Öffentliche Raum, die Aufklärung, Demokratie und die Industrielle Revolution).
Lauter bedeutsame Dinge. Zuvor war schon die Rede gewesen von ebenso bedeutsamen Dingen, von den ... (1)
... bekannten europäischen Marksteinen des Fortschritts: Kopernikanisches Weltbild, Newton'sches Weltbild, Naturgeschichte nach Linnae, Elektromagnetismus nach Maxwell.
In so wuchtigen, kurzen Aufzählungen benannt, was das Leben von Tausenden, von Millionen Menschen erfüllte, prägte, formte, was uns heute ausmacht. Aber von all diesen Dingen fällt uns bei dieser Gelegenheit am meisten ins Auge: "Republic of letters", "Republik der Gelehrten". Was für ein großes Bild ersteht vor uns, was für ein Panorama entfaltet sich allein schon mit der Nennung dieser kurzen Worte: "Republic of letters".
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Abb. 1: Charles Alexandre de Calonne (1734-1802) (Wiki) - französischer Reformpolitiker und Finanzminister unter Ludwig XVI. - Portrait der französischen Malerin Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) (Wiki), die auch sonst viele hinreißende Portraits geschaffen hat, darunter mehrere der preußischen Königin Luise |
Was für eine Zeit, als edelgesinnte Geister und Gemüter - über ganz Europa hinweg - eine unsichtbare Republik bildeten, eine Republik von Gelehrten und Schöngeistern, die in einer "anderen Zeit" lebten oder gar "zeitlos", die jedenfalls ihrer eigenen Zeit weit voraus waren, die den Niederungen des Alltags entwunden waren, die einem schöneren, edleren Zeitalter entgegen strebten - durch Wissenschaft und Forschung, durch Beschäftigung mit Kunst und Kunstgeschichte, mit Literatur und Literaturgeschichte, durch Liebe und Begeisterung für alles Edle und Schöne.
Oh, Republik der Gelehrten, komm wieder. Möchte man nicht in die Arme dieser Republik sinken, sich in sie fallen lassen, frei sein, edel sein, dem Fortschritt zugeneigt sein? Wozu soll man noch - - - "Reichsbürger" sein, wenn man Angehöriger einer Republik von Gelehrten sein kann?
Die Republik der Gelehrten geht auch noch über die schöngeistigen Tafelrunden, wie sie etwa am Hofe Friedrichs des Großen in Sanssouci stattgefunden haben, hinaus. Sie führt direkt in die Studierzimmer der Gelehrten selbst. All das "Zwischenmenschliche", all die - womöglich oberflächlichen - Neckereien, Heiterkeiten, all der Zank auch, der neckische oder ernsthaftere, all der Unfriede, all die äußere, aufreibende Unruhe der Zeit, die auch noch bis in manche Tafelrunde und in manchen Salon hinein geschwappt sein mögen, sie alle sind aus dieser "Republik" verbannt.
Hier brennt die ewige Sonne der Wahrheit.
Hier brennt die ewige Sonne der Freiheit.
Hier brennt die ewige Sonne der Schönheit und des Edelsinns.
In diese Republik werden nur jene Geister aufgenommen - und sie werden nur insoweit aufgenommen - als sie gleichen Willens sind, von gleicher innerer Freiheit erfüllt sind, von gleicher Hoffnung auf bessere Tage erfüllt sind, auf eine bessere Welt, von gleicher Sehnsucht nach "Zukunft", nach den Inseln der Seligen.
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Abb. 2: Madame de Polignac, die engste Vertrauten der französischen Königin Marie-Antoinette (Wiki), gemalt 1782/83 von Élisabeth Vigée-Lebrun (heute im Palast von Versailles) - Zu jener Zeit stand sie auf der Höhe ihres Einflusses, der ab 1785 zu schwinden begann |
Ohne frage, das besprochene Buch (1) wartet offenbar auch sonst mit einigen neuen Einsichten auf: Die Kopernikanische Wende ist durch die astronomischen Beschäftigungen im islamischen Bereich während des Mittelalters vorbereitet worden. Die Newton'sche Wende durch Erkenntnisse, die nur durch Seefahrt und Seehandel zu gewinnen waren.
Das "Überleben des Stärkeren" des Charles Darwin hat sich im "Frontier"-Idealismus der US-amerikanischen Siedler wieder gefunden. Insbesondere Marxisten haben sich für die Quantentheorie, Relativitätstheorie und Genetik begeistert. Alles das ist gewiß einerseits ein wenig gar zu plakativ. Andererseits wird aber in jeder dieser Aussagen dennoch ein wesentliches Körnchen Wahrheit stecken.
Die Besprechung kommt zu dem Schluß, daß bei aller Einbindung der europäischen Wissenschaftsgeschichte in außereuropäische Bezüge sie dennoch "eurozentrisch" bleibt (1):
Auch fast alle nicht-europäischen Forscher, die hervorgehoben werden, sind entweder an europäischen oder US-amerikanischen Instituten ausgebildet worden.
Oh je, was haben Wissenschaftshistoriker heute für Sorge. An Stelle solcher Erörterungen wäre doch womöglich noch viel angemessener, daran zu erinnern, daß es solche Republiken von Gelehrten auch im antiken Griechenland gegeben hat. Ganz Griechenland war voller Gelehrter und Philosophen und Künstler in einer Dichte, wie sie es zuvor und später nie wieder gegeben hat. Eine solche Republik von Gelehrten hat es ebenso schon im Tang-zeitlichen China oder auch davor gegeben. Und auch in anderen Hochkulturen auf dieser Erde. Die Möglichkeit einer "Republik von Gelehrten" war und ist keineswegs etwas spezifisch Europäisches.
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Abb. 3: Selbstportrait, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun (1790) (heute in den Uffizien) |
Aber in der Neuzeit sind es eben nicht mehr China oder Griechenland oder der Vordere Orient oder Indien, die an der Spitze der geistigen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Menschheit stehen, sondern das eben ist nun Europa. Und mit mancherlei Gründen wird ja wohl auch gemutmaßt können, daß die Tage "dieses" Europas gezählt sein könnten. (Wer darüber jubeln mag, mag es ja gerne tun ... Soweit wir heutige Stimmen zum Beispiel aus China recht verstehen, gibt es dort über ein solches Geschehen keinen Jubel, sondern eher: Entsetzen.)
Aber zurück zu unserem konkreteren Thema. Was erfahren wir zusätzlich, wenn wir uns ein wenig umschauen zu dem Thema "Republic of letters", "Republik der Gelehrten"? 1774 etwa veröffentlichte der deutsche Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) (Wiki), der damals bei allen deutschen Dichtern hoch verehrte Dichter des "Messias", sein Buch "Die deutsche Gelehrtenrepublik". Goethe schrieb damals noch im gleichen Jahr dazu:
"Klopstocks herrliches Werk hat mir neues Leben in die Adern gegossen. Die einzige Poetik aller Zeiten und Völker. Die Einzige Regeln die möglich sind!"
Damals war noch Begeisterung in der Welt. Begeisterung für Tugend, für Wahrheit, für Schönheit. Und wir erfahren (Wiki):
Klopstocks aufgeklärte Utopie "Die deutsche Gelehrtenrepublik" (1774) ist ein Konzept, das für die als regierungsunfähig angesehene Fürstenherrschaft eine gebildete Elite in die Macht einsetzt. Die Republik soll von "Aldermännern", "Zünften" und "dem Volke" regiert werden, wobei den ersteren - als den gelehrtesten - die größten Befugnisse zukommen sollte, Zünften und Volk entsprechend weniger. Der "Pöbel" hingegen bekäme höchstens einen "Schreier" auf dem Landtage, denn Klopstock traute dem Volk keine Volkssouveränität zu. Bildung ist in dieser Republik das höchste Gut und qualifiziert ihren Träger zu höheren Ämtern. Entsprechend dem gelehrsamen Umgang geht es in dieser Republik äußerst pazifistisch zu: Als Strafen zwischen den Gelehrten veranschlagt Klopstock Naserümpfen, Hohngelächter und Stirnrunzeln.
Da dürfte doch mit leichter Hand schon eine Art Gegen-Entwurf gezeichnet worden sein zu jener Art von internationaler Oligarchie ("Fürstenherrschaft"), in der wir ja noch heute in allen Teilen Europas und Amerikas zu leben gezwungen sind. Denn es dürfte sich ja wohl inzwischen herumgesprochen haben können, daß der Begriff "Demokratie" eine Verballhornung jener Verfassungswirklichkeit ist, in der wir leben, womöglich seit "Demokratie" irgendwo in der Neuzeit überhaupt offiziell eingeführt worden ist.)
Klopstock, de Calonne, Vigée-Lebrun
Auf der Suche nach einem Vorschaubild stoßen wir noch auf ganz andere Seiten dieser "Republik der Gelehrten". Und deshalb binden wir als erstes Bild (und zugleich Vorschaubild) ein Portrait des französischen Reformpolitikers und Finanzministers unter Ludwig XVI. ein, Charles Alexandre de Calonne. Dasselbe wurde geschaffen von der französischen Malerin Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) (Wiki) (Abb. 1). Diese hat auch sonst viele hinreißende Portraits geschaffen. Darunter im Jahr 1801 auch mehrere der preußischen Königin Luise (GAj). Aber dieses Portrait des französischen Reformpolitikers mag aus den vielen ihrer schönen Bildern noch einmal besonders hervor stechen. Und genau deshalb stellt man sich auch die Frage, was das eigentlich für ein Mann war, der hier portraitiert worden ist.
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Abb. 4: Élisabeth Vigée-Lebrun - Selbstportrait mit Tochter (1786) (heute im Louvre) |
Und man stellt fest: Dieser befähigte Staatsmann hätte, wenn König Ludwig XVI. ihn nicht zwei Jahre vor Ausbruch der Französischen Revolution entlassen hätte, diesselbe verhindern können! Und was für ein hinreißend schöner Mann war er zugleich! Zumindest auf dem Portrait dieser Künstlerin Vigée-Lebrun.
In ihrer Kunst ist auch sonst die ganze Seligkeit dieser Epoche eingefangen worden. Diese war eben nicht nur von wissenschaftlichem Wahrheitsdrang erfüllt, sondern auch von politischem Freiheitsdrang und von Sehnsucht nach Schönheit und dem Ausdruckgeben von Schönheit - in der Kunst. Wie erstaunlich, wie ungewöhnlich, dies alles in einer Zeit vereinigt zu sehen. Was für ein Wunder geradezu, wenn man darauf von heute her blickt.
Wie weit sind wir heute von all dem entfernt. Welche Fülle an begeisternden Gemälden hat allein diese eine französische Malerin geschaffen, eine Künstlerin, von der die meisten Leser vermutlich an dieser Stelle zum ersten mal erfahren - ebenso wie der Verfasser dieser Zeilen selbst erst - während der Suche nach einem geeigneten Vorschaubild - auf ihre Kunst gestoßen ist. Ihre Gemälde, Portraits und Selbstportraits sind von so viel weiblichem und künstlerischem Selbstbewußtsein getragen. Man erkennt sofort: Eine selbstbewußte, emanzipierte Frau (Abb. 2-4). Und doch zugleich ist in diesen Gemälden so viel Zartheit, so viel Menschlichkeit enthalten, so viel weibliches Mitgefühl. Und wie jung diese Künstlerin war, als sie schon solche Gemälde schuf.
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Abb. 5: Portrait der venezianischen Schriftstellerin Gräfin Isabella Albrizzi-Teotochi (1760-1836) (Wiki), entstanden 1792, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun nach ihrer Flucht aus Frankreich |
Man erkennt sofort: Von diesem weiblichen Selbstbewußtsein war auch die Königin Luise erfüllt, die im Jahr 1801 mehrmals zum Gegenstand der Portraitkunst der Vigée-Lebrun geworden ist. Auch sie war Reformpolitikerin, auch sie gehörte den politisch fortschrittlichen Kräften ihrer Zeit an, auch auf ihr ruhten die Hoffnungen der Besten ihres Landes und ihres Volkes. Und sie war es, die den Plan hegte, Friedrich Schiller zum preußischen Minister zu ernennen. Und just in dieser Zeit starb Friedrich Schiller einen sehr frühen Tod. Und er erhielt in Jena ein sehr merkwürdiges Begräbnis. Und sein Schädel wird bis heute mit allem Eifer von der Wissenschaft gesucht.
Unbegriffene Schicksale. Wie viel Glanz, wie viel Schönheit, wie viel strahlende Selbstsicherheit selbst unter den weiblichen Künstlerinnen dieser Epoche. Wie harmlos und selbstbewußt konnten auf den Bildern der Élisabeth Vigée-Lebrun alle Zeichen weiblicher Schönheit und weiblichen Lebens zur Darstellung kommen.
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Abb. 6: "Die unentschlossene Tugend" ("La Vertu Irresolue"), gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun schon 1775, also mit zwanzig Jahren |
Wer möchte nicht in einer solchen Zeit gelebt haben - oder leben?
Eine Zeit, in der eine Frau, die in Bezug auf ihre Tugendhaftigkeit nicht so recht weiß, was sie will oder wollen sollte, so außerordenlich weiblich und mitfühlsam dargestellt werden konnte (Titel "Die unentschlossene Tugend", auf Französisch "La Vertu Irresolue", s. Abb. 6).
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Abb. 7: Portrait einer jungen Dame als Flora, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun |
Wie so außerordentlich menschlich dieses Zeitalter.
Wie so außerordentlich entfernt von Bigotterie jeglicher Art.
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Abb. 8: Sophie von Trott als Bacchantin, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun (1785) |
Eine Zeit, in der sich Frauen des Adels als Bacchantinnen portraitieren lassen konnten (Abb. 8).
Und so führt der Weg der Suche nach der Wahrheit und der Freiheit in letzter Instanz immer wieder zurück zur Entdeckung der Schönheit und der Liebe.
Welches Zeitalter sollte dies eher bezeugen können als das Zeitalter der "republic of letters" und einer Künstlerin wie Élisabeth Vigée-Lebrun.
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- Jorge Cañizares-Esguerra: Rethinking the “Western” revolution in science. Rez. von James Poskett's "Horizons: The Global Origins of Modern Science" (Mariner Books, 2022. 464 pp) In: Science, 28 Apr 2022, Vol 376, Issue 6592, p. 467, DOI: 10.1126/science.abo5229, https://www.science.org/doi/abs/10.1126/science.abo5229
Das "sinnvolle Maß der Ursächlichkeit" in diesem Universum
Niemals war nur Chaos
.... Oder bleibt etwa doch "alles dem Spiel des Zufalls überlassen"?
Von philosophischer Seite aus sind einmal im Jahr 1923 aus intuitiver Erkenntnis heraus das Entstehen des Universums und grundlegende Prinzipien dabei in einer umfassenden "Schau", sowie mit Bezug zum damaligen naturwissenschaftlichen Kenntnisstand umrissen worden (1). "Gott" wurde in dieser Philosophie als jenseits von Raum, Zeit und Materie begriffen und damit auch als "jenseits" der Anschauungsformen der menschlichen Vernunft, hingegen als - sozusagen "pantheistisch" - erlebbar dem Icherleben der menschlichen Seele. Zu damaliger Zeit wurde manchmal noch der "Äther" als Vorstufe der Materie begriffen. Heute wäre an seine Stelle der Begriff "Quantenvakuum" zu setzen. Es wurde da in diesem Sinne festgehalten (1, S. 9f; bzw. S. 71):
Der vollkommene Gott ist entweder ohne Erscheinung, oder aber er tritt in Erscheinung, dann ist aber auch vollendete Gesetzmäßigkeit das Kennzeichen seiner Vollkommenheit. Ja, diese vollendete Gesetzmäßigkeit aller Gotterscheinung ist in den ersten Stufen der Schöpfung am allerklarsten kundgetan und muß in der Vorstufe der Erscheinung, im Äther vollkommen wohnen. Setzen uns doch auch heute noch die Gase, die älteste Zustandsform der Stoffe, durch ihre monumentalen Gesetze und ihre restlose Einordnung so in Erstaunen. Die Druck- und Raumgesetze der Gase, die Gesetze ihrer Verbindung können uns beredet von der Gesetzmäßigkeit der Urerscheinung zeugen und weihen sie mit dem Adel vollkommener Willenserfüllung. Niemals also war Chaos, so wahr Gott die Vollkommenheit ist.
Natürlich repräsentierten auch schon die damals bekannten, hier erwähnten "monumentalen Gesetze" der Gase eine Kombination, ein Zusammenspiel von Naturgesetzen und Zufall, ein Zusammenspiel von Gesetzmäßigkeit und Chaos. Insofern muß gesagt werden, daß der Begriff "Chaos" hier so zu lesen ist als eine chaotische Zustandsform, die durch keinerlei Gesetzmäßigkeit gebändigt wäre. In diesem Sinne ist der Satz zu verstehen "Niemals also war Chaos", sprich, Chaos für sich allein - und nichts anderes als Chaos. Chaos und nur Chaos, ohne Begrenzung durch die Naturgesetze.
Daß der Begriff Chaos in diesem Zusammenhang genau so und nicht anders zu lesen ist, geht also schon deutlich genug aus dem Gesamtzusammenhang des Zitates hervor, insbesondere durch den Bezug zu den Druck- und Raumgesetzen der Gase.
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Abb. 1: Werner Heisenberg, um 1930 |
Dennoch wird deutlich, daß der Autor im Jahr 1923 mit der schon damals gut ausgearbeiteten Wärmelehre der Gase sich noch nicht sehr viel beschäftigt hatte. Sonst hätte er präziser formuliert. Um Mißverständnisse aus heutiger Sicht auszuschließen, wäre also dieser letzte Satz des Zitates sinnvoller Weise umzuformulieren etwa in den Wortlaut:
Niemals also war - nur allein isoliert für sich - Chaos, so wahr Gott die Vollkommenheit ist.
Denn das Vorherrschen des Zufalls, ohne daß dieser von Naturgesetzten gebändigt und gesteuert würde, erst dies wäre ja jenes womöglich "vollendete Chaos", von dem aus philosophischer Sicht hier hatte die Rede sein sollen. Und so ist es dann von derselben Autorin im Jahr 1941 auch noch einmal klarer heraus gestellt worden (3, S. 167):
"Niemals war Chaos" vor dieser Schöpfung, wie Menschenwahn wähnte, von der Vorstufe der ersten Erscheinung an, in die Gott einging, herrschte Wirkungordnung. Wir haben erwiesen, daß diese Wirkungordnung, diese Kausalität nicht um ihrer selbst willen vorhanden ist, sondern nur um das Schöpfungziel zu erreichen und zu erhalten daß sie um eines göttlichen hehren Sinnes willen Maß innehält. Aber wir haben auch der Erwartung Ausdruck gegeben, daß eine vollkommen begrenzte Gesetzlosigkeit, Chaos, in dem Mikrokosmos angetroffen werden wird, (...) und daß dieses streng begrenzte Chaos niemals die Zuverlässigkeit der Naturgesetze im Makrokosmos beeinträchtigen wird.
Diese Klarstellung ist natürlich sehr bedeutend. Denn sonst könnte das erstgenannte Zitat doch auch mancherlei Mißverständnisse mit sich bringen. Auch von philosophischer Seite war also schon 1923 und 1941 der Zusammenhang benannt worden: Chaos und Gesetzmäßigkeit treten - als Grundprinzipien ein und desselben Grundzusammenhanges, nämlich des Seins schlechthin - gemeinsam und niemals getrennt voneinander auf. Es gibt kein Chaos ohne Naturgesetze. Und es gibt keine Naturgesetze ohne Chaos. Das ist der Grundgedanke, der hier formuliert wurde.
In diesem Beitrag sollen die hier benannten Zusammenhänge aus der Sicht der Theorie komplexer Systeme - andere Benennungen lauten: Theorie dissipativer Systeme, Chaostheorie, Synergetik (alles Begriffe der Physik für denselben Themenbereich, wie er sich in den 1970er Jahren heraus schälte), etwas ausführlicher umsonnen werden.
Die hier erörterten Zusammenhänge sind nämlich erst seit den 1970er Jahren von Seiten der Theoretischen Physik besser verstanden worden und einer Klärung näher gebracht worden. Dieses bessere Verständnis brachte aber noch weitaus mehr mit sich: Seither ist der Wissenschaft bewußt geworden, daß Chaos nicht nur als ein zerstörerisches Prinzip wirksam ist, sondern auch als Voraussetzung der Entstehung von Komplexität. Über diesen Zusammenhang sind unzählige wissenschaftliche Bücher und Aufsätze erschienen, nämlich über das Zusammenspiel zwischen Chaos und Ordnung, zwischen Zufälligkeit und Gesetzmäßigkeit, das allem Sein in diesem Universum zugrunde liegt. Erst damit ist dem Begriff Chaos als größtmögliche Unordnung eine ganz bestimmte, fest umrissene Bedeutung und Rolle in diesem Universum zugesprochen worden.
Es ist also erkannt worden, daß - philosophisch gesprochen - die Vollkommenheit dieses Universums in genau diesem unglaublich aufregenden, erregenden Zusammenspiel von Chaos und Ordnung besteht.
Als Nebengedanke sei erwähnt: Um die Verwendung und Bedeutung des Begriffes "Chaos" im Jahr 1923 zu verstehen, ist wohl auch zusätzlich noch zu bedenken, daß im Jahr 1923 in dem Begriff des Chaos, wenn man in Deutschland lebte, noch viel mehr mitschwang, als was wir heute mit diesem Begriff verbinden. Man empfand die politischen, gesellschaftlichen und sozialen Umwälzungen, die der Ersten Weltkrieg mit sich gebracht hatte - gerade auch in Deutschland, aber mehr noch in der Sowjetunion - als "Chaos", als Zustand vollkommener Unordnung, als Zustand vollkommener Gesetzlosigkeit, als Elend unermeßlichen Ausmaßes. Es ist nachvollziehbar, daß es in solchen Zeitumständen schwer fiel, dem Chaos - als Gegenspieler zur Gesetzmäßigkeit - eine gar zu große Rolle für alles Weltgeschehen zuzusprechen. Von der Gelassenheit und Kühnheit eines Friedrich Nietzsche hatte man sich aufgrund solcher Zeitumstände weit entfernt. Von Nietzsche war ja der schöne philosophische Satz bekannt:
"Man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können."
Und dieser Satz ist durch die Physik der Theorie komplexer Systeme auch glänzend bestätigt worden. Mehr noch: Nietzsche hatte schon allein schon bloß vom heutigen physikalischen Standpunkt der Stern-Physik her völlig recht: Im Innern eines jeden Sternes lodert Chaos, zusammengehalten durch die Gesetze der Schwerkraft, in "Brand gesetzt" durch die frei gesetzten, vormals gefesselten Energien, die in jedem Atomkern dieses Universums schlummern. Soweit noch einmal der genannte Nebengedanke.
Daß ein Satz "Niemals also war Chaos, so wahr Gott die Vollkommenheit ist" - isoliert für sich genommen zitiert - der Sachlage, die in der physikalischen Erkenntniswelt gegeben ist, in keinem Fall gerecht wird, ist von philosophischer Seite also schon im Jahr 1941 klar gestellt worden (3). Nun wurde die Rolle des Chaos in der Physik - und zwar vor allem auch für das Ende und die Auflösung des Universums - deutlicher philosophisch erläutert und in Rechnung gestellt (3).
Es ist unglaublich aufregend zu sehen, wie man sich von philosophischer Seite aus dem Phänomen des Chaos in unserem Universum zu unterschiedlichen Zeiten angenähert hat. Zu einem runderen Abschluß dieser Auseinandersetzung konnte es erst - so wird ja gut aus der Rückschau deutlich - in den 1970er Jahren kommen.
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Abb. 2: Werner Heisenberg, um 1930 (Wiki) |
Aber im Jahr 1941 spürt man schon viel von der zeitgleichen und kommenden Entwicklung in der Physik voraus, von einer Entwicklung, die nicht zuletzt mit dem Namen Lars Onsager verbunden gewesen ist (siehe BzWg2/2021).
Wie aufregend, wenn man mit dem Wissen vom Beginn des 21. Jahrhunderts her auf diese damalige Auseinandersetzung zurück blickt. Wie sehr doch ein philosophischer Satz wie der eingangs angeführte, auch wenn er ohne die genannte Ergänzung zu Irrtum verleitet, das Nachdenken befeuern kann. Und wie sehr die nachfolgenden physikalischen Erkenntnisse dann erst an "Frische" und Bedeutsamkeit gewinnen, betrachtet man sie aus dem Blickwinkel dieser "nur angedeuteten" philosophischen Mißverständlichkeit des Jahres 1923 heraus.
Werner Heisenberg über den Zufall 1941/42
Im gleichen Jahr 1941 schrieb auch der deutsche Atomphysiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg Gedanken über die Rolle des Zufalls in unserem Universum nieder (4, S. 93):
... In dem Bereich der Wirklichkeit, dessen Zusammenhänge durch die Quantentheorie formuliert werden, führen die Naturgesetze also nicht zu einer vollständigen Festlegung dessen, was in Raum und Zeit geschieht; das Geschehen ist vielmehr - innerhalb der durch die Zusammenhänge festgelegten Häufigkeiten - dem Spiel des Zufalls überlassen.
Er versucht dann, sich der Bedeutung der Rolle des Zufalls im Naturgeschehen noch einmal über den Vorgang der Kristallbildung anzunähern. Er sagt zwar, daß die Naturgesetze die Anordnung der Atome in Reih und Glied, die Symmetrien und damit die Struktur des Kristalls festlegen (4, S. 94f):
Aber die besondere äußere Form des einzelnen Kristalls bleibt nach den uns bekannten Gesetzen dem Spiel des Zufalls überlassen; selbst wenn genau die gleichen äußeren Bedingungen für die Bildung eines Kristalls wiederhergestellt werden könnten, so wäre doch die Form des gewachsenen Kristalls nicht immer die gleiche: Der in kalter Luft abgekühlte Wassertropfen erstarrt zum Schneekristall. Die Symmetrie des Kristalls wird, wenn keine äußeren Störungen auftreten, stets die des Sechsecks sein; aber die besondere Form des kleinen Kristallsterns wird durch kein Naturgesetz vorher bestimmt; innerhalb der durch die sechseckige Symmetrie, die Größe des Tropfens, die Art der Abkühlung usw. bestimmten Grenzen entwirft der Zufall die unendlich vielfachen Muster der Sternchen und Plättchen, die uns ebenso kunstvoll dünken wie die Bilderfolge eines Kaleidoskops.
Heisenberg fragt sich im Anschluß an diese Überlegungen, ob eine solche Art des Zufalls per se als etwas "Sinnloses" betrachtet werden müsse (da Goethe das in einem zuvor von ihm gebrachten Zitat unterstellt hatte) (4, S. 95):
Die Bildung eines Kristalls ist ein historischer Akt, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann - und der als solcher eine wichtige Rolle auch im Zusammenhang unseres Lebens oder der Welt spielen kann, selbst wenn er nicht vorherbestimmt gewesen ist. Zusammenhänge einer Art, die uns berechtigt, das Wort "Sinn" zu verwenden, können sich auch an Ereignisse anknüpfen, die ohne jeden Grund auch anders hätten ablaufen können.
Was für ein begeisternder Gedanke.
Ja, wie zentral ist dieser Gedanke. Wir können unser persönliches, individuelles Dasein so wie es sich ergeben hat im Lauf der Dinge als ein "Zufallsereignis" verstehen. Und dennoch kann dieses so zufällig aufgetretene Sein "Sinn" haben.
Das ist eine sehr grundlegende, wesentliche Einsicht. Anders gesagt: Ein Kristall, eine Schneeflocke gibt uns den Eindruck einer einzigartigen Eigenpersönlichkeit und damit von etwas irgendwie "Sinnvollem", ob er nun zu dieser oder zu jener Eigenpersönlichkeit geworden ist durch den "historisch" einmaligen Vorgang seiner Bildung. Und dieser Gedanke kann dann auch auf das menschliche Leben angewandt werden, so wie es Heisenberg in diesen Sätzen auch andeutet ("im Zusammenhang unseres Lebens oder der Welt"): Das Spiel des Zufalls gibt jedem Menschen eine ganz bestimmte Erbausstattung mit, die seine Persönlichkeit festlegt, es läßt ihn unter ganz bestimmten Zeitumständen geboren werden in ganz bestimmten familiären Verhältnissen. All das ist Zufall. Aber die Tatsache, daß dies alles Zufall ist, bedeutet noch lange nicht, daß die Zusammenhänge, in denen dies geschieht, ebenso wie das Ergebnis dieser Zufälle "sinnlos" sind.
Zuvor hatte Heisenberg auch die Rolle des Zufalls im Zusammenhang mit der Wärmelehre (der Thermodynamik) der Physik behandelt. Hier hatte er ausgeführt, daß die Wärmelehre des 20. Jahrhunderts, also der modernen, "atomistischen Physik" sich grundlegend unterscheiden würde von der Wärmelehre der "klassischen Physik" des 19. Jahrhunderts (4, S. 79):
Eine unmittelbare Folge dieses Umstandes besteht auch darin, daß eine eindeutige Determinierung zukünftiger Vorgänge in der atomistischen Wärmelehre unmöglich ist. Denn wenn uns die Temperatur eines Körpers gegeben ist, so bedeutet dies eben einen bestimmten Grad von Kenntnis oder Unkenntnis über das mechanische Verhalten der Atome, und für ihre zukünftige Bewegung läßt sich nur die Wahrscheinlichkeit angeben, mit der ein bestimmter Vorgang eintritt.
Das sind alles Gedanken, an die dann später - quasi unmittelbar - der belgische Physiker Ilya Prigogine angeknüpft hat, und die er weiter gedacht hat - sowohl von physikalischer wie philosophischer Perspektive (7). "Später" heißt jedoch immerhin: vierzig Jahre später.
Hier im Jahr 1941 umsann Werner Heisenberg Zusammenhänge, die dann innerhalb der nächsten zehn bis dreißig Jahre weiteren Klärungen entgegen geführt werden konnten, nämlich durch die Theorie komplexer ("kooperativer") Systeme, bzw. - von ihrer "Rückseite" betrachtet - "Chaostheorie" genannt. Die Klärung wurde herbei geführt durch die immer genauere Erforschung von chaotischen Phasenübergängen in Nichtgleichgewichts-Systemen wie eben jenem der Kristallbildung, in denen sich Chaos in Ordnung umwandelt. Diese Klärung bestätigte, daß Werner Heisenberg mit seinen Überlegungen schon 1941 und noch eher intuitiv im Wesentlichen richtig lag.
Also schon 1941/42 war der Bewußtseinsstand innerhalb der modernen Physik soweit vorgedrungen, daß der sogenannte "Laplace'sche Dämon", nach dem alles im Universum schon von Anfang an "determiniert" wäre in seinem Ablauf und wir nur nicht die ausreichende Kenntnis aller dieser Determiniertheiten hätten, als eine Fehleinschätzung des 19. Jahrhunderts erkannt worden war. Allerdings wurde dies - etwa hier von Heisenberg - offenbar noch nicht gar zu betont zum Ausdruck gebracht. Denn 1941/42 fehlte dazu womöglich noch die ausreichende Sicherheit, die man dazu erst in den nächsten Jahrzehnten gewonnen hat.
Eine 64-jährige Philosophin - Und die moderne Physik
Während nun der 40-jährige Werner Heisenberg in seinem Haus in Urfeld am Walchensee - sowie in Leipzig und in Berlin - die eben angeführten Gedanken umsann, saß in Tutzing am Starnberger See eine 64-jährige Philosophin an ihrer Schreibmaschine und schrieb an einem Buchmanuskript zur Philosophie der modernen Physik, in dem sie sich - vor allem in dem Kapitel "Sinnvolles Maß der Ursächlichkeit" - mit sehr ähnlichen Grundgesetzen unserer Existenz beschäftigte. Nämlich mit der Rolle des Zufalls in allem Weltgeschehen (3). Sie hatte schon im Jahr 1923 eine philosophische Gesamtdeutung des Werdens des Weltalls und des Lebens gegeben (1), von der einleitend schon die Rede war. Wir sagten schon, daß die oben zitierte Stelle aus heutiger Sicht besser zu formulieren wäre mit einem Satz wie:
"Niemals also war nur Chaos."
Denn natürlich liegt auch schon in Bezug auf die Vorerscheinung der Materie, in Bezug auf das Quantenvakuum ein Wechselspiel vor zwischen Naturgesetzlichkeit und Zufall. Es herrschte in ihm ebenso wenig nur Zufall wie in ihm nur Naturgesetzlichkeit herrschte. Auf diese Weise kann man dieses Zitat mit dem heutigen Kenntnisstand wieder ganz gut in Einklang bringen.
So einfach war es der Autorin dieser Worte im Jahr 1941 allerdings noch nicht gemacht. Man sieht, wie sie sich damals damit abmühte, die Wahrheit, die in diesen Worten noch damals und auch noch heute enthalten waren, von dem Irrtum abzuscheiden, den diese Worte zugleich so offensichtlich enthielten (3, S. 166f). Diese Trennung konnte ihr damals noch keineswegs so glücklich gelingen wie uns das heute so geradezu selbstverständlich und mühelos gelingt.
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Abb. 3: M. Eigen, 1983 (Wiki) |
Durch diese Buchveröffentlichung hatten sich Zusammenhänge geklärt, über die die Menschen seit vielen Jahrtausenden nachgedacht hatten, ohne jemals zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen. Und diese Klärung erfolgte in der überraschend einfachen Form, in der wir sie gerade formulierten. Und sie ist ebenso einfach auch schon im Untertitel des Buches fast vollständig enthalten: "Naturgesetze steuern den Zufall". Mit diesen wenigen Worten ist das Grundgesetz allen Naturgeschehens - und darin auch allen menschlichen Lebens - klar umschrieben.
Ein Buch, das zu diesem Thema noch kurz zuvor den Ton angegeben hatte, und das dabei - dem Zeitgeist gemäß - die Rolle des Zufalls im Weltgeschehen weit über Gebühr hervorgehoben hatte - nämlich Jaques Monod's "Zufall und Notwendigkeit" (5) - war durch die Veröffentlichung von Manfred Eigen mit einem Schlag schon wieder Geschichte geworden.*)
1975 - Manfred Eigen klärt die Zusammenhänge
In den 1920er Jahren - und noch bis 1941 - hatte man aber diese Klarheit der Zusammenhänge auf dem Gebiet der Naturwissenschaft noch nicht. Deshalb war es damals noch möglich, daß man als Philosoph einem "ungeordneten Chaos" eine "ordnende Spontaneität" entgegen setzen konnte (3, S. 151). Beide waren als akausal, als nicht determiniert verstanden worden. Und soweit wäre ja die damalige Deutung prinzipiell auch heute noch gültig. Aber das eine, das "Chaos", wurde damals als ein bloß zerstörerisches Prinzip bewertet, während die "Spontaneität" als ein zwar akausales, aber ordnendes Prinzip verstanden wurde. Eigentlich hätte man sich auch damals schon treffender auf Nietzsche berufen und verwegen ausrufen können:
"Man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können."
Aber die chaotischen politischen Umstände der frühen 1920er Jahre - von denen ja auch Werner Heisenberg in seinen Lebenserinnerungen wieder und wieder spricht und um derentwillen er seine Lebenserinnerungen "Der Teil und das Ganze" nannte - mögen viel zu groß gewesen sein und als viel zu belastend empfunden worden sein, als daß sich damals schon jeder ebenso unbefangen dem Begriff Chaos hätte zuwenden können wie das zuvor schon Friedrich Nietzsche getan hatte.
Nietzsche hat unumschränkt Recht behalten. Man sieht nun im Jahr 1941, wie die genannte Philosophin darum ringt, jenes apodiktische Urteil über das "Chaos" wie sie es 1923 formuliert hatte, einzugrenzen auf jene Bereiche, in denen es weiterhin Gültigkeit haben würde. Schon 1941 war erahnbar geworden, daß der Zufall Zufall ist und erst mit der Steuerung durch die Naturgesetze entweder eine zerstörende oder aber eine ordnende Wirkung entfaltet.**)
Vermutlich waren sie als solche auch schon im Jahr 1941 von der Autorin zu erkennen. Dennoch hält sie zäh an diesen Worten fest, indem sie meint, sie hätten sich nur auf die Makrophysik bezogen. Allerdings spielt der Zufall nach heutiger Erkenntnis auf allen Ebenen des Seins eine sehr ähnliche Rolle. Das konnte die Autorin im Jahr 1941 so deutlich noch nicht voraussehen. Deshalb ist ihr womöglich zuzugestehen, daß sie hier an Worten festhielt, die schon im Jahr 1941 sehr wackelig geworden waren. Sie schreibt (3, S. 164):
Ein sinnvolles Maß der Kausalität, ein sinnvolles Mindestmaß an Finalität, so erwartet es unsere Erkenntnis, werden wir in dieser Schöpfung vereint sehen mit einem sinnvollen Mindestmaß an Chaos.
So heißt es 1941 und dieser Satz steht völlig im Einklang mit dem, was wir auch heute über dieses Weltall und seine Naturgesetze wissen. Immerhin gibt sie gleich im Anschluß an dieses erneute Anführen des Zitates von 1923 nun eine weitaus gültigere Wortfassung der tatsächlichen Zusammenhänge (3, S. 166):
Das sinnvolle Maß der Kausalität wird uns durch ein sinnvolles Maß der Gesetzlosigkeit, durch ein streng begrenztes "Chaos" in der mikroskopischen Erscheinungwelt in erstaunlicher Klarheit enthüllt.
Wir können heute die historischen Bedingtheiten besser erkennen, aus denen heraus eine so starke Abwertung des Begriffes "Chaos" erfolgte. Und die Philosophin selbst setzte sich im Jahr 1941 genauer mit der Wärmelehre in der Physik auseinander als sie das jemals bis dahin getan hatte und mußte dabei ebenfalls erkennen, daß sie 1923 gar zu apodiktisch den Begriff Chaos als einen unangemessenen Begriff zur Beschreibung des Urgrundes allen Seins zurück gewiesen hatte.
Sie hebt nun das Chaos insbesondere in seiner Bedeutung für das gesetzmäßige Schwinden des Universums hervor. Daß es für das Werden des Universums die gleiche Bedeutung hätte, wird allerdings noch nicht so deutlich gesagt, weil eben diese Konnotation des Begriffes "Chaos" mit etwas Zerstörerischem noch zu groß war.
Sie mußte sich also diesbezüglich korrigieren, bzw., sie mußte die Begriffe, die sie verwendet hatte, präziser fassen. Aber auch bei dieser Korrektur blieb sie damals noch - sozusagen - "auf halbem Wege" stehen. Diese Erscheinung ist recht oft in diesem Buch von 1941 zu beobachten und sie macht klar, daß auch noch die 1940er Jahre eine Zeit des "Übergangs" war in unserem modernen Weltverstehen. Denn in den darauf folgenden Jahrzehnten konnte auf vielen Themengebieten der modernen Physik erst jene vollständige Klarheit und Sicherheit gewonnen werden, die damals - im Jahr 1941 - auf vielen Gebieten eben noch fehlte. Darum ist die Lektüre dieses Buches von 1941 so "spannend" und geradezu "erregend". Es "vibriert" in seinen Zeilen geradezu von Dingen, die künftig noch besser sollten geklärt werden können als sie es im Jahr 1941 waren.
Dies gilt übrigens auch für die Auseinandersetzung mit der Relativitätstheorie, die in diesem Buch enthalten ist. Auch hier bleiben die philosophischen Erörterungen - sozusagen - auf "halbem Wege" stehen, wollen sich weder völlig gegen die Relativitätstheorie von Einstein stellen, noch auch völlig für sie entscheiden. Und sie lassen die vormals, im Jahr 1923 niedergelegten philosophischen Intuitionen dabei auch - und womöglich mit manchem Recht - unangetastet.
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- Ludendorff, Mathilde: Schöpfungsgeschichte. Verlag Theodor Weicher, Leipzig 1928 (zuerst 1923), https://archive.org/details/MathildeLudendorffSchoepfungsgeschichte/
- Eigen, Manfred: Das Spiel - Naturgesetze steuern den Zufall. Piper, München, Zürich 1975
- Ludendorff, Mathilde: Der Siegeszug der Physik - Ein Triumph der Gotterkenntnis meiner Werke. Ludendorffs Verlag, München 1941, https://archive.org/details/MathildeLudendorffDerSiegeszugDerPhysik
- Heisenberg, Werner: Ordnung der Wirklichkeit. Serie Piper, München 1989
- Monod, Jaques: Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der modernen Biologie. Piper, München 1971 (Original 1970)
- Bading, Ingo: Studiengruppe Naturalismus: Ein kleiner Ausschnitt aus Erörterungen rund um naturwissenschaftliche Fragen in der Ludendorff-Bewegung der Jahre 1956 und 1957, 2017
- Prigogine, Ilya; Stengers, Isabelle: Dialog mit der Natur. Neue Wege naturwissenschaftlichen Denkens. Piper Verlag, München, Zürich 1980 (zahlreiche Folgeauflagen)
Als einmal vergessen wurde, einen Nobelpreis zu verleihen
Sind wir uns wirklich bewußt, daß die Welt vor ihrem Beginn "nur Theorie" war?
Wer sich allerdings "nur" mit Theorie beschäftigt, kann leicht bei der Verleihung des Nobelpreises einmal vergessen werden. So geschehen mit dem Jahrhundert-Genie Lars Onsager (1903-1976) (Wiki, engl). Es war dies ein Theoretischer Chemiker aus Norwegen. Durch seine Ehefrau hatte er auch einen persönlichen Bezug zum deutschen Sprachraum: Sie stammte aus Österreich. Den größten Teil seines Lebens verbrachte Onsager allerdings in den USA.
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Abb. 1: Lars Onsager, Dezember 1968 in Stockholm anläßlich der Verleihung des Nobelpreises |
1968 ist Onsager der Nobelpreis verliehen worden. Und im Jahr 1970 nahm er an der Nobelpreisträger-Tagung in Lindau am Bodensee teil wie Bildunterschriften zu entnehmen ist (1). Im Jahr 1975 hat er in seinem gebrochenen Deutsch auf der Nobelpreisträger-Tagung in Lindau recht interessante Überlegungen zur Entstehung des Lebens auf der Erde vorgetragen (1). Die Abschlußveranstaltung dieser Nobelpreisträger-Tagung von 1975 fand auf der Insel Mainau nahe Konstanz statt (1, Bildunterschrift in 3:28).
In Zusammenhang mit dieser Tagung war Onsager auch zu einem Vortrag an die Universität Konstanz eingeladen worden. Und am Abend war zu Ehren seines Besuches in Konstanz eine kleine Gesellschaft zusammen gekommen. Auf dieser war die Gesprächsatmosphäre allmählich lockerer geworden, der Wein hatte die Zungen gelöst. Das Gespräch war auf die Wikinger gekommen. Und von Seiten einer jüngeren Frau ist über diese Wikinger dann ein wenig gar zu einseitige, harsche und grobe Kritik geäußert worden. Bei dieser Gelegenheit hat der Gastgeber erleben können, daß in dem ansonsten so umgänglichen Onsager doch auch ein Herz für seine wikingischen Vorfahren schlug. Der Gastgeber mußte vermittelnd in das Gespräch eingreifen, damit die Emotionen nicht gar zu hoch schlugen.
Der Bericht davon war als ein Beispiel dafür erzählt worden, daß gerade die genialsten Wissenschaftler, Künstler und Philosophen - zu denen Onsager zählte - nicht selten eine besondere gefühlsmäßige Verbundenheit zu ihrem eigenen Land, zu ihrer eigenen Herkunft, zur eigenen Geschichte und Kultur aufweisen. Man kann dies als Zeichen wahrnehmen eines durchaus auch geheimnisvollen Wirkens angeborener, sowie über prägungsähnliches Lernen weiter gegebener gruppenpsychologischer Zusammenhänge, die noch heute kaum ausreichend erforscht sind (unter Schlagworten wie etwa "Ethnozentrismus"), für die aber womöglich gerade oft bei den genialsten Vertretern einer Kultur sich die überzeugensten Belege finden lassen.
Werner Heisenberg wäre dafür ein Beispiel derselben Generation aus Deutschland. Oder - wenn wir auf frühere Jahrhunderte zurückblicken - Wolfgang Amadeus Mozart. Gibt es doch von Mozart solche Aussagen wie:
Was mich aber am meisten aufrichtet und guten Mutes erhält, ist, daß ich ein ehrlicher Deutscher bin.
Oder aber - als er sich für deutschsprachige Opern in Deutschland einsetzte:
... Doch da würde vielleicht das so schön aufkeimende Nationaltheater zur Blüte gedeihen und das wäre ja ein ewiger Schandfleck für Deutschland, wenn wir Deutsche einmal im Ernst anfangen würden, deutsch zu reden, deutsch zu handeln, deutsch zu denken und gar deutsch zu singen.
Als der Autor dieser Zeilen auf solche Zusammenhänge hingewiesen wurde, war er etwa 20 Jahre alt und hatte noch keinerlei inneren Bezug zur modernen Naturwissenschaft gewonnen. Er war es - wie die meisten Menschen - von seiner ganzen Herkunft und von seiner ganzen Interessenlage her gewohnt, Naturwissenschaft vornehmlich als etwas "Entseeltes", "Technisch-Materialistisches" anzusehen. Deshalb hatte er zur Naturwissenschaft - trotz "Physik-Leistungskurs" in der Oberstufe in den 1980er Jahren - keineswegs einen ebenso leichten Zugang gefunden. Fächer wie Geschichte oder Zeitgeschichte lagen ihm viel, viel mehr. Mit Hilfe des eben angeführten Hinweises aber auf einen solchen Zusammenhang - nun einmal nicht: zwischen "Genie und Wahnsinn", sondern zwischen "Genie und Wohlwollen für die eigene Herkunft" - auch bei Naturwissenschaftlern konnte bei ihm ein erster etwas mehr auf der Gefühlsebene gelagerter Bezug zur modernen Naturwissenschaft geweckt und angebahnt werden.
Als eine erste weitere Brücke, um einen solchen inneren Bezug herzustellen, stellte sich - wenn die Erinnerung nicht trügt - die Lektüre der Lebenserinnerungen von Werner Heisenberg dar, betitelt "Der Teil und das Ganze". Wer dem Inhalt dieses Buches hinter her horcht, wird in ihm allezeit eine große Liebe zu Deutschland finden. Diese veranlaßte Heisenberg im Jahr 1939, nicht in die USA zu emigrieren, obwohl er in Deutschland von den Anhängern einer pseudowissenschaftlichen, wissenschaftlich völlig unfruchtbaren, sogenannten "Deutschen Physik" als "weißer Jude" bezeichnet worden war und deshalb viel Undank und Ignoranz erleben mußte, obwohl er das Nahen des Krieges ahnte und obwohl er den Unrechtscharakter des Dritten Reiches vollauf durchschaut hatte und als solchen wahrnahm und obwohl er attraktive berufliche Angebote in den USA erhalten hatte.
Aber all das nur als einleitende Hinweise auf die erste Begegnung des Autors dieser Zeilen mit einem noch heute so unbekannten Jahrhundert-Genie wie Lars Onsager. Wer aber war Lars Onsager? In diesem Beitrag soll versucht werden, von seiner wissenschaftlichen Bedeutung einen gewissen Eindruck zu vermitteln, auch wenn das schwierig ist - wie gleich deutlich werden wird und was schon zu der wichtigsten Erkenntnis dieses Beitrages gehört.
Wenn sogar einem Carl Friedrich von Weizsäcker einmal die Worte fehlen ...
Junge Menschen, die eine große Begabung für Mathematik aufwiesen und Physik studierten, konnten in den 1950er Jahren zu dem schon damals - so wie heute - öffentlich kaum bekannten Lars Onsager wie zu einem Genie aufschauen. Würde man selbst jemals etwas so Großes auf dem Gebiet der Theoretischen Physik leisten können wie Lars Onsager? So konnte sich ein solcher Physik-Student fragen. Und so wurde es dem Autor dieser Zeilen auch von einem solchen über seine Jugendzeit berichtet. Aber in wem eine solche Frage damals aufkommen konnte, der wird doch wenigstens ansatzweise Anlaß gehabt haben, sie zu stellen. Das heißt, er wird sich etwas ähnlich Großes zumindest der Absicht nach grundsätzlich schon zugetraut haben.
Daß dann in den 1970er Jahren Lars Onsager einmal zu Besuch nach Konstanz kam, wird nicht zuletzt darauf beruht haben, daß sein Konstanzer Gastgeber - inzwischen selbst Professor für Biophysik - schon lange wissenschaftliche Arbeiten vorgelegt hatte - unter anderem in Zusammenarbeit mit Onsagers vormaligem Freund und Kollegen Julian Gibbs (siehe unten) - die ihn in den Augen Onsagers zu einem interessanten Gesprächspartner gemacht haben werden. Sonst hätte ja ein solcher Besuch gar nicht zustande kommen können. Sonstige Einzelheiten aber über den Anlaß und das Zustandekommen dieses Besuches von Onsager in Konstanz, sowie über Gesprächsinhalte anläßlich dieses Besuches sind (uns) einstweilen nicht bekannt geworden (bzw. werden in einer Ergänzung am Ende dieses Beitrages nachgetragen).
Für Physik-Laien ist es noch heute schwierig, sich ein Bild von der wissenschaftlichen Leistung von Lars Onsager zu machen. Das um so mehr, wenn selbst bedeutende Physiker abwinken konnten, wenn es sich darum handelte, seine Lebensleistung einer größeren Öffentlichkeit zu erläutern. Das wurde denn auch mehr als deutlich als Lars Onsager im Jahr 1968 den Chemie-Nobelpreis erhielt. In den damaligen Wissenschaftsredaktionen der Welt machte sich - begreiflicherweise - einigermaßen Ratlosigkeit breit. Man wußte nicht, wie man das wissenschaftliche Werk von Lars Onsager einer größeren Öffentlichkeit gegenüber erläutern sollte. Dafür war es nämlich viel zu abstrakt. Im Hamburger Wochenmagazin "Der Spiegel", sonst niemals um Worte verlegen, wurde damals beklommen festgehalten - und das (wie beim "Spiegel" eh häufig) vorsichtigerweise auch ohne Autorenangabe (2):
Der Hamburger Physiker und Philosophie-Professor Carl Friedrich von Weizsäcker, sonst wegen seiner Kunst gemeinfaßlicher Wissenschaftsdarstellung gerühmt, mußte diesmal passen: Onsagers Arbeiten seien nur in abstrakter Formelsprache darzustellen. Er verwies an Professor Josef Meixner Technische Hochschule Aachen; der verstehe "viel davon" - allerdings: Er werde "es wohl auch nicht allgemeinverständlich erklären" können, meinte Weizsäcker. In der Tat, auch Meixner konnte nur von einem "Prinzip des detaillierten Gleichgewichts" sprechen, oder von einer "Beziehung zwischen Thermodiffusion und Diffusionsthermoeffekt".
Immerhin versuchte der "Spiegel" sich nach solchen verstörten, einleitenden Worten dann doch noch an einer - vielleicht ansatzweise sogar brauchbaren - Erläuterung (2):
Daß Energie (beispielsweise die Bewegungs-Energie stürzender Wassermassen) nicht verlorengehe, sondern sich allenfalls in andere Formen der Energie (im Kraftwerk beispielsweise in elektrische Energie) verwandelt, hatte der Schiffsarzt Robert Mayer 1842 als ein Grundgesetz der Natur erkannt. Diesen sogenannten Ersten Hauptsatz der Wärmelehre ergänzten die Wissenschaftler hernach immer weiter. Aber alle Berechnungen, die sie über Vorgänge bei der Umwandlung verschiedener Energieformen anstellen konnten, blieben vergleichsweise wirklichkeitsfern: Sie bezogen sich auf Systeme, die in einem Gleichgewichtszustand verharren. Bei schnell ablaufenden Prozessen der Energieveränderung, wie sie in der Natur vorkommen - etwa bei einem Feuer oder bei einer Explosion -, ließen sich allenfalls der Anfangs- und der Endzustand berechnen. Onsagers wissenschaftliche Tat ist es, auch für den Übergang von einem Gleichgewichtszustand in einen anderen mathematische Formeln entwickelt zu haben, "die sich in der Praxis gut bewährt haben" (Weizsäcker). Onsager hatte diese Formeln ursprünglich nur für chemische Prozesse aufgestellt. Aber es zeigte sich, daß sie vielfältig anwendbar waren, so in der Halbleiter-Technik, in der Biologie - und schließlich auch, als US-Wissenschaftler ein Verfahren suchten, die Atombombe zu bauen.
Und in der Tat waren es ja auch "schnell ablaufende Prozesse der Energieveränderung", für die Manfred Eigen ein Jahr vor Lars Onsager den Nobelpreis erhalten hatte und bei diesem Anlaß in seiner Rede gesagt hatte, daß er sich "schämen" würde, den Nobelpreis vor Lars Onsager zu erhalten (siehe unten)(12). Auch das Nobelpreis-Komitee hatte erst noch auf die Leistungen Onsagers hingewiesen werden müssen, so sehr blühten sie auch damals schon "im Verborgenen".
In der Wochenzeitung "Die Zeit" erschien 1968 ebenfalls ein Artikel zur Verleihung des Nobelpreises an Lars Onsager. Der Artikel selbst verbirgt sich hinter einer Bezahlschranke. Aber schon der Titel sagt viel aus (3):
"Formeln für die Chemie von morgen - Lars Onsager entwickelte eine Mathematik für viele Vorgänge in der Natur."
Josef Meixner in Aachen - Ein "deutsche Onsager"?
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Abb. 2: J. Meixner (5) |
Und wer war der im eben zitierten Text genannte Professor Josef Meixner (1908-1994) (Wiki)?
Als der bekannte belgische Chemiker Ilya Prigogine 1977 den Nobelpreis erhielt, gab es Gerüchte, daß an seiner Stelle auch Josef Meixner mit diesem hätte ausgezeichnet werden können (4):
Ein bedeutender Anteil der Forschungsarbeit von Meixner war mit der Thermodynamik irreversibler Prozesse befaßt. Er wird deshalb zu den Gründervätern dieses Forschungsgebietes gerechnet. Er wies darauf hin, daß Onsager's Symmetrie-Gesetze wichtige Konsequenzen hatten. Über viele derselben berichtete er in in einem berühmten Artikel zusammen mit Helmut G. Reik in der Encyclopedia of Physics III (Springer, 1959). Der Nobelpreis für Chemie wurde 1977 an Ilya Prigogine (1917-2003) verliehen (...), insbesondere für seine Arbeit über die Thermodynamik irreversibler Prozesse. Es wird erzählt, daß das Nobelpreiskomitee vier zusätzliche Stunden brauchte, um zu einer Entscheidung zu kommen. Und es gab Gerüchte, daß Meixner ebenfalls als Kandidat gehandelt wurde. Meixners erste grundlegende Arbeit datiert zurück auf das Jahr 1941, Prigogine's Arbeit begann 1947. Tatsächlich schreiben D. Bedeaux und I. Oppenheim in ihrem Nachruf auf Mazur: "Josef Meixner stellte 1941 und Ilya Prigogine unabhängig davon 1947 eine zusammenhänge phänomenologische Theorie irreversibler Prozesse auf, die Onsager's Reziprozitäts-Theorem beinhalteten und die explizite Berechnung für einige Systeme der sogenannten Entropie-Quellen-Stärke. Kurz danach stießen Mazur und de Groot zu dieser Gruppe der Gründungsväter hinzu des neuen Gebietes der Nichtgleichgewicht-Thermodynamik. Außerdem schreiben A. R. Vasconcellos et al.: "Vor über zwanzig Jahren gab J. Meixner in Arbeiten, die nicht die verdiente Verbreitung fanden, einige überzeugende Argumente um zu zeigen, daß es unwahrscheinlich ist, daß ein Nichtgleichgewicht ... [?] [weiteres hinter einer Bezahlschranke]". 1975 sprachen Prigogine und Meixner beide auf einer Akademie-Sitzung in Düsseldorf.Original: A major part of Meixner's research work concerned the thermodynamics of irreversible processes, and he is counted as one of the founding fathers of that field. He pointed out that Onsager's symmetry laws had important consequences, many of which he reported on in a famous article with Helmut G. Reik in Encyclopedia of Physics III (Springer, 1959). The Nobel Prize for Chemistry for the year 19777 was awarded to Ilya Prigogine (1917–2003) (...), especially for his work on the thermodynamics of irreversible processes. It was said the Prize Committee spent 4 overtime hours before reaching its decision, and there were rumors that Meixner was also a candidate. Meixner’s first basic paper in the matter dates back to 1941, Prigogine’s work started in 1947. In fact, D. Bedeaux and I. Oppenheim in their obituary notice on Mazur write: “Josef Meixner in 1941 and, independently, Ilya Prigogine in 1947 set up a consistent phenomenological theory of irreversible processes, incorporating both Onsager’s reciprocity theorem and the explicit calculation for some systems of the so-called entropy source strength. Shortly thereafter, Mazur and de Groot joined this group as founding fathers of the new field of nonequilibrium thermodynamics”. Furthermore, A. R. Vasconcellos et al. write: “J. Meixner, over twenty years ago in papers that did not obtain a deserved diffusion gave some convincing arguments to show that it is unlikely that a nonequilibrium ” (...) [?]. In 1975 both Prigogine and Meixner lectured at an Academy session in Düsseldorf.
Der Konstanzer Biophysiker Gerold Adam (1933-1996) (Wiki) studierte 1951 bis 1958 an der Technischen Hochschule Aachen. Unter diesen Umständen ist es keineswegs ausgeschlossen, daß er wichtige Anregungen (auch) durch Josef Meixner erhielt, zu den Leistungen von Lars Onsager aufzublicken und sich dem von Meixner und Onsager bearbeiteten Forschungsgebiet der Theorie irreversibler Prozesse zuzuwenden. Meixner übrigens war 1931 als Schüler des hoch geehrten Arnold Sommerfeld in München promoviert worden. Er hat während des Zweiten Weltkrieges an der Eismeerfront in Finnland Kriegsdienst geleistet. Von 1944 bis 1974 lehrte er Theoretische Physik an der Technischen Hochschule Aachen. 1942 hatte er - ebenso wie Onsager - wichtige frühe Arbeiten zur Thermodynamik irreversibler Prozesse veröffentlicht. 1962 wurde - vermutlich doch vor allem auf Betreiben von Josef Meixner - Onsager die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Aachen zuerkannt. Aus diesem Anlaß hielt Meixner eine Ansprache, die - als Onsager den Nobelpreis erhielt - auch in den "Physikalischen Blättern" veröffentlicht wurde. In dieser führte er unter anderem aus (6):
Eine weitere hervorstechende Leistung Onsagers ist die Theorie des zwei-dimensionalen Ising-Modells des Ferromagnetismus. Wir sehen hier einen ganz neuen Aspekt seiner wissenschaftlichen Arbeit. (...) Beim Ising-Modell lag ein wohlformuliertes physikalisches Problem vor, und die Leistung Onsagers ist hier als rein mathematisch anzusehen, aber als solche ein hervorragendes Kunstwerk des Geistes. Ihre überragende Bedeutung liegt in zwei Richtungen. Sie gab die exakte Lösung für eines der wichtigsten und schwierigsten Probleme der statistischen Mechanik, wenn auch nur an einem physikalisch gesehen einfachen Modell, und damit zum ersten Mal eine Beurteilungsmöglichkeit der für kompliziertere Fälle auch heute noch unentbehrlichen Näherungsverfahren. Sie stellte aber auch, neben der Einstein-Kondensation, den einzigen Fall dar, in dem es gelungen war, die statistische Theorie einer Phasenumwandlung mathematisch vollkommen explizit und streng zu behandeln.
Meixner hält außerdem fest (6):
Wir dürfen wohl annehmen, daß die theoretischen Vorlesungen (Onsagers) für den jungen Chemiker etwas schwierig sind, und so nimmt es uns nicht wunder, daß die Onsagersche Vorlesung über statistische Mechanik I und II von den Studenten (in den USA) als Norwegisch I und II bezeichnet wurde. (...) Onsager wird als ein brillanter Wissenschaftler mit einer ungeheuren Konzentrationskraft bezeichnet. Seine Erfolge sind wohl letzten Endes darin begründet, daß er nie mit halben Lösungen zufrieden war, daß er vielmehr sich stets bemühte, die physikalische Natur eines Vorgangs oder einer Eigenschaft in voller Klarheit zu erfassen, um dann sein Problem ungehindert durch alle Schwierigkeiten einer eleganten und vollständigen Lösung zuzuführen.
"Eine der höchsten geistigen Leistungen"
Auf die Lebensleistung von Lars Onsager wurde auch einmal eingegangen in einer grundlegenden Aufsatzreihe benannt "Die Evolution aus der Sicht der Naturwissenschaft und der Philosophie". Hier sollte nämlich einleitend als grundlegenderer Gedankengang erläutert werden (7),
daß die Gültigkeit einer Einsicht nicht dadurch bestimmt ist, wie viele sie wirklich „verstehen“. (…) Der Nachvollzug der einzelnen Erkenntnisschritte durch andere Menschen (…) kann ein so schwieriger sein, daß er dann nur von wenigen erfolgreich begangen wird. Vor allem auch die physikalisch-theoretischen Wissenschaften bieten eine Fülle von Beispielen hierfür. Aus der Vielzahl sei hier nur noch ein weniger bekanntes Beispiel genannt, das aber für die folgenden Beiträge zu unserem Rahmenthema wesentlich ist. Im Jahre 1944 ist dem norwegischen Physiker Lars Onsager die „exakte Lösung für den feldfreien Sonderfall des zweidimensionalen Isingmodelles“ gelungen. Das „zweidimensionale Isingmodell“ stellt eine regelmäßige Anordnung von Elementarmagneten in einer Fläche dar, deren Verhalten ohne äußeres Magnetfeld von Onsager berechnet werden konnte. Die Onsager'sche Theorie stellt eine der höchsten geistigen Leistungen in den Naturwissenschaften dar. Wichtige Ergebnisse dieser Berechnungen konnten erst Jahre später von anderen Wissenschaftlern nachgerechnet werden. Wesentliche Verbesserungen dieser Lösung, wie etwa ihre Erweiterung auf die Situation mit Magnetfeld oder gar auf den dreidimensionalen Fall (räumlich-kristalline Anordnung der Elementarmagnete) sind bis heute noch nicht gelungen. Die außerordentlichen Schwierigkeiten bei der Beschreibung des Isingmodelles rühren von der ungeheuren Vielzahl der möglichen Wechselwirkungen zwischen je zweien der (sehr vielen) Elementarmagnetchen her. Die Betrachtung des gemeinsamen („kooperativen“) Verhaltens von winzigen Magneten erscheint zwar auf den ersten Blick nicht sonderlich interessant; doch ist das Isingmodell der wohl übersichtlichste Fall der Beschreibung einer Ansammlung von vielen gleichartigen, miteinander wechselwirkenden Untereinheiten. Seine mathematische Formulierung ist daher fast ohne Abänderung auf die Beschreibung einer Fülle von anderen, auf den ersten Blick grundverschiedener Anordnungen von miteinander wechselwirkenden Untereinheiten übertragbar, wie sie zum Beispiel die Moleküle bei den Vorgängen der Entmischung von Lösungen oder des Schmelzens/Kristallisierens, die Molekülsorten bei der präbiotischen Evolution oder die Menschen bei der Meinungsbildung in einer Bevölkerung darstellen.
Daß die Meinungsbildung in einer Bevölkerung den gleichen Gesetzen folgen könnte wie sie sonst in der Natur in "komplexen Systemen" vorkommen, wird etwa recht anschaulich behandelt in dem Buch "Erfolgsgeheimnisse der Natur" des Stuttgarter Physikers Hermann Haken. Dieses Buch stellt ebenfalls eine allgemeinverständliche Hinführung zum Thema der Theorie komplexer Systeme dar, für die Lars Onsager die wichtigsten theoretischen Grundlagen gelegt hatte.
Die meistzitierte Arbeit von Lars Onsager ist tatsächlich diejenige über das Ising-Modell von 1944 (8).
Wenn man einem Wissenschaftler wie Onsager also nur schwer über die Inhalte seiner Forschungen näher kommen kann, so vielleicht doch ein wenig mehr über einige Angaben zu seinem sonstigen Leben. Onsager ist in Oslo aufgewachsen, hat in er Schule eine Klasse übersprungen und im Jahr 1920 ein Chemie-Studium an der Universität Trondheim aufgenommen (14):
Schon während seines Studiums zeigte er seine Unabhängigkeit als er sich auf eigene Faust ein breites und tiefgehendes Wissen auf dem Gebiet der Mathematik aneignete und während er sich mit dem jüngst (1923) veröffentlichten Durchbruch in der Elektrolyt-Theorie von Pieter Debye und seinem Assistenten Hückel beschäftigte. Onsager fand einen Fehler in jenem Teil der Theorie, der die Leitfähigkeit des Elektrolyts betraf. Nach seinem Studienabschluß als Chemie-Ingenieur der Universität Trondheim reiste er 1925 nach Zürich, um Debye zu besuchen. Der unbekannte 22-Jährige aus Norwegen marschierte in das Arbeitszimmer des berühmten Wissenschaftlers mit den Worten: "Professor Debye, Ihre Theorie der Elektrolyte enthält einen Fehler!" Der berühmte Debye war den dreisten jungen Mann nicht hinaus. Im Gegenteil, in der nachfolgenden Diskussion war er so beeindruckt von dem jungen Norweger, daß er ihm eine Stelle als sein Assistent für das nachfolgende Jahr anbot. (...) Seine Verbesserungen der Theorie von Debye und Hückel über die Leitfähigkeit der Elektrolyte verschaffte ihm bald einen Namen unter den Elektrolyt-Experten.Already during his studies, he showed his independence by acquiring on his own a broad and profound knowledge of mathematics, and by familiarizing himself with the recently published (1923) breakthrough in electrolyte theory by Pieter Debye and his assistant Hückel. (An electrolyte is a solution of ionized molecules, and can conductelectricity.) Onsager found an error in that part of the theory which concerns the conductivity of the electrolyte. After his graduation as a chemical engineer from NTH he travelled, in 1925, to Zürich to visit Debye. The unknown 22-year old from Norway walks into the famous scientist’s office with the announcement: ‘‘Professor Debye, your theory of electrolytes is incorrect!’’ But the famous Debye does not throw out the impudent youngster. On the contrary, in the subsequent discussion, he is so impressed by the young Norwegian that he offers him a job as his assistant for following year. (...) His improvements of Debye and Hückel’s theory of electrolytic conduction quickly earned him a name among the experts on electrolytes.
1932 reichte er seine Doktorarbeit an der Universität Trondheim ein, die nur 37 Seiten umfaßte, die er aber dennoch als die "beste seiner bisherigen Arbeiten" charakterisierte. Infolge anderer drängender Arbeiten hätte er nicht die Muse, seine Doktorarbeit ausführlicher zu schreiben. Der Universität war das dennoch zu wenig. Onsager soll gesagt haben (14):
Allerhand Leute gibt es, darunter sicherlich viele talentierte, die sich mit Methoden bewaffnen und dann auf die Jagd nach behandelbaren ("vulnerable") Problemen gehen. Ein Problem aber gemäß seiner eigenen Bedingungen zu akzeptieren und sich seine eigenen Waffen schmieden - das erst ist wirklich erstklassig!There are a lot of folks, some quite talented, who arm themselves with methods and then go hunting for vulnerable problems; but to accept a problem on its own terms, and then forge your own weapons - now that’s real class!
1933 lernte Onsager in Österreich seine nachmalige Ehefrau Gretl kennen. Darüber wird berichtet (9):
Onsager blieb an der Brown-Universität bis 1933. (...) Im Sommer jenes Jahres weilte Lars in Europa und besuchte H. Falkenhagen, den österreichischen Elektrochemiker. Falkenhagen fühlte sich aber unpäßlich und bat deshalb seine Stiefschwester Gretl (Margarethe Arledter), sich um Lars zu kümmern. Gretl sah ihn die Treppen herauf kommen - einen sehr gut aussehenden jungen Mann, von dem ihr Bruder ihr gesagt hatte, er wäre "seiner Zeit weit voraus". Dann gingen sie zum Essen aus. Wie immer war Lars aber von sehr zurückhaltendem Wesen. Nach dem Essen schlief er auf der Terrasse. Dann wachte er auf und fragte sie: "Sind Sie verliebt?" Acht Tage später verlobten sie sich - Margarethe war 21 und Lars 29. Am 7. September 1933 heirateten sie.Original: Onsager remained at Brown University until 1933, when the economic depression made it necessary for his appointment to be discontinued; it would have been impossible for the chemistry department to convince the university that his services as a teacher were indispensable. In the summer of that year Lars was in Europe, and went to visit H. Falkenhagen, the Austrian electrochemist. Falkenhagen was unwell at the time and asked his sister Gretl (Margarethe Arledter) to entertain Lars. Gretl saw him coming up the stairs—a very handsome young man who her brother had told her was ‘well ahead of his times’. They went out to dinner, but Lars was his usual reticent self. After dinner he fell asleep on the patio, and then woke up and asked: ‘Are you romantically attached ?’ They became engaged 8 days later - Margarethe at 21 and Lars at 29 - and got married on 7 September 1933.
Aus der Ehe sollten vier Kinder hervor gehen. Onsager erhielt 1934 eine Professur. Da er aber nie promoviert hatte, mußte er 1935 nachträglich eine Doktorarbeit einreichen. Aber weder die Chemiker, noch die Physiker fühlten sich ihrer komplizierten Mathematik gewachsen. Sie gaben sie deshalb an die Mathematiker weiter. Dort war man dann hoch erfreut über Onsager's Arbeit und befürwortete die Promotion.
"Die Onsager'sche Lösung hätte ich nicht heraus bekommen"
Das Ehepaar Onsager kaufte sich in den USA einen Bauernhof, auf dem Lars mit großer Begeisterung Gemüse anbaute und das Landleben genoß. Onsager schwamm gerne. Und bis an sein Lebensende unternahm er Skitouren (9).
Da Gretl und Lars in den USA "Ausländer" waren, wurde Onsager nicht für jene Forschungen herangezogen, die in Zusammenhang mit der Kriegsführung standen. Für Onsager hatte das wertvolle Folgen (9):
Er fand Zeit, um so angestrengt oder noch angestrengter zu denken als er es jemals zuvor getan hatte, um ein Schlüsselproblem in der Physik zu klären, von dem andere mit guten Gründen angenommen hatten, daß es jenseits der Möglichkeiten der menschlichen Intelligenz liegen würde. (...) Sie nahm die Welt der Theoretischen Physiker im Sturm. (...) So wie es Pippard im Jahr 1961 beschrieb: "Onsager's exakte Behandlung, die eine Sensation hervorrief, als sie erschien, zeigte, daß die spezifische Wärme tatsächlich am Übergangspunkt zur Unendlichkeit anwuchs, ein Phänomen, das jene sehr grundlegend verwirrte, die sich sicher waren, daß Schwankungen immer ausgeglichen würden durch die Schroffheit, die durch die Annäherungen in der Analyse geschaffen wurden. (....) Diese Arbeit gab dem Studium kooperativer Phänomene einen ganz neuen Schwung ... und es ist sicherlich die wichtigste Einzelleistung in diesem wichtigen Forschungsfeld."Original: He was able to find the time to think as hard, or harder, than ever before and to solve a key problem in physics others might well have believed to lie beyond the reach of human intelligence. (...) It took the world of theoretical physics by storm. (...) As Pippard wrote, in 1961: "Onsager's exact treatment, which created a sensation when it appeared, showed that the specific heat in fact rose to infinity at the transition point, a phenomenon which profoundly disturbed those who were sure that fluctuations always smoothed over the asperities which were created by approximations in the analysis. This work gave a new impetus to the study of cooperative phenomena, ... and it is certainly the most important single achievement in this important field."
Unter Physikern erzählt man sich Anekdoten wie diese (9):
Lev D. Landau (...) sagte zu V. L. Pokrovskii, daß während die Arbeiten anderer Theoretiker seiner Generation für ihn keine wirkliche Herausforderung darstellen würden, er sich nicht vorstellen könne, daß er selbst die Onsager'sche Lösung des Ising-Modell's herausbekommen hätte.
Original: Lev D. Landau, whose own general phenomenological theory of phase transitions was fatally undermined by Onsager's results, told V. L. Pokrovskii that while the work of other theorists of his generation presented no real challenges to him, he could not envisage himself accomplishing Onsager's solution of the Ising model.
Der hier genannte sowjetische Theoretische Physiker Lev Landau (1908-1968) (Wiki) hatte 1929 bei Werner Heisenberg in Leipzig und bei anderen Physikern in Deutschland studiert (Wiki):
Er teilte Physiker in eine logarithmische Skala von 0 bis 5 ein (0 war die höchste Stufe), stufte Einstein bei 0,5 ein, die Väter der Quantenmechanik (Schrödinger, Bohr, Heisenberg, Bose, Dirac, Wigner) bei 1, sich selbst anfangs bei 2,5, und relativ spät in seiner Karriere bei 2.
Die Theoretischen Physiker und Chemiker der damaligen Generation erzählten sich noch viele andere, sie außerordentlich beeindruckenden Erlebnisse mit Lars Onsager. So etwa auch der bekannte amerikanische Physiker Richard Feynman (9, S. 458f). Sie berichteten auch darüber, daß Onsager das Ergebnis seiner Forschungen nicht selten intuitiv vorausahnte und mit seinen mathematischen Berechnungen diese Intuition dann nur noch rational nachvollzogen hat, also quasi "ratifiziert" hat (9).
Erst vor drei Jahren, 2018, schrieb der indischer Chemiker Biman Bagchi über Lars Onsager (10):
Über ihn wird oft gesagt, auch heute noch, daß er der "beste Mathematiker" war, den es in der Theoretischen Physik und in der Theoretischen Chemie jemals gegeben habe.Original: He is often cited, even today, as the “best calculator” that theoretical physics and theoretical chemistry has ever seen.
Mein eigener Doktorvater an der Brown-Universität, Julian H. Gibbs, verbrachte ein gemeinsames Jahr mit Onsager in Cambridge. Gibbs war dort als Guggenheim Fellow tätig. Er erzählte mir, daß Onsager sich gerne viel mit ihm zu unterhalten habe, weil sie beide die einzigen Amerikaner in der Theoretischen Physikalischen Chemie in Cambridge waren. Gibbs erzählte, daß Onsager wissenschaftlich unglaublich und ein ebenso fröhlicher wie warmherziger Mensch gewesen sei. Gibbs fand Onsagers Ansatz auf so hoher Verständnisebene angesiedelt, daß er Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten.My own thesis adviser at Brown University, Julian H. Gibbs, overlapped about a year with Onsager at Cambridge where Gibbs was a Guggenheim Fellow. Gibbs told me that Onsager used to talk a lot with him because they two were the only Americans in theoretical physical chemistry at Cambridge. Gibbs told me that Onsager was incredibly smart with science, and was quite a jolly and warm guy. Gibbs found Onsager’s approach so high level that he had to struggle to keep up with him.
Und Biman Bagchi schreibt bewundernd weiter (10):
In diesem Zusammenhang muß ich den Leser daran erinnern, daß Julian Gibbs selbst außergewöhnlich war. Neben anderem sind ja seine Theorien über die Glasbildung (Adam-Gibbs, Gibbs-DiMarzio) sehr bekannt.Original: I need to remind the reader that Julian Gibbs himself was outstanding, and his theories of glass transition (Adam-Gibbs, Gibbs–DiMarzio) among others, are well-known.
Die hier erwähnte "Adam-Gibbs"-Arbeit wurde dementsprechend 1982 mit dem "Citation Award" ausgezeichnet (11). Der Konstanzer Biophysiker Gerold Adam, mit dem zusammen Julian H. Gibbs eine der beiden eben genannten "außergewöhnlichen" Arbeiten vorlegte, erforschte später - ebenfalls als Theoretischer Physiker - Phasenübergänge bei der Nervenerregung. Vielleicht hatten diese Forschungen Onsager's Interesse geweckt, und vielleicht war Onsager in den 1970er Jahren in diesem Zusammenhang zu Besuch nach Konstanz gekommen.
Außer mit dem genannten Citation Award ist Gerold Adam unseres Wissens niemals mit einem Wissenschaftspreis ausgezeichnet worden, während Julian Gibbs und Edmund A. DiMarzio 1967 in Chicago gemeinsam den Preis für Hochpolymer-Physik der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft erhalten haben. Der Autor dieser Zeilen hat DiMarzio vor einigen Jahren (2014) angeschrieben und erfahren, daß DiMario es bedauert, Gerold Adam niemals persönlich begegnet zu sein.
Manfred Eigen - Sein Hinweis an das Nobelpreisträgerkomitee
Der Chemiker Manfred Eigen hatte 1967, ein Jahr vor Lars Onsager den Nobelpreis erhalten. Eigen berichtet darüber (12):
In meiner Nobelrede sagte ich den Satz: “I am ashamed to receive this price before Lars Onsager.” Lars Onsager war einer der großen theoretischen Chemiker unserer Zeit. Er hatte eine allgemeine Theorie irreversibler Vorgänge nahe am thermodynamischen Gleichgewicht erstellt. Die chemische Relaxationsspektrometrie, die experimentelle Methode, für die ich den Preis erhielt, basiert auf Gleichungen, die wir aus Onsagers linearen Ansätzen entwickeln konnten. Onsager, der ungefähr eine Generation älter war als ich, war klarer Kandidat für einen Nobelpreis, jedoch sein Werk war reine Theorie. Nach meinem Vortrag kam Arne Tiselius, ebenfalls ein Chemie Nobel-Laureat und zu jener Zeit Präsident der Nobel Foundation, zu mir und sagte: “If you mean what you said about Onsager, you have to write me a letter in which you state clearly that Onsager’s theory was important for the development of your experimental methods.” Ich habe diesen Brief geschrieben und Onsager bekam im darauf folgenden Jahr den Nobelpreis für Chemie.
Dieser Bericht ist noch einmal ein Hinweis darauf, daß das Bewußtsein von der wissenschaftliche Leistung von Lars Onsager auch innerhalb der Wissenschaft selbst nur bei wenigen vorhanden war. Auf diese Weise kann es immer wieder dazu kommen, daß bedeutende Wissenschaftler bei der Verleihung des Nobelpreises "vergessen" werden.
Übrigens kann gegen den Mythos, daß ein Theoretiker wie Onsager keinerlei praktische Fähigkeiten aufweisen würde, vieles angeführt werden. Es wird berichtet, daß Onsager ein begeisterter Gärtner war, daß er alle Reparaturen zu Hause selbst besorgte. Und von einer Physiker-Rundreise durch Japan anläßlich einer wissenschaftlichen Konferenz daselbst nach dem Zweiten Weltkrieg wird berichtet, daß der Reisebus von der Straße in einen Graben abgerutscht sei (14):
Die Fahrer, die örtlichen Bauern und die Physiker standen herum und brabbelten in allerhand Sprachen bis Onsager, einen Seufzer ausstoßend kraftvoll die Verantwortung übernahm. Er organisierte eine Arbeitsgruppe von örtlichen Bauern, die eine Behelfsbrücke über den Graben legen sollten, arrangierte ein System von Hebestangen und mit den Muskeln von zwanzig bis dreißig Physikern und Onsagers Ansage und Aufmunterung brachten wir den Bus - zu unserem Erstaunen - wieder zurück auf die Straße.Drivers, local farmers, and physicists stood around jabbering in several languages until Onsager, with a sigh, firmly took charge. He organised a work crew of local farmers to dismantle a log bridge over the ditch, arranged a system of levers, and with the muscle of 20 or 30 physicists and Onsagers’s direction and encouragement we, to our astonishment, put the bus back on the road.
Weitere Erinnerungen zum Onsager-Besuch in Konstanz
Ergänzung 15.2.2021: Nach Veröffentlichung dieses Beitrages erhalten wir noch ergänzende Angaben zu dem Onsager-Besuch in Konstanz im Jahr 1975 von Seiten der Ehefrau des damals einladenden Hochschullehrers. Auslöser, so schreibt sie, könnte ein wissenschaftlicher Aufsatz von 1971 gewesen sein (13), der - wie auf Google Scholar festgestellt werden kann - auffallender Weise bis heute nie zitiert worden ist, der also ansonsten heute offenbar nie die Aufmerksamkeit in der Wissenschaft auf sich gelenkt hat. Es wird jedenfalls geschrieben:
Es kann gut sein, daß Onsager selbst die Verbindung zu Gerold gesucht hat. Gerold hat auch eine Arbeit über das zweidimensionale Isingmodell veröffentlicht (1971: "Kinetik des zweidimensionalen Isingmodells in der Braggs-Williams-Näherung: Kleine Auslenkungen aus dem Gleichgewicht"). Onsager hielt einen Vortrag an der Uni, den vermutlich Gerold angeregt hat. Den Titel kenne ich nicht. Er wäre in denkbar schlechtem Englisch gewesen, meinte Gerold.
Nach dem Vortrag saß er in Gerolds Arbeitszimmer in der Uni und schwieg und Gerold machte ihm einen Tee und schwieg auch.
Wir hatten ihn auch bei uns zuhause zu Besuch. Er freute sich über die 4 kleinen weißen Stiefelpaare (der Kinder) vor unserer Haustüre. An ihn selbst kann ich mich kaum erinnern. Er muß schon 70 Jahre alt gewesen sein.
Im Gespräch ging es auch über Steine mit Keilschriften, die in Mittelamerika gefunden worden waren. Das bedeutete, daß Europäer schon dort gewesen sind. Er: man weiß es, aber es wird nicht darüber gesprochen, d.h. es wird verschwiegen. Den Wortlaut weiß ich nicht mehr genau.
Seine Frau stamme aus "Marburg an der Drau“, ich wußte, daß dies das heutige Maribor ist, unsere anderen Gäste, ein junges Wissenschaftlerpaar, jedoch nicht.
Er, ein Weinkenner, wußte auch, wie ein bestimmter Kärntner Wein 1936 (?) schmeckte. Auf die Frage Gerolds, was er von unseren französischen Rotweinen von 1933 und 1943 hielte: wenn wir je dran denken wollten, sie zu trinken, sollten wir nicht mehr allzu lange warten.
Es war in meiner Erinnerung ein sehr netter Abend gewesen.
Eingeleitet worden war die Zuschrift mit den Worten:
Deine Anfrage hat alte Erinnerungen wieder aufleben lassen. 1974 - Dez. 1976 wohnten wir in einem sehr kleinen Häuschen zur Miete in Konstanz/Wollmatingen, Mitte Dez. 76 zogen wir in unser eigenes Haus.
____________
- Onsager, Lars: Zur Frage des Ursprungs des Lebens,
Nobelpreisträger-Tagung in Lindau 1975,
https://www.mediatheque.lindau-nobel.org/videos/31467/once-upon-a-time-questions-on-the-origin-of-life-german-presentation-1975/meeting-1975.
- Raunen auf dem Gang. In: Der Spiegel, 45/1968, 04.11.1968, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45935170.html.
- Hopmann, Rudolf: Formeln für die Chemie von morgen - Lars Onsager
entwickelte eine Mathematik für viele Vorgänge in der Natur, ZEIT Nr.
45/1968, 8. November 1968,
https://www.zeit.de/1968/45/formeln-fuer-die-chemie-von-morgen.
- Paul L.Butzera, Tom H.Koornwinderb: Josef Meixner: His life and his orthogonal polynomials. In: Indagationes Mathematicae, Volume 30, Issue 1, January 2019, Pages 250-264, https://doi.org/10.1016/j.indag.2018.09.009.
- F. Schlögl: Persönliches: Josef Meixner. In: Physik Journal. 50, 1994, S. 584–584, doi:10.1002/phbl.19940500619.
- Meixner, Josef: Chemie‐Nobelpreis 1968 für Lars Onsager. (Laudatio vom 23. Juli 1962 anläßlich der Ehrenpromotion von Prof. Onsager an der Rheinisch‐Westfälischen Technischen Hochschule Aachen), In: Physikalische Blätter, Februar 1969, https://doi.org/10.1002/phbl.19690250204.
- Leupold, Hermin: Wie erweist sich die Richtigkeit intuitiver Einsichten? Verifikationsprobleme bei wissenschaftlichen und philosophischen Problemen. In: „Die Deutsche Volkshochschule, Folge 61, Mai 1989, S. 1-13 [Zweiter Beitrag der Aufsatzreihe zum Rahmenthema: Die Evolution aus der Sicht der Naturwissenschaft und der Philosophie]
- Onsager, Lars: Crystal Statistics. I. A Two-Dimensional Model with an Order-Disorder Transition. In: Phys. Rev. 65, 117 – Published 1 February 1944, https://journals.aps.org/pr/abstract/10.1103/PhysRev.65.117
- Longuet-Higgins, Hugh Christopher; Fisher, Michael Ellis: Lars Onsager, 27 November 1903 - 5 October 1976 - Obituary. Biographical memoirs. Published:01 November 1978, https://doi.org/10.1098/rsbm.1978.0014
- Bagchi, Biman: Lars Onsager (1903–1976). In: Resonance, Oktober 2018
- Adam, Gerold; Gibbs, Julian H.: On the Temperature Dependence of Cooperative Relaxation Properties in Glass‐Forming Liquids. In: J. Chem. Phys. 43, 139 (1965)
- Eigen, Manfred: Anmerkungen eines Preisträgers. In: Das Göttinger Nobelpreiswunder - 100 Jahre Nobelpreis - Vortragsband, hrsg. von Elmar Mittler und Fritz Paul, Göttingen 2004, S. 53ff
- Adam, Gerold: Kinetik des zweidimensionalen Ising-Modelles in der Bragg-Williams-Näherung: kleine Auslenkungen aus dem Gleichgewicht. In: Zeitschrift für Physikalische Chemie, Bd. 74, S. 78-80 (1971), doi:10.1524/zpch.1971.74.1_2.078, https://www.degruyter.com/document/doi/10.1524/zpch.1971.74.1_2.078/html
- Hauge, Eivind H.: Lars Onsager - The NTH student who became one of the greatest scientists of the 20th century. In: Energy 30 (2005), S. 787-793 (Academia)
Die Liebe, die Wissenschaft und Max Delbrück
Der Konstanzer Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer (geb. 1947) (Wiki) hat die bis heute ausführlichste und gelungenste Biographie über den deutsch-amerikanischen Biophysiker und Nobelpreisträger Max Delbrück (1906-1981) (Wiki) geschrieben. In der Erstauflage trug sie den Titel "Licht und Leben" (1). Bei dieser Biographie handelt es sich um ein hinreißendes Buch. Der Geist zweier Generationen von Wissenschaftlern, die im Leben von Max Delbrück eine Rolle gespielt haben - sowohl jener Generation, durch die Max Delbrück angeregt worden ist (Niels Bohr etwa) oder jene Generation, die von Max Delbrück angeregt worden ist - beides findet sich in diesem Buch wieder.
Der Öffentlichkeit ist Ernst Peter Fischer nach der Veröffentlichung dieser Biographie bis heute durch viele weitere Bücher und Vorträge bekannt geworden. Viele Vorträge und Interviews von ihm finden sich auch in Videoform im Internet. Ein Interview aus dem Jahr 2018 mag man nicht zuletzt auch deshalb als wichtig empfinden, weil darin - in den Minuten 14'35 bis 19'48 - davon die Rede ist, daß Max Delbrück als letzte Bemerkung vor seinem Tod an seinen Biografen noch die Frage gerichtet hatte (2):
Wie kannst du es wagen, mein Leben zu beschreiben, wenn du nichts über mein Sex-Leben weißt?
Im Anschluß an das Erzählen dieser Frage bringt Fischer gleich als Beispiel Werner Heisenberg, und daß ein Biograph bei Heisenberg genug zu tun hätte, dessen Wissenschaft zu beschreiben. Doch gerade auch der Fall Heisenberg könnte ebenso gut deutlich machen, wie sehr Max Delbrück mit seiner Bemerkung ins Schwarze getroffen hatte. Denn auch für Heisenberg war - wie wir heute wissen (3) - die erste große, unerfüllte Liebe in seinen Leben für viele Jahre ein sehr bedeutender Lebensinhalt. Er war ihm wichtiger als der Nobelpreis, den er in derselben Zeit erhalten hat. Heisenberg gab in dieser Zeit sogar zum Ausdruck, daß sein ganzes Leben scheitern könne, wenn er bezüglich dieser unerfüllten Liebe nicht zu einer gelungenen Lösung finden würde (3).
Mit wie viel Lebensernst Heisenberg über solche Fragen dachte, geht deutlich genug aus dem sich über viele Jahre hinweg erstreckenden Briefen an seine Eltern hervor (3). Deshalb wird diese Frage von Max Delbrück natürlich auch nicht "die Schnappsidee eines alten Mannes, der stirbt" sein - wie das Ernst Peter Fischer so unernst charakterisiert. Sondern es handelt sich ja schließlich um das menschlichste Thema, das es überhaupt gibt. Es handelt sich um jenes Thema, das uns Menschen erst zu Menschen macht.
Fischer hat nun aber tatsächlich "gewagt", seine Biographie über Max Delbrück zu schreiben, ohne auf dieses Thema Bezug zu nehmen, ohne auf dasselbe einzugehen (1). Und diese Biographie hat nun auch in der Tat aufregende Inhalte genug, als daß es der Behandlung dieses Themas noch zusätzlich bedurft hätte, um sie zu einer aufregenden zu machen. Allerdings hatte der Leser schon bei der ersten Lektüre derselben das Gefühl, daß er mehr wissen können sollte und daß er gerne mehr wissen würde über die Beziehungen von Max Delbrück zu jenen Frauen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben.
Wenn man aber nun noch zusätzlich erfährt, daß Max Delbrück sogar in dieser Weise eine klare Anregung gegeben hatte, noch dazu kurz vor seinem Tod, so bedauert man es um so mehr, daß sich Fischer auf dieses "Wagnis" eingelassen hat. Die ersten Andeutungen allerdings, die Fischer dann gibt - hinsichtlich des fröhlichen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in Cold Spring Harbour - sind dann viel zu ungenügend, um aus diesen irgendwelche Schlußfolgerungen ziehen zu können.
James Watson hat in Erinnerungen (4) und Büchern wie "Genes, Girls and Gamov" (5) - vielleicht auch in anderen wie etwa in "Avoid Boring People" - zu diesen Dingen ja ebenfalls schon Andeutungen gegeben, wertvolle Andeutungen. Letzteres ist dem flapsigen Titel des genannten Buches nicht unbedingt anzumerken.
Vom August 1965 bis Dezember 1966 war mein Onkel, der vormalige Konstanzer Biophysiker Gerold Adam (1933-1966) (Wiki), Mitarbeiter von Max Delbrück in Pasadena. Diese Zeit in Kalifornien hat ihn sehr maßgeblich geprägt. Bis zum Tod von Max Delbrück blieb Gerold mit Max in freundschaftlicher Verbindung und im regen Austausch von Briefen. Gerold hatte auch eine Professur erhalten an der - unter maßgeblicher Mithilfe von Max Delbrück gegründeten - Forschungsuniversität Konstanz.
"Du bist Ishi!" (1967)
Mit Hilfe des Briefwechsels zwischen Gerold und Max Delbrück sowie mit Hilfe dessen, was Gerold darüber zu Lebzeiten erzählt hat, können die von Ernst Peter Fischer angesprochenen Fragen noch eine zusätzliche Erläuterung und Veranschaulichung erhalten. Gerold hat erzählt, daß Manny und Max Delbrück während seines Aufenthaltes in Pasadena immer wieder versucht haben, ihn mit jungen Frauen zusammen zu bringen. Denn sie waren der Meinung, es würde ihm gut tun, verheiratet zu sein. Zu diesem Zweck wurden junge Frauen zu gemeinsamen Essen eingeladen. Gerold erzählte, daß Manny und Max Delbrück ihm zum Abschied die damals ganz neu erschienene Biographie über Ishi (Wiki), den berühmten, letzten frei lebenden Indianer Kaliforniens, geschenkt hätten, benannt "Ishi in two worlds" (6). Manny habe in diesem Zusammenhang zu Gerold gesagt: "Du bist Ishi!" Gerold hat auch wiederholt gerne von Ishi selbst erzählt. Ishi ist als letzter Überlebender seiners Stammes auf Angebote von jungen, weißen Frauen, mit ihm Kinder zu haben, nicht eingegangen. Gerolds Unterton war, daß er sich tatsächlich oft selbst als ein solcher "Letzter seines Stammes" fühlte und - wie die Aussage von Manny andeutet - auch von damaligen Freunden so wahrgenommen worden ist.
Gerold ist dann im Dezember 1966 von Pasadena aus - über Island - nach Marburg an seine Heimat-Universität zurück gekehrt (nach fünfjährigem Auslandsaufenthalt). Um die warmherzige Art zu charakterisieren, die Max dann zeitlebens gegenüber Gerold innehielt, sei hier zitiert, was Max gleich nach der Abreise an Gerold schrieb:
Prost Neujahr! Ich hoffe, daß du nicht auf Island stecken geblieben bist. Ich hatte noch versucht, Dich am Huntington Hotel zu treffen, um Dir Brecht's "Kalendergeschichten" als Reiselektüre mitzugeben. Leider kam ich erst in dem Augenblick an, als Dein Bus schon losfuhr. Zu viel Party letzte Nacht! Alles ist nun sehr ruhig in den Phyco- und Phage-Laboren. M.Der Abschied von Gerold war - wie man an diesen Worten erkennen kann - ausgiebig gefeiert worden. Man erhält hier Anregung, einmal in die Kalendergeschichten von Bertolt Brecht (Wiki) hinein zu schauen, die 1949 erschienen sind. Am 27. Januar 1967 beendete Max einen längeren Brief an Gerold mit den Worten:
Original: Prosit Neujahr! Hope you did not get stuck in Iceland. Tried to see you off at Huntington Hotel and give you Brecht's „Kalendergeschichten“ as Reiselektüre but got there just as your bus pulled out. Too much party in the night before! Now all very quiet in the Phyco and Phage labs. M.
Wir alle vermissen Dich. Vor allem ich. M.Auch der damals junge Biologe Martin Heisenberg (Sohn von Werner Heisenberg), der damals noch länger bei Max Delbrück blieb, stand kurzzeitig mit Gerold im Briefwechsel. Am 11. März 1967 schrieb Max in einem Brief an Gerold in Marburg etwa auch:
We all miss you. I especially. M.
Lieber Gerold, wie umständlich, einen langen Brief schreiben zu müssen, anstatt einfach runter in die Halle zu zuckeln, um dort die Dinge mit Dir durchzusprechen.Der Briefwechsel enthält dann natürlich viel "schwere Kost", nämlich wissenschaftliche Erörterungen im Bereich der theoretischen Biologie und auch Erörterungen darüber, wo Gerold seine wissenschaftliche Laufbahn weiter führen könne. Das kann andernorts noch einmal ausführlicher dokumentiert werden. Es sollen hier nur noch die Ausschnitte zitiert werden, die Bezug haben zu den von Ernst Peter Fischer in seinem Interview aufgeworfenen Fragen. Am 14. April 1967 schrieb Manny an Gerold:
Dear Gerold: What a nuisance it is to have to write a long letter to you rather than trotting down the hall and talking things over.
Lieber Gerry, (...) ich bin froh, daß Du "Ishi" bekommen hast und mit ebenso viel Sympathie für seine Persönlichkeit gelesen hast wie ich schon fest erwartet hatte.
Dear Gerry, (...) I am glad, you received and read "Ischi" with as much sympathy as I counted on you to feel for this personality.
Damit wird deutlich, daß über Ishi schon vor der Abreise von Gerold gesprochen worden war. Manny hatte Gerold das Buch nachgeschickt.
"Was macht dein Liebesleben?" (1968)
Ein Jahr später, am 26. Juni 1968, schrieb Manny aus dem vom Sommersturm umbrausten Cold Spring Harbor an Gerold einen vierseitigen Brief. Sie schildert lebhaft und bildhaft das fröhliche, wissenschaftliche und außerwissenschaftliche Leben dort, das ja aus vielen Berichten über Max gut bekannt ist. Unter anderem schreibt sie:
Gestern Abend hatten wir eine Hummer-Wein-Party. Jim Watson und seine neue, junge Frau waren da und es sieht dem ersten Augenschein nach nach einer glücklichen Zukunft für sie aus. - Deshalb sagt Max, daß auch Du Mut fassen sollst, eines Tages wirst Du auch eine Begleiterin finden, was um so kostbarer sein wird, nachdem Du so lange ohne eine solche gelebt hast.Das sind so schöne, verständnisvolle Worte. Wer wünscht sich nicht solche Freunde? Und - tatsächlich! Nur wenige Wochen später sollte Gerold seine nachmalige Frau kennen lernen. Max wußte davon freilich noch nichts und schrieb am 27. Oktober 1969 an Gerold als handschriftlichen Zusatz zu einem Brief:
Last night we had a lobster wine party. Jim Watson and his new young wife were there and from first appearances it looks like a happy future for them - so Max says, you should take heart for one day you too will find a compagnion, the more precious for having gone long without.
Was macht Dein Liebesleben? Martin hat Dich überholt.
What about your love life? Martin got ahead of you.
Damit wird Martin Heisenberg gemeint sein. Es ist dies die Zeit, in der Max Delbrück den Nobelpreis erhalten hat. Von da an war er von viel Rummel umgeben. Und es ist dies die Zeit, in der Gerold eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz erhalten hat.
Hochzeit (1969)
Gerold heiratete am 6. Dezember 1969 in Salzburg. Ob er oder Martin Heisenberg nun schneller waren, wäre womöglich noch einmal zu klären. Als Hochzeitsreise fuhr das junge Paar mit dem Auto durch die Pyrenäen nach Spanien. Manny schrieb am 21. Januar 1970 mit sehr viel Anteilnahme:
Eure Heiratsanzeige und den Bericht von Eurer wunderschönen Reise durch Spanien haben wir erhalten noch bevor wir Euch hatten gratulieren können! Natürlich hofften wir, Euch rund um den Hochzeitstermin herum zu sehen, irgendwann vor unserem nächsten Besuch in Konstanz, wo wir dann hoffen, Deine Frau kennenzulernen. Ich fragte Patty Reau (?) (die jetzt wieder zurück in Pasadena ist und in Max's Labor an ihrem eigenen Phyco-Projekt arbeitet). Sie sagte aber, daß Deine Frau bei ihr in Konstanz niemals aufgetaucht sei.
We have your wedding announcement and the description of your beautiful trip through Spain already came before we got around the congratulations! Of course, we expected you to see around to the wedding sometime before our next visit to Konstanz when we'll look forward meeting your wife. I questioned Patty Reau (?) (who is now back in Pasadena, installed in Max's lab with her own phyco project) but she replied that your wife never did show up in Konstanz to her.
Seid glücklich miteinander! Eure Manny und Max.
Be happy together! Yours Manny and Max.
Was für eine herzliche Anteilnahme. So viel an dieser Stelle als Ergänzung zu den Andeutungen von Ernst Peter Fischer, ebenso als eine Ergänzung natürlich zu den wissenschaftlichen Biographien von Gerold und Max Delbrück.
Übrigens kommt uns, nachdem wir diesen Beitrag einmal wieder nach längerem zeitlichen Abstand durchsehen die Erinnerung an Andeutungen Gerolds dahingehend, daß es von Seiten des weiblichen Teils der Mitarbeiterschaft an der Universität in Konstanz sehr wohl gelegentlich Versuche gab, das ausschließliche Band Gerolds zu seiner Frau als doch nicht so ausschließlich zu erachten. Ohne Erfolg.
/ Ergänzung 11.3.25 / Gerold gelang es aber noch in seinen späten Lebensjahren spielend, junge Frauen für sich einzunehmen. Der Verfasser dieser Zeilen weiß, wovon er redet. Seine eigene damalige Partnerin war von Gerold zeitweise mehr eingenommen als von ihm selbst. Was zeitweise sehr viel Unfrieden zwischen den Verfasser dieser Zeilen und sie brachte.
Dummheiten (1980)
Es soll an dieser Stelle noch auf ein weiteres Interview hingewiesen werden, das in den letzten Jahren zugänglich geworden ist (7). Es handelt such um ein im Jahr 1980 mit Max Delbrück geführtes Gespräch. Das war ein Jahr vor seinem Tod. Max ist deshalb in diesem schon sehr alt. Er antwortet in demselben deshalb vielleicht auch etwas zögerlicher als er das in jüngeren Jahren getan haben wird. Insbesondere anfangs scheint er nach den Worten seiner deutschen Muttersprache zu suchen, die er ja in den USA nicht mehr täglich benutzte.
Aber immer einmal wieder bricht auch in diesem Gespräch sein famoser Humor durch, eine famose, mehr nach innen gekehrte Heiterkeit. Es wird auch deutlich, wie überlegt, wie ernst im Überdenken Max sein konnte, um wie viel Genauigkeit er auch in einzelnen Einschätzungen bemüht war. Als er nach einer etwaigen "preußischen Disziplin" in seinem Elternhaus gefragt wird, verneint er diese zunächst, korrigiert sich dann aber noch einmal: Es wäre vielleicht eine gemäßigte gewesen. Es ist sehr schön zu erleben, wenn ein Mensch so genau ist.
Spürbar ist auch, wie vieles er unausgesprochen läßt, wie vieles er noch außerdem sagen könnte.
Kennzeichnend für ihn ist, daß er mehrmals über Dummheiten redet, die dann erstaunliche Wirkungen zeigten. Die Dummheiten in den Vermutungen von Niels Bohr über Biologie führten dazu, daß er, Delbrück, sich der Biologie zugewandt hat. Sie hatten also eine positive Wirkung. Zuvor hatte seine eigene Dummheit dazu geführt - und auch die von Bohr und anderen - daß die Atomkernspaltung erst im Jahr 1937 entdeckt worden ist und nicht schon drei oder fünf Jahre früher. Ganz richtig sagt Delbrück - aber auch mit jenem überlegenem Abstand, der sich selbst nicht gar so wichtig nimmt, daß sich ohne seine damalige Dummheit die Weltgeschichte doch beträchtlich anders hätte entwickeln können. Er sagt das mit einem so feinen Humor, mit einer so famosen, sanften Heiterkeit.
Vaterfiguren und prägungsähnliches Lernen
Nur allzu offensichtlich ist, daß Gerold einen Menschen wie Max sehr lieben und verehren mußte. Das geht aus mancher Stelle der Briefe zwischen ihnen hervor. Gerold beklagt einmal, daß er in Konstanz niemanden hätte, mit dem er sich so gut unterhalten könne wie mit ihm. Max hatte aber einen außerordentlich großen Freundeskreis. Er kam vielen Aufgaben nach im internationalen Wissenschaftsleben aufgrund seiner großen Bekanntheit. Deutlich ist, daß er für Gerold später nicht mehr so viel Zeit hatte wie Gerold es sich gerne gewünscht hätte.
Mit einem solchen Interview jedoch (7) merkt man, was für eine Gunst des Schicksals - und natürlich auch eigenen Verdienstes - es war, im Leben auf einen solchen Freund wie Max getroffen zu sein. Solche Menschen hat es - vermutlich - schon zu Lebzeiten von Gerold
nur noch selten gegeben. Als ich die Biographie "Licht und Leben" einige Jahre nach Gerolds Tod das erste mal las (auf die mich Gerold zu seinen Lebzeiten nie hingewiesen hatte), ging mir erst auf, wieviel an der Art von Gerold auf sein vormaliges Zusammensein mit Max Delbrück zurück zu führen sein könnte. Gerold konnte auch ebenso famos heiter sein wie Max. Und er konnte ähnlich begeisterungsfähig sein wie Max.
Womöglich kann von einer Art prägungsähnlichem Lernen gesprochen werden, das sogar noch an mich - wenigstens ansatzweise - weiter gegeben worden ist, der ich von Gerold sicherlich ebenso stark beeindruckt war, wie Gerold zuvor von Max. Deshalb ist es für den Autor dieser Zeilen auch immer wieder so bewegend, sich mit all diesen Dingen zu beschäftigen. Durch die Person Gerolds hindurch ist er "genötigt" einen Menschen wie Max zu lieben. Womöglich hat Gerold eine bestimmte Art zu sprechen von Max übernommen, eine bestimmte Art zu überlegen, ja, womöglich auch eine bestimmte Art zu lachen. Was für eine glänzende Zeit muß das damals in Pasadena gewesen sein.
Gerold hat noch manches mehr davon erzählt, als jetzt hier wieder gegeben werden soll. Etwa von Ausflügen in die Sierra Nevada. Gerold hat sogar einmal einen Dia-Vortrag darüber gehalten.
Auch hat man das Gefühl, daß Delbrück in dem obigen Interview oft darum bemüht ist, seinen Humor nicht zu sehr durchbrechen zu lassen. Denn er wird da ja doch von einem so durch und durch steifen, trockenen Gesprächspartner interviewt. Der ist ja auch wirklich schon überraschend trocken. Und das konnte eigentlich schon ein Unterhaltungswert für sich sein für Max. Dieser Gesprächspartner ist ja fast eine lebende Karikatur. Aber das durfte Delbrück natürlich nicht zum Ausdruck bringen. Dennoch fragt man sich beim Ansehen ständig - und Delbrück wollte scheinbar diesen Eindruck auch nicht völlig verwischen: Sollten zwei so unterschiedliche Menschen wie diese beiden einander wirklich etwas zu sagen haben?
Interessant auch, wie Delbrück in dem Interview die Zeit in der Atomphysik in Göttingen nach 1925 charakterisiert. Wenn man es recht versteht, hat womöglich Max Delbrück vieles von seiner persönlichen Art wiederum übernommen von seiner eigenen Vaterfigur, als die er ja in diesem Interview so klar und deutlich Niels Bohr charakterisiert.
Was für eine Zeit, was für ein Leben. All diesen Reichtum hat Gerold ohne Zweifel an all jene weiter gegeben, die ihn enger persönlich kennen lernen konnten. Es wäre zu wünschen, daß wir alle uns diesem Reichtum ausreichend würdig gegenüber verhalten würden und uns nicht in Schmach und Schande einem leerlaufenden Mühlrad eines geistlosen, gänzlich unbeschwingten Zeitalters ausliefern würden - so wie diesem heute Milliarden von Menschen ausgeliefert sind.
- Fischer, Peter: Licht und Leben. Ein Bericht über Max Delbrück, den Wegbereiter der Molekularbiologie. Universitätsverlag, Konstanz 1985 [Konstanzer Bibliothek, Bd. 2] (= Das Atom der Biologen. Max Delbrück und der Ursprung der Molekulargenetik. Piper-Verlag, München 1988)
- Helmut Fink: Fischer • Podcast-Gespräch • Verzauberung oder Entzauberung? Kortizes, 19.12.2018, https://youtu.be/hs9nwJuPpEs
- Bading, Ingo: Werner Heisenberg - Seine erste große unerfüllte Liebe, 10. Januar 2019, https://fuerkultur.blogspot.com/2019/01/werner-heisenberg-und-seine-liebe-zu.html
- Watson, J. D.: Growing Up in the Phage Group. In: Cairns, J.; Stent, G.S.; Watson, J.D. (eds.): Phage and the Origins of Molecular Biology. New York 1966; Expanded Edition. Cold Spring Harbor Laboratory Press 1992, S. 239-245 (Deutsch: Phagen und die Entwicklung der Molekularbiologie. Festschrift für Max Delbrück zum 60. Geburtstag. Berlin (Ost) 1972)
- Watson, James D.: Gene, Girls und Gamow. (After the Double Helix, engl. 2001) Piper-Verlag, München 2003
- Kroeber, Theodora: Ishi in two worlds. A biography of the last wild Indian in North America. 1961, viele Folgeauflagen; deutsch: Der Mann, der aus der Steinzeit kam (1967)
- Zeugen des Jahrhunderts. Max Delbrück im Gespräch mit Peter von Zahn. 1980, https://youtu.be/ynobDNSnMKc
- Bading, Ingo: http://studgendeutsch.blogspot.de/2007/11/die-pipette-ist-meine-klarinette.html
- Detlev Ganten über Max Delbrück. Videokanal des Max Delbrück Centrum, 24.03.2016, https://youtu.be/ZdAYHrOJ7aQ
- Göldenboog, Christian: Das Loch im Walfisch. Die Philosophie der Biologie. Klett-Cotta, Stuttgart 2003 (Lizenzausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft)
Studiengruppe Naturalismus
Erich Weferling - Der Erfinder einer internationalen Weltsprache
Erich Weferling (1889-1981) (Wiki), ein pensionierter Regierungsrat a.D. aus Braunschweig, hat 1979 mit 91 Jahren eine "Kurze Einführung in die Gotterkenntnis" von Mathilde Ludendorff heraus gebracht, die sehr eingängig lesbar ist und noch heute empfohlen werden kann (1).
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Abb. 1: Erich Weferling (1889-1981), Braunschweig - Erfinder einer Welteinheitssprache und Anhänger von Mathilde Ludendorff |
Wie paßt dieser Umstand aber dazu, daß sich Erich Weferling seit 1909 mit einer internationalen Weltsprache zur Vereinfachung der Völkerverständigung beschäftigt hat und sogar eine eigene Weltsprache, das "Intal" (Wiki), als Ersatz für das Esperanto entwickelt hat? Um dieser seiner Bemühungen willen gibt es noch heute Menschen, die sich mit ihm und seinem Werk beschäftigen.
In diesem Blogartikel soll - zunächst eher flüchtig - zusammen getragen werden, was über sein Leben in Erfahrung gebracht werden kann über das hinausgehend, was schon auf dem Wikipedia-Artikel zu ihm zusammen getragen ist.
1917 veröffentlichte er mit 29 Jahren in der "Wilnaer Heerszeitung" ein Gedicht, das offenbar gegen Italien gerichtet war, und offenbar im Zusammenhang mit der 12. Isonzoschlacht (Wiki) im Oktober 1917 entstanden ist (2):
Die Faust, die dir als Freundschaftshand einst offenSchon hat ihr erster Donnerschlag getroffen,Doch merke wohl, der letzte war es nicht:Die Weltgeschichte ist das Weltgericht!
Der Haß auf Italien war damals in Deutschland sehr groß, nachdem Italien 1914 nicht nur - als Bündnispartner Deutschlands und Österreich-Ungarns - in den Krieg auf Seiten der Mittelmächte eingetreten ist, sondern 1916 sogar den Mittelmächten den Krieg erklärt hat. Letzteres wurde als übelster "Verrat" empfunden. Erich Weferling war also 1917 Patriot durch und durch im Geist der damaligen Zeit.
Im Februar 1918 schrieb er in der "Zeitung der 10. Armee" einen Artikel über "Jiddisches Theater in Subat" (3). Mit Subat ist offenbar die litauische Stadt Subate (Wiki) gemeint, deren Einwohner damals zur Hälfte aus Juden bestand.
Spätestens ab 1923 nahm er bis zu seinem Lebensende seine Bemühungen um eine internationale Verkehrssprache wieder auf (4-24). 1924 schrieb er in diesem Zusammenhang unter anderem (5):
Die Aufgaben einer Weltsprache kann nur eine neutrale Sprache erfüllen, die künstlich ist in ihrem Aufbau und dennoch natürlich in der Aussprache.
Und (5):
Noch ein anderer Grund spricht gegen die Wahl einer der nationalen Sprachen als Weltsprache. Das Volk, dessen Sprache man wählte, bekäme mit seiner Presse, ja mit seiner ganzen Kultur einen beherrschenden ...
Es ist hier sicher an den Einfluß der englischsprachigen Presse weltweit spätestens seit 1914 gedacht, deren Wirken sich Jahrzehnte lang vor allem gegen Deutschland richtete.
Nachdem man diese Zusammenhänge zur Kenntnis genommen hat, fällt einem auf, daß Weferling in seiner "Kurzen Einführung in die Gotterkenntnis" (1) keine einzige Aussage dieser Gotterkenntnis über Volk und Völker zu behandeln scheint. Da es sich bei dieser Schrift ja auch nur um eine "Kurze Einführung" handelt, und da die Philosophie von Mathilde Ludendorff auch sonst genügend gewichtige Aussagen enthält, die behandelt werden können, fällt dieser Umstand sicherlich zunächst gar nicht auf. Man wird seine Darstellung deshalb nicht gleich von vornherein "einseitig" nennen wollen.
Dennoch drängt sich die Frage auf, wie Erich Weferling sein Bemühen um eine internationale Verkehrssprache zur Verständigung der Völker miteinander jenseits des Englischen in Einklang gebracht hat mit der Hochwertung der Vielfalt der Völker, Muttersprachen und Kulturen weltweit, die in dieser Philosophie eben auch enthalten ist, und um derentwillen in dieser Philosophie immer und immer wieder vor einer Verflachung des Gehaltes dieser Vielfalt gewarnt wird durch die vielfältigen Formen von "Internationalisierung" in der modernen Welt.
Als Erfinder einer "vereinfachten" Weltsprache ist Erich Weferling doch selbst um eine solche "Internationalisierung" und damit Verflachung bemüht gewesen. Oder irrt man sich?
Es stellt sich die Frage, ob denn nicht zum Beispiel Englisch als weltweite Verkehrssprache schon allein deshalb sinnvoller ist, weil es sich bei Englisch um eine kulturell über viele Jahrhunderte hinweg gewachsene Sprache handelt, die deshalb auch für sich genommen viele kulturelle Werte in sich birgt. Bei Englisch handelt es sich um die Sprache Shakespeare's und Jane Austen's und vieler anderer englischsprachiger Dichter ebenso wie um die Sprache jenes Kulturraumes, aus der große Teile der modernen Natur- und Evolutionswissenschaften hervor gegangen sind.
Hat Erich Weferling denn nicht die Ausführungen Mathilde Ludendorffs über den tiefen kulturellen Gehalt der Muttersprachen weltweit gelesen? Kann eine "einfache", also aus kultureller Sicht als äußerst flach einzuschätzende "Weltsprache" denn hier zu einer Bereicherung beitragen? Doch vermutlich eher nicht.
Sprache macht Völker - mehr noch als ihre Genetik - zu dem, was sie sind. Die antiken Griechen gelten bis heute als die Inkarnation dessen, wozu indogermanische Völker fähig sind. Und dennoch haben sie nur acht Prozent indogermanische Steppengenetik in sich getragen. Das aller meiste hat zu ihrer kulturellen Hochbegabung also die Sprache beigetragen. Wenn man sich das und vieles weitere bewußt macht, wird man Ehrfurcht vor geschichtlich über Jahrtausende hinweg gewachsene Sprachen bekommen und sich hüten vor weiterer kultureller Verflachung durch Erfindung von Kunstsprachen.
Jedenfalls: Unsere Meinung.
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- Weferling, Erich: Kurze Einführung in die Gotterkenntnis (L). Ausgewählt und zusammen gestellt von Erich Weferling. Verlag Hohe Warte, Pähl 1979, 1984 (Archiv) (HoheWarte)
- Weferling, Erich: In: Wilnaer Heereszeitung, 1917 (GB)
- Erich Weferling, Jiddisches Theater in Subat. In: Zeitung der 10. Armee, 21. February 1918, Ausgabe 499; sowie 22. February 1918, Ausgabe 500
- Weferling, Erich: Unesal interlingu : (kompromis Esperanto-Ido-Occidental) : kom baze por l'Union de omni Mondelinguistes. Braunschweig : Weferling, 1923
- Weferling, Erich: Internationale Radiosprache. In: Der Radio-Amateur: Zeitschrift für Freunde der drahtlosen Telephonie und Telegraphie, Band 2, J. Springer und M. Krayn., 1924, S. 419, S. 721 (GB)
- Weferling, Erich: Einführung in die internationale Welthilfssprache Neo : vollständiger Lehrgang, Grammatik, Übungen, Konversationsführer und Lesestücke, Wörterverzeichnis Deutsch-Neo und Neo-Deutsch. Braunschweig : Weferling ; 1967
- Weferling, Erich: Standard-Gramatik del International Ausiliari Linguo, kompilat par E. Weferling. Apel por Unifikation del diversi Mondolinguo-Sistemos. Intersistemal Kompromis-Bazo sub le nom INTAL. Duesmi meliorat Edition. Braunschweig: Self-Editerio E. Weferling, 1970, 2-a eld. ?, p. 34
- Standard-Gramatik del international auxiliari linguo : Apel por unifikation del diversi mondolinguo-sistemos. Intersistemal kompromis-bazo sub le nom Intal. Braunschweig, Jasperallee 72 : E. Weferling, 1968
- Weferling, Erich (Hrsg): Cirkularo / Amikos de interlinguo e del unifikation INTAL Amikos de Interlinguo e del Unifikation INTAL. Braunschweig : Selbstverl. d. Hrsg. ; 1969-1971 [Erscheinungsverlauf: 1.1969 - 2.1971]
- Standard-Gramatik del international auksiliari lingue : apel por unifikation del diversi mondolingue-sistems ; intersistemal kompromis-baze sub le nom INTAL. 3., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1970
- Standard-Gramatike del International Auksiliari Lingue : apel por unifikation del diversi mondolingue-sistemes ; intersistemal kompromis-baze sub le nom INTAL. 3., meliorat ed. - Braunschweig : Weferling, 1970
- Standard-Gramatik del international auksiliari lingue. 4. meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1972
- Weferling, Erich, 1889-1982 [HerausgeberIn]: Sirkulare Intal : organ del amikes de un interlingue e del unifikation INTAL. Braunschweig : Weferling ; 1972-1977 [Erscheinungsverlauf: 3.1972 - 8.1977; damit Ersch. eingest.]
- Standard-Gramatika del international auksiliari lingue : apel por unifikation del diversi mondolingue-sistemes ; intersistemal kompromis-baze sub le nom INTAL. 5., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1973
- Briefwechsel zwischen Erich Weferling und Andreas Juste 1973. Weferling, Erich [Korrespondenzpartner] ; Juste, Andreas, 1918-1998 [Korrespondenzpartner] Braunschweig : Gilly ; 1973
- Weferling, Erich: Der Stand der Weltsprache-Bewegung. Selbstverlag, Braunschweig 1975
- Standard-Gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL. 9., meliorat ed. Braunschweig : Self-ed. Weferling, 1976
- Standard-gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL. 10., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1976
- Weferling, Erich: Ek le vive de un oldi interlinguistiker. Braunschweig, 1976 (Scribd)
- Standard-gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL. 11., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1977
- Standard-gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL. 15., meliorat ed. - Braunschweig : Weferling, 1977
- Standard-gramatike del international auksiliari lingue. 11 ti meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed. Erich Weferling, 1977
- Kompare inter Esperanto e INTAL in kontrapozati tabeles. Braunschweig : Self-Ed., 1978
- Weferling, Erich: Standard-gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL 16., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1978
- Weferling, Marhild, geb. Lange; Weferling, Elke: Todesanzeige für Erich Weferling (1888-1981) (Regierungsrat i.R., Braunschweig) In: Mensch & Maß, Folge 17, 9.9.1981, S. 814
Gelsenkirchen-Buer - Außenstelle des Dürer-Verlages in Buenos Aires?
Im Januar 1923 besetzen französische Truppen Gelsenkirchen, Buer und Horst. (...)21.2.1923: (...) Fast täglich kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen der deutschen Bevölkerung und den Besatzungstruppen. In Buer erschlägt ein Hufschmied mit dem Hammer einen französischen Offizier, nachdem ihn dieser mit einer Reitpeitsche mißhandelt hatte.11.3.1923: In Buer werden zwei französische Offiziere erschossen. Die französischen Behörden verhängen sofort den Ausnahmezustand. Der Bürgermeister wird verhaftet und die Bevölkerung ist den Mißhandlungen der Franzosen ausgesetzt. Am 12. März stellt sich heraus, daß französische Soldaten die Offiziere getötet haben.2.4.1923: Um die auf Halde lagernde Kohle abzutransportieren, besetzen die Franzosen mit großem militärischem Aufgebot zwei staatliche Zechen in Buer und eine private Zeche in Recklinghausen. Bis zum 11. April werden insgesamt 22 Zechen besetzt.26.6.1923: In Marl und Buer werden im Zusammenhang mit dem verschärften Belagerungszustand drei Deutsche erschossen. Vorausgegangen war die Erschießung zweier belgischer Wachtposten durch einen Deutschen in der Nähe von Marl.
Vielleicht war es ein solches Geschehen, das mit dazu beigetragen hat, daß in Gelsenkirchen-Buer auch noch in der Zeit danach Menschen lebten, die sich Gedanken über die Weltenläufe machten, die nicht immer auf der Linie des vorherrschenden Mainstreams lagen.
Von Bagdad nach Gelsenkirchen-Buer
So lebte der vormalige deutschen Funkoffizier des Ersten Weltkrieges, der Diplomingenieur Ernst Liesching (1882-1965) (BSB) viele Jahre in Gelsenkirchen-Buer. Von ihm sind seltene Fotoaufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg überliefert, insbesondere aus Bagdad von der Mesopotamien-Front und von seiner dortigen Zusammenarbeit mit Soldaten der türkischen Armee. Auf seinen Fotografien wird unter anderem auch die bittere Armut deutlich, die damals im Osmanischen Reich herrschte. Und durch solche seltenen und ungewöhnlichen Fotografien entstand ein Interesse auch an seiner sonstigen Biographie (1).
Für diesen Blog ist Liesching deshalb interessant, weil er 1937 - mit 55 Jahren - aus der protestantischen Kirche ausgetreten ist und Anhänger der Philosophie von Mathilde Ludendorff geworden ist. Er erinnert ein wenig an den vormaligen Funker Wilhelm Knake (1900-1979) (Stgr2015), der sich nach 1945 als rühriger naturwissenschaftsnaher Autor der Ludendorff-Bewegung bemerkbar gemacht hat. Auf einer von ihm aus dem Ersten Weltkrieg erhaltenen Fotografie wirkt Ernst Liesching weich gestimmt und nachdenklich (Abb. 1). Aber vor welchem sonstigen biographischen Hintergrund geschah nun wohl seine Hinwendung zur Philosophie von Mathilde Ludendorff? - Recherchen ergaben, daß Ernst Liesching in Stuttgart geboren worden ist (1):
Sein Vater war ein Enkel des Verlegers, Buch- und Kunsthändlers Samuel Gottlieb Liesching (1786-1864), der in Stuttgart einen Verlag gegründet hatte und sich in der liberalen Bewegung des 19. Jahrhunderts engagierte. Ernst Lieschings Onkel wiederum war der Rechtsanwalt und Politiker Theodor Gottfried Liesching (1865-1922), der von 1901 bis 1918 dem württembergischen Landrat und von 1912 bis 1918 dem Reichstag angehörte. Im November 1918 war er für drei Tage der letzte königlich württembergische Ministerpräsident. Ende 1918 beteiligte sich Theodor G. Liesching an der Gründung der DDP, und von November 1918 bis Februar 1922 bekleidete er das Amt des württembergischen Finanzministers.
Ernst Liesching hat 1901 bis 1905 Maschinenbau an der Technischen Universität Stuttgart, sowie 1906 an der Technischen Hochschule Danzig studiert. Ein solches Studium war damals etwa so fortschrittlich wie heute ein Studium in Informatik.
1913 wurde sein Sohn in Essen geboren.
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Abb. 1: Dipl.-Ing. Ernst Liesching - Als deutscher Funkoffizier in Bagdad 1916 bis 1918 |
Am Ersten Weltkrieg hat er dann mit 32 Jahren als Funkoffizier teilgenommen und dabei sind zwei historisch interessante Fotoalben entstanden (1):
Von Herbst 1916 bis Sommer 1918 diente er an der Mesopotamienfront, einem Nebenkriegsschauplatz des Ersten Weltkriegs, wo deutsche Truppen an der Seite des Osmanischen Reiches gegen Großbritannien kämpften. (...) Der Großteil der Einzelaufnahmen - knapp 190 Fotos - stammt von Lieschings eigentlicher Station, aus dem Irak, wo er fast zwei Jahre stationiert war. In Bagdad leitete er die ‚Schwere Funkenstation 4 der Kaiserlich deutschen Funkerabteilung 151‘, die der 6. Türkischen Armee zugeteilt war. Die Station befand sich am Standort des Oberkommandos der 6. Armee und verkehrte zum einen mit den in der Armeefront eingesetzten Funkstationen und zum anderen mit einer Großstation in Konstantinopel. Lieschings Bilder stammen aus Bagdad, Tikrit, Kirkuk, Mossul sowie vom Tigris (El-Humr).
Liesching lebte von 1919 bis 1961 in Gelsenkirchen, bzw. in Gelsenkirchen-Buer. Seiner dortigen Entnazifizierungsakte von 1946 sind die weiteren biographischen Hintergründe zu entnehmen (1):
Er bekleidete von Juli 1919 bis Juni 1931 den Posten des Direktors der Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke Gelsenkirchen. (...) Der vergleichsweise junge Pensionär engagierte sich in der Folge für viele Jahre als ehrenamtlicher Geschäftsführer der Vereinsbezirke Rheinland und Westfalen des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern.Von Lieschings privaten Interessen zeugen u. a. die im Fragebogen der Entnazifizierungsakte genannten Mitgliedschaften beim Kegelklub Buer, beim Sauerländischen Gebirgsverein sowie beim Verein für Bodenreform. Außerdem war er ‚Alter Herr‘ der beiden Burschenschaften, denen er als Student in Stuttgart und Danzig angehört hatte. Seit 1907 war er außerdem Mitglied im Verein Deutscher Ingenieure (VDI).Auch sein Kriegseinsatz im Ersten Weltkrieg findet sich in Lieschings Fragebogen von 1946 wieder. Er war laut eigenen Angaben Mitglied im ‚Bund der Asienkämpfer - Vereinigung der Asienkämpfer, Balkankämpfer und Orientfreunde e. V.‘, einem Veteranenbund des Asien-Korps. Daneben gehörte er der ‚Kameradschaftlichen Vereinigung ehemaliger Angehöriger der Nachrichtentruppen Rheinland und Westfalen‘ an. Laut Lieschings Angaben im Fragebogen erhielt er für seine Einsätze im Ersten Weltkrieg mehrere Auszeichnungen.Politisch stand Liesching vor 1933 im nationalliberalen Lager: Bei den Reichstagswahlen vom November 1932 und vom März 1933 gibt er im Fragebogen an, die Deutsche Volkspartei (DVP) gewählt zu haben. In der Zeit des Nationalsozialismus tat sich Liesching politisch nicht groß hervor. Zwar trat er 1937 aus der evangelischen Kirche aus, schloß sich der nationalreligiös-völkischen Bewegung von Mathilde Ludendorff (Frau des Generals Erich Ludendorff) an und trat noch 1942 der NSDAP bei. Vom zuständigen Entnazifizierungsausschuß wurde Ernst Liesching 1946 aber als "politisches Kind" bezeichnet und entlastet.
1937 war Ernst Liesching schon 55 Jahre alt. Es wäre sicherlich nicht uninteressant zu erfahren, aufgrund welcher persönlicher Umstände er dazu gekommen ist, aus der evangelischen Kirche auszutreten und sich zur Philosophie von Mathilde Ludendorff zu bekennen. Als Frühpensionierter könnte er Gelegenheit gehabt haben, sich gründlicher mit religiösen und weltanschaulichen Fragen zu beschäftigen, insbesondere solchen Fragen, die sich aus der Nähe zur Naturwissenschaft ergeben.
Das Bekenntnis könnte auch damit in Zusammenhang stehen, daß es auch in diesen Jahren philosophische Vortragsveranstaltungen der Ludendorff-Bewegung im Rheinland gegeben hat. Wie er sich zur Philosophie von Mathilde Ludendorff nach 1945 gestellt hat, wäre ebenfalls von Interesse.
Hat es Verbindungen zwischen diesem Ernst Liesching und der im folgenden zu erörternden Person gegeben? Darüber wissen wir nichts, wir wollen es auch gar nicht nahelegen. Der gemeinsame Wohnort war nur ein ganz äußerer Beweggrund, beide Personen in einem einzigen Blogartikel zu behandeln.
Von Buenos Aires nach Gelsenkirchen-Buer
Der Verleger Friedrich Adlerhorst
In Gelsenkirchen-Buer lebte nun auch der Verleger Friedrich Adlerhorst (evtl. 1897-1982) (FindGrave). Von Seiten des "Spiegel" ist er im Jahr 1953 als der Ludendorff-Bewegung nahestehend charakterisiert worden. Eine durchaus noch heute lesenswerte, ja, wertvolle Schrift ist 1951 von ihm heraus gegeben worden (2). Diese war dem Bloginhaber schon im Jahr 2011 von Seiten eines älteren Bloglesers zugesandt worden (s. GAj2011). Und diese Schrift hatte dann auf unserem Parallelblog viele Folge-Recherchen ausgelöst, nämlich zu freimaurernahen Autoren wie Ernst Jünger, Hermann Hesse, Friedrich Hielscher und vielen anderen mehr.
Nachdem wir erst vor wenigen Tagen einmal wieder von einer anderen Blogleserin angeschrieben worden sind genau wegen dieser sehr selten zu findenden Schrift (2), haben wir uns zum ersten mal für den Namen des angegebenen Verlegers interessiert und diesen gegoogelt. Und da finden wir diese Schrift zunächst auch in einer Ernst Jünger-Bibliographie von Karl Otto Paetel von 1953 angeführt (GB). Sie konnte also durchaus auch schon damals von interessierten Menschen wahrgenommen werden. Und wir finden nun außerdem, daß über diesen Verleger im "Spiegel" 1953 unter anderem das folgende berichtet worden ist (Spiegel,2.6.1953), a):
Im April 1952 waren von dem Verleger Friedrich Adlerhorst in Gelsenkirchen-Buer mehrere hundert Drucksachen unter Streifband und in Taschen den Hauptpostämtern in Gelsenkirchen und Buer zur Beförderung übergeben worden. Friedrich Adlerhorst ist alter Ludendorffer, und nach 1945 hat er allerlei rechtsorientierte politische Traktätchen verlegt. Etwa: "Wir Frontsoldaten zur Wiederaufrüstung"; "Dolchstoß oder Legende"; "Offener Brief an den Europäischen Oberbefehlshaber" und einmal auch eine Broschüre "Konrad Adenauer in Vergangenheit und Gegenwart", die im März 1952 nach allerlei eigenartigem Hin und Her "wegen Beleidigung des Herrn Bundeskanzlers" beschlagnahmt worden war (SPIEGEL 18/52), ohne daß der Verfasser der Broschüre bis heute angeklagt worden wäre.
Bei weiterer Recherche läßt sich dieser Verleger nun dem Umfeld des Dürer-Verlages in Buenos Aires zuordnen - was dem "Spiegel" damals gar nicht scheint, wichtig gewesen zu sein. Im Umfeld dieses Verlages sind damals durchaus bedenkenswerte Schriften erschienen, etwa über die bis heute strittigen Hintergründe des Reichstagsbrandes von 1933 (s. GAj2013).
Zwei der im eben gebrachten Zitat genannten Titel stammen von Seiten des Verfassers Hans-Ulrich Rudel (1916-1982) (Wiki) (3, 4), dem vormaligen "Stuka-As" des Zweiten Weltkrieges, und waren ebenfalls ursprünglich im deutschsprachigen Dürer-Verlag in Buenos Aires erschienen. Und so auch die dritte hier genannte Schrift von Seiten des niederländischen Journalisten Willem Sassen (1918-2001) (Wiki) (5), der als "Ghostwriter" von Rudel auch der Verfasser der beiden anderen Schriften gewesen sein könnte.
Merkwürdig daß der "Spiegel" damals auf dieses Umfeld nicht konkreter scheint aufmerksam gemacht zu haben. Vielleicht hatte der genannte Friedrich Adlerhorst die von ihm gebrachten Schriften ohne die eigentlichen Verfassernamen vertrieben (?). Wie auch immer. Adlerhorst scheint in einem Leserbrief auf den auszugsweise zitierten Spiegel-Artikel folgendermaßen geantwortet zu haben (Spiegel, 1953, GB):
Ob der Spiegel-Bericht wahrheitsgemäß ist? "Friedrich Adlerhorst ist alter Ludendorffer" ist allerdings eine hämische Bemerkung. Muß man "Ludendorffer" sein, wenn man die Schriften des Generals gelesen hat? "Mit "rechtsorientierten" Kreisen habe ich nichts zu tun, desgleichen auch nicht mit linksorientierten. Ob "Konrad Adenauer in Vergangenheit und Gegenwart ...
Die weiteren Passagen dieser Ausschnitte wären noch einmal heraus zu suchen. Insbesondere wäre es einmal interessant zu erfahren, wer sich eigentlich hinter dem Pseudonym des aufmerksam beobachtenden Autors "Michel Dietrich" (2) verbirgt.
Daß es keinesfalls ein dezidierter Ludendorff-Anhänger war, glaubt man seiner Schrift entnehmen zu können. Immerhin werden aber in der Schrift Wahrnehmungen thematisiert, die recht gut zu den Wahrnehmungen passen, die auch Menschen innerhalb der Ludendorff-Bewegung wichtig waren.
__________
- Kraus, Eva: Ernst Liesching und seine Fotografien aus dem Ersten Weltkrieg. Bibliotheksmagazin der Bayr. Staatsbibliothek 2/2022, S. 72ff (pdf)
- Dietrich, Michel: Verschwörung gegen Deutschland und Europa. Ein Blick hinter die Kulissen des Welt-"Zaubertheaters" der "Glasperlenspieler". 1. Auflage 1951. Zu beziehen durch F. Adlerhorst, Gelsenkirchen-Buer (100 S.) (Scribd)
- Rudel, Hans-Ulrich: Wir Frontsoldaten zur Wiederaufrüstung, Dürer-Verlag, Buenos Aires 1951
- Rudel, Hans-Ulrich: Dolchstoß oder Legende? Schriftenreihe zur Gegenwart, Nr. 4, Dürer-Verlag, Buenos Aires 1951
- Sluyse, Dr. Dr. Willem: Offener Brief an den Europäischen Oberbefehlshaber, o.J. [1951] (16 S.)
- Wulf, Gunnar W.: Konrad Adenauer in Vergangenheit und Gegenwart. Adlerhorst, Gelsenkirchen-Buer 1952 (19 S.) [Schriftenreihe "Der Warner"; 1]
"Den so hohen Ernst der Stunde verstehen"
"Am nächsten Baume aufgeknüpft und noch verbrannt" zu werden, das erwartete Erich Ludendorff (1865-1937) schon zu Weihnachten 1912 als sein Schicksal, wenn sein Name in Zusammenhängen genannt werden würde rund um die Wehrvorlage, die er zu jener Zeit als treibende Kraft im deutschen Generalstab vorbereitete (Wiki). War es so ein großes Verbrechen, eine Heeresverstärkung vorzubereiten und darüber zu sprechen?
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Abb. 1: Erich Ludendorff und seine Mutter im Jahr 1914, kurz vor ihrem Tod am 6. März 1914 |
Offenbar ist das von bestimmten Leuten durchaus so gesehen worden. Die zitierten Worte stehen in einem Brief, den Erich Ludendorff zu Weihnachten 1912 in Berlin geschrieben hat, und der seit 2021 öffentlich zugänglich ist (1).
Gab es also schon zu Weihnachten 1912 eine so hochemotionale Situation rund um seine Person und sein Wirken innerhalb regierender Kreise in Berlin, rund um den Reichskanzler von Bethmann-Hollweg, rund um den Kriegsminister Josias von Heeringen (1850-1926) (Wiki)*), innerhalb des Generalstabes und bis in das Militärkabinett, das Personalamt des preußischen Heeres hinein? Grund war, daß der Oberst Ludendorff seit 1909 - verstärkt seit Anfang 1912 (Wiki) - in Denkschriften und persönlichen Aussprachen mit Nachdruck für eine Heeresverstärkung eintrat, und zwar für die größte Heeresverstärkung in der Geschichte des Deutschen Reiches. Daß dieses Wirken starke Gegenreaktionen hervorrief und starke Emotionen unter der Decke brodelten, konnte der wache Zeitgenossen auch der Presse jener Monate entnehmen (siehe gleich).
Das Wirken Ludendorff ging von jenem Ort aus, an dem sich heute das Bundeskanzleramt befindet. Es war also in Sichtweite vom Reichstagsgebäude entfernt. Das Dienstgebäude des deutschen Generalstabes, die sogenannte "rote Bude" (GAj2012), war 1945 bei Verteidigungskämpfen rund um das Reichstagsgebäude schwer beschädigt worden (GAj2012). 1947 war die Ruine abgerissen worden.
Ludendorff hat seinerseits den Haß erwiedert, der ihm entgegenschlug. Vier Monate später, nachdem er Ende Januar 1913 auf Betreiben seiner Gegner aus Berlin verbannt worden war, "strafversetzt" worden war, zum Regimentskommandeur in Düsseldorf ernannt worden war, wo man ihm, wie gesagt wurde, "Disziplin beibringen" sollte (2), schrieb er am 9. April 1913 (an seinem Geburtstag) an seine in Berlin verbliebene Mutter, und zwar just zu der Zeit, in der im Reichstag in Berlin die von ihm so energisch vorangebrachte Wehrvorlage erörtert wurde (Stgr2015):
Ich lese mit Spannung die Reden im Reichstage, der Reichskanzler war für seine Verhältnisse gut, empörend wieder dieser Kriegsminister. Warum ist man damals nicht meinem Rat gefolgt und hat ihn weggeschickt? Es ist ein Unglück unserer leitenden Kreise, daß sie die Unzulänglichkeit dieses Mannes nicht einsehen wollen. (...) Du glaubst nicht, wie ich die hasse.
Von welchen Unzulänglichkeiten hier die Rede ist, wird ein wenig deutlicher, wenn wir in die hier genannten Reden in der Reichstagssitzung vom 7. April 1913 zur Wehrvorlage hinein blicken. Sie sind auch heute noch gut zugänglich, besser als jemals. Als erster hat der Reichskanzler von Bethmann-Hollweg gesprochen (DigSam). Als zweiter sprach der von Ludendorff genannte Kriegsminister von Heeringen (DigSam). Ludendorff wird bei Sätzen wie den folgenden nur noch verständnislos den Kopf geschüttelt haben:
Die Ausdehnungsfähigkeit einer Armee im Frieden hat ihre Grenze, wenn sie nicht zeitweise zu einer Art von Miliz herabsinken soll. (...) Daher sollen den einzelnen Waffengattungen nur diejenigen Neubildungen gegeben werden, die unter den heute zu berücksichtigenden Verhältnissen unentbehrlich sind.
Hier drückt sich freilich eine "Unzulänglichkeit" aus, aus der damaligen militärpolitischen Lage Deutschlands und der Rüstungsverhältnisse innerhalb von Europa die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen, die wahrlich grenzenlos anmutet.
Als Nachgeborener freilich werden die Zusammenhänge und Wahrnehmungen rund um die Erörterungen der Wehrvorlage viel plastischer, wenn man die Ausführungen des nachfolgenden Redners liest, der von Ludendorff gar nicht erwähnt worden ist in seinem Brief. Dabei handelte es sich um den Vertreter der damals größten Fraktion im deutschen Reichstag, um den Mitvorsitzenden der SPD, den Abgeordneten Hugo Haase (1863-12919) (Wiki). Hugo Haase gibt nämlich einen auffallend guten Überblick über die Vorgeschichte der neuen Wehrvorlage, zumindest soweit sie der Öffentlichkeit bekannt geworden war. Er stellt dar, daß der Kriegsminister es noch am 10. Januar 1913 hatte dementieren lassen, daß an einer neuen Wehrvorlage überhaupt gearbeitet würde. Was Haase dann - aus SPD-Sicht - als "Hetze" bezeichnet, hätte aus damaliger wie heutiger Sicht auch einfach nur als "Kritik" bezeichnet werden können. Dann wäre es neutraler formuliert. Haase führt also aus über das genannte Dementi des Kriegsministers aus (DigSam):
Als das Dementi (...) kam, da wurde die Hetze
sprich: Kritik
der "Post", der "Rheinisch-Westfälischen Zeitung", der "Täglichen Rundschau" gegen den Reichskanzler und gegen den Kriegsminister fortgesetzt. Es erschien damals in der "Post" die Nachricht, es sei seit längerer Zeit bekannt, daß zwischen den maßgebenden Stellen der Regierung gerade um die Fragen, von denen Deutschlands Schicksal unmittelbar abhänge, erbitterte Kämpfe geführt würden, daß dort ein Tohuwabohu herrsche, wie es größer kaum gedacht werden könnte. Es ständen sich zwei Weltanschauungen diametral gegenüber: auf der einen Seite jene Stellen, welche in erster Linie die Verantwortung für den Verlauf und Ausgang eines möglichen Feldzuges tragen, auf der anderen Seite diejenigen, die von einem unglaublichen Friedenswahn befangen sind, und die aus Furcht vor parlamentarischen und innerpolitischen Schwierigkeiten sowie aus Gründen bürokratischer Sparsamkeit blind und taub gegen die elementarsten Gebote militärischer Notwendigkeit seien.Kaum war der Artikel erschienen, da kam mit einem Male die "Norddeutsche Allgemeine" am 24. Januar, im Gegensatz zu ihrer früheren Haltung, mit der überraschenden Erklärung: "Ein hiesiges Blatt will erfahren haben, daß seit längerer Zeit zwischen den maßgebenden Stellen der Reichsregierung um eine neue Militärvorlage erbitterte Kämpfe geführt würden. Es handelt sich hier um aufgeregte Treibereien, mit denen der Sache, die in Frage steht, schlecht gedient ist. Die maßgebenden Stellen sind längst einig darin, daß eine Reihe von Mehrbedürfnissen unseres Heeres befriedigt werden müssen".Daraus, meine Herren, ist mit zwingender Notwendigkeit der Schluß zu ziehen, daß erst in diesen Tagen der Reichskanzler und der Kriegsminister vor dem Wehrverein und dem mit dem Wehrverein Hand in Hand gehenden Generalstab kapituliert haben. Es ist durch die "Norddeutsche Allgemeine" selbst verbreitet worden, daß im Januar von Allerhöchster Stelle die Entscheidung gefallen ist, und als diese Entscheidung zu Gunsten des Generalstabs fiel, da haben der Herr Reichskanzler und der Herr Kriegsminister einfach ihre Anschauungen geändert, da haben sie dem Generalstab nachgegeben, da haben sie mit einem Male erklärt, alles das sei notwendig, was sie selbst, wie wir annehmen müssen, in Übereinstimmung mit uns bis dahin bekämpft haben.Ist das aber richtig, dann fallen alle die Ausführungen des Herrn Reichskanzlers in nichts zusammen. Wie richtig das alles ist, konnte man aus psychologischen Erwägungen auch heute aus der Haltung des Kriegsministers schließen. Als der Herr Kriegsminister seine Rede schloß, da haben wir wohl alle angenommen, daß er nun erst recht die Gründe für die Vorlage vorbringen würde. Ist es denn schon in einem Parlament der Welt vorgekommen, daß bei einer Vorlage von dieser Tragweite der Kriegsminister nichts weiter tut, als daß er in der dürftigsten, unzulänglichsten Form den Inhalt der Begründung paraphrasiert, diesen Inhalt, der selbst so nichtssagend ist wie nur irgend etwas? (...)Meine Herren, der Herr Kriegsminister hat eben - das fühle ich ihm allerdings nach - von Herzen diese Vorlage nicht vertreten können.
Innerlich stehen Haase, von Bethmann-Hollweg und von Heeringen - das bringt Haase hier zum Ausdruck - auf der gleichen Seite. Haase wendet sich dann noch ausdrücklich an die Abgeordneten der Zentrums-Partei, weil er von diesen auch noch erwartet, daß sie - wie die SPD - gegen die Wehrvorlage stimmen würde (was sie dann nicht tat).
Haase bezieht sich dann als vorbildlich nicht nur auf das Schweizer Milizheer, sondern auch noch auf das preußische Volksheer des Jahres 1813, dem in den Jahren 1812/13 die konservativen Kreise skeptisch gegenüber gestanden seien, und das auch nicht gut (durch eine mehrjährige Wehrpflicht) auf den Krieg des Jahres 1813 vorbereitet gewesen sei, und das dennoch über Napoleon gesiegt habe. Daß dieser Vergleich auf vielen Ebenen mehr als hinkt, wird auch schon damals den meisten Zuhörern aufgegangen sein. Er übergeht dabei zum Beispiel ganz, daß Preußen damals mit Rußland und England verbündet war und diese Mächte nicht zusätzlich auch noch als Gegner hatte. Hätte Preußen im Jahr 1813 Rußland und England gemeinsam mit Frankreich als Gegner gehabt - hätte es dann jemals einen Krieg gewinnen können? Friedrich dem Großen war sogar das fünfzig Jahre früher gelungen (im Siebenjährigen Krieg). Aber das stand bekanntlich sehr oft "Spitz auf Knopf".
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Abb. 3: Generalstabschef von Moltke - Der spiritueller Berater seiner Frau war Rudolf Steiner |
Man sieht jedenfalls an den Ausführungen von Hugo Haase, daß SPD, Kriegsminister und Reichskanzler innerlich schon 1913 miteinander auf einer Linie lagen - nämlich gegen den Generalstab, und daß Kriegsminister und Reichskanzler gegenüber dem Generalstab nur deshalb eingeknickt sind, weil schließlich auch der Kaiser selbst seine Meinung geändert hatte. Das arbeitet Hugo Haase deutlich heraus.
"Ich hatte ja auch im Generalstabe selbst Feinde"
Diese Rede von Hugo Haase läßt noch einmal doppelt fragen, wie das, war man als Zeitgenosse damals nur durch vage Presseberichte wahrnehmen konnte, von Erich Ludendorff selbst intern als der treibenden Kraft der Wehrvorlage wahrgenommen worden ist. Wir lesen über einen Bericht, den der bayrische Militärbevollmächtigte im Großen Generalstab in Berlin Karl Wenninger (1861-1917) (Wiki) nach München sandte (4, S. 129):
Am 25. 11. 1912 hatte Wenninger Unterredungen mit Ludendorff, Wachs und Bergmann vom Generalstab bzw. Kriegsministerium und berichtete wie folgt nach München:"1.) Greifbare diplomatische Nachrichten über eine unmittelbar drohende Kriegsgefahr liegen weder beim Kriegsministerium noch beim Großen Generalstab vor. Aus Rußland berichten Militärattache und Konsulate übereinstimmend, daß von irgendwelchen Mobilmachungsregeln dort z. Zt. nicht die Rede sei. (...) Frankreich habe ebenso wie Deutschland noch keinerlei Schritte in der Richtung "Verstärkung der Kadres" getan. Dagegen scheine Österreich unmittelbar vor entscheidenden Maßnahmen zu stehen. Eine partielle Mobilmachung sei bereits im Gange. Besonders alarmierend wirkte dort die verbürgte Nachricht, daß Serbien Transporte schwerer Artillerie, die gegen Skutari bestimmt waren, unterwegs anhielt und an die Donau zurückdirigierte. Ein Losschlagen Österreichs werde voraussichtlich Rußland aus seiner Lauerstellung herauslocken. Dann würde eine deutsche Mobilmachung gegen Rußland vielleicht notgedrungene Folge sein. [...]2.) Jedenfalls ist die Lage eine hochgespannte. Die Folgen sind verschiedene Beschleunigungen militärischer Maßnahmen. [...]"
Am 9. April 1913 kritisierte Wenninger in der Reichstagssitzung zur Wehrvorlage die Rede des bayerischen Zentrums-Abgeordneten Caspar Haeusler, der für diese nur Beifall von den Sozialdemokraten erhalten hatte (Wiki). Auf Wikipedia wird seine Kritik als "skandalös" bezeichnet, sie liest sich aber im Original harmloser als es dieser Charakterisierung entnommen werden könnte (s. DigSam, a, b).
Erich Ludendorff selbst schildert in seinen Erinnerungen seinen Einsatz und seine Eingaben in Hinsicht auf eine Heeresvermehrung seit dem Jahr 1909 über 26 Seiten hinweg (2, S. 130-156), geht darin aber in der Regel nicht auf einzelne Unterredungen ein wie die eben genannte.
Solange zwischen ihm und dem Generalstabschef noch sein Vorgesetzter von Stein gestanden hatte, hatte er sich noch nicht mit ausreichendem Nachdruck dafür einsetzen können. 1912 aber wurde Stein versetzt und Ludendorff hatte unmittelbar Zugang zum Generalstabschef. Nachdem Ludendorff detailliert all die schriftlichen Eingaben insbesondere an das Kriegsministerium (über seine Vorgesetzten, vor allem über von Moltke) geschildert hatte, schreibt er abschließend und zusammenfassend über den Generalstabschef von Moltke und seine Umgebung im Generalstab (2, S. 156):
In der Tat, den Kampf im Generalstabe mit einem so nachgiebigen, unter okkulten Einflüssen stehenden, innerlich immer mehr zusammenbrechenden Mann an der Spitze durchzuführen, war nicht leicht. Ich hatte ja auch im Generalstabe selbst Feinde. Meine deutliche Sprache und mein heftiges Drängen dem Kriegsministerium gegenüber waren namentlich der Zentralabteilung nicht recht. Sie befürchtete wohl, sie könne bei Etatsforderungen des Generalstabes, die ja schließlich auch das Kriegsministerium zu vertreten hatte, Schwierigkeiten haben, und auch das Militärkabinett, das mit dem Kriegsministerium in allen Fragen durch dick und dünn ging und auch auf die Personalien des Generalstabes Einfluß hatte, unangenehm berührt sein. Die Tatsache aber, daß der Bürochef der Zentralabteilung des Großen Generalstabes ein Freimaurer war und Freimaurer im Militärkabinett*) und im Kriegsministerium saßen, wird dabei die ausschlaggebende Rolle gespielt haben. Dem General v. Moltke wurde jedenfalls gesagt, ich könne nicht kommandierender General werden, wenn ich nicht jetzt ein Regiment bekäme, wozu ich allerdings auch heranstand. Ich habe solche Fürsorge für mich stets „warm“ empfunden. Das „Kommandierendergeneralwerden“ war nur ein Vorwand, man wollte mich los sein. Der weiche General v. Moltke durchschaute das alles nicht, vielleicht war ich ihm auch selbst zu scharf drängend. Wohl hielten auch von den überstaatlichen Mächten hörige Medien meine Versetzung für geboten, denn ich habe später erfahren, daß schon vor vor dem Weltkriege in Freimaurerkreisen gegen mich gearbeitet wurde, was ja auch von ihrem Standpunkt aus eine Selbstverständlichkeit war. Als mir General v. Moltke die Mitteilung von meiner bevorstehenden Versetzung machte, klang die Begründung bei ihm weiter nicht sehr überzeugend. Wie wenig er sie selbst für stichhaltig gehalten hat, geht daraus hervor, daß er mich schon nach wenigen Monaten, und zwar im Juni, dem Chef des Militärkabinetts zur Ernennung als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements im Kriegsministerium vorschlug. Ich konnte selbstverständlich dem General v. Moltke, als er mir von meiner bevorstehenden Versetzung sprach, nichts entgegenhalten. Dazu war ich zu stolz. Bei seinem Schwanken versprach ich mir durch mein Verbleiben im Generalstabe auch nicht mehr Entscheidendes für die Durchbringung der Heeresvorlage, so wie ich sie für nötig gehalten hatte. Was unter den traurigen Verhältnissen zu erreichen war, war schon festgestellt.Ich wurde also am 27. Januar 1913 aus dem Generalstabe als Regimentskommandeur nach Düsseldorf versetzt, der Chef des Militärkabinetts schrieb an meinen kommandierenden General v. Einem, wie dieser mir viele Jahre später mitgeteilt hat, "er müsse mir Disziplin beibringen".
Von den Auseinandersetzungen, die Ludendorff in seinen Erinnerungen aus interner Sicht schildert, ist also doch allerhand nach außen an die Presse gedrungen - zwar immer nur gerüchteweise, aber fast noch "aufwühlender" als Ludendorff selbst es schildert. In der von Ludendorff gegebenen Anmerkung zu den Freimauren im Generalstab schrieb er (2, S. 156):
Im Militärkabinett waren die Freimaurer damals durch Major v. Marschall vertreten, auf dessen Drängen im Jahre 1918, nach meinem Abgang, General Groener im Einverständnis mit General v. Hindenburg mein Nachfolger wurde.
Der Leiter des Militärkabinetts war im übrigen Moriz von Lyncker (1853-1932) (Wiki) (zu ihm s.a. Stgr2011). Dieser war es, der dem künftigen Vorgesetzten Ludendorffs, dem General von Einem, schrieb, er solle Ludendorff "Disziplin beibringen". Ludendorff hatte wahrlich nicht zwischen diese ganze Freimaurerhörigkeit gepaßt. Aber immerhin! Fünf Monate konnte sich sogar der "unzulängliche" Kriegsminister von Heeringen nicht mehr im Amt halten (Wiki):
Vom 19. August 1909 bis zum 4. Juli 1913 amtierte Heeringen als Kriegsminister. Er widersetzte sich den Plänen von Generalstabschef von Moltke und Oberst Erich Ludendorff, damals Leiter der Aufmarschabteilung des Generalstabs, die Heeresstärke in Friedenszeiten von 670.000 auf 970.000 Mann aufzustocken. Nur durch einen Immediatvortrag bei Kaiser Wilhelm II. konnte der Kriegsminister es erreichen, daß in der Heeresvorlage 1913 die Heeresvergrößerung auf 117.000 (statt der geplanten 300.000) Mann begrenzt blieb. Doch die Kritik, durch seinen Einsatz gegen eine forcierte Aufrüstung habe Heeringen die Aufstellung dreier zusätzlicher Armeekorps vereitelt, riß nicht ab. Die Beziehungen zwischen dem Kriegsministerium und dem Generalstab blieben derart angespannt, daß der Kriegsminister den Kaiser um seine Amtsentpflichtung bat.
Offensichtlich hat man sich also von der "Unzulänglichkeit dieses Mannes" schließlich doch noch überzeugt. Seinem Gesuch wurde zum 4. Juli 1913 stattgegeben.
von Moltke schlägt Ludendorff als Mitarbeiter des Kriegsministers vor (Juni 1913)
War womöglich das Rücktrittsgesuch des von Heeringen beschleunigt worden durch den Umstand, daß Generalstabschef von Moltke den Obersten Ludendorff schon im Juni 1913 dem Chef des Militärkabinettes zur Ernennung als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements im Kriegsministerium vorgeschlagen hat? Damit wollte er Ludendorff im Kriegsministerium selbst als Untergebenen des Kriegsministers platzieren. Sicherlich ein unerwartetes Vorgehen. Als Begründung schrieb er aber (2, S. 156f):
Euer Exzellenz ist die vorzügliche Beurteilung dieses Offiziers in allen seinen bisherigen Dienststellen bekannt. Er stand, bevor er Regimentskommandeur wurde, fünf 5 Jahre lang an der Spitze der 2. Abteilung des Großen Generalstabes, ist also mit allen Fragen der Organisation des Heeres, der Mobilmachung und des Aufmarsches auf das Genaueste vertraut. Er ist ein Mann mit weitem Blick, von festem Charakter, von schneller Auffassung und eisernem Fleiß, der mir während dieser 5 Jahre gemeinsamer Tätigkeit ein ganz besonders zuverlässiger, nie versagender Gehilfe war.
Da der Kriegsminister auch weiterhin einen schweren Stand im Reichstag haben würde, würde Ludendorff ihm eine gute Hilfe sein (2, S. 156f):
Gerade hierin würde ihm der Oberst Ludendorff in seiner Bestimmtheit, seiner altpreußischen Auffassung und seiner unbedingten Zuverlässigkeit eine hervorragende Stütze sein.
Weiter schrieb er (2, S. 156f):
Wie Euer Exzellenz bekannt, sind während der anstrengenden Tätigkeit des letzten Winters einige Differenzen zwischen ihm und dem Kriegsministerium entstanden, die aber lediglich darauf zurückzuführen sind, daß Oberst Ludendorff nur das eine Ziel im Auge hatte: der Sache zu dienen und die von mir als erforderlich bezeichneten Vorschläge allen fiskalischen Bedenken gegenüber durchzusetzen. ... Daß es mir bei meinem Vorschlage lediglich um die Sache zu tun ist, mögen Euer Exzellenz daraus erkennen, daß ich, so sehr ich das für den Generalstab bedauere, gerade auf die Ernennung des Oberst Ludendorff als Oberquartiermeister verzichte, weil ich seine Verwendung als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartement zum Besten des Heeres für noch wertvoller halte.
Es wäre noch einmal genauer auszuloten, was sich der Generalfeldmarschall von Moltke bei diesem Schreiben gedacht hat. Aus ihm geht in jedem Fall die große Wertschätzung hervor, die er für Ludendorff hatte.
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Abb. 4: "Der Kaiser und Prinz Heinrich zum Tee mit General von Heeringen" (zeitgenössische Postkarte, ohne Ort, ohne Datum) |
Die Argumente, die Josias von Heeringen zuvor gegenüber dem Kaiser scheint vorgebracht zu haben, waren gewiß nicht von energischem Vorwärtsdrängen geprägt. Das geht unter anderem aus einem Aufsatz in der Wochenzeitung "Die Zeit" aus dem Jahr 2013 hervor. Die Inhalte desselben werden folgendermaßen wiedergegeben (Dossier2013):
So hatten konservative Kreise im Militär durchaus Vorbehalte gegen die neue Heeresvorlage. Denn eine massive Vergrößerung der Armee würde zwangsläufig dafür sorgen, daß zunehmend bürgerliche Offiziere requiriert werden müßten und damit das Offizierskorps als Domäne der Adligen infrage stellen würden. Zugleich bedeutete das für die Mannschaften, weitaus stärker als bisher städtische Arbeiter einzuberufen. Das sorgte bei manchem Offizier für schlaflose Nächte und malte das Gespenst der Revolution an die Wand. Übrigens nicht ganz zu Unrecht, wie es sich im November 1918 dann zeigen sollte.
Daß der Sozialdemokrat Haase ebenfalls solche Dinge im Hinterkopf hatte, wird unterschwellig in seiner Rede deutlich. Angesichts der hochgerüsteten Militärmächte Europas, von denen sich Deutschland in den Jahren 1912 und 1913 umgeben sah, waren solche Argumente aber wirklich verquastet. Ein interessanter Aspekt ergibt sich aus den weiteren Ausführungen (Dossier2013):
Aber noch ein anderer Punkt verdient Beachtung: Die Finanzierung des Rüstungsprogramms erfolgte über Vermögenssteuern. Das versetzte die Sozialdemokratie in eine Zwickmühle. Zwar lehnte sie die Aufrüstung traditionell ab, zugleich plädierte sie ebenso anhaltend für eine Besteuerung des Besitzes. In dieser Situation bewilligte sie als größte Fraktion im Reichstag die Steuererhöhungen, lehnte die Heeresvorlage selbst aber ab. Leider behandelt Fesser nicht die Frage, inwiefern diese partielle Einbindung der SPD eine Vorstufe für die spätere Zustimmung zu den Kriegskrediten und generell die Integration der Arbeiterbewegung war.
Es handelt sich also schon um vergleichsweise vielschichtige Vorgänge rund um die Wehrvorlagen der Jahre 1912 und 1913. Im übrigen durch diese durch Vorträge und Zeitungsartikel in der Öffentlichkeit unterstützt von Seiten des eigens hierfür gegründeten "Deutschen Wehrvereins" (Wiki), den auch Haase erwähnte. Der "Deutsche Wehrverein" war der letztgegründete von mehreren, bedeutenden sogenannten "vaterländischen Verbände" des Deutschen Kaiserreiches.
"Deutscher Wehrverein" und Generalstab - Ab wann gab es Verbindungen?
In einer historischen Untersuchung aus dem Jahr 1979 (3) wurde die These vertreten, daß es keine unmittelbaren persönlichen Verbindungen gegeben habe zwischen den maßgebenden Persönlichkeiten des "Deutschen Wehrvereins" und Erich Ludendorff im Generalstab als der dortigen treibenden Kraft für die Wehrvorlage (3, S. 22):
Die genaue Rolle des DWV in diesem Ressortstreit ist schwer auszumachen. Es läßt sich nicht bezweifeln, daß Ludendorff die Agitation des DWV insofern billigte, als diese seine Forderungen dem Kriegsministerium gegenüber nur verstärken konnte. Sehr wahrscheinlich gab es überdies gelegentliche Kontakte zwischen Vertretern des DWV und des Generalstabes, und der DWV spiegelte zweifelsohne die Ansichten des Generalstabes wider. Das alles aber als ein aktives Zusammenwirken zu bezeichnen, ist wohl etwas übertrieben
In der diesen Worten beigegeben Anmerkung werden vage Angaben zu einem solchen Zusammenwirken erörtert, die aber insgesamt als zu vage eingeschätzt werden. Diese Fragestellung erhält nun durch einen seit 2021 zugänglichen Brief Erich Ludendorffs aus dem Dezember 1912 (1) gewiß eine neue Beleuchtung. Seinen Wortlaut bringen wir weiter unten. Zwar deutet sich an keiner Stelle in diesem neu bekannt gewordenen Brief an, daß es schon frühere Verbindungen zwischen Ludendorff und dem "Deutschen Wehrverein" gegeben hätte. Ausdrücklich schreibt Ludendorff sogar, daß ein Mitarbeiter des "Deutschen Wehrvereines", von Wrochem, "aus sich heraus" zu den seiner Meinung nach richtigen Gedanken gefunden hätte. Die genannte historische Untersuchung aus dem Jahr 1979 faßte die Vorgänge rund um Ludendorff folgendermaßen zusammen (3):
Am 1. Oktober 1912 wurde Ludendorffs unmittelbarer Vorgesetzter in der Operationsabteilung des Generalstabes versetzt, woraus sich eine Situation ergab, in der sich Ludendorff nunmehr direkten Zugang zum Chef des Generalstabes, Helmuth v. Moltke, verschaffen konnte. Zugleich hatte die Kombination von verschlechterter militärischer Lage auf dem Balkan und dem Druck der in erster Linie vom Deutschen Wehrverein mobilisierten öffentlichen Meinung schon angefangen, den Widerstand der Regierung gegen die Idee einer neuen Heeresvorlage zu untergraben.
Wie böswillig war es aber auch, die Friedensliebe der damaligen deutschen Regierung durch die Idee einer solchen Heeresvorlage zu - - - "untergraben". Das will der Historiker wohl mit diesem Wort "untergraben" zum Ausdruck bringen. Angesichts der gleichzeitigen Rüstungen der anderen europäischen Militärmächte und angesichts des Verlaufes des dann folgenden Krieges ist eine solche Einordnung allerdings ein wenig gar zu lächerlich. Weiter heißt es (3):
Am 13. Oktober 1912 hob der Kaiser selbst diese Idee hervor, doch noch setzten sich Bethmann Hollweg, Heeringen und auch Moltke dagegen durch. Ohne die Ansichten des Kaisers zu kennen, fing Ludendorff aber gleichzeitig an, Moltke unter intensiven Druck zu setzen, was dazu führte, daß Moltke endlich Ende Oktober für eine neue Heeresvorlage gewonnen werden konnte. Es begann nun ein neuer Ressortstreit, diesmal zwischen Generalstab, Kriegsministerium und Reichskanzler über die Ratsamkeit bzw. die Höhe einer eventuellen weiteren Heeresvermehrung. Immer noch von Ludendorff vorangetrieben, wurde Moltke nun der Befürworter "entscheidender" Erhöhungen, indes Heeringen, der seinerseits immer die sozialen Nachwirkungen einer Vergrößerung des Offizierkorps im Auge hatte, solche Erhöhungen irgendwie einzuschränken trachtete, wobei er die Unterstützung Bethmann Hollwegs fand, der immer noch eine grundlegende Finanzreform wegen der zu erwartenden Opposition der Konservativen vermeiden wollte. Der Höhepunkt der Kontroverse wurde am 21. Dezember 1912 erreicht, als Moltke dem Kriegsminister und dem Reichskanzler eine verblüffende, von Ludendorff verfaßte Denkschrift einreichte, in der die Forderungen des Generalstabes, die weit über das von Heeringen und Bethmann Hollweg erwartete Maß hinausgingen, formuliert wurden: u.a. die volle Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, die nach Ludendorffs Berechnungen jährlich 150.000 zusätzliche Rekruten und eine Zunahme von 300.000 Mann in der Friedensstärke des Heeres ergeben würde, die man wiederum zur Einrichtung der dritten Bataillone in allen Regimentern sowie zur Aufstellung von drei neuen Armeekorps verwenden wollte. Diese Denkschrift wurde nun die Grundlage der weiteren Verhandlungen, als die eigentliche Frage auftauchte, ob oder inwieweit es Bethmann Hollweg und Heeringen gelingen würde, den Forderungen Ludendorffs maßvollere Schranken zu setzen. Der Ressortstreit dauerte noch zwei Monate an, bis man einen Kompromiß erreichen konnte. Moltke stimmte zu, als man die Idee der drei neuen Armeekorps fallen ließ und die Zahl der neuen Rekruten etwas herabsetzte. Dennoch waren die neuen vorgesehenen Erhöhungen enorm: die Stärke aller bestehenden Einheiten sollte durch Aushebung von 106.000 Mann zusätzlicher Truppen im Jahre sowie die Einstellung von knapp 4000 neuen Offizieren bzw. 13.400 neuen Unteroffizieren vermehrt werden. (...)Berichte über die Möglichkeit einer neuen Heeresvorlage waren schon einige Monate vor Bekanntgabe der Einzelheiten am 28. März 1913 in der Presse durchgesickert.
Weiter wird interessanterweise ausgeführt (3):
Als die Reichstagsverhandlungen über die Heeresvorlage in die letzte Phase eintraten, gab der Reichskanzler in einem Brief an einen Freund seiner Erleichterung Ausdruck, er erwarte, daß das Gerede "von Krieg und Kriegsgeschrei und von den ewigen Rüstungen" nun bald ein Ende nehmen würde. Er konnte auch nicht die Bemerkung unterlassen, was für "eine merkwürdige Sache" es sei, daß ein "so demokratischer Reichstag eine solche Riesenmilitärvorlage annimmt".
Er war also überhaupt nicht einverstanden mit jener Heeresvorlage, die er selbst dem Reichstag vorgelegt und begründet hatte. Es gab schon sonderbare Gestalten damals an der Spitze der deutschen Regierung. Sie haben vieles vorweggenommen von dem, was sich seither dann immer weiter bis heute an Irrsinn, Wahnwitz und Böswilligkeit gegenüber dem deutschen Volk regierungsseitig gesteigert hat.
Der Adressat nun des neu bekannt gewordenen Briefes von Erich Ludendorff, der Offizier Bernhard Tepelmann (1862-1919), war - soweit übersehbar - Mitglied und Mitarbeiter des "Deutschen Wehrvereins". Er hatte Ludendorff im Dezember 1912 unter anderem einen Artikel aus der "Täglichen Rundschau" (Wiki) aus demselben Jahr gesandt von Seiten des Vorstandsmitgliedes des Deutschen Wehrvereines, nämlich von Seiten des Generalleutnants Alfred von Wrochem (1857-1915) (Wiki)***). Das Erscheinen dieses Artikels war offenbar dadurch ermöglicht oder erleichtert worden, daß auch der damalige Herausgeber der "Täglichen Rundschau" (die auch von Haase erwähnt worden ist, s.o.), der Journalist Heinrich Rippler (1866-1934) (Wiki), Mitglied des "Deutschen Wehrvereins" war (3), zugleich auch Mitglied der liberalen "Deutschen Volkspartei". Aus der Antwort Ludendorffs geht hervor, daß Ludendorff diesen Artikel bislang gar nicht gekannt hatte und offenbar auch sonst bislang wenig von den Aktivitäten des Deutschen Wehrvereins zur Kenntnis genommen hatte. Dem Wortlaut könnte man entnehmen, daß er zuvor schon bei irgendeinem gesellschaftlichen Anlaß mündlich ins Gespräch mit Tepelmann gekommen war und dieser sich dann im Nachgang auch noch einmal schriftlich an ihn gewandt hatte. Ludendorff antwortete also (1):
Lieber Tepelmann!
Vielen Dank für Ihre Zeilen. Die Ziele und Anträge des Generalstabes kann ich Ihnen nicht nennen. Ich würde am nächsten Baume aufgeknüpft und noch verbrannt werden. Also darüber schweige ich.
Ich halte mich aber wohl für berechtigt, mit Ihnen in einen Gedankenaustausch darüber einzutreten, was mir am Herzen liegt. Ich habe da den Artikel der Täglichen Rundschau von 18/12 mit sehr vielem Interesse gelesen. Was da über die Festigung der Verbände der Reserveformationen und über die Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht gesagt ist, unterschreibe auch ich. Ebenfalls
[Seite 2] ist mir das aus dem Herzen geschrieben, was über die Übungen der Kavallerie gesagt ist. An 10 Wochen im Jahr dürfen wir aber wohl nicht denken, dazu reichen unsere Übungsplätze nicht aus, und die Übungen als solche ... in das Gelände zu legen, würde Flurschäden verursachen, die niemand bezahlen kann.
Auch das über die Feldartillerie gesagte trifft voll zu.
Sie sehen also, daß Herr v. Wrochem aus sich heraus das gefunden hat, das der Armee m. E. not tut. Wenn aber nach Ihrem Schreiben nur Kavallerie Ballonabwehrkanonen (?) erhalten sollen, das weiß ich nicht. Die feindl.
LuftFlugzeuge werden uns weit überfliegen, deutsche Zeitungen halten schon die Rheinbrücken für bedroht.Noch eines, lieber Tepelmann, ich fürchte, wir machen uns nicht klar, was solche
[Seite 3] Etatserhöhungen bei allen Waffen an Mannschaften und Pferde, die Aufstellung ... Bataillone u.s.w. kosten wird. Das sind ganz gewaltige Summen, aber die das Volk auf sich nehmen wird, wenn es den nach meiner Ansicht so hohen Ernst der Stunde verstehen wird. Gott weiß es! Es fehlt nur an Verständnis, daß dies Erstarken der Südslaven uns trifft, daß wir Deutschen als solche in Mitleidenschaft gezogen werden müssen, wenn Österreich sich duckt. Hier fehlt es an der richtigen Aufklärung. Gewiß gibt es Blätter, die das schreiben, aber die liberalen Zeitungen bringen das wohl nicht und in allen Kreisen muß diese Erkenntnis da sein. Ohne eine gründliche politische Aufklärung erreicht der Wehrverein nicht sein Ziel!
[Seite 4] In Verbindung mit den Slaven rückt die Bedeutung Rußlands schärfer hervor, wir sehen nur nach Westen, denken wenig an den Osten, wohl an die engl. Flotte nicht aber an das vortreffliche, etwa 3 Armeekorps starke engl. ... korps. Nur wenn wir alle Feinde sehen, kommen wir zu einer richtigen Einschätzung dessen, was uns not tut. Allerdings muß auch Österreich ran, aber das wird mehr zu tun haben, um eine Kräfteverteilung (?) gegen das Erstarken der Balkanstaaten zu schaffen. Ich bin kein Politiker, aber das sieht jeder ein!
Die Angaben über Frankreich in der Anlage. Ich bitte Sie herzlich, sorgen Sie dafür, daß nie der Generalstab genannt wird, nie meine Person! Wenn ich hier auch rein persönlich gesprochen habe, so werden meine lieben Feinde, denen ich sehr unbequem bin, meine amtliche - persönliche Eigenschaft nicht auseinanderhalten und mir einen Strick drehen. Was ich ihnen i. S. m. Feindes nicht verdenken kann. Verzeihen Sie die Eile.
Gute Feiertage
Ihr Ludendorff
Woher taucht dieser, bislang unbekannte Brief auf? Im Jahr 2021 erfaßte die Landesbibliothek Niedersachsen in Hannover - die "Gottfried Wilhelm Leibnitz-Bibliothek" - das ihr überlassene "Reimar Hartge Archiv" (Kall), und zwar, wie es heute schon häufiger üblich und vorbildlich ist, auch gleich in digitaler Form für das Internet. In diesem vormaligen Privatarchiv fand sich nun der hier zitierte vierseitige, handschriftliche Brief Erich Ludendorffs an Bernhard Tepelmann. Zwar hat der Schreiber auf dem Brief weder Ort noch Datum verzeichnet. Das machte Erich Ludendorff sein ganzes Leben lang sehr häufig so. Deshalb muß auch gefragt werden, ob der Brief von Seiten der Landesbibliothek Niedersachsen richtig datiert worden ist in das Jahr 1913, und zwar in den Dezember 1913. Könnte er seinem Inhalt nach nicht eigentlich viel paßgenauer in das Jahr 1912 datiert werden? Zumal es doch sehr ungewöhnlich wäre, wenn man am Ende des Jahres 1913 noch auf einen Zeitungsartikel des Jahres 1912 hinweist!?! Und zumal Ludendorff am Ende seines Briefes doch recht deutlich macht, daß er sich zu jenem Zeitpunkt noch im Amt, als im Großen Generalstab in Berlin befand. Als Regimentskommandeur in Düsseldorf hätte er diese Phrase über das Auseinanderhalten von "amtlich" und "persönlich" gar nicht sinnvoll benutzen können.
Der Empfänger verzeichnete ebenfalls nur, daß er den Brief am 27.12. beantwortet hat. Der Schlußwendung des Briefes nach konnte er durchaus kurz vor Weihnachten verfaßt worden sein (1).**) Und mit weitaus größerer Wahrscheinlichkeit im Jahr 1912 als im Jahr 1913.
In jedem Fall ordnet sich dieser Brief nahtlos ein in die bislang schon bekannte zeitgeschichtliche Zusammenhänge, die oben schon geschildert worden sind. Er korrigiert den Aufsatz von 1979 (3) dahingehend, daß er eine direkte Verbindungen zwischen Generalstab und Wehrverein schon im Dezember 1912 sehr deutlich macht. Zum Wehrverein sei noch zitiert (Wiki):
Der Deutsche Wehrverein (DWV) wurde 1912 gegründet, um die deutsche Bevölkerung von der Notwendigkeit einer wesentlich stärkeren Heeresrüstung zu überzeugen. (...) Die Gründung des Vereins erfolgte am 28. Januar 1912 in Berlin. Gleich nach seiner Gründung begann der Verein mit einer regen publizistischen Arbeit. Vorstandsmitglied des Wehrvereins (war) Generalleutnant Alfred Wrochem. (...) Der Kronprinz bekannte sich offen zum Wehrverein. Ein anderer Grund für seinen Erfolg war, daß er durch seine Vorstandsmitglieder direkten Zugang zu mehreren großen Zeitungen besaß.
Aber schon aus dem ersten Satz des Briefes von Ludendorff geht hervor, daß dieser Deutsche Wehrverein bis zu dieser Kontaktaufnahme nicht über sehr gute Verbindungen in den Generalstab verfügte.
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Abb. 5: General Josias von Heeringen - Sein Sohn war 1933 leitender Freimaurer in Deutschland |
Der vormalige Kriegsminister von Heeringen ist dann bis August 1916 Oberbefehlshaber der 7. deutschen Armee im Elsaß gewesen. Diesen Posten mußte er - auffälliger Weise - abgeben einen Tag bevor Erich Ludendorff 1916 in die Oberste Heeresleitung eintrat.
Mindestens zweimal ist Erich Ludendorff dem von Heeringen noch in späteren Jahren persönlich begegnet, nämlich beim Trauerzug für Kaiserin Augusta am 19. April 1921 (Stgr2012), sowie bei der Enthüllung des wieder errichteten Moltke-Denkmals in Halle, auf dem sogenannten "Deutschen Tag" in Halle am 11. Mai 1924. In der Erinnerung an letztere Begegnung schrieb Erich Ludendorff (Stgr2011):
Generaloberst v. Heeringen, als ältester General, hielt die Ansprache, die die Bedeutung des Heeres und die Arbeit der Generale für das Heer hervorhob, er vergaß aber völlig, den Obersten Kriegsherrn zu erwähnen, der sich für die Ausbildung des Heeres doch wahrlich eingesetzt und sie gefördert hatte. Daß er seinen Willen dem Kriegsminister, eben diesem Generaloberst von Heeringen gegenüber leider nicht durchgesetzt hatte, lag in einem Handeln, das dieser dem Kaiser wohl kaum hat verargen können. Bekanntlich hat Generaloberst v. Heeringen dem Streben des Kaisers nach einer Heeresverstärkung und auch meinem Streben vor dem Weltkriege, die allgemeine Wehrpflicht durchzuführen, entschiedenen Widerstand gegenübergestellt.
Das war alles, was er zu diesem Zeitpunkt noch über von Heeringen zu sagen wußte. Die Geschichte war über diese Vorkriegsauseinandersetzungen hinweg gegangen. Auf den Verlauf des Ersten Weltkrieges sollten sie sich vor allem dahingehend auswirken, daß Erich Ludendorff bei Kriegsbeginn nicht mehr die rechte Hand des Generalstabschefs von Moltke war. Wenn der Mord von Sarajewo ein Freimaurermord war (was längst klar ist) und wenn der Erste Weltkrieg ein Freimaurerkrieg war (was mehr als naheliegend ist), dann wird - zumindest für die Freimaurerei - die eigentliche Bedeutung der Vorgänge rund um die Wehrvorlage darin bestanden haben, daß Ludendorff noch vor Kriegsausbruch von der Seite des Generals von Moltke entfernt worden war.
"Die Luft der Freimaurerei, die von Grund auf böse war"
Der Sohn des Kriegsministers von Heeringen, der Freimaurer Kurt von Heeringen*), war 1914 schon 36 Jahre alt. Vielleicht hat er in den Logen in der Zeit vor 1914 dasselbe erlebt wie der Freimaurer Ernst Jünger. Ernst Jünger schrieb über die Monate und Jahre vor dem August 1914 (Stgr2016):
Bei den Mauretaniern (Freimaurern) aber herrschte unberührte Stille wie im Zentrum des Zyklons. Wenn man in den Abgrund stürzt, soll man die Dinge in dem letzten Grad der Klarheit wie durch überschärfte Gläser sehen. Diesen Blick, doch ohne Furcht, gewann man in der Luft der Mauretania, die von Grund auf böse war.
Die Luft der Logen war also von Grund auf böse. Ähnlich hat es Thomas Mann wahrgenommen, als er seinen Bruder, den Freimaurer Heinrich Mann während der ersten Jahre des Ersten Weltkrieges erlebte (siehe seine "Betrachtungen eines Unpolitischen" aus dem Jahr 1918). Eine der Folgen solcher böser Luftzüge wird die Versetzung Ludendorffs Ende Januar 1913 gewesen sein. Nicht der erste und nicht der letzte böse Luftzug, der aus der "unberührten Stille im Zentrum des Zyklons" entwich ....
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- Brief von Erich von Ludendorff an Bernhard Tepelmann, Dezember 1913. In: Reimar Hartge Archiv in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek - Niedersächsische Landesbibliothek; Signatur: Noviss. 450:A 360 (DigSam)
- Ludendorff, Erich: Mein militärischer Werdegang. Blätter der Erinnerung an unser stolzes Heer. Ludendorffs Verlag, München 1934 (Archive) (GB)
- Chickering, Roger: Der "Deutsche Wehrverein" und die Reform der deutschen Armee 1912-1914. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 1/1979, S. 7ff (freies pdf)
- Wenninger an den Bayerischen Kriegsminister Otto Freiherr Kress v. Kressenstein, 25. 11. 1912, Bayer. HStA München, Abt. IV (Kriegsarchiv), Μ Kr 41 zit. in: Röhl, John C.: An der Schwelle zum Weltkrieg. Eine Dokumentation über den "Kriegsrat" vom 8. Dezember 1912. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 1/1977, S. 77ff (freies pdf)
- Erich Schwinn: Die Arbeit des deutschen Wehrvereins und die Wehrlage Deutschlands vor dem Weltkriege. Druckerei wissenschaftlicher Werke K. Triltsch, 1940 (87 S.) (GB)
- Alfred von Wrochem: Die Bosch-Lüge. Vortrag, gehalten am 4. März 1925 vor einem geladenen Kreise. Verlag Wirtschaftspolitische Korrespondenz S. v. Lüttwitz, Berlin 1925 (über die französische Kriegspropaganda gegen den "Boche"]
- Alfred von Wrochem: Kampf. Auslieferung durch Reimann, Berlin 1926 (150 Seiten)
- Alfred von Wrochem: Das neue deutsche Führertum. 1927 (GB2011)
- Alfred von Wrochem: Planmäßige Zersetzung des deutschen Volkes. Heft 69 der Reihe "Der völkische Sprechabend" (Herausgeber: Hans Weberstedt-Lichterfelde). Theodor Weicher Verlag, Leipzig um 1929
Frontsoldat und "Mitkämpfer" Erich und Mathilde Ludendorffs
Der deutsche Dichter Erich Limpach (1899-1965)
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Abb. 1: Erich Limpach 1919 |
Diese bürgerliche Laufbahn steht aber weit zurück hinter der Erfahrung, als Jahrgang 1899 mit 17 Jahren in die Materialschlachten des Ersten Weltkrieges geworfen worden zu sein. Sein ganzes weiteres Leben blieb von der Auseinandersetzung mit dieser Kriegserfahrung geprägt. In einem Nachruf hieß es 1966 (Frankld. 1966):
Er entstammte altem fränkischen Geschlechte und fühlte sich zeitlebens dem heimischen Boden verwurzelt. Der Mutter niederdeutsche Herkunft hielt er für Glück, denn so bekannte er: "Was von ihr in mir pulst, zügelt mein jähes fränkisches Temperament und nimmt meinem Leben das Unstete." (...) Seine Prosa, von verhaltenem Pathos getragen, enthält Geschichten, in denen er das Erhabene, das Grausame, das Erschütternde und die fränkisch durchsonnte Heiterkeit in den Zauber seiner unverwechselbaren Sprache kleidet.
In einer anderen Lebensdarstellung aus dem Jahr 1979 heißt es (Beb1979):
Die äußeren Stationen dieses Weges begannen am 27.6.1899 in Berlin, mit Jugendtagen in Franken, der Schulbank, von der ihn der erste Krieg holte in die Materialschlachten der Westfront. Danach machte er sein Abitur, studierte in Würzburg Volkswirtschaft und trat dann in den Staatsdienst der Zollverwaltung. Dieser führte ihn für lange Jahre nach Marburg, nach Hanau, nach Münchberg und endete mit der Leitung des Amtes in Coburg. Dazwischen riß ihn der zweite Weltkrieg noch einmal in seine Strudel. (...) In der dichterischen Gestaltung des Kriegserlebnisses veröffentlichte er sein erstes Werk im Jahre 1924, dem im Laufe der Zeit über vierzig weitere Werke folgten und denen sich in diesen Tagen (1979) aus dem Nachlaß noch ein letztes Werk anschließt.
Als der Erste Weltkrieg 1918 endete, war Erich Limpach erst 19 Jahre alt. Das weitere, zeitgeschichtlich so stürmische Jahrzehnt der 1920er Jahre sollte er also als ein Mitzwanziger erleben. Als ein Mensch also, der noch auf alles Zeiterleben sehr unmittelbar reagiert. Früh hat Erich Limpach nach dem Krieg geheiratet. Seine erste Veröffentlichung aus diesem Jahr 1924 widmete er seiner Frau.
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Abb. 2: Aufrecht schreiten - Gedicht von Erich Limpach (Postkarte) |
Erich Limpach hat sich spätestens im Jahr 1926 als ein politischer - und später auch weltanschaulicher - Anhänger des "Feldherrn" Erich Ludendorff angesehen. In der Wochenzeitung von Ludendorffs Tannenbergbund, der "Deutschen Wochenschau", erschien in der Folge vom 29. August 1926 ein Gedicht von Erich Limpach:
Der General.
Zum Gedenken an Tannenberg.
Von Erich Limpach.
Hier einige Zeilen daraus:
Es rollt und flutet und brandet schwerDie Schlacht wird geschildert. Schließlich heißt es am Ende:
Gen Deutschlands Grenzen das Russenheer.
Der blaffe Tod und die bitt're Pein
Sind sein Gefolge beim Flammenschein ...
Und des Kampfes Gedröhn verklingt,
Ein jauchzend "Sieg" sich zum Himmel schwingt,
der Feind geschlagen, vorbei die Not,
Der mächt'ge Himmel glüht brandig rot,
Wachtfeuer flackern im weiten Land
Uns schirmte Gottes allmächt'ge Hand.
Nur einer schweigt. - Mit hartem Mund
Blickt ernsten Aug's er ins weite Rund,
die Nerven eisern, der Wille Stahl:
's ist Ludendorff, der General.
Zu diesem Zeitpunkt ist Erich Limpach noch Christ ("Uns schirmte Gottes allmächtige Hand"). Aber er sollte in den nächsten Monaten und Jahren Erich Ludendorff auf seinen weltanschaulichen Wegen weg vom Christentum begleiten und ihm folgen hin zu der Philosophie der zweiten Ehefrau Erich Ludendorffs.
1926 - Ludendorffs Widmung für Limpachs Gedichtband
Erich Limpach hat im Herbst 1926 Erich Ludendorff um eine Widmung zu seinem Gedichtband "Zwischen Tod und Trümmern - Die Front im Spiegel der Seele" gebeten. Erich Ludendorff schrieb eine solche (3, 49, 52):
„Bewahrt den Frontgeist als Erbe des alten Heeres, nur so erhält die Seele die Kraft, aufbauend Neues zu gestalten.Weihnachten 1926.Ludendorff“
Limpach wurde also sehr früh ein Anhänger Erich Ludendorffs und ist es bis an sein Lebensende geblieben. Der Vorspruch Erich Ludendorffs wurde auch in den Auflagen des Gedichtbandes von 1930, 1932, 1937 und 1940 als Faksimile erneut abgedruckt.
1920er Jahre
Auch noch als Mittzwanziger blickte Erich Limpach in persönlichen Begegnungen mit Erich Ludendorff zu diesem mehr als ehrfürchtig auf. So schreibt er über einen ersten Besuch bei Ludendorff in den 1920er Jahren in München (1966, S. 31f):
.... Aber dann löste sich in einer improvisierten Teestunde, bei der der General in einer entzückend liebenswürdigen Weise den Gastgeber spielte, die Spannung sehr schnell und mündete in ein Antwortgeben auf präzise Fragen.
In dieser Unterhaltung hatte Limpach die eigenen Fragen, die er selbst hatte stellen wollen, ganz vergessen. Deshalb nahm er sich für den nächsten Besuch einen Spickzettel mit. Mit diesem konnte alles ganz gut geklärt werden. Als er einen solchen bei einem dritten Besuch wieder unbemerkt benutzen wollte, habe Ludendorff zu ihm gesagt:
"Bedienen Sie sich ruhig Ihres Spickzettels, dann wird wenigstens nichts vergessen." Von da ab habe ich mich dann dieses Hilfsmittels völlig ungeniert bedient.Limpach scheint in Gegenwart Ludendorffs immer sehr befangen gewesen zu sein wie auch aus weiteren Berichten hervor geht.
1928 - "Na gut, Limpach, dann wollen wir uns wieder vertragen"
Er berichtet - vermutlich über Marburg (1966, S. 33f):
Es war im Jahre 1928, als ich in einer alten Universitätsstadt dem Ehepaar Ludendorff eine Vortragsveranstaltung vorzubereiten hatte. (...) Ein großer, 2000 Personen fassender Saal war gemietet. (...) Eine Viertelstunde vor dem Anfang war der Riesensaal bis auf den letzten Platz gefüllt. (...) Der anschließende Buchverkauf übertraf alle Erwartungen. Der Büchertisch war in kürzester Frist restlos ausverkauft.
Erich und Mathilde Ludendorff signierten dann Bücher. Erich Limpach und ein Mitarbeiter reichten die Bücher heran. Darunter befand sich aber auch eine Broschüre, von der Erich Ludendorff zuvor gesagt hatte, daß sie keinesfalls mehr zum Verkauf kommen sollte. Infolge des Büchermangels habe man sie nun aber doch verkauft. Limpach weiter:
In diesem Augenblick erfuhr ich blitzartig, was es heißt, einen Befehl des Generals Erich Ludendorff zu mißachten. (...) Ich erhielt (...) "vor versammelter Mannschaft" - einen solch schneidenden schneidigen Anpfiff, daß ich mich nur wie unter Hagelwetter ducken konnte, um nach alter militärischer Sitte zunächst einmal das Unwetter schweigend zu ertragen. Auch die Marter dieser Stunde ging vorüber. Nach der Veranstaltung fand das übliche Zusammensein in kleinem Kreise statt. Erich Ludendorff hatte sich wortlos mir gegenüber niedergelassen. (...) Ich ging nun mutvoll daran, etwas für meine Rehabilitierung zu tun. Ich wurde anfangs zwar etwas widerstrebend, aber ruhig angehört und erfuhr die abschließende Bereinigung mit folgenden, mir unvergeßlich bleibenden Worten: "Na, ist gut, Limpach, dann wollen wir uns wieder vertragen."
Um das Jahr 1930 herum habe es bei Erich Ludendorff in kleinem Kreis eine ernsthafte Besprechung und dann eine lockere Pause am Kaffeetisch gegeben.
1930 - "Nur kein Dogma"
Ludendorff habe aus diesem Anlaß etwas hintergründig gefragt: "Meine Herren, Ihnen fehlt doch etwas?" Auf die Verneinung habe er nochmals gefragt "Aber meine Herren, Ihnen fehlt doch ganz bestimmt etwas." Schließlich habe er gesagt (1966, S. 32):
"Zünden Sie sich ruhig eine Zigarette an, meine Herren. Nur kein Dogma." Der General wußte recht gut, daß wir (...) noch nicht den in unseren Kreisen erstrebten Vollkommenheitszustand der Zigarettenlosigkeit erreicht hatten.
"Anekdötchen". Für den Historiker interessanter ist da schon der folgende Bericht: Limpach mußte allerhand Briefe mit Erich Ludendorff wechseln (1966, S. 34). Wohin dieser Briefwechsel gelangt ist, wäre noch einmal gesondert zu klären. Die handgeschriebenen Briefe Ludendorffs wären oft schwer zu enträtseln gewesen, meist sei dies aber doch gelungen. Nur einen, den er wirklich nicht lesen konnte, habe Limpach zu einer persönlichen Besprechung mitgebracht. Ludendorff nannte ihm ohne Kommentar die richtige Lesart. Von diesem Zeitpunkt an habe er dann von Ludendorff nur noch Briefe in Maschinenschrift erhalten.
Ein Teil des persönlichen Buchnachlasses von Erich Limpach konnte vom Bloginhaber durchgesehen werden. Es handelt sich dabei um die "Hand-"Exemplare der eigenen Werke Erich Limpachs. Diese sind - soweit übersehbar - weitgehend chronologisch jeweils auf der Vorderseite des Umschlages handschriftlich durchnummeriert worden. (Es ist dies entweder geschehen durch Erich Limpach selbst oder durch seine Frau oder einen Familienangehörigen nach dessen Tod.) In dieser Nummerierung werden sie auch am Ende dieses Beitrages im Literaturverzeichnis aufgeführt.
Diese Bücher enthalten zudem oft handschriftliche Widmungen an seine Frau, zumeist ebenfalls in Gedichtform. Dabei sind sie oft, wie aus dem Widmungen hervorgeht, als Weihnachtsgeschenk überreicht worden. Auch sind in diesen Buchexemplaren oftmals die Entstehungstage der einzelnen Gedichte unter denselben jeweils handschriftlich mit Datum verzeichnet worden.
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Abb. 3: Erich Limpach - Nichts läßt sich zwingen (Postkarte) |
Im Jahr 1933 erschien ein Gedichtbändchen, das in den nachfolgenden Jahren am häufigsten wieder aufgelegt worden ist. Es trug den Titel "An der Wende". Dieses Bändchen dürfte einige der mitreißendsten Gedichte Limpachs enthalten.
Ob sie unter dem Eindruck der "Machtergreifung" Adolf Hitlers verfaßt worden sind, bliebe noch zu klären. Wesentlicher aber noch ist, daß sie sich bezogen auf die allgemeineren kulturellen und weltanschaulichen Entwicklungen im damaligen Deutschland, das heißt, weg vom Christentum und hin zu einer neuen "deutschen" Weltanschauung. Zu einer Weltanschauung also, die als der Eigenart des deutschen Volkes gemäß empfunden wurde, im Gegensatz zum Christentum, das als "international", bzw. "orientalisch" empfunden worden war, und das dem deutschen Volk "aufgepfropft" worden sei.
1933 - "An der Wende"
Dieses Gedichtheft "An der Wende" ist in mindestens sechs Auflagen erschienen, zum Teil in veränderter Form. Einige Gedichtbeispiele aus der sechsten Auflage, wohl Mitte oder Ende der 1930er Jahre erschienen, sollen im folgenden gebracht werden.
Des Großen Königs Grab
So hat man deinen letzten Wunsch mißachtet:
Das Grab im Freien ward dir nicht gegeben,
Dir, der in Ehrfurcht die Natur betrachtet,
Nahm man im Tod, was heilig dir im Leben.
In Kirchenenge ward dein Leib begraben,
Als Hohn auf das, wofür du stets gestritten,
Doch immer bleibt dein großes Werk erhaben
Ob Haß und Neid - und lebt in unrer Mitten.
Dies bezieht sich auf die Beerdigung Friedrichs des Großen. Erst nach 1990 wurde Friedrich der Große dort bestattet, wo er ursprünglich hatte bestattet werden wollen, nämlich neben seinen Hunden auf der Schloßterrasse von Sanssouci. Das titelgebende Gedicht lautet:
An der Wende
Fühlt ihr sie beben,Die alte Erden,Spürt ihr das Leben,Das neue Werden?An allen EndenDringt es zu TagUnd legt in Trümmer,Was hindern mag. -Reget die Hände,Steht nicht beiseit,Nutzet die Wende -Seid Herren der Zeit!
Ein anderes lautet:
FreiheitswilleWille zur Freiheit erwache!Liebe zur heiligen SacheFülle die Herzen und ganz:Leuchte mit strahlendem GlanzSiegglaube hell uns zuvor,Trag uns're Seelen emporAus Knechtschaftsbeschwerde,Daß Freiheit uns werde.
Und ein anderer:Wenn du dich gibst, dann gibt dich ganz,Und sinnvoll wird dein Tun und Streben. -Die Halbheit macht zum TotentanzUnd sinnlos dein vermeintlich Leben.
Nichts läßt sich zwingen
Nichts läßt sich zwingen!
Alles Gelingen
Will seine Zeit.
Wirklich befreit,
Was schwer errungen.
Was leicht gelungen,
Gleicht Spreu und Sand -
Hat nicht Bestand.
Oder:
AnrufBedenk es gut und höre zu:Nie wieder wird ein Mensch wie duauf dieser Erde leben.Es liegt an dir und deiner Tat,Die tief in dich gesenkte SaatZur Reife zu erheben.
Oder:
Wer sich nicht selbst die Antwort sagt,wenn ihn das Leben fordernd fragt,der wird in seiner Tage Treibenstets nur ein Blatt im Winde bleiben.
Der Band enthält auch das Wort:
Das schnelle und allzu frühe, heute fast ungehinderte Hinfinden der Geschlechter zueinander raubt der Beziehung junger Menschen jenen Schmelz der stillen Werbung, der zu dem Schönsten gehört, was liebenden Herzen zuteil werden kann.
Er enthält auch das Wort:
Es kommt nicht darauf an,daß du viel erlebst,sondern wie du es erlebst.
Oder auch das Wort:
Wer viel zu sagen hat, faßt sich kurz.
Man könnte insgesamt den Eindruck haben, daß das dichterische Schaffen von Erich Limpach mit diesem Band seinen Höhepunkt erreicht hatte.
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Abb. 4: Erich Limpach, 1935 |
Für die 1930er Jahre wäre an dieser Stelle natürlich noch viel nachzutragen.
Dezember 1937 - Wacht am Sarg Erich Ludendorffs
Am 25. Dezember 1937 berichtet Erich Limpach in einem Brief an seinen Freund Kurt Meyer-Boehm über seine Teilnahme am Staatsakt aus Anlaß des Todes von Erich Ludendorff (zit. n. MuM 1974):
Vorgerstern bin ich von München zurückgekehrt, wo ich dem großen Mann auch im Tode noch einmal letzten Dienst erweisen durfte. Vier ernste Stunden habe ich im Generalkommando mit wenigen Freunden an seinem Sarge stille Wacht gehalten. (...) Der Staatsakt, dem ich an bevorzugter Stelle beiwohnen konnte, war einfach, würdig und ohne Mißklang. (...) Eine klare winterliche Sonne stand versöhnend über dem Ganzen. Der letzte Weg nach Tutzing führte durch eine winterliche Rauhreiflandschaft (...). Einmal noch zogen wir im Haus am Sarg vorbei, dann verließ der Feldherr die Stätte seines gewaltigen Wirkens.
Auch dies nur als ein kleiner, flüchtiger Einblick in diese Zeit.
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Abb. 5: Erich Limpach - Deutschland (Postkarte) |
Dieser Beitrag befindet sich schon über zehn Jahre in der Vorbereitung und soll wenigstens erst einmal in einer ersten Version veröffentlicht sein, auch wenn noch vieles unvollständig ist.
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Abb. 6: Erich Limpach - Fronterleben, gewidemt "Dem Feldherrn Ludendorff", 1940 |
1959 sollte Erich Limpach ein kleines Erinnerungsbändchen heraus bringen über das, was er während des Zweiten Weltkrieges erlebt hat. Aus ihm wollen wir weiter unten Auszüge bringen.
Dezember 1951 - Mathilde Ludendorff schreibt an Limpach
In einem der von ihm hinterlassenen Bücher findet sich ein handschriftlicher Brief Mathilde Ludendorffs (Abb. 7). Erich Limpach hatte offenbar zum Weihnachtsfest Mathilde Ludendorff eines seiner Bücher geschenkt, vermutlich also das Kalender-Bändchen "Daseinsmelodie - Blätter des Gedenkens. Bilder und Verse (Verlag der Freunde, Wiesbaden-Kostheim 1951).
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Abb. 7: Mathilde Ludendorff schreibt an den Erich Limpach, 28.12.1951 |
Der Dankesbrief wurde geschrieben am 28. Dezember 1951 und lautet:
Sehr geehrter Herr Limpach,Nehmen Sie herzlichen Dank für den Blumenkalender und Ihre Weihnacht- und Neujahrswünsche, die ich für Sie und Ihre Frau herzlich erwidere!Es lebe die FreiheitMathilde Ludendorff
Auch für die 1950er und 1960er Jahre wäre an dieser Stelle noch viel nachzutragen. Laut Coburger Adressbuch der Jahre 1955 und 1961 wohnte der "Oberzollinspektor Erich Limpach" in diesen Jahren im Röntgenweg 11 in Coburg (Gen1, 2).*) Die Wohnung befindet sich in einem der etwa 30 Reihenhäuser oberhalb der Klinik von Coburg südlich der Altstadt. Zu dieser Zeit war er Leiter des Zollamtes Coburg.
1958 - Ehrung durch das Deutsche Kulturwerk europäischen Geistes
Im Jahr 1958 erhält er vom "Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes" den goldenen Ehrenring "Dem deutschen Gedicht". Womöglich wollte er gegenüber den Menschen dieses "Kulturwerkes" keine zu krassen weltanschaulichen Gräben aufreißen.
Denn ein Jahr später bringt er sein kleines Büchlein "Volk im Sturm - Aus einem Menschenleben" heraus, das zwar einiges über das enthält, was Erich Limpach nach dem Ersten und während des Zweiten Weltkrieges erlebt hat. Auch während des Zweiten Weltkrieges war Limpach ja erst 45 Jahre alt. In diesem Bändchen fällt aber auffallenderweise kein einziges mal der Name Ludendorff. Nur derjenige, der zuvor schon etwas von der Anhängerschaft Limpachs zu Erich und Mathilde Ludendorff wußte, konnte als Leser die Worte verstehen (1959, S. 25f):
Der erste große Krieg entließ die Vielheit der Denkenden und Suchenden in das Vacuum der Weltanschauungslosigkeit und machte damit den Weg zu neuem Aufbruch frei. So konnte dem Dürsten wacher Seelen die erlösenden Fluten einer auf der Grundlage von Wissen und Erkennen in genialer intuitiver Schau gestalteten Weltdeutung Rettung werden in letzter Stunde. Daneben enthüllte sich ernstem Forschen der geheime politische Zusammenhang zwischen sichtbaren Ergebnissen und unsichtbaren Triebkräften.
Da hat sich Erich Limpach freilich mehr als zurückhaltend ausgedrückt. Das wird nicht jedem Limpach-Freund damals nachvollziehbar gewesen sein, daß hier so auffällig die Nennung des Namens Ludendorff vermieden wurde.
1959 - Zeitzeugenbericht zum Zweiten Weltkrieg
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Abb. 8: Erich Limpach, 1959 |
Das Bändchen enthält ansonsten einen durchaus lesenswerten Zeitzeugen-Bericht zum Zweiten Weltkrieg (1959, S. 27):
Unvergessen jenes erstarrte Schweigen über ziehenden Kolonnen am Tage des Kriegsausbruchs. - Welch erschütternder Kontrast zu jenem spontanen Jubel fünfundzwanzig Jahre zuvor.
Für den Kriegsdienst ist er selbst anfangs noch als untauglich eingestuft. Ende 1944, Anfang 1945 ist er aber schließlich doch noch zu einer Nachschubeinheit eingezogen worden. Er schreibt über seine Fahrt zur Front:
Das herrliche Prag stand leuchtend am Wege und wurde unter guter Führung zu einem letzten Lichtblick vor langen Monden des Schreckens.Dann kam der Gegenstrom der Flüchtlinge aus Schlesien. Unvergessene Bilder des vom Wintersturm überbrüllten Grauens. Hunger und Not, Entsetzen und Tod. Erstarrte, fortgeworfene Kinder neben den Schienen. Ungeheizte Lazarettzüge bei 20 Grad Kälte.Die weitere Fahrt in das fast friedensmäßige Kroatien wirkte wie die Erlösung von einem Albtraum (...). Agram wurde zum Sinnbild einer Etappenstadt, in der sich dreisteste Profitgier mit einem fast schon sichtbaren Untergrund vermählte, dieweil der Landser, der von vorne kam, sich für eine Monatslöhnung zwei Stücke Torte kaufen konnte.Und weiter ging die Fahrt durch dieses reiche Bauernland auf jener berüchtigten Bahnstrecke zwischen Agram und Brod, deren Damm sich als ein einziger, fast lückenloser Friedhof ausgebrannter und zusammengeschossener Eisenbahnwaggons erwies. Die Stationen waren zu Mehl zermahlen von zahllosen Bomberverbänden, die meistens aus Italien kamen. (...) In der von 500 Bombern im Ausweichanflug für Wien fast völlig zerstörten Stadt Brod waren es rattenbevölkerte Kasematten aus der Zeit Maria Theresias, die als besonders eindrucksvolles Quartier im Gedächtnis haften blieben.Das Ziel war die Drau, über die ein letzter verzweiflungsvoller Versuch nach Ungarn hinein versucht worden war. Erschütternd die nun leeren, einst von Volksdeutschen bewohnten sauberen Gehöfte - auf den ersten Blick von denen der Kroaten zu unterscheiden. (...) Neben der Straße Scharen von verzweifelten, aus dem Raum Sarajewo geflohenen Muselmanen. (...)Schließlich erster Nachschubeinsatz hin zur Drau. Im Vergleich zum anderen Weltkrieg waren es Spazierfahrten in ein von den Russen nur sparsam befeuertes Gebiet. (...) Unvergessen eine Fahrt, bei der die Fahrzeugbesatzungen nach der Abladung von Benzin buchstäblich gezwungen werden mußten, am Ufer liegende Schwerverwundete nach rückwärts mitzunehmen. (...) Immer bleibt das Bild gegenwärtig, da sich um ein brennendes Proviantfahrzeug, das mit Fruchtkonserven beladen war und neben dem die erschossene Mannschaft lag, eine gierig schlingende Masse von Landsern und Hiwis schattenhaft bewegte, während aus einem nahen Lastkraftwagen eine Balaleika gespenstisch dazu aufspielte.
Schließlich wurde er an die steierische Grenze zurückgerufen:
Hier hauste in einem alten Schloß ein General mit einer beachtlichen Leibwache an frontdienstfähigen Unteroffizieren. Es gab eine erlesene Kapelle aus Musikern von Rang, die zum Essen aufspielten, auch fehlte ein Feldwebel nicht, der, aus dem Forstfach kommend, die Wälder nach schmackhaftem Wild zu durchstreifen hatte, und einer, der, von Hause aus mit dem Angeln vertraut, den Bächen seine Aufmerksamkeit zuwenden mußte. Ein Renaissancebetrieb, der sich in den Randgefilden des totalen Krieges bis kurz vor der Stunde 3 zu halten verstand. (...)Am 8. Mai wurden lange stark bewachte Spirituosenbestände aus Frankreich freigegeben, so daß der böse Tag von Deutschlands völligem Zusammenbruch in einer würdelosen Orgie taumelnder Gestalten zu einem fessellosen Sichtbarwerden weltanschauungsloser Massenwesen wurde. Darüber flammten die brennenden Akten und das Mobilar des Stabes, zuckte vereinzelt brünstiges Geschrei, während ausgeschüttete Orden und Ehrenzeichen von torkelnden Füßen in das Gras getreten wurden. Und das Herz der machtlosen Anständigen brannte vor wilder, grenzenloser Scham.
Mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter versuchte er sich dann, in den Westen durchzuschlagen, um der russischen Gefangenschaft zu entgehen. Der Weg ...
... wurde zu einer Odyssee ohnegleichen durch vom Feinde besetztes Gebiet, zu einer unvorstellbaren Strapaze wegen der notwendigen Vermeidung vielbenutzter Pfade und Straßen, zu einem tödlich gefahrvollen Unternehmen für die verhaßten Einzelgänger, die jetzt noch wagten, die Freiheit dem Lager vorzuziehen.Kartenlos, des Weges unkundig, nur mit einem Kompaß versehen, begann der Marsch über den noch tief verschneiten Tauernpaß und über das Tennengebirge auf einsamen, schwierigen Bergpfaden. Schnee war das Getränk, das Essen eine durch das notwendige geringe Gepäck bestimmte Hungerration und das nächtliche Quartier ein eng zusammengeigeltes Menschenknäuel unter kaltem, freiem Himmel. (...)Die Salzach wurde ein besonders schwer zu nehmendes Hindernis. (...) Dann wurde die häufig zerstörte, von niemandem beobachtete Bahnstrecke zu einem gangbaren Weg mit geringen Gefahren. Regenburg beschenkte bei einem alten Freund mit so bitter nötigem erstem Ausruhen - und mit Zivilkleidern.
Schließlich sprang Limpach in Coburg von dem fahrenden Zug ab:
Gute Freunde verbrachten den gänzlich Erschöpften und Abgemagerten in ein Lazarett, aus dem er nach kurzer Frist mit ordnungsmäßigen Papieren in den Irrsinn eines vollendeten Chaos übergehen konnte. Raub und Totschlag, Plünderung und Rechtlosigkeit, nutznießende Verbrecher und verbrecherische Nutznießer, ungehört verhallende Rufe der sauberen Anständigen und als einzig gültiger Halt die unsichtbare Front der Volksbewußten, die sich gegenseitig selbstverständlich halfen, wo es irgend möglich war - und dazwischen vereinzelt objektive Feinde.Dann warf die abgefeimte Perfidie des Fragebogens ihre volkszerstörenden Schatten über das ganze Land. (...) Die Masse der bestraften Kleinen und oft gänzlich Unschuldigen verdeckte die Aussicht auf die wirklich Bösen, die sich geschickt zu tarnen wußten - oder untertauchten. Entlastende Konfessionen, die eben noch für den Sieg gebetet hatten, waren plötzlich sehr gefragt.
Sein vergleichsweise kurzer Lebensbericht endet mit den Worten:
Welcher Weg durch welche Zeit! Es könnte die Spanne dieses Lebens der Übermächtigkeit des Inhalts nach wohl ein Jahrtausend überbrücken.
Das kann der Sache nach so empfunden werden, durchaus.
1964 - Pensioniert - Reise nach Verdun und Paris
1964 wird Limpach pensioniert worden sein. In der ersten Jahreshälfte des Jahres 1965 fährt Limpach für fünf Tage nach Frankreich, unter anderem nach Verdun, ...
... das vor fast 50 Jahren in einem unsagbaren Inferno meine Jugend verschlang. (...) Eine Umwandlung in Ackerland machte die millionenfache Durchsetzung des Bodens mit Eisensplittern des Krieges unmöglich.
Von Verdun fuhr er weiter nach Paris (Frankreich 1965). Zur selben Zeit fuhr auch ein anderer Mitarbeiter des Verlages Hohe Warte nach Paris, nämlich Hermann Rehwaldt.
Ein Jahr später schon ist Erich Limpach gestorben. Er wurde 66 Jahre alt. Ob das oben erwähnte Zigarettenrauchen zu dem frühen Tod etwas beigetragen hat?
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Abb. 9: Gedenkfeier für Erich Limpach, gestorben am 14. Dezember 1965 |
Dem Heft "Der letzte Weg", im Nachlaß handschriftlich nummeriert mit der Nummer 48, sind schließlich eingelegt das Programm zur "Gedenk-Feier" an Erich Limpach aus dem Jahr 1965, sowie der Schreibmaschinen-Durchschlag eines Gedichtes von Christine Koeniger "Im Gedenken an Erich Limpach".
Erich Limpachs Jahrzehnte langer Freund Kurt Meyer-Böhm berichtet 1975 viele Einzelheiten aus den letzten Lebensjahren Limpachs. Durch sie bekommt man einen besseren Eindruck von der Art seines Lebens. Meyer-Böhm berichtet dann auch von Limpachs Kreislaufzusammenbruch nach der öffentlichen Feier seines 65. Geburtstages im Jahr 1964 in Coburg. Er berichtet davon, wie sich Limpach wieder erholte und einige kleine Reisen und Lesungen veranstalten konnte, sowie Urlaub in Mittenwald machen konnte. Dennoch kam es zu einem Rückschlag, dem der Tod folgte. Meyer-Böhm schreibt:
Der feierliche Abschied auf dem Friedhof in Coburg am 14. 12. 1965 bleibt in unvergeßlicher Erinnerung, nicht zuletzt dank der eindrucksvollen und ergreifenden Worte, mit denen Franz von Bebenburg die Bedeutung der Persönlichkeit des lieben Toten und sein Werk würdigte.
1979 - Mißlungener Vergleich durch einen Verleger
Vierzehn Jahre später, im Jahr 1979 schreibt sein Verleger Franz von Bebenburg:
Die alten Bäume auf dem Coburger Friedhof breiten schützend ihre weiten Äste über seine Grabstätte.
Erich Limpach ist, soweit übersehbar, jener namhaftere Angehörige der Ludendorff-Bewegung gewesen, dem in Periodika derselben vor und nach seinem Tod die meisten Gedenkartikel und Nachrufe gewidmet worden sind.
Von vielen Menschen innerhalb und im Umfeld der Ludendorff-Bewegung wurde er als eine Art "Hausdichter" dieser Bewegung empfunden (siehe auch: a, b, c). Immer wieder auch tauchen im Schrifttum der Ludendorff-Bewegung Gedichte von Erich Limpach auf. Auf Postkarten, in Grabreden oder in Todesanzeigen.
Die große Zahl der Gedenkartikel auf ihn mag aber nicht zuletzt auch daran gelegen haben, daß sein Verleger Franz von Bebenburg am reichen Absatz der Bücher von Limpach weit über dessen Tod hinaus Interesse hatte. 1979 bemüht der Verleger Franz Karg von Bebenburg gar folgenden geschichtlichen Vergleich (Beb1979):
Wie einst Volker von Alzey den Zug der Nibelungen begleitete, so stand der Dichter Erich Limpach zur Seite dem Höheflug der Menschenseele, dem deutschen Volk, dem Feldherrn Erich Ludendorff und seinen Gefährten im Geisteskampf, der auch der seine war. Sein Dichterwort macht ihn unsterblich.
Da dürfte der Schwung der Begeisterung jemanden allerdings etwas gar zu weit über sich hinaus getragen haben. Bekanntlich endete der Nibelungenzug im Untergang. Und so viel nüchterne Selbsteinschätzung und so viel Realitätssinn wird dem Dichter Limpach wohl doch verblieben sein, daß er sich selbst weder als einen "Volker von Alzey" wird empfunden haben, noch auch als jemanden, der einen Nibelungenzug würde besungen haben wollen.
__________
*) Im Coburger Adreßbuch von 1934 und 1937 ist der Name Erich Limpach nicht enthalten (Gen1, 2). In diesen Jahren lebte er also noch anderwärts.
Bücher von Erich Limpach
Für diesen Aufsatz konnte der eigene Buchnachlaß von Erich Limpach ausgewertet werden, in dem seine Werke sicherlich am vollständigsten enthalten sein werden. An ihm ist die folgende Übersicht jedenfalls orientiert.
- Deutschland erwache! Vaterländische Gedichte. Deutschhaus-Verlag, Marburg a.L. 1924 (32 S.) (mit handschriftlicher Widmung des Autors an seine Frau)
- Die Front im Spiegel der Seele. Erich Matthes, Verlagsbuchhandlung, Leipzig und Hartenstein-Erzgebirge 1927 (110 S.) / nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
- Schwerter und Rosen. Heinrich Wilhelm Hendriok Verlag, Berlin 1929 (109 S.)
- Zwischen Tod und Trümmern. Die Front im Spiegel der Seele. 2. verbesserte Auflage, mit Faksimile Widmung von Erich Ludendorff auf Vorsatz. Ludendorffs Volkswarte-Verlag, München 1930 (96 S.) /nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
- Die Patriotin. Novelle. Edelgarten-Verlag Horst Posern, Beuern in Hessen 1931 (16 S.)
- Zwischen Tod und Trümmern. Die Front im Spiegel der Seele. Dritte vermehrte, verbesserte Auflage. Wolf Heyer Verlag, Berlin, Leipzig 1932 (mit faksimilierter, handschriftlicher Widmung von E. Ludendorff); 3. vermehrte, verbesserte Auflage, Ludendorffs Verlag, München 1937 (151 S.); Ludendorffs Verlag, München 1940 (152 S.) (nach Justbooks)
- „In Flandern reitet der Tod!“ Dramatische Kriegsdichtung in 3 Akten. Ludendorffs Volkswarte Verlag, München 1932 (40 S.)
- An der Wende. Ludendorffs Verlag, München 1933 (30 S.); 3., vermehrte Aufl.. Pfeffer & Balzer, Darmstadt 1934 ( 6.-8. Tsd.); 4. vermehrte Auflage, Pfeffer & Balzer, Darmstadt 1937 (38 S.); 5. völlig veränderte Aufl. Pfeffer & Balzer, Darmstadt o. J. (38 S.); 6. unveränderte Auflage, Druck und Verlag Pfeffer & Balzer, Darmstadt o.J. (15.-18. Tsd.) (nach Justbooks)
- Von neuem Werden. Gedichte, Sprüche und Worte. Dritte veränderte Auflage, 7.-11. Tausend. Druck und Verlag Pfeffer und Balzer, Darmstadt o.J. (63 S.)
- Gestalter Krieg. Gedichte. Zweite veränderte und vermehrte Auflage. Druck und Verlag Pfeffer und Balzer, Darmstadt o.J. (1935, 1940) (31 S.)
- Von Ringen und Rasten. Gedichte und Sprüche. Ludendorffs Verlag, München 1936 (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte) (s.a. Archive)
- Leuchtende Stunden. Bilder nach feinsinnigen Naturstudien mit Geleitworten von Erich Limpach. Verlag Bischof u. Klein, Lengerich/Westfalen o.J.
- Lebensblätter. Für Tage des Gedenkens. Kunstverlag Bischof & Klein, Lengerich/Westf. o.J. (1939) (ein Kalenderbuch)
- Fronterleben. Gedichte vom Kriege. Mit Bildern nach Originalen von Otto Engelhardt-Kyffhäuser. Bischof & Klein Verlag, Lengerich i. Westfalen o.J. (1940) („Dem Gedächtnis des Feldherrn“) (45 S.) (Archive)
- Es blühen Blumen. Nach Originalen von Professor Walter Sträter, Otto Vaeltl, München und Ernst Sobotka, München mit Versen von Erich Limpach. Bischof & Klein Verlag, Lengerich in Westfalen o.J.
- Wunder am Wege. Bilder und Verse. Verlag Bischof u. Klein, Lengerich/Westfalen o.J. (1941) (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte)
- Nordisches Schöpfertum. Gedanken um Unsterbliches. Bischof & Klein Verlag, Lengerich i. Westfalen o.J. (1941) (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte)
- Stille Rast. Blätter des Gedenkens. Bischof & Klein Verlag, Lengerich i. Westfalen o.J. (Kalenderbuch)
- Die Weihenacht ist kommen. Verlag Bischof u. Klein, Lengerich/Westfalen o.J. (1941) (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte)
- Beseeltes Sein. Gedichte, Sprüche und Gedenken. Titel und Textzeichnungen von Professor W. Sträter. Bischof & Klein, Buch- und Kunstverlag, Lengerich i. Westf. o.J.
- Der Schicksalsweg des Leutnants Holst. Novelle. Als Manuskript gedruckt bei Pfeffer & Balzer, Darmstadt o.J. (1942)
- Von Minne und Meiden. Lieder der Liebe. Verlag A. Roßteutscher, Coburg o.J.
- Wunder der Wandlung. Gedichte. Graphische Kunstanstalt Bischof & Klein, Lengerich (Westfalen) o.J. (70 S.) (Book)
- Das Herz verweilt. Erzählungen. Klein's Buch- und Kunstverlag GmbH, vorm. Bischof & Klein, Lengerich (Westf) 1948
- Nimmer ruhen die Gedanken. 2. veränderte Auflage. Graphische Kunstanstalt Bischof & Klein, Lengerich (Westfalen) 1948 (70 S.)
- … /nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
- Webendes Leben. Gedichte. Verlag Hohe Warte, Stuttgart 1950 (47 S.)
- Im Bann des Seins. Gedichte. Verlag der Freunde, Wiesbaden-Kostheim 1951 (80 S.)
- Daseinsmelodie. Blätter des Gedenkens. Bilder und Verse. Verlag der Freunde, Wiesbaden-Kostheim 1951 (Kalenderbuch)
- Unter kreisenden Gestirnen. Gedichte. Verlag der Freunde, Wiesbaden 1953 (56 S.)
- Wirbelnde Welt. Eine Philosophie in Versen. Mit 49 Vignetten von Hans-Günther Strick. Verlag Hohe Warte, Pähl o.J. (48 S.)
- Immer ist der Mensch die Mitte. Epigramme und Aphroismen. Verlag Hohe Warte, Pähl o.J. (208 S.)
- Tanz auf dem Globus. Der heiteren Philosophie in Versen 2. Teil. Verlag Hohe Warte, Pähl o.J. (78 S.)
- Der Weg ins Wesentliche. Erzählungen, Aphroismen, Gedichte. Verlag Hohe Warte, Pähl 1958 (205 S.)
- Vermächtnis der Zeit. Gedichte. Türmer Verlag, München 1959 (55 S.)
- Volk im Sturm. Aus einem Menschenleben. Verlag Hohe Warte, Pähl 1959 (45 S.) (Luehe) (autobiographisch)
- Die Stille lebt. Gedichte. Verlag Hohe Warte, Pähl 1960 (82 S.)
- Zeiten sind das. Achilles-Verse. Verlegt bei Franz von Bebenburg, Pähl 1962
- Felsen im Strom. Epigramme und Aphroismen. Türmer Verlag, München 1962 (158 S.)
- Ich rufe. Gedichte. Türmer Verlag, München 1963 (62 S.)
- Nicht nur zum Lachen. Verse zum Denken und zum Verschenken. Orion-Verlag, Heusenstamm bei Offenbach 1963 (79 S.)
- … /nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
- Wegzeichen. Gedanken zur Zeit. Orion-Verlag, Heusenstamm bei Offenbach 1964 (159 S.)
- Im späten Licht. Erlebnisse aus 6 Jahrzehnten. Verlegt bei Franz von Bebenburg, Pähl 1965 (79 S.)
- Gegenwart im Rampenlicht. Satirische Verse. Pfeiffer Verlag, Hannover 1965 (78 S.)
- Die Fackel brennt. Gedichte. Orion-Verlag, Heusenstamm bei Offenbach 1965 (92 S.)
- Weiße Flocken sinken. Lieder zur Weihnacht und Verse. Franz von Bebenburg, Pähl 1965
- Der letzte Weg. Gedanken und Gedichte zur Gestaltung von Totenfeiern. Franz von Bebenburg, Pähl o.J.
- Vom Adel der Seele. Gedichte aus dem Nachlaß zum 80. Geburtstag des Dichters. Verlag Mein Standpunkt, Westerstede 1979
- Zitate von Erich Limpach 1899-1965. Zu seinem 100. Geburtstag zusammengestellt und herausgegeben von Friedrich Witte. (Eigenverlag) Stuttgart 1999
- Erich Limpach für jeden Tag. Sinngedichte und Spruchweisheiten zum 100. Geburtstag des Dichters zusammengestellt von Friedrich Witte. Verlag Bund für deutsche Schrift und Sprache e.V., Ahlhorn 2000
Aufsätze von Erich Limpach
- Limpach, Erich: Rezensionen in Ludendorffs Volkswarte, zum Beispiel vom 10.4.1932
- Limpach, Erich: Frankreich 1965. Eindrücke einer Fünftagefahrt. In: MuM, Folge 14, 23.7.1966, S. 662f
- Hiller, Hermann: Erich Limpach und sein Werk. Biographische Darstellung eines Freundes des Dichters. Verlag Max Meiner, Großdeuben – Gotland-Verlag, 1936
- Meyer-Boehm, Kurt: "Vermächtnis der Geistesfreiheit". Gedanken zu Erich Limpachs neuestem Werk ("Volk im Sturm"). In: Die Volkswarte (33) 12. Aug. 1960
- v. Bebenburg, Franz Karg: Nachruf für Erich Limpach, in: Mensch & Maß (24) 1965, S. 1120
- von Bebenburg, Franz: Erich Limpachs letzter Weg. In: MuM, Folge 1, 9.1.1966, S. 25
- D. C. (= Hans Kopp?): Erinnerungen an Erich Limpach. In: MuM, Folge 1, 9.1.1966, S.30
- Hauptmann, Richard: Im Gedenken an Erich Limpach. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege, 2/1966, S. 56 (pdf)
- Meyer-Boehm, Kurt: Erich Limpach. Zur 75. Wiederkehr seines Geburtstages am 27.6.1974. In: Mensch & Maß, Folge 12, 23.6.1974, S. 555 - 557
- Meyer-Boehm, Kurt: Erich Limpach - Dichter der Deutschen. Zu seinem 10. Todestag. In: Mensch & Maß, Folge 23, 9.12.1975, S. 1078 - 1082
- von Bebenburg, Franz: Mit Leier und Schwert. Zum 80. Geburtstag des Dichters Erich Limpach. In: MuM, 23.6.1979, S. 535-537
- Göllner, Uta: "Die Fackel der Wahrheit..." Gotterkenntnis im Werk Erich Limpachs. Ein Vortrag zum 100. Geburtstag des Dichters (1899-1965). In: Mensch & Maß, Folge 23, 9.12.1999, S. 1057 - 1073
- Brief Mathilde Ludendorffs an Erich Limpach (Coburg) vom 28.12.1951 (1 Blatt Din A 4, Vorderseite handschriftlich beschrieben
Balbine Kaltenbach, eine Mitschülerin Mathilde Ludendorffs (1901)
Ein in Teilen paralleler Lebensweg zu Mathilde Ludendorff
Für einige Wochen weilte die 24-jährige Mathilde Spieß, spätere von Kemnitz, spätere Ludendorff (1877-1966) (Wiki), nach ihrem Abitur in dem Malteserschloß Heitersheim in der Nähe von Freiburg im Breisgau.
Ihre Karlsruher Mitschülerin Balbine Kaltenbach (1876-1933) hatte sie dazu eingeladen.
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Abb. 1: Malteserschloß Heitersheim von Osten (Wiki) - Fotograf: "Xocolatl" |
Im zweiten Band ihrer Lebenserinnerungen nennt Mathilde Ludendorff diese zwar immer nur mit dem Kürzel "B. K.". So schreibt sie dort zum Beispiel (Bd. 2, S. 40, GB, a):
Schon lange hatte B. K. mich für die Ferien auf den Landsitz der Familie in Heitersheim eingeladen. (...) Ein großes, uraltes Gebäude, das einst dem Johanniterorden gehört hatte. (...) Alle Kinder durften ihre Gäste einladen und wahrlich, die Schlafsäle, die da bereit standen, waren von den Johannitern in stattlichen Ausmaßen vorgesehen worden.
Balbine hatte übrigens acht Geschwister wie wir gleich weiter unten sehen werden. Da wird also ein so großes Gebäude schon notwendig gewesen sein, um alle Geschwister und ihre Sommergäste unterbringen zu können.
Aber mit der Suchmaschine Google läßt sich heute leicht heraus bekommen, daß es sich bei dieser "B. K." um eben die genannte Balbine Kaltenbach, verheiratete Neumann (1876-1933) gehandelt hat. Denn auf sie stößt man recht bald, wenn man auf "Google Bücher" nach den Suchworten "Heitersheim Ferien" sucht. Und über diese Balbine Kaltenbach finden wir dann auch leicht die Angabe (1):
1902 Abitur am Mädchengymnasium in Karlsruhe.
Ihr Vater war der Professor für Gynäkologie Rudolf Kaltenbach (geb. 1842 in Freiburg im Breisgau; gest. 1892 in Halle/Saale) (Wiki). Dessen Mutter hieß Balbine Maria Walburga Sautier (1818-1874). Von dieser wird seine Tochter also den Vornamen erhalten haben. In einem Nachruf auf diesen früh verstorbenen, sehr arbeitssamen Professor heißt es 1892 (5):
Eine Witwe und neun Kinder in zum Teil noch zartem Alter beweinen seinen Heimgang. (...) Seine sterbliche Hülle wurde auf seinem Gute Heitersheim bei Freiburg im Breisgau der endgültigen Ruhestätte übergeben.
1993 wird über diesen Professor geschrieben (4):
Zahlreiche Enkel, Urenkel und Ururenkel leben aber heute noch in Freiburg, Heitersheim, im Markgräflerland, weithin in ...
In diesem Zusammenhang kommt einem der Gedanke, daß es nicht nur eine besondere kulturgeschichtliche und demographische und eugenische Bedeutung des protestantischen Pfarrhauses zu erforschen geben könnte, sondern ebenso eine solche von Mediziner-Familien oder auch allgemeiner von Professoren-Familien während des 19. Jahrhunderts.
Die Mutter von Balbine Kaltenbach findet sich 1904 erwähnt in einer Aufzählung (vielleicht von Abonennten) der Zeitschrift "Die Biene und ihre Zucht" (GB):
Frau Geheimrat Kaltenbach, Heitersheim
Da der zu dem Schloßgebäude zugehörige Garten ein Obstgarten war (siehe unten), lag Bienenzucht nahe.
Erst Studium beendet, dann geheiratet, dann Kinder bekommen
Balbine Kaltenbach hat ihr Medizinstudium früher abgeschlossen als ihre vormalige Schulkameradin Mathilde Spieß. Sie hat erst danach geheiratet und Kinder bekommen. All das im Gegensatz zu der nachmaligen Mathilde Ludendorff, die noch mitten in ihrem Studium heiratete und das Studium um mehrere Jahre unterbrach, um nur für die Kinder da zu sein. Über Balbine Kaltenbach lesen wir jedenfalls (1):
1902 soll ihr Aufnahmeantrag von der medizinischen Fakultät in München (zusammen mit dem von Babette Steininger) abgelehnt worden sein. Noch heute ist ihre Dissertation, z.B. wegen der Angaben über die Ursachen von Bleivergiftungen in einer Großstadt um die Jahrhundertwende, sehr interessant. Nach dem Tode ihres Mannes 1924 gab sie ihren Beruf auf, um für ihre Kinder da zu sein.
Balbine Kaltenbach studierte nach ihrer Ablehnung in München zunächst vier Semester in Heidelberg, dann zwei Semester in München und danach erneut zwei Semester in Heidelberg. Dort legte sie 1908 das Staatsexamen ab (1). Im selben Jahr promovierte sie in Leipzig (1).
1909 heiratete sie in Heitersheim den Mainzer Chirurgen und Chefarzt Max Neumann (gest. 1924). Mit diesem hatte sie drei Söhne (1):
Nach dem Tode des Mannes lebte sie mit ihren 3 Söhnen von einer kleinen Witwenrente.
Die oben genannte Babette Steininger war übrigens Anfang der 1920er Jahre die Halsärztin von Adolf Hitler, die ihn in einem überlieferten Brief als "Armanenbruder" ansprach.
Zwei von den drei Söhnen der Balbine Kaltenbach sind dann im Zweiten Weltkrieg als Soldaten gefallen. Da sie aber schon sehr früh im Jahr 1933 gestorben ist, hat sie das nicht mehr erlebt. Wir lesen (3, S. 37 und 38):
In Heitersheim/Baden besaßen ihre Eltern ein großes Anwesen mit Obstbäumen, auf dem die kinderreiche Familie stets die Ferien verbrachte ... Die Ferien verbrachte Balbine mit ihren drei Söhnen meist in Heitersheim, wo die Lebenshaltungskosten niedriger waren. Als sie sich entschloß, wieder nach Freiburg zu ziehen, dauerte es eine Weile, bis sie eine bezahlbare Wohnung ....
Noch heute gibt es in der Johanniterstraße in Heitersheim eine Gärtnerei Kaltenbach. Das Malteserschloß Heitersheim verfügt heute noch über einen beträchtlichen, weitgehend geschlossenen Gebäudebestand. Über seine Geschichte lesen wir (Wiki):
Das Schloß wurde vom letzten Fürsten Ignaz Balthasar Rinck von Baldenstein bis zu dessen Tode 1807 bewohnt. Danach zogen großherzogliche Beamten ein, die später von Pensionären und Beamtenwitwen abgelöst wurden. (...) Die restlichen Schloßgebäude wurden 1845 an verschiedene Besitzer verkauft.
Mathilde Spieß hatte selbst vier Geschwister. Die Erfahrung einer kinderreichen Familie mußte sie also nicht erst in Heitersheim machen. Und auch ihr Vater hatte ja zeitweise eine Professoren-Laufbahn ins Auge gefaßt und stand mit verschiedenen Professoren seit seiner Studienzeit in freundschaftlicher Verbindung.
Sie berichtet in ihren Lebenserinnerungen dennoch sehr lebendig von den vielfältigen Erfahrungen, die sie in den Ferienwochen in Heitersheim sammeln konnte. Balbine übermachte ihr eine Geige und sie versuchte eine Weile, das Geigenspiel zu erlernen. Auch wurde sie in Heitersheim erstmals mit skandinavischer Literatur bekannt (Lebenserinnerungen Bd. 2, S. 40):
Der Garten mit den herrlichen alten Bäumen, seinen schattigen Sitzplätzen, seiner alten Mauer und das Haus selbst waren sofort mein großes Entzücken. (...) Ich lernte hier zum ersten mal schwedische, norwegische und dänische Literatur kennen.
Tragen wir noch nach, wie sie Balbine Kaltenbach kennenlernte während der für beide sehr schweren Aufnahmeprüfung zur Oberstufe des Gymnasiums in Karlsruhe (Bd. 2, S. 16):
In dem kleinen, engen Klassenraum, den ich nie im Leben vergessen werde, saß ein zweites Opfer, B. K. aus Freiburg, die Tochter eines damals schon verstorbenen, berühmten Gynäkologen. Welche Erleichterung, nicht allein auf enger Flur zu sein! Wir stellten uns einander vor, beide in gleicher Erlösung, und hatten uns dann bald in knappen Worten versichert, in den alten Sprachen blutwenig zu wissen, in Mathematik besser auf dem laufenden zu sein, in den neuen Sprachen mehr als nötig glänzen zu können. Großer Schreck! Mit einer sinnvollen Ergänzung war es also nichts.
Nach den Prüfungen wurden sie beide "probeweise" zur Unterprima, das entspricht heute der 12. Klasse des Gmynasiums zugelassen. Balbine war darüber glücklich, Mathilde aber entsetzt, da sie nur Geld angespart hatte für ein einziges Schuljahr, nach dem sie das Abitur machen wollte. Sie sagte zu Balbine (Bd. 2, S. 16):
"... Aber jetzt vor allen Dingen eine Tasse Schokolade zur Feier der gründlich verdienten Schlappe, und dann wollen wir beraten, was wir anfangen müssen, um doch noch in die Oberprima zu kommen." B.K. kannte mich erst seit einem Tage und dachte, ich sei irgendwie nicht normal oder habe soeben durch die Prüfung den Verstand verloren.
Am nächsten Tag ging sie zum Direktor und bat in einem einstündigen Gespräch um die probeweise Aufnahme in die Oberprima, da sie nicht genug Geld für zwei Schuljahre habe. Dieser Wunsch wurde eine Woche später nach einer Schulkonferenz bewilligt. In den nächsten vier Wochen mußte gebüffelt werden, um tatsächlich auch in der Oberprima bleiben zu können. Da hat Balbine wohl nicht ganz mitgehalten, denn wir erfahren (Bd. 2, S. 18):
So wurde ich tatsächlich nach Ablauf von vier Wochen probeweise in die Oberprima aufgenommen, ohne meinen Kameraden B. K. mit in diesen Himmel ziehen zu können.
Zu Weihnachten, nach einer weiteren Zeit angefüllt mit hoffnungslos viel "Büffeln" wurde Mathilde Spieß dann endgültig in die Oberprima aufgenommen. Und man versteht jetzt, warum Balbine erst ein Jahr später ihr Abitur in Karlsruhe gemacht hat als Mathilde Spieß. Mathilde Ludendorff schreibt von (Bd. 2, S. 40) ...
... meine(r) Kameradin B. mit ihrer leicht rötlich überzogenen politischen Einstellung ...,
während sie sich selbst in jener Zeit als politisch völlig "weltfremd" und naiv bezeichnet. Als Balbine bei ihr einmal in den Sommermonaten vor ihrem Abitur zu Besuch war, kam es aufgrund solcher Weltfremdheit zu der folgenden Erfahrung (Bd. 2, S. 30):
B. K. war politisch geweckt und brachte Zeitungsnachrichten, um die ich mich überhaupt nicht gekümmert hätte. So las sie denn auch eines Tages, als meine Wirtin uns den Kaffee auftrug, aus der Zeitung vor, daß ein Schüler eines Gymnasiums, der, wie sein Vater, ein Sozialdemokrat, es ihm befohlen hatte, die Kaiserhymne nicht mitsang und sich auch weigerte, dies zu tun, aus der Schule ausgewiesen wurde. Das fand ich ungeheuerlich, denn des Kindes Zukunft war ihm wegen seines Gehorsams dem Vater gegenüber zerschlagen, den doch allein die volle Verantwortung traf. (...) Daher sagte ich an diesem Tage, so etwas sei ungeheurlich und könne auch nur unter diesem undankbaren Kaiser geschehen.
Von diesem Kaiser hatte sie, wie sie schreibt, nur in Erinnerung, daß er Bismarck entlassen hatte, weshalb sie ihn als undankbar empfand. Die Wirtin/Vermieterin versuchte sie daraufhin jedenfalls mit der Drohung mit einer Klage wegen Majestätsbeleidigung zu erpressen. Das konnte abgewendet werden, indem Mathilde Spieß einen Rechtsanwalt nahm, der im Gegenzug mit einer Klage wegen Erpressung drohte. Daraufhin nahm die Vermieterin entsetzt alles zurück. Aber der Rechtsanwalt hatte viel Geld gekostet.
Von den Ferien in Heitersheim aus plante Mathilde Spieß dann auch die Finanzierung der ersten Semester ihres geplanten Medizinstudiums in Freiburg durch Stipendien und dem Geben von Nachhilfe-Stunden (Bd. 2, S. 43):
"Sie sind ja wahnsinnig," meinte B. K. wieder, aber ich erinnerte sie an meine Erfolge in Karlsruhe nach mißratener Aufnahmeprüfung und machte mir selber hierdurch Mut zum kühnen Unternehmen.
Intressant übrigens auch, daß sich beide immer noch mit Sie angesprochen haben.
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- Balbine Kaltenbach (1876-1933). In: Ärztinnen im Kaiserreich, Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin, Charité, Berlin 2015, https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00480
- Mathilde von Kemnitz (1877-1966),+. n: Ärztinnen im Kaiserreich, Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin, Charité, Berlin 2015, https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00130
- Ebert, Monika: Zwischen Anerkennung und Ächtung. Medizinerinnen der Ludwig-Maximilians-Universität in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Verlagsdruckerei Schmidt, 2003
- Rudolf Kaltenbach zum 150. Geburtstag und 100. Todestag. In: Geburtsh. u. Frauenheilk. 53, 1993, S. 209
- Haeberlin, C.: Rudolf Kaltenbach. Nachruf. In: Leopoldina 1892, S. 43-45 (GB)
Die Deutsche Volkshochschule
„Spießerseelen und ihre kleinen Seelenwehwehs“
Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen
Teil 2
(zu Teil 1 --> hier)
Inzwischen fegte das große geschichtliche Schicksal über Deutschland und Ostpreußen. Nämlich während des Ersten Weltkrieges. Dieses schlägt sich nun vor allem in den Gedichten von Agnes Miegel nieder.
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Abb. 1: Agnes Miegel - Lithographie aus dem Jahr 1930 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Für diese bekommt sie im Juli 1918 den Preis der Schiller-Stiftung.
„Lauter Schlampen und Schweinchen zu Töchtern und Frauen“ (1918)
Hierüber schreibt sie an Hans Georg von Münchhausen, den jüngeren Bruder von Börries (Poschmann, S. 33): „Ja, ich war auch sehr erbaut darüber, bins noch. Übrigens ist diese Stiftung so reich, daß sie mir getrost das Dreifache hätte geben können, aber so viel Erfahrung habe ich nun schon mit all so was - als Frau kriegt man immer höchstens die Hälfte. Das geht nicht nach der Leistung, sondern wie beim Jahresgehalt nach der mir nie begreiflichen Idee, daß eine Frau nicht annähernd so viel braucht wie ein Mann ... Sie muß ebenso Steuern zahlen, genau dieselben Preise in Bahn, Elektrische, Droschke, Theater, Konzert - woher also dieser Wahn??? All diese Beamten und Komiteeleute, die so was verteilen, haben entweder lauter Schlampen und Schweinchen zu Töchtern und Frauen oder die berühmte, an allen Stammtischen gepriesene Gattin, die mit 20 Mark Wirtschaftsgeld sich bei der 1. Schneiderin anzieht und Diners wie Uhl gibt - alles kraft ihres hervorragenden Wirtschaftstalents. So - ich unterbreite Ihnen diese wahrhaftigen Ansichten, da Sie gewiß später auch mal Komitee bei so was sein werden.“
Auf dem Memeldeich (September 1919)
Für ein tieferes, verbessertes Verständnis von Dichtungen ist es oft wertvoll zu erfahren, welche Anlässe das Schaffen derselben hervorgerufen haben. Das berühmte Gedicht „Die Fähre“ von Agnes Miegel etwa entstand im September 1919 auf einem Memeldeich. Ohne das Wissen um diesen Tatbestand nimmt man eher an, das Gedicht wäre auf die Weichsel oder auf einen anderen Fluß bezogen (Margarete Haslinger in: Wagner, S. 31):
„Fünfundzwanzig Jahre vor der Vertreibung, im September 1919, trafen wir Agnes und zwei ihrer Freundinnen in Schwarzort auf der Kurischen Nehrung. Mein Mann lud die drei Damen ein, mit uns auf einem unserer Tourenschiffe über das Kurische Haff nach Königsberg zurückzufahren. Wir übernachteten in dem Fährkrug in Tawellningken an der Memel und wollten uns am nächsten Sonntagmorgen in Lappienen die schöne sechseckige Kirche ansehen. Agnes kam nicht mit. Sie blieb oben auf dem Memeldeich sitzen. Sie sah die Fuhrwerke, die mit der Fähre auf das südliche Ufer übersetzten, um zur Kirche zu fahren. Drüben lag das Gebiet, das wenig später an Litauen abgetreten werden mußte. An jenem stillen Sonntag an der Memel entstand ihre Dichtung Die Fähre mit den Versen, die das Schicksal der Vertreibung vorwegnahmen.“
Dieses Gedicht ist zu lang, um hier vollständig wiedergegeben zu werden. Es handelt davon, wie zu nächtlicher Stunde die Ordensritter und in ihrem Gefolge Siedler, Männer, Frauen und Kinder, wieder die ostpreußische Heimat in Richtung Westen verlassen: „Die Krügersfrau fuhr auf im Bett, / die Uhr schlug Mitternacht ...“, so beginnt das Gedicht. Und den Höhepunkt erreicht es, als die auf der Fähre überfahrenden Menschen in die helle, warme, sommerliche Mondnacht hinaus die Worte miteinander wechseln:
„Was ist so weich wie Mutterschoß,so mild wie Mutterhand?“Und Antwort kam: „Das Wiesenheuund der Wind im flachen Land!“„Was ist so süß wie der Kuß der Braut?was ist blonder als sie?“„Die Linde über dem Strohdachfirst -viel süßer und blonder ist die!“„Was ist blanker als ihr weißer Leib?was ist so fruchtbar jung?Was trägt mich so geduldig?“„Der Strom der Niederung!“„Was ist für Götter und Menschen GlückDas Glück, dem keines gleicht?“„O das ist: den eignen Boden sehnsoweit das Auge reicht!Und Gruß und Rede hörenwie altvertrautes Wiegenlied,Und Wege gehn, wo jeder unswie Kind und Bruder ähnlich sieht!“„Und was ist allerschwerste Last?was ist ewige Pein?Was ist den Kindern der Ebne verhaßtund wird es immer sein?“„Von der Heimat gehn ist die schwerste Last,die Götter und Menschen beugt,Und unstät zu schweifen ist allen verhaßt,die die grüne Ebene gezeugt!“
Agnes Miegel hatte immer viele „Vorausahnungen“.
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Abb. 2: Agnes Miegel in Tollmingkehmen in der Rominter Heide nahe der Grenze zu Litauen, etwa 1907/09 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Im Jahr 1921 - es sind die Jahre der Russischen Revolution, des polnisch-sowjetischen Krieges und der kommunistischen Putsche in Deutschland - hatte sie in einem Gasthaus in Cadinen (am Frischen Haff) einen Traum, über den sie viel später einmal in einem Brief berichtete (Wagner, S. 32): „Er kam dreimal, ganz deutlich, wie eine Vision, in keiner Einzelheit je vergessen. Ich sehe den Moskowitersaal im Königsberger Schloß in tiefer Winterabenddämmerung, er wächst ins Ungeheure, in seiner Mitte steht ein Richtblock. Hand in Hand, im Reigen, umschreiten ihn feierlich riesige Frauen, gekleidet wie slawische Bäuerinnen, in weiten bunten Röcken, losen Jacken, Kopftüchern. Sie singen dazu nach einer alten, eintönigen, schwermütigen Melodie auf russisch (ich verstehe es aber Wort für Wort):
Wenn der hölzerne Mund rot schäumen wird,O zarte Jungfrau,Zerfleischen werden wir Dein Herz,Aus der Brust Dir gerissen,Es verschlingen wie Wölfe,O zarte Jungfrau! (...)
Ich wußte, daß diese Jungfrau Ostpreußen meinte. Nie vergaß ich das Grauen, nie die fürchterliche, abgründige Trauer dieses Traums, nie die Worte des Liedes ...“
In den 1920er Jahren verfaßte sich viele Zeitungsartikel unter ihrer Rubrik „Spaziergänge einer Ostpreußin“. Mit diesen schrieb sie sich weiterhin in die Herzen ihrer Landsleute ein (s. Wagner, S. 44f).
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Abb. 3: Agnes Miegel in den 1920er Jahren (Bildarchiv Ostpreußen) |
Über die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg schrieb die Schriftstellerin Helene Voigt-Diederichs (1875-1961), die erste Frau des Verlegers Eugen Diederichs, wohl Ende 1939 - Westpreußen und der sogenannte „polnische Korridor“, der zuvor Ostpreußen vom übrigen Reich getrennt hatte, waren gerade wieder in das Deutsche Reich eingegliedert worden (zit. n. Ulf Diederichs, S. 25): „Die persönliche Begegnung mit Dir, liebe Agnes, kam spät. Der große Krieg lag hinter uns, unbewältigt. Dein Blick war feucht von Schmerz und Liebe um Dein von der großen Mutter abgesondertes Ostland. Es hat manches Jahr gedauert, bis ihre Kraft sich sammelte und erstarkte, so daß sie wie in alten Tagen hinüberreicht zur meeresnahen Pregelstadt. Wessen Glück sang lauter als das Deine?
Nicht nur Dichterin, ein naher warmer Mensch bist Du seither (...) mir und den Meinen. Du warst unter uns zu den Festen des Lebens und zu des Todes unerbittlichem Spruch. Du ließest es Dir nicht nehmen, bei Hausweihe da zu sein, Du mit dem schwingenden Freimut Deiner Stimme, Deinem Lachen, warm wie Drosselschlag im Vorfrühling. (...)
Vor Jahresfrist geschah es, daß Dein Arm den Sohn meines Sohnes, des Knäbleins, das mit frohlockendem Brauseschritt heut an Deinem hohen Tage auch dabei sein will, über der Taufe dem heiligen Wasser hinbot. Fromm dem alten Brauch zugetan lächelte Dein Atem über das junge Kind zugleich den allereigensten Segen: aus urtümlichem Hellsinn, der da war vor Wissen und Wort, namenlos, und von dem Dein Werk unverlierbare Weisung trägt.“
Im März 1922 schreibt sie an Lulu (zit. n. Ulf Diederichs, S. 25): „Für mich ist fern von Ostpreußen alles Verbannung, ob Bamberg oder Sewastopol.“
Die Märchentante war viel besser“ (um 1926)
1926 wechselt Agnes Miegel zur „Königsberger Allgemeinen Zeitung“ (Neumann, S. 10f): „Ihre Beiträge sind Begebenheiten aus dem Alltag, einfühlsame Natur- und Landschaftsbeschreibungen, interessante Reiseberichte und sachkundige Stadtführungen in ganz Deutschland - Beiträge, die nahezu ausnahmslos in der anspruchsvollen Unterhaltungs-Beilage der ‚Königsberger Allgemeinen Zeitung‘ zusammen mit Essays, Kurzgeschichten und Gedichten von Thomas, Heinrich und Claus Mann, Hermann Hesse, Franz Werfel, Max Brod, Lion Feuchtwanger, Julius Bab, Kurt Tucholsky, Ina Seidel, Georg Britting und Joachim Ringelnatz in illustrer Gesellschaft erscheinen.“
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Abb. 4: Börries und Agnes auf der Herbsttagung der Dichterakademie in der Akademie der Künste am Pariser Platz 4 in Berlin im Jahr 1933 - stehend v.l.n.r. Will Wesper, Börries v. Münchhausen, Hans Grimm, Kolbenheyer, Wilhelm Schäfer, sitzend vlnr: Werner Beumelburg, Hans-Friedrich Blunck, Agnes Miegel, Hanns Johst, Emil Strauss, Rudolf Binding (Bundesarchiv) |
Aus dieser Zeit gibt es einen Bericht, der aufzeigt, welch schnelles, selbstverständliches und warmherziges Verhältnis die kinderlose Agnes Miegel zu ihr fremden Kindern fand. Eine Königsbergerin erinnert sich an die folgende schöne Anekdote (Ena Benze: Die verzauberten Kinder. In: Wagner, S. 99f): „Wir haben immer gern Besuch gehabt und die Kinder waren daran gewöhnt, guten Morgen oder guten Tag zu sagen und dann mit Rosi, dem Liebling aller in der Familie, wieder ins Spielzimmer zu gehen. Nur in seltenen Fällen wurde ihnen gesagt, wer kam, damit sie sich besonders frisch gewaschen vorstellen möchten. So geschah es an einem herrlich sonnigen Wintertag, daß der Vater morgens beim Fortgehen sagte: ‚Heute kommt eine große Frau zu uns; eine Dichterin. Macht der Mutter kein Schande und seid unsere besten Kinder.‘
Nach Tisch gingen sie, wie meistens, mit ihren kleinen Körben hinaus und sammelten Holz, das der Sturmwind abgezaust, oder das noch friedlich im trockenen Winkel lag. Es brachte nicht viel; aber sie hatten das frohe Gefühl dabei, daß sie zum Kaminfeuer beitrugen, das alle in der Familie so liebten, auch, wenn es manchmal nur selbstgesuchten Pfefferminzteee gab. Dafür gab es aber immer etwas Vorgelesenes oder Erzähltes.
An diesem Nachmittag kamen die Kinder herrlich durchgefroren gleichzeitig mit dem Besuch die Treppe herauf. Sie waren schon mitten im Gespräch miteinander. Ausziehen und an den hellflackernden Kamin setzen war eins, und der Besuch gehörte mitten hinein in den kleinen, glücklichen Kreis. Die trockenen Zweige aus den Kinderkörbchen wurden von ihnen ins Feuer geworfen; es flammte auf und sie freuten sich sehr. Es war auch ein grünes Tannenreislein darunter; der Gast nahm es in die Hand und zündete es an, so daß es wunderbar duftete im Raum, so als ob einer am Tannenbaum ein Zweiglein in die Kerzen hält. Die Kinder saßen unversehens auf dem Schoß des Gastes und der begann, ohne jede Vorrede, mit warmer Stimme zu erzählen: Vom Bäumlein, das andere Blätter hat gewollt.
Die Scheite knisterten; die Kinder saßen mucksmäuschenstill und das Rückert’sche Märchen ließ alle Bäume reden, von denen die Kinder tote Ästchen gesammelt hatten. Nun lebten sie alle wieder auf; durch den Mund der Erzählerin sprachen sie und man sah, wie alle gefesselt wurden von der wunderbaren Geschichte, der Art, zu erzählen und der Wärme, die vom Kamin und dem Gast ausging.
Abends in ihren Bettchen, erzählten die Kinder mir das Märchen noch einmal. Sie waren noch wie verzaubert.
‚Mutter, wie gut, daß heute die große Frau nicht gekommen ist. Die Märchentante war viel besser. Wir haben ihr gesagt: es soll heute eine Dichterin kommen. Hoffentlich kommt sie nicht. Die stört uns doch.‘
Jetzt wußte ich, was sie da miteinander getuschelt hatten - die mütterliche Frau, die einmalige Erzählerin, der warme, gütige Mensch Agnes Miegel und die verzauberten Kinder.“
Die gleiche Königsbergerin berichtet über ein anderes Erlebnis (Ena Benze, in: Wagner, S. 103): „Ein anderes Mal hatte Elly Ney vor Jugend gespielt und gesprochen im Marmorpalais am See. Agnes Miegel war unter den Zuhörern und sichtlich ergriffen; so sehr, daß sich ihr ein Gedicht an Elly Ney formte, dessen Stimmung und Inhalt ich ganz mitfühlen durfte. Es begann mit den Worten:
Immer denke ich nun, wenn deinen Namen ich höre,An den Abend zurück, da in dem marmornen SaalIn dem schweigenden Schloß - es lag in herbstlicher MondnachtWie verwunschen in einem silbernen See -Du vor der Jugend standest ...“
„O Du schönes Tal, göttergeliebter, grüner, heiliger Streifen Land zwischen Weimar und Jena“
Zu Eugen Diederichs 60. Geburtstag, zur Sommersonnenwende und zu einem Sommerfest war Agnes Miegel 1927 nach Jena eingeladen. Für ihre Zeitung „Königsberger Allgemeine“ schrieb sie darüber einen Aufsatz, in dem sie sich auch noch einmal an ihre Pensionatszeit in Weimar als junges Mädchen erinnerte. Diesen Aufsatz schickte sie 1953 an den Enkelsohn Eugen Diederichs, der ihn im Jahr 2004, zum 125. Geburtstag Agnes Miegels, erstmals wieder der Öffentlichkeit zugänglich machte (Ulf Diederichs, S. 44f).
„Sommerfest
Linden, Jasmin und Rosen duften durch die gewitterschwüle Luft. Im Garten flammen erste Feuerlilien, mannshoher Rittersporn schlägt dunkelblaue und lichte Augen auf, überschwenglich ist die Blüte, die Üppigkeit des Lebens auf den Kalkfelsen des Saaletales nach diesem feuchten Frühling. Deutlicher noch als sonst zeigen es die grünen Waldhänge mit den weißen Landhäusern, die bunten Terrassengärten. Die Wiesen breiten um den sanftgeschwungnen glänzenden Fluß die fast süddeutsche Lieblichkeit dieses gesegneten Tals, dem kein Industrieschlot, kein Kalkofen ganz seine holde Schönheit nehmen kann.
O Du schönes Tal, göttergeliebter, grüner, heiliger Streifen Land zwischen Weimar und Jena, über den wie heute die lichten Wolkenschatten, Schatten der Genien gehen ‚wandelnd im Licht,’ segnend und immer noch formend auch ein entgöttertes Geschlecht. Spürbar in einer Form, die eben nicht Form war, sondern gelebtes und ehrfürchtig-begriffenes, eigentlichstes Wesen bei den Staub-Gewordenen, bei denen ich hier lebte, als ich Kind war. Spürbar heute noch in dem jungen Geschlecht, dessen kühles Denken ihr Leuchten erwärmt, ihm die Sehnsucht gibt nach all dem, was der große Zaubermeister ‚edel’ nannte.“
Und an anderer Stelle spricht sie das Geburtstagskind und seine Frau selbst an (Ulf Diederichs, S. 30): „… Und Du, Antlitz, das väterlich-gütig ein Menschenalter über meinem Geschick stand, und Du, geliebtes helläugiges Gesicht neben ihm, so verschlungen in mein Leben durch tausend Fäden von Jugendtagen an - ja, nun sind wir die Alten … .“
„Davon erfährt man nie ein Wort“ (1929)
Aus der gleichen Zeit sind Briefe zwischen Börries von Münchhausen und seinem Freund Levin Schücking, bzw. zwischen den Ehefrauen der beiden erhalten. In ihnen kommt auch immer wieder einmal die Sprache auf Agnes Miegel. Dadurch wird das Verhältnis, in dem sie weiterhin zu Börries von Münchhausen stand, deutlich.
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Abb. 5: Agnes und Börries auf der Herbsttagung der Dichterakademie in der Akademie der Künste am Pariser Platz 4 in Berlin im Jahr 1933 - v.l.n.r. Rud. Binding, Werner Beumelburg, Hanns Johst, Hans Friedrich Blunck, Agnes Miegel, Boerries von Münchhausen, Erwin Guido Kolbenheyer, Will Vesper (Bildarchiv) |
Am 18. Oktober 1926 schrieb Börries (von seiner Wohn-Burg Windischleuba in Thüringen aus) an seinen Freund Levin, der ihm zuvor zu dessen Zweifeln und Skeptizismus hinsichtlich seiner künstlerischen Arbeiten geschrieben hatte (Schücking, S. 267) : „Liebster Levin, unsere Freundschaft bedarf keines Beweises, wenn Du ihr aber einen geben wolltest, so konnte wohl nichts zarter und stärker sein als dieser liebe Brief. (...) Ja, Du hast gewiß recht mit allem, was Du sagst.“ Und dann schreibt er etwas später unvermittelt weiter: „Agnes Miegel hat mir in meinem ganzen Leben gepredigt: ‚Du zerstörst mit Selbstvorwürfen Dein Leben und Deine Kunst, sei doch, was Du bist, sei doch böse, laß Dich doch gehen, wirf doch die Zügel hin, und Du wirst merken, daß Du nicht fährst, sondern fliegst.‘ “
Münchhausen setzt fort: „Aber man merkt, wenn es im Leben einmal ganz hart auf hart geht (...) erst, wie einsam der Einzelne ist.“
Am 1. März 1929 schreibt Anna von Münchhausen (die Frau von Börries) mit einem Anhauch von Traurigkeit aus Windischleuba an Liese Schücking, die Frau von Levin, über Sorgen bezüglich ihres nun etwa 22-jährigen Sohnes. Er ist ihr ein Trost bei all den Frauen, mit denen sie ihren Ehemann Börries immer wieder teilen muß, und worüber sie sich oft bei ihrer Freundin Liese ausspricht. Und so schreibt sie diesmal dann weiter über ihren Ehemann (Schücking, S. 280):
„Mein Papa schreibt fortgesetzt Aufsätze über Agnes Miegel. Seit er sie nun besucht hat, geht ihm das glatt von der Seele. Weißt Du, sie wird fünfzig - aber der Seelenkontakt ist immer geblieben. Die bin ich nie ganz losgeworden, trotz aller Neuen die da kamen. Und nun ist’s ihm beinahe Ehrensache, daß das auch immer sous entendu so bleibt, wie er zu ihr stand. Und was die so geredet haben, wenn er einen Nachmittag bei ihr sitzt - davon erfährt man nie ein Wort, jedenfalls nie das Richtige, und da er allen Leuten nur zu Liebe und Gefallen redet, wird er ihr nur sagen, was sie hören mag, sonst würde er nicht hingehen. - So ist langsam das Kind, mehr wie sich’s gebührt, meine große Liebe und Hoffnung geworden.“
Die allgemeine Enttäuschung der Ehefrau von Börries scheint sich bei ihr fast auch auf Agnes Miegel zu übertragen. Doch eine Woche später schreibt sie (Schücking, S. 283): „Ja, Du hast ja recht, wenn Du mich mahnst, nicht zu viel vom Leben zu verlangen, und den anderen die Brosamlein zu gönnen. (...) Na - Schwamm drüber! (...) Nun ist man begierig, wie Obst und Beeren und Schlingpflanzen diesen Abstecher nach Sibirien überstanden haben.“ Und diese Worte beziehen sich wohl auf eine Geschenk-Sendung an Agnes Miegel in Königsberg zu ihrem 50. Geburtstag: „- Wir feiern, egal, Agnes Miegel. Bössi hat sozusagen silberne Hochzeit mit ihr. Einen ganzen Abend haben wir uns ihre Gedichte vorgelesen. Es sind doch sehr schöne darunter! Nur Bössies Stimme erschallt in allen Zeitungen über sie.“
Kurz hinter Hindenburg (1929/30)
Am 23. Juni 1929 druckt die „Königsberger Allgemeine Zeitung“ das bedeutende Gedicht von Agnes Miegel „Letzte Stunde“ ab. Es handelt von dem Tod eines Soldaten ostpreußischer Herkunft an der Tiroler Front während des Ersten Weltkrieges. Die Zeitung schreibt dazu (Neumann, S. 233): „Die ostpreußische Dichterin weilt augenblicklich in Tirol. Unter dem Eindruck einer Erzählung in Bozen entstand das hier abgedruckte Gedicht. Die Redaktion.“
Und wir erfahren (Neumann, S. 11-13): „Ende 1929 veranstaltete die ‚Königsberger Allgemeine Zeitung‘ ein Preisausschreiben mit der Frage nach den sechs bekanntesten lebenden Ostpreußen, Männern oder Frauen. Ausgelobt wurden 3000 RM in bar sowie 200 Trostpreise. Das Ergebnis der Preisfrage gab die Sonntagsausgabe der ‚Königsberger Allgemeinen Zeitung‘ vom 26. Januar 1930 bekannt. Bei insgesamt 10.433 Einsendungen mit je sechs Stimmen erhielten Stimmen:
- Reichspräsident von Hindenburg 9.742
- Agnes Miegel 9.088
Auf den weiteren Rängen folgen so bekannte Persönlichkeiten wie Emil Hirschfeld aus Allenstein, der Weltrekordmann im Kugelstoßen (7.734), Filmstar Harry Liedtke (5.871), Oberpräsident Siehr (4.219) und der Schauspieler Paul Wegener (4.215). (...) Ab dem Jahre 1930 läßt Agnes Miegel ihre journalistische Mitarbeit bei dieser Zeitung auslaufen.“
1932 oder 1933 schreibt Agnes Miegel in einem Brief an die Schriftstellerin Ruth Schaumann anläßlich von deren Veröffentlichung ihrer Kindheitserinnerungen unter dem Titel „Amei“ (Wagner, S. 79): „Als junges Mädchen bin ich zu einer Hochzeit, es war im Juni 1899, in der kleinen Dir gewiß unbekannten Garnisonsstadt Hagenau (sie liegt nicht weit von Straßburg mit dem herrlichen Münster) im Elsaß gewesen. Unter den Hochzeitsteilnehmern war nun ein junges Paar, ein riesenhaft großer Kavallerieoffizier, dunkel wie ein Araberscheik, seine junge Frau aschblond, reizend, sie stammt aus der Lüneburger Heide, und war in der Hoffnung mit dem zweiten Kind. Beide haben es mir damals so sehr, sehr angetan, daß ich glückselig war, von ihnen zum Tee eingeladen zu sein.“ Agnes Miegel bat um Aufklärung, ob es sich bei diesem Paar um Verwandte der Schriftstellerin handelte. In der Antwort stellte sich dann für Agnes Miegel, die sich nur undeutlich an den Namen Schaumann des Ehepaares hatte erinnern können, heraus, daß die Schriftstellerin selbst die zweite Tochter dieses Ehepaares gewesen ist, über das nun auch in ihren Kindheitserinnerungen berichtet wurde.
Abendlicher Spaziergang in Jena 1932
Immer wieder verbringt Agnes Miegel frohe, unbeschwerte Stunden in Jena bei den Diederichs. Im Advent 1929 schreibt sie ins Gästebuch (Ulf Diederichs, S. 30f): „Reiner Seelenjungbrunnen. Aber dieses Mal bin ich so gerne bei Euch als käme nie mehr solch gute Zeit.“ Und tatsächlich stirbt gut ein halbes Jahr später ganz überraschend Eugen Diederichs. Der „dem Andenken Eugen Diederichs“ gewidmete Gedichtband Agnes Miegels „Herbstgesang“ erschien dann Ende 1932. Er war benannt nach dem ersten darin enthaltenen Gedicht. Dieses hatte sie am Tag der Beerdigung Eugen Diederichs verfaßt („… Wandernde Jugend, so rank und schlank, / wie rot ist dein Mund! …“).
In das Exemplar für Lulu setzte Agnes Miegel noch handschriftlich ein Gedicht hinein, das bis heute unveröffentlicht geblieben war (Ulf Diederichs, S. 32f). Es beschreibt einen abendlichen Spaziergang in Jena, vorbei am Grab Eugen Diederichs zur Familienvilla der Diederichs:
Am Abend
Durch die ladenhellen, lärmenden GassenDringt der lachenden Kinder Mummerei.In der DämmerungSchwingen am Stadtturm die Glocken aus.Langsam wandern wir ZweiDurchs Johannistor nach Haus. -Einmal waren wir jung, -Nun gehen wir gelassenHeim. Immer leerer werden die Straßen.Die mit uns gingenTrinkt Epheuwand und dunkelnder Waldhang auf.Über den Bergen, die sich verdämmernd schwingenSteigen die Wintergestirne herauf.Weiße Pforte schimmert im letzten Licht.Und wir stehnEh sie sich auftut, Hand in Hand.Wissen einer der andern GesichtWie das eigne gewandtAuf zu den klarenUnwandelbarenDie dort oben die ewigen Bahnen gehen!
Agnes Miegel und der Nationalsozialismus
Agnes Miegel begrüßte den Nationalsozialismus. Während der Zeit des Dritten Reiches war sie eine gefeierte Dichterin. Oft nahm sie mit großer Freude vor allem von der Hitler-Jugend - aber auch von manchen anderen NS-Verbänden - Einladungen zu Dichterlesungen, Gedenkfeiern und Ehrungen an. So schrieb sie auch ein ergreifendes Gedicht auf sozusagen die damalige „Frauenbeauftragte“ der nationalsozialistischen Partei, auf Gertrud Scholtz-Klink, in der sie vor allem deren mütterlichen Sinn betonte, und zwar deren mütterlichen Sinn auch und vor allem gegenüber den Kulturschaffenden.
Aber es gibt nur wenige und erst in den späten 1930er Jahren entstandene Dichtungen, die zeigen, daß die freundliche Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus auch sehr konkret in Dichtung umgesetzt werden konnte. Ein Gesamtbild der Persönlichkeit von Agnes Miegel kann diese Dichtungen natürlich nicht ausklammern. Die Biographie von Anni Piorreck etwa versucht, diesen Werken den künstlerischen Wert abzusprechen. Aber damit liegt sie doch ganz falsch. Der künstlerische Wert bleibt voll erhalten, auch wenn man den Inhalt heute nicht mehr anerkennen kann.
Diese Dichtungen finden sich vor allem in dem im Jahr 1940 erschienen Bändchen „Ostland“. Aber selbst das dieses Bändchen einleitende Gedicht „An den Führer“, das wohl heute sicherlich als das Kompromittierendste empfunden wird, bezeugt noch die ganz eigenwilligen Gedanken von Agnes Miegel, ja auch ihre zweiseitigen Gefühle: erinnert sie doch vor allem an Deutschlands (und Westpreußens) schwere Vergangenheit vor 1933 und vor 1939.
1940, nach den überraschend schnellen militärischen Siegen über Polen und Frankreich, sahen viele Menschen in Europa, die den langwierigen, opfervollen Ersten Weltkrieg miterlebt hatten, voller Zuversicht auf eine lange, frohe, friedensvolle Periode des Aufbaus und der gedeihlichen Weiterentwicklung in Europa. Gerade wegen dieser schnellen militärischen Entscheidungen, die so viele Menschenleben schonte, war man weithin von tiefer Dankbarkeit gegenüber „dem Führer“ erfüllt - nicht aus imperialistischen Gelüsten, sondern aus Friedenssehnsucht heraus.
Den eigentlichen Grundgedanken des Gedichtes „An den Führer“, der mit Politik gar nichts zu tun hat, hat Agnes Miegel auch in Gesprächen nach dem Zweiten Weltkrieg noch oft wiederholt. Eine Freundin berichtet (Wagner, S. 125): „Aber nicht nur der eigne Familienkreis, auch die weithin reichende Kette der Vorfahren spielte in ihrer Gedankenwelt eine wichtige Rolle. Wir sprachen davon, daß sie und ich die Letzten von aussterbenden Familien wären. Agnes meinte, unter bestimmten Voraussetzungen könnten in diesen Letzten die Geisteskräfte einer langen Ahnenreihe, aus Urgründen in ihrer Vielfalt aufsteigend, noch einmal aufleben und sie zu besonderen Leistungen aufrufen. Aus diesen Kraftströmen gewirkt zu haben, empfand und erkannte sie als sichtbar gewordene Erfüllung ihres Lebens.“
Überhebe sich also nur ja keiner in eilfertigem Übermut, wenn er im folgenden das Gedicht von Agnes Miegel „An den Führer“ liest. Es kann gerade an ihm erkennbar werden, wieviel Idealismus im Jahr 1945 in Deutschland verloren gegangen sein muß, nachdem erkennbar geworden war, auf welche Art von verwerflicher Person dieser Idealismus in den Jahren zuvor fokussiert gewesen war. Das Gedicht behält ganz unabhängig von seinem - nur zum Teil - zeitgebundenen Inhalt einen tiefen künstlerischen Wert. Und die heutige Generation hat genug Abstand zu der damaligen Zeit, daß man diesen Wert auch unbefangen anerkennen kann:
An den Führer
Nicht mit der JugendÜberschäumendem Jubel erlebt ich das WunderDeines Nahns.Mit dem schweigend ehrfürchtigen StaunenLeidgeprüften Herzens, geläutert im Opfer,Das seiner Kindheit Welt in Krieg und Stürmen vergehn sah, -Und das anders, groß und glühend ergriffen,Stumm Dich grüßte!So mit jedem Morgen fühl ich’s aufs neue -- Wenn in der Tiefe der Nacht, aus der Tiefe des HerzensSchweres Erinnern stieg, wie Schatten mich ängstend:Krieg und Aufruhr und grauer Tage Verzweiflung,Untergangsnot und Schreckbild verkommener Jugend, --O Befreiung, zu spüren im Lichte der Frühe,Alles dies ist fern und für immer vergangen!Fortgewischt wie Tränen vom Antlitz der WitweVon Deinen Händen!ÜbermächtigFüllt mich demütiger Dank, daß ich dieses erlebe,Dir noch dienen kann, dienend den DeutschenMit der Gabe, die Gott mir verlieh!Daß die MeinenDie gefallnen, geliebten Gefährten der Kindheit,Daß die Toten, die Dein Kommen ersehnten,Daß die Ahnen, deren verlassene HeimatWiedergekehrt durch Dich,-Daß sie alleMir in der Seele, mir im Blute noch lebend,Mit mir Dich segnen!Nicht der Jugend brausendes ÜberschäumenKann ich Dir geben.Doch ich liebe das Leben,Wie nur der es liebt, mit dem alle der SeinenFortgehn von Heimat und Volk. Heimkehrend zur Erde,Draus sie stiegen.Doch dies wäreHöchste Erfüllung mir und Ehre den Ahnen:Heilige Fackel, nie mehr weitergereichte,Dir zu opfern!
Ulf Diederichs, der Agnes Miegel immer verbunden gebliebene Enkelsohn Eugen Diederichs, schreibt im Jahr 2004 (Ulf Diederichs, S. 36): „In den Gratulations-Prachtband zu Hitlers 50. Geburtstag trugen sich Agnes Miegel und auch die Freundinnen Lulu von Strauß und Torney und Ina Seidel mit Gedichten ein. (…) Auch Börries Freiherr von Münchhausen war dabei, auch Helene Voigt-Diederichs und noch so mancher (…), Hans Carossa, Wilhelm von Scholz. Kaum einem anderen hat man das später so verübelt wie Agnes Miegel. Freilich stand sie, nächst Carossa und Weinheber, an sehr exponierter Stelle.“ Im März 1940 wurde um Goebbels erwogen, entweder Agnes Miegel oder Josef Weinheber den Nationalen Buchpreis zu verleihen, Agnes Miegel deshalb, weil - wie es in einem Gutachten hieß - sie „mit Leib und Seele“ hinter den „Entscheidungen der letzten Zeit“ stehen würde (also der Rückkehr Westpreußens an das Deutsche Reich). Dieses Vorhaben wurde aber wieder fallengelassen (Ulf Diederichs, S. 36).
- - - Der Rundfunkautor Martin A. Borrmann (1895-1974), der 1933 auch Dramaturg am Königsberger Schauspielhaus war, berichtet aus der Zeit der beiden ersten Jahre des Dritten Reiches (Wagner, S. 82): „Im April des für uns alle so einprägsamen Jahres 1933 wurde mir neben mancherlei Bedrohung auch ein Lebensgeschenk zuteil: das uneingeschränkte Vertrauen der Dichterin“ (Agnes Miegel). „Ich war zu ihr, die ich persönlich kaum kannte, in die Luisenallee gegangen, um ihre Unterschrift zu erbitten unter eine Eingabe für den künstlerischen Leiter unseres Ostmarkenrundfunks; dieser war ohne Entschädigung, dazu in besonders tückischer Art und Weise, von Goebbels auf die Straße gesetzt worden. Agnes Miegel, es ist wichtig, das heute zu betonen, unterschrieb sofort. Darüber war ich froh - und wurde es noch mehr, als ich spürte, daß diese Begegnung, bei allem sogleich offen dargelegten Gegensatz unserer Ansichten, der Beginn einer Freundschaft zu werden versprach.
In den folgenden zwei Jahren lud mich die Dichterin fast jede Woche zu sich. Wir sprachen kaum über Literatur, stritten aber stundenlang freundschaftlich über Zeit und Umwelt, die beide trotz äußerem Freudentaumel in unserem Lande immer gefährlicher wurden. So weiß ich wie wohl nur wenige – und vielleicht gerade, weil ich auf der anderen Seite stand - von den Kämpfen, die Agnes Miegel damals in ihrem Innern durchzufechten hatte. Sie erhoffte sich von dem Neuen eine Verjüngung und Erneuerung unseres Volkes, ahnte aber zugleich mit balladenhafter Kraft, was schon damals in den Konzentrationslagern geschah.
Ich erlebte ihre Verzweiflung, als man in der Provinz eine Schule, die bisher den Namen von Käthe Kollwitz trug, nunmehr Agnes-Miegel-Schule nennen wollte. Sie war glücklich über die Begeisterung der Jugend und teilte sie, wußte aber als Dichterin vom schlimmen Ende jeder Nibelungenfahrt. Sie hatte Visionen, oftmals solche schrecklicher Art. (...)
Wer in Agnes Miegel nur heitere Mütterlichkeit und warmherzigen Humor sieht, verkleinert ihr Bild. Gewiß, dies waren ihre Eigenschaften, aber darunter lagen, gut verborgen, die Wesenszüge einer Seherin. ‚Es ist kein Glück‘, sagte sie einmal bitter, ‚als Kassandra geboren zu sein. In Troja nicht.‘ Und dann las sie mir, nun wieder lachend, den Satz, den ich sprechen wollte, selber vom Mund ab: ‚Und im Dritten Reich schon gar nicht!‘ “ - - -
Hierzu ist noch folgendes zu bemerken. Der Vortrag ihrer berühmten Ballade „Die Nibelungen“ ist bei fast jeder ihrer öffentlichen Lesungen vom Publikum gewünscht worden. Zu Anfang einer öffentlichen Lesung, die nach der Schlacht von Stalingrad stattfand, bat sie um Verständnis dafür, daß sie diese Ballade nicht mehr öffentlich vortragen könne. Sie hätte sie zum letzten male vor Soldaten gelesen, die in Stalingrad zum Einsatz gekommen waren. -
Zur Entstehung des Reclambüchleins „Das Bernsteinherz“ (im März 1937) (Wagner, S. 60f)
Mit dem letzten Friedens-Flugzeug über den Korridor (1938/39)
Wie hatte Agnes Miegel die Kriegsgefahren im Jahr 1938 und dann den Kriegsausbruch 1939 erlebt? Eine Freundin berichtet (Gertrud Zippel-Fuchs in Wagner, S. 42): „Ich denke an jenen Septembertag des Jahres 1938, als Krieg und Friede auf des Messers Schneide standen. Agnes war den ganzen Nachmittag bei mir, unvergeßliche Stunden der Angst und der Hoffnung, ach, mehr noch der Angst: ‚Wir wollen ja den Korridor in Kauf nehmen, auch weiterhin, wenn nur Friede bleibt, wenn nur das Land gerettet ist.‘ “ An der Frage des Korridors, der Ostpreußen vom übrigen Reich trennte, brach der Zweite Weltkrieg aus. An diesen Worten wird klar deutlich, aus welcher Haltung allein Agnes Miegel auch solche Gedichte wie jenes „An den Führer“ geschrieben haben kann.
Am 9. März 1939 feierte Agnes Miegel ihren 60. Geburtstag. In den „Stimmen der Freunde“, die der Eugen Diederichs Verlag zu diesem Tag herausgab, schrieb Börries von Münchhausen (s. Stimmen d. Freunde): „Und ihr herrlicher Humor - Agnes, so herzlich wie vor wenigen Wochen bei Deinem letzten Besuch in Windischleuba haben wir alle doch seit langem nicht gelacht! Ich kenne wenig Menschen, die so gern lachen, keinen, den ich lieber lachen sehe als Dich! -“
Die letzten Tage und Abende vor Beginn des Zweiten Weltkrieges erlebte Agnes Miegel zusammen mit dem niederdeutschen Schriftsteller Moritz Jahn. Besonders an einen jener Abende erinnerte sie später noch oft. Im Frühjahr 1946, nach der Flucht, schrieb sie aus Dänemark an Moritz Jahn, der ihr aus Göttingen seine tatkräftige Hilfe angeboten hatte (Wagner, S. 93): „Was hab‘ ich Ihnen sonst zu erzählen? Ach, so vieles - aber vielleicht sehen wir uns einmal, sitzen zusammen wie damals auf dem Seesteg in Heiligendamm, ach wäre das schön!“ Moritz Jahn war auch ein verständnisvoller Freund des Wiener Dichters Josef Weinheber gewesen. Er erläutert diesen Satz Agnes Miegels mit dem folgenden Bericht (Wagner, S. 92f):
„Auf eine unserer Begegnungen kam unsere liebe Agnes Miegel in ihren Briefen an mich immer wieder zurück, auf unsere Begegnung in Doberan (Doberaner Dichtertag) im Spätsommer 1939. Ich hatte dort am 19. August den Festvortrag über ‚Niederdeutsche Sprache als Ausdruck niederdeutschen Wesens‘ gehalten. (...) Erst während der Rede war mir der Gedanke gekommen, daß ich so sehr schön den Bogen spannen könnte von meiner eigenen nordwestdeutschen Heimat über die Mitte des norddeutschen Raumes hin bis zu seinem östlichen Grenzland: ‚Ich begann meine Darlegungen mit Glückwünschen (...). Ich möchte sie schließen mit einer Huldigung an die Dichterin, die, nicht minder im plattdeutschen Grunde ihrer preußischen Heimat verwurzelt, die niederdeutsch-nordische Kunstform der Ballade um eine lange Reihe von Kostbarkeiten bereichern durfte, und die uns in ‚Henning Schindekopf‘ das herrliche Bild und Vorbild plattdeutschen Bauernkriegertums schuf, vor dessen Tatkraft und Opfermut die Waffen des feindlichen Ostvolkes klirrend zersplitterten. Sein Wahlspruch gibt, im markigen, volkhaften Laut der Heimat, die schönste Kennzeichnung niederdeutschen Wesens; so soll er auch hier den Schluß bilden. Möchte der niederdeutsche Mensch, möchte auch der niederdeutsche Künstler nach Leistung und Forderung an sich selbst immer ein Recht haben zu dem stolzen Wort: ‚Ök sülvst!‘ ‘
Der vorletzte Satz wollte nichts, als bei den Hörern die Erinnerung an jenes schöne Gedicht wachrufen; erst im Laufe des Nachmittags machten mich Freunde darauf aufmerksam, daß gerade diese Worte in diesem Augenblick eine besondere politische Aktualität gehabt hätten: Das Verhältnis des Reiches zum polnischen Nachbarn wäre sehr kritisch geworden; man erwöge deshalb schon den Plan, Agnes Miegel am Schluß der Tagung mit einem Flugzeug in ihre Heimat zurückzubringen. (...)
Am Abend des letzten Doberaner Tages saß ich noch lange mit Agnes Miegel auf dem Seesteg in Heiligendamm; ein klarer, zu dieser Tageszeit schon herbstlich kühler Mondglanz lag auf der sich nur leise regenden Flut; wir sprachen nur dann und wann ein Wort - es war soviel geredet worden in all den Tagen, und ein Abend am Meer war uns beiden ein seltenes Geschenk, das nicht zerredet werden durfte. Zudem: was würde nun morgen sein, morgen ... ‚Ich war sicher, daß ich die Freunde nie wiedersehen würde‘, schrieb mir die Freundin nach langen Jahren; sie hatte die geliebte Heimat noch erreichen können, mit dem letzten Flugzeug, das den Korridor überqueren konnte, ohne beschossen zu werden.“
„Das kann doch nicht sein!“ (1940-1944)
Moritz Jahn berichtet weiter (Wagner, S. 42): „Immer wieder war die Angst um Volk und Land in unseren Gesprächen, blieb es auch nach den ersten trügerischen Siegesnachrichten, nachdem 1939 wirklich der Krieg ausgebrochen, und sie wurde im Lauf der nächsten Jahre immer stärker. Agnes kannte doch sonst keine Angst. (...) Es lag etwas Lähmendes in dieser Angst, etwas nicht Greifbares, zum Teil schon Geahntes, was immer drohender sich breit machte. Miteinander wenigstens konnten wir davon sprechen. Ich sehe noch die Bestürzung, ja das Entsetzen in ihren Augen, als sie mir kurz eine Äußerung wiedergab, die so ganz nebenbei, aber selbstverständlich jemand über die erhoffte Ausdehnung Deutschlands nach Osten gemacht hatte. ‚Was für eine Hybris!‘ sagte sie, ‚wohin soll das noch führen!‘ “
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Abb. 6: Agnes Miegel im Jahr 1944 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Und (Wagner, S. 42): „Es war im September 1944, nach der nahezu vollständigen Zerstörung Königsbergs“ (durch Luftangriffe). „Wir hatten uns in Neukuhren verabredet. (...) Wir gingen hoch oben die Steilküste entlang, in Richtung Rauschen. Es war ein unirdisch klarer Septembertag. All die Schönheit ringsum legte sich uns aufs Herz.
‚Es kann doch nicht sein‘ - das klang wie ein leiser Aufschrei, ich wußte gleich, was sie meinte. ‚Nein, es kann nicht sein‘, aber wir wußten beide, daß es nur verzweifelter Schmerz um unser Land war, der uns so sprechen ließ, ahnten beide, daß wir zum letzten Mal unsere See zusammen sahen.“
Andere Königsberger berichten (Wagner, S. 59): „Natürlich waren wir auch immer unter den Hörern, wenn sie“ (Agnes Miegel) „öffentlich sprach, zuletzt im Dezember 1944 im Neuen Schauspielhaus, da die anderen großen Säle schon alle durch Bomben zerstört waren.
‚... es forderte zum Fackeltanze dich,Gekrönte Vaterstadt, der grimme Tod ...‘
Wie eine Seherin, wie eine der großen Sibyllen mit dem Blick, der über die Gegenwart hinausgreift, so sprach Agnes Miegel diese Verse aus dem Erleben jener furchtbaren Bombenangriffe - abgeklärt, ruhig, scheinbar über allen Schmerz erhaben, während uns die Tränen über die Wangen liefen.“
Agnes Miegel floh mit zehntausend anderen Königsbergern 1945 über die Ostsee nach Dänemark.
„Heute kommt kein Hall mehr über die Grenze“
Sie weilte nach der Flucht lange Zeit unter ärmlichen Verhältnissen in einem Flüchtlingslager in Dänemark.
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Abb. 7: Agnes Miegel in Oxböl, Dänemark, 1945/46 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Börries von Münchhausen, mit dem sie lebenslang über so zwiespältige Gefühle hinweg verbunden blieb, und der selbst äußert vielschichtig und emotional schwankend war, nahm sich am 16. März 1945 in Windischleuba in Thüringen das Leben. Es war das noch einen Monat, bevor am 15. April 1945 die westlichen Alliierten in Altenburg einrückten. Seine Frau war kurz zuvor an einem Schlaganfall gestorben, sein einziger Sohn schon Jahre zuvor bei einem Autounfall. Noch kurz vor seinem Lebensende hatte er große Zweifel an dem eigentlichen Wert seines dichterischen Schaffens geäußert. Kurz zuvor schrieb er noch das folgende Gedicht über seine Mutter, mit der ja auch Agnes Miegel so gut bekannt gewesen war:
Meiner toten Mutter
Gott hat es gnädig mit dir gemeint,als er dich zu sich genommen,die Sonne, die heute auf Deutschland scheint,ist aus der Hölle gekommen!Du konntest noch Märchen sammeln im Land,von Lippen, welk und befangen,du hast noch Lieder des Volkes gekannt,die sie abends am Thingplatz sangen.Du konntest als gütige Herrin nochIn die Hütten der Armen gehen.Du wußtest beim Gruß im Dorf doch:Sie freuten sich, dich zu sehen.Hast Uhland und Grimm noch die Hand gereichtfür das Deutschtum, das sie uns erworbenund als der Tod dir die Wange erbleicht, -du bist noch in Deutschland gestorben!Wir aber leben - was leben so heißt! -in den Trümmern, die Reich einst geheißen,und wer die Zähne zusammenbeißt,der hat auch noch was zu beißen!Und wer auf dem Friedhof die Namen liest,der kann auch noch Deutsche erspähen,und wer recht fest die Augen schließt,der kann auch noch Deutschland sehen!Ja, Gott hat es gnädig mit dir gemeint,als er deine Seele umfangen,die Tränen um dich waren leichter geweint,als die, denen du entgangen.
Agnes Miegel zog nach Nenndorf in Niedersachsen, nahe dem Münchhausen-Gut Apelern. Die Heimat Ostpreußen blieb das unentwegte Thema ihrer Dichtungen und vieler, vieler Gespräche mit Landsleuten (Ilse Reicke-von Hülsen, in: Wagner, S. 63f): „So sprach sie einmal von den alten Ordensburgen in Ostpreußen: ‚Die Steine wurden zweimal gebrannt, das Ziegenmehl zweimal mit Ochsenblut gemischt, das gab den Purpurton und große Härte. Der Mörtel wurde mit Buttermilch angerührt ... Heut kommt kein Hall mehr herüber über die Grenze‘, fügte sie hinzu. ‚Hinübergehen ist der Tod. Dagegen ist Ninive gar nichts ...‘ “ Ihre damalige Gesprächspartnerin sagt über solche Äußerungen (Ilse Reicke-von Hülsen, in: Wagner, S. 64): „Der große Odem der Geschichte, der aus ihren Balladen weht, packt auch im Gespräch den Besucher wie eine plötzliche Bö.“
Am 12. Februar 1949 konnte sie ihren Freunden ihre „Entbräunung“, wie sie das nannte, also ihre „Entnazifizierung“ mitteilen. Ina Seidel hatte in der Eingabe an die Spruchkammer zu Gunsten ihrer Freundin die richtigen Worte gefunden (Ulf Diederichs, S. 40): „Nie hat sie daran gedacht, Propaganda für die Partei zu machen, wenn ihre Liebe zu Deutschland und der engeren Heimat sie zu einer phantastisch idealisierenden Anschauung der Persönlichkeit Hitlers hinriß.“ Im Urteil hieß es (Ulf Diederichs, S. 40): „Sowohl Motive wie Handlungen haben niemals NS-Geist verraten.“
Wir erfahren (Wagner, S. 100): „Im Dezember 1955 brachte die Monatsschrift Merian ein Sonderheft über Königsberg, und darin ein Erinnerungsblatt von Agnes Miegel, überschrieben Mein Dom. In einem Begleitbrief an die Schriftleitung sagte sie dazu, es sei ihr nicht gelungen, etwas nur objektiv Historisches zu schreiben. ‚Zu stark‘, schrieb sie, ‚ist meine persönliche Bindung. Und ich habe in meinem langen Leben gefunden, daß eine der dümmsten Lügen die vom Vergessen ist. ‚Zeit bringt Rosen‘ konnte bloß eine Spießerseele sagen über ihre kleinen Seelenwehwehs. Die Heimat zu verlieren, sie vernichtet zu sehen, geschändet, verwandelt, ferne alt zu werden, das eigene Volk zerstreut - was das bedeutet, wußten die alten Propheten, wußten Homer und Vergil.‘ “
1956 starb Lulu in Jena, wo sie verblieben war, während ihre Stiefkinder den Verlag in Westdeutschland weiterführten und auch das Werk Agnes Miegels betreuten, ihre Gesammelten Werke herausgaben.
Die künstlerische Deutung der Stadt Frankfurt am Main
Agnes Miegel beschäftigte sich - noch ganz aufgeschlossen für alles Neue - mit vielen Zeitfragen und künstlerischen Fragen. So schreibt sie 1959 in einem Brief (Wagner, S. 68): „Ich war in einem Neubau bei einem jungen Ehepaar: sehr schlicht, sehr leer, aber doch wohl das Gegebene, wenn diese Schlichtheit von einem tiefen Allgefühl beseelt wird - alles Symbol des Höheren wird - sonst bleibt es Nüchternheit, die ins Triviale, ins Ärmliche absinkt.“ Wie greift die - noch in biedermeierlicher Bürgerlichkeit Aufgewachsene so vorurteilslos-aufgeschlossen, schnell und kühn aus einer einfachen Alltagsbeobachtung heraus in den großen Zeitenverlauf, wie gibt sie in wenigen Worten eine tief betroffen machende Deutung, ja: letztlich des seelischen Verfalls der Kulturvölker des Abendlandes (und der Wege des - möglicherweise - in ihm beschlossenen Wiederaufstiegs derselben).
Und (Wagner, S. 84): „Sie hatte viel gelesen und war viel gereist, und es war herrlich, sie davon erzählen zu hören. Ich erinnere mich noch deutlich daran, wie sie bei Professor Ziesemer von ihrem geliebten Frankfurt sprach, von Hölderlin und Diotima, und wenn ich später durch Frankfurt kam und am Mainufer stand, fiel mir ihre künstlerische Deutung dieser Stadt ein.“ Wie also dem „göttergeliebten, grünen, heiligen Streifen Land zwischen Weimar und Jena“ stand sie auch der Stadt Frankfurt mit großer Ehrfurcht gegenüber. Auch heute noch kann man in Frankfurt Stätten des Lebens und Dichtens von Friedrich Hölderlin aufsuchen. Heute aber braucht man schon viel Phantasie, um sich das alte Frankfurt und die früheren örtlichen Gegebenheiten zu rekonstruieren. - Und kein Museum, kein Gedenkstein, keine Erinnerungstafel hilft einem dabei, soweit es dabei um die Persönlichkeiten von Friedrich Hölderlin und „Diotima“ geht. (Diese Zeilen wurden 2002 geschrieben.)
Wie ist es da um so bemerkenswerter, daß Agnes Miegel in ihrer eigenen künstlerischen Deutung der Stadt Frankfurt nicht an erster Stelle der (zit. n. Wagner, S. 115) „Sehnsucht nach all dem, was der große Zaubermeister ‚edel’ nannte,“ gedenkt, sondern der Liebe zwischen Diotima und Hölderlin. Das Werk und Leben Hölderlins scheint ihr, was Frankfurt am Main betrifft, im Vordergrund zu stehen. Dies ist auch heute noch, im Jahr 2002, eine sehr fortschrittliche Auffassung, zu der sich Frankfurt selbst - zumindest seit 1945 - nie bekannt hat.
- Und wie behielt sie immer sich ihr Herz für die Jugend! So wird ganz unmittelbar frisch berichtet (Wagner, S. 141): „Ich fahre“ (in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg) „mit ihr in Hannover in der Straßenbahn. Als wir zum Ausgang gehen, sehe ich, wie sie sich zu einem jungen Paar hinunterbeugt und etwas sagt. Vielleicht Ostpreußen, die sie am Dialekt erkannt hat? An der Tür wendet sie sich noch einmal um und nickt den beiden zu. Draußen berichtet sie: ‚Ich habe den beiden gesagt, sie sollen sich ein Los nehmen!‘ – ‚Ein Lotterielos?‘, frage ich erstaunt. – ‚Nun ja‘, meint sie, ‚ich hatte doch vorher gehört, wie sie zu ihm gesagt hat: Du, ich hab‘ heute nacht von sehr viel Geld geträumt ...‘ “
Über den Ausklang der Feier ihres 80. Geburtstages spät am Abend nach dem Ende aller offiziellen Feierlichkeiten - und schon während des Aufbruchs - wird berichtet (Wagner, S. 141): „Aber in der großen Veranda standen im Halbkreis vor Agnes Miegel wohl noch etwa fünfzig Menschen, viel jugendliche, und sangen von Muskaten und braun‘ Nägelein. Und immer, wenn bei einer neuen Strophe die Jugend den Anfang nicht wußte, fiel Agnes als erste ein. Als das Lied schließlich zu Ende war, drehte Agnes sich zur Tür: ‚Jetzt muß ich aber gehen, auf Wiedersehen!‘ “
Am Sterbebett (1964)
Eugen Diederichs, den schon 1930 gestorbenen bedeutenden deutschen Verleger, hatte Agnes Miegel sehr geschätzt, um so mehr, nachdem er seit 1916 mit ihrer engen Freundin Lulu von Strauß und Torney verheiratet war. Sein Sohn Niels Diederichs schreibt, wie er im Jahr 1964 am Sterbebett von Agnes Miegel weilte (Wagner, S. 105):
„Dann sprach sie davon, daß sie sich nun bald ‚zu den Vätern versammeln‘ werde. Es schien mir, daß sie bei diesen Worten an Gott-Vater wie auch an ihren eigenen Vater dachte - und schon brachte sie das Gespräch auf meinen Vater Eugen, dem sie so manches verdanke und den sie in seiner groß angelegten Natur immer bewundert habe. Als er im September 1930 in Jena starb, da war ganz unmittelbar das ihm gewidmete Gedicht Herbstgesang entstanden. Mit den Worten vom ‚Vater Diederichs‘ war auch ein Gedenken an ihre alte Lebensfreundin Lulu von Strauß und Torney verbunden, ohne daß ihr Name besonders erwähnt wurde. Es gibt Dinge, die lassen sich auch ohne Worte sagen. ... Ein stiller Kuß zum Abschied und ein langer Blick aus den tiefen, traumhaften Augen. Zu einem Winken mit der Hand, wie sie es so oft beim Fortgang an ihrer eigenen Haustür getan hatte, langte die Kraft nicht mehr.“ - - -
Der Diederichs-Verlag, vor allem auch Angehörige der Familie Diederichs selbst, betreuen noch heute - und stellen neu zusammen - wertvolle Ausgaben der Werke von Agnes Miegel. (.., ..) Ulf Diederichs, der „erstgeborene Enkel von Eugen Diederichs“, wie ihn Agnes Miegel nannte (Ulf, S. 46), schreibt 2004 (Ulf, S. 43): „daß mir seit Jenaer Kindertagen Agnes Miegel wie selbstverständlich lieb und vertraut war“. Er schreibt über seinen Vater Niels (Ulf, S. 42): „In der Tat hat es für meinen Vater ein hohes Glück bedeutet, ihr Werk zu betreuen und zu dokumentieren, ‚in sozusagen vererbter Freundschaft’. Er hat sie intensiv teilnehmend erlebt, vornehm und großzügig, ‚frei von allen kleinlichen Erwägungen’; in all den Jahren habe es nie Differenzen gegeben.“ Und weiter schreibt Ulf Diederichs wie er (Ulf, S. 46) „für sie posthum zu ihrem Verleger in der dritten Familiengeneration wurde. Dank Anni Piorreck, meiner Mutter Inge Diederichs und dank der Mitstreiterin Christa Hinze gelang es unserem Trupp, immer neue kleine Miegeleien herauszubringen.“ Die Durchsicht des Familien- und Verlagsarchives, das inzwischen größtenteils an das Literaturarchiv in Marbach abgegeben wurde, brachte Ulf Diederichs die Erkenntnis (Ulf, S. 6): „Manche Sachverhalte, so wurde mir klar, sind noch unerforscht, manches Sprachgebilde noch kaum erschlossen, und auch das Leben Agnes Miegels hält immer noch Überraschendes und Unbekanntes bereit.“
Die intuitive Begabung von Agnes Miegel
Die Schriftstellerin Ina Seidel (1885-1974) ist wohl unter den langjährigen Freundinnen Agnes Miegels diejenige, die den künstlerischen Kern ihrer Persönlichkeit in der Deutung am anschaulichsten formuliert hat. Eine weitere Freundin Agnes Miegels berichtet hierüber (Wagner, S. 124): „In diesen stillen Stunden vertraute sie“ (Agnes Miegel) „mir manches an, was sie im Bereiche des Zweiten Gesichtes erlebte. Es steht mir nicht zu, Offenbarungen so besonderer Art preiszugeben. (...) Einmal fragte ich sie, ob all dieses seltsame Erleben ganz der Verborgenheit und damit der Verlorenheit anheimfallen solle, worauf sie antwortete: ‚Ich habe alles in die Hände von Ina Seidel niedergelegt.‘
Sie schwieg versonnen, und ihr Blick war in weite Fernen entrückt. Ich fühlte es: das war ein großes Vermächtnis an eine sehr geliebte Freundin, und ganz nach den Bestimmungen, die sie getroffen, würde es von dorther einmal in Erscheinung treten oder verborgen bleiben.“
Ina Seidel hatte Agnes Miegel mit 27 Jahren im Jahr 1912 kennengelernt. Sie hatte schon kurz nach diesem Kennenlernen in einem Gedicht über ihre „Erste Begegnung“ geschrieben (Stimmen 1939):
(...)Ihre Augen sahn hinter Tod und GrabUnd kannten nicht Raum und Zeit.Ich fuhr an ihren Worten hinabIn den Brunnen der Ewigkeit.(...)
Am 3. Januar 1914 schrieb Agnes Miegel an ihre Freundin Lulu (zit. n. Inge Diederichs, S. 266): „Da will ich dir noch sagen, daß ich Ina Seidel sehr mag, trotzdem mir diese Art übersensitiv-gute Naturen sonst gar nicht liegt, ich bin zu derb und heftig dafür, aber sie hat so was unendlich Rührendes, ich suche immer in ihrer Gegenwart ‚gut‘ zu sein, wie bei einem kranken Kind, sie hat so wunderbar klare Augen, wie ein guter Geist, ich muß mich immer wundern, daß sie einen wirklichen Mann und ein wirkliches Kind hat, ich komme mir daneben so erdenklebend vor.“
Wohl entsprechend dem obengenannten Vermächtnis verglich Ina Seidel nach dem Tod von Agnes Miegel dieselbe mit der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. - Im Jahr 1959 hatte Agnes Miegel sogar noch einen langen, leuchtenden Herbsttag lang Gelegenheit gehabt, den schriftlichen Nachlaß von Annette von Droste-Hülshoff einzusehen (Wagner, S. 119): „Wie sie versunken am Fenster saß, Blatt um Blatt umwendete, und dann wieder den Blick in die stille, von Abendsonne durchleuchtete Landschaft versenkte.“ Beim Abschied sagte sie: „Ich habe mich heute vollgesogen wie eine Biene ...“ - Und Ina Seidel berichtet nun: „Beide sind als Dichterinnen im weitesten und höchsten Sinn zu betrachten, nicht allein, was die schöpferische Imagination und die gestaltende Sprachgewalt betrifft, sondern auch im Hinblick auf eine seherische Gabe, die in der ihnen eigenen Form häufiger Frauen als Männern verliehen zu sein scheint, aber nur selten in Verbindung mit hochgradig dichterischer Veranlagung auftritt. Es ist die geheimnisvolle Gabe, die als ‚zweites Gesicht‘ bezeichnet wird, und die im Bereich der Literaturgeschichte kaum nachweisbar ist. (...)
Was in dieses Gebiet hineingehört: Vorahnungen, Wahrträume, Empfänglichkeit für Gedankenübertragung und Fernwirkungen, auch für Stimmen und Geräusche, denen mit physikalischen Erklärungen nicht beizukommen ist; ebenso die Fähigkeit, Erscheinungen, die den meisten Menschen verborgen bleiben, optisch wahrzunehmen - kurz, alles, was über die fünf Sinne und den ‚Verstand der Verständigen‘ hinausgeht, wirkt sich dort, wo es bei durchschnittlicher oder mangelnder geistiger Begabung auftritt, meist als zwiespältig oder als Belastung schlechthin aus, da es das innere Gleichgewicht der damit Stigmatisierten stört.“
Mit diesen Worten ist auf eine große Zahl von Erscheinungen in der Kultur- und Religionsgeschichte der Völker angespielt, aufgrund derer sich etwa religiöse Menschen Selbsttäuschungen hingaben und -geben, und aufgrund derer „Priester“ und sonstige Personen aller Facetten danach strebten, unter Vorspiegelung angeblicher Kontakte zum „Übersinnlichen“ Macht zu gewinnen über andere, in ihrer Denk- und Urteilskraft geschwächte Menschen.
Die „Geradheit und Klarheit“ ihres „nüchternen Denkens“
Ina Seidel schreibt dann aber weiter und versucht dabei sicherlich, die eigenen Gedanken von Agnes Miegel zusammenzufassen (zit. n. Wagner, S. 13): „Wenn aber solche Fähigkeiten in Verbindung mit hohem geistigen Niveau auftreten und von ihrem Träger ständig kontrolliert werden - wenn dann noch überdurchschnittliche künstlerische Gestaltungskraft hinzukommt, die ausgleichend und positiv den Gefahren einer einseitigen und passiven medialen oder somnambulen Veranlagung entgegenwirkt, da ist die Voraussetzung gegeben, daß der Kreis der inneren Schau sich über das sinnenhaft Faßbare erweitert, daß die Imagination - das bildhafte Sehen - aufs höchste gesteigert wird. (...)
Schon seit unserer ersten“ (brieflichen) „Begegnung, 1911, hatten Gegenstände dieser Art im Mittelpunkt unserer Gespräche und unseres Briefwechsels gestanden. (...) Wie Agnes selbst darüber dachte, geht aus einem ihrer Briefe aus dem Jahr 1915 hervor, in dem sie sich zunächst für unfähig erklärt, einen Roman zu schreiben, und dann fortfährt:
‚Manche Leute würden lachen, wenn ich sage, ich habe keine Phantasie – aber es ist so. Meine Träume und Gedichte sind durchaus nicht Phantasie, sind das Gegenteil, eine Art medialer Kraft, die mich erfüllt wie ein Gefäß und gerade durch die Geradheit und Klarheit meines nüchternen und in diesen Dingen geschulten Denkens besonders gut ausgedrückt wird.‘
Daß sie selbst hier, in diesem Zusammenhang mit ihrer Gabe, von der ‚Geradheit und Klarheit meines nüchternen Denkens‘ spricht, offenbart, wie ihre Beziehung zum Übersinnlichen nicht allein durch ihre dichterische Gestaltungskraft im Gleichgewicht gehalten wurde, sondern wie darüber hinaus dieses Zusammenspiel geistiger Kräfte durch einen unbeirrbaren Blick für die Realität des sie umgebenden Lebens mit Einschluß der eigenen Person kontrolliert wurde. Dieser Wirklichkeitssinn ging, was ihre Menschenkenntnis und ihre Beurteilung menschlicher Zustände betrifft, so weit, daß er sich gelegentlich in unbarmherziger Schärfe auswirkte und jedenfalls damals Illusionen nicht zuließ, die sich zuweilen mit aggressiver Bitterkeit gegen sie selbst wandte oder sich in Resignation äußerte. Gerade dieser unerbittliche Realismus aber schien mir zu beweisen, daß auch hinsichtlich ihrer Erlebnisse der ‚anderen Seite‘ - ihrer Visionen, Gesichte und Träume - Selbsttäuschung ausgeschlossen war.“ Auch dem Autor dieser Zeilen scheint gerade diese „aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“ ein deutlicher Prüfstein für den nüchternen Realitätssinn von Agnes Miegel zu sein. Für diese „aggressiven Bitterkeit gegen sich selbst“ sollten deshalb Beispiele gebracht werden. Und: Nicht zuletzt ihre falsche Einschätzung des Nationalsozialismus macht deutlich, daß intuitive Begabung keineswegs - sozusagen ganz selbstverständlich - vor weitreichenden Irrtümern behütet.
Ina Seidel weiter (zit. n. Wagner, S. 15f): „Wenn sie von ihrer ‚Gabe‘ sprach, meinte sie nie ihre Kunst, immer ausschließlich ihre Gabe der Träume und Gesichte, die sie als eine Begnadung, ein Charisma, eine ihr zuteil gewordene Einweihung in Randgebiete der großen Geheimnisse betrachtete. (...) Ebensowenig läßt sich bezweifeln, daß eine Genialität dieser Art die damit Begnadeten nicht zu Glückskindern im landläufigen Sinne macht. Sie sind leidensfähiger als der Durchschnitt ihrer Zeitgenossen, sie sind im rein Menschlichen immer wieder Prüfungen unterworfen, die zu bestehen Opfer und Entsagung erfordert, sie sind wie alle Menschen, und vielleicht in noch stärkerem Ausmaß, Versuchungen und Irrtümern ausgesetzt, und dem allen standzuhalten und es zu überwinden, erfordert einen Charakter, der die Vielfalt der sie auszeichnenden Gaben zugleich kontrapunktlich in Einklang bringt. Wo es, wie bei Agnes Miegel, zu diesem Einklang der künstlerischen und menschlichen Persönlichkeit gekommen ist, zu jener von ihr ausstrahlenden Harmonie der Versöhnung mit dem Geschick, die nur in aller Stille von ‚einer Seele, die gearbeitet hat‘, errungen werden kann, da stehen wir in Ehrfurcht vor dem Wunder einer wahrhaft erfüllten Berufung.“
Die „Aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“
Die hier genannte „aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“ ist an mancherlei Stellen in Berichten über ihr Leben und aus manchen ihrer Briefe ablesbar. Und gerade sie ist wohl eines der besten Zeugnisse dafür, daß hier tatsächlich ein Mensch immer wieder bei der Rückkehr von einem Flug seiner Seele ins „Jenseits“ (von Raum und Zeit - wie das von der Philosophie benannt wird) in den vormaligen „Seelenkerker“ in „aggressiver Bitterkeit gegen sich selbst“ Mauerstücke dieses Seelenkerkers wegzureißen drängte und die Fenster des Kerkers auch wirklich „aggressiv“ (und nicht nur „bürgerlich lahm“) zu erweitern suchte.
Agnes Miegel war sich bewußt, daß diese „Aggressivität gegen sich selbst“ nicht so weit gehen durfte, das eigene Licht gegenüber anderen, allzu „bürgerlichen“ Menschen unter den Scheffel zu stellen und dadurch allzu kleingläubig zu werden. Dies scheint gerade gegenüber ihrer großen, enttäuschenden Jugendliebe Börries von Münchhausen immer wieder Gegenstand des Gespräches gewesen zu sein (s. o.).
Wenn wir nach den in diesen Aufsätzen gebrachten Lebenszeugnissen von und über Agnes Miegel wieder in ihr erzählerisches Werk und in ihre Dichtungen schauen, ist uns vielleicht die Möglichkeit gegeben, vieles davon noch besser als zuvor in seinen tieferen Wurzeln zu verstehen.
Dann werden uns vielleicht auch die gelungene Lebensgestaltung und das Werk Agnes Miegels eine Ermutigung zur eigenen Entscheidung im eigenen Leben darstellen.
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Benutzte Literatur:
- Miegel, Agnes: Spaziergänge einer Ostpreußin. Feuilletons aus den zwanziger Jahren. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Köln 1985
- Miegel, Agnes: Wie ich zu meiner Heimat stehe. Ihre Beiträge in der „Königsberger Allgemeinen Zeitung“ (1926-1932). Hrsg. v. Helga und Manfred Neumann. Verlag Siegfried Bublies, Schnellbach 2000
- Miegel, Agnes: Gedichte. J.G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger (14. und 15. Tsd.) Stuttgart und Berlin 1927
- Miegel, Agnes: Herbstgesang. Neue Gedichte. Eugen Diederichs Verlag (9. - 18. Tsd.) Jena 1933
- Miegel, Agnes: Geschichten aus Alt-Preußen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1942 (1. Aufl. 1934) [enthält die Erzählungen „Landsleute“, „Die Fahrt der sieben Ordensbrüder“, „Engelkes Buße“, „Der Geburtstag“]
- Miegel, Agnes: Gesammelte Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, (21.-25. Tsd.) Jena 1940 (1. Aufl.: 1936)
- Miegel, Agnes: Werden und Werk. Mit Beiträgen von Prof. Dr. Karl Plenzat. Hermann Eichblatt Verlag, Leipzig 1938 [„Durch Dichtung zum Dichten“, Bildnisse von 1905 u. 1938]
- Miegel, Agnes: Ostland. Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält Gedichte wie: „An den Führer“, „Hymne an Ostpreußen“ (1937), „Sonnwendreigen“ (Danzig 1939), „An Deutschlands Jugend“ (Herbst 1939)]
- Miegel, Agnes: Im Ostwind. Erzählungen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält die Erzählung „Lotte“]
- Miegel, Agnes: Und die geduldige Demut der treuesten Freunde ... Nächtliche Stunde mit Büchern. Verlag Wilhelm Langewiesche-Brandt, Ebenhausen bei München 1941
- Miegel, Agnes: Mein Bernsteinland und meine Stadt. (Mit 32 Farbtafeln.) Gräfe und Unzer Verlag, Königsberg/Pr. 1944 [eine große, lange, wenig bekannte Versdichtung]
- Miegel, Agnes: Gedichte und Prosa. Auswahl von Inge Diederichs. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1977 [darin auch Briefe A. M.s]
- Miegel, Agnes: Gedichte aus dem Nachlaß. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1979
- Miegel, Agnes: Es war ein Land. Gedichte und Geschichten aus Ostpreußen. (Redaktion: Ulf Diederichs und Christa Hinze) Eugen Diederichs Verlag, München 1983 (3. Aufl.: 1988)
- Agnes Miegel. Stimmen der Freunde zum 60. Geburtstage der Dichterin 9. März 1939. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1984 (Eine Auswahl aus dem gleichnamigen Sonderdruck: Eugen Diederichs Verlag, Jena 1939)
- Wagner, Ruth Maria (Hrsg.): Leben, was war ich dir gut. Agnes Miegel zum Gedächtnis. Stimmen der Freundschaft. [Ostpreußisches Mosaik, Band X], Verlag Gerhard Rautenberg, Leer/Ostfriesland o. J. (Unveränd. Nachdruck der gleichnam. Ausgabe: Verlag Gräfe und Unzer, München 1965)
- Piorreck. Anni: Agnes Miegel. Ihr Leben und ihre Dichtung. Eugen Diederichs Verlag, Korrigierte Neuauflage, München 1990 (1. Aufl.: 1967)
- Seidel, Ina: Lebensbericht 1885-1923. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1970
- Starbatty, Ursula (Bearbeiterin): Begegnungen mit Agnes Miegel. Jahresgabe 1989/90 der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1989
- Poschmann, Brigitte: Agnes Miegel und die Familie Münchhausen. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Bad Nenndorf 1992
- Schücking, Beate E. (Hrsg.): „Deine Augen über jedem Verse, den ich schrieb“. Börries von Münchhausen - Levin Schücking - Briefwechsel 1897-1945. Igel Verlag Literatur, Oldenburg 2001
- Diederichs, Ulf: Agnes Miegel, Lulu von Strauß und Torney und das Haus Diederichs. Die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft. Jahresgabe 2005 der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Überarbeiteter Festvortrag zu Agnes Miegels 125. Geburtstag, gehalten am 6. März 2004 in Bad Nenndorf
Eine "große Liebende in Schmerz, Seligkeit und Hingabe ..."
In unserem jüngsten Video (Yt) und in dem dazu gehörigen Blogartikel (Stg25) ist auf die frühe Liebeserfahrung der Dichterin Agnes Miegel (1879-1964) Bezug genommen worden und auf ihre bis ans Lebensende frische, unverbrauchte Schaffenskraft. Dazu hat der Verfasser dieser Zeilen schon um 2002 einen Aufsatz verfaßt, der bislang noch nie veröffentlicht worden ist. Er soll hier erstmals in leicht überarbeiteter Form zugänglich gemacht werden. Voran gestellt seien die beiden Endzeilen eines Gedichtes von Agnes Miegel aus dem Jahr 1903 (s. FüK21):
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Abb. 1: Agnes Miegel, 1902 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Im Jahr 1936 brachte die Dichterin Agnes Miegel eine Ausgabe „Gesammelte Gedichte“ heraus. Die Abfolge der darin zusammen gestellten Dichtungen kann wie eine Lebensbeschreibung der Dichterin gelesen werden. In der ungefähren Abfolge, in der „Lebensthemen“ im Leben der Dichterin selbst bedeutend geworden waren und dann wieder abgeklungen sind, klingen auch in dieser Ausgabe abschnittsweise jeweilige Lebensthemen in Gedichtform an.
„Aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“
Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen
Am Anfang stehen - wie auch ungefähr in ihrem Erwachsenenleben - die berühmten Balladen Agnes Miegels, die lange Zeit in jedes deutsche Schulbuch gehörten. Mit diesen war sie um 1900 herum bekannt geworden (S. 3-72). Als solche war sie bekannt geworden zusammen mit zwei ihrer bedeutendsten, lebenslangen Freunde, nämlich zusammen mit den beiden Balladendichtern Börries von Münchhausen (1874-1945) und Lulu von Strauss und Torney (1873-1956). Unter anderem wird in diesen Balladen die tiefe Grausamkeit der Kriemhild der Nibelungen-Sage dichterisch neu gefaßt. Zugleich auch der Schmerz der Kriemhild über ihre eigene Grausamkeit. Schon die Zeitgenossen haben empfunden, daß diese Ballade auch dem tieferen Wesensgehalt der Nibelungen-Sage selbst sehr nahe gekommen ist. Und dies galt und gilt für viele historische Themen, die Agnes Miegel in ihren Balladen und Gedichten aufgegriffen hat.
Es folgen in einem weiteren Abschnitt dann eher persönlich gehaltene Gedichte. Unter anderem sind diese an die eigenen Vorfahren gerichtet. Außerdem folgen Gedichte über die Kinderheimat und über die Lebenszeit als heranwachsendes Mädchen (S. 73-79). Es folgt dann ein Abschnitt mit elf Liebesgedichten. Alle elf sind sehr persönlich gehalten (S. 80-90). Wie sollte es da ausgeschlossen sein - und das soll im folgenden begründet werden -, daß diese elf Gedichte dem Inhalt nach aus dem ersten - und wohl einzigen - großen Liebeserleben im Leben der Dichterin heraus entstanden sind. Bei diesem handelt es sich um ihre stolze und heftige Zuneigung zu dem für damalige Zeiten sehr unkonventionell lebenden Dichter Börries von Münchhausen.
Börries von Münchhausen (1874-1945)
Agnes Miegel blieb mit Börries von Münchhausen lebenslang befreundet. Ebenso bestand lebenslang ein herzliches, freundschaftliches Verhältnis zu seiner ganzen Familie, die in Niedersachsen beheimatet war. Nach ihrer Flucht aus Ostpreußen im Jahr 1945 siedelte sich Agnes Miegel deshalb in der Nähe dieses Familiensitzes an. Börries von Münchhausen selbst setzte sich immer wieder - sowohl im privaten Kreis wie öffentlich - für seine Dichterfreundin Agnes Miegel ein. Diese Umstände werden mit dazu beigetragen haben, daß Agnes Miegel sich zu ihren Lebzeiten niemals besonders deutlich über ihre frühe Leidenschaft für diesen Mann äußerte, ebenso wenig über die außerordentlich tiefe Verletzung, die dieselbe mit sich gebracht hat.
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Abb. 2: Agnes Miegel, 1902 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Die genannten elf Liebesgedichte lassen, würden sie tatsächlich aus der Zuneigung zu Börries von Münchhausen heraus entstanden sein, denselben auch keineswegs in einem guten Licht erscheinen. Zumindest soweit er nicht als Freund, sondern als Liebender angesprochen wäre. Wollte Agnes Miegel die bleibende Freundschaft zu ihm und seiner Familie nicht aufs Spiel setzen, durfte sie deshalb auch keine eindeutige Deutung dieser Gedichte für die Öffentlichkeit geben. Es fragt sich hinwiederum auch, warum ihr das überhaupt hätte wichtig erscheinen sollen. Diese Gedichte stehen auf eigenen Füßen, auch wenn man nicht um diese persönlichen Hintergründe rund um ihre Entstehung weiß.
Agnes Miegel konnte über derartige Dinge zwar völlig freimütig sprechen - aber eher im vertrauten Kreis und nicht jedem Menschen, bzw. und „Philister“ gegenüber. Oftmals sprach sie nur verschlüsselt und in Andeutungen. So sagte sie einer guten Bekannten: „Man muß es für sich behalten, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister!“
Selbst in der ausführlichen, detailreichen Biographie über Agnes Miegel, die nach ihrem Tod 1967 von ihrer nahestehenden Freundin Anni Piorreck heraus gebracht worden ist, wird ihre jugendliche Zuneigung - bzw. flammende Zuneigung - zu Börries von Münchhausen nur in wenigen Sätzen angedeutet. Dasselbe gilt von der 1990 heraus gekommenen, korrigierten Neuauflage derselben. Bei dieser Gelegenheit wird keinerlei Name genannt. Diese Biographie ist aus der Kenntnis vieler wesentlicher Einzelheiten im Leben von Agnes Miegel heraus geschrieben. Und sie ist, zumal sie bisher die einzige geblieben ist (Stand 2002), außerordentlich wichtig und verdienstvoll.
Eine unbefriedigende Biographie über Agnes Miegel (1967/1990)
Heute (2002) jedoch, vierzig Jahre nach dem Tod von Agnes Miegel und nach dem Hinwegsinken ihrer ganzen Zeitepoche spätestens in der Kulturrevolution von 1968, läßt die Biographie von Anni Piorreck den Leser unbefriedigt zurück. Die ganze Zeit- und Kulturepoche, in der Agnes Miegel gelebt und gewebt hat, wird letztlich doch nicht in einem „großen Wurf“ gezeichnet, wie es notwendig wäre, um ein kraftvolles Lebensbild zu geben. Es wird nicht ein mit vollen Pinselstrichen gemaltes Lebensbild gegeben, wie es einer so bedeutenden Dichterin wie Agnes Miegel angemessen wäre.
Der vorliegende Aufsatz möchte in Richtung einer neuen, zeitgemäßen Auffassung des Lebensbildes von Agnes Miegel hinwirken. Sie war und ist eben nicht nur die allseits verehrte „große Dichterin“ Ostpreußens - vor allem unter den ostpreußischen Vertriebenen. Sondern sie war vor allem ein Mensch mit seiner Freude und seinem Schmerz. Ein Mensch, den man viel besser versteht, wenn man über prägende Phasen, Erlebnisse seines Lebens nicht nur in Andeutungen erfährt. Und zwar in Andeutungen, die man fast überliest. Nein, sie müssen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt werden. Dann kommt uns ein solcher Mensch vielleicht in manchen Lebensinhalten auch viel „moderner“, „zeitgemäßer“ vor, als dies sonst der Fall sein mag.
Die Titel der genannten elf Liebesgedichte lauten: „Liebe“ („Ich warf wie tote Muscheln / Liebe und Treu in den Sand ...“), „Wer ruft die Rose zurück“, „Flieder“, „Der es gegeben“ (entstanden 1927), „Der Garten“, „Johanni“, „Weit in der Fremde“, „Neumond“, „Frühling“ und „Dämmerung“ („Du sprichst - ich höre schweigend hin / Wie fremd ist deiner Stimme Klang! / Und ich zermartre meinen Sinn / Was so an dir mein Herz bezwang. ...“).
Nach diesen elf Gedichten folgen in dem Gedichtband von 1936 noch weitere "Lebensthemen". Sozusagen das große Leid dieser Liebe ausklingen lassend und die Gedanken allmählich wieder auf andere Erlebnisinhalte richtend, folgen weniger persönliche Gedichte über das Erleben einer Witwe, einer späten Frauenliebe und ähnliches (S. 91-95).
Es folgt dann das berühmte Gedicht „Heimweh“, das schon im Jahr 1907 entstanden war („Ich hörte heute morgen / Am Klippenhang die Stare schon ...“). Ein Gedicht ist an eine gestorbene alte Frau gerichtet, möglicherweise die Mutter von Börries von Münchhausen, die, wovon noch die Rede sein wird, eine sehr enge Freundin von Agnes Miegel geworden war. Außerdem folgen Gedichte an Jugendfreundinnen und -freunde (etwa gefallen im Ersten Weltkrieg) und an Kinder in der Verwandtschaft, an deren Schicksal die kinderlose Agnes Miegel Anteil genommen hat.
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Abb. 3: Agnes Miegel, Sommer 1901 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Dann folgt wieder fast eine Zäsur mit dem Gedicht „Aufschrei“ aus dem Jahr 1927 („Für dies verzettelte Leben, / Das wie Wasser durch meine Hände rann ...“). Dieses Gedicht gibt auch die Stimmung wieder, die sich in vielen brieflichen Äußerungen Agnes Miegels aus dieser Zeit widerspiegelt. Damals mußte sie - in der Blütezeit ihres Lebens - fast nur für und mit ihren beiden alten, kranken Eltern und in deren Alt-Königsberger „Bürgerlichkeit“ leben. Sie tat das in treuer Pflichterfüllung, zugleich aber auch immer wieder in „aggressiver Bitterkeit gegen sich selbst“. Über diesen bis heute wenig beachteten Charakterzug Agnes Miegels wird weiter unten ebenfalls noch zu handeln sein.
Immer wieder beschlich sie der ungeheure Verdacht, daß sie diesen Kindes-Pflichten letztlich ihre große Begabung als Dichterin aufopfern würde. Aus ähnlichen Stimmungen heraus entstand wohl das Gedicht „Ich“ (im Jahr 1920) („In dem Geschwätz und Gewühl / vor dem plätschernden Brunnen am Markte ...“). Dann folgt ein Gedicht, das man eigentlich nur anti-christlich nennen kann: „Heimat“ (ebenfalls aus dem Jahr 1920) („Nicht in euren Himmel will ich kommen / Wo die weißen Engel Harfe spielen, / In die alte Heimat werd ich wandern ...“).
Und nun stehen da einige der großen, stolzen Gedichte auf die vielfältige Geschichte Ostpreußens und auf seine berühmten Gestalten (S. 109-141), um derentwillen sich Agnes Miegel in die Herzen ihrer Landsleute und der Deutschen eingeschrieben hat („Kynstudt“, „Hennig Schindekopf“ [entstanden schon 1901], „Heinrich von Plauen“ und andere). Dann folgen Gedichte auf die Zeitereignisse des Ersten Weltkrieges und die unmittelbare Nachkriegszeit, etwa: „Über der Weichsel drüben ...“ (aus dem Jahr 1927) („Über der Weichsel drüben, Vaterland höre uns an! / Wir sinken wie Pferd und Wagen versinken im mahlenden Sand ...“), „Die Fähre“ (entstanden an der Memel im Jahr 1920, kurz bevor das Memelland an Litauen abgetreten wurde). Außerdem: „England 1918“ („Weißbrüstige Tochter Alfreds / die ihm die Keltin gebar ...“ ) (S. 142-168).
Das sind Anklagen an die Ereignisse der Zeit und an die Mißhandlung ihrer Heimat, die Abtrennung des Memellandes und Westpreußens an fremde Staaten - während die kalte, „weißbrüstige Tochter Alfreds“ „am Pool von London“ sitzt und große Völker und Volksgruppen durcheinanderschüttelt wie bunte Perlen in ihrer Hand. - - -
„Von da an haben wir uns zwei Jahre lang sehr lieb gehabt“ (1898)
Doch zurück zu dem Eingangsthema: Wer war Börries von Münchhausen, den Agnes Miegel mit 19 Jahren kennenlernte? Dazu muß eine Literaturhistorikerin angehört werden, deren Veröffentlichung die Anregung zur Erarbeitung des vorliegenden Aufsatzes gegeben hat. Über diesen Mann berichtet sie folgendes (Poschmann, S. 8): „Zu Beginn seiner Göttinger“ (Studien-) „Zeit hatte er seinen ersten Gedichtband veröffentlicht, der enthusiastische Besprechungen auslöste und außer seinem ohnehin sehr ausgeprägten Selbstbewußtsein bei ihm das Gefühl dichterischer Berufung unabweisbar bestätigte. Man gab sich als Bohemien und verachtete alles Bürgerliche und Konservative, vor allem die hannoversche adlige Gesellschaft. Diese Lebenshaltung steigerte sich noch, als Münchhausen mit einigen seiner Dichterfreunden im Wintersemester 1897 nach Berlin übersiedelte mit dem Vorsatz, sein Jurastudium abzuschließen. Doch ehe es soweit war, stürzte er sich in ein - nach seinen eigenen Worten - ‚ausbordendes Kunstzigeunertum‘, wurde Sozialdemokrat, trat aus der Hannoverschen Landeskirche aus und trug in ‚frechster Herausforderung einen Rosenkranz als Pfeifenschnur‘. Nächte hindurch saß er in den Kriminellenkellern im Norden Berlins mit üblem Volk zusammen, in der Hoffnung, ‚bei ihnen Güte und Edelsinn ..., Selbstlosigkeit und Hingabe an irgendeinen Gedanken‘ zu finden. Er ließ sich als Chefredakteur für die ‚Münchhausen‘ benannte satirische Zeitschrift gewinnen und brachte alttestamentarische Balladen unter dem Titel ‚Juda‘ heraus - beides Provokationen für die Familie und für die hannoversche Gesellschaft, vor allem, als er aus dem Büchlein ‚Juda‘ noch Dichterlesungen in dem Zionistischen Verein in Hannover hielt.“
Auch noch weitere, ähnliche Schilderungen zeigen insgesamt einen Mann, der in seiner lässigen Nonchalance auf ein ähnlich oberflächlich gesinntes, aber ebenfalls doch auch begabtes Mädchen von 19 Jahren Eindruck machen konnte. Das geschah, als die junge Agnes zusammen mit ihrem Vater auf der Reise nach Paris nach Berlin kam, um mit Börries von Münchhausen über die Veröffentlichung ihrer Gedichte persönlich zu sprechen.
Abb. 4: Börries von Münchhausen (wohl um 1899 herum) |
Im kulturellen Gedächtnis blieb Agnes Miegel als alte, verehrte Dichterin der Stadt Königsberg und des Landes Ostpreußen, sowie der ostpreußischen Vertriebenen in Erinnerung. Obwohl sie ihre heftige Leidenschaft für den exzentrischen Dichter um die Jahrhundertwende niemals völlig geheim gehalten hat, ist dieselbe bis heute in ihren Lebensbeschreibungen höchstens vage angedeutet worden.
Und doch klingt auch durch ihre starke Heimatverbundenheit bis an ihr Lebensende jene Verachtung für alle Bürgerlichkeit hindurch, jene „Bohemienhaftigkeit“, von der auch die Leidenschaft für Börries von Münchhausen bestimmt gewesen sein muß. Wenn es um ihre Heimatliebe ging, konnte sie noch an ihrem Lebensende sprechen von „Spießerseelen und ihren kleinen Seelenwehwehs“ - als wäre sie immer noch eine 19-Jährige.
„Sie sagte einfach ‚Wie du willst‘ “
In seinen eigenen, autobiographischen Aufzeichnungen aus den 1930er Jahren hat Börries von Münchhausen über seine Liebe zu Agnes Miegel das folgende geschrieben (zit. n. Poschmann, S. 10f): „Im Jahre 1898 hatte ich von einem jungen Mädchen aus Königsberg Gedichte zugeschickt bekommen, die mich mehr als begeistert hatten. Ich sah auf den ersten Blick: Eines der ganz seltenen weiblichen Genies legte diese Verse und die Worte dieser Briefe aufs Papier. Wundervolle hell-dunkle Stimmungen klangen auf, wunderlicher Aberglauben rankte um einen kindisch-kindlichen Glauben.“ In dieser, gegenüber dem weiblichen Geschlecht natürlich kraß überheblichen Art schreibt Börries von Münchhausen weiter. Er berichtet dann:
„Unser Briefwechsel nahm in wenigen Wochen sehr herzliche Formen an. Im August kam sie mit ihrem Vater, der sie in eine Pariser Pension brachte, durch Berlin und blieb drei Tage hier.“ Münchhausen berichtet wie er - nachdem eine erste Verabredung nicht zustande gekommen sei -, seiner selbst unbewußt wie ein Blinder durch die Großstadt und das Menschengedränge Berlins geradewegs zu ihr „hingeführt“ worden sei - in einen vollgedrängten Bierkeller Unter den Linden. Dieses „blinde“ Hinfinden paßt durchaus zu manchen Inhalten von Gedichten Agnes Miegels und der darin enthaltenen „Ahnungen“ und „Gesichte“. Börries von Münchhausen schreibt: „Als ich den Kopf hob, da wußte ich, daß dieses dunkelhaarige Mädchen, das mit seinem Vater am Tisch saß, meine Briefschreiberin sei. Und ich streckte ihr die Hand hin und sagte: ‚Guten Tag, Agnes Miegel!‘ Und sie sagte in ganz selbstverständlichem Tone: ‚Börries von Münchhausen.‘ Ihre Stimme war weich, tief und voll, gar nicht so wie ihre 19 Jahre.
Sie war sehr schön.
Dann begleitete ich sie in ihr Gasthaus. Im Gewühl der Friedrichstraße wurde sie einen einzigen Augenblick von ihrem Vater abgedrängt, und in dieser einzigen Sekunde sagte ich: ‚Morgen um 10 am Theater des Westens‘.
Sie sagte einfach: ‚Wie du willst‘. Von da ab haben wir uns zwei Jahre lang sehr lieb gehabt. Wir haben uns freilich nur selten gesehen. Als sie aus Paris kam, holte ich sie in Köln ab, und wir machten eine kleine Rheinreise.“ - Und auf diese Rheinreise - als Unverheiratete - wird sich noch eine viel spätere Äußerung oder Andeutung von Agnes Miegel bezogen haben, die weiter unten gebracht werden wird. - „Und dann, als sie in Berlin Pflegerin im Friedrich-Kinder-Krankenhaus war. Aber die kargen Stunden wurden uns zu Jahren, und ein täglicher Briefwechsel vertiefte unser Verhältnis.“ Börries von Münchhausen behauptet dann:
„Wir haben alles miteinander geteilt, am innigsten unsere künstlerische Arbeit. In meinen Gedichten stecken viele Verse, die sie mir sagte, in ihren Büchern viele von mir, und wir haben oft gelacht, wenn wir dachten, ob die Gelehrten des Schrifttums wohl die Anteile auseinandertrennen könnten. In einzelnen Fällen ging die Arbeit des anderen fast an die Hälfte heran.“ - Und weiter schreibt er:
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Abb. 5: Agnes Miegel, 1902 |
„Schließlich haben wir uns getrennt, wie wir uns zusammengefunden hatten: Als freie Menschen, aus freien Stücken. Und nicht ein Tropfen Bitterkeit ist in den Kelch der Freundschaft gefallen, die uns seither brieflich verbindet.“
Wenn man diese Aussage vergleicht mit den Briefen von Agnes Miegel an ihre Freundinnen oder auch mit ihren Gedichten zu diesem Thema, wird deutlich, wie unterschiedlich diese Trennung „aus freien Stücken“ von beiden Seiten aufgefaßt worden ist - und wie wenig Börries von Münchhausen sich das bewußt gemacht hat. Er schreibt: „Wir haben es vom ersten Tag an gewußt und haben es wiederholt besprochen, daß diese Trennung einmal kommen müsse. Und trotzdem haben wir getan, als ob jene Monate ewig wären.“
Nach allem, was erkennbar wird, hat Agnes Miegel dieses Verhältnis und sein Ende - ganz für sich - noch in einer ganz anderen Weise empfunden.
Diese autobiographischen Aufzeichnungen von Börries von Münchhausen sind erstmals 1990 veröffentlicht worden (Poschmann, S. 10f) und geben - wohl bei mancher Beschönigung des eigenen Verhaltens von Seiten Börries’ von Münchhausen - eine ganz neue und andere Sicht vor allem auf die junge Agnes Miegel frei.
Lebenslang unverheiratet - „An mir hat es nicht gelegen“
Eine Freundin berichtet über ein Gespräch, das sie mit Agnes Miegel irgendwann in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg geführt hatte (Ilse Reicke-von Hülsen in: Wagner, S. 63): „ ‚Man muß es für sich behalten, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister!‘ Mit leisem Lachen klingt die Stimme Agnes Miegels durch das vertraute Zimmer. Wir haben davon gesprochen, daß heut so überraschend oft Brautleute miteinander auf Reisen gehen. Heut, nach Jahren, stellt sich die Erinnerung an ein anderes Gespräch daneben; damals sagte Agnes Miegel: ‚Meine Ahnen haben sich nicht noch einmal verkörpern wollen. An mir hat es nicht gelegen ...‘ “ Hier ist sehr behutsam das angedeutet, was Börries von Münchhausen in seinen Aufzeichnungen deutlich ausspricht. Einerseits - wohl - die gemeinsame Rheinreise, andererseits die spätere Trennung.
Und auch Anni Piorreck, die Königsberger Freundin und erste Biographin Agnes Miegels, deutet sehr zurückhaltend - aber doch wohl treffend - diese Geschehnisse an (Piorreck, S. 46): „Ihre Schönheit und Anmut verschaffen ihr zwar manche Bewunderer, doch es scheint gerade bei diesen ersten frühen Begegnungen, als ob von vornherein jede Partnerschaft, die bei den anderen bald zur Verlobung und Ehe führt, ausgeschaltet sein müsse. Sie hat später oft darüber berichtet, und ihr Gedicht ‚Der Schatten‘ aus dem zweiten Gedichtband“ (von 1907) „hat dies verschlüsselt ausgesprochen.“
Weiter schreibt Anni Piorreck (Piorreck, S. 48f) von der „jungen Agnes als der großen Liebenden in Schmerz, Seligkeit und Hingabe. Der Mann aber, dem diese Liebe gehörte, war zwar künstlerisch hochbegabt, menschlich jedoch unzuverlässig - eine Don-Juan-Natur von verwöhnter Überlegenheit und Arroganz. Er war nicht der ebenbürtige Gefährte für das schwerblütige Mädchen, das er ständig betrog. ‚Herz, das mich immer verriet!‘ Obwohl Agnes bald seine menschlichen Schwächen erkannte, hat es fast anderthalb Jahrzehnte gedauert, bis sie sich von dieser Liebe hat lösen können. Dann aber schrieb sie (an Lulu von Strauß und Torney am 2. 3. 1914): ‚Ich habe mich mit einer Enttäuschung nach der andern abgefunden. Jetzt am Ende bin ich nur über eines erstaunt: wie unbedeutend, wie nebensächlich in meiner geistigen Entwicklung das war, was man Liebe nennt ...‘ “
Vermutlich wäre es aber ein großes Mißverständnis, wenn man zu der Einschätzung neigen würde, daß hier ein „Herz, das nie gelernt hat zu entsagen“, schon die letzte und vollständige Wahrheit über sein Leben ausgesprochen hätte. Im Jahr 1914 war Agnes Miegel erst 35 Jahre alt. Lulu von Strauss und Torney (1873-1956), das muß hier ergänzt werden, war die gemeinsame Freundin von Börries und Agnes, die dritte damals bekannte Balladendichterin in ihrer Runde. Auch sie hatte zeitweilig ein Verhältnis mit Börries gehabt, das noch sehr viel später (in den 1930er Jahren) zu sehr tiefgreifenden Auseinandersetzungen mit dessen auch sonst noch oft betrogener Ehefrau Anlaß geben sollte.
An Reaktionen Agnes Miegels zu der hier behandelten Thematik sind etwa auch bekannt (Margarete Haslinger, in: Wagner, S. 31; dazu auch: Piorreck, S. 47f): „Einmal fragte ich sie in den letzten Jahren, weshalb sie ein frühes Liebesgedicht, das ich sehr liebte, nicht in ihre Gesammelten Werke aufgenommen habe. Mit einer abwehrenden Handbewegung sagte sie: ‚Nachempfunden! Es gibt Verse, die man nur in der Jugend schreibt. Aus Mangel an eigenem Erleben gibt man dann nur von anderen gehörte Worte und Gefühle wieder, hingerissen von ihrer Magie ...‘ “
„Daß sich nicht freuen die Töchter der Philister ...“
Konkreter ist von der Literaturhistorikerin zusammenfassend zu erfahren (Poschmann, S. 11.13): „Bis über beide Ohren verliebt, lernte sie auf der Rückreise von Paris in Berlin sein“ (Börries‘) „Leben und seine Lebensverhältnisse kennen. Und das kann nur ein Schock für sie gewesen sein: An jedem Finger eine Freundin, von denen die eine oder andere zeitweise seine Wohnung teilte, eine andere Dichterin, Anna Richter, die ihn anbetete und deren Gedichte er in der Zeitschrift ‚Münchhausen‘ veröffentlichte. Sein flottes Leben spiegelt sich in dem Briefwechsel mit seinen Eltern, in dem sich Karten wie diese befinden:
‚Komme Freitag 15 Uhr 24 in Hannover an. Bringe Anna mit.‘ Darauf antwortete der Vater: ‚Anna Ritter wird uns natürlich hier als Gast sehr willkommen sein, ebenso wie Agnes Miegel.‘ Dann die postwendende Karte des Sohnes: ‚Ei herrje - nee, alter Herr, nicht Anna Richter, sondern Anna Sahlis!‘
Liebe
Ich warf wie tote MuschelnLiebe und Treu in den Sand,Vergaß wie welke BlumenVater und Vaterland.Dachte an Leid und ReueFluch und Segen nicht,Dachte nur an dein schönesHochmütiges Gesicht.Und all meine LiebeAchtest du so geringWie einen blinden schmalenUnechten Krämerring!“
Von Seiten der Literaturhistorikerin ist über Börries zu erfahren: „Seinem Vater, der ihn drängte, endlich Examen zu machen und standesgemäß zu heiraten, schrieb er“ (Börries) „1899, er halte nichts von der ‚durch das beständige Dienen veredelten christlichen Frau ... Diese Frauen sind immer Sklaven oder Tyrannen ... Mein Ideal als Frau ist in vielem die Tante Frieda Lipperheide. Daneben Agnes Miegel.‘ “ Die genannte Tante war eine Freundin der Mutter von Börries v. M. und Herausgeberin einer modernen Frauenzeitung. Es sei noch ein anderes Gedicht Agnes Miegels aufgeführt, das wohl als Ausdruck des Erlebens der Liebe zu Börries von Münchhausen aufgefaßt werden kann:
Der es gegebenDer es gegebenDaß ich so jung dich fand,Gott hielt dein und mein LebenWie Blumen in seiner Hand.Daß er die eineVerwarf und zertrat,Er weiß alleineWarum er es tat.Der nimmt und der gibtWeiß, warum er uns schied -Herz, das mich immer geliebt,Herz, das mich immer verriet.So kurz nur gegebenDie Frist, die uns band -Gott hielt dein und mein LebenWie Blumen in seiner Hand!
Börries von Münchhausen hingegen schrieb ein Gedicht ganz anderer Art und ganz anderen Inhalts über sein Verhältnis zu Agnes Miegel (zit. n. Poschmann, S. 18):
Meiner Freundin (A. M.)Wohl brach ich oft die Treue,Die ich so fest versprach,Und gab den Schwur aufs neue,Bis wieder ich ihn brach.Dir hab ich nicht gegebenDas oft gebrochne Wort,Und weiß: mich hält fürs LebenDas ungesprochne Wort.
Wenn man aus der Perspektive von Agnes Miegel auf diesen Börries von Münchhausen schaut, dann erscheint er als ein durch und durch unsympathischer Mann. Wohl ein nicht ganz leicht zu durchschauender Charakter, dieser Börries von Münchhausen.
Der Brief- und Besuchkontakt zwischen Agnes Miegel und Börries von Münchhausen hielt bis zu dem Freitod des letzteren nach Kriegsende 1945 an. Und auch noch die Wahl des Alterswohnsitzes von Agnes Miegel in Bad Nenndorf ist von der Nähe zu dem Stammsitz Apelern der Familie von Münchhausen und von dem engen Verhältnis, das Agnes Miegel Zeit ihres Lebens zu dieser Familie unterhielt, bestimmt.
„Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung ...“
Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen - 2. Teil
„Was seid ihr beiden für verständige Leute“
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Abb. 6: Agnes Miegel, 1906 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Nebenbei sei erwähnt: Die Bebilderung dieser Aufsatzreihe profitiert von jenen Funden, die man auf dem Bildarchiv Ostpreußen machen kann.
Von Seiten der Literaturwissenschaft wird zu der Trennung von Börries von Münchhausen noch einmal die Reaktion der Mutter von Börries berichtet (Poschmann, S. 14-16): „Trotz aller Boheme, trotz aller nach außen demonstrierten Ablehnung der bürgerlichen und erst recht adligen Konvention war Börries von Münchhausen sich in seiner jugendlich-genialischen Schizophrenie“ (oder einfacher: seiner egoistischen Arroganz) „immer bewußt, daß ihm als Angehörigen des niedersächsischen Uradels nur eine standesgemäße Heirat anstand. Das hatte er in ehrlicher und unbarmherziger Offenheit seiner verliebten Freundin wohl von Anfang an zu verstehen gegeben. (...)
Als die Begeisterung des Berliner Studenten für seine Freundin im fernen Königsberg immer höhere Wellen schlug, fragte seine Mutter schließlich an, was er mit dem Mädchen vorhabe, und Börries klärte sie - unterstützt durch beiderseitige Briefe - darüber auf, daß er von vornherein klare Verhältnisse geschaffen hätte und Agnes Miegel das genauso sähe.
‚Tausend noch mal‘, entfuhr es seiner Mutter im Antwortschreiben, ‚was seid Ihr beiden für verständige Leute, Du und Agnes Miegel, nämlich Du für sie und sie für Dich. Aber weißt Du, daß das Mädel mir ganz leid tut? Wer so ideal empfindet, wie sie nach ihren Versen tun muß, und hat dabei so unbarmherzig klare Augen fürs Reale, dem muß das Leben manchmal schwer sein zu leben! Aber sie muß durchaus gesund sein - von innen heraus und im höheren Sinne gemeint - und so wird sie der Zwiespalt nicht brechen.‘ “
Einerseits scheint die Mutter hier doch viel über Agnes Miegel verstanden zu haben. Andererseits sind ihre Worte wohl nicht geeignet, die Leichtfertigkeit ihres Sohnes scharf und eindeutig genug zu charakterisieren. Die in Sprachen und manchem anderem hochbegabte Mutter von Börries von Münchhausen, Clementine (gestorben im Jahr 1913), die in Apelern wohnte, ist wenig später eine enge mütterliche Freundin Agnes Miegels geworden.
Clementine von Münchhausen (1901)
Diese Freundschaft ist durch Börries vermittelt worden, der seiner Mutter, so berichtet uns die Literaturwissenschaft (Poschmann, S. 26), „im Mai 1901 aus Sahlis“ (dem Wohnort seiner künftigen Frau Anna) „schrieb, daß er seiner zukünftigen Frau Gedichte von ‚Bulck und Miegel vorgelesen hatte, die beide in diesen Tagen erschienen‘ sind. ‚Mutti, willst Du vielleicht der Tutt‘ - das war der Kosename der Dichterin - ‚mal ein paar Worte über ihr Buch schreiben? Sie hat doch eigentlich so recht keine Mutter, und da möchte ich sie an meine mal anbeißen lassen.‘
Clementine packte ein Paket voll Lavendel und Gartenblumen und schrieb einen Brief dazu, der das Mädchen beglückte ob der ‚Freude und des Interesses an meinem Talent‘. Schon dieser erste Brief der jungen Dichterin an die Unbekannte ist von einer entwaffnenden Offenheit, und sie erklärte das so: ‚Weil Sie mir so gar nicht fremd waren. Der Brief sieht mich so freundlich an. Ich habe solche Angst vor Ihnen gehabt. Börries und Lange und Hans von der Gabelentz sagten, Sie seien so schrecklich klug. Aber die 3fache Großmutterschaft beruhigten mich.‘ Sie entschuldigt ihr Herzausschütten: ‚Wem soll ich alles sagen, was mir durch den Kopf geht und im Herzen steht: - ich hab keinen. - Und es schreibt sich sehr schön.‘ “
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Abb. 7: Agnes Miegel "und Lise", zwischen 1900 und 1905 |
Börries von Münchhausen ging also seine „standesgemäße“ Ehe ein. Er lebte fortan auf der Burg Windischleuba in Thüringen. Aber auch seine standesgemäß angetraute Ehefrau hatte ihr ganzes Leben über unter den vielen „Nebenfrauen“ ihres Mannes zu leiden. Zu diesen „Nebenfrauen“ gehörte letztlich auch - aber wohl in distanzierterem Sinne als gute Freundin - weiterhin Agnes Miegel. Mit ihr blieb er in stetigem Briefwechsel und beriet sie auf ihren Wunsch hin auch in geschäftlichen und Verleger-Fragen.
Im April 1901 versucht Agnes Miegel in einem Brief an ihre Freundin Lulu, ihr eigenes sich andeutendes Lebensschicksal von der heiteren Seite zu nehmen (Inge Diederichs, S. 250): „Komm und erzähle mir mehr von der Lou Salome und ihren Ansichten über die Ehe. Ich schwanke seit vorgestern, ob ich später ins Kloster gehen soll oder meinem Jugendfreund Carl Bulcke einen Heiratsantrag machen. Ich verstehe ihn so gut. - Ich weiß noch nicht recht, was von beidem ich tun werde. Ich denke zuerst das zweite, da kann ich mich immer noch mal anders besinnen.“ Lou Andreas Salome war die Freundin Friedrich Nietzsches und Rainer Maria Rilkes gewesen, später auch von Sigmund Freud. Carl Bulcke, ein Königsberger, hatte 1900 seinen ersten Roman und 1901 einen Gedichtband herausgegeben.
„In diesem Augenblick gingst Du für immer ganz in mein Leben ein“
Lulu von Strauss und Torney-Diederichs - seit 1916 war sie mit dem Verleger Eugen Diederichs verheiratet und 1930 Witwe geworden - veröffentlichte im Jahr 1939 zum 60. Geburtstag Agnes Miegels das folgendes Gedicht (St. d. Fr.):
Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung!Denkst Du der Stunde? Die Großstadt dröhnte von ferne -Zögernd in fremder Tür, fragendes Lächeln im Auge,Bräunlichdunkel und schmal, immer noch seh‘ ich Dich stehn!...Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung!Wo beginnt und wo endet strömend Geben und NehmenZwischen denen, die früh Wahl und Schicksal verband?Ferne ist nicht mehr Ferne, Eins weiß tief um das Andre,Auch getrennt auf dem Weg Eins des Andern Geleiter:Immer lauschend tief innen der schwestervertrauten Stimme,Grüßend im Auge des Andern unvergangene Jugend,Grüßend in Werk und Gesang schwestervertrautes Herz.
An einem solchen Gedicht wird deutlich, daß auch - oder gerade? - jene für Deutschland im Nachhinein nur als „Schreckenszeit“ charakterisierte Zeit - ein Jahr wie das von 1939 - eine ganze Fülle von hochwertigem kulturellem Schaffen hervorbrachte, das wohl, soweit dies Literatur betrifft, von der Zeit nach 1945 nicht mehr erreicht worden ist. Es war dies auch eben jene Zeit, in der Lulu von Strauss und Torney für die sogenannten „Deutschen Christen“ eine „deutsche“ Bibel ganz neu dichtete.
Aber zurück in die Anfangszeit dieser Freundschaft kurz nach der Jahrhundertwende. Agnes Miegel berichtete zum 60. Geburtstag ihrer Freundin im Jahr 1933 über eine ihrer frühen Begegnungen im August 1901 in einer Försterei bei Nienstedt am Deister, wo Agnes Miegel auf einem Genesungsurlaub weilte (Ulf Diederichs, S. 18): „Du hattest Dich angekündigt, es kam ein heftiges Gewitter nach heißem Tag und so konnte ich Dir erst entgegengehen, als es zu spät war, Dich noch auf der weit abgelegenen kleinen Bahnhaltestelle zu erreichen. Ich dachte, eins der Dorfwägelchen würde Dich mitbringen (…). Da standest Du auf einmal oben vor mir, so als ob Du mitten aus dem grünen Wald tratest, triefend naß in einem bläulichen Kleid und heiß vom raschen Lauf mit einem frohen, überraschten Willkommsruf, lachend und voller Wiedersehensfreude - während der warme silberne Sommerregen in großen Tropfen wie Tränen über Dein Gesicht strömte. - Immer, wenn ich fühle, daß auf mein Suchen Deine Gedanken mir antworten, sehe ich Dich so wieder vor mir, - in dem rauschenden grünen Wald des Landes, das für mich DEIN Land ist und bleibt, in dem silbernen Schein und quellenden Duft von trinkender Erde und gesättigtem Laub, ein einziger Gruß Dein ganzes Wesen und Dein Gesicht so froh und blühend unter diesem strömenden sommerwarmen Schauer.
In diesem Augenblick, wie Du den Waldweg herunter gingst, gingst Du für immer ganz in mein Leben ein.“
„ ... ein Hauch der großen Geschichte, fern wie Meerwind“ (um 1902)
Am 17. Februar 1902 schreibt Agnes Miegel an ihre Freundin Lulu über den Vortrag einer gefeierten Schriftstellerin (Gertrud Prellwitz) in Königsberg (Inge Diederichs, S. 251): „Die Königsberger sind ihre begeisterten Anhänger und hören mit Wonne ihre Vorträge. Für die ist das auch gerade die richtige geistige Sonntagsschule. Ich hör zu - wie ich immer zuhöre (darauf ist man heutzutage dressiert), aber es stört mich weiter nicht, es ist keine geistige Massage für mich. H. G. sagt nämlich: Der Philister ist da, um Kinder zu zeugen und das viele Bier auszutrinken, das gebraut wird - den Künstler braucht der Philister als Masseur, wenn er zu fett wird.“ - Sie war sich bewußt, daß auch sie manchmal einen solchen „Masseur“ brauchte, schreibt sie doch über ihre alten Eltern, deren einzige Tochter sie ist, in dem gleichen Brief: „Es gibt eine schöne Rede von der unsterblichen Seele. Meine Angehörigen, glaub ich, haben noch nie daran gedacht, daß ich auch so eine habe. Mutter versorgt meinen Küchenschrank, Vater meinen Geldbeutel - und dadurch mein Bücherspind, aber die sogenannte Seele, die etwas ganz für sich ist, unabhängig von Klugheit oder Küchenodeur - nein, die ist ihnen ganz fremd an mir.“
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Abb. 8: Die junge Agnes Miegel |
Was für Worte. Im Dezember 1902 schreibt Agnes Miegel aus Berlin, wo sie an einem Kinderkrankenhaus arbeitet, an ihre Freundin Lulu von Strauß und Torney (Poschmann, S. 18f): „Ja, Kleines, es geht mir polizeiwidrig gut ... Ich lebe entschieden intensiv, verjünge mich mal wieder - für mich hat die Welt immer einen Jungbrunnen irgendwo ... Die Misere zu Hause, der Herr von Münchhausen auf Windischleuba, das Kinderkrankenhaus - alles ist in einem tiefen schwarzen Brunnen versenkt, dessen Stein ich schnell herunterdrücke, wenn er sich mal heben will. Das meiste ist oublie ...“ „oublie“ ist Französisch und heißt „vergessen“.
In den weiteren Jahren machte Agnes Miegel oft Besuch in Apelern. In das dortige Gästebuch ist sie eingetragen am 3. September 1901, am 18. September 1902 und für einen Aufenthalt vom 8. Juli bis 8. August 1904. Ein weiterer Aufenthalt ist durch Briefe für das Jahr 1903 belegt. Und was waren die Inhalte der Gespräche in Apelern? Etwa auch die mangelnde Erziehung, die Clementine ihrem Sohn hat angedeihen lassen - zumal was Frauen betrifft? Darüber ist wenig bekannt.
Wir hören über den Briefwechsel von Agnes Miegel mit Clementine von Münchhausen (Poschmann, S. 30): „Einen breiten Raum nimmt in der Korrespondenz auch die Situation der Frau in der damaligen Gesellschaft ein, an der beide litten, vor allem an der Arroganz der adligen und bürgerlichen männlichen Führungsschicht und der Professoren. Schon in ihrem ersten Brief an Agnes Miegel, in dem die Baronin den ersten Gedichtband begeistert begrüßte, erzählte sie eine Episode, die sie gerade bei einem literarischen Abend in Göttingen erlebt hatte, dessen Thema eben dieser kleine Gedichtband der unbekannten jungen Frau war. Als man sich über das ‚Entartete‘ eines Gedichtes wie ‚Das ungeborene Leben‘ erregte, konnte die Baronin nicht umhin, einzuwerfen, gerade diese Verse seien ihr ‚besonders lieb‘, woraufhin Professor Ehrenberg ihr folgendermaßen assistierte: ‚Wir müssen ja das Weib erst kennenlernen. Erst die moderne Frauenbewegung hat uns Frauen erstehen lassen, die einmal zu sagen wagen und wissen, wie ein Weib empfindet.‘ - ‚Ich dachte im Stillen‘, bemerkte die Baronin abschließend, ‚das hättet ihr auch früher erfahren können, wenn es einem von euch einmal eingefallen wäre, nachzufragen.‘ “
Eine Erzählung über das Lachen von Agnes Miegel handelt in dieser Zeit auf einem ostpreußischen Gut (Erna Siebert: Die Linde von Corben. In: Wagner, S. 21): „Einmal, es war noch im Anfang des Jahrhunderts, kamen wir wieder von der alten Linde, die so viel zu erzählen wußte, daß Agnes ihr immer zuhören mußte. Da kam uns ein junger Verwandter entgegen. Als er hörte, wer unser Gast war, sagte er ehrerbietig: ‚Gnädiges Fräulein, Ihr erstes Buch war gerade erschienen, als ich mich verlobte, es war auch das erste Geschenk für meine Braut.‘ Mit ihrem schönen offenen Lachen (wir sagten immer, sie konnte Fanfaren lachen), meinte sie schlagfertig: ‚Da habe ich ja 1,50 Mark an Ihnen verdient! Danke!“ So also versuchte Agnes Miegel also, schnell alle falsche, gestelzte, männliche „Ehrerbietigkeit“ auszuhebeln.
„Die Leute haben hier alle den Bildungsstand von S. M.“ (1907-1909)
Auch noch später (1907) schreibt Agnes Miegel nach Apelern (Poschmann, S. 28f): „Königsberg ist eine Hochburg des Dilettantismus, so außerhalb, so kulturlos. Die Leute haben hier alle den Bildungsstand von S. M..“ Mit „S.M.“ (Abkürzung für „Seine Majestät“) war damals immer - sehr respektlos - der deutsche Kaiser gemeint. Es handelte sich hier um eine „Majestätsbeleidigung“, die die Familie Münchhausen in Apelern recht vergnügt zur Kenntnis nahm. Denn die Münchhausens waren - als Angehörige des niedersächsischen Uradels - hohenzollern- und preußenfeindliche Anhänger des (hannoverschen) Welfen-Hauses, das 1866 von Bismarck entmachtet worden war.
Im übrigen aber hat Agnes Miegel gegenüber der Familie Münchhausen die Hohenzollern verteidigt. So schrieb im August 1909 Emmy Lange, die Erzieherin der Münchhausen-Kinder, mit der Agnes Miegel auch Freundschaft geschlossen hatte (Poschmann, S. 28): „Mir kann schon Agnes leid tun – das arme Lamm! Wenn wir über ihre hochverehrten Hohenzollern mit vereinten Kräften herfallen.“
Und dann kam irgendwann der Erste Weltkrieg. Aber das soll einem weiteren Teil vorbehalten bleiben.
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Benutzte Literatur:
- Miegel, Agnes: Spaziergänge einer Ostpreußin. Feuilletons aus den zwanziger Jahren. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Köln 1985
- Miegel, Agnes: Wie ich zu meiner Heimat stehe. Ihre Beiträge in der „Königsberger Allgemeinen Zeitung“ (1926-1932). Hrsg. v. Helga und Manfred Neumann. Verlag Siegfried Bublies, Schnellbach 2000
- Miegel, Agnes: Gedichte. J.G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger (14. und 15. Tsd.) Stuttgart und Berlin 1927
- Miegel, Agnes: Herbstgesang. Neue Gedichte. Eugen Diederichs Verlag (9. - 18. Tsd.) Jena 1933
- Miegel, Agnes: Geschichten aus Alt-Preußen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1942 (1. Aufl. 1934) [enthält die Erzählungen „Landsleute“, „Die Fahrt der sieben Ordensbrüder“, „Engelkes Buße“, „Der Geburtstag“]
- Miegel, Agnes: Gesammelte Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, (21.-25. Tsd.) Jena 1940 (1. Aufl.: 1936)
- Miegel, Agnes: Werden und Werk. Mit Beiträgen von Prof. Dr. Karl Plenzat. Hermann Eichblatt Verlag, Leipzig 1938 [„Durch Dichtung zum Dichten“, Bildnisse von 1905 u. 1938]
- Miegel, Agnes: Ostland. Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält Gedichte wie: „An den Führer“, „Hymne an Ostpreußen“ (1937), „Sonnwendreigen“ (Danzig 1939), „An Deutschlands Jugend“ (Herbst 1939)]
- Miegel, Agnes: Im Ostwind. Erzählungen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält die Erzählung „Lotte“]
- Miegel, Agnes: Und die geduldige Demut der treuesten Freunde ... Nächtliche Stunde mit Büchern. Verlag Wilhelm Langewiesche-Brandt, Ebenhausen bei München 1941
- Miegel, Agnes: Mein Bernsteinland und meine Stadt. (Mit 32 Farbtafeln.) Gräfe und Unzer Verlag, Königsberg/Pr. 1944 [eine große, lange, wenig bekannte Versdichtung]
- Miegel, Agnes: Gedichte und Prosa. Auswahl von Inge Diederichs. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1977 [darin auch Briefe A. M.s]
- Miegel, Agnes: Gedichte aus dem Nachlaß. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1979
- Miegel, Agnes: Es war ein Land. Gedichte und Geschichten aus Ostpreußen. (Redaktion: Ulf Diederichs und Christa Hinze) Eugen Diederichs Verlag, München 1983 (3. Aufl.: 1988)
- Agnes Miegel. Stimmen der Freunde zum 60. Geburtstage der Dichterin 9. März 1939. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1984 (Eine Auswahl aus dem gleichnamigen Sonderdruck: Eugen Diederichs Verlag, Jena 1939)
- Wagner, Ruth Maria (Hrsg.): Leben, was war ich dir gut. Agnes Miegel zum Gedächtnis. Stimmen der Freundschaft. [Ostpreußisches Mosaik, Band X], Verlag Gerhard Rautenberg, Leer/Ostfriesland o. J. (Unveränd. Nachdruck der gleichnam. Ausgabe: Verlag Gräfe und Unzer, München 1965)
- Piorreck. Anni: Agnes Miegel. Ihr Leben und ihre Dichtung. Eugen Diederichs Verlag, Korrigierte Neuauflage, München 1990 (1. Aufl.: 1967)
- Seidel, Ina: Lebensbericht 1885-1923. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1970
- Starbatty, Ursula (Bearbeiterin): Begegnungen mit Agnes Miegel. Jahresgabe 1989/90 der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1989
- Poschmann, Brigitte: Agnes Miegel und die Familie Münchhausen. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Bad Nenndorf 1992
- Schücking, Beate E. (Hrsg.): „Deine Augen über jedem Verse, den ich schrieb“. Börries von Münchhausen - Levin Schücking - Briefwechsel 1897-1945. Igel Verlag Literatur, Oldenburg 2001
- Diederichs, Ulf: Agnes Miegel, Lulu von Strauß und Torney und das Haus Diederichs. Die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft. Jahresgabe 2005 der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Überarbeiteter Festvortrag zu Agnes Miegels 125. Geburtstag, gehalten am 6. März 2004 in Bad Nenndorf
Der prägende Charakter des Ersterlebnisses der Geschlechtlichkeit als Paar
Frauen, die bei ihrem "Ersten Mal" einen Orgasmus erleben, haben fünf bis zehn Jahre später genauso viel Lust auf Sex wie Männer. Allerdings sind das aktuell nur 12 % aller heterosexuellen Frauen. (Und dabei sind solche, die das Erste Mal als Kind und/oder erzwungen erlebt haben, schon heraus gerechnet.) (1)*)
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Abb. 1: Ein Mann und eine Frau - Skulptur von Stephan Abel Sinding (1846-1922), 1889 |
Das ist - kurz gefaßt - das Ergebnis einer kanadischen Forschungsstudie, die 2022 prominent erschienenen ist (1). Sie will darauf aufmerksam machen, daß die beträchtlichen Geschlechtsunterschiede in der Sehnsucht nach geschlechtlicher Vereinigung (das sogenannte "gender gap" diesbezüglich) zu größeren Teilen "erlernt" sein könnten und nicht "naturgegeben", sprich angeboren sind. Und zwar erlernt und "geprägt" in beträchtlichem Umfang während der "sensiblen Phase" des Ersterlebnisses der Geschlechtlichkeit mit einem anderen Partner.
Schon
seit hundert Jahren ist in der Sexualpsychologie davon die
Rede, daß das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit mit einem Partner eine starke, prägende Macht für
beide Geschlechter besitzt. Seit Konrad Lorenz entdeckte, daß es Prägung
und prägungsähnliches Lernen gibt, und noch mehr seit die besondere
Rolle des Bindungshormons Oxytocin erkannt worden war nicht nur für die
Bindung zwischen Eltern und Kind, sondern auch für die Bindung
der Geschlechter untereinander, hatte schon immer gemutmaßt werden können, daß das Ersterlebnis
der
Geschlechtlichkeit als Paar ein prägungsähnlicher Lernvorgang sein könnte. Und diese Vermutung erhält nun durch die neue Studie deutliche Bekräftigung.
Aus wissenschaftsgeschichtlicher Sicht kann gesagt werden: Daß das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit ein sehr prägender Vorgang sei, war schon im Jahr 1919 einer der Grundgedanken eines damals erschienenen Buches, nämlich von Seiten einer deutschen Psychiaterin und Frauenrechtlerin. Diese hat zu jener Zeit über die Inhalte ihres Buches auch viel besuchte Vorträge an der Universität München gehalten. Sie schrieb über ein ernstes Gesetz der Geschlechtlichkeit, der Sexualität, von ihr auch "Paarungswillen" benannt, das sagt (2, S. 63) ..
... daß die Art und Weise, in der der einzelne Mensch zum ersten mal in seinem Leben die Beglückung erlebte, weitgehend den Ausschlag gibt für die Art und Weise, in der sich dies Erleben am sichersten wiederholt.
Oder an anderer Stelle (2, S. 78):
Die Gesetzmäßigkeit der Eigenart des Erlebens im Einzelleben wird für das ganze Leben in hohem Grade bestimmt durch die Art der ersten Erlebnisse der Beglückung in der Jugendzeit.
Das Wort Beglückung war in späteren Auflagen ihres Buches als Eindeutschung des Wortes Orgasmus benutzt worden. Dieses Buch beschäftigt sich über viele, viele Seiten und Kapitel hinweg mit der scheinbar geringeren Orgasmus-Fähigkeit der Frauen im Vergleich zu der der Männer. Sie schreibt darüber etwa einleitend auch (2, S. 37):
Angesichts der Versuchung für die ärztliche Wissenschaft, einen allerdings "unnatürlichen" Zustand mit Krankheit zu verwechseln, müssen wir es fast begrüßen, daß erst in allerjüngster Zeit die Tatsache beachtet und bemerkt und mit einem Namen benannt wurde, daß sich überhaupt erst ein einziger Mediziner (O. Adler) eingehend mit der sogenannten "Frigidität" oder "Kälte" der Frauen befaßt hat.
Sie bezieht sich hier auf ein klassisches Werk der Sexualforschung mit dem Titel "Die mangelhafte Geschlechtsempfindung des Weibes" (1906, 1910 und 1919) (Arch). Der Autor Otto Adler (geb. 1864) wirkte als Sanitätsrat und Arzt in Berlin.
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Abb. 2: Der Kuß - Skulptur von Auguste Rodin, 1880 |
Einige Seiten weiter wurde ausgeführt, beim weiblichen Geschlecht zeige sich (2, S. 83) ...
... innerhalb des Einzellebens ein Anwachsen der Hormonbildung, also auch die Eignung zum Erleben der Beglückung (der orgastischen Fähigkeit), welche ihren Höhepunkt erst ein Jahrzehnt später als beim männlichen Geschlecht, also in dem dritten und vierten Jahrzehnt erreicht. (...) Die Abgabe der betreffenden Hormone an den Blutkreislauf wird bis zu gewissen Grenzen neu angeregt durch das Erleben der Beglückung, so daß also allmählich durch ein häufiges Erleben derselben (...) auch vom weiblichen Geschlechte eine dauernde Erregbarkeit erworben werden kann.
Die genannte Studie aus dem Jahr 2022 hatte nun nur Männer und Frauen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr befragt.
Nach
den eben zitierten Worten könnten sich die Zahlenverhältnisse in
späteren Lebensjahrzehnten womöglich noch einmal verändern. Das scheint
zwar durch Forschungsstudien wie jene von 2022 noch nicht ähnlich gut erforscht zu sein. Allerdings wird dieses Thema ja inzwischen in einer umfangreichen Literatur auch umfangreich behandelt, oft auch nur aufgrund von einzelnen Lebensgeschichten. Greifen wir aus dieser willkürlich ein Fallbeispiel
heraus:
Frau, Jahrgang 1955, DDR, uneheliches Kind, als Erwachsene langjährige Bankangestellte. Die Mutter war immer sehr verklemmt. Noch am Badestrand hat die Mutter sorgsam darauf geachtet, daß ihr Rock nicht über die Knie hoch gerutscht ist. Mit 17 Jahren erlebte die Tochter ihr Erstes Mal. Es war für sie "nichts", weder positiv noch negativ in irgendeiner Weise bemerkenswert. Mit demselben Partner war sie dann 25 Jahre verheiratet und hatte mit ihm zwei Kinder. Die Pille, die sie nahm, roch schrecklich. Sie wollte oft auf der anderen Seite aus dem Bett wieder hinaus, da sie so gar keine Lust auf Sex hatte. Der Sex fand auch immer unter der Decke statt, geziert und "geschamig". Einen Orgasmus, so sagt sie, hat sie dabei vermutlich nie erlebt. Die Lust auf Sex nahm auch immer mehr ab, da sie eben gar keinen Orgasmus erlebt hat. Das wurde ihr aber, so sagt sie, erst später klar: "Wenn beide keine Ahnung haben, verklemmt aufgewachsen sind, woher soll dann die Erfahrung, das Wissen kommen? Wir lebten in der Ehe wie unter einer Glocke, waren beide verklemmt und auch nicht experimentierfreudig." Schließlich ist ihr Mann nach 25 Ehejahren gestorben. Es gab eine längere Trauerzeit.
Dann hatte sie eine Affäre mit einem Mann, in der sie den Sex zum ersten Mal als spektakulär, außergewöhnlich, ungehemmt und mit Orgasmus erlebt hat. Seither ist sie sexuell sehr aktiv, rege, interessiert, sie hat Orgasmen wie Tsunamis, wie überwältigende Naturereignisse, die für sie selbst wie für den Mann als zutiefst befriedigend erlebt werden.
Ein
solches Fallbeispiel erscheint uns wesentlich, um das Ergebnis der
Forschungsstudie von 2022 auch noch in einen größeren Rahmen einordnen zu können. Zwischen ihrem
zwanzigsten und dreißigsten Lebensjahr würde die beschriebene Frau genau
zu dem passen, was in der Studie festgestellt worden war. Aber die
Lebensphase danach ist eben von der genannten Studie noch nicht in Augenschein genommen
worden und sie zeigt, daß sich da doch noch etwas sehr beträchtlich weiter entwickeln konnte.
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Abb. 3: Gemälde von Michelangelo in der Sixtinische Kapelle (Das erste Menschenpaar), 1509 (Wiki) |
Schon 1919 aber war vermutungsweise geäußert worden, daß Frauen, die eine solche volle orgastische Fähigkeit entwickelt hätten, das Klimakterium nicht mit so starken hormonellen Schwankungen erleben würden, wie dies eben viele Frauen erleben, bei denen sich diese Fähigkeit nicht entwickelt hätte (2, S. 83):
Das ist auch der Grund, weshalb diese Jahre des Klimakteriums für alle die Frauen, deren Paarungwille voll entwickelt ist, die Beglückung erlebt haben, allem Anschein nach nicht die große und plötzliche Umwälzung bedeutet wie für die ungeweckten Frauen.
Und einige Seiten weiter hieß es in diesem Buch von 1919 (2, S. 89):
Leider ist die Art der Gemeinschaft, die das Mädchen zur Frau erwecken soll, oft sehr wenig dazu angetan, die Vorstellung von der Sündhaftigkeit und Unreinheit der "Sinne" siegreich beseitigen zu können. Denn in sehr vielen Fällen ist der betreffende Mann gerade zur Erfüllung dieser Aufgabe (...) auffallend wenig geeignet.
Und an diesem Umstand hat sich mehr als hundert Jahre später - nach "sexueller Revolution" und nach gesellschaftsweiter sexueller Aufklärung in allen Formen und Varianten, nach Pornographisierung ganzer Gesellschafts- und Kulturbereiche so gut wie gar nichts geändert. So daß der letztzitierte Satz ebenso gut auch von den beteiligten Forscherinnen der Studie von 2022 hätte stammen können, die sich nämlich in ganz ähnlichem Sinne äußern.
Einiges zum Stand des Nachdenkens und Forschens über diese Thematik im Jahr 1919
1919 wurde weiter ausgeführt
(2, S. 89):
Wäre nicht die Vorbedingung, daß das männliche Geschlecht die zarteste Rücksicht nähme auf die langsame, so sehr verschiedene Entfaltung der orgastischen Fähigkeit beim Weibe? (...) Wäre es nicht Vorbedingung, daß der Mann seine Wünsche durch diejenigen der Frau ebenso sehr bestimmen ließe, wie sie sich von seinen Wünschen leiten läßt? (...) Wäre es nicht von ungeheurer Wichtigkeit, daß auch beim männlichen Geschlecht die Vergeistigung möglichst unterstützt würde, statt daß man sie verhindert? So sehen wir durch die heute herrschenden unnatürlichen und unerfreulichen Gewohnheiten die Vollentwicklung vieler Frauen sehr erschwert. (...) Entwickelt werden beim weiblichen Geschlechte selbstverständlich, ebenso wie beim männlichen, der Paarungwille und auch die Minne nur durch das Erleben der Beglückung.
Auch mit den letztzitierten Worten wird schon 1919 fast diesselbe Aussage getätigt wie sie nun durch eine kanadische Forschungsstudie des Jahres 2022 bestätigt worden ist, wo auch festgestellt wird: nur durch das Erleben des Orgasmus während des Ersterlebnis entsteht in der Frau in den weiteren Lebensajahren ebenso viel Lust an der Geschlechtlichkeit wie beim Mann.
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Abb. 4: Zwei Menschen, Skulptur von Josef Thorak, 1938 |
Über die Folgen des womöglich vor allem durch Umwelteinflüsse entstandenen Geschlechterunterschiedes in Bezug auf die Lust auf geschlechtliche Vereinigung hieß es 1919 weiter (2, S. 91):
Die Zahl der Frauen, die bei der Paarung an sich die Beglückung nicht oder nur selten erlebt, wird wohl ungefähr mit 60 % angegeben werden. Viele Erfahrungstatsachen der ärztlichen Sprechstunde weisen allerdings daraufhin, daß in Wirklichkeit ihre Zahl ganz erheblich größer ist. (...) (Denn) wegen der gänzlich falschen Vorstellungen machen fast alle ungeweckten Frauen in diesem Punkte zunächst auch vollständig falsche Angaben. (...) Selbstverständlich bewirkt die Gemeinschaft bei den meisten Frauen eine starke Erregung und erweckt auch Wohlempfinden bei fast allen ungeweckten Frauen dank der "erogenen Zonen", was dann mit dem Erleben der Beglückung einfach verwechselt wird. (...) Diese Gesetzmäßigkeit (...) lastet wie ein Fluch des Mißverstehens und der Zerstörung über unzähligen Ehen. All diese Frauen leben unter ungesunden Verhältnissen, ihre nervöse Reizbarkeit, ihre ungeklärte Bitterkeit und andere Folgeerscheinungen unterwühlen die Zuneigung zum Mann. Aber gerade die gesteigerte Erregung, die viele dieser armen Frauen zeigen, verbirgt ihnen und dem Mann die Tatsache ihrer Ungewecktheit meist vollends.
An anderer Stelle wird noch einmal deutlich hervorgehoben (2, S. 92):
Aus diesen Tatsachen geht nun klar hervor, daß die Beglückung der Frau im hohen Grade abhängig ist von der Stärke des Wunsches beim Manne, ihr dieselbe zu bereiten.
Ja, schon im Jahr 1919 ist man noch viel weiter gegangen (2, S. 96):
Auch für die geistige Schöpferkraft des weiblichen Geschlechtes muß es von weittragender Bedeutung sein, daß ein großer Teil der Frauen ungeweckt durchs Leben geht. (...) Wir finden von schaffenden Geistern häufig beteuert, daß die Beglückung eine erhöhte Schaffenskraft auslöst, während wieder andere versichern, daß das Entbehren der Beglückung den Schaffensdrang steigert und die schöpferische Leistung ein Ersatzausgleich sei. So widerspruchsvoll diese Angaben auch sind, so viel läßt sich heute schon mit Sicherheit aus der Lebensgeschichte der Schaffenden ableiten: die Minne muß zu vollem Leben erweckt, die Beglückung irgendwann einmal erlebt sein, oder aber sie muß bewußt entberhrt und ersehnt sein, wenn die Schaffenskraft zur vollen Blüte gelangen soll. Aber ein Erleben der Paarung ohne Erleben der Beglückung stumpft die Schaffenskraft ab.
Man wird sich womöglich an die lebenslang entfaltete starke Schaffenskraft einer Dichterin wie Agnes Miegel erinnert fühlen, die durch ein offenbar sehr leidenschaftlich und vergeistigt erlebtes Ersterlebnis mit dem Dichter Borries von Münchhausen zumindest nicht abgestumpft worden ist. In einer Fülle von Gedichten des dritten Lebensjahrzehnts von Agnes Miegel zittert diese leidenschaftliche Begegnung mit Borries von Münchhausen nach, obwohl die Dichterin diesen Umstand vor der Öffentlichkeit bis an ihr Lebensende sorgsam verborgen gehalten hat (s. Stg25).
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Abb. 5: Gemälde von Hermann Körschner (1907-1945) (Titel "Zwei deutsche Menschen"), 1938 (Inv) |
Schon in früheren Kapiteln des Buches von 1919 wird auf Gesetzmäßigkeiten der Beglückung beider Geschlechter hingewiesen wie sie aus der Evolution der Geschlechtlichkeit abgeleitet werden können. Schon bei den Fischen nämlich sei ein "Nacheinander" von Eiablage durch das Weibchen und Besamung durch das Männchen zu beobachten, was beides schon zumindest mit Wohlempfinden auf Seiten der beteiligten Tiere verbunden sei. Daraus leitet die Autorin für das Wohlempfinden, bzw. den daraus evoluierten Orgasmus ab (2, S. 23):
Wir begreifen, daß es zeitlich nacheinander folgen muß, so zwar, daß das männliche Geschlecht es erst später erlebt. Dieses Grundgesetz des zeitlichen "Nacheinander der Beglückung" bleibt bis in die höchsten Entwicklungsformen in der Mehrheit der Fälle erhalten. (...) Endlich wollen wir nicht vergessen (...), daß der Zeitpunkt der geschlechtlichen Betätigung in den stammesgeschichtlich ältesten Zeiten vom weiblichen Tiere bestimmt wurde, da sich ja die Absonderung der männlichen Fortpflanzungszellen mit Gesetzmäßigkeit der weiblichen Eiablagerung anschließt.
Und einige Seiten weiter heißt es diesen Gedanken weiter führend (2, S. 32):
Deshalb blieb die Ungleichzeitigkeit bis auf den heutigen Tag in der großen Mehrheit der Fälle bestehen, und die Beglückung ist für das weibliche Geschlecht nur dann gesichert, wenn sie bei der Gemeinschaft früher eintritt als beim männlichen Geschlecht.
Der Orgasmus der Frau soll also eintreten vor dem Orgasmus des Mannes, ein Gedanke, der inzwischen auch in der heutigen Ratgeber-Literatur sehr häufig benannt ist.
In
einem weiteren Kapitel ("Entwicklung des Paarungswillens zur Minne")
wird sehr ausführlich darauf eingegangen, wie es beim Menschen zur
Vergeistung des Paarungswillens, zur Beseelung der Geschlechtlichkeit,
der Sexualität kommen kann, zum Erleben beseelter Vereinigung, zu
Erotik, eingedeutscht zu "Minne". Hierbei wird dem Schönheitswillen, der
schon
in der Tierwelt eine so große Rolle spielt, eine große Bedeutung
zugesprochen, ebenso den aus Minnebegeisterung geborenen, bzw. von
Minnebegeisterung handelnden Kunstwerken in Bild, Ton, Wort und Schrift
(etwa schon in der "Ilias" des Homer). Und
es wird dem Gedanken nachgegangen, inwiefern (2, S. 74) ...
... die natürliche Vergeistigung innerhalb des Menschengeschlechtes der drohenden Gefahr des Verlustes des Beglückung beim Weibe entgegenarbeitet.
Es
mag hier erneut ein wesentlicher Gedanke angesprochen sein, der von den
heute
Denkenden und von den heutigen Kulturgestaltern und -übermittlern wohl
noch viel zu selten in Augenschein genommen worden ist, zumal in einer
atheistisch-materialistisch und platt-hedonistisch geprägten geistigen
und kulturellen Atmosphäre.
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Abb. 6: Skulptur von Edmund Moiret (Ungarn/Österreich) (1883-1966) (Titel: "Die Quelle"), 1940 |
Es wird dazu aber einschränkend weiter ausgeführt (2, S. 75f):
Wenn der Mensch die höchsten Entwicklungsstufen der Minne erleben will, so ist es für ihn von größter Bedeutung, daß die zunächst erforderliche körperliche Erweckung zur ("orgastischen" Fähigkeit) Beglückung von der gleichen Persönlichkeit ausgeht, die auch seelische Verwebungen der Minne auszulösen imstande ist. (...) Neben dem vielseitigen seelischen Austausch werden die Ausdrucksformen des Paarungswillens - die körperlichen Liebkosungen - zum Gleichnis der seelischen Verschmelzung und sind als solche geheiligt! -Der Blick auf die Entwicklung des Paarungswillens zur Minne hat uns die überaus wichtige Erkenntnis gebracht, daß die natürliche Vergeistigung eine große Verinnerlichung und Bereicherung der Beglückung ermöglicht, die sich um so mehr verwirklichen kann, je häufiger die freie aus Minnebegeisterung geschlossene Wahl wird.
Es sei noch ein weitere Station aus der Wissenschaftsgeschichte zu diesen Fragestellungen heraus gegriffen.
Einiges zum Forschungsstand von 1986
Da heißt es 1986 (10, S. 316-318):
Daß schließlich der weibliche Orgasmus, wie Symons (1980) meint, keine Funktion erfülle, weil ihn die Frauen viel zu selten erlebten, sollte man auch nicht unkritisch hinnehmen.Immerhin erleben ihn nach den verschiedenen Erhebungen in England, den USA und Deutschland zwischen 31 und 50 Prozent und nur 2-14 Prozent der befragten Frauen niemals (...). Ferner ergibt die differenzierte Auswertung, daß vor allem Frauen in einer guten sexuellen Partnerschaft einen Orgasmus erleben. Nur 3 Prozent der Frauen, die mit ihrem Partner regelmäßig zum Orgasmus kommen, sind bereit, mit anderen Männern zu schlafen, gegenüber 10 Prozent der Frauen, die mit ihrem Partner keinen Orgasmus erleben (E. Chesser 1957). Die Bindung über die sexuelle Befriedigung ist demnach sicher von Bedeutung. (...)Als bindendes Erlebnis scheint der Geschlechtsverkehr für die Frau einen besonderen Stellenwert einzunehmen. Möglicherweise besteht hier sogar ein Zusammenhang mit dem Geburtserlebnis. (...) Es kommt dabei auch zur Ausschüttung von Oxytocin. (...)Es scheint mir, als würde der Zustand der Verliebtheit bei der Frau oft über den Orgasmus getriggert, als erfolgte mit ihm oft ein reflektorisches Einlinken in den physiologisch-psychologischen Ausnahmezustand, in dem eine fast irrationale Bindung an einen und nur diesen einen Geschlechtspartner stattfindet. Ich möchte das als Hypothese äußern.
Und (10, S. 331):
Der Mensch ist biologisch auf sexuelle Dauerpartnerschaft angelegt. Romantische Liebe ist nicht erst eine Erfindung der Neuzeit. Sie findet vielmehr bereits bei Naturvölkern vielfältigen Ausdruck, unter anderem auch in Liedern und Gedichten. (...) Mann und Frau sind in ihrer Sexualphysiologie auf sexuelle Dauerbindung programmiert; die Frau (...) durch die Fähigkeit, einen Orgasmus zu erleben, der sie emotionell bindet. (...) Bei einigen Säugern induziert die Geburt über einen hormonalen Mechanismus die Bereitschaft, das Kind anzunehmen und eine starke Bindung einzugehen. Es wäre zu prüfen, ob ein ähnlicher Bindungsmechanismus über den weiblichen Orgasmus aktiviert wird. Die hier entwickelte Bindungstherorie nimmt einen solchen Zusammenhang an.
Es wird deutlich, daß der Erkenntnisstand von 1986 noch nicht gar so weit über den hinaus ging, den es schon 1919 gegeben hat.
/ Ergänzung: Im Nachgang zur Veröffentlichung dieses Blogartikels wurde noch ein Video dazu aufgenommen (12):
Ende Ergänzung. /
Einiges zum Forschungsstand von etwa 2020
Vieles wird noch 1986 als "Hypothese" formuliert. Wenn man feststellen möchte, ob der Erkenntnisstand bezüglich der Rolle des Oxytocin's inzwischen weiter gekommen ist, kann der entsprechende Wikipedia-Artikel helfen (Wiki). Nach diesem spielt Oxytocin in den Bereichen Bindung, Liebe, Vertrauen, Lust und Orgasmus eine sehr beträchtliche Rolle. Dort heißt es (Wiki):
Die Forschungsergebnisse haben dazu geführt, daß Oxytocin in der Öffentlichkeit gelegentlich als Orgasmushormon, Kuschelhormon oder Treuehormon diskutiert wird. Tatsächlich ist die Signifikanz von Oxytocin für Fühlen und Handeln in zahlreichen Studien bestätigt.
Auf dem englischsprachigen Wikipedia heißt es noch deutlicher (Wiki):
Oxytocin beeinflußt den sozialen Abstand zwischen erwachsenen Männern und Frauen und ist möglicherweise zumindest teilweise für romantische Anziehung und die anschließende monogame Paarbindung verantwortlich. Ein Oxytocin-Nasenspray-Stoß führte dazu, daß Männer in einer monogamen Beziehung, jedoch nicht alleinstehende Männer, den Abstand zwischen sich und einer attraktiven Frau bei einer ersten Begegnung um 10 bis 15 Zentimeter vergrößerten. Die Forscher schlugen vor, daß Oxytocin dazu beitragen könnte, die Treue in monogamen Beziehungen zu fördern. Aus diesem Grund wird es manchmal als „Bindungshormon“ bezeichnet.Oxytocin affects social distance between adult males and females, and may be responsible at least in part for romantic attraction and subsequent monogamous pair bonding. An oxytocin nasal spray caused men in a monogamous relationship, but not single men, to increase the distance between themselves and an attractive woman during a first encounter by 10 to 15 centimeters. The researchers suggested that oxytocin may help promote fidelity within monogamous relationships.
Interessanterweise spielt Oxytocin also auch für das Bindungsverhalten von Männern eine Rolle. Soweit ein zum Teil vielleicht sogar erhellender Blick in die Wissenschaftsgeschichte.
Die Presseerklärung zur Forschungsstudie von 2022
Nun soll zu der eingangs erwähnten kanadischen Forschungsstudie zurück gekehrt werden, nach der sich Frauen im dritten Lebensjahrzehnt genauso häufig nach inniger, körperlicher Vereinigung mit einem Mann sehnen wie sich umgekehrt Männer nach einer solchen mit einer Frau sehnen, wenn ..., ja wenn das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit für die Frau mit einer tiefen körperlichen (und womöglich auch seelischen) Befriedigung und Beglückung, mit einem Orgasmus einher gegangen ist (1). Wenn dies nicht der Fall ist, hat dies für Frauen hinsichtlich der Sehnsucht nach einer Wiederholung dieses Ereignisses Folgen für viele Lebensjahre. Das "Erste Mal" wird diesbezüglich von Seiten der Studie als eine "sensible Phase" beschrieben und charakterisiert, in der eine Prägung für viele weitere Lebensjahre stattfindet. In der Pressemitteilung der Universität Toronto heißt es zu dieser Studie (4):
Für die meisten Menschen ist der erste Sex mit einem anderen Menschen ein Lebensereignis von großer Bedeutung. Es bleibt unvergeßlich.Doch Diana Peragine, eine Doktorandin in Psychologie an der Universität Toronto, hat kürzlich herausgefunden, daß diese Erfahrung auch nachhaltige Auswirkungen auf das geschlechtliche Verlangen heterosexueller Frauen im späteren Leben hat."Im Allgemeinen herrscht die Meinung vor, daß Frauen einen schwächeren Geschlechtstrieb haben als Männer - daß die Libidolücke groß und über die gesamte Lebensspanne hinweg stabil ist, weil Frauen grundsätzlich weniger Lust auf körperlich-seelische Vereinigung hätten als Männer", so erklärt Pergaine.Peragine hat ihre Ergebnisse zusammen mit anderen Forscherinnen der Universität Toronto, mit Malvina Skorska und Jessica Maxwell, sowie mit den Professoren Emily Impett und Doug VanderLaan in der Studie "A Learning Experience? Enjoyment at Sexual Debut and the Gender Gap in Sexual Desire among Emerging Adults" ausführlich dargelegt. Sie wurde kürzlich im "Journal of Sex Research" veröffentlicht.An der Studie nahmen 838 heterosexuelle Erwachsene teil, viele davon vom Campus der Universität Toronto. Und sie kam zu dem Ergebnis, daß sich Frauen in ihrem Verlangen nach Sex mit einem Partner nur dann von Männern unterschieden, wenn ihre erste geschlechtliche Erfahrung keine angenehme war - das heißt, wenn es bei ihrem „ersten Mal“ nicht zur Erfüllung, zum Orgasmus kam.
Der Familienname der leitenden Forscherin Diana Peragine (Resg) stammt übrigens aus Süditalien.**)
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Abb. 7: Gemälde von Alfred Bernert (1893-1991) (Titel: "Erntezeit und junge Liebe"), 1941 |
Weiter heißt es in der Presseerklärung (4):
"Frauen gaben im Vergleich zu Männern nur halb so häufig an, beim ersten Geschlechtsverkehr befriedigt worden zu sein, und hatten etwa achtmal seltener einen Orgasmus", sagt Peragine und fügt hinzu, daß Frauen, die beim ersten Mal einen Orgasmus erlebt haben, mehr an Sex mit einem Partner interessiert waren und ihr seitheriges Verlangen dem der Männer entsprach.Sie sagt, dies lege nahe, daß wenn (ganz allgemein) die jeweils ersten Erfahrungen Lektionen von großer Auswirkung darstellen, der erste Geschlechtsverkehr darin keine Ausnahme bildet."Für viele kann er als ‚Lernerfahrung‘ dienen und eine wichtige, um Erwartungen zu entwickeln, daß Sex angenehm sein kann, und Überzeugungen, daß wir es verdienen und ein Anrecht darauf haben, ihn zu genießen", sagt sie.Die Studie ergab auch, daß die erste sexuelle Erfahrung von Männern keinen erkennbaren Einfluß auf ihr nachheriges sexuelles Verlangen hatte.
Und es wird weiter ausgeführt (4):
"Anstatt wirklich von festen Geschlechtsunterschieden im sexuellen Verlangen zu sprechen, legen unsere Ergebnisse die Möglichkeit nahe, daß ein sexuelles Erstes Mal ohne Orgasmus ein häufiger Teil der sexuellen Sozialisation von Frauen sein könnte, bei dem sexuelle Aktivität möglicherweise nicht gefördert wird", sagt Peragine. "(Es handelt sich um ein) geschlechtliches Erstes Mal, das eher frustrierend denn erfüllend ist."Sie weist darauf hin, daß frühere Untersuchungen gezeigt haben, daß Männer häufiger als Frauen unter Problemen mit hohem sexuellem Verlangen leiden, während Frauen eher Probleme mit geringem sexuellem Verlangen haben, und daß die Lustlücke zwischen gesunden Männern und Frauen auch im Erwachsenenalter bestehen bleibt - was den Mythos aufrechterhält, daß Frauen von Natur aus einen schwächeren Sexualtrieb hätten als Männer.Peragine sagt, sie wollte diese Untersuchung durchführen, weil sie sich fragte, ob das geringere sexuelle Verlangen von Frauen nicht besser durch ihren Mangel an Freude während ihrer ersten Erfahrungen mit Geschlechtsverkehr erklärt werden könnte als allein durch ihr Geschlecht."Früher gab es die Vorstellung, daß sexuelles Verlangen wie Hunger oder Durst sei, der im Inneren entsteht und spontan auftritt", sagt sie. "Aber offensichtlich verstehen wir jetzt, daß es sich um ein dynamischeres Geschehen handelt, das auf Erfahrungen reagiert und daß lohnende sexuelle Erfahrungen unsere sexuellen Erwartungen prägen."
Und weiter (4):
Letztlich hofft sie, daß die Studie, die zeigt, daß geringeres sexuelles Verlangen bei Frauen eher auf Erfahrungsunterschiede als auf Geschlechtsunterschiede zurückgeführt werden kann, weitere Forschungen zum „Geschlechtergefälle“ des sexuellen Verlangens anregt.Sie fügt hinzu, daß die Forschung auch wichtige Auswirkungen auf die Sexualerziehung hat, die sich oft auf sexuelle Gesundheit und die Förderung von gesundem Sex konzentriert."Ich denke, diese Art von Arbeit könnte uns näher an Sexualerziehungsmaßnahmen bringen, die eine gesunde sexuelle Entwicklung im ganzheitlichen Sinne des Wortes fördern", sagt Peragine und fügt hinzu, daß die Forschung auch zeige, daß die erste Erfahrung des Geschlechtsverkehrs selbst eine Quelle der Sexualerziehung sein könnte. "Wir erkennen die realen, praktischen Erfahrungen junger Männer und Frauen mit Sex oft nicht an - obwohl sie vielleicht die am lehrreichsten von allen sind."
Beim Lesen entsteht ein wenig der Eindruck, als ob noch die leitende Forscherin selbst das volle Ausmaß der Schlußfolgerungen, die ihre Studie mit sich bringt, zögert zu benennen.
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Abb. 8: Gemälde von Max Pietschmann (1865-1952) (Titel "Adam and Eva", 1894, (heute Nationalgalerie Prag) |
Denn nachdem man das alles eine Weile auf sich hat wirken lassen, könnte doch auch langsam offensichtlich werden, was notwendig sein könnte, um diesen so tiefgreifenden und möglicherweise gar nicht natürlichen Geschlechtsunterschied zwischen Männern und Frauen zu vermindern. Eines Unterschiedes, der doch - offensichtlich - erhebliche Auswirkungen hat auf die eheliche Zufriedenheit, bzw. auf die Zufriedenheit von Paaren und damit auch auf familiäres Glück und Zufriedenheit.
Frauen müssen sich in vollem Umfang "mitgenommen" fühlen, akzeptiert fühlen, bereit fühlen, angenommen fühlen, geliebt fühlen, sicher fühlen, respektiert fühlen, verehrt fühlen, um das Erste Mal in vollem Umfang als beglückend, erfüllend und befriedigend erleben zu können, und zwar das alles nicht nur körperlich, sondern auch seelisch.
Sollte eine längere Phase der Werbung des Mannes um die Frau, ein sehr gutes gegenseitiges Kennenlernen beider dafür nicht eine besonders gute Voraussetzung bilden? Sollte dafür eine "ganzheitliche" seelische Aufwertung der Geschlechtlichkeit nicht hilfreich sein? Solle es dafür nicht hilfreich sein, daß in Kulturen weniger das Glück des Mannes im Mittelpunkt der Kulturgestaltung steht, sondern viel eher das Glück, die Zufriedenheit und die Erfüllung der Frauen? Denn die letzteren sind das sensiblere Geschlecht, das leichter auf negative oder bedeutungslose Erfahrungen reagiert als Männer. Warum wohl? Weil es womöglich im menschlichen Leben überhaupt vor allem um die Erfahrung des Sensiblen, Verletzlichen geht?
Männer und Frauen in der westlichen Welt entscheiden heute im Normalfall frei, selbstständig und autonom, ob und wie sie ihr Erstes Mal erleben. Aber natürlich sind sie abhängig davon, in welchem kulturellen "Setting" sie sich bewegen, was für eine authentische, kulturelle Wertschätzung und Hochwertung ein Geschehen erfährt und was nicht, ob es der Gesellschaft wichtig ist, daß das Ersterlebnis familienfördernd, gemeinschaftsfördernd erlebt wird oder nicht. "Hochzeit" des Lebens nannten unsere Vorfahren deshalb schon seit uralten Zeiten dieses Erleben. Wollen wir nicht wieder dahin zurück kehren?***)
Im Oktober 2022 wurde das Forschungsergebnis von dem evangelikalen Internetblog "Bare Marriage" aufgegriffen (6).****) Vereinzelt wurde auf das Studienergebnis seither auch auf Podcasts aufmerksam gemacht (s. Helen03-23).
Wohl schon seit Jahrtausenden messen viele Völker auf der Erde dem "Ersten Mal" eine große Bedeutung zu. Und zwar wird schon seit Jahrtausenden auch gesagt, daß das "Erste Mal" für Frauen eine noch größere Rolle spielen würde als für Männer.
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Abb. 9: Eine kecke junge Dame: Die Sexualforscherin Diana Peragine |
Nun gibt es erste, sehr eindeutige empirische Belege für diese Vermutung. 2023 wurde dann noch konkreter zu dem Thema ausgeführt (The Medium03/23):
Frauen und Männer sehen ihr sexuelles Erstes Mal unterschiedlich. Eine aktuelle irische Studie der "Crisis Pregnancy Agency" zeigt, daß Frauen ihren ersten sexuellen Kontakt eher bereuen als Männer, obwohl sie im gleichen Alter (16-17 Jahre) mit dem Sex beginnen. Männer empfinden ihr sexuelles Erstes Mal angeblich auch zufriedener und lustvoller als Frauen. Dieser Genußunterschied gehört zu den größten geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Sexualforschung überhaupt.Women and men differ in how they view their sexual debut. A recent Irish study by the Crisis Pregnancy Agency shows that women tend to regret their first sexual encounter to a higher degree than men, despite beginning to have sex at around the same age (16–17 years old). Men are also said to experience more satisfaction and pleasure when it comes to their sexual debut than women. This enjoyment gap is among the largest gender differences in sexuality research.
Abschließend noch ein Blick in den - wegen des statistischen Fachjargons nicht leicht zu lesenden - Text der Forschungsstudie selbst.
Der Text der Studie selbst (2022)
Der Unterschied zwischen Mann und Frau in Bezug auf die Erfahrung des "Ersten Males" hat sich zwischen 1990 und 2012 nur ganz wenig verringert wie Preragine et.al. einleitend zitieren (anhand von: Sprecher2014). Sie schreiben (1):
Es gehört in der Sexualforschung zu den größten Geschlechtsunterschieden, ob Menschen dieses Ereignis (...) als erfreulich erleben (d = 1,08; Sprecher, 2014), es übertrifft in dieser Hinsicht noch die Häufigkeit von Selbstbefriedigung (d = 0,53) und die Einstellung zu unverbindlichem Sex (d = 0,45; Petersen & Hyde, 2010).Enjoyment at this event, often cast as a young person’s “sexual debut,” is among the largest gender differences in sexuality research (d = 1.08; Sprecher, 2014), surpassing masturbation (d =0.53) and attitudes toward casual sex (d = 0.45; Petersen &Hyde, 2010).
Preragine
et. al. gehen einer Frage nach, die schon länger in der Forschung im
Bereich der Lerntheorie erörtert wird, nämlich (1), ...
... daß die ersten Erfahrungen eines Individuums mit sexueller Belohnung eine „sensible Phase“ bilden, in der instrumentelle (Handlungs-Belohnungs-) und Pawlowsche (Reiz-Belohnungs-)Assoziationen leicht konditioniert werden (Pfaus et al., 2012).an individual’s first experiences with sexual reward form a “sensitive period” during which instrumental (actionreward) and Pavlovian (stimulus-reward) associations are readily conditioned (Pfaus et al., 2012).
Abb. 10: Erstauflage von 1919 |
Unter anderem referieren sie aus der bisherigen Forschungsliteratur auch folgende Zusammenhänge (1):
Woods et al. (2018) haben (...) gezeigt, daß die Häufigkeit sexueller Aktivität im Erwachsenenalter nicht nur mit frühen Kontakten zusammenhängt, sondern auch mit solchen, die als lohnend empfunden werden. Männer und Frauen, die vor dem 18. Lebensjahr Oralsex hatten, taten dies als Erwachsene nicht unbedingt häufiger; sie übten Oralsex jedoch eher aus, wenn dies vor dem Erwachsenenalter zu einem Orgasmus geführt hatte. Daher ist sexuelle Stimulation möglicherweise nicht ausreichend verstärkend, um bestimmte sexuelle Handlungen zu fördern, und muß möglicherweise von einem Orgasmus begleitet werden.Woods et al. (2018) recently extended these findings, showing that rates of adulthood sexual activity are not just related to early exposures, but to ones experienced as rewarding. Men and women who received oral sex prior to age 18 years did not necessarily engage in it more frequently as adults; however, they were more likely to engage in oral sex if it had resulted in orgasm prior to adulthood. Thus, sexual stimulation is perhaps not sufficiently reinforcing to incentivize particular sexual acts, and might need to be accompanied by orgasm.
Hier wird noch einmal deutlich, daß nicht sexuelle Aktivität an sich bedeutsam ist für Prägung, sondern die Erfahrung des Orgasmus. Ansonsten ist uns der Fachjargon zugegebenermaßen zu statistisch, um gar zu einfach noch weitere Erkenntnisse aus der Studie selbst heraus destillieren zu können.
Und welche Rolle spielen ... Sehnsucht, Schwärmerei, Romantik, Liebe, Begeisterung?
Soweit übersehbar, wird in der Studie allerdings so gut wie gar nicht versucht, sich der Frage anzunähern, wodurch sich die Gruppe jener Frauen, die beim Ersten Mal einen Orgasmus erlebte, von den anderen Frauen unterschied oder wodurch sich die Situation unterschieden haben konnte, in denen sie ihn erlebte (1). Aber Hinweise darauf bieten zwei nachfolgende Studien derselben Forscherin. Nach diesen war die spätere Orgasmushäufigkeit bei Frauen höher, wenn sie ihren ersten Orgasmus mit einem Partner in früherem Lebensalter erlebt hatten. Allerdings war das deutlich mit negative Faktoren korreliert wie häufigerer Unfreiwilligkeit, häufigerer unfreiwilliger Schwangerschaft und ähnlichem (8). Wir haben es hier also mit einem Hinweis zu tun aber nicht wirklich mit einem "Lösungsvorschlag". Der Hinweis mag darin liegen, daß ein solches frühe Erleben oft einfach mehr "Instinkt-geleitet" geesen sein mag und weniger "rational", und daß allein schon ein solcher Umstand hilfreich gewesen sein mag.
Nach einer anderen Studie erleben Frauen mit einem weiblichen Partner beim Ersten Mal ähnlich häufig einen Orgasmus wie Männer mit einem weiblichen Partner (9). Daraus möchten wir die Schlußfolgerung ziehen, daß es auf ein eher weibliches Einfühlungsvermögen auch auf Seiten des männlichen Partners ankommen könnte bei der innigen Vereinigung. Und sicherlich weniger auf männliches Macht-, Protz- und Leistungsgehabe.
All diese Hinweise ziehen aber insgesamt nur ein klotz-materialistisches Weltbild zum Verständnis und zur Einordnung solcher Dinge heran. Das war in der Wissenschaftsgeschichte zum Teil auch schon einmal deutlich anders, weshalb sie so wichtig sein mag (2). Denn: Was ist mit der Schwärmerei junger Menschen, insbesondere auch Mädchen? Spielt diese gar keine Rolle? Welche Rolle spielt "Romantik", welche Rolle spielt Beseelung, Vergeistigung ganz allgemein? Welche Rolle spielt die Hochwertung der Frau durch den Mann (Stichwort: "Das ewig Weibliche zieht uns hinan" [Goethe]). Welche Rolle spielt der Wunsch, selbst ein edler Mensch zu sein und Edles im anderen sehen zu wollen? Welche Rolle spielen Herzenskräfte? Sind wir Menschen denn wirklich nur Tiere? Wozu hätten dann aber Frauen wie Jane Austen Romane schreiben sollen? Warum gibt es dann so viele wertvolle Kulturworte auf diesem Gebiet?*)
Um auf denkbare Folgen des hier behandelten, doch sehr beträchtlichen, aber offenbar erworbenen Geschlechtsunterschiedes aufmerksam zu machen, sei in aller Vorläufigkeit abschließend nur noch einmal darauf hingewiesen: Jemand, der das tiefe Leid, das aus einer unsicheren, einer unglücklichen Paarbindung entstehen kann, am vielleicht deutlichsten zum Ausdruck gebracht hat, war der norwegische, expressionistische Maler Edvard Munch (1863-1944) (GAj2017, GAj2018).
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- Peragine, Diana E., Skorska, Malvina N., Maxwell, Jessica A., Impett, Emily A., & VanderLaan, Doug P. (2022). A Learning Experience? Enjoyment at Sexual Debut and the Gender Gap in Sexual Desire among Emerging Adults. The Journal of Sex Research, 59(9), 1092-1109. Published online: 26 Jan 2022, https://doi.org/10.1080/00224499.2022.2027855 (pdf)
- von Kemnitz, Dr. M. (später Ludendorff): Erotische Wiedergeburt. Verlag Ernst Reinhardt, München 1919, 1923 (3., umgearb. Aufl. 4.-7. Tsd.); Der Minne Genesung. Ludendorffs Verlag, München 1932 (umgearb. Aufl., 11.-13. Tsd.), 1933 (umgearb. Aufl., 14.-15. Tsd.), 1935, 1936 (18. u. 19. Tsd.), 1938 (20. u. 21. Tsd.), Verlag Hohe Warte 1959 (22. u. 23. Tsd.) (Arch)
- Pörksen, Uwe: Plastikwörter. Die Sprache einer internationalen Diktatur. Stuttgart 1988
- Kristy Strauss: First sexual experience influences women's future sexual desire: study. University of Toronto Mississauga. (UToronto) February 21, 2022
- Wanjiru, Margaret: Your 'first time' affects future sexual experience - study. It may serve as a ‘learning experience’ for many, and an important one for developing expectations (Star23.02.2022)
- Rebecca Lindenbach: How does a couple’s First Time affect her Libido? Oct 5, 2022 (BareMarriage)
- Olga Fedossenko: Learning from experience: Why are women less satisfied about their sexual firsts? (The Medium03/23, March 20, 2023)
- Diana Peragine, Malvina Skorska, Jessica A Maxwell, ... Doug P. Vanderlaan: The Risks and Benefits of Being “Early to Bed": Toward a Broader Understanding of Age at Sexual Debut and Sexual Health in Adulthood, Journal of Sexual Medicine, July 2022, DOI: 10.1016/j.jsxm.2022.06.005
- Peragine, D.E., Kim, J.J., Maxwell, J.A. et al. (2023). Not who you are, but who you are with: Re-examining women’s less satisfying sexual debuts. Archives of Sexual Behavior. https://link.springer.com/article/10.1007/s10508-023-02667-7
- Eibl-Eibesfeldt, Irenäus: Die Biologie des menschlichen Verhaltens. Grundriß der Humanethologie. 2. überarb. Aufl., Piper, München, Zürich 1986 (zuerst: 1984)
- Simons, Donald: The Evolution of Human Sexuality. Oxford University Press, New York 1979, 1980
- Bading, Ingo: Dein Erstes Mal - Es beeinflußt dein Glück und das Glück von Mitmenschen für viele Jahre. Live übertragen am 10.01.2025 (Yt)
Preußenblog
"Mein Herz, das ist ein Bienenhaus!" (1898)
Unsere Vorfahren waren sangesfreudige Menschen.
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Abb. 1: Familie Bading im Jahr 1917 - Gustav Bading (1870-1941), Emma Bading, geb. Mohr (1882-1968) mit ihren Kindern Emma (geb. 1904), Otto (1906-1979), Elfriede (geb. 1913) und Lucie (geb. 1916)*) |
Und sie erzählten sich auch gerne Geschichten. Wenn meine westhavelländische Großeltern-Generation von ihrer Jugend erzählte, wurde fast immer auch Singen, Tanz und Musik erwähnt. Meine Großtante Emma Lindenberg, geb. Bading (Abb. 1. oben links) hat mir einmal Ende der 1970er Jahre aus Wusterwitz in der damaligen DDR über ihre Jugend auf einem Bauernhof in Bahnitz an der Havel geschrieben (zit. n. Stgr2012):
Meine Kindheit war Arbeit. Bis 14 Jahren ging ich in die Schule. Als ich raus kam (1918), wurde hart gearbeitet. Die Arbeitskräfte und wir mußten arbeiten: die Kühe melken, schleudern, buttern, alles mit der Hand, wir hatten keine Maschinen, die Schweine füttern, Kartoffeln dämpfen für das Vieh, für Gänse, Hühner, Enten. Die wurden dann im Herbst geschlachtet und verkauft. Holz und Kohle reinholen, heizen. Im Winter wurde das Korn gedroschen, immer ein paar Stunden vormittags und nachmittags. Denn Geld wurde auch gebraucht und Futter brauchten wir für das Vieh auch. (...) Wir hatten noch keinen Fernseher noch Radio und haben gesungen aus voller Kehle.
Meine Oma (1910-1984) hat 1981 über ihre Kindheit in Zollchow aufgeschrieben (zit. n. Prl2017):
Unsere Kindheit war schön! Ich habe gerade einen Brief meiner Schwester Friedel in der Hand, sie schreibt, weißt Du noch ... Und Großvater Eggert, er besaß einen Schleppkahn, schipperte damit auf Elbe und Havel Frachtgut. Bis Hamburg kam er. Er konnte so viel Geschichten von seinen Fahrten erzählen. Wenn er bei uns war, fand sich auch die Jugend ein. Es dauerte nicht lange und er nahm sein Schifferklavier. Und während die Eltern und Freunde sich vor dem Haus auf der Bank unter der Linde von der schweren Arbeit ausruhten, tanzten die Jungen unter der Friedenseiche all die alten Volkstänze "Mutter Wisch", "Ich nahm die Brille von meinen Augen", "Ick sehe di", "Dreimal Samtband um Rock" oder wie all die alten Volkstänze hießen, bis mein Vater "Schluß" sagte. Am nächsten Tag früh um fünf Uhr begann ja die Arbeit wieder. Es waren schöne Jahre ...
Zu dem kurzen Liedchen "Ich nahm die Brille vor meine Augen" finden sich Belege. Als dessen Entstehungsjahre finden sich die Angaben 1924 (Volksliedarchiv) und 1930 (Schwaben-Kultur) (s.a. "Kinderspiele und Spiellieder", GB1979). Zu den anderen hier genannten "Tänzen" (?) finden sich zunächst keine Angaben. Dabei klingt doch zumindest "Dreimal Samtband um Rock" sehr spezifisch ... Es scheint sich aber doch mehr um Kinderlieder und -spiele gehandelt zu haben, von denen meine Oma berichtete.
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Abb. 2: "Mein Herz, das ist ein Bienenhaus" (Postkarte, um 1898) |
Aus der Urgroßeltern-Generation des Verfassers dieser Zeilen hat sich überliefert, daß der Urgroßvater Gustav Hermann Otto Bading (geb. 1870 in Bahnitz; gest. 1941 in Bahnitz) (Abb. 1 oben rechts) in den 1890er Jahren seinen Vetter in Köln besucht habe und dort "mit der reichsten Jüdin Kölns" getanzt habe nach dem Schlager "Mein Herz, das ist ein Bienenhaus". In der mündlichen Familienüberlieferung war immer vom "Bienenkorb" die Rede, was zeigt, daß dieser Schlager lange wieder vergessen war. Aber dank Internet kann man ja dieser Angabe nun leicht nachgehen.
Der "Bienenhaus-Marsch" war schon 1860 von dem deutschböhmischen Kapellmeister und Komponisten Hermann Josef Schneider (1862 in Tepl, gestorben 1921 in Saaz) komponiert worden (GB) (DtLied). Sein Text lautet (s. Yt, 1930):
Mein Herz, das ist ein Bienenhaus,Die Mädchen sind darin die Bienen,Sie fliegen ein, sie fliegen aus,So wie es ist im Bienenhaus.Du meines Herzens KlauseRefrain: Holdria holdrioHoldria holdrioHoldria ho, Holdria ho,Holdria ho, Holdria ho.Sie fliegen aus, sie fliegen ein,Die lieben kleinen Bienen,Und bringen auf den Lippen fein,Den süßen Honig mir hereinIn meines Herzens Klause.RefrainDoch eine ist die Königin,Sie liebe ich vor allem,Und wenn sie mit mir ziehen will,Dann blieb ja keine andre drin.In meines Herzens Klause.RefrainUnd wenn ihr Auge trübe blickt,Und geht zum Weinen über,Dann, süße Königin, vergib,Ich hab' ja alle Mädchen lieb.Doch dich, dich liebe ich vor allen.Refrain
Wirklich populär scheint dieser Schlager aber in ganz Deutschland erst im Jahr 1898 geworden zu sein (s. Yt, 1930). Zahlreiche Bildpostkarten erschienen in diesen Jahren mit Motiven zu diesem Lied (s. Abb. 2). Sie zeigen ebenfalls auf, wie populär es war. Und auf Google Bücher finden sich zahlreiche Bezugnahmen auf diesen "Gassenhauer" in der Literatur jener Jahre und später. Ein Willi Ostermann in Berlin parodierte das Lied sogar schon im selben Jahr mit dem Text (Kellendr):
Mein Herz, das ist ein Bienenhaus,so hört man nur noch auf den Straßen.Man lärmt's und singt's in jedem Hausdas schöne Lied vom Bienenhaus.In jeder DamenkapelleAuch singt die GroßmamaHoldria holldriaUnd alte Jungfrau'n rufen's aus:Mein Herz, das ist ein Bienenhaus!
Um 1900 entstand der Wandervogel. Und zur gleichen Zeit, 1901, schrieb etwa ein Wilhelm Teichmann in einem Aufsatz zum Thema "Unsere elsässischen Volkslieder" ("Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Literatur Elsaß-Lothringens") (GB):
Wo ist das Volkslied zu Hause? (...) Steigen wir etwas weiter hinab zu den unteren städtischen Schichten. An Sangeslust fehlt es ihnen durchaus nicht. Was uns aber in der Stadt in die Ohren tönt, ist mehr der Gassenhauer. Von der Bühne, oft auch nur aus dem Tingeltangel unter die Leute geworfen, werden Worte und Weisen begierig aufgefangen, eine Zeitlang von jedermann gesungen und gepfiffen, - und dann wieder vergessen. Welcher ordentliche Gassenjunge pfeift jetzt noch: Mein Herz, das ist ein Bienenhaus - ? Hinter diesem von der jeweiligen Mode getragenen Singsang tritt das eigentliche Volkslied in der Stadt sehr zurück ...
1898 war mein Urgroßvater 28 Jahre alt, von daher paßt die Familienüberlieferung ganz gut. Aber ansonsten kann er sich das gut und gerne auch nur ausgedacht haben, der leichtfertige Vogel, um all die Frauen zu erheitern, wenn sie beim Rübenhacken auf dem Feld versammelt waren. Daß er solche und andere Dinge beim Rübenhacken erzählt hätte, wird zumindest in der "Familiensaga" überliefert.
Sogar daß dieser Gassenhauer auch unter den "oberen Zehntausend" populär war, ist belegt. Etwa durch eine Illustration von Ferdinand von Reznicek mit dem Titel "Der Frahsee (La Française) / Mein Herz, das ist ein Bienenhaus" (Meistdr).
Wie auch immer. Schietegal! Unsere Vorfahren, das waren sangesfrohe Menschen. Und ihrem Gustav wird seine Emma (s. Abb. 1) schon Mohres gelehrt haben, was all die lieben Bienen betrifft!
Soweit zum Volksleben in Brandenburg in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eine weitere Großmutter des Verfassers dieser Zeilen (1910-1995) stammte aus Wien (Strg2014) und wurde früh mit ihren vier Schwestern Mitglied im "Wandervogel". Auch sie hat natürlich ihr Leben lang gerne all die vielen Volkslieder gesungen und insbesondere auch zu Weihnachten sehr gerne auch so manches gehaltvollere Weihnachtslied.
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*) Fuhr ein Fotograf über die Dörfer und bot Familienfotografien an? Oder fuhr die Familie nach Brandenburg, um sich beim Fotografen fotografieren zu lassen? Da alle etwas steif wirken, ist eher letzteres zu vermuten.
"Erschlagen von österreichischen Reitern" (1628)
Familiengeschichtliche Forschungen führen einen zurück auf einen Hans Jenetschke, der 1628 in Dobersdorf "im Jägerndorfischen" von Lichtensteiner "Seligmachern" erschlagen worden sein soll, und dessen Frau mit sieben Kindern dann nach Jordansmühl am Zobten geflohen ist, wo sich die Familiengeschichte dann bis 1945 fortsetzt.
Diese wenigen Angaben werfen mit einem Schlag so viele Fragen auf, wie sie nur durch aufwendige Recherchen nach und nach beantwortet werden können. In diesem Beitrag sollen zunächst die näheren historischen Umstände dieses Geschehens im Jahr 1628 ausgelotet werden. Da der Familienname Jenetschke aber offensichtlich aus dem Tschechischen stammt und da das Herzogtum Jägerndorf schon seit dem Mittelalter und bis 1945 die Heimat sowohl von deutschsprachigen wie tschechischsprachigen Menschen war (offensichtlich in höherem Anteil als sonst im Sudetenland und in Mähren-Schlesien), möchten wir in weiteren Beiträgen auch alle Fragen rund um diesen Umstand näher verstehen lernen.
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Abb. 1: Terrorherrschaft im Dreißigjährige Krieg |
Der Graf Mansfeld hatte 1626 seinen Zug nach Schlesien unternommen (s. Prbl2022a, b). Wallenstein konnte 1628 die in Schlesien eingedrungenen protestantischen Truppen wieder vertreiben. Aber nun hatte die kaiserliche Partei - endlich - eine Handhabe, hart gegen die "Ketzer" in Schlesien vorgehen zu können. Jedenfalls sprach sie sich diese zu. Jägerndorf war eine bis dahin fast gänzlich protestantische Stadt gewesen. So wie die meisten anderen Städte und Dörfer Schlesiens und Oberschlesiens.
Nun sollte das bald anders werden. Karl Hannibal Burggraf von Dohna (1588-1633) (Wiki, ADB) sollte eine wichtige Rolle spielen bei der nun folgenden Rekatholisierung Schlesiens im Jahr 1628. Er war Landvogt der Oberlausitz und hatte auch die Finanzverwaltung Schlesiens unter sich. Wir lesen über ihn (J. Berg: Die Geschichte der schwersten Prüfungszeit der evangelischen Kirche Schlesiens und der Oberlausitz. Jauer 1857, S. 116, GB):
Den 28. August 1628 machte der Graf Dohna den gemessenen Befehl bekannt, daß alle und jede Prediger, so der römisch-katholischen Religion nicht zugetan wären, aus den Fürstentümern Jägerndorf und Troppau abgeschaffen werden, alsbald ihr Amt einstellen und binnen 14 Tagen die Fürstentümer verlassen sollten. (...) Der Befehl wurde unterm 10. September 1628 in Jägerndorf wiederholt, es wurden wirklich die Geistlichen und Lehrer vertrieben und als das immer noch nichts half, die Lichtensteiner Dragoner dazu gebraucht, um die Leute mit Gewalt zum Abfall zur römischen Kirche zu zwingen (Caraffa a.a.O. p. 335).
Die in diesem Zitat enthaltene Bezugnahme auf Caraffa könnte sich auf einen Nuntiaturbericht aus dem Jahr 1628 beziehen. 1628 mußte die Stadt Jägerndorf also vier "donawische Kompagnien" aufnehmen (n. Leiden der Stadt Jägerndorf im 30jähr. Kriege. In: Notizen-Blatt mähr.-schles.Gesell., 1860, S. 22, GB). Das werden die berüchtigten Lichtensteiner Dragoner unter dem Befehl des Grafen Dohna gewesen sein, von den Zeitgenossen "Seligmacher" genannt.
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Abb. 2: Troplowitz (Wiki) am Flüßchen Goldoppa im Landkreis Leobschütz im Leobschützer Lößhügelland in der Schlesischen Tiefebene, Oberschlesien (Postkarte) - Das Dorf liegt acht Kilometer westlich von Dobersdorf. Im Norden von Troplowitz und Dobersdorf liegt das Zuckmanteler Bergland (Wiki, engl, pol), gelegen zwischen Reichensteiner Gebirge und Altvatergebirge (Ostsudeten) |
In einer neueren geschichtlichen Studie lesen wir dazu (Deventer, Jörg: Nicht in die Ferne - nicht in die Fremde? Konfessionsmigration im schlesisch-polnischen Grenzraum im 17. Jahrhundert. In: J. Bahlcke (Hrsg): Glaubensflüchtlinge - Ursachen, Formen und Auswirkungen frühneuzeitlicher Konfessionsmigration in Europa. Lit Verlag, Berlin 2008, S. 102, GB; ähnlich: ders. 2012, GB):
Die unter dem Oberkommando des Standesherrn Karl Hannibal I. von Dohna stehenden Liechtensteiner Dragoner traten im Spätherbst 1628 zunächst in oberschlesischen Städten wie Troppau, Jägerndorf und Leobschütz in Erscheinung und tauchten dann auch in den niederschlesischen Fürstentümern Glogau, Sagan, Schweidnitz-Jauer und Münsterberg auf. Die zu Beginn der Besatzungstruppen ergriffenen Maßnahmen waren in allen betroffenen Städten ziemlich identisch: Lutherische Pfarrer, Diakone und Lehrer wurden ausgewiesen, evangelische Schulen geschlossen, Kirchen "rekonciliert" und mit katholischen Geistlichen bzw. Jesuiten besetzt.
(Zu diesem Zitat wird auch umfangreiche, neuere wissenschaftliche Literatur angeführt, so daß diese Ausführungen als recht zuverlässige werden gelten können. Außerdem könnte die dort angeführte Literatur als Ausgangspunkt für weitere Forschungen gewählt werden.)
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Abb. 3: Jägerndorf und Troppau - Ihre Geographische Lage in Österreichisch-Schlesien |
Ein schlesischer Historiker des 19. Jahrhunderts schrieb dazu (Biermann Protestantismus, S. 58):
Nun konnte die Gegenreformation auf die empörendste Weise unter dem nichtigen Vorwand durchgeführt werden, daß die Oberschlesier während der Anwesenheit des Feindes (Mansfelds) sich des Hochverrates und der Rebellion schuldig und des Accords verlustig gemacht haben. Die Prediger wurden verjagt, die Kirchen genommen, die Schulen geschlossen. Mit Hilfe des liechtensteinischen Dragoner-Regimentes unter dem Befehl des Baron Goes suchte man die Bevölkerung mürbe zu machen, Einquartierungen, welche die Betroffenen an den Bettelstab brachten, wurden so lange fortgesetzt, bis die Bürger ihren Glauben abschwuren. Die Hartnäckigen wurden mit blanker Waffe zur Messe getrieben. so verfuhr man in Glogau, so in vielen anderen Städten. - Die Meute fanatisierter und beutegieriger Soldknechte wurde auch auf unseren Teil von Schlesien gehetzt, Troppau und Jägerndorf wurden ihrer Habe von den "Seligmachern" unter dem Vorwande beraubt, daß sie an dem Einfall des Mansfelders sich beteiligt hätten. Die Jesuiten kehrten, von Wallenstein gerufen, nach Troppau zurück, er übergab ihnen alle Kirchen der Stadt.
In Glogau scheinen die Lichtensteiner Dragoner dann am fürchterlichsten gehaust zu haben. In jeder ausführlicheren Darstellung zur Geschichte Schlesiens in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ist von diesen Geschehnissen die Rede. In Glogau wurde jenes abschreckende Beispiel geschaffen, das dann unzählige weitere Städte und Dörfer zur knirschenden Bekehrung zum Katholizismus brachte in Schlesien.
Oktober 1628 - Rekatholisierung in Glogau
Wir lesen darüber etwa (Robert Berndt: Geschichte der Stadt Gross-Glogau, Band 1, 1879, Seite 93, GB):
In der Nacht vom 29. zum 30. (Oktober 1628) wurden nämlich die Lichtenstein'schen Dragoner unter dem Obersten von Goes, welche von der Bekehrung in Mähren angelangt, ihre ersten schlesischen Bekehrungs-Versuche in Troppau und Jägerndorf gemacht und bereits seit einiger Zeit in den Dörfern um Glogau gelegen hatten, 3000 Köpfe stark (...) in die Stadt eingelassen.
In der damaligen Stadt Glogau hatten "140 katholische Bürger 7 Kirchen und 967 evangelische Bürger nur eine Kirche". Und diese eine Kirche sollte ihnen auch noch weggenommen werden.
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Abb. 4: Dobersdorf, Landkreis Leobschütz in Oberschlesien - Eindruck von der landschaftlichen Lage des Dorfes im Leobschützer Lößhügelland - Fotograf: Ralf Lotys (Sicherlich) (Wiki) |
Dazu finden wir unter der Überschrift "Die Dragonaden der 'Seligmacher'" folgenden zeitgenössischen Bericht angeführt (zit. n. Karl Friedrich Hanser: Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. Band 3, 1862, S. 152ff GB):
"Es war das Lichtensteinsche sehr starke Regiment, welches niemals vor einigen Feind geführet, sondern bloß und allein in Mähren wider unschuldige evangelische Christen, solche zum Papsttum zu zwingen, gebraucht worden, (...) in Schlesien und von da in die Lausitz geführt (...) zu dem Intent und zu sonderbarem Fleiß, daß man dadurch die armen Leute in Schlesien auch reformieren sollte, weil diese Seligmacher, wie sie genannt worden, gar einen besonderen Griff und Kunst aus langer Übung gelangt hatten. (...) Ward unterm Schein als sollte es über Crossen auf die Mark Brandenburg zu marschieren ins Großglogausche neben der Stadt hingeführt, daß es den 26. Oktober 1628 nicht weit von dieser Stadt logierte. (...) Man mußte den Dohna zur Nacht aus den Toren von Breslau lassen, damit er ja solche seine Freude nicht versäumte, weil er einen großen Weg zu fahren hatte und der Abrede nach gleich wohl gern wollte dabei sein. Oppersdorf aber schrieb vorhin an Dohna: er wolle ja verziehen bis er könne dabei sein und wolle doch so denken wie ers sonsten beim Pater Lamormain werde verantworten können, daß er sich bei einem so guten Werke nicht hätte sollen finden lassen."
Der Jesuitenpater Wilhelm Lamormaini (1570-1648) (Wiki) war der Beichtvater Kaiser Ferdinands II., einer der schlimmsten Einpeitscher des 30-jährigen Religionskrieges, in dessen Gunst sich also diese beiden schlesischen Rekatholisierer erhalten wollen.
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Abb. 5: Jägerndorf in Schlesien - Kupferstich von Johann Adam Delsenbach (1687-1765), gezeichnet 1720, veröffentlicht 1733 |
In dem zeitgenössischen Bericht heißt es weiter (Hanser 1862, S. 152ff GB):
"Der Abrede gemäß wurden die Soldaten des Lichtenstein'schen Regiments in der Nacht eingelassen, da sich die armen Leute im Schlafe gar nichts befahreten."
Die evangelischen Bürger wurden dann überrumpelt und mit Einquartierung bedroht (Hanser 1862, S. 152ff GB):
"Wolle er quartierfrei sein, und nicht so übel geplagt und behandelt werden, so solle er beichten oder nur Beichtzettel holen und sich katholisch erklären: sonst wäre ihm nicht zu helfen. Dannhero ihrer viele aus Furcht, Angst und Schrecken, viele aus Unverstand und Unwissenheit, viele aber auch aus Leichtsinnigkeit hinliefen, sich beim Herrn v. Dohna als Generalseligmacher angaben, der ihnen denn alsbald einen Beichtzettel unterschrieben erteilte. Wenn der vorgezeigt wurde, räumte der Soldat das Haus und logierte sich bei einem anderen, der noch keinen Beichtzettel genommen, ein. (...) Also, daß zuletzt diejenigen, die sich eifrig und beständig erzeigten, wohl ganze Kompagnien und mehr einquartiert wurden. (...) Inzwischen aber war er geprügelt, geschlagen, im Haus und auf der Gassen auf- und niedergejagt, daß er Wein, Traktament und Geld schaffen mußte, so lange, bis er bewilligte zu beichten oder einen Beichtzettel zu holen. (...)Weil zuvor, als der Landeshauptmann v. Oppersdorf den Lutheranern die Nikolaikirche wegnehmen wollte, diese solchem Unternehmen sich widersetzt hatten, so mußten jetzt etliche dafür mit dem Leben bezahlen; denn es wurde zu Glogau eine öffentliche Exekution gehalten und zwei oder drei Bürger, die fürnehmlich sich der Übergebung der Kirche widersetzt hatten, hingerichtet.Wie grausam man hernächst mit dem damaligen Pastor Valentin Preibisch verfahren habe, ist auch noch beizufügen. Bald nach Ersteigung der Stadt setzte man ihn gefangen und legte ihm ein Schwert und ein Kruzifix vor, um entweder den Tod oder den Abfall zu erwählen. Wie dies seine Frau erfuhr, ließ sie ihm entbieten, er möchte doch ja lieber das Schwert erwählen. Er ist auch wirklich standhaft geblieben. (...)Es verließen daher viele sobald sie nur konnten, Haus und Hof, Habe und Gut und flohen nach Polen."
Preibisch entließ man aus der Haft gegen eine Geldbuße von 200 Gulden und verwies ihn aus Stadt und Land.
Wir lesen weiterhin (Robert Berndt: Geschichte der Stadt Gross-Glogau, Band 1, 1879, Seite 93, GB):
Nach den eignen Erzählungen der Jesuiten sind auf diese Weise in Glogau allein im Jahre 1628 gegen 6000, in dem nächstfolgenden Jahre nochmals über 400 Personen zur katholischen Religion zurück geführt worden. Ein gleiches Bekehrungsgeschäft setzten die Jesuiten oder auch die teilweise zu diesem Zweck entsendeten Dragoner in Begleitung mit Hilfe von Jesuiten in den Dörfern um Glogau, in den Weichbildstädten des Fürstentums, selbst in entfernteren Orten fort.
Im 19. Jahrhundert gab es in Glogau neben 4.300 Protestanten 2.500 Katholiken. Bis 1939 verfünffachte sich aber die evangelische Einwohnerschaft, während sich die katholische Einwohnerschaft nur verdreifachte. Dadurch verschob sich das Zahlenverhältnis zugunsten der Protestanten in der Stadt (s. Wiki). Aber ohne die Jesuiten, ohne die Lichtensteiner Dragoner hätte es bis 1945 wahrscheinlich kaum Katholiken in Glogau gegeben.
In Grünberg trug sich am 7. November 1628 ähnliches zu (zit. n. Karl Friedrich Hanser: Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. Band 3, 1862, S. 155, GB):
"Vor allen Dingen riefen die Soldaten in den Pfarrhäusern: 'katholisch, katholisch oder fort'. (...) Zu Mitternacht suchten sie den Pastor auf und nannten sich Seligmacher und sagten, sie könnten die Leute selig machen. (...) Da wäre es Zeit gewesen, in die Kirche zu gehen. (...) Die ruchlosen Priesterplacker taten unterschiedliche Schüsse, damit sie das Volk vom Kirchhofe abtrieben. Jedoch ermunterte der Pastor Willich, ließ sich die Kirchtür aufmachen und ging mit etlichen hundert Personen da hinein. Es folgen auch zum Teil Soldaten nach. Der Pastor fing vor dem Altar an, aus dem Liede 'In dich hab ich gehoffet, Herr' die zwei letzten Verse 'Herr, meinen Geist befehl' ich dir' usf. zu singen. Als er sich zurück wandte, sagte er von der Kanzel: 'bei einem guten Liede pflegt man auch sonst eine gute Predigt zu hören. Das aber wird mir anstatt eines Valets nicht gegönnt. Jedoch merket zum Beschluß diesen Spruch aus Gal. 1,8: 'So Euch jemand ein anderes Evangelium predigen wird, anders denn wir euch gepredigt haben: der sei verflucht, sollte es auch ein Engel vom Himmel oder ein Jesuit sein.' "
Unter solchen Flüchen und Gegenflüchen wurde der Pfarrer gezwungen, seine Sachen zu packen und samt seiner Familie die Stadt zu verlassen.
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Abb. 6: Der Landkreis Leobschütz (erstellt von Schlesinger) (Wiki) |
In dem angegebenen Buch aus dem Jahr 1862 werden noch viele weitere angewandte Bekehrungsmethoden geschildert. Der nächstfolgende Abschnitt in dem Buch trägt dann als Überschrift: "Zwangsbekehrungsmittel gegen das Landvolk".
Andernorts lesen wir (Johann Adam Hensel: Protestantische Kirchen-Geschichte der Gemeinen in Schlesien. 1768, S. 272, GB):
Man erwählte zu gewaltsamer Ausführung dieser Reformation drei Hauptpersonen: 1) Herrn Carl Hannibal Burggrafen von Dohna, 2) Herrn George Reichsgrafen von Oppersdorf, Landshauptmann in Glogau und 3) Herrn Baron von Bibra, Landshauptmann im Schweidnitzischen und Jauerschen. Diese drei Herren erhielten vom Wiener Hofe ihre Instruktion, wie sie sich in diesem Handel in denen Städten und auf dem platten Lande verhalten sollten. Diesen Commissarien gab man, um die Stadtkirchen wegzunehmen und die Bürger zur katholischen Religion zu zwingen, vom Hofe das Lichtensteinische Regiment zu Hilfe, welches schon in Mähren eben diese Dienste getan hatte. Der Oberste desselben (war) Baron Góes.
Eine Antwort auf Beschwerden der Stände Schlesiens wegen des geschilderten gewaltsamen, brutalen "Reformationswesens" (der Gegenreformation), insbesondere wegen der Geschehnisse in Glogau leitete der Kaiser Ferdinand II. in Wien bezeichnenderweise folgendermaßen ein (zit. n. Robert Berndt: Geschichte der Stadt Gross-Glogau, Band 1, 1879, Seite 95, GB):
Wann wir denn, was das Herzogtum Teschen und diejenigen Orte in Oberschlesien betrifft, so bei dem Mansfeldischen Einfalle von dem Feinde eingenommen (...) uns weder Ziel noch Maß, was diesfalls deren Orten vorzunehmen von jemanden vorschreiben zu lassen, keineswegs gemeint ...
Er will sich also weder Ziel noch Maß vorschreien lassen, was seine Rekatholisierungs-Maßnahmen in Oberschlesien betrifft. Und in den weiteren Formulierungen wird dann klar, daß er weitere Maßnahmen bezüglich Glogau grollend einstweilen "bewenden lassen" will - nicht aber ohne weitere drohende und grollende Worte zu gebrauchen.
Die Ereignisse in Glogau hatten die gewünschte abschreckende Wirkung (Faustin Ens: Das Oppaland, oder der Troppauer Kreis, nach seinen geschichtlichen ... Eigentümlichkeiten, Band 1, Wien 1835, S. 130, GB):
Um ähnlichen Schrecknissen zu entgehen, wandten sich die Untertanen der Fürstentümer Troppau und Jägerndorf in Demut an ihren Herzog Maximilian mit der Bitte, die drohenden Übel von ihnen abzuwenden. Er stellte eine Vollziehungskommission in Troppau auf, an deren Spitze Burggraf Dohna stand. Sie verhieß die Abhaltung (=Fernhaltung) der Seligmacher gegen Annahme des Statutum religionis.
Vielleicht bringt hier der Autor auch die Zeitabfolge durcheinander. Aber die Rekatholisierungsmaßnahmen zogen sich noch über Jahre weiter hin. Nur durch dauerhaften Druck gegen die protestantischen Schlesier gelang es langfristig, sie zu Katholizismus zu bekehren.
Familiengeschichte im Jahr 1628 in Schlesien
Mit den Ausführungen dieses Blogartikels wollten wir das Rahmengeschehen kennzeichnen, das man kennen muß, wenn man einordnen will, was man in familiengeschichtlichen Aufzeichnungen finden kann, nämlich solche Angaben:
"Hans Jenetschke war Schulmeister und Kirchenschreiber zu Stirnau bei Dobersdorf. Während der Gegenreformation wurde er von österreichischen Reitern erschlagen. Er hinterließ eine Witwe mit sieben Kindern, die nach Jordansmühl zog."
In anderen familiengeschichtlichen Aufzeichnungen finden sich dazu die folgenden Ausführungen:
Hans Jenetschke, Schulmeister und Kirchenschreiber zu Dobersdorf im Jägerndorfischen, ist mit einiger Sicherheit in der Gegenreformation als Protestant totgeschlagen worden. Seine Witwe, Barbara Jenetschke, ist mit den Kindern aus dem Jägerndorfischen (was katholisch blieb) nach Jordansmühl am Zobten geflohen. (...) Die Angaben über (...) ihren Mann, sind der Kirchenbucheintragung der Kirche von Jordansmühl anläßlich der Beurkundung ihres Todes entnommen.
Die Lebensdaten des Sohnes dieser beiden, Hans Jenetschke (1627-1668), deuten darauf hin, daß der Vater durchaus im Jahr 1628 erschlagen worden sein kann. Das ist auch genau das Jahr, in dem die Gegenreformation "im Jägerndorfischen", sprich im Herzogtum Jägerndorf - und auch sonst in Schlesien - gewaltsam durchgeführt worden ist - wie schon dargestellt.
Eine solche Angabe ergänzt und veranschaulicht unsere bisherigen Forschungen zum Dreißigjährigen Krieg, insbesondere auch zu Schlesien, die wir bis Ende letzten Jahres hier auf dem Blog schon betrieben hatten (siehe Schlagwort Gegenreformation, bzw. Beiträge zum Westhavelland [Prbl2017], zur Geschichte Riga's, zum Grafen Mansfeld [Prbl2022a] und zu seinem Wirken in Schlesien [Prbl2022b]).
Familiengeschichte in Nordeuropa, so stellt man bei dieser Gelegenheit - einmal erneut - fest, kann nicht selten zurück verfolgt werden bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Und man kann dann gerade dort auf die vergleichsweise aufwühlensten Vorgänge stoßen (abgesehen von jenen im 20. Jahrhundert).
Ist der Jesuitenorden, der für all das damalige Geschehen verantwortlich war, heute denn weniger mächtig und einflußreich als damals? Verfolgt er seine Ziele heute mit weniger Fanatismus als damals? Sind doch auch heute genügend Personen aus Politik und Medien bekannt, die in ihrer Jugend Jesuiten-Gymnasien besucht haben. Siehe z.B. das Schlagwort Jesuiten auf unserem Parallelblog "Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!" mit den ersten Beiträgen dort im Januar 2010, als die umfangreiche Pädokriminalität des Jesuitenordens und der katholischen Kirche weltweit erstmals - wieder - öffentlich behandelt worden sind (seit 1945) (s. GAj2010a, GAj2010b, uvam.).
So mag denn auch diese familiengeschichtliche Entdeckung einmal erneut zum Anlaß gewählt werden, uns unserer Vorfahren und ihrer erschütternden Schicksale zu erinnern und sie geschichtlich einzuordnen.
Das preußische und das österreichische Schlesien (seit 1742)
Um das genannte Geschehen geographisch-historisch noch etwas genauer einzuordnen: 1742 eroberte Friedrich der Große Schlesien für Preußen, wodurch den 1628 begonnen Rekatholisierungsmaßnahmen in Schlesien für die weiteren 200 Jahre ein Ende gemacht worden war. Durch die Eroberung durch Friedrich den Großen war es zur Teilung von Schlesien gekommen in einen größeren preußischen Teil und einen kleineren österreichischen Teil. Letzterer Teil war seither "Österreichisch-Schlesien" genannt worden (Wiki) und zählte - als deutsch besiedelte Region - seit 1920 zum "Sudetenland".
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Abb. 7: Österreichisch-Schlesien 1746 nach dem zweiten Schlesischen Krieg (Wiki) |
Österreichisch-Schlesien ist insbesondere ab 1628 gewaltsam rekatholisiert worden (wie oben angedeutet). Es hat seit jener Zeit bis 1945 katholisches Gepräge gehabt. Bis 1918 gehörte es ja auch zur Habsburger Monarchie. Die Grenzziehung von 1742 hat sich erstaunlicherweise bis heute erhalten. Denn das preußische Schlesien kam 1945 an Polen und das Österreichische Schlesien war schon 1920 als Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges an Tschechien gekommen.
1945 und 1946 wurde die angestammte deutsche Bevölkerung aus beiden Teilen Schlesiens fast gänzlich aus ihrer Heimat entfernt.
Das in den familiengeschichtlichen Angaben genannte Dorf Dobersdorf (poln. Dobieszów) (Wiki) liegt im Leobschützer Lößhügelland und gehört zum Landkreis Leobschütz. Es hatte aber bis 1742 zum Herzogtum Jägerndorf gehört. Ab 1742 gehörte es zum preußischen Schlesien (s. 1837, S. 21, GB).
"Dobersdorf im Jägerndorfischen" liegt nahe der Grenze zwischen Preußisch-Schlesien (heute Polen) und Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien). Es liegt in der Mitte eines Dreiecks zwischen den folgenden drei Städten (s. GMaps):
- Jägerndorf (Wiki), gelegen zehn Kilometer südlich in Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien)
- Olbersdorf (Wiki), gelegen elf Kilometer westlich in Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien) und
- Leobschütz (Wiki), gelegen elf Kilometer nordöstlich in Schlesien (heute Polen).
Es könnte noch ein fünfzehn Kilometer weiter im Norden des Dorfes Dobersdorf liegendes Städtchen angeführt werden, das den Namen Hotzenplotz (Wiki) trägt. Hotzenplotz gehörte ebenfalls zu Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien).
Das Herzogtum Troppau
Alle drei, bzw. vier Städte gehörten im Hochmittelalter zum Herzogtum Troppau (Wiki). Die Herzöge gehörten zum böhmischen Herzogsgeschlecht der Premysliden (Wiki). Dieses Herzogsgeschlecht entstand im Frühmittelalter in einer Zeit, in der sich - nach neuesten archäogenetischen Erkenntnissen (Stgen2019) - der Hochadel Rußlands, Pommerns, Polens, Schlesiens und Böhmens mit handelsreisenden Wikingern vermischte, die die großen Flüsse Oder, Weichsel, Wolchow, Dnjepr bereisten und dort dauerhafte Handelssiedlungen gründeten. Für die Premysliden gilt damit ähnliches wie für die Rurikiden in Rußland, die mittelalterlichen Herzogshäuser in Pommern und Westpreußen und die Piasten in Polen und Schlesien: Sie waren in Teilen wikingischer Herkunft. Das war schon aufgrund von Schriftquellen und Namensforschung von der Wissenschaft angenommen worden, war aber bis heute umstritten geblieben.
Das mittelalterliche Herzogtum Troppau nun ist 1367 und 1377 aufgeteilt worden auf mehrere Söhne. Dabei entstanden neben Herzogtum Troppau noch die Herzogtümer Jägerndorf (Wiki), Leobschütz und Freudenthal. Die Stadt Freudenthal liegt 22 Kilometer südwestlich von Jägerndorf. 1523 konnte eine Hohenzollern-Linie das Herzogtum Jägerndorf kaufen.
Jesuiten können warten - Es ist "noch nicht an der Zeit"
Dieses kam aufgrund der Kinderlosigkeit des Herzogs 1603 an den Kurfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg. Dessen Sohn Johann Georg war dann Oberbefehlshaber der Truppen des pfälzischen "Winterkönigs" Friedrich V.. Und das hatte hinwiederum zur Folge (Wiki):
Nachdem es den Kaiserlichen in der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 gelungen war, den böhmischen Truppen schwere Verluste zuzufügen, wurde Prag von den Habsburgern besetzt. Am 28. Februar 1621 wurde in Dresden unter Vermittlung des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen der sogenannte Dresdner Akkord unterzeichnet. Die schlesischen Fürsten schworen Treue gegenüber dem Kaiser und brachen die Beziehungen zu dessen Feinden vollständig ab. Darüber hinaus zahlten sie zur Wiedergutmachung Ferdinand II. 300.000 Gulden wegen ihrer Teilnahme am Aufstand. Ausgenommen war der Anführer der Schlesier, Herzog Johann Georg von Jägerndorf, der geächtet wurde.
Im Gegenzug konnte der sächsische Kurfürst mit diesem "Akkord" sozusagen noch eine gewisse schützende Hand über die Protestanten in Schlesien halten (Wiki):
Am 15. März 1623 übertrug der Kaiser das Herzogtum Jägerndorf seinem treuen Anhänger Karl I. von Liechtenstein, dem bereits seit 1613 das Herzogtum Troppau gehörte. Er vereinte die beiden Herzogtümer zum Herzogtum Troppau-Jägerndorf.
Nach diesem Adelsgeschlecht ist auch das genannte Lichtensteiner Regiment benannt. Die Einwohnerschaft von Jägerndorf war damals "bis auf ein Dutzend Personen protestantisch" (Zukal 1912, S. 8). Das sollte sie nun nicht mehr so lange bleiben.
Wir lesen (s. Gottlieb Biermann: Geschichte der Herzogthümer Troppau und Jägerndorf, 1874, S. 523f, GB):
Man fand es jedoch noch nicht an der Zeit, die sogenannte Gegenreformation im Troppauischen, für dessen protestantische Bevölkerung der Kurfürst von Sachsen intervenierte, schon jetzt durchzuführen. (...) Mansfeld's Einfall in Schlesien bot die heiß ersehnte Gelegenheit, auf welche die in Wien alles vermögende Jesuitenpartei längst schon ungeduldig harrte, um sich des lästigen Akkords zu entledigen.
Aus Rücksicht auf den Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen und den mit ihm abgeschlossenen "Dresdener Akkord" war man also nicht schon 1623 in Schlesien gegen die Protestanten ebenso vorgegangen wie man dies zeitlich in Böhmen und sonst in Österreich tat. Aber was für bezeichnende und deutliche Worte der österreichisch-schlesische Historiker Gottlieb Biermann (1828-1901) (Wiki) wählt.
Im Juli 1626 zog dann also endlich der Graf Ernst von Mansfeld (1580-1626) (Wiki) - so heiß ersehnt von den Jesuiten in Wien (und nicht selten auch von ihnen bezahlt!) - von Brandenburg aus nach Schlesien ein. Der andere Führer dieses Zuges war der Herzog Johann Ernst von Sachsen-Weimar (1594-1626) (Wiki).
Am 19. August 1626 erscheint Weimarische Kavallerie vor den Toren von Troppau und wenig später die gesamte Kriegsmacht des Herzogs von Weimar. Schließlich muß ihm die Stadt die Tore öffnen. Der Herzog läßt als Stadthauptmann Joachim Mitzlaw zurück, bevor er weiter gen Ungarn zieht. Auch Jägerndorf ist in dieser Zeit in die Hand der der Dänen gekommen. Und die protestantischen Truppen können bis zum Sommer 1627 ihre Machtbasis in Oberschlesien nach und nach noch weiter ausbauen. Daran können zunächst auch kleinere kaiserliche Vorstöße nichts ändern (G. Biermann: Geschichte der Herzogthümer Troppau und Jägerndorf, 1874, S. 528, GB):
Im Februar 1627 erscheint Oberst Dohna mit fünf Kompagnien vor Jägerndorf, er plündert die Vorstädte, wird jedoch überfallen und ihm die Beute abgejagt.
Und genauer dazu (1912, S. 17):
Heinrich von Dohna, ein jüngerer Bruder des Obersten Karl Hannibal (von Dohna), gewöhnlich der junge Dohna genannt, versuchte mit einem Reiterhaufen in die Vorstadt von Jägerndorf einzudringen. Als ihm dies mißlungen war, fiel er auf dem Rückzug bei dem Dorfe Türmitz in einen Hinterhalt, verlor 20 Mann und wurde selbst gefangen.
Das hier genannte Dorf Türmitz (Wiki) liegt drei Kilometer nördlich von Jägerndorf.
Juni 1627 - Wallenstein besetzt Jägerndorf
Dohna hatte auf Befehl Wallensteins gehandelt, der nun selbst ins Herzogtum Troppau kommt (30jK):
Wallenstein war fest entschlossen, dem dänischen Spuk in Schlesien ein Ende zu machen. Am 2. Juni 1627 verließ er Prag und erreichte acht Tage später das Lager seiner Armee in Neiße. Von hier aus setzten sich am 19. Juni zweiundzwanzig Regimenter mit etwa 40.000 Mann gegen die Dänen in Bewegung. Einer solchen Übermacht waren diese nicht gewachsen. Es fiel eine Stadt nach der anderen, am 21. Juni Leobschütz, am 23. Jägerndorf. Am 5. Juli erschienen Wallensteins Regimenter im Weichfeld der Festung Kosel.
Soweit zu den geschichtlichen Geschehnissen rund um Jägerndorf und Schlesien in den Jahren 1626 bis 1628.
Der Landkreis Leobschütz
Noch kurz zu dem erwähnten Ort Stirnau. Stirnau wird als "Kolonie" bezeichnet und als Dobersdorf zugehörig (Genea), bzw. als zugehörig zum Dorf Raden (Wiki). Auf einer Karte des Jahres 1736 ist sie eingezeichnet (Wiki), ebenso 1830 (MusDig). 1865 hatte Stirnau 31 Einwohner (GB):
Westlich des Hauptdorfes auf der Höhe liegt die Kolonie Stirnau.
Es scheint, als ob diese Kolonie nach 1945 aufgehört hat zu bestehen und als ob dort heute Wald wächst. Dobersdorf selbst gehört seit 1988 zu dem "Landschaftsschutzgebiet Mocker-Löwitz" (Wiki), das sich von Dobersdorf über 14 Kilometer nach Südosten bis zum Dorf Löwitz (Wiki) zieht (Wiki):
Die Landschaft aus steilen, teilweise bewaldeten Hängen, malerischen Tälern und kleinen Stauseen lockt zahlreiche Touristen hierher. (...) Die mit attraktiven Wäldern bedeckten Hügelhänge sind ein Zufluchtsort für Waldtiere (Wildschweine, Rehe). (...) Es ist geplant, den Landschaftspark Zuckmanteler Bergland um das Landschaftsschutzgebiet Mocker-Löwitz zu erweitern.
Acht Kilometer westlich von Dobersdorf (auf der anderen Seite des Waldes) liegt Troplowitz (Wiki), von dem sich Postkarten-Darstellungen finden (Abb. 2). Man wird Stirnau als zu klein ansehen müssen, als daß es für sich genommen sich einen eigenen "Schulmeister und Kirchenschreiber" hätte leisten können um 1628. Wahrscheinlicher wird sein, daß Hans Jenetschke Schulmeister und Kirchenschreiber von Dobersdorf war, aber in Stirnau mit seiner Frau Barbara und seinen sieben Kindern wohnte. Denn selbst im größeren Dobersdorf gab es damals noch keine Kirche, sondern nur ein Bethaus. Die dortige Kirche wurde erst hundert Jahre später gebaut.
Mit all dem sollte ein Eindruck gegeben werden von jenen Umständen, unter denen Hans Jenetschke vielleicht im September 1628 im abgelegenen Stirnau bei Dobersdorf erschlagen worden sein könnte. In der Literatur wird auch die Anwendung von Folter durch die Jesuiten erwähnt (Hanser 1862, S. 158f GB). Auf einen erschlagenen protestantischen Schulmeister mehr oder weniger in der Welt kam es den Jesuiten damals nicht an.
Jägerndorf war bis 1945 eine deutsche Stadt mit zum Schluß knapp 25.000 Einwohnern. Sie waren fast alle katholischer Religion. Viele ihrer Nachfahren werden längst ausgetreten sein. Patenstadt von Jägerndorf ist Ansbach. Dort findet sich auch eine Jägerndorfer Heimatstube.
_____________
- Henselm Johann Adam: Protestantische Kirchen-Geschichte der Gemeinen in Schlesien. 1768, S. 272 (GB)
- Berg, J.: Die Geschichte der schwersten Prüfungszeit der evangelischen Kirche Schlesiens und der Oberlausitz. Jauer 1857 (GB)
- Hanser, Karl Friedrich: Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. Band 3, 1862 (GB)
- Biermann, Gottlieb: Geschichte der Herzogthümer Troppau und Jägerndorf, 1874 (GB)
- Biermann, Gottlieb: Geschichte des Protestantismus in Österreich-Schlesien. Prag 1897 (GB)
- Zukal, Josef: Die Liechtensteinsche Inquisition in den Herzogtümern Troppau und Jägerndorf aus Anlaß der Mansfeldschen Rebellion 1626-1627. In: Zeitschrift für Geschichte und Kulturgeschichte Österreichisch-Schlesiens. 7. Jahrgang, 1912
- Loesche, Georg: Zur Gegenreformation in Schlesien, Troppau, Jägerndorf, Leobschütz. In: Neue archivalische Aufschlüsse, Band 32, Ausgaben 117-118, Verein für Reformationsgeschichte (Rudolf Haupt), 1915 (GB) [könnte noch konkretere Hinweise enthalten]
- Deventer, Jörg: Nicht in die Ferne - nicht in die Fremde? Konfessionsmigration im schlesisch-polnischen Grenzraum im 17. Jahrhundert. In: J. Bahlcke (Hrsg): Glaubensflüchtlinge - Ursachen, Formen und Auswirkungen frühneuzeitlicher Konfessionsmigration in Europa. Lit Verlag, Berlin 2008, S. 102 (GB)
- Deventer, Jörg: 2012 (GB) [ähnlich wie 2008]


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