Geleit für die Tagesreise
✘ AUF1 Unabhängige TV-Nachrichten
✘ RTV digital Internet-TV Livestream
✘ Achtung, Reichelt! Gegen Propaganda
✘ NiUS Die Stimme der Mehrheit
✘ NiUS live Darüber spricht Deutschland
✘ The Plattform (Free Media Ltd.)
✘ Kontrafunk-Web Stimme der Vernunft
✘ Kontrafunk-Ytube Stimme der Vernunft
✘ Whitebeat Freiheitliches Online-Radio
✘ Radio Antenne-Frei Echte Nachrichten
✘ Ventusky Wetterdaten & Prognosen
✘ The Earth's current global temperature
✘ Netzfrequenz • Live-Anzeige
✘ Torsten Preuß Deutschland geteilt
✘ IT-Schutz Tipps gegen Bespitzelung
Junge Freiheit
Trans, Rechtsextremist, Paß Kaisers royaler Wochenrückblick
Gleich zwei Trans-Vorfälle zeigen, wie sich mit dem Selbstbestimmungsgesetz ordentlich Asche machen läßt. Und die Verramschung des deutschen Passes wird international bekannt. Boris T. Kaiser blickt zurück.
Dieser Beitrag Trans, Rechtsextremist, Paß Kaisers royaler Wochenrückblick wurde veröffentlich auf JUNGE FREIHEIT.
Weißmanns Notizen GegenAufklärung
Was ein britischer Polizist zum Rotherham-Skandal sagt, welchem Trend der scheidende luxemburgische Monarch folgt und was der Liberalismus mit der Einsamkeit zu tun hat: Die GegenAufklärung von Karlheinz Weißmann.
Dieser Beitrag Weißmanns Notizen GegenAufklärung wurde veröffentlich auf JUNGE FREIHEIT.
Zeichen stehen auf Rot-Grün Burgenland: SPÖ uneinholbar, FPÖ mit historisch bestem Ergebnis
Kaum Verluste für Hans Peter Doskozil (SPÖ), ein Absturz für die ÖVP und ein beeindruckender Zuwachs für die FPÖ: Die Landtagswahl im Burgenland brachte einige Überraschungen
Dieser Beitrag Zeichen stehen auf Rot-Grün Burgenland: SPÖ uneinholbar, FPÖ mit historisch bestem Ergebnis wurde veröffentlich auf JUNGE FREIHEIT.
Eine unterschätzte Kulturtechnik Nichtstun – Ein Akt der Rebellion gegen die Zeit
Zwischen Leistungsdruck und ständiger Aktivität gerät die Kunst des Müßiggangs in Vergessenheit. Doch Philosophen, Neurowissenschaftler und Künstler betonen: Bewußte Pausen und Stillstand sind essenziell für unser Wohlbefinden – und ein Akt der Selbstermächtigung in einer hektischen Welt.
Dieser Beitrag Eine unterschätzte Kulturtechnik Nichtstun – Ein Akt der Rebellion gegen die Zeit wurde veröffentlich auf JUNGE FREIHEIT.
EIKE
Sonnenscheindauer durch Meereszyklen bestimmt – Klimaschau 208
Sonnenscheindauer – Wolkentanz imTakt des Atlantiks Ein Forschertrio bestehend aus Horst-Joachim Lüdecke, Gisela-Müller Plath und Sebastian Lüning hat für insgesamt sieben Monatszeitreihen von Sonnenscheindauern, die über 122 bis maximal 145 Jahre zurückreichen, die Veränderungen der Sonnenscheindauer mit modernen statistischen und mathematisch-numerischen Methoden analysiert. Die Arbeit erschien in Scientific Reports von Nature. Das Ziel der Untersuchung […]
Der Beitrag Sonnenscheindauer durch Meereszyklen bestimmt – Klimaschau 208 erschien zuerst auf EIKE - Europäisches Institut für Klima & Energie.
Stromversorgung in Illinois: Subventionen, Vorschriften, Inflation
Bill Peacock „Falls Illinois ein erschwingliches und zuverlässiges Stromnetz will, muss die Antwort darin bestehen, Subventionen und Auflagen für alle Formen der Stromerzeugung zu beenden. Und die Abschaffung von Vorschriften, welche die erschwinglichsten und zuverlässigsten Brennstoffe aus dem Erzeugungsmix herausnehmen. Alles andere wird nicht funktionieren.“ Die Strompreise in Illinois steigen, ebenso wie die Besorgnis der […]
Der Beitrag Stromversorgung in Illinois: Subventionen, Vorschriften, Inflation erschien zuerst auf EIKE - Europäisches Institut für Klima & Energie.
Die Temperaturreihen des Deutschen Wetterdienstes beim Monat Dezember zeigen: Es gibt keinen wirksamen CO₂-Treibhauseffekt.
Von Josef Kowatsch, Matthias Baritz Die Dezembererwärmung begann erst 1988 Der Dezember hat keinen Temperatursprung von 1987 auf 1988 Seit 1988 erwärmen sich die Tage und Nächte nahezu gleichmäßig. Über den letzten Dezember 2024 berichtet der Deutsche Wetterdienst auf seiner Homepage: „Milder und trockener Dezember mit deutlichen Niederschlagsdefiziten in vielen Regionen. Der Monat brachte Deutschland […]
Der Beitrag Die Temperaturreihen des Deutschen Wetterdienstes beim Monat Dezember zeigen: Es gibt keinen wirksamen CO₂-Treibhauseffekt. erschien zuerst auf EIKE - Europäisches Institut für Klima & Energie.
me658 Zwischen patriotisch, anti-woke und libertär
Zwischen patriotisch, anti-woke und libertär
»Mit Donald Trump, Elon Musk und Javier Milei nehmen drei unkonventionelle Macher den Kulturkampf der Linken an, sind entschlossen, deren Vorherrschaft im Westen zu brechen. Diese haben allen Grund, das ungewöhnliche Trio zu fürchten.« — Claudio Casula (NiUS), 15.11.2024 ⋙ Link
Weiterlesen … me658 Zwischen patriotisch, anti-woke und libertär
me657 Hans-Georg Maaßen würdigt die NZZ als „Westfernsehen“
„Rechtsextremist“ Maaßen nutzt „Westfernsehen“
Dr. Hans-Georg Maaßen war Chef des Verfassungsschutzes. Jetzt gilt er seiner früheren Behörde als „Rechtsextremist“.
Siehe: Dushan Wegner: „Danke, Herr Maaßen!“, 1.2.2024 ⋙ Link
Die Aktenauszüge selbst lesen ⋙ Link
Weiterlesen … me657 Hans-Georg Maaßen würdigt die NZZ als „Westfernsehen“
eigentümlich frei
EinBlick: Ein neuer Inflationsboom
Der Einkommensinvestor: Simplify Bitcoin Strategy Plus Income ETF
ef-Konferenz 2024 (ef-TV) Teil 1: Helge Pahl: Nuckeln am Papiertrinkhalm
Kurzgeschichte zum Thema „Politik ist nicht die Lösung“: Licht der Freiheit
Mediale Aufregung – Teil 3: Augen auf bei der Partnerwahl
Tichys Einblick
Der größte Liberale der Bundesrepublik
Als Ludwig Erhard vor gut 75 Jahren von Konrad Adenauer zum Bundeswirtschaftsminister berufen wurde, war er von Anfang an eine Art Antipode zum Kanzler – sein Credo war Freiheit und Eigenverantwortung. Auch Angela Merkel hätte einen freiheitlich gesinnten Gegenspieler gebraucht: Ihre Politik formulierte sich praktisch als Gegenentwurf zu Erhards Sozialer Marktwirtschaft. Sie stellte dem Wirtschaftswunder
Der Beitrag Der größte Liberale der Bundesrepublik erschien zuerst auf Tichys Einblick.
Robert Habeck im Kälteschock
Erinnern Sie sich an Ikarus? Das war der olle Grieche, der sich mit Flügeln aus Federn und Wachs in den Himmel schwang. Trotz intensiver Warnungen wurde er übermütig und stieg so hoch hinauf, dass er der Sonne zu nahe kam. Die Hitze ließ das Wachs seiner Flügel schmelzen, die Federn lösten sich, und der vermeintliche
Der Beitrag Robert Habeck im Kälteschock erschien zuerst auf Tichys Einblick.
Der erste BlackRock-Wahlkampf in Deutschland
Man kann darüber philosophieren, ob der Wahlkreis 60 mit der Stadt Brandenburg an der Havel und insgesamt drei Landkreisen der Mark Brandenburg repräsentativ für die gesamte Republik ist. Aber an einem Spitznamen kommt man wahrscheinlich auch in Flensburg und München nicht vorbei: BlackRock-Merz! Interessiert höre ich den Bürgern zu, wenn sie wiedergeben, was man aus
Der Beitrag Der erste BlackRock-Wahlkampf in Deutschland erschien zuerst auf Tichys Einblick.
Hat die Deutsche Weinkönigin einen in der Krone?
Das waren noch Zeiten, als sich Majestäten ungeniert und wie selbstverständlich auf Gott und höhere Mächte beriefen, und all ihre Unzulänglichkeiten und Fauxpas’ dem Volk als gottgewollt verkaufen konnten. Wer in unseren Tagen, zumindest im bundesrepublikanischen und zunehmend gottlos gewordenen Deutschland außerhalb der närrischen Tage eine Krone trägt, ist offensichtlich nicht von höheren Mächten auserkoren,
Der Beitrag Hat die Deutsche Weinkönigin einen in der Krone? erschien zuerst auf Tichys Einblick.
Schweiz gegen „EU-Knechtschaft“ und für Neutralität
Stellen Sie sich vor, der größte Landesverband der AfD würde zu einer Art politischen Aschermittwoch in einem Vorort Berlins laden, bei der ohne große Sicherheitsmaßnahmen zunächst Alice Weidel den Saal einheizt, bevor im Anschluss ein ranghoher Politiker der SPD, sagen wir mal Saskia Esken, unter höflichem Applaus eine Gegenrede hält. Was schlichtweg wie reine Utopie
Der Beitrag Schweiz gegen „EU-Knechtschaft“ und für Neutralität erschien zuerst auf Tichys Einblick.
Achse des Guten
Wer hat’s gesagt?(Auflösung)
Islamistischer Imam betet bei Trumps Amtseinführung
Mülltrennungsschmerzen
Cancel Cuisine: Fernsehköche, die Freibeuter in weiß
Aufstand gegen das Betriebssystem
Was tun als Biodeutscher?
Es hätte überhaupt
nichts Gutes und Großes
gegeben, wenn jeder
stets gedacht hätte:
Du änderst doch nichts!
ROBERT BLUM (1807–1848)
Michael Klonovsky • Acta diurna
Zur Inauguration
Der Beitrag Zur Inauguration erschien zuerst auf KLONOVSKY.
19. Januar 2025
Der Mensch ist das Tier, dem die Natur Kulturfähigkeit verliehen und für dessen individuelle Entwicklung den längsten Zeitraum…
Der Beitrag 19. Januar 2025 erschien zuerst auf KLONOVSKY.
Zum Friedensschluss in Gaza
Der Beitrag Zum Friedensschluss in Gaza erschien zuerst auf KLONOVSKY.
16. Januar 2025
Meinen diese Abstinenz-Trommler tatsächlich, der Mensch soll nüchtern sterben? *** Immer wieder bekommt man aus den zum Pfeifen…
Der Beitrag 16. Januar 2025 erschien zuerst auf KLONOVSKY.
Veranstaltungshinweis
Achtung, die unten angekündigte Soirée war nach wenigen Stunden ausverkauft! Wir haben uns deshalb spontan entschlossen, sie am…
Der Beitrag Veranstaltungshinweis erschien zuerst auf KLONOVSKY.
Das meint der Leser
Zu Elon Musks Neuralink-Experimenten und meiner Ablehnung von Transhumanismus und Unsterblichkeit (Acta vom 11. Januar) schreibt Leser ***,…
Der Beitrag Das meint der Leser erschien zuerst auf KLONOVSKY.
11. Januar 2025
Es wird immer ermüdender, sich zu den Meldungen des Tages irgendeine Meinung an- und danach abzuquälen. Zumal das…
Der Beitrag 11. Januar 2025 erschien zuerst auf KLONOVSKY.
Boris Reitschuster
Der Mega-Aufstand der Wirtschaft: Endlich wehren sich die Bosse!
Jahrelang machten viele Wirtschaftsverbände brav Männchen vor der Regierung. Jetzt, in der tiefsten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren, wagen sie den Aufstand. Doch die Frage bleibt: Ist der Protest zu spät, um den angerichteten Schaden zu reparieren?
Der Beitrag Der Mega-Aufstand der Wirtschaft: Endlich wehren sich die Bosse! erschien zuerst auf reitschuster.de.
Putins Prügeltrupp
Ein Undercover-Agent enthüllt die dunklen Machenschaften kremlnaher Jugendorganisationen: Gewalt, Propaganda und Industriespionage. Ein mutiger Einblick in Russlands politische Manipulation.
Der Beitrag Putins Prügeltrupp erschien zuerst auf reitschuster.de.
Demokratie nach Regeln von Frau Reschke
Die ARD-Moderatorin beklagt auf TikTok mangelnde Dankbarkeit für Demokratie und Vielfalt – und fordert zugleich ein AfD-Verbot. Ein Kommentar über Heuchelei und die wahre Bedeutung von Demokratie. Von Klaus Kelle.
Der Beitrag Demokratie nach Regeln von Frau Reschke erschien zuerst auf reitschuster.de.
Wie ein deutscher EU-Abgeordneter die Grenzen der Demokratie auslotet
Weber fordert Bedingungen für Österreichs Regierungsbildung und überschreitet damit die Grenzen demokratischer Legitimation. Seine Einmischung zeigt das Machtverständnis der EU in voller Schärfe. Von Thomas Rießinger.
Der Beitrag Wie ein deutscher EU-Abgeordneter die Grenzen der Demokratie auslotet erschien zuerst auf reitschuster.de.
Gefängnis statt Impfung: Ein Soldat spricht Klartext
Oberfeldwebel Alexander Bittner wurde in Handschellen abgeführt und saß monatelang im Gefängnis. Warum er sich trotz aller Konsequenzen der Impfpflicht verweigerte, erzählt er jetzt exklusiv im Interview.
Der Beitrag Gefängnis statt Impfung: Ein Soldat spricht Klartext erschien zuerst auf reitschuster.de.
Alexander Wendt • Publico
Der Beitrag erschien zuerst auf Publico.
Wir machen uns die Welt, wie es Gutdeutschland gefällt
In einer Runde des Spartensenders Phoenix erklärte vor kurzem ein Maik Fielitz, Leiter der Abteilung Rechtsextremismus- und Demokratieforschung am „Institut für Demokratieforschung und Zivilgesellschaft“ (IDZ), worin er die größte Gefahr für die Demokratie sieht und deutete auch an, wie er sich die Abwehr der Bedrohung vorstellt.
Bevor es um seine Institution, ihre Struktur und ihren Zweck geht, soll Fielitz selbst zu Wort kommen. Denn er spricht aus, was nicht nur ein paar subalterne Personen im IDZ denken.
Der Beitrag Wir machen uns die Welt, wie es Gutdeutschland gefällt erschien zuerst auf Publico.
Zeller der Woche: Marktverzerrung
Der Beitrag Zeller der Woche: Marktverzerrung erschien zuerst auf Publico.
In eigener Sache: Lesung aus „Verachtung nach unten“ und Diskussion in Leipzig
Das Buch „Verachtung nach unten. Wie eine Moralelite die Bürgergesellschaft bedroht – und wie wir sie verteidigen können“ wirkt Anfang 2025 – nach der Wahl in den USA, vor der Wahl in Deutschland – sogar noch etwas aktueller als im vergangenen Jahr.
Der Einfluss der Erwachten und ihrer Lehre schwindet in seinem Ursprungsland, den Vereinigten Staaten. Geht er auch hier zurück? Oder stehen eher noch härtere gesellschaftliche Auseinandersetzungen bevor?
Der Beitrag In eigener Sache: Lesung aus „Verachtung nach unten“ und Diskussion in Leipzig erschien zuerst auf Publico.
Der Beitrag erschien zuerst auf Publico.
Lesezeit, endlich für mich
Weihnachten liegt hinter uns und damit auch die Geschenkezeit. Sollten deshalb die nächsten Buchempfehlungen bis zum Frühjahr warten? Dagegen sprechen viele gute Gründe, nämlich alle langen Winterabende, die erst noch kommen.
Nach Weihnachten ist die Zeit, endlich einmal den Leser zu beschenken, den wir am besten kennen: nämlich uns selbst. Lesezeit, ganz für mich. Publico bespricht den Post-Corona-Roman von Birk Meinhardt, die erhellenden Notizen von Michael Klonovsky, die einzig wahre illustrierte Merkel-Biografie von Bernd Zeller,
Der Beitrag Lesezeit, endlich für mich erschien zuerst auf Publico.
The GermanZ
Amtseinführung von Präsident Donald Trump: Ein neuer Morgen bricht an für unsere Welt
von KLAUS KELLE WASHINGTON DC – Der frühere amerikanische Präsident Ronald Reagan (1981 – 1989) ist bis heute DER US-Präsident schlechthin für mich....
Der Beitrag Amtseinführung von Präsident Donald Trump: Ein neuer Morgen bricht an für unsere Welt erschien zuerst auf The Germanz.
Was der Westen vom US-Präsidenten Donald Trump lernen kann
von KLAUS KELLE WASHINGTON – In der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazin „Spiegel“ steht der klügste Satz, den ich seit vielen Jahen dort gelesen...
Der Beitrag Was der Westen vom US-Präsidenten Donald Trump lernen kann erschien zuerst auf The Germanz.
Die scheinheilige Frau Reschke von der ARD und ihr Demokratieverständnis
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser! Ich weiß, es ist Wochenende, Samstagmorgen, vielleicht gehen Sie gleich mit dem Hund raus zum Bäcker, um...
Der Beitrag Die scheinheilige Frau Reschke von der ARD und ihr Demokratieverständnis erschien zuerst auf The Germanz.
„Aggressiv, objektiv und mit absoluter analytischer Integrität“ – neuer CIA-Chef beschäftigt sich mit dem „Havanna-Syndrom“
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser! Erstmals im Jahr 2016 klagten zahlreiche amerikanische Diplomaten der Botschaft in Havanna (Kuba) ohne erkennbaren Anlass plötzlich...
Der Beitrag „Aggressiv, objektiv und mit absoluter analytischer Integrität“ – neuer CIA-Chef beschäftigt sich mit dem „Havanna-Syndrom“ erschien zuerst auf The Germanz.
Deutschland-Kurier
„Trump wird eine vollkommen neue Politik anstoßen!“ | Christina Baum (AfD) EXKLUSIV aus Washington D.C.
Ein EXKLUSIVES DK-Interview mit der AfD-Bundestagsabgeordneten Christina Baum aus Washington D.C.
The post „Trump wird eine vollkommen neue Politik anstoßen!“ | Christina Baum (AfD) EXKLUSIV aus Washington D.C. appeared first on Deutschland-Kurier.
Trump-Ära: „Wir erleben eine Zeitenwende!“ | Petr Bystron (AfD) EXKLUSIV aus Washington D.C.
Wenige Stunden vor der Amtseinführung von Donald J. Trump als neuer US-Präsident: Ein EXKLUSIVES DK-Interview mit dem AfD-Europaabgeordneten und Außenpolitik-Experten Petr Bystron.
The post Trump-Ära: „Wir erleben eine Zeitenwende!“ | Petr Bystron (AfD) EXKLUSIV aus Washington D.C. appeared first on Deutschland-Kurier.
Martin Sellner: „Trumps Amtsantritt entfacht patriotische Euphorie weltweit!“
Eine Analyse des patriotischen Aktivisten Martin Sellner
The post Martin Sellner: „Trumps Amtsantritt entfacht patriotische Euphorie weltweit!“ appeared first on Deutschland-Kurier.
Bundestagswahl: Union fällt unter 30-Prozent – AfD fast gleichauf mit der Merz-CDU!
Der Abwärtstrend der Unionsparteien hält an: Laut aktueller INSA-Sonntagsfrage verlieren CDU und CSU gegenüber der Vorwoche einen Prozentpunkt und stehen jetzt bei nur noch 29 Prozent. Das sind vier Prozentpunkte weniger innerhalb weniger Monate. Es gibt aber eine bedeutende Botschaft hinter dieser Zahl: Rechnet man den bundesweiten CSU-Anteil (sechs bis sieben Prozent) am Gesamtergebnis der […]
The post Bundestagswahl: Union fällt unter 30-Prozent – AfD fast gleichauf mit der Merz-CDU! appeared first on Deutschland-Kurier.
Auch BlackRock steigt aus: Das Ende der Klima-Tyrannei!
In der US-Hauptstadt Washington läuft der Countdown für die feierliche Amtseinführung des 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Nur noch Stunden bis zum triumphalen Wiedereinzug von Donald Trump ins Weiße Haus. Schon jetzt ist klar: Unter ihm neigt sich die woke Klima-Tyrannei ihrem Ende zu. Auch der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock, ein zehn Billionen Dollar schwerer Finanz-Gigant, […]
The post Auch BlackRock steigt aus: Das Ende der Klima-Tyrannei! appeared first on Deutschland-Kurier.
DK-Exklusiv Interview mit Florian Köhler: „Wir stehen für Meinungsfreiheit und Remigration“
Der bayerische Landtagsabgeordnete Florian Köhler aus dem oberfränkischen Bamberg stellt sich der Islamisierung Deutschlands entgegen und macht der Söder Regierung den Vorwurf, in der Migrationspolitik zu versagen und dafür umso härter gegen Kritiker seiner Politik mit absurder Strafverfolgung vorzugehen. „Es ist eine Entwicklung zurück, die ich in einem freiheitlichen Rechtsstaat nicht für möglich gehalten habe“, […]
The post DK-Exklusiv Interview mit Florian Köhler: „Wir stehen für Meinungsfreiheit und Remigration“ appeared first on Deutschland-Kurier.
Terror gegen AfD: Linke geben Tipps für Bombenanschläge!
Der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion Sachsen, Sebastian Wippel, spricht im Interview mit dem DeutschlandKURIER 🇩🇪 Klartext! Der langjährige Polizist kritisiert das politische Versagen der Sicherheitsbehörden beim zurückliegenden AfD-Bundesparteitag in Riesa und warnt eindringlich vor neuer linker Gewalt!
The post Terror gegen AfD: Linke geben Tipps für Bombenanschläge! appeared first on Deutschland-Kurier.
Elon, der Etablierten-Schreck: Ein amerikanischer Milliardär mischt Europas linke Nomenklatura auf
Erst war er der geniale Pionier der Elektromobilität und der Weltraum-Visionär. Dann wurde Elon Musk zum Spielverderber, der den linken Zensoren und Meinungswächtern die Twitter-Spielwiese wegnahm. Als er Donald Trumps Wiederwahl erfolgreich unterstützte, wurde er für das Kartell der Woken und Wohlerzogenen endgültig zum Gottseibeiuns. Und als er den Deutschen auch noch empfahl, die AfD […]
The post Elon, der Etablierten-Schreck: Ein amerikanischer Milliardär mischt Europas linke Nomenklatura auf appeared first on Deutschland-Kurier.
PI-News
COMPACT-TV: Maximilian Krahs Gewinnerstrategie im Interview
Baerbocks grüner Botschafter attackiert Trump
Kyjiw oder Kiew? Vom Umgang mit ausländischen Ortsnamen
„Doppel-Wumms“ gegen Merz und Scholz
ZDF pflegt immer noch Hetzjagd-Narrativ von Chemnitz
Kontrafunk-Sonntagsrunde: Trump wirkt voraus
Freiheit, die wir meinen
Trump ante portas: Berlin und Brüssel zittern
NiUS • Die Stimme der Mehrheit
Epoch Times
Polizei: Wahlkampfhelfer in Berlin angegriffen – Helfer in Dresden bedroht
Der Mailänder Bach und ein Konzert für Oboe
Bilder von Geisel Emily Damari – zwei Finger verloren
Handballer werfen sich warm für Dänemark-Kracher
„Die Situation wird in unserem Land zunehmend schwieriger“: Fachmann zur vierten Dunkelflaute
Litauens Ex-Außenminister will Sieben-Prozent-Ziel für die NATO
TikTok kehrt in den USA plötzlich wieder zurück
133 Jahre Entdeckergeist: Die Geburt einer Legende
Apollo News
Meme-Coin von Trump erreicht plötzlich 75 Milliarden Euro Marktkapitalisierung – mehr als VW
Der designierte US-Präsident Donald Trump hat am Samstag seinen eigenen Krypto-Coin, den sogenannten „$TRUMP“, auf den Markt gebracht. Konzipiert ist ...
The post Meme-Coin von Trump erreicht plötzlich 75 Milliarden Euro Marktkapitalisierung – mehr als VW appeared first on Apollo News.
Gelbhaar-Affäre: Das unfassbare Versagen des RBB
Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar hat wegen mutmaßlich erfundener Belästigungsvorwürfe nicht nur seine Kandidatur für die Berliner Landesliste zurückgezogen, sondern auch den ...
The post Gelbhaar-Affäre: Das unfassbare Versagen des RBB appeared first on Apollo News.
TikTok-Verbot in Kraft getreten – Unternehmen hofft auf Trump
Der chinesische Social-Media-Gigant ByteDance hat am späten Samstagabend (Ortszeit) seinen beliebten Dienst TikTok in den USA deaktiviert. Beim Öffnen der ...
The post TikTok-Verbot in Kraft getreten – Unternehmen hofft auf Trump appeared first on Apollo News.
Nach Fäkalien-Wurf auf das Bundesverfassungsgericht – Syrer attackiert Bundestagsgebäude und will Kanzler sprechen
Ein Syrer (48) attackierte mehrere Regierungsgebäude in Berlin und Karlsruhe mit Steinen und Fäkalien, darunter das Bundeskanzleramt und das Bundesverfassungsgericht. ...
The post Nach Fäkalien-Wurf auf das Bundesverfassungsgericht – Syrer attackiert Bundestagsgebäude und will Kanzler sprechen appeared first on Apollo News.
Söder zum Selbstbestimmungsgesetz: „Grundsätzliche Idee schon richtig“
Beim Weißwurstfrühstück von CSU-Parteichef Markus Söder mit CDU-Chef und Kanzlerkandidaten Friedrich Merz äußerte sich Söder in seiner Rede zum Selbstbestimmungsgesetz ...
The post Söder zum Selbstbestimmungsgesetz: „Grundsätzliche Idee schon richtig“ appeared first on Apollo News.
Drohende UniCredit-Übernahme: Commerzbank erwägt Abbau tausender Stellen
Die Commerzbank erwägt Berichten zufolge den Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen, um einer möglichen Übernahme durch die italienische Großbank UniCredit entgegenzuwirken. ...
The post Drohende UniCredit-Übernahme: Commerzbank erwägt Abbau tausender Stellen appeared first on Apollo News.
Erster Rücktritt in der Gelbhaar-Affäre – für Habeck wird es jetzt sehr unangenehm
Gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar wurden Ende Dezember schwere Belästigungsvorwürfe erhoben. Wie sich nun herausstellt, sind diese Anschuldigungen in weiten ...
The post Erster Rücktritt in der Gelbhaar-Affäre – für Habeck wird es jetzt sehr unangenehm appeared first on Apollo News.
Diktaturvorwürfe gegen Trump – Das Desaster um ein geleaktes Dokument aus Baerbocks Ministerium
Donald Trump wird ab dem 20. Januar zum zweiten Mal in seinem Leben die Geschicke der USA als Präsident leiten. ...
The post Diktaturvorwürfe gegen Trump – Das Desaster um ein geleaktes Dokument aus Baerbocks Ministerium appeared first on Apollo News.
Zuerst!
Marine Le Pen über Parteiausschluß ihres Vaters: „Werde mir diese Entscheidung nie verzeihen“
Paris. Am Rande des Begräbnisses von Jean-Marie Le Pen, dem Gründer des französischen Front National, bekannte seine Tocher Marine Le Pen jetzt, sie bedaure manches […]
Der Beitrag Marine Le Pen über Parteiausschluß ihres Vaters: „Werde mir diese Entscheidung nie verzeihen“ erschien zuerst auf ZUERST!.
Weil es die Politik nicht gebacken kriegt: Habeck will Kapitalerträge abschöpfen
Berlin. Die Grünen haben die „Boomer“ und den Mittelstand als Feindbild entdeckt. Erst kürzlich platzte die Grünen-Nachwuchspolitikerin Jette Nietzard mit der Forderung heraus, Privatiers, die […]
Der Beitrag Weil es die Politik nicht gebacken kriegt: Habeck will Kapitalerträge abschöpfen erschien zuerst auf ZUERST!.
Unzuverlässige EU-Partner: Kaum jemand nimmt Illegale aus Deutschland zurück
Berlin/Rom. Der nächste europäische Asyl-Skandal zeichnet sich ab: eigentlich stimmte Italien 2024 der Rücknahme von über 10.000 „Flüchtlingen“ aus Deutschland zu. Auch Griechenland, Kroatien und […]
Der Beitrag Unzuverlässige EU-Partner: Kaum jemand nimmt Illegale aus Deutschland zurück erschien zuerst auf ZUERST!.
Ganz schlimm: „Biodeutsch“ suggeriert „echte“ und „falsche“ Deutsche
Marburg. Das „Unwort des Jahres“, das alljährlich von einer linkslastigen Jury gekürt wird, ist so überflüssig wie ein Kropf. Es dient einzig und allein der […]
Der Beitrag Ganz schlimm: „Biodeutsch“ suggeriert „echte“ und „falsche“ Deutsche erschien zuerst auf ZUERST!.
Nach Breton jetzt die EU-Digitalkommissarin: Ist die Bundestagswahl in Gefahr?
Brüssel. Die EU bringt sich in Stellung: erst dieser Tage hatte der frühere EU-Kommissar Thierry Breton mit seiner unverhohlenen Drohung für erhebliches Aufsehen gesorgt, daß […]
Der Beitrag Nach Breton jetzt die EU-Digitalkommissarin: Ist die Bundestagswahl in Gefahr? erschien zuerst auf ZUERST!.
AfD und Weidel weiter im Aufwind: Deutschland steht ein seismisches Beben bevor
Berlin. Die anhaltenden Anwürfe von Medien und Altparteien schaden der AfD und ihrer Kanzlerkandidatin offenbar nicht – im Gegenteil, nach dem Live-Gespräch zwischen ihr und […]
Der Beitrag AfD und Weidel weiter im Aufwind: Deutschland steht ein seismisches Beben bevor erschien zuerst auf ZUERST!.
Immer Ärger mit US-Besatzern: Vergewaltigung auf Okinawa sorgt für Empörung
Naha/Okinawa. Als Folge des Zweiten Weltkrieges unterhalten die USA auf Okinawa die größte Dichte an US-Militäreinrichtungen in Japan. Politische Initiativen, die US-Basis wegzubekommen, fruchteten bislang […]
Der Beitrag Immer Ärger mit US-Besatzern: Vergewaltigung auf Okinawa sorgt für Empörung erschien zuerst auf ZUERST!.
Organisierte Abschiebe-Sabotage: Immer mehr Fälle von „Kirchenasyl“
Berlin/Bremen. Ein leidiges Thema: immer mehr Abschiebungen Illegaler scheitern am sogenannten „Kirchenasyl“. Laut aktuellen Zahlen des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen sind die Fallzahlen in […]
Der Beitrag Organisierte Abschiebe-Sabotage: Immer mehr Fälle von „Kirchenasyl“ erschien zuerst auf ZUERST!.
Preußische Allgemeine
Die Inauguration - Die große Verwirrung
Meinungsfreiheit - Wie politischen Abweichlern der finanzielle Hahn zugedreht wird
Friedrichshain-Kreuzberg - Massage-Kurs im „dienstlichen Interesse“
Polarlichter - Das Land des leuchtenden Himmels
Ukraine - Im Teufelskreis der Mobilmachung
Unternehmen Hannibal - Gefährliche Flucht über die Ostsee
Bewegte Historie - Preußisch mit Herz: das Fürstbistum Ermland
Roberts Kampf
Die freie Welt
JD Vance und die Debatte um Begnadigungen: Gerechtigkeit oder politische Spaltung?
Meloni verteidigt Musk: »Die wahre Gefahr für die Demokratie heißt Soros«
Musk unter Beobachtung: Großbritanniens »erbärmliche« Prioritäten enthüllt
Grüne Ideologie behinderte und verteuerte Energieversorgung
»Vereinbarung zum Waffenstillstand steht!«
EU entsetzt: Jetzt ist auch Google gegen »Faktenchecker«
Faeser droht Bundespolizisten mit Entlassung
SpaceX versus Blue Origin: Wettrennen von Musk und Bezos ins All
Compact
«Mamaaa, kann ich Insta?»COMPACT+
Dumme Deutsche, verdummte Deutsche. Vorabdruck aus der Februarausgabe von COMPACT-Magazin. Nivellierung, Stillosigkeit und Sprachverhunzung verrichten das Zerstörungswerk an unserer Kultur bis in den alltäglichen Umgang hinein. _ von Werner Bräuninger Die Agonie, die über unserem Land liegt, spiegelt sich in Zukunftspessimismus und nachlassender Tatkraft wider. Vonnöten wäre ein Revitalisierungsprogramm, das durch alle Schichten geht und [...]
Der Beitrag «Mamaaa, kann ich Insta?»<span class="badge-status" style="background:#">COMPACT+</span> erschien zuerst auf COMPACT.
Max Krahs Gewinner-Strategie: Das große Interview
Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl 2024, ist der Liebling der Jugend und hat maßgeblich zu den Stimmengewinnen bei den U25-Wählern beigetragen. Als innovativer Kopf eckt er freilich immer wieder bei den Parteioberen an – und jetzt hat er eine Strategie, entwickelt, die richtig Furore macht: ein Bündnis mit deutschfreundlichen Migranten. Jürgen Elsässer hat ihn [...]
Der Beitrag Max Krahs Gewinner-Strategie: Das große Interview erschien zuerst auf COMPACT.
Geheimakte Beatles: Das ist ihre dunkle Seite
Vier einfache Jungs aus Liverpool erobern in wenigen Jahren den Musik-Olymp und gehen als erfolgreichste Pop-Band aller Zeiten in die Geschichte ein. Klingt zu schön, um wahr zu sein. Richtig! Denn im Schatten der Beatles und anderer Pop-Größen gibt es dunkle Geheimnisse. Diesen Geheimnissen gehen COMPACT-Chefredakteur Jürgen Elsässer und Dr. Stephanie Elsässer im Gespräch mit [...]
Der Beitrag Geheimakte Beatles: Das ist ihre dunkle Seite erschien zuerst auf COMPACT.
Musk und der MarsCOMPACT+
Science-Fiction wird Realität. Vorabdruck aus der Februarausgabe von COMPACT-Magazin. SpaceX hat die Erkundung und Besiedlung des Roten Planeten explizit als Unternehmensziel formuliert. Ist das nur die spinnerte Idee eines milliardenschweren Nerds – oder steckt mehr dahinter? _ von Daniell Pföhringer Der Astronaut Nick Adam gehört zur Besatzung einer Raumstation auf dem Mars. Eines Tages erwacht [...]
Der Beitrag Musk und der Mars<span class="badge-status" style="background:#">COMPACT+</span> erschien zuerst auf COMPACT.
Trump: Massenabschiebungen ab Tag 1
Der neue US-Präsident will schon am ersten Tag nach seiner Amtseinführung mit seinem groß angelegten Remigrationsprogramm beginnen. Das bestätigte nun sein „Grenz-Zar“ Tom Homan. Verpassen Sie nicht unseren Livestream zur Amtseinführung von Donald Trump auf Deutsch. Montag, 20. Januar, ab 18 Uhr HIER. Der neue US-Präsident Donald Trump wird schon einen Tag nach seiner Amtseinführung mit [...]
Der Beitrag Trump: Massenabschiebungen ab Tag 1 erschien zuerst auf COMPACT.
Die Alien-Luftschlacht von NürnbergCOMPACT+
Über UFOs, Drohnen und Spektakel. Vorabdruck aus der Februarausgabe von COMPACT-Magazin. Seit Ende Oktober werden vor allem in den USA vermehrt Drohnen und andere rätselhafte Flugobjekte gesichtet. Die Fachgemeinde rätselt: UFOs, chinesische Späher oder Geheimwaffen des Tiefen Staates? Dabei gab es ähnliche Himmelsbeobachtungen schon vor Hunderten von Jahren. _ von Timo Beil Ich ging über [...]
Der Beitrag Die Alien-Luftschlacht von Nürnberg<span class="badge-status" style="background:#">COMPACT+</span> erschien zuerst auf COMPACT.
Karlspreis an von der Leyen: Ein Hohn!
Es war die absurdeste Nachricht der abgelaufenen Woche. Die Entscheidung, Ursula von der Leyen mit dem Karlpreis der Stadt Aachen zu ehren, schreit zum Himmel. Sie ist als Gesicht abgewirtschafteter Parteien nun wirklich gänzlich ungeeignet. Lesen Sie dazu unbedingt COMPACT-Spezial „Die Altparteien – Wie sie uns belügen und betrügen“. Hier mehr erfahren. Ursula von der [...]
Der Beitrag Karlspreis an von der Leyen: Ein Hohn! erschien zuerst auf COMPACT.
Immunsystem: Wächter der Gesundheit! Wie schützen?
Dass das Immunsystem unsere Gesundheit bewahrt und uns vor Krankheiten schützt, gehört zum Allgemeinwissen. Wenn dies aber so bekannt ist, warum werden wir dann immer wieder krank? * Seit Corona werden selbst einfache Atemwegserkrankungen immer wieder kritisch beäugt. Gerade auch diese Angst lässt uns sogar anfälliger für Infektionen werden. Denn wir wissen inzwischen, dass psychologische Faktoren [...]
Der Beitrag Immunsystem: Wächter der Gesundheit! Wie schützen? erschien zuerst auf COMPACT.
Ansage!
Merkel als Schrödingers Katze: An zwei Orten zugleich
Bei den Recherchen zu unserer Merkel-Biographie “Die Kanzlerin, die aus der Kälte kam” sind wir schnell auf Unstimmigkeiten, Widersprüche und Auslassungen gestoßen. Gerade über die Wochen und Monate nach dem Mauerfall, als sich Merkel scheinbar aus dem Nichts in die Weltpolitik aufmacht, präsentieren ihre frühen Förderer und ihre offiziellen Biographen äußerst seltsame Geschichten. Merkel selbst […]
<p>The post Merkel als Schrödingers Katze: An zwei Orten zugleich first appeared on ANSAGE.</p>
Neues von der Amadeu-Antonio-Stiftung: Anarcho-Humor ist jetzt auch „rechtsextrem“
Linke haben ein ähnlich verkrampftes Verhältnis zum Humor im Allgemeinen wie Islamisten zu Mohammed-Karikaturen im Besonderen. “Es gibt kein Recht auf Gehört-Werden in den sozialen Medien”, doziert Maik Fielitz, ein “Experte für Digitalkultur”, der offenbar auch ein Online-Verfassungsrechtler ist und weiß, was der Nutzer darf oder nicht. Vor allem “Pepe, der Frosch” ist Herrn Fielitz […]
<p>The post Neues von der Amadeu-Antonio-Stiftung: Anarcho-Humor ist jetzt auch „rechtsextrem“ first appeared on ANSAGE.</p>
Trump sorgt für Irritationen: Antisemitischer Pro-Hisbollah-Imam wird bei Amtseinführung offizielles Gebet sprechen
Ein radikaler, antisemitischer, pro-Hisbollah-schiitischer Imam wurde ausgerechnet ausgewählt, um bei Präsident Trumps Amtseinführung am 20. Januar zu sprechen. Husham Al-Husainy ist der Imam des Karbalaa Islamic Educational Center in Dearborn, Michigan. Der Mann hat eine nicht unbedeutende extremistische Vorgeschichte: 2015 veranstalteten er und seine Organisation eine Kundgebung in seinem Zentrum, bei der Saudi-Arabien der Untergang […]
<p>The post Trump sorgt für Irritationen: Antisemitischer Pro-Hisbollah-Imam wird bei Amtseinführung offizielles Gebet sprechen first appeared on ANSAGE.</p>
Warum nur einmal Bürgergeld, wenn’s auch 14 Mal funktioniert?
Also, all diese unsozialen Raunzer, die offenbar ihre Steuer… Pardon: ihre Freiheits- und Friedensbeiträge irgendwie zu hoch finden, gehen mir hart auf die Nerven. Immer diese Bildungsverlierer, echt! Weil irgendwo muss ja seit Merkels Schaffung bitteschön all die Transfermarie für Mohammed auch herkommen… sonst würde der am Ende doch gar nicht mehr ins Land kommen […]
<p>The post Warum nur einmal Bürgergeld, wenn’s auch 14 Mal funktioniert? first appeared on ANSAGE.</p>
Roberts Ersatzbäckerei oder: Die Unmöglichkeit der Energiewende
Es kommt immer wieder vor, dass Menschen auf bestimmte Inhalte mit Ablehnung oder Kritik reagieren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Manche empfinden die Menge an Informationen als überwältigend und können oder möchten sich nicht intensiver damit auseinandersetzen – was durchaus verständlich ist. Andere wiederum scheinen Schwierigkeiten zu haben, grundlegende Inhalte zu erfassen oder sich sachlich […]
<p>The post Roberts Ersatzbäckerei oder: Die Unmöglichkeit der Energiewende first appeared on ANSAGE.</p>
Nattokinase: Unterstützung fürs Herz-Kreislauf-System und Schutz vor Impfschäden – befristeter Exklusivrabatt!
Im Zusammenhang mit der Entfernung von durch die mRNA-Impfungen im Körper angereicherten Spike-Proteinen ist das natürliche Fermentationsprodukt Nattokinase ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Vor allem die Nattokinase von Heilnatura, dem Hersteller hochwertiger Nahrungsergänzungsprodukte in bester Bio-Qualität, hat sich dabei als bekömmliche und wirksame Anwendungsform erwiesen: Es handelt sich um Presslinge, die aus gentechnikfreiem, garantiert biologischem Anbau […]
<p>The post Nattokinase: Unterstützung fürs Herz-Kreislauf-System und Schutz vor Impfschäden – befristeter Exklusivrabatt! first appeared on ANSAGE.</p>
Journalistenwatch
Merkel als Schrödingers Katze: An zwei Orten zugleich
Trump trump trump
Höchst brisant: Faschismus Reloaded?
Brennende „Mega-Batterie“ in Kalifornien: Eine Milliarde Dollar gehen in Rauch auf
ES ist wieder da! MERKEL greift nochmal an und wird fanatisch BEJUBELT! 💥⚡️
Neues von der Amadeu-Antonio-Stiftung: Anarcho-Humor ist jetzt auch „rechtsextrem“
Alles kein Problem in Berlin: Araber feiern bei „Siegesmarsch“ Hamas-Terroristen und fordern Judenvernichtung
Der Sandwirt
Staat als Monopolkonzern mit Einheitskasse
Diesen Text gibt es auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts und im Televisor des Sandwirts: Hier. Protokolle der Aufklärung #29 Als Friedrich II. von Preußen öffentlich verkündete, er sei der oberste Diener seines Staates, meinte er gewiss nicht das Funktionsgebilde, das wir heute Staat nennen. Für ihn und die platongeschulten Gelehrten seiner...
Der Beitrag Staat als Monopolkonzern mit Einheitskasse erschien zuerst auf Der Sandwirt.
Operation Silbervogel
In den nächsten zehn Jahren werden Menschen zum Mars fliegen – darüber dachten schon Ingenieure der Nationalsozialisten nach. Ein Kommentar von Oliver Gorus: Diesen Beitrag im Wurlitzer anhören: Alternativ können Sie den Podcast auch bei anderen Anbietern wie Apple oder Overcast hören. Dieser von Oliver Gorus selbst eingesprochene Audio-Beitrag ist in Textform erschienen beim...
Der Beitrag Operation Silbervogel erschien zuerst auf Der Sandwirt.
Das Jahr fängt gut an
Diesen Text gibt es auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts: Hier. Wir haben uns längst an die Zauberformeln gewöhnt, die die Bürger in Schockstarre versetzen sollen: Faschismus, Rassismus, Islamophobie. Mit dieser Wortpolitik schützt der Staat die Regierenden vor den Bürgern, indem er es ihnen immer schwerer macht, mit ihren Äußerungen unterhalb der...
Der Beitrag Das Jahr fängt gut an erschien zuerst auf Der Sandwirt.
Mia: das Skandalurteil
Was der zur Tatzeit zwölfjährigen Mia in Wien widerfahren ist, mag ich mir als Vater zweier Töchter nicht vorstellen. Deshalb eine «Trigger-Warnung» – das was jetzt folgt, kann aufwühlen, Gefühle verletzen und verstören. Am 7. Januar 2025 sprach ein Schöffengericht in Wien, bestehend aus zwei Berufsrichtern und zwei Schöffenrichtern ein «Skandalurteil», wie sich die Moderatorin...
Der Beitrag Mia: das Skandalurteil erschien zuerst auf Der Sandwirt.
Warten auf den Retter?
Sowohl privat als auch beruflich habe ich hier bei uns in Nordamerika viel Umgang mit den verschiedensten Menschen aus Europa, meistens aus dem deutschsprachigem Kulturkreis. Gelegentlich tausche ich mich mit ihnen auch über die aktuelle weltpolitische Lage aus. Irgendwie kommt mir das alles, was ich über die Medien so verfolge, ja wie ein inszeniertes großes...
Der Beitrag Warten auf den Retter? erschien zuerst auf Der Sandwirt.
Trump wirkt
Lachen ist ja bekanntlich gesund. Und in diesem Sinne hat das Jahr 2025 schon äußerst gesund angefangen. – Es ist ein Lachen der Freude. Der Freude darüber, dass sich viel schneller als erhofft und dann auch noch auf unglaublich unterhaltsame Weise die Zensur, Meinungsmache und (längst angezählte) Meinungsmacht der links-woken Gutmenschen in Luft auflöst. Ja,...
Der Beitrag Trump wirkt erschien zuerst auf Der Sandwirt.
Politiker, wie habt Ihr’s mit der Demokratie?
Das beste Mittel zum Schutz der Freiheit ist die Demokratie. Sie schützt uns insbesondere auch vor jenen Politikern, die behaupten, sie wollten sie schützen. Es ist kein Naturgesetz, dass wir in relativer Freiheit leben dürfen. Wie Ronald Reagan in seiner Antrittsrede als Gouverneur von Kalifornien ausführte, ist die Freiheit nie mehr als eine Generation von...
Der Beitrag Politiker, wie habt Ihr’s mit der Demokratie? erschien zuerst auf Der Sandwirt.
Alice Weidel vs. Elon Musk
Elon Musk machte es vor, und Mark Zuckerberg hat nachgezogen: Die muntere Faktencheckerei, aka Zensur, hierzulande und in der EU taumelt einem verdienten Ende entgegen, und die offiziellen Medien, konfrontiert mit ständig abnehmenden Nutzerzahlen, verlieren wohl definitiv die Herrschaft über die Narrative. Entsprechend groß ist die Wut der etablierten Presse und ihrer politischen Nutznießer. Aber...
Der Beitrag Alice Weidel vs. Elon Musk erschien zuerst auf Der Sandwirt.
Vera Lengsfeld
Der Fall Gelbhaar – ein grünes Desaster
Hitler war ein Linker 2
Magdeburg, am 16. Januar 2025
Eine Philosophin im Gulag
Hitler war ein Linker – sagt Sebastian Haffner
Dushan Wegner
Ihr werdet nicht wissen, was echt ist und was fake
Sven ist jetzt Marla Svenja
Meine böse Neigung bezüglich des Bösen
Habeck, die Baerbock 1.1
Höflichkeit schützt das Dämliche davor, dämlich genannt zu werden – ist das gut?
Matthias Matussek
Matussek!: Die Leiden des Kleinanlegers Matussek, Michelangelo, 10cc
Die Börsenabenteuer des Kleinanlegers Matussek, Michelangelo in Zeiten des Tugendterrors und ein Gespräch mit Jordan Peterson über falsche Nächstenliebe. Dazu 10cc-Hits wie „The Wall Street Shuffle“ – ein satirischer Blick auf die Schönheit und Absurdität unserer Welt. Jetzt reinhören!
Der Beitrag Matussek!: Die Leiden des Kleinanlegers Matussek, Michelangelo, 10cc erschien zuerst auf MATUSSEK!.
„Doktor Peterson, wir Deutschen brauchen Ihre Hilfe“, Director’s cut
Eine Gesprächstherapie mit dem berühmtesten Psychiater der Zeit, Jordan B. Peterson, über den deutschen Sonderweg, Trumps Narzismus, Marxismus und […]
Der Beitrag „Doktor Peterson, wir Deutschen brauchen Ihre Hilfe“, Director’s cut erschien zuerst auf MATUSSEK!.
Matussek!: Jordan Peterson
Matussek ist zurück „alive and kicking“: Highlights seines Neujahrs-Gesprächs mit Jordan Peterson über Abrahams Mut, Moses’ göttliche Mission und den deutschen Sonderweg. Mit Musik von den Byrds, allen voran „Turn! Turn! Turn!“ – ein Ausblick auf Veränderung und Hoffnung. Jetzt reinhören!
Der Beitrag Matussek!: Jordan Peterson erschien zuerst auf MATUSSEK!.
Glasnost in Germany- now we are waiting for the Perestroika
It was the event everyone was waiting for, and they were not disappointed, it was a cheerful and mutually curious […]
Der Beitrag Glasnost in Germany- now we are waiting for the Perestroika erschien zuerst auf MATUSSEK!.
Sensation: Ein echtes Gespräch!
Es war das Ereignis, auf das alle gewartet haben, und man wurde nicht enttäuscht, es war eine fröhliche und gegenseitig […]
Der Beitrag Sensation: Ein echtes Gespräch! erschien zuerst auf MATUSSEK!.
Roger Letsch • Unbesorgt
Zensur: Es wird einsam in Europa
Eine Grafik wurde vor einiger Zeit viel geteilt und belächelt auf den sozialen Medien. Sie zeigte eine Übersicht über die weltweit wichtigsten Innovationstreiber in Zukunftstechnologien im Wettbewerb. Drohnentechnologie etwa. Klare Führung für China. Im Quantencomputing haben die Amerikaner die Nase vorn. Bei der KI ist das Rennen zwischen China und den USA noch nicht entschieden. […]
Der Beitrag Zensur: Es wird einsam in Europa erschien zuerst auf unbesorgt.
Elon Musk, die Grünen und der X-Algorithmus
„Er kontrolliert die Algorithmen bei X“ und „ungebändigte Kommunikationsmacht“ sind noch die geringsten Vorwürfe, die von Grünlinks dieser Tage in Mikrofone und Kameras gerufen werden. Das heilige Narrativ ist in Gefahr und da darf die Rhetorik schon mal etwas rauer werden. Denn merke: wer in Fragen der Migration und Kriminalität die volle Härte des Gesetzes […]
Der Beitrag Elon Musk, die Grünen und der X-Algorithmus erschien zuerst auf unbesorgt.
Die gesalbte Vollzeitstelle spricht
Man muss die Reden nebeneinander legen, welche Bundespräsident Steinmeier in den letzten Tagen gehalten hat. Seine Weihnachtsansprache und die Rede zur Auflösung des 20. Bundestages. Viele fragen sich vielleicht, was so ein Bundespräsident eigentlich ist und ob das Amt, gerade weil man so selten von ihm hört oder liest, wirklich eine so hoch dotierte Vollzeitstelle braucht. Schaut man […]
Der Beitrag Die gesalbte Vollzeitstelle spricht erschien zuerst auf unbesorgt.
Prozesse, Urteile und der Preis der Gnade
Die Vorgeschichte in Kurzfassung: Hunter, der jüngste Sohn von Präsident Joe Biden, wurde im Juni 2024 von einem Bundesgericht in Delaware in drei Punkten schuldig gesprochen. Das Verfahren wurde durchgezogen, weil ein Jahr zuvor ein Deal zwischen Staatsanwaltschaft und Hunter Biden geplatzt war. Richterin Maryellen Noreika fühlte sich 2023 überrumpelt, weil der Deal in der […]
Der Beitrag Prozesse, Urteile und der Preis der Gnade erschien zuerst auf unbesorgt.
Ein letzter Gruß aus der Biden-Küche
Joe Biden scheint sich recht wohlzufühlen in den letzten Tagen seiner Präsidentschaft. Auf den Fotos vor dem Kamin im Weißen Haus, er links und Trump rechts im Bild, lächelt er fröhlich. Kein Wort davon, dass der Mann links alles in seiner Macht Stehende versucht hat, den Mann rechts von ihm einsperren zu lassen. Eine reibungslose […]
Der Beitrag Ein letzter Gruß aus der Biden-Küche erschien zuerst auf unbesorgt.
Hadmut Danisch
Das Geschwätz des Deutschen Botschafters
„Nachgestellt“ und „Nachgesprochen“
Die Inauguration und die Kälte
Die Migrationsnutzenfrage
Vom politischen Großreinemachen der Sorte Tornado
Geolitico
Donald Trumps Griff nach Grönland
Liefert FPÖ-Kickl die Blaupause für die AfD?
Schlechte Börsen-Aussichten für Donald Trump
Angela Merkels große Selbstbeweihräucherung
Goldpreis überstrahlt die Party an den Aktienmärkten
Fassadenkratzer
Spahns Steuergeld-Vernichtung durch illegale Maskenbeschaffung ist noch weit höher als 10 Milliarden
„Sie haben das perfide Spiel mitgemacht“ – Brief eines Arztes an die Krankenkasse
Das herrschende „Faustrecht“ des Stärkeren und seine absolute Rechtsverachtung (2)
Prof. Mausfeld: Der totale Zivilisationsbruch des Krieges und der Weg zur Friedenssicherung
Verheimlicht, vertuscht, vergessen – Jahresrückblick mit Gerhard Wisnewski
Alexander Wallasch
Seibt und Brandenburg auf dem Kriegspfad: Ballweg ist ein Lügner!
Querdenkengründer Michael Ballweg unter Friendly Fire. Wer hat Recht? Ein multiples Drama irgendwo zwischen Shakespeare und einer bissigen Sitcom. Netflix sollte hier schnell zuschlagen, bevor einer der Protagonisten die Rechte noch an den Kopp-Verlag verkauft.
Schreckensszenario mRNA-Spritze – vom Ende jeder Lebensfreude
Anwalt Tobias Ulbrich erzählt im Exklusiv-Interview vom tragischen Schicksal einer jungen Frau: Permanent neue Infektionen, dann wieder Krankenhausaufenthalte, dann wieder Notfall, dann wieder Intensivstation, dann wieder wochenlanges Bangen.
Julian Reichelt will TikTok an den Kragen – Was sagt TikTok-König Maximilian Krah dazu?
Offenbar in loser Abstimmung mit Welt-Herausgeber Poschardt und Springer-Boss Döpfner hat Julian Reichelt sich jetzt in sieben spitzen Thesen zur chinesischen Plattform TikTok geäußert.
Welt-Herausgeber klagt an: Merkel und Reichelt sind die Pullfaktoren der Massenzuwanderung
„'Wir schaffen das', dekretierte Merkel. 'Refugees welcome“' sagten Kai Diekmann und Julian Reichelt bei der 'Bild'. In den Nachrichtensendungen strahlten die Bürger:innen (sic!) mit Applaus-Corsi um die Wette – und natürlich war das, wie auch das berühmte Selfie der Kanzlerin, ein Pullfaktor."
Alice Weidel in Hamburg: Wir wollen die Freiheit und nicht geknechtet werden von einem übergriffigen Staat
Showdown im Hamburg. An der ehemaligen Wirkungsstätte von Olaf Scholz feiert die AfD-Chefin einen Triumph über zehntausend tobende Chaoten: Die Rede von Alice Weidel wird via X von einer Viertelmillion Menschen verfolgt, die eine gereifte Kanzlerkandidatin erleben.
Baerbocks große Volksverarsche
Huch, hat sie Volk gesagt? Nein, Bevölkerung. Und damit meint Baerbock alle Deutschen, gleich welcher Herkunft. Eine rassistische Unterscheidung? Tatsächlich geht es der Außenministerin sowieso nur darum, die prädestinierte Stellung Deutscher gegenüber Ausländern in Deutschland aufzuheben. Aber das wäre verfassungsfeindlich.
Milosz Matuschek
Die dezentrale Bürgergesellschaft: Der dritte Weg jenseits der Politik
Charlie Hebdo: Als der freie Westen sich verriet
Musk, Trump & Co.: Die falschen Befreier auf Zeit
Musk-Weidel-Gespräch: Der Kontrafunk wird angegriffen
Die Kraft der guten Gedanken
Egon W. Kreutzer
19. Januar 2025
UNSERE SONNTAGSBILDER Julies Bild vom Sonntag Wolfgangs Bild vom Sonntag Bonusbild 1 Bonusbild 2 Bonusbild 3 Bonusbild 4 Bonusbild 4
Der Beitrag 19. Januar 2025 erschien zuerst auf egon-w-kreutzer.de.
Was ist schlimmer: Keine Wohnung oder kein Konto?
Aktuell ist die Partei „Alternative für Deutschland“ von der Volksbank Düsseldorf Neuss aus deren Kundenkreis hinausgeworfen worden. Das ist nicht der erste Fall. Schon im Sommer letzten Jahres kündigte die Berliner Volksbank die Geschäftsverbindung mit der AfD und folgte damit der Forderung der „OMAS GEGEN RECHTS“. Im Oktober kündigte die Volksbank Heuchelheim der AfD die Konten, im November folgte die Rotenburger Volksbank. Eher nur in „einschlägigen Kreisen“ bekannt ist die Tatsache, dass schon länger eine ||| ... weiterlesen
Der Beitrag Was ist schlimmer: Keine Wohnung oder kein Konto? erschien zuerst auf egon-w-kreutzer.de.
Kennen Sie Meinrad Müller?
Meinrad Müller, ein echter Unruheständler, schreibt bei einer ganzen Reihe von überwiegend konservativen Medien. Es ist durchaus möglich, dass Sie schon einiges von ihm gelesen haben, ohne dass Sie sich den Namen des Autoren eingeprägt haben. Es würde mich freuen, wenn sich das durch diesen kurzen Beitrag von meiner Seite ändert. Man muss nur wissen, wie und wo man seine Beiträge findet. Ich stelle Ihnen heute einen ganz aktuellen Beitrag von M.M. vor, in dem ||| ... weiterlesen
Der Beitrag Kennen Sie Meinrad Müller? erschien zuerst auf egon-w-kreutzer.de.
Grüne in Panik vor der Wahl
PaD 3 /2025 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 3 2025 Grüne in Panik vor der Wahl Das große grüne Paradoxon Je billiger die Energie wird, weil immer größere Teile der Energieerzeugung in Deutschland direkt von Wind und Sonne abgezapft werden, desto mehr leiden Industrie und Konsumenten unter den hohen Energiepreisen. Anders als die Naturheiler, deren Globuli gerne auch einmal mit einer „Anfangsverschlechterung“ einhergehen, führen die Grünen die negativen Folgen ihrer Politik nicht ||| ... weiterlesen
Der Beitrag Grüne in Panik vor der Wahl erschien zuerst auf egon-w-kreutzer.de.
Kann Habeck die Beitragslücke schließen, ohne eine noch größere aufzureißen?
Sozialversicherungsbeiträge auf Kapitalerträge – da muss doch was zu holen sein. Sicherlich ist da was zu holen. Warum nicht auch gleich noch die Kfz-Haftpflicht einschließen? Sind da die Beiträge nicht inzwischen auch viel zu hoch? Nicht gleich protestieren, bitte. Beides sind Versicherungen, beides sogar gesetzlich vorgeschriebene Pflichtversicherungen. Wenn da an einer Stelle neue Beitragsquellen erschlossen werden können, warum dann nicht auch an allen anderen? Ich habe mich nicht vergewissert, ob Habecks Plan nur die gesetzliche ||| ... weiterlesen
Der Beitrag Kann Habeck die Beitragslücke schließen, ohne eine noch größere aufzureißen? erschien zuerst auf egon-w-kreutzer.de.
Blut, Schweiß und Tränen
Es mag zu dramatisch klingen, aber Deutschland wird außergewöhnliche Anstrengungen auf sich nehmen müssen, wenn wir den Wiederaufbau nach den Jahren des verheerenden Niedergangs stemmen wollen. Wobei der Niedergang ja nicht – wie am 8. Mai 1945 mit der Kapitulation – mit dem Scheitern der Ampel im November 24 schon ein Ende gefunden hat, sondern immer noch weiter getrieben wird. Die Grünen, die sich auch von der von ihnen in Gang gesetzten Deindustrialisierung nicht beeindrucken ||| ... weiterlesen
Der Beitrag Blut, Schweiß und Tränen erschien zuerst auf egon-w-kreutzer.de.
Jürgen Fritz
AfD steigt weiter auf jetzt über 20 Prozent
Ein seltsamer Traum
Warum Remigration richtig, wichtig und notwendig ist
Union verliert weiter, AfD steigt auf fast 20 Prozent
War Hitler ein Rechter oder ein Linker?
Bastian Barucker
Finanz- und Tätigkeitsbericht 2024
Das Kalenderjahr 2024 ist vorüber und mithilfe der finanziellen Unterstützung vieler Menschen war es mir möglich, das ganze Jahr Interviews und Beiträge zu veröffentlichen. Nachfolgend lege ich die Einnahmen und Ausgaben, die mit meiner publizistischen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, offen, um den Unterstützern des Blogs größtmögliche Transparenz zu bieten. Ich erachte meine Arbeit als crowdfinanziertes […]
Der Beitrag Finanz- und Tätigkeitsbericht 2024 erschien zuerst auf Auf Spurensuche nach Natürlichkeit.
Buchauszug: „Toleranz in der Wissenschaft“
Erinnern Sie sich an den Herbst und Winter 2021. Plötzlich wurden Menschen, die eine wenig erprobte nach ihrem Wirkmechanismus als Gentherapie zu bezeichnende Behandlung nicht in Anspruch nehmen wollten, fast komplett aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen. 2G, Die Tyrannei der Ungeimpften und die Pandemie der Ungeimpften waren die Schlagwörter dieser Zeit. Heute wissen wir auch […]
Der Beitrag Buchauszug: „Toleranz in der Wissenschaft“ erschien zuerst auf Auf Spurensuche nach Natürlichkeit.
Ist dies der Mann, der SARS-CoV-2 in Faucis US-Labor erschaffen hat?
Der Ursprung von SARS-CoV-2 ist eine international heiß debattierte Frage. In den USA erachten sowohl ein amtlicher Untersuchungsausschuss als auch der ehemalige Direktor des CDC die Labortheorie als sehr wahrscheinlich. In Deutschland jedoch scheint wenig Interesse an einer Klärung dieser höchst wichtigen Angelegenheit zu herrschen. Früh wurde die „Zoonose-Theorie“ als die einzig plausible Erklärung dargestellt […]
Der Beitrag Ist dies der Mann, der SARS-CoV-2 in Faucis US-Labor erschaffen hat? erschien zuerst auf Auf Spurensuche nach Natürlichkeit.
Wie Massenpsychologie sowohl Gehorsam wie auch Herrschaft erzeugt – im Gespräch mit Dr. Valeria Petkova
Viele die Pandemiepolitik der Corona-Jahre kritisch reflektierenden Gespräche kommen früher oder später auf die Frage zu sprechen, wie es möglich war, große Teile der Bevölkerung zur Beteiligung an den oftmals eigentlich leicht als unsinnig zu erkennenden Maßnahmen zu bewegen. Die Manipulation der Massen mittels bestimmter Erkenntnisse aus den Verhaltenswissenschaften, mit dem Ziel, die Zustimmung für […]
Der Beitrag Wie Massenpsychologie sowohl Gehorsam wie auch Herrschaft erzeugt – im Gespräch mit Dr. Valeria Petkova erschien zuerst auf Auf Spurensuche nach Natürlichkeit.
Kritische Analyse der Wirksamkeitsbehauptungen über den Covid-19-Impfstoff
Am 9. Dezember 2024 erschien im englisch sprachigen Brownstone Magazin ein Artikel, der sich der Wirksamkeit der neuartigen mRNA-Impfstoffe widmet. Autor dieser kritischen Analyse ist Dr. Joseph Fraiman. Er hatte bereits mit dem Pharmazieprofessor Peter Doshi die Zulassungsstudien der mRNA-Injektionen hinsichtlich der Häufigkeit schwerer Nebenwirkungen ausgewertet und kam dabei auf eine schwere Nebenwirkungen pro 800 […]
Der Beitrag Kritische Analyse der Wirksamkeitsbehauptungen über den Covid-19-Impfstoff erschien zuerst auf Auf Spurensuche nach Natürlichkeit.
Joh. K. Poensgen • Fragen zur Zeit
Gedankensplitter (45) Finte, Schlag, Parade, Riposte
Allianzen oder Aufkauf?
Allianzen oder Aufkauf?
Verfestigung der Blöcke
Verfestigung der Blöcke
Gedankensplitter (44): Sexappeal im Managerialismus
International
Neue Zürcher Zeitung
BILDSTRECKE - Drei Geiseln kehren nach Israel zurück: Die Bilder der Freilassung
Der FCB kann sich auf Xherdan Shaqiri verlassen – im Spitzenkampf gegen Lugano sichert er den Baslern einen Punkt
In Gaza schweigen die Waffen, die ersten Geiseln kommen frei, und Polizeiminister Ben-Gvir tritt zurück
Chaos mit Tiktok in den USA: Zuerst war die Plattform offline, nun ist sie wieder zurück – wegen eines Versprechens von Donald Trump
Schweizer Monat
Schmutzige Hände und weisse Westen
«In der Schweiz werden pro Jahr und Person 330 Kilogramm essbare Lebensmittel weggeworfen»
Industriepioniere und demokratische Rebellen
Das souveräne Zeitalter
«Eine gute Idee reicht noch lange nicht für ein erfolgreiches Geschäft»
Die Tyrannei der Beleidigten: Die allgemeine Überempfindlichkeit ist peinlich und gefährdet die Meinungsfreiheit
Gentherapie, Blutplasma und 54 verschiedene Pillen
Zuckerberg wirft seine Faktenchecker raus
Budapester Zeitung
Eine weitere heimische Volksgruppe in Ungarn?
You must be logged into the site to view this content.
„Orbán sagte mal wieder nichts“
You must be logged into the site to view this content.
Höchstwerte im Flugverkehr
You must be logged into the site to view this content.
Rebenerträge runter, Preise hoch
You must be logged into the site to view this content.
„Ungarn leidet unter keinen Demokratiedefiziten“
You must be logged into the site to view this content.
Fahrzeugverkäufe steigen deutlich
You must be logged into the site to view this content.
Neue Wege mit Mikroskopen
You must be logged into the site to view this content.
Lösung für Importe aus der Ukraine
You must be logged into the site to view this content.
Unser Mitteleuropa
Klima-Märchen vor dem Aus!
Wütender Gaza-Mob terrorisiert freigelassene weibliche Geiseln (VIDEOs)
Neue US-Russland-Sanktionen treiben Ölpreise in die Höhe
Orban warnt: „Vertreiben wir das korrupte Soros-Netz aus Brüssel“
Vučić: Westliche Agenten organisieren Farbrevolution in Serbien
Femo-sexistische Verleumdung gegen Grünling zugunsten von Habeck-Gefolgsmann +UPDATE+ Links-Feministin tritt zurück
Polizei-Debatte: Strafanzeige gegen Nancy Faeser
America Out Loud News
unzensuriert.at
Feine Magazine
CATO
Editorial Heft 1 | 2025
Eine Anmeldung ist nötig, um diese Inhalte zu sehen.
»ICH BIN FURCHTLOS«
Eine Anmeldung ist nötig, um diese Inhalte zu sehen.
ISRAEL, TEHERAN UND DIE UNO
Eine Anmeldung ist nötig, um diese Inhalte zu sehen.
Auszüge aus DER MIT DEN GRÜNEN TANZT
Eine Anmeldung ist nötig, um diese Inhalte zu sehen.
EIN GERICHT BRICHT DAS RECHT
Eine Anmeldung ist nötig, um diese Inhalte zu sehen.
DER SEHSINN UND DER SINN DES SEHENS
Eine Anmeldung ist nötig, um diese Inhalte zu sehen.
MAGISCHER ZYNISMUS
Eine Anmeldung ist nötig, um diese Inhalte zu sehen.
TUMULT
TUMULT ONLINE: DAS NEUE BLOG DER VIERTELJAHRESSCHRIFT FÜR KONSENSSTÖRUNG
Carsten Germis: IM RAUSCH DER DEKADENZ - EINE REZENSION
Beate Broßmann: DER IRRTUM. EINE WAHRE GESCHICHTE
Marc Pommerening: SONETT
Philipp Mack: EINE REPLIK AUF DIE SIEBEN GEDANKENBLÖCKE ZUR PALÄSTINA-FRAGE
Sezession
Kritik der Woche (67): Hitlers Interviews
Das Hafttagebuch von Kurt Hättasch – 2. Tag
Neuverfilmung “Nosferatu”: Murnau, Herzog, Eggers
AfD, eingekesselt, geschlossen – ein Tag in Riesa
Themen für Musk (1): Vom Leben ohne Konto
Elon Musk, Götzendämmerung – Absturzprotokoll 07
Recherche D
Startschuss für unsere Startelf
Wikipedia-Korrektur
Nachruf auf Prof. Peter Ruben
Jahresplan 2025
Schuldenbremse – ein zentrales, (grünes?) Wahlkampfthema?
Schuldenbremse – ein zentrales, (grünes?) Wahlkampfthema? Weiterlesen »
Deutsche Autos: Krisenbranche Nummer eins
Nomos der Erde
Wir selbst
Sensation! Weidel – Musk: ein echtes Gespräch!
Empören oder gestalten?
Was liebe ich doch den Leerlauf zwischen den Jahren…
Glaubenskrieg gegen den Welthandel
Wer kann Deutschland retten?
Krautzone
Linke verstehen den Rechtsruck nicht
Der dysfunktionale Managerstaat
Die Struktur hinter den Krawallen in Riesa
AfD-Parteitag in Riesa
Freilich
Landtagswahl im Burgenland: SPÖ bleibt an der Spitze, FPÖ auf Platz zwei
Bei der heutigen Landtagswahl im Burgenland waren insgesamt 250.400 Personen wahlberechtigt, sechs Parteien standen zur Wahl. Um 16 Uhr schlossen die letzten Wahllokale, nun liegen die ersten Hochrechnungen vor.
Umfrage: Kickl beliebtester Politiker – überholt Van der Bellen
In Österreich ist in den letzten Wochen und Monaten politisch viel passiert. Das hat sich auch auf die Beliebtheit der heimischen Politiker ausgewirkt, wie eine aktuelle Umfrage nun zeigt.
Mangelnder Verteidigungswille: Wer zieht noch in den Krieg?
Die westlichen Demokratien haben ein Problem mit dem mangelnden Verteidigungswillen ihrer Bevölkerung. Woran das liegt, beleuchtet Fabian Walch in seinem Kommentar für FREILICH.
England: Antikorruptionsbeauftragte tritt wegen Korruptionsverdacht zurück
Die britische Ministerin für Korruptionsbekämpfung, Tulip Siddiq, ist wegen Korruptionsverdachts zurückgetreten.
Warum die geplante Abschaffung der Bildungskarenz österreichischen Familien schaden könnte
Österreich muss sparen. Eine mögliche blau-schwarze Regierung will deshalb unter anderem die Bildungskarenz abschaffen. In seinem Kommentar für FREILICH erklärt Philipp Huemer, warum dieser Schritt den österreichischen Familien schaden könnte.
Libratus • Das Magazin
Corrigenda
Kolumne von Kristina Ballova: Melania als Rollenvorbild?
In einer Welt voller machthungriger Feministinnen, die eine neue Definition von Weiblichkeit durch ein geradezu männliches Erfolgsstreben suchen, zeigt uns Melania Trump, dass ein anderer Weg möglich ist.
„Doktorspiele“ und „sexuelle Bildung“: Wie katholische Kitas bei Frühsexualisierung mitmischen
Eine katholische Kita wirbt für eine Veranstaltung über „Doktorspiele“ und „sexuelle Entwicklung von Geburt an“. Nach Protest wird sie vorläufig abgesagt. Doch wie kam die katholische Einrichtung überhaupt dazu? Eine Corrigenda-Recherche
Dunkelflauten und hohe Strompreise: Deutschlands Stromversorgung im Grenzbereich
Dieser Winter zeigt, dass die deutsche Energieversorgung an ihre Grenzen stößt. Industrielle warnen vor zunehmenden Versorgungsengpässen, Nachbarländer drohen Stromlieferungen einzuschränken. Berlin reagiert jedoch unbeeindruckt und nimmt keine Kursänderungen vor. Ein Überblick
Ideologische Kündigung? Junger konservativer Lehrer in Österreich verliert Job wegen Demonstrationen und Pro-Familien-Positionen
Ein konservativer österreichischer Lehrer gerät ins Kreuzfeuer von Schulleitung, Behörden und Internetaktivisten. Seine Demonstrationsbesuche, seine pro-familiären Positionen und sein Temperament werden ihm zum Verhängnis und er verliert seinen Job. Die Auseinandersetzung eskalierte zu einem juristischen Tauziehen. War die Entlassung gerechtfertigt oder überzogen?
Gabriele Kuby: Die ungeklärte Frage im Denken des Elon Musk
Der Tech-Unternehmer Elon Musk redet im Gespräch mit AfD-Chefin Alice Weidel über die Rettung der Menschheit und Gott. Er sei offen für die Idee, dass eine Entität das Universum geschaffen hat. Doch der Knackpunkt ist eine andere Frage.
Manova
Die letzten Tage der Demokratie
Da sie den konservativen „Rollback“ mit fairen Mitteln nicht mehr kontrollieren können, verschärfen die Etablierten die Zensur und drohen, die kommende Bundestagswahl für ungültig zu erklären.
Gegendruck gestalten
Der Buchgestalter Robert Schumann, Mastermind hinter vielen einprägsamen Covern, gibt im Interview Auskunft über die Philosophie hinter seiner Arbeit.
Der wunde Punkt der Weltmacht
Seit Jahrhunderten träumt der Westen davon, ins Zentrum der eurasischen Landmassen vorzudringen. Die Ukraine ist hierfür das ideale Einfallstor. Exklusivauszug aus „Über Halford J. Mackinders Heartland-Theorie“.
Stolz und Vorurteil
Im Manova-Exklusivgespräch betont die Autorin Kerstin Chavent, dass wir uns besser mit uns selbst beschäftigen sollten, anstatt uns an unserem Gegenüber abzuarbeiten.
Die Verzögerungstaktik
Pandemie und Krieg könnten mehr mit dem befürchteten Kollaps des Welt-Finanzsystems zu tun haben, als bisher angenommen wurde.
Im Untergrund
„Going Underground“ von The Jam war wohl der politischste Song, der je Nummer 1 der Hitparade wurde und ist heute genauso aktuell wie damals.
Ursula die Große
Weil sie eine „Streiterin für Europa“ sei, soll Ursula von der Leyen diesjährig den Karlspreis erhalten. Der Preis sollte ursprünglich Menschen für ihre Verdienste um die europäische Einigkeit auszeichnen — und nicht deren Zerstörung.
Staatliche Überflüssigkeit
Ein Staat, der nicht mehr für das Gemeinwohl sorgt, delegitimiert sich selbst.
Fürchtet euch
Das Propagandasystem hat für alle Seiten die passende Angst parat.
Manipulierte Welt
Unsere Gedanken kommen nicht alle aus uns selbst — viele werden quasi von außen in uns hineingelegt. Exklusivauszug aus „Angst und Lüge“.
GlobKult
Formen und Funktionen der humoristischen Dimension in Erzähltexten des Sarmatien-Projekts von Johannes Bobrowski
von Burckhard Dücker
Für die kulturwissenschaftliche Untersuchung der humoristischen Dimension (Humor, Ironie, karnevalistische Szenen, Komik, Parodie, Schwank, Verlachen, Witz u.a.) als kommunikative Handlungsform in Johannes Bobrowskis »Zeitroman[en]« mit historischem Bezug Levins Mühle (1964) und Litauische Claviere (postum 1965) scheint ein Blick auf Geltung und Funktion von Humor und Komik in der öffentlichen Kommunikation der Gegenwart nützlich zu sein, weil er den Rezeptionskontext der Studie erschließt. Markieren zeitgenössische Belege doch einen entsprechenden Referenzrahmen, in dem Wahrnehmungen und Einschätzungen von sowie Erwartungen an Situationen und Formen des Lachens sichtbar werden. Haben Lachen, Humor und Komik bestimmbare soziale Bedeutung und gesellschaftliche Funktionen?
Über die Eitelkeit
von Helmut Roewer
...und andere nützliche Motive, eine Autobiografie zu lesen
Der Dienstagmittag war regenverhangen in Erfurt, und da ich zu früh dran war, trat ich in das mildtätige Geschäft von Oxfam ein, um mich unter den Augen wohl konservierter älterer Damen die nächsten zehn, zwanzig Minuten herumzudrücken und vor dem einsetzenden Dauerregen zu schützen. Ein wunderbarer, ein ordentlicher Laden, die Bücher reichlich und wohl sortiert. Die überwiegende Zahl davon autobiografischen Inhalts und davon die meisten von Schauspielerinnen.
Geostrategie 2025
von Jobst Landgrebe
Die Geostrategie, eigentlich eine Arkanwissenschaft, hat derzeit Hochkonjunktur, was man daran merkt, dass sich nun ein jeder berufen fühlt, sich zu dem Thema zu äußern; so auch der Autor. Dabei lassen sich im Westen zwei führende Schulen geo-strategischen Denkens abgrenzen: der neo-konservative Altbestand US-amerikanischer Prägung, der das Washingtoner Establishment und die wesentlichen westlichen Leitme- dien der NATO-Ländern dominiert, einerseits, sowie das Lager der westlichen Kritiker der eigenen Hegemonialpolitik andererseits. Wir fassen hier die beiden Positionen kurz zusammen, bevor wir einige der Nuancen der Kritiker vertiefen und verfeinern, um uns zu fragen: Quo vadis, Occidens?
Feindschaft, Gegnerschaft und Krieg
von Rainer Paris
In soziologischen Konflikttheorien spielt die Analyse der Feindschaft nur eine untergeordnete Rolle. In den einschlägigen Übersichtsartikeln sucht man das Stichwort oftmals vergebens; wenn es überhaupt auftaucht, dann häufig in Verbindung mit ›Krieg‹ oder als Verweis auf den Politikbegriff Carl Schmitts. Zudem konzentriert sich die Fragestellung in der Regel auf die sozialstrukturellen Ursachen gesellschaftlicher Konflikte (Parsons, Dahrendorf) oder in mikrosoziologischer Perspektive auf die interaktive Dynamik von Gewalt.
Weltoffenheit
von Ulrich Schödlbauer
WELTOFFEN, mit einem großen runden O in der Mitte: In Großbuchstaben steht das Wort über der modernen Einwanderungsgesellschaft, man könnte meinen, es handle sich um das Gegenstück zu Dantes Höllen-Inschrift Lasciate ogni speranza, voi ch'entrate! Wobei, wie jeder weiß, es gar nicht so einfach ist, alle Hoffnung fahren zu lassen. Im Ernstfall benötigt man dazu die höllische Assistenz. Die weltoffene Gesellschaft, gäbe es sie ohne Wenn und Aber, wäre eine Gesellschaft ohne Türen, somit auch ohne wirklichen Innenraum und ohne die Hoffnung, es möge an dieser Stätte besser oder gerechter zugehen als anderswo. Ihr bliebe einzig die Hoffnung, to make the world a better place, wie einst der Wahlkampfslogan des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten und späteren Präsidenten Obama verhieß, zu dessen Amtszeiten dann pünktlich der Drohnenterror perfektioniert wurde. Doch da nirgends so heiß gegessen wie gekocht wird, sind solche Stätten sehr selten, am ehesten trifft man sie auf dem Papier. Wirkliche Weltoffenheit scheint eher eine Sache des Mehr oder Weniger zu sein, das klug erwogen sein will.
Wie ist und was bedeutet der Stand russischer Angriffswaffen?
von Jobst Landgrebe
Neulich haben die Russen eine neuartige Hyperschall-Mittelstreckenrakete, die Oreschnik, auf die Ukraine abgeschossen. Diese Rakete fliegt mit einer Geschwindigkeit von 12300 km/h, das ist die zehnfache Schallgeschwindikgeit (Mach 10). Die Reichweite dieser Rakete beträgt bis zu 5000 Kilometer. Sie fliegt auf keiner ballistischen Bahn, deren Verlauf man durch Messungen an zwei Punkten auf der Anflugbahn bestimmen könnte, ist durch ein Radar schlecht erfassbar und extrem schnell (3,4 km pro Sekunde) und daher nicht abfangbar.
Ist die Union reif für eine Wende?
Gerd Held
Um den Niedergang von Wirtschaft und Staat in Deutschland zu beenden, genügt es nicht, sich von Rot-Grün zu distanzieren. CDU und CSU müssten sich klar und selbstkritisch von ihrer eigenen Politik der leichten Auswege verabschieden.
Das abrupte Ende der Ampel-Koalition kann man als Erlösung begrüßen. Aber es gibt auch die Gefahr, dass die jetzige Beschleunigung der Dinge dazu führt, dass die tieferen Probleme des Landes aus den Augen verloren werden. Es geht um mehr als um die ›Zerstrittenheit‹ einer Regierung. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben in Deutschland schwerwiegende Eingriffe in die Grundaufstellung von Wirtschaft und Staat stattgefunden, die sich nun als Irrweg erweisen. Mit dieser Aufstellung steuert das Land auf einen fundamentalen Engpass zu.
Transhumanismus – die Leitideologie unserer Zeit
von Jobst Landgrebe
Der Transhumanismus als Ideologie ist für alle Gesellschaften der Nordhemisphäre sehr wichtig, weil diese Idee seit dem Beginn der sogenannten COVID-Impfkampagne Ende 2020 in die operative Massenumsetzung gegangen ist. Denn im Rahmen dieser als Primärprävention vermarkteten Kampagne wurden Milliarden von Menschen einer somatischen Gentherapie unterzogen. Diese ergänzt das menschliche Genom temporär um ein nichtmenschliches Gen. Dieses Gen, das Spike-Protein des Virus SARS-Cov-2, wird nach der Injektion der Nukleinsäuren in allen Zellen produziert, die von den Nukleinsäuren durch Transfektion genetisch modifiziert werden. Mit anderen Worten, wir haben gerade eben Milliarden von Menschen gentechnisch manipuliert, was viele Menschen in der Landwirtschaft unter dem Schlagwort ›Gentechnik‹ bei Tieren und Pflanzen ablehnen. Was hat das mit Transhumanismus zu tun?
Wissen & Erfahrung
Kalte Sonne
Klimaschau 204: Enormer Klimaschaden durch entweichenden Wasserstoff
Internationale Energie Agentur sieht Kernenergie im Kommen
Schon wieder Neuigkeiten von der AMOC
Die Bodenretter
Grüner Stahl
Schüler und Klima
Klimaschau 207: Permafrost – Kein globales Klima-Kippelement
Schatzinseln im Pazifik
ScienceFiles • Kritische Wissenschaft
SciFi-Daily: 19/1/2025
Faschismus ist, wenn Regierung und Unternehmen die Bevölkerung ausnehmen
„Long-COVID Fälschung enthüllt!“ – Wirklich? So leicht ist Fälschung nicht…
Erkenntnistheoretisches Mittelalter: Konsensfanatiker haben uns weit hinter die Aufklärung zurückgeworfen
Hiobsbotschaft für modRNA-COVID-19-„Geimpfte“: Vollkörperverteilung von Spike-Protein [Neue Studie]
TKP • Der Blog für Science & Politik
Rumänien: Fortsetzung der Wahl abgelehnt trotz korrektem ersten Wahlgang
Die Machthaber in Rumänien weigern sich weiter die korrekt ablaufende, aber unterbrochene Wahl fortzusetzen. Das führt zu wachsenden Protesten im Land. Die NATO/EU scheint hier ein Exempel statuieren zu wollen. Rumänien als Vorbild für die nächsten Wahlen? Călin Georgescu hat den ersten Wahlgang klar gewonnen und lag im zweiten bei Umfragen mit großer Mehrheit voran. [...]
Der Beitrag Rumänien: Fortsetzung der Wahl abgelehnt trotz korrektem ersten Wahlgang erschien zuerst unter tkp.at.
Völkermord oder nicht Völkermord?
Es gibt immer wieder Aussagen, welche erklären, dass Israel in Gaza keinen Völkermord begehe aus diesem oder jenem Grund. In den allermeisten Fällen fehlt aber das grundlegende Verständnis dafür, was die Völkermordkonvention der UNO dazu aussagt. Dazu gibt es einen Autor, der sich die Frage, ob in Gaza ein Völkermord verübt wird, genauer angesehen hati. [...]
Der Beitrag Völkermord oder nicht Völkermord? erschien zuerst unter tkp.at.
Maul- und Klauenseuche – schreckliches Naturereignis oder Teil einer EU-Agenda?
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist seit dem 10. Januar 2025 zurück in Deutschland, heißt es. Ein Artikel auf TKP vom 18. Januar beleuchtet diese Tierseuche und den amtlich festgestellten Ausbruch mit seinen unmittelbaren Auswirkungen. In diesem Artikel geht es um die Frage, ob man von einem Netzwerk von Politik, Wissenschaft und Industrie sprechen kann, [...]
Der Beitrag Maul- und Klauenseuche – schreckliches Naturereignis oder Teil einer EU-Agenda? erschien zuerst unter tkp.at.
Eine wohltemperierte Abrechnung hin zum Frieden – Rezension
Glücksimitation, Jagdauflösung und das Filigrane im Menschen – Eine Rezension von Teer Sandmanns neuem Buch „Raffen Sterben Trance: Eine wohltemperierte Abrechnung hin zum Frieden“. Dem maskierten Grauen unserer Zeit stellt Sandmann etwas entgegen: Ein lyrisches, durchaus anspruchsvolles Kunstwerk, das nicht nur das Ertragen erleichtert, sondern den Ausweg in sich bildet. Zudem ist es ein Appell [...]
Der Beitrag Eine wohltemperierte Abrechnung hin zum Frieden – Rezension erschien zuerst unter tkp.at.
Daniele Ganser zu Faktencheck in Deutschland am Beispiel ARD
Die Faktenchecker sind schon lange in einem schlechten Licht, nun sind sie auch in einem hellen, dank Zuckerbergs Absage an sie. Die EU droht natürlich mit Strafen. Faktenchecker sind allerdings fast immer Propagandisten oder einfach inkompetent. Zwei Beispiele. Laut einem Welt-Artikel kündigt die EU bereits Strafen für Faktencheck-freie soziale Medien an: „Die „Zensur“ sei zu [...]
Der Beitrag Daniele Ganser zu Faktencheck in Deutschland am Beispiel ARD erschien zuerst unter tkp.at.
RFK-Eeffekt: FDA verbietet krebserregenden Lebensmittelfarbstoff
Das von Robert F. Kennedy angekündigte Programm MAHA (Make America Healthy Again) wirkt offenbar schon vorauseilend vor dem Amtsantritt der neuen Regierung. Eines der Programmpunkte von RFK ist, die Lebensmittel Industrie dazu zu bringen keine gesundheitsschädlichen Produkte mehr zu verkaufen. Die Behörde, die bisher zugeschaut hat, hat nun in einem Punkt gehandelt. Die Lebensmittelindustrie ist [...]
Der Beitrag RFK-Eeffekt: FDA verbietet krebserregenden Lebensmittelfarbstoff erschien zuerst unter tkp.at.
Wandelt sich Saudi-Arabien zum Paulus?
Im Libanon wurde gerade der Wunschkandidat der USA nach entsprechender „Überzeugungsarbeit“ der Botschafter und Sondergesandten der Kolonialmächte und Saudi Arabiens, im zweiten Wahlgang durch die Abgeordneten des Landes bestätigt. Zeit für einen Rückblick nicht nur auf den Libanon, sondern auch auf die Politik Saudi-Arabiens, das den Libanon viele Jahre als seinen „Hinterhof“ ansah. Nachdem vollkommen [...]
Der Beitrag Wandelt sich Saudi-Arabien zum Paulus? erschien zuerst unter tkp.at.
Die Volkswagen-Krise: Wer gewinnt, wer verliert?
Die Aktionäre bekamen in den letzten Jahren erhebliche Dividenden, das Geld fehlt jetzt, die Beschäftigten müssen daher einen Reallohnrückgang in Kauf nehmen. Die Krise bei Volkswagen bleibt in den Schlagzeilen. Laut einem Medienbericht vom 15.1. soll es bei den Beschäftigten von VW Lohnkürzungen geben, wenn sich die Krise weiter zuspitzt.1 Oder werden vielleicht – laut [...]
Der Beitrag Die Volkswagen-Krise: Wer gewinnt, wer verliert? erschien zuerst unter tkp.at.
Edgar L. Gärtner
Barbarische Reaktionen auf den Tod von Jean-Marie Le Pen
Hoffen auf die Zeitenwende
Neue Sprüche
„Wer argumentiert, verliert.“ Das Ende der Party
Der Westen im Niedergang
Die „Energiepolitik“ der unbelehrbaren EU-Kaste
Die Menschen sind im Grunde gut, aber es gibt das Böse
OVALmedia • Live-TV & Investigatives
Gerold Keefer | NARRATIVE #194 by Robert Cibis
OVALmedia:
Merkel: Tarnen und Täuschen Mit der Regierungszeit von Dr. Angela Merkel (2005-21) hat in Deutschland eine neue Epoche begonnen. Ihr Biograf Gerold Keefer beschreibt sie als „Umbau einer grundsätzlich intakten Demokratie in etwas Disfunktionales.“ Die Kanzlerin ist weg, aber dieses System, was an die DDR erinnert, ist geblieben. Das erkennen die Westdeutschen nicht so schnell: „Wenn der…
Der Beitrag Gerold Keefer | NARRATIVE #194 by Robert Cibis erschien zuerst auf OVALmedia.
Vera Lengsfeld | AMA by Robert Cibis
OVALmedia:
"ask me anything" mit Vera Lengsfeld
Dienstag, den 17.01.2025 um 20 Uhr exklusiv für OVALplus Abonnenten.
Stellen Sie Ihre persönlichen Fragen an die…
Der Beitrag Vera Lengsfeld | AMA by Robert Cibis erschien zuerst auf OVALmedia.
Alexander von Bismarck | NARRATIVE #193 by Robert Cibis
OVALmedia:
Bomben auf Stendal Wir wissen es. Die Wirtschaft geht den Bach herunter, der Weltkrieg droht und potenzielle Partner wie Russland werden von den eigenen Verbündeten zu “unseren” Todfeinden gemacht. Das hat Alexander von Bismarck aus der Reserve gelockt. Der Unternehmer und Friedensaktivist arbeitet hart daran, die Idee seines Großonkels umzusetzen: “Ewigen Frieden kann es nur…
Der Beitrag Alexander von Bismarck | NARRATIVE #193 by Robert Cibis erschien zuerst auf OVALmedia.
Robert Malones „limited-hangout“ Geständnis
OVALmedia:
Anmerkung der Redaktion: Eine sehr verbreitete Methode aller Regierungen der Welt ist, ihre eigene Opposition selbst „zu steuern“, in dem ihre Führungspersönlichkeiten heimlich für diese Regierung arbeiten und darauf achten, dass die Kritik an der Regierung an den wirklich wichtigen und sensiblen Fragen vorbei führt. Dazu gehört ganz sicher auch der sich selbst als „Erfinder der mRNA Technologie“ bezeichnende Robert Malone. Sasha Latypova schiesst zurück…
Der Beitrag Robert Malones „limited-hangout“ Geständnis erschien zuerst auf OVALmedia.
Autoimmunität und Tumorentstehung. Nebenwirkung der modRNA-COVID-Impfstoffe? | Dr. Michael Mörz
OVALmedia:
Autoimmunität und Tumorentstehung. Nebenwirkung der modRNA-COVID-Impfstoffe?: Dr. Michael Mörz Vortrag auf dem Workshop „Covid – Long-Covid – Post-Vac: Pathomechanismen, Diagnose und Therapie. Neues aus Forschung und medizinischer Praxis“, 29.-30.11.2024, veranstaltet von MEthiG e.V. Die modRNA-Impfstoffe sollen zu einer Produktion des Impfantigens durch den eigenen Körper führen. Die invivo Spike-Expression führtzu multiplen, bisher kaum verstandenen intra-…
Der Beitrag Autoimmunität und Tumorentstehung. Nebenwirkung der modRNA-COVID-Impfstoffe? | Dr. Michael Mörz erschien zuerst auf OVALmedia.
Fahrt nach Kalaurea
Die Blogs von Ingo Bading
Studium Generale
Eine "große Liebende in Schmerz, Seligkeit und Hingabe ..."
In unserem jüngsten Video (Yt) und in dem dazu gehörigen Blogartikel (Stg25) ist auf die frühe Liebeserfahrung der Dichterin Agnes Miegel (1879-1964) Bezug genommen worden und auf ihre bis ans Lebensende frische, unverbrauchte Schaffenskraft. Dazu hat der Verfasser dieser Zeilen schon um 2002 einen Aufsatz verfaßt, der bislang noch nie veröffentlicht worden ist. Er soll hier erstmals in leicht überarbeiteter Form zugänglich gemacht werden. Voran gestellt seien die beiden Endzeilen eines Gedichtes von Agnes Miegel aus dem Jahr 1903 (s. FüK21):
Abb. 1: Agnes Miegel, 1902 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Im Jahr 1936 brachte die Dichterin Agnes Miegel eine Ausgabe „Gesammelte Gedichte“ heraus. Die Abfolge der darin zusammen gestellten Dichtungen kann wie eine Lebensbeschreibung der Dichterin gelesen werden. In der ungefähren Abfolge, in der „Lebensthemen“ im Leben der Dichterin selbst bedeutend geworden waren und dann wieder abgeklungen sind, klingen auch in dieser Ausgabe abschnittsweise jeweilige Lebensthemen in Gedichtform an.
„Aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“
Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen
Am Anfang stehen - wie auch ungefähr in ihrem Erwachsenenleben - die berühmten Balladen Agnes Miegels, die lange Zeit in jedes deutsche Schulbuch gehörten. Mit diesen war sie um 1900 herum bekannt geworden (S. 3-72). Als solche war sie bekannt geworden zusammen mit zwei ihrer bedeutendsten, lebenslangen Freunde, nämlich zusammen mit den beiden Balladendichtern Börries von Münchhausen (1874-1945) und Lulu von Strauss und Torney (1873-1956). Unter anderem wird in diesen Balladen die tiefe Grausamkeit der Kriemhild der Nibelungen-Sage dichterisch neu gefaßt. Zugleich auch der Schmerz der Kriemhild über ihre eigene Grausamkeit. Schon die Zeitgenossen haben empfunden, daß diese Ballade auch dem tieferen Wesensgehalt der Nibelungen-Sage selbst sehr nahe gekommen ist. Und dies galt und gilt für viele historische Themen, die Agnes Miegel in ihren Balladen und Gedichten aufgegriffen hat.
Es folgen in einem weiteren Abschnitt dann eher persönlich gehaltene Gedichte. Unter anderem sind diese an die eigenen Vorfahren gerichtet. Außerdem folgen Gedichte über die Kinderheimat und über die Lebenszeit als heranwachsendes Mädchen (S. 73-79). Es folgt dann ein Abschnitt mit elf Liebesgedichten. Alle elf sind sehr persönlich gehalten (S. 80-90). Wie sollte es da ausgeschlossen sein - und das soll im folgenden begründet werden -, daß diese elf Gedichte dem Inhalt nach aus dem ersten - und wohl einzigen - großen Liebeserleben im Leben der Dichterin heraus entstanden sind. Bei diesem handelt es sich um ihre stolze und heftige Zuneigung zu dem für damalige Zeiten sehr unkonventionell lebenden Dichter Börries von Münchhausen.
Börries von Münchhausen (1874-1945)
Agnes Miegel blieb mit Börries von Münchhausen lebenslang befreundet. Ebenso bestand lebenslang ein herzliches, freundschaftliches Verhältnis zu seiner ganzen Familie, die in Niedersachsen beheimatet war. Nach ihrer Flucht aus Ostpreußen im Jahr 1945 siedelte sich Agnes Miegel deshalb in der Nähe dieses Familiensitzes an. Börries von Münchhausen selbst setzte sich immer wieder - sowohl im privaten Kreis wie öffentlich - für seine Dichterfreundin Agnes Miegel ein. Diese Umstände werden mit dazu beigetragen haben, daß Agnes Miegel sich zu ihren Lebzeiten niemals besonders deutlich über ihre frühe Leidenschaft für diesen Mann äußerte, ebenso wenig über die außerordentlich tiefe Verletzung, die dieselbe mit sich gebracht hat.
Abb. 2: Agnes Miegel, 1902 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Agnes Miegel konnte über derartige Dinge zwar völlig freimütig sprechen - aber eher im vertrauten Kreis und nicht jedem Menschen, bzw. und „Philister“ gegenüber. Oftmals sprach sie nur verschlüsselt und in Andeutungen. So sagte sie einer guten Bekannten: „Man muß es für sich behalten, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister!“
Selbst in der ausführlichen, detailreichen Biographie über Agnes Miegel, die nach ihrem Tod 1967 von ihrer nahestehenden Freundin Anni Piorreck heraus gebracht worden ist, wird ihre jugendliche Zuneigung - bzw. flammende Zuneigung - zu Börries von Münchhausen nur in wenigen Sätzen angedeutet. Dasselbe gilt von der 1990 heraus gekommenen, korrigierten Neuauflage derselben. Bei dieser Gelegenheit wird keinerlei Name genannt. Diese Biographie ist aus der Kenntnis vieler wesentlicher Einzelheiten im Leben von Agnes Miegel heraus geschrieben. Und sie ist, zumal sie bisher die einzige geblieben ist (Stand 2002), außerordentlich wichtig und verdienstvoll.
Eine unbefriedigende Biographie über Agnes Miegel (1967/1990)
Heute (2002) jedoch, vierzig Jahre nach dem Tod von Agnes Miegel und nach dem Hinwegsinken ihrer ganzen Zeitepoche spätestens in der Kulturrevolution von 1968, läßt die Biographie von Anni Piorreck den Leser unbefriedigt zurück. Die ganze Zeit- und Kulturepoche, in der Agnes Miegel gelebt und gewebt hat, wird letztlich doch nicht in einem „großen Wurf“ gezeichnet, wie es notwendig wäre, um ein kraftvolles Lebensbild zu geben. Es wird nicht ein mit vollen Pinselstrichen gemaltes Lebensbild gegeben, wie es einer so bedeutenden Dichterin wie Agnes Miegel angemessen wäre.
Der vorliegende Aufsatz möchte in Richtung einer neuen, zeitgemäßen Auffassung des Lebensbildes von Agnes Miegel hinwirken. Sie war und ist eben nicht nur die allseits verehrte „große Dichterin“ Ostpreußens - vor allem unter den ostpreußischen Vertriebenen. Sondern sie war vor allem ein Mensch mit seiner Freude und seinem Schmerz. Ein Mensch, den man viel besser versteht, wenn man über prägende Phasen, Erlebnisse seines Lebens nicht nur in Andeutungen erfährt. Und zwar in Andeutungen, die man fast überliest. Nein, sie müssen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt werden. Dann kommt uns ein solcher Mensch vielleicht in manchen Lebensinhalten auch viel „moderner“, „zeitgemäßer“ vor, als dies sonst der Fall sein mag.
Die Titel der genannten elf Liebesgedichte lauten: „Liebe“ („Ich warf wie tote Muscheln / Liebe und Treu in den Sand ...“), „Wer ruft die Rose zurück“, „Flieder“, „Der es gegeben“ (entstanden 1927), „Der Garten“, „Johanni“, „Weit in der Fremde“, „Neumond“, „Frühling“ und „Dämmerung“ („Du sprichst - ich höre schweigend hin / Wie fremd ist deiner Stimme Klang! / Und ich zermartre meinen Sinn / Was so an dir mein Herz bezwang. ...“).
Nach diesen elf Gedichten folgen in dem Gedichtband von 1936 noch weitere "Lebensthemen". Sozusagen das große Leid dieser Liebe ausklingen lassend und die Gedanken allmählich wieder auf andere Erlebnisinhalte richtend, folgen weniger persönliche Gedichte über das Erleben einer Witwe, einer späten Frauenliebe und ähnliches (S. 91-95).
Es folgt dann das berühmte Gedicht „Heimweh“, das schon im Jahr 1907 entstanden war („Ich hörte heute morgen / Am Klippenhang die Stare schon ...“). Ein Gedicht ist an eine gestorbene alte Frau gerichtet, möglicherweise die Mutter von Börries von Münchhausen, die, wovon noch die Rede sein wird, eine sehr enge Freundin von Agnes Miegel geworden war. Außerdem folgen Gedichte an Jugendfreundinnen und -freunde (etwa gefallen im Ersten Weltkrieg) und an Kinder in der Verwandtschaft, an deren Schicksal die kinderlose Agnes Miegel Anteil genommen hat.
Abb. 3: Agnes Miegel, Sommer 1901 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Dann folgt wieder fast eine Zäsur mit dem Gedicht „Aufschrei“ aus dem Jahr 1927 („Für dies verzettelte Leben, / Das wie Wasser durch meine Hände rann ...“). Dieses Gedicht gibt auch die Stimmung wieder, die sich in vielen brieflichen Äußerungen Agnes Miegels aus dieser Zeit widerspiegelt. Damals mußte sie - in der Blütezeit ihres Lebens - fast nur für und mit ihren beiden alten, kranken Eltern und in deren Alt-Königsberger „Bürgerlichkeit“ leben. Sie tat das in treuer Pflichterfüllung, zugleich aber auch immer wieder in „aggressiver Bitterkeit gegen sich selbst“. Über diesen bis heute wenig beachteten Charakterzug Agnes Miegels wird weiter unten ebenfalls noch zu handeln sein.
Immer wieder beschlich sie der ungeheure Verdacht, daß sie diesen Kindes-Pflichten letztlich ihre große Begabung als Dichterin aufopfern würde. Aus ähnlichen Stimmungen heraus entstand wohl das Gedicht „Ich“ (im Jahr 1920) („In dem Geschwätz und Gewühl / vor dem plätschernden Brunnen am Markte ...“). Dann folgt ein Gedicht, das man eigentlich nur anti-christlich nennen kann: „Heimat“ (ebenfalls aus dem Jahr 1920) („Nicht in euren Himmel will ich kommen / Wo die weißen Engel Harfe spielen, / In die alte Heimat werd ich wandern ...“).
Und nun stehen da einige der großen, stolzen Gedichte auf die vielfältige Geschichte Ostpreußens und auf seine berühmten Gestalten (S. 109-141), um derentwillen sich Agnes Miegel in die Herzen ihrer Landsleute und der Deutschen eingeschrieben hat („Kynstudt“, „Hennig Schindekopf“ [entstanden schon 1901], „Heinrich von Plauen“ und andere). Dann folgen Gedichte auf die Zeitereignisse des Ersten Weltkrieges und die unmittelbare Nachkriegszeit, etwa: „Über der Weichsel drüben ...“ (aus dem Jahr 1927) („Über der Weichsel drüben, Vaterland höre uns an! / Wir sinken wie Pferd und Wagen versinken im mahlenden Sand ...“), „Die Fähre“ (entstanden an der Memel im Jahr 1920, kurz bevor das Memelland an Litauen abgetreten wurde). Außerdem: „England 1918“ („Weißbrüstige Tochter Alfreds / die ihm die Keltin gebar ...“ ) (S. 142-168).
Das sind Anklagen an die Ereignisse der Zeit und an die Mißhandlung ihrer Heimat, die Abtrennung des Memellandes und Westpreußens an fremde Staaten - während die kalte, „weißbrüstige Tochter Alfreds“ „am Pool von London“ sitzt und große Völker und Volksgruppen durcheinanderschüttelt wie bunte Perlen in ihrer Hand. - - -
„Von da an haben wir uns zwei Jahre lang sehr lieb gehabt“ (1898)
Doch zurück zu dem Eingangsthema: Wer war Börries von Münchhausen, den Agnes Miegel mit 19 Jahren kennenlernte? Dazu muß eine Literaturhistorikerin angehört werden, deren Veröffentlichung die Anregung zur Erarbeitung des vorliegenden Aufsatzes gegeben hat. Über diesen Mann berichtet sie folgendes (Poschmann, S. 8): „Zu Beginn seiner Göttinger“ (Studien-) „Zeit hatte er seinen ersten Gedichtband veröffentlicht, der enthusiastische Besprechungen auslöste und außer seinem ohnehin sehr ausgeprägten Selbstbewußtsein bei ihm das Gefühl dichterischer Berufung unabweisbar bestätigte. Man gab sich als Bohemien und verachtete alles Bürgerliche und Konservative, vor allem die hannoversche adlige Gesellschaft. Diese Lebenshaltung steigerte sich noch, als Münchhausen mit einigen seiner Dichterfreunden im Wintersemester 1897 nach Berlin übersiedelte mit dem Vorsatz, sein Jurastudium abzuschließen. Doch ehe es soweit war, stürzte er sich in ein - nach seinen eigenen Worten - ‚ausbordendes Kunstzigeunertum‘, wurde Sozialdemokrat, trat aus der Hannoverschen Landeskirche aus und trug in ‚frechster Herausforderung einen Rosenkranz als Pfeifenschnur‘. Nächte hindurch saß er in den Kriminellenkellern im Norden Berlins mit üblem Volk zusammen, in der Hoffnung, ‚bei ihnen Güte und Edelsinn ..., Selbstlosigkeit und Hingabe an irgendeinen Gedanken‘ zu finden. Er ließ sich als Chefredakteur für die ‚Münchhausen‘ benannte satirische Zeitschrift gewinnen und brachte alttestamentarische Balladen unter dem Titel ‚Juda‘ heraus - beides Provokationen für die Familie und für die hannoversche Gesellschaft, vor allem, als er aus dem Büchlein ‚Juda‘ noch Dichterlesungen in dem Zionistischen Verein in Hannover hielt.“
Auch noch weitere, ähnliche Schilderungen zeigen insgesamt einen Mann, der in seiner lässigen Nonchalance auf ein ähnlich oberflächlich gesinntes, aber ebenfalls doch auch begabtes Mädchen von 19 Jahren Eindruck machen konnte. Das geschah, als die junge Agnes zusammen mit ihrem Vater auf der Reise nach Paris nach Berlin kam, um mit Börries von Münchhausen über die Veröffentlichung ihrer Gedichte persönlich zu sprechen.
Abb. 4: Börries von Münchhausen (wohl um 1899 herum) |
Im kulturellen Gedächtnis blieb Agnes Miegel als alte, verehrte Dichterin der Stadt Königsberg und des Landes Ostpreußen, sowie der ostpreußischen Vertriebenen in Erinnerung. Obwohl sie ihre heftige Leidenschaft für den exzentrischen Dichter um die Jahrhundertwende niemals völlig geheim gehalten hat, ist dieselbe bis heute in ihren Lebensbeschreibungen höchstens vage angedeutet worden.
Und doch klingt auch durch ihre starke Heimatverbundenheit bis an ihr Lebensende jene Verachtung für alle Bürgerlichkeit hindurch, jene „Bohemienhaftigkeit“, von der auch die Leidenschaft für Börries von Münchhausen bestimmt gewesen sein muß. Wenn es um ihre Heimatliebe ging, konnte sie noch an ihrem Lebensende sprechen von „Spießerseelen und ihren kleinen Seelenwehwehs“ - als wäre sie immer noch eine 19-Jährige.
„Sie sagte einfach ‚Wie du willst‘ “
In seinen eigenen, autobiographischen Aufzeichnungen aus den 1930er Jahren hat Börries von Münchhausen über seine Liebe zu Agnes Miegel das folgende geschrieben (zit. n. Poschmann, S. 10f): „Im Jahre 1898 hatte ich von einem jungen Mädchen aus Königsberg Gedichte zugeschickt bekommen, die mich mehr als begeistert hatten. Ich sah auf den ersten Blick: Eines der ganz seltenen weiblichen Genies legte diese Verse und die Worte dieser Briefe aufs Papier. Wundervolle hell-dunkle Stimmungen klangen auf, wunderlicher Aberglauben rankte um einen kindisch-kindlichen Glauben.“ In dieser, gegenüber dem weiblichen Geschlecht natürlich kraß überheblichen Art schreibt Börries von Münchhausen weiter. Er berichtet dann:
„Unser Briefwechsel nahm in wenigen Wochen sehr herzliche Formen an. Im August kam sie mit ihrem Vater, der sie in eine Pariser Pension brachte, durch Berlin und blieb drei Tage hier.“ Münchhausen berichtet wie er - nachdem eine erste Verabredung nicht zustande gekommen sei -, seiner selbst unbewußt wie ein Blinder durch die Großstadt und das Menschengedränge Berlins geradewegs zu ihr „hingeführt“ worden sei - in einen vollgedrängten Bierkeller Unter den Linden. Dieses „blinde“ Hinfinden paßt durchaus zu manchen Inhalten von Gedichten Agnes Miegels und der darin enthaltenen „Ahnungen“ und „Gesichte“. Börries von Münchhausen schreibt: „Als ich den Kopf hob, da wußte ich, daß dieses dunkelhaarige Mädchen, das mit seinem Vater am Tisch saß, meine Briefschreiberin sei. Und ich streckte ihr die Hand hin und sagte: ‚Guten Tag, Agnes Miegel!‘ Und sie sagte in ganz selbstverständlichem Tone: ‚Börries von Münchhausen.‘ Ihre Stimme war weich, tief und voll, gar nicht so wie ihre 19 Jahre.
Sie war sehr schön.
Dann begleitete ich sie in ihr Gasthaus. Im Gewühl der Friedrichstraße wurde sie einen einzigen Augenblick von ihrem Vater abgedrängt, und in dieser einzigen Sekunde sagte ich: ‚Morgen um 10 am Theater des Westens‘.
Sie sagte einfach: ‚Wie du willst‘. Von da ab haben wir uns zwei Jahre lang sehr lieb gehabt. Wir haben uns freilich nur selten gesehen. Als sie aus Paris kam, holte ich sie in Köln ab, und wir machten eine kleine Rheinreise.“ - Und auf diese Rheinreise - als Unverheiratete - wird sich noch eine viel spätere Äußerung oder Andeutung von Agnes Miegel bezogen haben, die weiter unten gebracht werden wird. - „Und dann, als sie in Berlin Pflegerin im Friedrich-Kinder-Krankenhaus war. Aber die kargen Stunden wurden uns zu Jahren, und ein täglicher Briefwechsel vertiefte unser Verhältnis.“ Börries von Münchhausen behauptet dann:
„Wir haben alles miteinander geteilt, am innigsten unsere künstlerische Arbeit. In meinen Gedichten stecken viele Verse, die sie mir sagte, in ihren Büchern viele von mir, und wir haben oft gelacht, wenn wir dachten, ob die Gelehrten des Schrifttums wohl die Anteile auseinandertrennen könnten. In einzelnen Fällen ging die Arbeit des anderen fast an die Hälfte heran.“ - Und weiter schreibt er:
Abb. 5: Agnes Miegel, 1902 |
„Schließlich haben wir uns getrennt, wie wir uns zusammengefunden hatten: Als freie Menschen, aus freien Stücken. Und nicht ein Tropfen Bitterkeit ist in den Kelch der Freundschaft gefallen, die uns seither brieflich verbindet.“
Wenn man diese Aussage vergleicht mit den Briefen von Agnes Miegel an ihre Freundinnen oder auch mit ihren Gedichten zu diesem Thema, wird deutlich, wie unterschiedlich diese Trennung „aus freien Stücken“ von beiden Seiten aufgefaßt worden ist - und wie wenig Börries von Münchhausen sich das bewußt gemacht hat. Er schreibt: „Wir haben es vom ersten Tag an gewußt und haben es wiederholt besprochen, daß diese Trennung einmal kommen müsse. Und trotzdem haben wir getan, als ob jene Monate ewig wären.“
Nach allem, was erkennbar wird, hat Agnes Miegel dieses Verhältnis und sein Ende - ganz für sich - noch in einer ganz anderen Weise empfunden.
Diese autobiographischen Aufzeichnungen von Börries von Münchhausen sind erstmals 1990 veröffentlicht worden (Poschmann, S. 10f) und geben - wohl bei mancher Beschönigung des eigenen Verhaltens von Seiten Börries’ von Münchhausen - eine ganz neue und andere Sicht vor allem auf die junge Agnes Miegel frei.
Lebenslang unverheiratet - „An mir hat es nicht gelegen.“
Eine Freundin berichtet über ein Gespräch, das sie mit Agnes Miegel irgendwann in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg geführt hatte (Ilse Reicke-von Hülsen in: Wagner, S. 63): „ ‚Man muß es für sich behalten, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister!‘ Mit leisem Lachen klingt die Stimme Agnes Miegels durch das vertraute Zimmer. Wir haben davon gesprochen, daß heut so überraschend oft Brautleute miteinander auf Reisen gehen. Heut, nach Jahren, stellt sich die Erinnerung an ein anderes Gespräch daneben; damals sagte Agnes Miegel: ‚Meine Ahnen haben sich nicht noch einmal verkörpern wollen. An mir hat es nicht gelegen ...‘ “ Hier ist sehr behutsam das angedeutet, was Börries von Münchhausen in seinen Aufzeichnungen deutlich ausspricht. Einerseits - wohl - die gemeinsame Rheinreise, andererseits die spätere Trennung.
Und auch Anni Piorreck, die Königsberger Freundin und erste Biographin Agnes Miegels, deutet sehr zurückhaltend - aber doch wohl treffend - diese Geschehnisse an (Piorreck, S. 46): „Ihre Schönheit und Anmut verschaffen ihr zwar manche Bewunderer, doch es scheint gerade bei diesen ersten frühen Begegnungen, als ob von vornherein jede Partnerschaft, die bei den anderen bald zur Verlobung und Ehe führt, ausgeschaltet sein müsse. Sie hat später oft darüber berichtet, und ihr Gedicht ‚Der Schatten‘ aus dem zweiten Gedichtband“ (von 1907) „hat dies verschlüsselt ausgesprochen.“
Weiter schreibt Anni Piorreck (Piorreck, S. 48f) von der „jungen Agnes als der großen Liebenden in Schmerz, Seligkeit und Hingabe. Der Mann aber, dem diese Liebe gehörte, war zwar künstlerisch hochbegabt, menschlich jedoch unzuverlässig - eine Don-Juan-Natur von verwöhnter Überlegenheit und Arroganz. Er war nicht der ebenbürtige Gefährte für das schwerblütige Mädchen, das er ständig betrog. ‚Herz, das mich immer verriet!‘ Obwohl Agnes bald seine menschlichen Schwächen erkannte, hat es fast anderthalb Jahrzehnte gedauert, bis sie sich von dieser Liebe hat lösen können. Dann aber schrieb sie (an Lulu von Strauß und Torney am 2. 3. 1914): ‚Ich habe mich mit einer Enttäuschung nach der andern abgefunden. Jetzt am Ende bin ich nur über eines erstaunt: wie unbedeutend, wie nebensächlich in meiner geistigen Entwicklung das war, was man Liebe nennt ...‘ “
Vermutlich wäre es aber ein großes Mißverständnis, wenn man zu der Einschätzung neigen würde, daß hier ein „Herz, das nie gelernt hat zu entsagen“, schon die letzte und vollständige Wahrheit über sein Leben ausgesprochen hätte. Im Jahr 1914 war Agnes Miegel erst 35 Jahre alt. Lulu von Strauss und Torney (1873-1956), das muß hier ergänzt werden, war die gemeinsame Freundin von Börries und Agnes, die dritte damals bekannte Balladendichterin in ihrer Runde. Auch sie hatte zeitweilig ein Verhältnis mit Börries gehabt, das noch sehr viel später (in den 1930er Jahren) zu sehr tiefgreifenden Auseinandersetzungen mit dessen auch sonst noch oft betrogener Ehefrau Anlaß geben sollte.
An Reaktionen Agnes Miegels zu der hier behandelten Thematik sind etwa auch bekannt (Margarete Haslinger, in: Wagner, S. 31; dazu auch: Piorreck, S. 47f): „Einmal fragte ich sie in den letzten Jahren, weshalb sie ein frühes Liebesgedicht, das ich sehr liebte, nicht in ihre Gesammelten Werke aufgenommen habe. Mit einer abwehrenden Handbewegung sagte sie: ‚Nachempfunden! Es gibt Verse, die man nur in der Jugend schreibt. Aus Mangel an eigenem Erleben gibt man dann nur von anderen gehörte Worte und Gefühle wieder, hingerissen von ihrer Magie ...‘ “
„Daß sich nicht freuen die Töchter der Philister ...“
Konkreter ist von der Literaturhistorikerin zusammenfassend zu erfahren (Poschmann, S. 11.13): „Bis über beide Ohren verliebt, lernte sie auf der Rückreise von Paris in Berlin sein“ (Börries‘) „Leben und seine Lebensverhältnisse kennen. Und das kann nur ein Schock für sie gewesen sein: An jedem Finger eine Freundin, von denen die eine oder andere zeitweise seine Wohnung teilte, eine andere Dichterin, Anna Richter, die ihn anbetete und deren Gedichte er in der Zeitschrift ‚Münchhausen‘ veröffentlichte. Sein flottes Leben spiegelt sich in dem Briefwechsel mit seinen Eltern, in dem sich Karten wie diese befinden:
‚Komme Freitag 15 Uhr 24 in Hannover an. Bringe Anna mit.‘ Darauf antwortete der Vater: ‚Anna Ritter wird uns natürlich hier als Gast sehr willkommen sein, ebenso wie Agnes Miegel.‘ Dann die postwendende Karte des Sohnes: ‚Ei herrje - nee, alter Herr, nicht Anna Richter, sondern Anna Sahlis!‘
Liebe
Ich warf wie tote MuschelnLiebe und Treu in den Sand,Vergaß wie welke BlumenVater und Vaterland.Dachte an Leid und ReueFluch und Segen nicht,Dachte nur an dein schönesHochmütiges Gesicht.Und all meine LiebeAchtest du so geringWie einen blinden schmalenUnechten Krämerring!“
Von Seiten der Literaturhistorikerin ist über Börries zu erfahren: „Seinem Vater, der ihn drängte, endlich Examen zu machen und standesgemäß zu heiraten, schrieb er“ (Börries) „1899, er halte nichts von der ‚durch das beständige Dienen veredelten christlichen Frau ... Diese Frauen sind immer Sklaven oder Tyrannen ... Mein Ideal als Frau ist in vielem die Tante Frieda Lipperheide. Daneben Agnes Miegel.‘ “ Die genannte Tante war eine Freundin der Mutter von Börries v. M. und Herausgeberin einer modernen Frauenzeitung. Es sei noch ein anderes Gedicht Agnes Miegels aufgeführt, das wohl als Ausdruck des Erlebens der Liebe zu Börries von Münchhausen aufgefaßt werden kann:
Der es gegebenDer es gegebenDaß ich so jung dich fand,Gott hielt dein und mein LebenWie Blumen in seiner Hand.Daß er die eineVerwarf und zertrat,Er weiß alleineWarum er es tat.Der nimmt und der gibtWeiß, warum er uns schied -Herz, das mich immer geliebt,Herz, das mich immer verriet.So kurz nur gegebenDie Frist, die uns band -Gott hielt dein und mein LebenWie Blumen in seiner Hand!
Börries von Münchhausen hingegen schrieb ein Gedicht ganz anderer Art und ganz anderen Inhalts über sein Verhältnis zu Agnes Miegel (zit. n. Poschmann, S. 18):
Meiner Freundin (A. M.)Wohl brach ich oft die Treue,Die ich so fest versprach,Und gab den Schwur aufs neue,Bis wieder ich ihn brach.Dir hab ich nicht gegebenDas oft gebrochne Wort,Und weiß: mich hält fürs LebenDas ungesprochne Wort.
Wenn man aus der Perspektive von Agnes Miegel auf diesen Börries von Münchhausen schaut, dann erscheint er als ein durch und durch unsympathischer Mann. Wohl ein nicht ganz leicht zu durchschauender Charakter, dieser Börries von Münchhausen.
Der Brief- und Besuchkontakt zwischen Agnes Miegel und Börries von Münchhausen hielt bis zu dem Freitod des letzteren nach Kriegsende 1945 an. Und auch noch die Wahl des Alterswohnsitzes von Agnes Miegel in Bad Nenndorf ist von der Nähe zu dem Stammsitz Apelern der Familie von Münchhausen und von dem engen Verhältnis, das Agnes Miegel Zeit ihres Lebens zu dieser Familie unterhielt, bestimmt.
„Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung ...“
Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen - 2. Teil
„Was seid ihr beiden für verständige Leute“
Abb. 6: Agnes Miegel, 1906 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Nebenbei sei erwähnt: Die Bebilderung dieser Aufsatzreihe profitiert von jenen Funden, die man auf dem Bildarchiv Ostpreußen machen kann.
Von Seiten der Literaturwissenschaft wird zu der Trennung von Börries von Münchhausen noch einmal die Reaktion der Mutter von Börries berichtet (Poschmann, S. 14-16): „Trotz aller Boheme, trotz aller nach außen demonstrierten Ablehnung der bürgerlichen und erst recht adligen Konvention war Börries von Münchhausen sich in seiner jugendlich-genialischen Schizophrenie“ (oder einfacher: seiner egoistischen Arroganz) „immer bewußt, daß ihm als Angehörigen des niedersächsischen Uradels nur eine standesgemäße Heirat anstand. Das hatte er in ehrlicher und unbarmherziger Offenheit seiner verliebten Freundin wohl von Anfang an zu verstehen gegeben. (...)
Als die Begeisterung des Berliner Studenten für seine Freundin im fernen Königsberg immer höhere Wellen schlug, fragte seine Mutter schließlich an, was er mit dem Mädchen vorhabe, und Börries klärte sie - unterstützt durch beiderseitige Briefe - darüber auf, daß er von vornherein klare Verhältnisse geschaffen hätte und Agnes Miegel das genauso sähe.
‚Tausend noch mal‘, entfuhr es seiner Mutter im Antwortschreiben, ‚was seid Ihr beiden für verständige Leute, Du und Agnes Miegel, nämlich Du für sie und sie für Dich. Aber weißt Du, daß das Mädel mir ganz leid tut? Wer so ideal empfindet, wie sie nach ihren Versen tun muß, und hat dabei so unbarmherzig klare Augen fürs Reale, dem muß das Leben manchmal schwer sein zu leben! Aber sie muß durchaus gesund sein - von innen heraus und im höheren Sinne gemeint - und so wird sie der Zwiespalt nicht brechen.‘ “
Einerseits scheint die Mutter hier doch viel über Agnes Miegel verstanden zu haben. Andererseits sind ihre Worte wohl nicht geeignet, die Leichtfertigkeit ihres Sohnes scharf und eindeutig genug zu charakterisieren. Die in Sprachen und manchem anderem hochbegabte Mutter von Börries von Münchhausen, Clementine (gestorben im Jahr 1913), die in Apelern wohnte, ist wenig später eine enge mütterliche Freundin Agnes Miegels geworden.
Clementine von Münchhausen (1901)
Diese Freundschaft ist durch Börries vermittelt worden, der seiner Mutter, so berichtet uns die Literaturwissenschaft (Poschmann, S. 26), „im Mai 1901 aus Sahlis“ (dem Wohnort seiner künftigen Frau Anna) „schrieb, daß er seiner zukünftigen Frau Gedichte von ‚Bulck und Miegel vorgelesen hatte, die beide in diesen Tagen erschienen‘ sind. ‚Mutti, willst Du vielleicht der Tutt‘ - das war der Kosename der Dichterin - ‚mal ein paar Worte über ihr Buch schreiben? Sie hat doch eigentlich so recht keine Mutter, und da möchte ich sie an meine mal anbeißen lassen.‘
Clementine packte ein Paket voll Lavendel und Gartenblumen und schrieb einen Brief dazu, der das Mädchen beglückte ob der ‚Freude und des Interesses an meinem Talent‘. Schon dieser erste Brief der jungen Dichterin an die Unbekannte ist von einer entwaffnenden Offenheit, und sie erklärte das so: ‚Weil Sie mir so gar nicht fremd waren. Der Brief sieht mich so freundlich an. Ich habe solche Angst vor Ihnen gehabt. Börries und Lange und Hans von der Gabelentz sagten, Sie seien so schrecklich klug. Aber die 3fache Großmutterschaft beruhigten mich.‘ Sie entschuldigt ihr Herzausschütten: ‚Wem soll ich alles sagen, was mir durch den Kopf geht und im Herzen steht: - ich hab keinen. - Und es schreibt sich sehr schön.‘ “
Abb. 7: Agnes Miegel "und Lise", zwischen 1900 und 1905 |
Börries von Münchhausen ging also seine „standesgemäße“ Ehe ein. Er lebte fortan auf der Burg Windischleuba in Thüringen. Aber auch seine standesgemäß angetraute Ehefrau hatte ihr ganzes Leben über unter den vielen „Nebenfrauen“ ihres Mannes zu leiden. Zu diesen „Nebenfrauen“ gehörte letztlich auch - aber wohl in distanzierterem Sinne als gute Freundin - weiterhin Agnes Miegel. Mit ihr blieb er in stetigem Briefwechsel und beriet sie auf ihren Wunsch hin auch in geschäftlichen und Verleger-Fragen.
Im April 1901 versucht Agnes Miegel in einem Brief an ihre Freundin Lulu, ihr eigenes sich andeutendes Lebensschicksal von der heiteren Seite zu nehmen (Inge Diederichs, S. 250): „Komm und erzähle mir mehr von der Lou Salome und ihren Ansichten über die Ehe. Ich schwanke seit vorgestern, ob ich später ins Kloster gehen soll oder meinem Jugendfreund Carl Bulcke einen Heiratsantrag machen. Ich verstehe ihn so gut. - Ich weiß noch nicht recht, was von beidem ich tun werde. Ich denke zuerst das zweite, da kann ich mich immer noch mal anders besinnen.“ Lou Andreas Salome war die Freundin Friedrich Nietzsches und Rainer Maria Rilkes gewesen, später auch von Sigmund Freud. Carl Bulcke, ein Königsberger, hatte 1900 seinen ersten Roman und 1901 einen Gedichtband herausgegeben.
„In diesem Augenblick gingst Du für immer ganz in mein Leben ein.“
Lulu von Strauss und Torney-Diederichs - seit 1916 war sie mit dem Verleger Eugen Diederichs verheiratet und 1930 Witwe geworden - veröffentlichte im Jahr 1939 zum 60. Geburtstag Agnes Miegels das folgendes Gedicht (St. d. Fr.):
Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung!Denkst Du der Stunde? Die Großstadt dröhnte von ferne -Zögernd in fremder Tür, fragendes Lächeln im Auge,Bräunlichdunkel und schmal, immer noch seh‘ ich Dich stehn!...Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung!Wo beginnt und wo endet strömend Geben und NehmenZwischen denen, die früh Wahl und Schicksal verband?Ferne ist nicht mehr Ferne, Eins weiß tief um das Andre,Auch getrennt auf dem Weg Eins des Andern Geleiter:Immer lauschend tief innen der schwestervertrauten Stimme,Grüßend im Auge des Andern unvergangene Jugend,Grüßend in Werk und Gesang schwestervertrautes Herz.
An einem solchen Gedicht wird deutlich, daß auch - oder gerade? - jene für Deutschland im Nachhinein nur als „Schreckenszeit“ charakterisierte Zeit - ein Jahr wie das von 1939 - eine ganze Fülle von hochwertigem kulturellem Schaffen hervorbrachte, das wohl, soweit dies Literatur betrifft, von der Zeit nach 1945 nicht mehr erreicht worden ist. Es war dies auch eben jene Zeit, in der Lulu von Strauss und Torney für die sogenannten „Deutschen Christen“ eine „deutsche“ Bibel ganz neu dichtete.
Aber zurück in die Anfangszeit dieser Freundschaft kurz nach der Jahrhundertwende. Agnes Miegel berichtete zum 60. Geburtstag ihrer Freundin im Jahr 1933 über eine ihrer frühen Begegnungen im August 1901 in einer Försterei bei Nienstedt am Deister, wo Agnes Miegel auf einem Genesungsurlaub weilte (Ulf Diederichs, S. 18): „Du hattest Dich angekündigt, es kam ein heftiges Gewitter nach heißem Tag und so konnte ich Dir erst entgegengehen, als es zu spät war, Dich noch auf der weit abgelegenen kleinen Bahnhaltestelle zu erreichen. Ich dachte, eins der Dorfwägelchen würde Dich mitbringen (…). Da standest Du auf einmal oben vor mir, so als ob Du mitten aus dem grünen Wald tratest, triefend naß in einem bläulichen Kleid und heiß vom raschen Lauf mit einem frohen, überraschten Willkommsruf, lachend und voller Wiedersehensfreude - während der warme silberne Sommerregen in großen Tropfen wie Tränen über Dein Gesicht strömte. - Immer, wenn ich fühle, daß auf mein Suchen Deine Gedanken mir antworten, sehe ich Dich so wieder vor mir, - in dem rauschenden grünen Wald des Landes, das für mich DEIN Land ist und bleibt, in dem silbernen Schein und quellenden Duft von trinkender Erde und gesättigtem Laub, ein einziger Gruß Dein ganzes Wesen und Dein Gesicht so froh und blühend unter diesem strömenden sommerwarmen Schauer.
In diesem Augenblick, wie Du den Waldweg herunter gingst, gingst Du für immer ganz in mein Leben ein.“
„ ... ein Hauch der großen Geschichte, fern wie Meerwind“ (um 1902)
Am 17. Februar 1902 schreibt Agnes Miegel an ihre Freundin Lulu über den Vortrag einer gefeierten Schriftstellerin (Gertrud Prellwitz) in Königsberg (Inge Diederichs, S. 251): „Die Königsberger sind ihre begeisterten Anhänger und hören mit Wonne ihre Vorträge. Für die ist das auch gerade die richtige geistige Sonntagsschule. Ich hör zu - wie ich immer zuhöre (darauf ist man heutzutage dressiert), aber es stört mich weiter nicht, es ist keine geistige Massage für mich. H. G. sagt nämlich: Der Philister ist da, um Kinder zu zeugen und das viele Bier auszutrinken, das gebraut wird - den Künstler braucht der Philister als Masseur, wenn er zu fett wird.“ - Sie war sich bewußt, daß auch sie manchmal einen solchen „Masseur“ brauchte, schreibt sie doch über ihre alten Eltern, deren einzige Tochter sie ist, in dem gleichen Brief: „Es gibt eine schöne Rede von der unsterblichen Seele. Meine Angehörigen, glaub ich, haben noch nie daran gedacht, daß ich auch so eine habe. Mutter versorgt meinen Küchenschrank, Vater meinen Geldbeutel - und dadurch mein Bücherspind, aber die sogenannte Seele, die etwas ganz für sich ist, unabhängig von Klugheit oder Küchenodeur - nein, die ist ihnen ganz fremd an mir.“
Abb. 8: Die junge Agnes Miegel |
Was für Worte. Im Dezember 1902 schreibt Agnes Miegel aus Berlin, wo sie an einem Kinderkrankenhaus arbeitet, an ihre Freundin Lulu von Strauß und Torney (Poschmann, S. 18f): „Ja, Kleines, es geht mir polizeiwidrig gut ... Ich lebe entschieden intensiv, verjünge mich mal wieder - für mich hat die Welt immer einen Jungbrunnen irgendwo ... Die Misere zu Hause, der Herr von Münchhausen auf Windischleuba, das Kinderkrankenhaus - alles ist in einem tiefen schwarzen Brunnen versenkt, dessen Stein ich schnell herunterdrücke, wenn er sich mal heben will. Das meiste ist oublie ...“ „oublie“ ist Französisch und heißt „vergessen“.
In den weiteren Jahren machte Agnes Miegel oft Besuch in Apelern. In das dortige Gästebuch ist sie eingetragen am 3. September 1901, am 18. September 1902 und für einen Aufenthalt vom 8. Juli bis 8. August 1904. Ein weiterer Aufenthalt ist durch Briefe für das Jahr 1903 belegt. Und was waren die Inhalte der Gespräche in Apelern? Etwa auch die mangelnde Erziehung, die Clementine ihrem Sohn hat angedeihen lassen - zumal was Frauen betrifft? Darüber ist wenig bekannt.
Wir hören über den Briefwechsel von Agnes Miegel mit Clementine von Münchhausen (Poschmann, S. 30): „Einen breiten Raum nimmt in der Korrespondenz auch die Situation der Frau in der damaligen Gesellschaft ein, an der beide litten, vor allem an der Arroganz der adligen und bürgerlichen männlichen Führungsschicht und der Professoren. Schon in ihrem ersten Brief an Agnes Miegel, in dem die Baronin den ersten Gedichtband begeistert begrüßte, erzählte sie eine Episode, die sie gerade bei einem literarischen Abend in Göttingen erlebt hatte, dessen Thema eben dieser kleine Gedichtband der unbekannten jungen Frau war. Als man sich über das ‚Entartete‘ eines Gedichtes wie ‚Das ungeborene Leben‘ erregte, konnte die Baronin nicht umhin, einzuwerfen, gerade diese Verse seien ihr ‚besonders lieb‘, woraufhin Professor Ehrenberg ihr folgendermaßen assistierte: ‚Wir müssen ja das Weib erst kennenlernen. Erst die moderne Frauenbewegung hat uns Frauen erstehen lassen, die einmal zu sagen wagen und wissen, wie ein Weib empfindet.‘ - ‚Ich dachte im Stillen‘, bemerkte die Baronin abschließend, ‚das hättet ihr auch früher erfahren können, wenn es einem von euch einmal eingefallen wäre, nachzufragen.‘ “
Eine Erzählung über das Lachen von Agnes Miegel handelt in dieser Zeit auf einem ostpreußischen Gut (Erna Siebert: Die Linde von Corben. In: Wagner, S. 21): „Einmal, es war noch im Anfang des Jahrhunderts, kamen wir wieder von der alten Linde, die so viel zu erzählen wußte, daß Agnes ihr immer zuhören mußte. Da kam uns ein junger Verwandter entgegen. Als er hörte, wer unser Gast war, sagte er ehrerbietig: ‚Gnädiges Fräulein, Ihr erstes Buch war gerade erschienen, als ich mich verlobte, es war auch das erste Geschenk für meine Braut.‘ Mit ihrem schönen offenen Lachen (wir sagten immer, sie konnte Fanfaren lachen), meinte sie schlagfertig: ‚Da habe ich ja 1,50 Mark an Ihnen verdient! Danke!“ So also versuchte Agnes Miegel also, schnell alle falsche, gestelzte, männliche „Ehrerbietigkeit“ auszuhebeln.
„Die Leute haben hier alle den Bildungsstand von S. M.“ (1907-1909)
Auch noch später (1907) schreibt Agnes Miegel nach Apelern (Poschmann, S. 28f): „Königsberg ist eine Hochburg des Dilettantismus, so außerhalb, so kulturlos. Die Leute haben hier alle den Bildungsstand von S. M..“ Mit „S.M.“ (Abkürzung für „Seine Majestät“) war damals immer - sehr respektlos - der deutsche Kaiser gemeint. Es handelte sich hier um eine „Majestätsbeleidigung“, die die Familie Münchhausen in Apelern recht vergnügt zur Kenntnis nahm. Denn die Münchhausens waren - als Angehörige des niedersächsischen Uradels - hohenzollern- und preußenfeindliche Anhänger des (hannoverschen) Welfen-Hauses, das 1866 von Bismarck entmachtet worden war.
Im übrigen aber hat Agnes Miegel gegenüber der Familie Münchhausen die Hohenzollern verteidigt. So schrieb im August 1909 Emmy Lange, die Erzieherin der Münchhausen-Kinder, mit der Agnes Miegel auch Freundschaft geschlossen hatte (Poschmann, S. 28): „Mir kann schon Agnes leid tun – das arme Lamm! Wenn wir über ihre hochverehrten Hohenzollern mit vereinten Kräften herfallen.“
Und dann kam irgendwann der Erste Weltkrieg. Aber das soll einem weiteren Teil vorbehalten bleiben.
__________________
Benutzte Literatur:
- Miegel, Agnes: Spaziergänge einer Ostpreußin. Feuilletons aus den zwanziger Jahren. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Köln 1985
- Miegel, Agnes: Wie ich zu meiner Heimat stehe. Ihre Beiträge in der „Königsberger Allgemeinen Zeitung“ (1926-1932). Hrsg. v. Helga und Manfred Neumann. Verlag Siegfried Bublies, Schnellbach 2000
- Miegel, Agnes: Gedichte. J.G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger (14. und 15. Tsd.) Stuttgart und Berlin 1927
- Miegel, Agnes: Herbstgesang. Neue Gedichte. Eugen Diederichs Verlag (9. - 18. Tsd.) Jena 1933
- Miegel, Agnes: Geschichten aus Alt-Preußen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1942 (1. Aufl. 1934) [enthält die Erzählungen „Landsleute“, „Die Fahrt der sieben Ordensbrüder“, „Engelkes Buße“, „Der Geburtstag“]
- Miegel, Agnes: Gesammelte Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, (21.-25. Tsd.) Jena 1940 (1. Aufl.: 1936)
- Miegel, Agnes: Werden und Werk. Mit Beiträgen von Prof. Dr. Karl Plenzat. Hermann Eichblatt Verlag, Leipzig 1938 [„Durch Dichtung zum Dichten“, Bildnisse von 1905 u. 1938]
- Miegel, Agnes: Ostland. Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält Gedichte wie: „An den Führer“, „Hymne an Ostpreußen“ (1937), „Sonnwendreigen“ (Danzig 1939), „An Deutschlands Jugend“ (Herbst 1939)]
- Miegel, Agnes: Im Ostwind. Erzählungen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält die Erzählung „Lotte“]
- Miegel, Agnes: Und die geduldige Demut der treuesten Freunde ... Nächtliche Stunde mit Büchern. Verlag Wilhelm Langewiesche-Brandt, Ebenhausen bei München 1941
- Miegel, Agnes: Mein Bernsteinland und meine Stadt. (Mit 32 Farbtafeln.) Gräfe und Unzer Verlag, Königsberg/Pr. 1944 [eine große, lange, wenig bekannte Versdichtung]
- Miegel, Agnes: Gedichte und Prosa. Auswahl von Inge Diederichs. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1977 [darin auch Briefe A. M.s]
- Miegel, Agnes: Gedichte aus dem Nachlaß. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1979
- Miegel, Agnes: Es war ein Land. Gedichte und Geschichten aus Ostpreußen. (Redaktion: Ulf Diederichs und Christa Hinze) Eugen Diederichs Verlag, München 1983 (3. Aufl.: 1988)
- Agnes Miegel. Stimmen der Freunde zum 60. Geburtstage der Dichterin 9. März 1939. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1984 (Eine Auswahl aus dem gleichnamigen Sonderdruck: Eugen Diederichs Verlag, Jena 1939)
- Wagner, Ruth Maria (Hrsg.): Leben, was war ich dir gut. Agnes Miegel zum Gedächtnis. Stimmen der Freundschaft. [Ostpreußisches Mosaik, Band X], Verlag Gerhard Rautenberg, Leer/Ostfriesland o. J. (Unveränd. Nachdruck der gleichnam. Ausgabe: Verlag Gräfe und Unzer, München 1965)
- Piorreck. Anni: Agnes Miegel. Ihr Leben und ihre Dichtung. Eugen Diederichs Verlag, Korrigierte Neuauflage, München 1990 (1. Aufl.: 1967)
- Seidel, Ina: Lebensbericht 1885-1923. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1970
- Starbatty, Ursula (Bearbeiterin): Begegnungen mit Agnes Miegel. Jahresgabe 1989/90 der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1989
- Poschmann, Brigitte: Agnes Miegel und die Familie Münchhausen. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Bad Nenndorf 1992
- Schücking, Beate E. (Hrsg.): „Deine Augen über jedem Verse, den ich schrieb“. Börries von Münchhausen - Levin Schücking - Briefwechsel 1897-1945. Igel Verlag Literatur, Oldenburg 2001
- Diederichs, Ulf: Agnes Miegel, Lulu von Strauß und Torney und das Haus Diederichs. Die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft. Jahresgabe 2005 der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Überarbeiteter Festvortrag zu Agnes Miegels 125. Geburtstag, gehalten am 6. März 2004 in Bad Nenndorf
Haben die Menschen der Aunjetitzer Kultur Ligurisch gesprochen?
In einer neuen, dänischen archäogenetischen Studie (1), in der der genetische Wechsel für verschiedene Regionen Europas seit dem Spätneolithikum mit neuen statistischen Methoden tiefenschärfer als bislang aufgeschlüsselt worden ist und in der die Ergebnisse auch grafisch eindrucksvoll dargestellt sind (s. Abb. 1), wird zunächst einmal für das Territorium des heutigen Polen deutlich (Abb 1a):
In der frühen
Bronzezeit gab es im Weichselraum "mitteleuropäische" Genetik. Ein auffallender Befund. Da sie sich sehr deutlich von der zeitgleichen Genetik in
Skandinavien unterscheidet, die in Skandinavien auch bis heute als solche vorherrschend
geblieben ist, wird es nicht einfach sein, diese Genetik schlankweg mit "Ur-Germanen"
in Verbindung zu bringen oder auch nur schlankweg mit "Ur-Süd-Germanen".
Abb. 1: Genetische Veränderungen innerhalb verschiedener Regionen Europas seit dem Spätneolithikum (aus 1) (s. dort Fig. 3) (zur besseren Verständlichkeit ist es sinnvoll, sich zuvor die Grafik 2a der Studie einzuprägen, die hier überall als Hintergrund vorausgesetzt wird, siehe dazu Abb. 2) |
Es handelt sich um
die Schnurkeramik-Kultur in dieser Region und um die in dieser Region nachfolgende Aunjetitzer Kultur. Die Schnurkeramik-Genetik hat sich im Raum des heutigen Mitteldeutschland und wohl auch bis in den Weichselraum hinein mit der Glockenbecher-Genetik vermischt, so daß vorderhand nicht klar ist, ob die nachfolgende Aunjetitzer Kultur eine keltische oder eine germanische Sprache gesprochen hat. Aber vielleicht hat sie ja auch keine von beiden Sprachen gesprochen? Vielleicht hat die Aunjetitzer Kultur das Ligurische (Wiki) gesprochen?
Da es nach Auskunft des Sprachforschers Jürgen Udolph (Stg24) keine Spuren von keltischen geographischen Namen in Mitteldeutschland gibt, ist die Frage ungeklärt, welche Sprache die Menschen der Aunjetitzer Kultur gesprochen haben. Und auch, welches Schicksal diese Sprache hatte.
Die Südwanderung der Aunjetitzer Kultur (ab 1800 v. Ztr.)
In der mittleren Bronzezeit aber nun - und zwar offenbar schon ab 1800 v. Ztr. (!!!) - verschiebt sich die Genetik im Weichselraum Richtung "Osten", also Richtung heutiger osteuropäischer Bevölkerungen. Das kann nur heißen, daß größere vorherige Bevölkerungsteile abgewandert sind, also vielleicht mit den Ösenhalsringen und Vollgriffdolchen nach Italien oder gar bis nach Ugarit in den Levanteraum gezogen sind (s. Stg24). Ob man auch fragen könnte, ob auch indogermanische Sprachen in Italien aus der Aunjetitzer Kultur abstammen, schließt sich für uns an dieser Stelle als Fragestellung an. Und zunächst kommen wir uns mit dieser Fragestellung sehr kühn vor.
Aber zumindest ab 1000 n. Ztr. verschiebt sich ja die Genetik auch in Italien sehr deutlich in Richtung des heutigen Mitteleuropa und bleibt hier ebenfalls bis zum Mittelalter als solche erhalten (s. Abb. 1d). Und zu unserer Überraschung lesen wir zu den "Italikern" (Wiki):
Eine Migration früher Indoeuropäer aus Ostmitteleuropa über die Alpen soll um 1800 v. Ztr. stattgefunden haben. Laut Barfield ist das Auftreten der Polada-Kultur mit der Bewegung neuer Bevölkerungen aus Süddeutschland und der Schweiz verbunden. Laut Bernard Sergent müßte der Ursprung der ligurischen Sprachfamilie (seiner Meinung nach entfernt verwandt mit den keltischen und italischen) in den Polada- und Rhone-Kulturen, südlichen Zweigen der Aunjetitzer Kultur, liegen. Diese Personen ließen sich in den Ausläufern der Ostalpen nieder und weisen eine materielle Kultur auf, die den zeitgenössischen Kulturen der Schweiz, Süddeutschlands und Österreichs ähnelt.A migration across the Alps from East-Central Europe by early Indo-Europeans is thought to have occurred around 1800 BC. According to Barfield the appearance of Polada culture is connected to the movement of new populations coming from southern Germany and from Switzerland.[13] According to Bernard Sergent, the origin of the Ligurian linguistic family (in his opinion distantly related to the Celtic and Italic ones) would have to be found in the Polada and Rhone cultures, southern branches of the Unetice culture. These individuals settled in the foothills of the Eastern Alps and present a material culture similar to contemporary cultures of Switzerland, Southern Germany, and Austria.
Über die erwähnte Polada-Kultur (Wiki) in Norditalien lesen wir (Wiki):
Abgesehen vielleicht vom Gebrauch von Pfeil und Bogen und einem gewissen, technischen Können in der Metallverarbeitung besitzt die Polada-Kultur keinerlei Übereinstimmungen mit der vorangegangenen Remedello-Kultur und der Glockenbecherkultur.
Sollte man also womöglich weder nach keltischen geographischen Bezeichnungen in Mitteldeutschland suchen, noch nach italischen, sondern genauer nach ligurischen? Die Entstehung des hier erwähnten Ligurischen (Wiki) wird mitunter in Zusammenhang gesehen mit einer vor-keltischen und vor-germanischen indogermanischen Sprache innerhalb von Europa, wie sie von Hans Krahe anhand "alteuropäischer Gewässernamen" angenommen worden ist (Wiki). Womöglich würde ja eine Mischkultur wie die Aunjetitzer Kultur, eine Mischkultur zwischen Schnurkeramikern und Glockenbecherleuten dafür am ehesten infrage kommen?
Abb. 2: Hauptkomponentenanalyse der genetischen Verwandtschaft heutiger europäischer Völker (aus 1) |
Ab 50 n. Ztr. kommen Skandinavier in den Weichselraum: die Goten (archäologisch die "Wielbark-Kultur"). Die Goten stammen nach dieser Studie aus dem nördlichen Skandinavien, während alle anderen germanischen Stämme wie Bajuwaren oder Langobarden aus dem südlichen Skandinavien stammen. Das würde die Unterschiedlichkeit der ost- und westgermanischen Sprachen erklären (1).
Genetik der Goten hat auch im Weichselraum nicht überdauert
Bis zum Frühmittelalter hat sich die Genetik der Goten im Weichselraum wieder völlig verloren. Es herrscht seither im Weichselraum wieder osteuropäische Genetik vor. Allerdings ist diese nicht mehr ganz so osteuropäisch wie zuvor. Dazu heißt es in der Studie (1):
"Eine frühere Studie konnte die Kontinuität in der Abstammung von den mit Wielbark assoziierten Individuen zu späteren mittelalterlichen Individuen aus einer ähnlichen Region nicht ausschließen. Mit der verbesserten Leistung von Twigstats können Kontinuitätsmodelle sehr deutlich zurück gewiesen werden, da kein Ein-Quellen-Modell einer vorhergehenden Gruppe aus der Eisenzeit oder Bronzezeit eine angemessene Übereinstimmung für die mittelalterlichen Individuen liefert (P ≪ 1 × 10−32). Stattdessen kann die Mehrheit der Individuen aus dem mittelalterlichen Polen nur als eine Mischung von Abstammungen modelliert werden, die mit dem Litauen der römischen Eisenzeit verwandt ist, was den Abstammungen von Individuen aus dem Polen der mittleren bis späten Bronzezeit (44 %, 95 %-Konfidenzintervall 36–51 %) ähnelt, einer Abstammungskomponente, die mit ungarischen Skythen oder slowakischen La-Tène-Individuen verwandt ist (49 %, 95 %-Konfidenzintervall 41–57 %) und möglicherweise eine kleinere Komponente mit Abstammung, die mit Sarmaten aus dem Kaukasus verwandt ist (P = 0,13). Vier von zwölf Individuen aus dem mittelalterlichen Polen, von denen drei aus der späten Wikingerzeit stammen, hatten nachweisbare skandinavische Vorfahren. Ein Teil der bei Individuen aus dem späteren mittelalterlichen Polen nachgewiesenen Abstammung könnte im späten 1. Jahrtausend n. Ztr. in dem Teil der Bevölkerung, der seine Toten einäscherte, fortbestanden haben, aber ungeachtet dessen deutet dies auf eine groß angelegte Abstammungstransformation im mittelalterlichen Polen hin. Zukünftige Daten könnten Aufschluß darüber geben, inwieweit dies den Einfluß slawischsprachiger Gruppen in der Region widerspiegelt."
Soweit zum Weichselraum.
Kamen Sachsen nach Dänemark (um 500 n. Ztr.)?
Auch in England war die skandinavische Genetik im Früh- und Hochmittelalter deutlich vorherrschend und hat sich danach sehr deutlich verloren. Und da stellt sich die Frage, wie es gekommen ist, daß sich diese wieder so deutlich verloren hat.
Die
Studie stellt überraschenderweise auch fest, daß ab 500 v. Ztr. mitteleuropäische Genetik
nach Dänemark und Westschweden herein kam. Diese ist aber in der
Neuzeit ebenfalls wieder ganz verloren gegangen. Das könnte heißen, daß die Angeln
und Sachsen nicht nur nach England übergesetzt sind, sondern auch Krieg
mit Dänemark geführt haben. Oder es könnte heißen, daß die Dänen in Sachsen Sklaven geraubt oder gekauft haben. In Schweden hinwiederum kam Genetik hinein aus dem heutigen Litauen.
Es ist auffallend, daß sich sowohl in England wie in Dänemark und Schweden wie im Weichselraum eine jeweils ursprünglichere Genetik nach zwischenzeitlichen Zuwanderungen wieder durchgesetzt hat. Fast drängt sich der Eindruck auf, als ob die dänische und die englische Sprache jeweils "gegen" "ausländische" Genetik selektiert haben, ebenso - womöglich - die polnische Sprache. Denn welche Selektionsfaktoren sollten sonst dafür verantwortlich sein?
__________
- Speidel, L., Silva, M., Booth, T. et al. High-resolution genomic history of early medieval Europe. Nature 637, 118–126 (2025). Published 01 January 2025 (Nature2025)
Sogder - BMAC- und Steppen-Genetik
Hier auf dem Blog haben wir uns in früheren Jahren sehr häufig mit dem Volk der Sogder (6. Jhdt. v. Ztr.-11. Jhdt. n. Ztr.) (Wiki) beschäftigt. Die Sogder sind jenes Volk, dem die Ehefrau Alexanders des Großen, Roxana, angehörte, dessen Hauptstadt Samarkand war, und das Jahrhunderte lang über die Seidenstraße hinweg mit Kamelkarawanen Fernhandel mit dem Tang-zeitlichen China trieb, und deren Angehörige deshalb in China ein beliebtes Motiv der Tang-zeitlichen Kunst gewesen sind. Denn sie brachten die Chinesen offenbar zum Schmunzeln, da sie so ganz anders aussahen und sich eventuell auch so ganz anders verhielten als man das in China kannte (s. Beiträge vor allem zwischen 2007 bis 2009: Stge: Sogder).
Abb. 1: Sogdische Musiker auf einem Kamel, Xi'an, 723 n. Ztr. (ein beliebtes Kunstmotiv im Tang-zeitlichen China) - Tang-zeitliche Sancai-Porzellan-Figur, ausgestellt im Nationalmuseum von China in Peking (Wiki, a) (Fotograf Gary Todd) |
Nun ist erstmals eine Studie zur Archäogenetik der Sogder erschienen. Und zwar wird ein Tang-zeitlicher Chinese untersucht, benannt "Sute1", dessen Urgroßvater offensichtlich ein Sogder war (1). Wir lesen in der Studie (zit. n. Nrken19):
Diese Modelle passen erfolgreich zum genetischen Profil von SUTE1 und enthüllen einen vorherrschenden Beitrag von Populationen des Gelben Flusses (87-99 %), kombiniert mit kleineren Beiträgen aus Zentralasien und der westeurasischen Steppe, einschließlich Western_Steppe-MLBA (6,3-8,1 %), BMAC-verwandter Abstammung (6,2-8,5 %), Afanasievo (6,9-9 %), Sarmatians_450BCE (8,3-12,3 %) und Andronovo.SG.These models successfully fit SUTE1's genetic profile, revealing a predominant contribution from Yellow River populations (87-99 %), combined with minor contributions from Central Asia and the Western Eurasian Steppe, including Western_Steppe-MLBA (6,3-8,1 %), BMAC-related ancestry (6,2-8,5 %), Afanasievo (6,9-9 %), Sarmatians_450BCE (8,3-12,3 %) and Andronovo.SG.
Das Individuum trug also etwa 10 % Herkunft der Sogder mit sich. Und wenn wir es recht verstehen, setzte sich die Sogder-Herkunft zusammen aus BMAC-Genetik und Anteilen von Jamnaja-, Schnurkeramik-oder gar sarmatischer Genetik (also indogermanische Völker). Die BMAC-Genetik ist die Genetik der erst in den letzten Jahrzehnten bekannt gewordenen Marghiana-, bzw. Oasen-Kultur, die wir in früheren Blogartikeln behandelt haben (z.B. Stg19, Stg20).
Abb. 2: Skulptur eines Saken aus der antiken Stadt Chaltschajan (Wiki), 400 Kilometer südlich von Samarkand, heute Usbekistan, 1. Jhdt. n. Ztr. (s. Stgen22) |
In Twitter-Kommentaren lesen wir dazu ergänzend (s. Nrken19):
Er ist kein wirklicher Sogder, eine wirklich sogdische Familie ist die Shi-Familienbestattung, die ihm genetisch nahe steht, und der Grund, warum dieser Mann so nah zu der sogdischen Shi-Familie begraben ist, könnte eine frühere Eheverbindung sein. Ich vermute, daß die im Shi-Familiengrab neben ihm Bestatteten mehr BMAC- und Steppen-Genetik in sich trugen. Vorläufige physiologische Untersuchungen legen nahe, daß sie Kaukasier waren, und sie hatten Grabinschriften, die klar besagen, daß sie Sogdier waren. Außerdem wurde letzten Monat ein sogdischer Familienname „an“安 veröffentlicht.He is not a really Sogdian, really Sogdian family is shi family burial that is closer to him (being dna testing) and the reason why this man is buried so close to the Sogdian shi family may be due to a previous marriage relationship. I suspect that shi family tomb next to him had more bmac and step (ancestry). Preliminary physiology suggests that they were Caucasian, and they had clear epitaphs stating that they were Sogdian. also a Sogdian family surname “an”安was published last month.
Wir hatten schon in früheren Blogartikeln behandelt, daß Sogder hohe Beamtenstellen im Tang-zeitlichen China einnehmen konnten, also Mandarine waren und deshalb zum Teil auch sehr prächtige Grabstätten erhielten.
_______
- Zhang, Jiashuo, et al. "Unraveling the origins of the sogdians: Evidence of genetic admixture between ancient central and East Asians." Journal of Archaeological Science: Reports 61 (2025): 104957.
Der prägende Charakter des Ersterlebnisses der Geschlechtlichkeit als Paar
Frauen, die bei ihrem "Ersten Mal" einen Orgasmus erleben, haben fünf bis zehn Jahre später genauso viel Lust auf Sex wie Männer. Allerdings sind das aktuell nur 12 % aller heterosexuellen Frauen. (Und dabei sind solche, die das Erste Mal als Kind und/oder erzwungen erlebt haben, schon heraus gerechnet.) (1)*)
Abb. 1: Ein Mann und eine Frau - Skulptur von Stephan Abel Sinding (1846-1922), 1889 |
Das ist - kurz gefaßt - das Ergebnis einer kanadischen Forschungsstudie, die 2022 prominent erschienenen ist (1). Sie will darauf aufmerksam machen, daß die beträchtlichen Geschlechtsunterschiede in der Sehnsucht nach geschlechtlicher Vereinigung (das sogenannte "gender gap" diesbezüglich) zu größeren Teilen "erlernt" sein könnten und nicht "naturgegeben", sprich angeboren sind. Und zwar erlernt und "geprägt" in beträchtlichem Umfang während der "sensiblen Phase" des Ersterlebnisses der Geschlechtlichkeit mit einem anderen Partner.
Schon
seit hundert Jahren ist in der Sexualpsychologie davon die
Rede, daß das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit mit einem Partner eine starke, prägende Macht für
beide Geschlechter besitzt. Seit Konrad Lorenz entdeckte, daß es Prägung
und prägungsähnliches Lernen gibt, und noch mehr seit die besondere
Rolle des Bindungshormons Oxytocin erkannt worden war nicht nur für die
Bindung zwischen Eltern und Kind, sondern auch für die Bindung
der Geschlechter untereinander, hatte schon immer gemutmaßt werden können, daß das Ersterlebnis
der
Geschlechtlichkeit als Paar ein prägungsähnlicher Lernvorgang sein könnte. Und diese Vermutung erhält nun durch die neue Studie deutliche Bekräftigung.
Aus wissenschaftsgeschichtlicher Sicht kann gesagt werden: Daß das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit ein sehr prägender Vorgang sei, war schon im Jahr 1919 einer der Grundgedanken eines damals erschienenen Buches, nämlich von Seiten einer deutschen Psychiaterin und Frauenrechtlerin. Diese hat zu jener Zeit über die Inhalte ihres Buches auch viel besuchte Vorträge an der Universität München gehalten. Sie schrieb über ein ernstes Gesetz der Geschlechtlichkeit, der Sexualität, von ihr auch "Paarungswillen" benannt, das sagt (2, S. 63) ..
... daß die Art und Weise, in der der einzelne Mensch zum ersten mal in seinem Leben die Beglückung erlebte, weitgehend den Ausschlag gibt für die Art und Weise, in der sich dies Erleben am sichersten wiederholt.
Oder an anderer Stelle (2, S. 78):
Die Gesetzmäßigkeit der Eigenart des Erlebens im Einzelleben wird für das ganze Leben in hohem Grade bestimmt durch die Art der ersten Erlebnisse der Beglückung in der Jugendzeit.
Das Wort Beglückung war in späteren Auflagen ihres Buches als Eindeutschung des Wortes Orgasmus benutzt worden. Dieses Buch beschäftigt sich über viele, viele Seiten und Kapitel hinweg mit der scheinbar geringeren Orgasmus-Fähigkeit der Frauen im Vergleich zu der der Männer. Sie schreibt darüber etwa einleitend auch (2, S. 37):
Angesichts der Versuchung für die ärztliche Wissenschaft, einen allerdings "unnatürlichen" Zustand mit Krankheit zu verwechseln, müssen wir es fast begrüßen, daß erst in allerjüngster Zeit die Tatsache beachtet und bemerkt und mit einem Namen benannt wurde, daß sich überhaupt erst ein einziger Mediziner (O. Adler) eingehend mit der sogenannten "Frigidität" oder "Kälte" der Frauen befaßt hat.
Sie bezieht sich hier auf ein klassisches Werk der Sexualforschung mit dem Titel "Die mangelhafte Geschlechtsempfindung des Weibes" (1906, 1910 und 1919) (Arch). Der Autor Otto Adler (geb. 1864) wirkte als Sanitätsrat und Arzt in Berlin.
Abb. 2: Der Kuß - Skulptur von Auguste Rodin, 1880 |
Einige Seiten weiter wurde ausgeführt, beim weiblichen Geschlecht zeige sich (2, S. 83) ...
... innerhalb des Einzellebens ein Anwachsen der Hormonbildung, also auch die Eignung zum Erleben der Beglückung (der orgastischen Fähigkeit), welche ihren Höhepunkt erst ein Jahrzehnt später als beim männlichen Geschlecht, also in dem dritten und vierten Jahrzehnt erreicht. (...) Die Abgabe der betreffenden Hormone an den Blutkreislauf wird bis zu gewissen Grenzen neu angeregt durch das Erleben der Beglückung, so daß also allmählich durch ein häufiges Erleben derselben (...) auch vom weiblichen Geschlechte eine dauernde Erregbarkeit erworben werden kann.
Die genannte Studie aus dem Jahr 2022 hatte nun nur Männer und Frauen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr befragt.
Nach
den eben zitierten Worten könnten sich die Zahlenverhältnisse in
späteren Lebensjahrzehnten womöglich noch einmal verändern. Das scheint
zwar durch Forschungsstudien wie jene von 2022 noch nicht ähnlich gut erforscht zu sein. Allerdings wird dieses Thema ja inzwischen in einer umfangreichen Literatur auch umfangreich behandelt, oft auch nur aufgrund von einzelnen Lebensgeschichten. Greifen wir aus dieser willkürlich ein Fallbeispiel
heraus:
Frau, Jahrgang 1955, DDR, uneheliches Kind, als Erwachsene langjährige Bankangestellte. Die Mutter war immer sehr verklemmt. Noch am Badestrand hat die Mutter sorgsam darauf geachtet, daß ihr Rock nicht über die Knie hoch gerutscht ist. Mit 17 Jahren erlebte die Tochter ihr Erstes Mal. Es war für sie "nichts", weder positiv noch negativ in irgendeiner Weise bemerkenswert. Mit demselben Partner war sie dann 25 Jahre verheiratet und hatte mit ihm zwei Kinder. Die Pille, die sie nahm, roch schrecklich. Sie wollte oft auf der anderen Seite aus dem Bett wieder hinaus, da sie so gar keine Lust auf Sex hatte. Der Sex fand auch immer unter der Decke statt, geziert und "geschamig". Einen Orgasmus, so sagt sie, hat sie dabei vermutlich nie erlebt. Die Lust auf Sex nahm auch immer mehr ab, da sie eben gar keinen Orgasmus erlebt hat. Das wurde ihr aber, so sagt sie, erst später klar: "Wenn beide keine Ahnung haben, verklemmt aufgewachsen sind, woher soll dann die Erfahrung, das Wissen kommen? Wir lebten in der Ehe wie unter einer Glocke, waren beide verklemmt und auch nicht experimentierfreudig." Schließlich ist ihr Mann nach 25 Ehejahren gestorben. Es gab eine längere Trauerzeit.
Dann hatte sie eine Affäre mit einem Mann, in der sie den Sex zum ersten Mal als spektakulär, außergewöhnlich, ungehemmt und mit Orgasmus erlebt hat. Seither ist sie sexuell sehr aktiv, rege, interessiert, sie hat Orgasmen wie Tsunamis, wie überwältigende Naturereignisse, die für sie selbst wie für den Mann als zutiefst befriedigend erlebt werden.
Ein
solches Fallbeispiel erscheint uns wesentlich, um das Ergebnis der
Forschungsstudie von 2022 auch noch in einen größeren Rahmen einordnen zu können. Zwischen ihrem
zwanzigsten und dreißigsten Lebensjahr würde die beschriebene Frau genau
zu dem passen, was in der Studie festgestellt worden war. Aber die
Lebensphase danach ist eben von der genannten Studie noch nicht in Augenschein genommen
worden und sie zeigt, daß sich da doch noch etwas sehr beträchtlich weiter entwickeln konnte.
Abb. 3: Gemälde von Michelangelo in der Sixtinische Kapelle (Das erste Menschenpaar), 1509 (Wiki) |
Schon 1919 aber war vermutungsweise geäußert worden, daß Frauen, die eine solche volle orgastische Fähigkeit entwickelt hätten, das Klimakterium nicht mit so starken hormonellen Schwankungen erleben würden, wie dies eben viele Frauen erleben, bei denen sich diese Fähigkeit nicht entwickelt hätte (2, S. 83):
Das ist auch der Grund, weshalb diese Jahre des Klimakteriums für alle die Frauen, deren Paarungwille voll entwickelt ist, die Beglückung erlebt haben, allem Anschein nach nicht die große und plötzliche Umwälzung bedeutet wie für die ungeweckten Frauen.
Und einige Seiten weiter hieß es in diesem Buch von 1919 (2, S. 89):
Leider ist die Art der Gemeinschaft, die das Mädchen zur Frau erwecken soll, oft sehr wenig dazu angetan, die Vorstellung von der Sündhaftigkeit und Unreinheit der "Sinne" siegreich beseitigen zu können. Denn in sehr vielen Fällen ist der betreffende Mann gerade zur Erfüllung dieser Aufgabe (...) auffallend wenig geeignet.
Und an diesem Umstand hat sich mehr als hundert Jahre später - nach "sexueller Revolution" und nach gesellschaftsweiter sexueller Aufklärung in allen Formen und Varianten, nach Pornographisierung ganzer Gesellschafts- und Kulturbereiche so gut wie gar nichts geändert. So daß der letztzitierte Satz ebenso gut auch von den beteiligten Forscherinnen der Studie von 2022 hätte stammen können, die sich nämlich in ganz ähnlichem Sinne äußern.
Einiges zum Stand des Nachdenkens und Forschens über diese Thematik im Jahr 1919
1919 wurde weiter ausgeführt
(2, S. 89):
Wäre nicht die Vorbedingung, daß das männliche Geschlecht die zarteste Rücksicht nähme auf die langsame, so sehr verschiedene Entfaltung der orgastischen Fähigkeit beim Weibe? (...) Wäre es nicht Vorbedingung, daß der Mann seine Wünsche durch diejenigen der Frau ebenso sehr bestimmen ließe, wie sie sich von seinen Wünschen leiten läßt? (...) Wäre es nicht von ungeheurer Wichtigkeit, daß auch beim männlichen Geschlecht die Vergeistigung möglichst unterstützt würde, statt daß man sie verhindert? So sehen wir durch die heute herrschenden unnatürlichen und unerfreulichen Gewohnheiten die Vollentwicklung vieler Frauen sehr erschwert. (...) Entwickelt werden beim weiblichen Geschlechte selbstverständlich, ebenso wie beim männlichen, der Paarungwille und auch die Minne nur durch das Erleben der Beglückung.
Auch mit den letztzitierten Worten wird schon 1919 fast diesselbe Aussage getätigt wie sie nun durch eine kanadische Forschungsstudie des Jahres 2022 bestätigt worden ist, wo auch festgestellt wird: nur durch das Erleben des Orgasmus während des Ersterlebnis entsteht in der Frau in den weiteren Lebensajahren ebenso viel Lust an der Geschlechtlichkeit wie beim Mann.
Abb. 4: Zwei Menschen, Skulptur von Josef Thorak, 1938 |
Über die Folgen des womöglich vor allem durch Umwelteinflüsse entstandenen Geschlechterunterschiedes in Bezug auf die Lust auf geschlechtliche Vereinigung hieß es 1919 weiter (2, S. 91):
Die Zahl der Frauen, die bei der Paarung an sich die Beglückung nicht oder nur selten erlebt, wird wohl ungefähr mit 60 % angegeben werden. Viele Erfahrungstatsachen der ärztlichen Sprechstunde weisen allerdings daraufhin, daß in Wirklichkeit ihre Zahl ganz erheblich größer ist. (...) (Denn) wegen der gänzlich falschen Vorstellungen machen fast alle ungeweckten Frauen in diesem Punkte zunächst auch vollständig falsche Angaben. (...) Selbstverständlich bewirkt die Gemeinschaft bei den meisten Frauen eine starke Erregung und erweckt auch Wohlempfinden bei fast allen ungeweckten Frauen dank der "erogenen Zonen", was dann mit dem Erleben der Beglückung einfach verwechselt wird. (...) Diese Gesetzmäßigkeit (...) lastet wie ein Fluch des Mißverstehens und der Zerstörung über unzähligen Ehen. All diese Frauen leben unter ungesunden Verhältnissen, ihre nervöse Reizbarkeit, ihre ungeklärte Bitterkeit und andere Folgeerscheinungen unterwühlen die Zuneigung zum Mann. Aber gerade die gesteigerte Erregung, die viele dieser armen Frauen zeigen, verbirgt ihnen und dem Mann die Tatsache ihrer Ungewecktheit meist vollends.
An anderer Stelle wird noch einmal deutlich hervorgehoben (2, S. 92):
Aus diesen Tatsachen geht nun klar hervor, daß die Beglückung der Frau im hohen Grade abhängig ist von der Stärke des Wunsches beim Manne, ihr dieselbe zu bereiten.
Ja, schon im Jahr 1919 ist man noch viel weiter gegangen (2, S. 96):
Auch für die geistige Schöpferkraft des weiblichen Geschlechtes muß es von weittragender Bedeutung sein, daß ein großer Teil der Frauen ungeweckt durchs Leben geht. (...) Wir finden von schaffenden Geistern häufig beteuert, daß die Beglückung eine erhöhte Schaffenskraft auslöst, während wieder andere versichern, daß das Entbehren der Beglückung den Schaffensdrang steigert und die schöpferische Leistung ein Ersatzausgleich sei. So widerspruchsvoll diese Angaben auch sind, so viel läßt sich heute schon mit Sicherheit aus der Lebensgeschichte der Schaffenden ableiten: die Minne muß zu vollem Leben erweckt, die Beglückung irgendwann einmal erlebt sein, oder aber sie muß bewußt entberhrt und ersehnt sein, wenn die Schaffenskraft zur vollen Blüte gelangen soll. Aber ein Erleben der Paarung ohne Erleben der Beglückung stumpft die Schaffenskraft ab.
Man wird sich womöglich an die lebenslang entfaltete starke Schaffenskraft einer Dichterin wie Agnes Miegel erinnert fühlen, die durch ein offenbar sehr leidenschaftlich und vergeistigt erlebtes Ersterlebnis mit dem Dichter Borries von Münchhausen zumindest nicht abgestumpft worden ist. In einer Fülle von Gedichten des dritten Lebensjahrzehnts von Agnes Miegel zittert diese leidenschaftliche Begegnung mit Borries von Münchhausen nach, obwohl die Dichterin diesen Umstand vor der Öffentlichkeit bis an ihr Lebensende sorgsam verborgen gehalten hat (s. Stg25).
Abb. 5: Gemälde von Hermann Körschner (1907-1945) (Titel "Zwei deutsche Menschen"), 1938 (Inv) |
Schon in früheren Kapiteln des Buches von 1919 wird auf Gesetzmäßigkeiten der Beglückung beider Geschlechter hingewiesen wie sie aus der Evolution der Geschlechtlichkeit abgeleitet werden können. Schon bei den Fischen nämlich sei ein "Nacheinander" von Eiablage durch das Weibchen und Besamung durch das Männchen zu beobachten, was beides schon zumindest mit Wohlempfinden auf Seiten der beteiligten Tiere verbunden sei. Daraus leitet die Autorin für das Wohlempfinden, bzw. den daraus evoluierten Orgasmus ab (2, S. 23):
Wir begreifen, daß es zeitlich nacheinander folgen muß, so zwar, daß das männliche Geschlecht es erst später erlebt. Dieses Grundgesetz des zeitlichen "Nacheinander der Beglückung" bleibt bis in die höchsten Entwicklungsformen in der Mehrheit der Fälle erhalten. (...) Endlich wollen wir nicht vergessen (...), daß der Zeitpunkt der geschlechtlichen Betätigung in den stammesgeschichtlich ältesten Zeiten vom weiblichen Tiere bestimmt wurde, da sich ja die Absonderung der männlichen Fortpflanzungszellen mit Gesetzmäßigkeit der weiblichen Eiablagerung anschließt.
Und einige Seiten weiter heißt es diesen Gedanken weiter führend (2, S. 32):
Deshalb blieb die Ungleichzeitigkeit bis auf den heutigen Tag in der großen Mehrheit der Fälle bestehen, und die Beglückung ist für das weibliche Geschlecht nur dann gesichert, wenn sie bei der Gemeinschaft früher eintritt als beim männlichen Geschlecht.
Der Orgasmus der Frau soll also eintreten vor dem Orgasmus des Mannes, ein Gedanke, der inzwischen auch in der heutigen Ratgeber-Literatur sehr häufig benannt ist.
In
einem weiteren Kapitel ("Entwicklung des Paarungswillens zur Minne")
wird sehr ausführlich darauf eingegangen, wie es beim Menschen zur
Vergeistung des Paarungswillens, zur Beseelung der Geschlechtlichkeit,
der Sexualität kommen kann, zum Erleben beseelter Vereinigung, zu
Erotik, eingedeutscht zu "Minne". Hierbei wird dem Schönheitswillen, der
schon
in der Tierwelt eine so große Rolle spielt, eine große Bedeutung
zugesprochen, ebenso den aus Minnebegeisterung geborenen, bzw. von
Minnebegeisterung handelnden Kunstwerken in Bild, Ton, Wort und Schrift
(etwa schon in der "Ilias" des Homer). Und
es wird dem Gedanken nachgegangen, inwiefern (2, S. 74) ...
... die natürliche Vergeistigung innerhalb des Menschengeschlechtes der drohenden Gefahr des Verlustes des Beglückung beim Weibe entgegenarbeitet.
Es
mag hier erneut ein wesentlicher Gedanke angesprochen sein, der von den
heute
Denkenden und von den heutigen Kulturgestaltern und -übermittlern wohl
noch viel zu selten in Augenschein genommen worden ist, zumal in einer
atheistisch-materialistisch und platt-hedonistisch geprägten geistigen
und kulturellen Atmosphäre.
Abb. 6: Skulptur von Edmund Moiret (Ungarn/Österreich) (1883-1966) (Titel: "Die Quelle"), 1940 |
Es wird dazu aber einschränkend weiter ausgeführt (2, S. 75f):
Wenn der Mensch die höchsten Entwicklungsstufen der Minne erleben will, so ist es für ihn von größter Bedeutung, daß die zunächst erforderliche körperliche Erweckung zur ("orgastischen" Fähigkeit) Beglückung von der gleichen Persönlichkeit ausgeht, die auch seelische Verwebungen der Minne auszulösen imstande ist. (...) Neben dem vielseitigen seelischen Austausch werden die Ausdrucksformen des Paarungswillens - die körperlichen Liebkosungen - zum Gleichnis der seelischen Verschmelzung und sind als solche geheiligt! -Der Blick auf die Entwicklung des Paarungswillens zur Minne hat uns die überaus wichtige Erkenntnis gebracht, daß die natürliche Vergeistigung eine große Verinnerlichung und Bereicherung der Beglückung ermöglicht, die sich um so mehr verwirklichen kann, je häufiger die freie aus Minnebegeisterung geschlossene Wahl wird.
Es sei noch ein weitere Station aus der Wissenschaftsgeschichte zu diesen Fragestellungen heraus gegriffen.
Einiges zum Forschungsstand von 1986
Da heißt es 1986 (10, S. 316-318):
Daß schließlich der weibliche Orgasmus, wie Symons (1980) meint, keine Funktion erfülle, weil ihn die Frauen viel zu selten erlebten, sollte man auch nicht unkritisch hinnehmen.Immerhin erleben ihn nach den verschiedenen Erhebungen in England, den USA und Deutschland zwischen 31 und 50 Prozent und nur 2-14 Prozent der befragten Frauen niemals (...). Ferner ergibt die differenzierte Auswertung, daß vor allem Frauen in einer guten sexuellen Partnerschaft einen Orgasmus erleben. Nur 3 Prozent der Frauen, die mit ihrem Partner regelmäßig zum Orgasmus kommen, sind bereit, mit anderen Männern zu schlafen, gegenüber 10 Prozent der Frauen, die mit ihrem Partner keinen Orgasmus erleben (E. Chesser 1957). Die Bindung über die sexuelle Befriedigung ist demnach sicher von Bedeutung. (...)Als bindendes Erlebnis scheint der Geschlechtsverkehr für die Frau einen besonderen Stellenwert einzunehmen. Möglicherweise besteht hier sogar ein Zusammenhang mit dem Geburtserlebnis. (...) Es kommt dabei auch zur Ausschüttung von Oxytocin. (...)Es scheint mir, als würde der Zustand der Verliebtheit bei der Frau oft über den Orgasmus getriggert, als erfolgte mit ihm oft ein reflektorisches Einlinken in den physiologisch-psychologischen Ausnahmezustand, in dem eine fast irrationale Bindung an einen und nur diesen einen Geschlechtspartner stattfindet. Ich möchte das als Hypothese äußern.
Und (10, S. 331):
Der Mensch ist biologisch auf sexuelle Dauerpartnerschaft angelegt. Romantische Liebe ist nicht erst eine Erfindung der Neuzeit. Sie findet vielmehr bereits bei Naturvölkern vielfältigen Ausdruck, unter anderem auch in Liedern und Gedichten. (...) Mann und Frau sind in ihrer Sexualphysiologie auf sexuelle Dauerbindung programmiert; die Frau (...) durch die Fähigkeit, einen Orgasmus zu erleben, der sie emotionell bindet. (...) Bei einigen Säugern induziert die Geburt über einen hormonalen Mechanismus die Bereitschaft, das Kind anzunehmen und eine starke Bindung einzugehen. Es wäre zu prüfen, ob ein ähnlicher Bindungsmechanismus über den weiblichen Orgasmus aktiviert wird. Die hier entwickelte Bindungstherorie nimmt einen solchen Zusammenhang an.
Es wird deutlich, daß der Erkenntnisstand von 1986 noch nicht gar so weit über den hinaus ging, den es schon 1919 gegeben hat.
/ Ergänzung: Im Nachgang zur Veröffentlichung dieses Blogartikels wurde noch ein Video dazu aufgenommen (12):
Ende Ergänzung. /
Einiges zum Forschungsstand von etwa 2020
Vieles wird noch 1986 als "Hypothese" formuliert. Wenn man feststellen möchte, ob der Erkenntnisstand bezüglich der Rolle des Oxytocin's inzwischen weiter gekommen ist, kann der entsprechende Wikipedia-Artikel helfen (Wiki). Nach diesem spielt Oxytocin in den Bereichen Bindung, Liebe, Vertrauen, Lust und Orgasmus eine sehr beträchtliche Rolle. Dort heißt es (Wiki):
Die Forschungsergebnisse haben dazu geführt, daß Oxytocin in der Öffentlichkeit gelegentlich als Orgasmushormon, Kuschelhormon oder Treuehormon diskutiert wird. Tatsächlich ist die Signifikanz von Oxytocin für Fühlen und Handeln in zahlreichen Studien bestätigt.
Auf dem englischsprachigen Wikipedia heißt es noch deutlicher (Wiki):
Oxytocin beeinflußt den sozialen Abstand zwischen erwachsenen Männern und Frauen und ist möglicherweise zumindest teilweise für romantische Anziehung und die anschließende monogame Paarbindung verantwortlich. Ein Oxytocin-Nasenspray-Stoß führte dazu, daß Männer in einer monogamen Beziehung, jedoch nicht alleinstehende Männer, den Abstand zwischen sich und einer attraktiven Frau bei einer ersten Begegnung um 10 bis 15 Zentimeter vergrößerten. Die Forscher schlugen vor, daß Oxytocin dazu beitragen könnte, die Treue in monogamen Beziehungen zu fördern. Aus diesem Grund wird es manchmal als „Bindungshormon“ bezeichnet.Oxytocin affects social distance between adult males and females, and may be responsible at least in part for romantic attraction and subsequent monogamous pair bonding. An oxytocin nasal spray caused men in a monogamous relationship, but not single men, to increase the distance between themselves and an attractive woman during a first encounter by 10 to 15 centimeters. The researchers suggested that oxytocin may help promote fidelity within monogamous relationships.
Interessanterweise spielt Oxytocin also auch für das Bindungsverhalten von Männern eine Rolle. Soweit ein zum Teil vielleicht sogar erhellender Blick in die Wissenschaftsgeschichte.
Die Presseerklärung zur Forschungsstudie von 2022
Nun soll zu der eingangs erwähnten kanadischen Forschungsstudie zurück gekehrt werden, nach der sich Frauen im dritten Lebensjahrzehnt genauso häufig nach inniger, körperlicher Vereinigung mit einem Mann sehnen wie sich umgekehrt Männer nach einer solchen mit einer Frau sehnen, wenn ..., ja wenn das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit für die Frau mit einer tiefen körperlichen (und womöglich auch seelischen) Befriedigung und Beglückung, mit einem Orgasmus einher gegangen ist (1). Wenn dies nicht der Fall ist, hat dies für Frauen hinsichtlich der Sehnsucht nach einer Wiederholung dieses Ereignisses Folgen für viele Lebensjahre. Das "Erste Mal" wird diesbezüglich von Seiten der Studie als eine "sensible Phase" beschrieben und charakterisiert, in der eine Prägung für viele weitere Lebensjahre stattfindet. In der Pressemitteilung der Universität Toronto heißt es zu dieser Studie (4):
Für die meisten Menschen ist der erste Sex mit einem anderen Menschen ein Lebensereignis von großer Bedeutung. Es bleibt unvergeßlich.Doch Diana Peragine, eine Doktorandin in Psychologie an der Universität Toronto, hat kürzlich herausgefunden, daß diese Erfahrung auch nachhaltige Auswirkungen auf das geschlechtliche Verlangen heterosexueller Frauen im späteren Leben hat."Im Allgemeinen herrscht die Meinung vor, daß Frauen einen schwächeren Geschlechtstrieb haben als Männer - daß die Libidolücke groß und über die gesamte Lebensspanne hinweg stabil ist, weil Frauen grundsätzlich weniger Lust auf körperlich-seelische Vereinigung hätten als Männer", so erklärt Pergaine.Peragine hat ihre Ergebnisse zusammen mit anderen Forscherinnen der Universität Toronto, mit Malvina Skorska und Jessica Maxwell, sowie mit den Professoren Emily Impett und Doug VanderLaan in der Studie "A Learning Experience? Enjoyment at Sexual Debut and the Gender Gap in Sexual Desire among Emerging Adults" ausführlich dargelegt. Sie wurde kürzlich im "Journal of Sex Research" veröffentlicht.An der Studie nahmen 838 heterosexuelle Erwachsene teil, viele davon vom Campus der Universität Toronto. Und sie kam zu dem Ergebnis, daß sich Frauen in ihrem Verlangen nach Sex mit einem Partner nur dann von Männern unterschieden, wenn ihre erste geschlechtliche Erfahrung keine angenehme war - das heißt, wenn es bei ihrem „ersten Mal“ nicht zur Erfüllung, zum Orgasmus kam.
Der Familienname der leitenden Forscherin Diana Peragine (Resg) stammt übrigens aus Süditalien.**)
Abb. 7: Gemälde von Alfred Bernert (1893-1991) (Titel: "Erntezeit und junge Liebe"), 1941 |
Weiter heißt es in der Presseerklärung (4):
"Frauen gaben im Vergleich zu Männern nur halb so häufig an, beim ersten Geschlechtsverkehr befriedigt worden zu sein, und hatten etwa achtmal seltener einen Orgasmus", sagt Peragine und fügt hinzu, daß Frauen, die beim ersten Mal einen Orgasmus erlebt haben, mehr an Sex mit einem Partner interessiert waren und ihr seitheriges Verlangen dem der Männer entsprach.Sie sagt, dies lege nahe, daß wenn (ganz allgemein) die jeweils ersten Erfahrungen Lektionen von großer Auswirkung darstellen, der erste Geschlechtsverkehr darin keine Ausnahme bildet."Für viele kann er als ‚Lernerfahrung‘ dienen und eine wichtige, um Erwartungen zu entwickeln, daß Sex angenehm sein kann, und Überzeugungen, daß wir es verdienen und ein Anrecht darauf haben, ihn zu genießen", sagt sie.Die Studie ergab auch, daß die erste sexuelle Erfahrung von Männern keinen erkennbaren Einfluß auf ihr nachheriges sexuelles Verlangen hatte.
Und es wird weiter ausgeführt (4):
"Anstatt wirklich von festen Geschlechtsunterschieden im sexuellen Verlangen zu sprechen, legen unsere Ergebnisse die Möglichkeit nahe, daß ein sexuelles Erstes Mal ohne Orgasmus ein häufiger Teil der sexuellen Sozialisation von Frauen sein könnte, bei dem sexuelle Aktivität möglicherweise nicht gefördert wird", sagt Peragine. "(Es handelt sich um ein) geschlechtliches Erstes Mal, das eher frustrierend denn erfüllend ist."Sie weist darauf hin, daß frühere Untersuchungen gezeigt haben, daß Männer häufiger als Frauen unter Problemen mit hohem sexuellem Verlangen leiden, während Frauen eher Probleme mit geringem sexuellem Verlangen haben, und daß die Lustlücke zwischen gesunden Männern und Frauen auch im Erwachsenenalter bestehen bleibt - was den Mythos aufrechterhält, daß Frauen von Natur aus einen schwächeren Sexualtrieb hätten als Männer.Peragine sagt, sie wollte diese Untersuchung durchführen, weil sie sich fragte, ob das geringere sexuelle Verlangen von Frauen nicht besser durch ihren Mangel an Freude während ihrer ersten Erfahrungen mit Geschlechtsverkehr erklärt werden könnte als allein durch ihr Geschlecht."Früher gab es die Vorstellung, daß sexuelles Verlangen wie Hunger oder Durst sei, der im Inneren entsteht und spontan auftritt", sagt sie. "Aber offensichtlich verstehen wir jetzt, daß es sich um ein dynamischeres Geschehen handelt, das auf Erfahrungen reagiert und daß lohnende sexuelle Erfahrungen unsere sexuellen Erwartungen prägen."
Und weiter (4):
Letztlich hofft sie, daß die Studie, die zeigt, daß geringeres sexuelles Verlangen bei Frauen eher auf Erfahrungsunterschiede als auf Geschlechtsunterschiede zurückgeführt werden kann, weitere Forschungen zum „Geschlechtergefälle“ des sexuellen Verlangens anregt.Sie fügt hinzu, daß die Forschung auch wichtige Auswirkungen auf die Sexualerziehung hat, die sich oft auf sexuelle Gesundheit und die Förderung von gesundem Sex konzentriert."Ich denke, diese Art von Arbeit könnte uns näher an Sexualerziehungsmaßnahmen bringen, die eine gesunde sexuelle Entwicklung im ganzheitlichen Sinne des Wortes fördern", sagt Peragine und fügt hinzu, daß die Forschung auch zeige, daß die erste Erfahrung des Geschlechtsverkehrs selbst eine Quelle der Sexualerziehung sein könnte. "Wir erkennen die realen, praktischen Erfahrungen junger Männer und Frauen mit Sex oft nicht an - obwohl sie vielleicht die am lehrreichsten von allen sind."
Beim Lesen entsteht ein wenig der Eindruck, als ob noch die leitende Forscherin selbst das volle Ausmaß der Schlußfolgerungen, die ihre Studie mit sich bringt, zögert zu benennen.
Abb. 8: Gemälde von Max Pietschmann (1865-1952) (Titel "Adam and Eva", 1894, (heute Nationalgalerie Prag) |
Denn nachdem man das alles eine Weile auf sich hat wirken lassen, könnte doch auch langsam offensichtlich werden, was notwendig sein könnte, um diesen so tiefgreifenden und möglicherweise gar nicht natürlichen Geschlechtsunterschied zwischen Männern und Frauen zu vermindern. Eines Unterschiedes, der doch - offensichtlich - erhebliche Auswirkungen hat auf die eheliche Zufriedenheit, bzw. auf die Zufriedenheit von Paaren und damit auch auf familiäres Glück und Zufriedenheit.
Frauen müssen sich in vollem Umfang "mitgenommen" fühlen, akzeptiert fühlen, bereit fühlen, angenommen fühlen, geliebt fühlen, sicher fühlen, respektiert fühlen, verehrt fühlen, um das Erste Mal in vollem Umfang als beglückend, erfüllend und befriedigend erleben zu können, und zwar das alles nicht nur körperlich, sondern auch seelisch.
Sollte eine längere Phase der Werbung des Mannes um die Frau, ein sehr gutes gegenseitiges Kennenlernen beider dafür nicht eine besonders gute Voraussetzung bilden? Sollte dafür eine "ganzheitliche" seelische Aufwertung der Geschlechtlichkeit nicht hilfreich sein? Solle es dafür nicht hilfreich sein, daß in Kulturen weniger das Glück des Mannes im Mittelpunkt der Kulturgestaltung steht, sondern viel eher das Glück, die Zufriedenheit und die Erfüllung der Frauen? Denn die letzteren sind das sensiblere Geschlecht, das leichter auf negative oder bedeutungslose Erfahrungen reagiert als Männer. Warum wohl? Weil es womöglich im menschlichen Leben überhaupt vor allem um die Erfahrung des Sensiblen, Verletzlichen geht?
Männer und Frauen in der westlichen Welt entscheiden heute im Normalfall frei, selbstständig und autonom, ob und wie sie ihr Erstes Mal erleben. Aber natürlich sind sie abhängig davon, in welchem kulturellen "Setting" sie sich bewegen, was für eine authentische, kulturelle Wertschätzung und Hochwertung ein Geschehen erfährt und was nicht, ob es der Gesellschaft wichtig ist, daß das Ersterlebnis familienfördernd, gemeinschaftsfördernd erlebt wird oder nicht. "Hochzeit" des Lebens nannten unsere Vorfahren deshalb schon seit uralten Zeiten dieses Erleben. Wollen wir nicht wieder dahin zurück kehren?***)
Im Oktober 2022 wurde das Forschungsergebnis von dem evangelikalen Internetblog "Bare Marriage" aufgegriffen (6).****) Vereinzelt wurde auf das Studienergebnis seither auch auf Podcasts aufmerksam gemacht (s. Helen03-23).
Wohl schon seit Jahrtausenden messen viele Völker auf der Erde dem "Ersten Mal" eine große Bedeutung zu. Und zwar wird schon seit Jahrtausenden auch gesagt, daß das "Erste Mal" für Frauen eine noch größere Rolle spielen würde als für Männer.
Abb. 9: Eine kecke junge Dame: Die Sexualforscherin Diana Peragine |
Nun gibt es erste, sehr eindeutige empirische Belege für diese Vermutung. 2023 wurde dann noch konkreter zu dem Thema ausgeführt (The Medium03/23):
Frauen und Männer sehen ihr sexuelles Erstes Mal unterschiedlich. Eine aktuelle irische Studie der "Crisis Pregnancy Agency" zeigt, daß Frauen ihren ersten sexuellen Kontakt eher bereuen als Männer, obwohl sie im gleichen Alter (16-17 Jahre) mit dem Sex beginnen. Männer empfinden ihr sexuelles Erstes Mal angeblich auch zufriedener und lustvoller als Frauen. Dieser Genußunterschied gehört zu den größten geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Sexualforschung überhaupt.Women and men differ in how they view their sexual debut. A recent Irish study by the Crisis Pregnancy Agency shows that women tend to regret their first sexual encounter to a higher degree than men, despite beginning to have sex at around the same age (16–17 years old). Men are also said to experience more satisfaction and pleasure when it comes to their sexual debut than women. This enjoyment gap is among the largest gender differences in sexuality research.
Abschließend noch ein Blick in den - wegen des statistischen Fachjargons nicht leicht zu lesenden - Text der Forschungsstudie selbst.
Der Text der Studie selbst (2022)
Der Unterschied zwischen Mann und Frau in Bezug auf die Erfahrung des "Ersten Males" hat sich zwischen 1990 und 2012 nur ganz wenig verringert wie Preragine et.al. einleitend zitieren (anhand von: Sprecher2014). Sie schreiben (1):
Es gehört in der Sexualforschung zu den größten Geschlechtsunterschieden, ob Menschen dieses Ereignis (...) als erfreulich erleben (d = 1,08; Sprecher, 2014), es übertrifft in dieser Hinsicht noch die Häufigkeit von Selbstbefriedigung (d = 0,53) und die Einstellung zu unverbindlichem Sex (d = 0,45; Petersen & Hyde, 2010).Enjoyment at this event, often cast as a young person’s “sexual debut,” is among the largest gender differences in sexuality research (d = 1.08; Sprecher, 2014), surpassing masturbation (d =0.53) and attitudes toward casual sex (d = 0.45; Petersen &Hyde, 2010).
Preragine
et. al. gehen einer Frage nach, die schon länger in der Forschung im
Bereich der Lerntheorie erörtert wird, nämlich (1), ...
... daß die ersten Erfahrungen eines Individuums mit sexueller Belohnung eine „sensible Phase“ bilden, in der instrumentelle (Handlungs-Belohnungs-) und Pawlowsche (Reiz-Belohnungs-)Assoziationen leicht konditioniert werden (Pfaus et al., 2012).an individual’s first experiences with sexual reward form a “sensitive period” during which instrumental (actionreward) and Pavlovian (stimulus-reward) associations are readily conditioned (Pfaus et al., 2012).
Abb. 10: Erstauflage von 1919 |
Unter anderem referieren sie aus der bisherigen Forschungsliteratur auch folgende Zusammenhänge (1):
Woods et al. (2018) haben (...) gezeigt, daß die Häufigkeit sexueller Aktivität im Erwachsenenalter nicht nur mit frühen Kontakten zusammenhängt, sondern auch mit solchen, die als lohnend empfunden werden. Männer und Frauen, die vor dem 18. Lebensjahr Oralsex hatten, taten dies als Erwachsene nicht unbedingt häufiger; sie übten Oralsex jedoch eher aus, wenn dies vor dem Erwachsenenalter zu einem Orgasmus geführt hatte. Daher ist sexuelle Stimulation möglicherweise nicht ausreichend verstärkend, um bestimmte sexuelle Handlungen zu fördern, und muß möglicherweise von einem Orgasmus begleitet werden.Woods et al. (2018) recently extended these findings, showing that rates of adulthood sexual activity are not just related to early exposures, but to ones experienced as rewarding. Men and women who received oral sex prior to age 18 years did not necessarily engage in it more frequently as adults; however, they were more likely to engage in oral sex if it had resulted in orgasm prior to adulthood. Thus, sexual stimulation is perhaps not sufficiently reinforcing to incentivize particular sexual acts, and might need to be accompanied by orgasm.
Hier wird noch einmal deutlich, daß nicht sexuelle Aktivität an sich bedeutsam ist für Prägung, sondern die Erfahrung des Orgasmus. Ansonsten ist uns der Fachjargon zugegebenermaßen zu statistisch, um gar zu einfach noch weitere Erkenntnisse aus der Studie selbst heraus destillieren zu können.
Und welche Rolle spielen ... Sehnsucht, Schwärmerei, Romantik, Liebe, Begeisterung?
Soweit übersehbar, wird in der Studie allerdings so gut wie gar nicht versucht, sich der Frage anzunähern, wodurch sich die Gruppe jener Frauen, die beim Ersten Mal einen Orgasmus erlebte, von den anderen Frauen unterschied oder wodurch sich die Situation unterschieden haben konnte, in denen sie ihn erlebte (1). Aber Hinweise darauf bieten zwei nachfolgende Studien derselben Forscherin. Nach diesen war die spätere Orgasmushäufigkeit bei Frauen höher, wenn sie ihren ersten Orgasmus mit einem Partner in früherem Lebensalter erlebt hatten. Allerdings war das deutlich mit negative Faktoren korreliert wie häufigerer Unfreiwilligkeit, häufigerer unfreiwilliger Schwangerschaft und ähnlichem (8). Wir haben es hier also mit einem Hinweis zu tun aber nicht wirklich mit einem "Lösungsvorschlag". Der Hinweis mag darin liegen, daß ein solches frühe Erleben oft einfach mehr "Instinkt-geleitet" geesen sein mag und weniger "rational", und daß allein schon ein solcher Umstand hilfreich gewesen sein mag.
Nach einer anderen Studie erleben Frauen mit einem weiblichen Partner beim Ersten Mal ähnlich häufig einen Orgasmus wie Männer mit einem weiblichen Partner (9). Daraus möchten wir die Schlußfolgerung ziehen, daß es auf ein eher weibliches Einfühlungsvermögen auch auf Seiten des männlichen Partners ankommen könnte bei der innigen Vereinigung. Und sicherlich weniger auf männliches Macht-, Protz- und Leistungsgehabe.
All diese Hinweise ziehen aber insgesamt nur ein klotz-materialistisches Weltbild zum Verständnis und zur Einordnung solcher Dinge heran. Das war in der Wissenschaftsgeschichte zum Teil auch schon einmal deutlich anders, weshalb sie so wichtig sein mag (2). Denn: Was ist mit der Schwärmerei junger Menschen, insbesondere auch Mädchen? Spielt diese gar keine Rolle? Welche Rolle spielt "Romantik", welche Rolle spielt Beseelung, Vergeistigung ganz allgemein? Welche Rolle spielt die Hochwertung der Frau durch den Mann (Stichwort: "Das ewig Weibliche zieht uns hinan" [Goethe]). Welche Rolle spielt der Wunsch, selbst ein edler Mensch zu sein und Edles im anderen sehen zu wollen? Welche Rolle spielen Herzenskräfte? Sind wir Menschen denn wirklich nur Tiere? Wozu hätten dann aber Frauen wie Jane Austen Romane schreiben sollen? Warum gibt es dann so viele wertvolle Kulturworte auf diesem Gebiet?*)
Um auf denkbare Folgen des hier behandelten, doch sehr beträchtlichen, aber offenbar erworbenen Geschlechtsunterschiedes aufmerksam zu machen, sei in aller Vorläufigkeit abschließend nur noch einmal darauf hingewiesen: Jemand, der das tiefe Leid, das aus einer unsicheren, einer unglücklichen Paarbindung entstehen kann, am vielleicht deutlichsten zum Ausdruck gebracht hat, war der norwegische, expressionistische Maler Edvard Munch (1863-1944) (GAj2017, GAj2018).
___________
__________________
- Peragine, Diana E., Skorska, Malvina N., Maxwell, Jessica A., Impett, Emily A., & VanderLaan, Doug P. (2022). A Learning Experience? Enjoyment at Sexual Debut and the Gender Gap in Sexual Desire among Emerging Adults. The Journal of Sex Research, 59(9), 1092-1109. Published online: 26 Jan 2022, https://doi.org/10.1080/00224499.2022.2027855 (pdf)
- von Kemnitz, Dr. M. (später Ludendorff): Erotische Wiedergeburt. Verlag Ernst Reinhardt, München 1919, 1923 (3., umgearb. Aufl. 4.-7. Tsd.); Der Minne Genesung. Ludendorffs Verlag, München 1932 (umgearb. Aufl., 11.-13. Tsd.), 1933 (umgearb. Aufl., 14.-15. Tsd.), 1935, 1936 (18. u. 19. Tsd.), 1938 (20. u. 21. Tsd.), Verlag Hohe Warte 1959 (22. u. 23. Tsd.) (Arch)
- Pörksen, Uwe: Plastikwörter. Die Sprache einer internationalen Diktatur. Stuttgart 1988
- Kristy Strauss: First sexual experience influences women's future sexual desire: study. University of Toronto Mississauga. (UToronto) February 21, 2022
- Wanjiru, Margaret: Your 'first time' affects future sexual experience - study. It may serve as a ‘learning experience’ for many, and an important one for developing expectations (Star23.02.2022)
- Rebecca Lindenbach: How does a couple’s First Time affect her Libido? Oct 5, 2022 (BareMarriage)
- Olga Fedossenko: Learning from experience: Why are women less satisfied about their sexual firsts? (The Medium03/23, March 20, 2023)
- Diana Peragine, Malvina Skorska, Jessica A Maxwell, ... Doug P. Vanderlaan: The Risks and Benefits of Being “Early to Bed": Toward a Broader Understanding of Age at Sexual Debut and Sexual Health in Adulthood, Journal of Sexual Medicine, July 2022, DOI: 10.1016/j.jsxm.2022.06.005
- Peragine, D.E., Kim, J.J., Maxwell, J.A. et al. (2023). Not who you are, but who you are with: Re-examining women’s less satisfying sexual debuts. Archives of Sexual Behavior. https://link.springer.com/article/10.1007/s10508-023-02667-7
- Eibl-Eibesfeldt, Irenäus: Die Biologie des menschlichen Verhaltens. Grundriß der Humanethologie. 2. überarb. Aufl., Piper, München, Zürich 1986 (zuerst: 1984)
- Simons, Donald: The Evolution of Human Sexuality. Oxford University Press, New York 1979, 1980
- Bading, Ingo: Dein Erstes Mal - Es beeinflußt dein Glück und das Glück von Mitmenschen für viele Jahre. Live übertragen am 10.01.2025 (Yt)
Archäogenetik für Anfänger: Der Anteil der Steppengenetik in Europa
In einem sehr kurzen Überblicksartikel über die bisherigen Erkenntnisse der Archäogenetik von Seiten eines polnischen Archäogenetikers wird die folgende Grafik gebracht (1).
Abb. 1: Der Anteil der Steppengenetik, der anatolischen Bauerngenetik und der Jäger-Sammler-Genetik in heutigen europäischen Völkern (aus 1, nach 2) |
Diese Grafik ist immer noch eine sehr wertvolle Zusammenfassung grundlegender Erkenntnisse zur Archäogenetik der heutigen europäischen Völker. Sie stellt das vorläufige Ergebnis der wechselhaften Volkwerdung der europäischen Völker insbesondere während des Neolithikums dar. Im Groben haben sich die Herkunftsanteile innerhalb der europäischen Völker nämlich seit der Bronzezeit nicht mehr verschoben.
Das heißt nicht, daß auch kleinteiligere Herkunftsverschiebungen während der Eisenzeit und bis heute wesentliche Erkenntnisse zur Geschichte, Kulturgeschichte und Bevölkerungsgeschichte vermitteln. Zum Beispiel erhöhte die Einwanderung der Slawen nach Griechenland nach 600 n. Ztr. den dortigen Steppengenetik-Herkunftsanteil, die Einwanderung der Germanen nach Süddeutschland nach 500 v. Ztr. erhöhte auch dort den Steppengenetik-Anteil und die verschiedenen keltischen und zum Schluß germanischen Einwanderungen in England (ab 600 n. Ztr.) brachten ebenfalls Verschiebungen in den Herkunftsanteilen mit sich. Aber auf diese "kleinteiligeren" Erkenntnisse kommt es in der oben eingestellten Grafik zunächst nicht an.
Wir sehen, daß noch heute auf Sardinien die Menschen den höchsten Anteil von anatolischer Bauerngenetik ("neolithic Farmers") (Wiki) in sich tragen. Dennoch tragen sogar sie noch mehr Steppengenetik in sich als beispielsweise die antiken Griechen in sich getragen haben, die nur acht Prozent Steppengenetik aufgewiesen haben, also auch noch deutlich weniger Steppengenetik als die heutigen Griechen. (Ein Umstand, der immer wieder erneut zum Erstaunen Anlaß gibt. Schließlich waren die antiken Griechen "die" Inkarnation der Indogermanen schlechthin.)
Für Deutschland sind noch keine Herkunftsanteile eingetragen. Diese unterscheiden sich aber kaum von denen im heutigen Polen oder im heutigen Tschechien. Damit fallen beispielsweise die ganzen Rassetheorien der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in sich zusammen, mit Hilfe derer Völker gegeneinander aufgehetzt wurden, und nach denen es angeblich einen beträchtlichen genetischen Unterschied zwischen "Germanen" einerseits und "Slawen" andererseits gegeben hätte. Nichts davon ist in den Genomen zu sehen. Die Nationalsozialisten und nicht selten auch die Panslawisten sind Hirngespinsten hinterher gelaufen. Millionen von Menschen wurden durch diese kraß abgewertet und entmenschlicht.
Von der Eiszeit bis 6.500 v. Ztr. trugen alle Menschen in Europa nur Jäger-Sammler-Herkunft (Wiki) in sich (oranger Herkunftsanteil). Durch die Ausbreitung anatolisch-neolithischer Bauern rund um das ganze Mittelmeer und bis hoch hinauf nach Skandinavien (im Früh- und Mittelneolithikum) kam die noch heute im Mittelmeer-Raum überwiegende anatolisch-neolithische Bauerngenetik (Wiki) nach Europa.
Mittelneolithische Großreiche
Nach Vermischung mit den einheimischen Jägern und Sammlern entstanden im Mittelneolithikum Großreiche mit einer Beamtenelite in ganz Europa bis hinauf nach Irland (Stg20). Diese Beamtenelite wurde nicht selten in "Großsteingräbern" (Megalithen) bestattet. Sie stellte in vielen Regionen den angesehenen Verstorbenen (Königen) Statuenmenhire auf (Stg19). Sie unternahm ab 3.500 v. Ztr. Zeremonialumzüge auf Rinderwagen entlang von Heiligtümern, sowie von Gräberstraßen von verstorbenen Königen (Stg10). Mit solchen Rinderwagen ließ sich der Adel sehr oft auch gemeinsam bestatten. Das entsprach der Hochwertung der damals neuartigen Erfindung des Rades. Es kann keineswegs ausgeschlossen werden, daß es in diesen mittelneolithischen Großreichen Sklaverei und Menschenopfer gegeben hat. Einige Hinweise darauf haben sich schon gefunden (Stg20).
In den mittelneolithischen Großreichen wurden sehr häufig Volkssternwarten ("Kreisgrabenanlagen") (Wiki) zum Feiern des Weihnachtsfestes und der Sonnenwende errichtet. In diesen Anlagen und in deren Umfeld versammelten sich über Tage und Wochen tausende von Menschen zur Feier des Weihnachtsfestes, der "geweihten Nächte". Es wurden viele Schweine aus diesem Anlaß geschlachtet. Entsprechendes wurde im Mittelelbe-Gebiet und bei Stonehenge von den Archäologen festgestellt (Stg20).
Alle diese kulturellen Erscheinungen gab es zur gleichen Zeit in ähnlicher oder abgewandelter Form auch in der Nordschwarzmeersteppe. Hier lebten die Menschen halbnomadisch, es gab Kurgane, in denen immer wieder andere Familien ihre Angehörigen bestatteten, in deren Umfeld es also aufgrund der schwankenden klimatischen Verhältnisse viel Bewegung und Veränderungsfreude gab (Stg24). Der Rinderwagen spielte dort dieselbe Rolle wie in Mitteleuropa oder im Kaukasus oder im Vorderen Orient. Auch Statuenmenhire wurden in der Nordschwarzmeersteppe aufgestellt.
Ab 3.000 v. Ztr. breitete sich mit den Völkern des Nordschwarzmeerraumes (der Jamnaja) (Wiki) die indogermanische Steppengenetik in ganz Europa aus, zunächst in Nordeuropa zusammen mit der Schnurkeramik-Kultur, von der die Germanen abstammen, wenig später in Südeuropa zusammen mit der Glockenbecher-Kultur, von der die Kelten und Italiker abstammen (Stg24). Mit diesen Ausbreitungsbewegungen anfangs halbnomadischer Völker innerhalb Europas kamen jene indogermanischen Sprachen nach Europa, die wir heute noch sprechen. Diese Steppenbewohner sind sowohl kulturell wie auch religiös und genetisch unsere unmittelbaren Vorfahren. Da Skandinavien und die britischen Inseln viel weniger dicht besiedelt waren, als Südeuropa, hat sich die indogermanische Steppengenetik in Nordeuropa viel umfangreicher durchgesetzt bis heute als in Südeuropa.
Der mediterrane Menschentypus bleibt also von der anatolisch-neolithischen Bauerngenetik geprägt. Diese hat die Grundlage vieler früher Hochkulturen seit etwa 6.500 v. Ztr. gelegt. Er trägt aber heute innerhalb Europas überall mehr Steppengenetik in sich als ihn die antiken Griechen und die antiken Menschen des östlichen Mittelmeerraumes (also auch die Thraker und die Phönizier) in sich getragen haben.
Man kann es auch so sagen: Die genetischen "Potentiale" des antiken Griechenland sind noch heute in Europa überall und allseits vorhanden. Sie wären sogar dann noch vorhanden, wenn die Menschen Nordeuropas genetisch aussterben sollten. Es gibt allerdings keinen wirklich triftigen Grund, warum die Menschen Nordeuropas ihrer demographischen Erneuerungsfreude weiterhin so gleichgültig gegenüber stehen sollten wie sie das seit vielen Jahrzehnten tun, indem ihre Kinderwünsche weit hinter der Verwirklichung ihrer eigenen Kinderwünsche zurück bleiben (Stg07a, Stg07b). Die genetischen "Potentiale" des Abendlandes dürften mit einer solchen demographischen Erneuerungsfreude doch sehr viel zu tun haben.
_________
- Golik, Pawel: Migrations Recorded in Our DNA. In: Academia. The magazine of the Polish Academy of Science, 2024 (pdf)
- Haak W. et al., Massive migration from the steppe was a source for Indo-European languages in Europe, Nature 2015, vol. 522.
Studium generale • Kurzbeiträge
Warum die große Artenvielfalt bei Blütenpflanzen?
- Why Are There So Many Flowering Plants? A Multiscale Analysis of Plant Diversification Tania Hernández-Hernández, John J. Wiens, The American Naturalist, https://www.journals.uchicago.edu/doi/abs/10.1086/708273
Es kann inzwischen unterlassene Hilfeleistung sein, einen Gentest NICHT zu empfehlen
- Genomics breeds new legal questions. By Jennifer Couzin-Frankel. Science Mag., 10 May 2019, Vol. 364, Issue 6440, pp. 521, DOI: 10.1126/science.364.6440.521,https://science.sciencemag.org/content/364/6440/521
Ausbreitung der Schafzucht nach Tibet ab 1.000 v. Ztr.
Abb. 1: Ausbreitung der Schafzucht nach Tibet um 1.000 v. Ztr. (aus: 1) |
Integrated diagram of the inferred demographic history of the late-Holocene human and sheep populations on the Qinghai-Tibetan Plateau (QTP).(A) Distribution and approximate dates of prehistoric archeological sites of sheep in the QTP and surrounding areas. The thick brown line indicates the Tang–Bo Ancient Road (Chen et al. 2015; Zhang et al. 2017).(B) A proposed demographic scenario for the development of agriculture on the QTP based on archeological records of domestic animals (e.g., sheep, cattle, pig, and dog) and crops (e.g., millet, barley, and wheat) (supplementary table S2, Supplementary Material online), with sheep and wheat as representative species shown on the figure.(C) A proposed demographic scenario of sheep on the QTP based on genetic data in this study.(D) The best-supported demographic model of Chinese sheep populations inferred from the approximate Bayesian computation (ABC) approach.
- The Genome Landscape of Tibetan Sheep Reveals Adaptive Introgression from Argali and the History of Early Human Settlements on the Qinghai–Tibetan Plateau Xiao-Ju Hu Ji Yang Xing-Long Xie Feng-Hua Lv Yin-Hong Cao Wen-Rong Li Ming-Jun Liu Yu-Tao Wang Jin-Quan Li Yong-Gang Liu ... Show more Molecular Biology and Evolution, Volume 36, Issue 2, 1 February 2019, Pages 283–303, https://doi.org/10.1093/molbev/msy208 Published: 16 November 2018, https://academic.oup.com/mbe/article/36/2/283/5184913
Ja, da stimme ich zu, auch die Germanen hatten keine klaren Vorstellungen darüber, ob es ein Weiterleben nach dem...
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Ehepaar Ludendorff und den führenden Nationalsozialisten aufzuzählen, dazu ist ein solcher Kommentarbereich nicht der richtige Ort. Auf dem Gebiet der MORAL, der ETHIK dürften die Unterschiede am größten sein. Ansonsten hier erst mal nur folgende Hinweise:
1. In dem Buch "Die machtvolle Religiosität des deutschen Volkes vor 1945" werden die sehr interessanten und differenzierten religiösen Auseinandersetzungen innerhalb des deutschen Volkes während des Dritten Reiches aus der Sicht des Ehepaares Ludendorff dokumentiert. Dürfte eine interessante Lektüre für Dich sein.
2. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen wurde den Nationalsozialisten rund um Alfred Rosenberg SELBST klar, was Ludendorff immer sagte, daß eine diffuse Weltanschauung noch keine ausgearbeitete Philosophie ist, deshalb gab es eine Arbeitsgruppe, die an den philosophischen Grundlagen des Nationalsozialismus arbeitete: https://studiengruppe.blogspot.com/2011/08/eduard-baumgarten-eine-groe.html
Meines Erachtens "mußte" man das nur tun, weil man tunlichst einen Bogen schlagen "mußte" um die Hitler-Gegner Erich und Mathilde Ludendorff, denn hier lagen und liegen moderne, belastbare philosophische Grundlagen für die Gestaltung eines freiheitlichen, völkischen Staates sehr wohl bestens vor.
3. Auch auf dem Gebiet an der angewandten Moral, also des Handelns, kann man Gemeinsamkeiten und Unterschiede feststellen. Ludendorff warnte vor Hitlers "hirnverbrannter Außenpolitik" seit 1929 öffentlich. Deshalb wurde er von Hitler schon ab 1930/31 mit niedrigsten, undeutschesten Mitteln bekämpft:
https://studiengruppe.blogspot.com/2011/12/um-seiner-verdienste-um-die-bewegung.html
Deshalb wurden ab Juni 1937 sogar neue Röhm-Putsch-Morde gegen Erich Ludendorff vorbereitet von Adolf Hitler persönlich:
https://studiengruppe.blogspot.com/2013/01/hitlers-mordplane-gegen-ludendorff-im.html
Damit nur mal wenige Hinweise. Hitler und die NSDAP wurden meines Erachtens in klassischer Weise dazu von den monotheistischen Hintergrundmächten dazu benutzt, um die deutsche völkische Bewegung zu vernichten und auf immer und ewig zu diskreditieren. Genauso wie es Erich Ludendorff auch vorausgesagt hat 1933
https://studiengruppe.blogspot.com/2013/08/ludendorffs-emporte-telegramme.html
ebenso wie 1937 in seinem persönlichen Gespräch mit Hitler selbst und in seinem nachfolgenden Aufsatz zu Hitlers Geburtstag.
http://studiengruppe.blogspot.com/2013/06/diese-tapfere-frau-ernst-hanfstaengl.html
"Genetic determinism rides again"
"Polygenic scores have been shown to improve risk predictions for prostate, ovarian and breast cancers. They can point to traits that might have been influenced by local adaptation, and gauge the pace of evolutionary change."
"Es konnte inzwischen gezeigt werden, daß polygenetische Auswertungen die Risiko-Voraussagen für Prostata-, Eierstock- und Brustkrebs verbessern können. Sie können auf Merkmale hinweisen, die auf lokale Anpassung zurück zu führen sind, …"
"... und die den Weg des evolutionären Wandels nachverfolgen lassen."In der Tat, scheint diese "polygenetische Revolution" etwas völlig Neues darzustellen. Und in dem Buch von Robert Plomin kann man sich über diese Revolution kundig machen. Es wird dann auch gleich geunkt, daß die Abwesenheit jeder Erwähnung des Wortes "Rasse" in diesem Buch sehr verdächtig sei, da dieses Konzept offenbar überall mitgelesen werden kann.
"Some research presents ethical quandaries as to how the scores might be used: for example, in predicting academic performance."__________________________________________________________
- Comfort, Nathaniel: Genetic determinism rides again Nathaniel Comfort questions a psychologist’s troubling claims about genes and behaviour. Nature, 25.9.2018, https://www.nature.com/articles/d41586-018-06784-5
- Plomin, Robert: Blueprint - How DNA Makes Us Who We Are. Allen Lane (2018)
- Warren, Matthew: The approach to predictive medicine that is taking genomics research by storm. Nature, 10.10.2018, https://www.nature.com/articles/d41586-018-06956-3
Gesellschaftlicher Aufbruch – jetzt?
Hoch effizient arbeitende Geheimdienste stellen sich als Versager dar ...
Seit Bismarck wissen wir, daß es für Politiker bei Ausbruch eines Krieges wichtig ist, wer von der Öffentlichkeit als Angreifer und wer als Verteidiger wahrgenommen wird (Stichwort "Emser Depesche").
Abb. 1: Ansicht der Stadt Gaza 1850 - Lithographie von C. W. M. van de Velde (1818-1898) (Arch) |
Die Wahrnehmung eines Geschehens ist in den meisten Fällen viel wichtiger als das, was tatsächlich geschieht. So werden Verteidigungskriege in Angriffskriege umgemünzt und umgekehrt. Letztlich stellt sich immer die Frage: Wem nützt dieser Krieg? Cui bono?
Der Gazastreifen ist von allen Seiten militärisch abgeriegelt. Er sollte eigentlich entmilitarisiert sein. Trotzdem ist er bis an die Zähne bewaffnet. Wie kann das sein?
Eine hoch effizient arbeitende militärische Überwachungs-Maschinerie hat wieder und wieder "leichtfertig" statt hoch effizient gearbeitet. Denn es ging ja nur um das Leben israelischer Mitbürger, da kann man schon mal "leichtfertig" sein. Wir lesen (Tagesschau2/2024):
Doch wie war es möglich, daß die Hamas im Gazastreifen, der jahrelang von Israel und Ägypten weitgehend abgeriegelt wurde, solch ein Waffenarsenal aufbauen konnte? Yehoshua Kalisky, Waffenexperte beim sicherheitspolitischen Think Tank INSS in Tel Aviv klärt auf, daß es unterschiedliche Wege dafür gab. Einer davon war Schmuggel: "Ein Großteil des Schmuggels über das Meer erfolgte mit Hilfe der Fischer. Israel ging zu leichtfertig mit den Fischern um, sie wurden nicht ausreichend kontrolliert. Sie schmuggelten die Waffen", sagt Kalisky. ...
Hocheffizient "leichtfertig" gearbeitet, möchte man sagen. Unter Inkaufnahme des Lebens israelischer Mitbürger.
Auf Wikipedia lesen wir außerdem über "Die Geheimdienstliche Lagebeurteilung im Vorfeld" des 7. Oktober 2023 (Wiki):
Die Überwachung der Hamas wurde seit der Regierungsübernahme Netanjahus 2022 weitgehend zurückgestellt, der Fokus der Geheimdienste wurde von der Hamas abgezogen.
Das macht wirklich Sinn. Oder? Und weiter:
Die für Überwachung der Funkkanäle der Hamas zuständige Einheit des Geheimdienstes Schin Bet war ein Jahr vor den Anschlägen eingestellt worden.
Das macht noch mehr Sinn. Oder? Und weiter:
Von Netanyahu ausgehend wurde die Hamas nicht weiter aktiv bekämpft, um diese als nützlichen Gegenspieler zur Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland zu halten.
Als nützlichen Gegenspieler. Das ist dann schon frivol und markiert die eigentliche Zielrichtung. Man braucht immer "nützliche Gegenspieler". Und weiter:
Bereits 2022 lag israelischen Behörden unter dem Codenamen 'Jericho-Mauer' ein Dokument vor, das bis ins Detail den Angriffsplan beschrieb. Militär- und Geheimdienstexperten glaubten allerdings, daß es für die Hamas zu anspruchsvoll und schwierig wäre, ihn umzusetzen.
Na klar. Wenn man es ihr schwer gemacht hätte, wäre es auch zu anspruchsvoll und schwierig gewesen. Gewiß. Aber es geht ja nur um das Leben israelischer Mitbürger und um das Leben von Ausländern in Israel. Da braucht man solche Pläne nicht ernst nehmen als hoch gerüsteter, ansonsten bestens vorbereiteter Staat, der voller Stolz auf seine Armee und seine Geheimdienste blickt. Und weiter:
Weibliche Angehörige der 'Überwachungseinheiten' der israelischen Armee (tatzpitaniyot), die von vielen als die 'Augen der Armee' bezeichnet werden, berichteten Monate und Wochen vor dem Terrorangriff von auffälligen Übungen und Aktivitäten der Hamas am Grenzzaun, die nach ihrer Ansicht auf einen Angriff hindeuteten. Eine Analystin stellte fest, daß das Training dem 'Jericho-Mauer'-Dokument sehr nahe komme, und informierte einen Befehlshaber der Gaza-Einheit, der jedoch abwarten wollte.
Klar. Abwarten ist gut:
Berichten zufolge soll Israel durch Abbas Kamel, Chef des ägyptischen General Intelligence Service, Tage vor den Anschlägen vor verdächtigen Aktivitäten der Hamas gewarnt worden sein. (...) Bestätigung erhielt die Einschätzung von Michael McCaul, dem Vorsitzenden des United States House Committee on Foreign Affairs, im Rahmen einer geheimdienstlichen Unterrichtung von führenden Mitgliedern des US-Kongresses. Hinweise auf bevorstehende Angriffe kamen auch von US-Geheimdiensten, die mindestens zwei Einschätzungen erstellten und die Regierung Biden vor einem erhöhten Risiko eines palästinensisch-israelischen Konflikts in den Wochen vor dem Angriff warnten. In einer Aktualisierung vom 28. September wurde auf der Grundlage mehrerer Geheimdienstinformationen davor gewarnt, daß die Terrorgruppe Hamas bereit sei, ihre Raketenangriffe über die Grenze hinweg zu verstärken. Eine Mitteilung der CIA vom 5. Oktober warnte allgemein vor der zunehmenden Möglichkeit von Gewalt durch die Hamas. Am 6. Oktober, dem Tag vor dem Anschlag, berichteten US-Beamte dann konkret von ungewöhnlichen Aktivitäten der Hamas.
Und so weiter und so fort. Wenn etwas stattfinden soll, finden Geheimdienste Wege, daß es stattfindet. Und sei es, indem sie sich öffentlich als "leichtfertig" und als Versager hinstellen.
"Erwachende Germania"
Gesellschaftlicher Aufbruch - heute!
Es gibt das Gemälde "Erwachende Germania" (Wiki) von Seiten des Düsseldorfer Malers Christian Köhler aus den Jahren 1848/49.
Abb. 1: "Erwachende Germania" (1848/49) |
Nur daß man mal ein Gespür dafür entwickelt, ein Gefühl dafür bekommt, wie das aussehen könnte.
Wenn nämlich Germania selbst - keine Parteien, keine Politiker, keine Schreiberlinge, keine "Patrioten" - erkennt, wie verzerrt ihr Angesicht ist, wie sie es sich hat verhunzen lassen. Wenn Germania selbst sich - - - nicht mehr in den Spiegel sehen kann bei all dem, was sie tut - oder läßt. Wenn Germania erkennt: Germania, das bin ich selbst, das bin ich, der einzelne. Jeder Deutsche.
Jeder mit Deutschland Fühlende.
Ein Spielfilm über die deutsche Ostfront 1944
Auf einen ausgesprochenen Kriegsfilm ist hier auf dem Blog noch hingewiesen worden. Genau das soll aber im folgenden Blogartikel geschehen.
Abb. 1: Ein estnischer Freiwilliger der Waffen-SS in der Zeitschrift "Signal", September 1944 (Wiki) |
Der Film "1944" (Wiki), zu Deutsch "Brüder und Feinde", ist ein estnischer Spielfilm aus dem Jahr 2015. Er kann einem auf Facebook vorgeschlagen werden (Fb). Im ersten Augenblick denkt man bei den gezeigten Szenen, daß es sich um eine sehr angemessene Wiedergabe des tatsächlichen Geschehens an der deutschen Ostfront zwischen 1941 und 1945 handelt.
Unter anderem anhand eines Beispiels aus der Familiengeschichte hatten wir uns 2012 an dieses Geschehen angenähert (GAj2012). Die Abwehr- und Grabenkämpfe, von denen da zu reden war, sind hier genauso dargestellt. Sehr genau und korrekt (s.a. Yt).
Die Szenen geben das Erleben der deutschen Soldaten an der Ostfront im Prinzip richtig wieder. Zumindest findet sich keine falsche Schlagseite.
Man glaubt sich nicht daran erinnern zu können, so etwas vorher schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Die Szenen geben das Erleben korrekt wieder. Es war ein Kampf auf Leben und Tod. Vier Jahre lang. Die blutigste Front, die es jemals in der Weltgeschichte gegeben hat.
Daß die Darstellung in vielen Teilen sehr korrekt ist, wird auch von militärgeschichtlich versierter Seite ähnlich gesehen (s. Yt/Bacuffz).
Hier auf dem Blog hatten wir uns auch mit den Endkämpfen in Berlin (GAj2012a, GAj2012b) und in Brandenburg (Stgen2011, GAj2017) beschäftigt. Aber bisher war uns nie ein Spielfilm über den Weg gelaufen, der solches dramatische Geschehen so angemessen zur Darstellung bringt.
Der ganze Film "1944" ist derzeit kostenlos auf Youtube zu sehen. Man kann ihn sich ansehen (Yt). Er besteht fast nur aus Kriegsszenen. Das mag man als etwas einseitig erachten. Atmosphärisch wünschte man sich sicherlich noch allerhand "treffender", "genauer" dargestellt. Vieles "stimmt" aber eben auch. Um einen Eindruck vom echten Atmosphärischen zu erhalten, findet man sowieso viele zeitgenössische Fotografien, die das vermitteln (s. Abb. 1) (s. Gg).
Konkret behandelt der Film die Erfahrungen der Kämpfer in der estnischen Waffen-SS (Wiki). Der estnische Wikipedia-Artikel dürfte der ausführlichste über ihre Geschichte sein (Wiki). In ihm erfährt man viele Einzelheiten über die schweren Kämpfe, in denen auch die estnischen Waffen-SS gestanden hat.
Aber der Film thematisiert überhaupt das schwere Schicksal der Esten, zunächst unter sowjetischer Besatzung 1940/41, dann den Umstand, daß Esten auf beiden Seiten der Front kämpften. Und schließlich die Rückeroberung Estlands durch die Sowjetunion und das Erleben jener estnischen Soldaten, die auf Seiten der Sowjetunion kämpften.
Ein fürchterliches, grauenhaftes Geschehen.
***
Wer weiß, wie Kriege in den letzten 150 Jahren "gemacht" worden sind und gemacht werden, der weiß auch, daß hier nicht irgendwelche Völker, Nationen oder Vordergrund-Politiker, sprich Marionetten "schuld" sind. Sondern daß elitäre, weltweit vernetzte Hintergrundmächte diesen Geschichtsablauf so gesteuert haben wie er abgelaufen ist.
Der furchtbare Menschenhaß, von dem diese Eliten geleitet sind, findet sich in jener elitären Pädokriminalität wieder, von der in den letzten fünfzehn Jahren immer wieder Neues weltweit bekannt wird, und die es schon seit Jahrhunderten gibt. Systematisch praktiziert und "zugelassen" im Jesuitenorden, in der katholischen Kirche, in der Freimaurerei, in Pädokriminellen-Ringen im britischen Parlament, rund um Jimmy Savile, Jeffrey Epstein, innerhalb deutscher Landesregierungen, innerhalb deutscher Bundesregierungen.
Die Völker sollten darüber endlich zur Besinnung kommen und aus dieser Besinnung heraus alles Gegeneinander-Aufhetzen unterlaufen. Eiskalt daneben stehen bleiben und klaren Blick bewahren auf all die Verbrechen. Auf all die unnennbaren, fürchterlichen Verbrechen.
"Praga Caput Regni"
"Prag, Hauptstadt des Reiches"
Die deutschen Könige und Kaiser des Früh- und Hochmittelalters wollten die Macht und Herrlichkeit ihrer Reiche durch Architektur zum Ausdruck bringen. So entstand der Kaiserdom zu Speyer, es entstanden die Kaiserpfalzen (Wiki). Von diesen Bemühungen haben sich nur Bruchstücke erhalten, die heute kein Stadtbild mehr prägen. Viel zu viele städtebauliche Veränderungen der nachfolgenden Jahrhunderten gestalteten das Stadtbild um.
Nicht so in Prag.
Abb. 1: Prag - Hradschin und Karlsbrücke bei Nacht (Wiki) - Fotografiert von Jorge Royan 2008 |
Kaiserlicher Wille zu Macht und Herrlichkeit, Stolz des Bürgertums auf die von ihm hervorgebrachte Stadt, ausgesprochen in der Sprache der Architektur und in der städtebaulichen Einheitlichkeit des 14. Jahrhunderts haben sich in Prag bis heute erhalten und prägen das Stadtbild entscheidend mit.
Ab 1750 waren Hauptorte weltlicher Macht im deutschen Sprachraum etwa Berlin oder Wien (Wiki). Nur sie könnten sich von der Größe der städtebaulichen Gestaltung mit Prag messen. Die historische Tiefendimension jedoch, die Prag aufweist, kann man weder in Berlin noch in Wien erleben. Das Stadtbild von Wien oder Berlin ist heute nicht mehr ausgesprochenermaßen durch die Architektursprache des Spätmittelalters geprägt, des 14. Jahrhunderts.
Ganz anders Prag.
Abb. 2: Altstädter Ring mit Mariensäule, vor 1906 |
In Prag rückt einem das deutsche Spätmittelalter des 14. Jahrhunderts ganz nahe. Und zwar gleich mit dem ersten Blick. Nur in den seltensten Fällen wird jemand diesem Jahrhundert, dem 14. Jahrhundert überhaupt eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben - bevor er nach Prag kam. Es gibt ja auch so viele andere Jahrhunderte, die für die politische und kulturelle Geschichte Deutschlands oder Europas bedeutender waren. Warum also gerade dem 14. Jahrhundert besondere Beachtung schenken?
Prag jedoch, das Überdauern seiner Architektursprache, seiner "Größe" ist so etwas wie der Ausdruck der Macht und der Herrlichkeit des deutschen Reiches im 14. Jahrhundert. Man kann es kaum glauben, daß auch dieses Jahrhundert - oder erstmals dieses Jahrhundert - zu solcher Pracht- und Machtentfaltung in der Lage war. Fast möchte man dieses 14. Jahrhundert in der deutschen Geschichte ja als eine Art "Ruhezeit", "Schonzeit" betrachten, vielleicht ein wenig im Abseits der großen weltgeschichtlichen Auseinandersetzungen - etwa mit dem Papst in Rom oder mit dem Jesuitenorden.
Abb. 3: Die Parler und der Schöne Stil - Kunst in Prag 1350 bis 1400 |
Aber gerade in dieser Schonzeit bereitete sich in genau dieser Region ein neues Zeitalter vor. Der Jesuitenorden hat ausgerechnet in Prag im Kirchenbau eine barocke Pracht entfaltet, die ebenfalls ihresgleichen sucht andernorts. Und warum? Es geschah als Machtdemonstration, und zwar im Zuge der Rekatholisierung Böhmens am Beginn des Dreißigjährigen Krieges - durch berittene "Seligmacher" und durch die berühmten Hinrichtungen in Prag, zu Deutsch: durch Zwangskatholisierung.
Böhmen war schon im 15. Jahrhundert mit den Hussitenkriegen der deutschen Reformation weit voraus geeilt (Wiki). Ab dem 17. Jahrhundert versank es als eines der ersten kernprotestantischen Länder in der Dumpfheit des römischen Katholizismus.
Immerhin tastete dieser Katholizismus in vieler Hinsicht die spätmittelalterliche Überlieferung nicht an. Vielmehr pflegte und schonte er sie. Deshalb ist Prag heute insbesondere Inbild alter deutscher Kaiserherrlichkeit. Von der Einheitlichkeit und Größe der Architektursprache her ist es diese Stadt mehr als etwa Nürnberg, mehr als der "Römer" und der Kaiserdom in Frankfurt am Main, mehr als die Kaiserpfalz von Aachen - oder welche Vergleiche man immer heranziehen möchte.
Ab etwa 1340 ist Prag zur Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation geworden. Und wem nun hat Prag diesen Aufstieg zu verdanken? Dem Kaiser Karl IV. (1316-1378) (Wiki) (Abb. 4). Wer aber nun kennt eigentlich diesen Kaiser außerhalb von Prag und Böhmen?
Abb. 4: Kaiser Karl IV. - Der Erbauer des heutigen Prag - Porträt von Peter Parler (hdbg) |
Immerhin, auch in der Brandenburger Geschichte hat dieser Kaiser Karl IV. eine wichtige Rolle gespielt, also für die Geschichte des Kernlandes Preußen (5). 1371 hat er nämlich von Böhmen aus die Mark Brandenburg erobert und gekauft. Tangermünde an der Elbe hat er zur Zweitresidenz ausgebaut. Deshalb also ist auch Tangermünde so schön und anrührend! Auf was für Verbindungen man stößt, wenn man in Prag weilt. Es liegt ebenso herrlich am Ufer der Elbe wie Prag am Ufer der Moldau liegt. Und außerdem hat Karl IV. in Brandenburg eine Landaufnahme durchführen lassen (Wiki, a), die bis heute als wertvolle historische Quelle dient.
Aber gehen wir noch einmal zwanzig Jahre zurück: 1349 ist Karl IV. zunächst einmal zum alleinigen und rechtmäßigen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation gewählt worden. In Frankfurt am Main. In Aachen ist er gekrönt worden. Den Sitten der Zeit gemäß hatte ihn diese Wahl sehr viel Geld gekostet. Aus dem wirtschaftlichen Reichtum seiner böhmischen Länder heraus konnte er sich diese Wahl finanzieren.
1341 schon war er faktischer König von Böhmen geworden, da sich sein Vater Johann wegen Erblindung aus der Regierung zurück gezogen hatte. Im 14. Jahrhundert war die wirtschaftliche Entwicklung in Europa so weit gediehen, daß - sozusagen - "Großstädte" entstehen konnten und daß diese ihren Rang auch über die Jahrhunderte hinweg als solche bewahren konnten. Deshalb steht sie heute noch vor uns: Die spätmittelalterliche Kaiserherrlichkeit Prags.
Abb. 5: Der Dombaumeister Peter Parler (1330-1399) im Selbstporträt - Der große Stadtbild-Gestalter Prags (Fotograf: Franz Höch, 1940) (aus 1) |
Blickt man in das Antlitz des großen Stadtbild-Gestalters Prags, des Dombaumeisters und Bildhauers Peter Parler (1330-1399) (Wiki) (Abb. 5), blickt man zugleich auf das von ihm geschaffene Porträt seines Auftraggebers, des Kaisers Karl IV. (Abb. 4), dann möchte man meinen, daß er, der Peter Parler, der Mächtigere von beiden war, der Kraftvollere, der Energischere. Der, dem eigentlich die Schönheit Prags zu verdanken ist - viel weniger seinem Auftraggeber, der ihm nur die Mittel dafür bereit stellen mußte. Auf jeden Fall ergänzten sich beide. Mit dem Regierungsantritt Karls IV. begann die Glanzzeit Prags und damit das Wirken des Dombaumeisters Peter Parler (Wiki):
Nachdem Karl 1344 für die Erhebung des Prager Bistums zum Erzbistum gesorgt hatte, leitete er den Baubeginn des gotischen St. Veitsdoms (katedrála sv. Víta, Václava a Vojtěcha) ein.
Dieser wurde vollendet von Peter Parler. Und weiter (Wiki):
Die umfangreiche Bautätigkeit in seiner Residenz machte Prag zur Goldenen Stadt. Davon zeugt vor allem die Karlsbrücke über die Moldau.
Errichtet von Peter Parler. Und weiter (Wiki):
1348 gründete Karl die erste Universität im östlichen Mitteleuropa, die Karls-Universität (Univerzita Karlova), nach dem Vorbild der durch Kaiser Friedrich II. errichteten Universität von Neapel und dem des Studium generale an der Pariser „universitas“. Prag wurde von ihm zu einem der wichtigsten geistigen und kulturellen Zentren seiner Zeit ausgebaut und zur De-facto-Haupt- und Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches (Praga Caput Regni: Prag Hauptstadt des Reiches lautet eine Inschrift am Altstädter Rathaus). (...) Die von Johannes von Neumarkt geführte kaiserliche Kanzlei war vorbildlich für die Ausbildung der neuhochdeutschen Sprache. Die Prager Malerschule führte die spätgotische Tafelmalerei zu höchster Blüte.
Karl IV. holte den Bildhauer und Dombaumeister Peter Parler, der in Gmünd in Schwaben geboren worden war, von Köln nach Prag. Dieser nun vollendete den Veitsdom, erbaute die Karlsbrücke samt ihrer eindrucksvollen Brückentürme auf beiden Seiten der Moldau. Und damit prägte er das Stadtbild Prags mehr als alle anderen. Er schuf auch sowohl ein Selbstporträt wie auch Porträts des Kaiser Karl IV. und seiner engsten Familienangehörigen (Abb. 6). Welch herrliche Kunstwerke. Welch glanzvolle Zeit.
Die Karlsbrücke war ein technisches Meisterwerk ihrer Zeit. Sie war zuvor nicht für möglich gehalten worden. Die Bildsprache Peter Parlers ist nüchtern, ist sachlich, ist ein "schöner Stil". Aber sie ergreift, sie packt.
Abb. 6: Wenzel IV., Sohn Kaiser Karls IV. - Porträt von Peter Parler (hdbg) |
Prag, Böhmen und Mähren - sie waren zwischen 1212 und 1918, also den größten Teil ihrer Geschichte Teil des "Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation", sowie ab 1806 Teil des Kaiserreiches Österreich. Selten irgendwo sonst in Deutschland oder Österreich ist die Prachtentfaltung und der Reichtum europäischer Kultur in der Architektursprache so dicht und so stark zum Ausdruck gekommen und erhalten geblieben wie in Prag. Prag erweitert das Herz. Prag erweitert die Geschichtskenntnis, das Geschichtsbewußtsein, das Bewußtsein von der Größe europäischer Kultur und Vergangenheit.
Welche europäische Hauptstadt früherer oder heutiger Zeiten könnten sich allein von der landschaftlichen Lage her mit Prag messen? Oh, die herrliche Moldau. Mit welch elegantem Schwung sie die Stadt umfließt, wie lieblich sich um sie die Hügel schließen, wie wunderschön sie die Altstadt vom Burgberg trennt, vom schönen, schönen Hradschin! Welch wunderschöne Blicke von den Anhöhen hinunter auf die Moldau und weit, weit in die weite Ferne. Und welch wundervoller, prachtvoller Anblick, unten, vom Ufer hinauf auf den Hradschin. Bilder, die lebendig bleiben auch lange Wochen später noch, nachdem du Prag wieder verlassen hast.
Abb. 7: Prag im Jahr 1720 - Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin (ets) |
Wen mag es da wundern, daß diese Kernregion Böhmens, in die schon so viele vorgeschichtliche Völker und Kulturen hinein geströmt sind (Stgen2021), früh zum Regierungssitz der böhmischen Herzöge und Könige und schließlich der deutschen Kaiser auserwählt wurde?
Nur schade, schade!, schade!, daß diese so anrührende, berühmte, herrliche Stadt heute so überaus stark von Touristen aller Länder förmlich überrannt, überlaufen wird. Ab 10 Uhr morgens kannst du dich nicht mehr sinnvoll auf der Karlsbrücke zwischen Altstadt und Hradschin fortbewegen, kommst du auch nur zäh innerhalb der Menschenmassen in der Altstadt weiter. Besucher, stehe früh auf!
Abb. 8: Ansicht von Prag - aus "Vaterländische Bilder-Chronik aus der Geschichte des österreichischen Kaiserstaates" von: Anton Ziegler (1846) |
Du solltest dir auch die Grundriß-Einteilung des historischen Prag klar machen: Prag war eingeteilt in Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin (Abb. 7).
Hingewiesen sei vorläufig noch darauf, daß Deutsche in der Geschichte und Kulturgeschichte Böhmens und Mährens über Jahrhunderte hinweg auf allen Gebieten eine wichtige Rolle spielten, so auch auf dem Gebiet der Naturwissenschaft und Technik. Hier ein kleiner Ausschnitt (Wiki):
Im Jahr 1460 wurde in Eger der berühmte Mathematiker Johannes Widmann geboren, der Plus- und Minuszeichen einführte. Er arbeitete die meiste Zeit seines Lebens in Leipzig.Die Ära Rudolfs II. war auch eine Ära der wissenschaftlichen Blüte. An seinem Hof in Prag arbeiteten die Astronomen Tycho Brahe und Johannes Kepler. Darüber hinaus wirkte zu dieser Zeit in Prag der prominente jüdische Mathematiker David Gans. Der Arzt Ján Jesenský führte die erste öffentliche Autopsie in Prag durch.Der aus Kronland stammende Jan Marek Marci und der Botaniker Georg Joseph Kamel gehörten zu den Spitzengelehrten der heimischen Barockwissenschaft. Der Priester Prokop Diviš erfand den Blitzableiter. Alois Senefelder, der 1796 die Lithographie erfand, wurde zu dieser Zeit ebenfalls - eher zufällig - in Prag geboren. (...)Auch im Bereich der Naturwissenschaften verließen viele talentierte Einheimische ihre Heimat. Der Mathematiker Kurt Gödel, die Biologen Gerty und Carl Cori (Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin), der Astronom Johann Palisa, der Physiker Georg Placzek, der Chemiker Johann Josef Loschmidt, der Pionier auf dem Gebiet der Bodenmechanik Karl von Terzaghi, die Mathematikerin Olga Taussky-Todd, der Botaniker Heinrich Wilhelm Schott, die Astronomen Theodor von Oppolzer und Joseph Johann von Littrow, der Begründer der Dermatologie Ferdinand von Hebra, der Chemiker Hans Tropsch. In Wegstädtl in Nordböhmen wurde Franz Reichelt geboren, ein Pionier des Fallschirmspringens, der beim Testen eines selbst gefertigten Rettungsanzugs beim Sprung vom Eiffelturm starb. Auch der tschechische Arzt Karel Rokytanský ging nach Wien. Von den deutschsprachigen Wissenschaftlern in den böhmischen Ländern blieben dagegen der weltbekannte Biologe Gregor Mendel, der Begründer der Genetik, und der Physiker Ernst Mach. Auch der Physiker Albert Einstein arbeitete für kurze Zeit in Prag an der deutschen Universität. (...)Ein weiterer Autodesigner, Ferdinand Porsche, wurde ebenfalls in der Tschechischen Republik geboren, machte sich jedoch vor allem in Deutschland einen Namen (...). Unter den Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden, war auch der Physik-Nobelpreisträger von 2007, Peter Grünberg.
Soweit nur ein kurzer Ausschnitt, um hier in einem ersten Schritt auf diese umfangreiche Thematik aufmerksam zu machen.
Die Entdeckung der flüssigen Kristalle - Prag, 1888
Während unseres allzu flüchtigen Rundgangs durch Prag kamen wir an diesem Haus mitten in der Altstadt in einer schmalen Gasse vorbei (s. Abb. 9). Es war morgens und dennoch war die eher abseitige Gasse schon sehr belebt, wie man sieht.
Abb. 9: Vor einem Haus der Deutschen Universität Prag, in dem Prof. Friedrich Reinitzer (1857-1927) im Jahre 1888 den ersten flüssigen Kristall erfunden hat - an einem Märztag vormittags |
Auf einer dort angebrachten Bronzetafel lasen wir:
Prof. Friedrich Reinitzer (1857-1927) hat in diesem Gebäude der Deutschen Universität in Prag im Jahre 1888 den ersten flüssigen Kristall erfunden.
Reinitzer war in Prag als Sohn eines Weinbauern geboren worden. Ab 1895 war er dann an der Universität Graz tätig. Über seine Entdeckung mag hier deshalb ein längeres Zitat Platz finden, weil der flüssige Kristall von Seiten naturwissenschaftsnaher Philosophie im Jahr 1923 als wichtige evolutionäre Übergangsstufe zum Leben auch tiefere philosophische Deutung gefunden hat. Er wurde als wichtige evolutionäre Zwischenstufe benannt auf dem Weg vom festen Kristall über den flüssigen Kristall zur ersten Biozelle. Auch mit diesem Umstand wird noch einmal deutlich, welch wichtigen Ort Prag in der Wissenschaftsgeschichte einnimmt.
In was für engen Gassen die Prager damals lebten, Kinder bekamen, forschten und dichteten!
Rilke
Schließlich interessiert uns - unter anderem - noch, was einen von uns so hochgeschätzten Dichter wie Rainer Maria Rilke mit seiner Heimatstadt Prag verbunden hat. Er ist 1875 in der Heinrichsgasse 17 geboren worden (GB). 1924 ist sein Geburtshaus durch einen Neubau ersetzt worden. Aber was will das schon besagen: Hier ist Rilke geboren worden! Gegenüber befindet sich heute das "Museum der Sinne". Das ist eine Region innerhalb der Stadt im Grenzbereich von mittelalterlicher Alt- und Neustadt, wohl schon in der Neustadt gelegen.
Gleich um die Ecke wurde 1898 die Jerusalem-Synagoge (Wiki) erbaut, weil das jüdische Viertel andernorts, das man als "Slum" empfand, abgerissen worden war und weil daselbst ein vornehmer neuer Stadtteil entstand. In die andere Richtung liegt der Roßmarkt aus dem 14. Jahrhundert, der 1848 in Wenzelsplatz umbenannt worden ist (Wiki). Nach Nordwesten zu liegt das Ständetheater, eines der ältesten Theater Europas. Man kann nicht aufhören. Wohin man blickt, Erhebendes.
Rilke hat in dem Gedichtband "Larenopfer - Prag in Gedichten" seiner Heimatstadt frühe Dichtungen gewidmet (Gutenb, Gedichte). Sie stammen nicht aus seiner Reifezeit und sind von Rilke in seinen späteren Jahren - wohl mit manchem Recht - nicht als nachhaltig gehaltvoll anerkannt worden, als auf Augenhöhe stehend mit seinen späteren Dichtungen. Um so mehr fragt man nach reifer Dichtung oder Malerei (Wiki), die sich diesem außergewöhnlichen Phänomen "Prag" angenähert haben und ihm angemessen begegnet sind.
(Unsere Ausführungen zu "Rilke und Prag" wollen wir künftig noch ergänzen.)
Abb. 10: Das Ende der Jahrhunderte langen deutschen Geschichte in der Stadt und in Böhmen - Mit angespannten Blicken ziehen Deutsche mit ihrer letzten Habe am 8. Mai 1945 vorbei an dem 1915 aufgestellten Denkmal für Jan Hus (Wiki) auf dem Altstädter Ring (Aly) - der schon so vieles erlebt hatte in der Geschichte |
Das Ende der viele Jahrhunderte langen deutschen Geschichte in Prag ist eingefangen in einer Fotografie (Abb. 10): Die Deutschen werden aus ihren Wohnungen ausgewiesen und ziehen mit ihrer Habe unter angespannten Blicken in Richtung der angrenzenden Häuser am Denkmal für Jan Hus auf dem Altstädter Ring in Prag vorbei - wenn wir es recht verstehen, Richtung Nordwesten. Vielleicht war ihnen versprochen worden, daß es dort noch eine Möglichkeit für die Abreise nach Deutschland geben würde, die es dann allerdings für viele doch nicht mehr gab.
Vermutlich entstand die Fotografie am Nachmittag des 8. Mai 1945, an dem die noch in Prag stationierten deutschen Truppen aufgrund eines Waffenstillstandsvertrages nach Westen abziehen durften und zu einem Zeitpunkt kurz bevor die Stimmung unter den Tschechen vollständig umschlug. (Die Fotografie stammt von Stanislav Hulík, enthalten in dem Buch "Památník Pražského povstání" von 1946.) Zu der fotografierten Szene paßt vermutlich der Bericht einer Deutschen, die ihre Wohnung in er Benediktinergasse (GMaps) ganz in der Nähe hatte, und die mit ihrer Freundin und deren zwei Kindern, sowie ihrem eigenen eineinhalbjährigen Sohn von tschechischen Partisanen aus der Wohnung geholt worden war (6):
... Es waren schon sehr viel Menschen auf der Straße. Die ersten Steine flogen uns entgegen, aus den Fenstern und Türen wurden Gegenstände auf uns geworfen, und wir wurden angespuckt, gestoßen und geprügelt, wobei sich fast ausschließlich die tschechischen Frauen hervortaten. Wie eine Erlösung erschien es uns, daß wir, wenn auch sehr langsam auf die andere Seite zur Hybernská-Kaserne geführt wurden (...). Als wir das Eingangstor zur Kaserne gerade erreichten - es war noch sehr früh am Vormittag, und wir waren, wie sich später herausstellte, mit die ersten, die in unserem Wohnbezirk inhaftiert und eingesperrt wurden, stürzte sich ein Haufen Männer und Frauen auf uns, sie schlugen wild auf uns ein, rissen uns die Mäntel vom Leib und beförderten uns mit Fußtritten durch das Tor bis auf den Kasernenhof. (...) Überall standen Trupps Deutscher mit Gepäck, Kindern und Handwagen herum, bewacht von uniformierten Tschechen. ...
Die in diesem Bericht genannte Hybernská-Kaserne (von der Bearbeiterin falsch "Hyberna"-Kaserne benannt, da sich im Tagebuch der Deutschen nur die Abkürzung "Hyb.-Kaserne" fand) hieß bis 1918 Josefs-Kaserne (Wiki). Sie befand sich an der Stelle eines heutigen Einkaufszentrums (Wiki). Um diese Kaserne waren am Tag zuvor, am 7. Mai 1945, die heftigsten Kämpfe geführt worden (6). In den Ruinen dieser Kaserne wurden die Deutschen in den weiteren Stunden und Tagen völlig ausgeraubt und geplündert, viele Männer mußten Gräber ausheben und wurden erschossen (5). Viele hunderte anderer der hier internierten Deutschen blieben noch ein Jahr interniert, obwohl es sich fast nur um Frauen und Kindern handelte. All das ist auf den tschechischen Wikipedia-Einträge zu dieser Örtlichkeit nicht festgehalten.
Dieser Beitrag wird bei Gelegenheit künftig noch manche Ergänzung erhalten.
Er ist nur ein Einstieg in mehrere, ebenso wunderbare wie schreckliche Themen. Prag - auch eine Hauptstadt in der Welt des Geistes und der Kultur, die ebenso die dunkelste Seite alles Menschlichen kennenlernte.
___________
- Josef Pfitzner: Das tausendjährige Prag. Mit 79 Bildern von Franz Höch. Gauverlag Bayerische Ostmar 1940 (GB) (128 Seiten, davon 46 Seiten Text)
- Friedrich Heiss (Hrsg.): Das Böhmen und Mähren-Buch. Volkskampf und Reichsraum. Volk und Reich Verlag, Prag 1943 (GB)
- Binder, Hartmut: Mit Rilke durch das alte Prag. Ein historischer Spaziergang. Mit zeitgenössischen Fotografien zu Rilkes 'Larenopfer'. Insel Verlag, 1994
- Die Parler und der Schöne Stil 1350-1400. Europäische Kunst unter den Luxemburgern. Resultatband zur Ausstellung des Schnütgen-Museums in der Kunsthalle Köln 1980, hrsg. von Anton Legner.
- Karl IV. - Ein Kaiser in Brandenburg. Hrsg. von Jan Friedrich Richter, Peter Knüvener und Kurt Winkler für das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Verlag für Berlin-Brandenburg 2016 (208 S.)
- Ursula Hübler: Meine Vertreibung aus Prag. Erinnerungen an den Prager Aufstand 1945 und seine Folgen. Hrsg. von Juliane Wetzel. R. Oldenbourg Verlag, München 1991 [Biographische Quellen zur deutschen Geschichte nach 1945. Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte und in Verbindung mit dem Bundesarchiv von Wolfgang Benz. Band 11.]
- Stanislav Kokoška: Prag im Mai 1945 - Die Geschichte eines Aufstandes. Rok 2009 (pdf)
Er hatte es begriffen ....
"Wir" sind nicht diejenigen, die das Volk spalten. Das seid "ihr".
Scholz ist zwar auch der Kanzler der Ungeimpften. Aber die Ungeimpften wollen dieses ganze System nicht mehr und damit auch nicht mehr einen solchen Kanzler.
Scholz muß weg.
Alles muß weg.
Tabula rasa.
Hier und heute.
Die Entscheidung ist da.
Versklavt an ein System oder frei?
Sie wähnten sich als Ungeimpfte im Aufstand. Aber sie erzeugten - aus der Sicht der Mehrheit - nur weitere 100.000 vermeidbare Tote, von denen es auch sonst schon genügende gab (etwa unter den Rauchern).
Aber sie wähnten sich im Aufstand.
Und waren bereit, für diesen Aufstand ALLES zu opfern.
Sie lebten nur noch im Gedanken des Aufstandes.
Wer sie belog und ihnen vorgaukelte, durch *Genbehandlung* könnten 100.000 Tote vermieden werden, der mußte schlecht sein.
Damit war der Abgrund, die tiefste Tiefe des Bösen erreicht.
Rudolf Steiner hatte alles schon vorausgesagt. Nun war die Zeit gekommen. Alles war wahr geworden. Alles offenbarte sich.
Sie lebten fern - in einer Welt, unerreichbar für alle.
Sie hatten sich entschieden.
Für das Leben.
Gegen den Tod.
Der ihnen aus den Augen der Geimpften entgegenblinzelte.
Kommt auf "unsere" Seite. Macht euch frei von diesem System.
Hört auf, ihren Schalmeien zu folgen.
Es sind Todesschalmeien.
Ihr werdet alle sterben.
... Im Rijksmuseum, in Amsterdam ...
Nausikaa trifft auf den gestrandeten Odysseus
Abb. 1: Das Mitleid - Nausikaa trifft auf den gestrandeten Odysseus - gemalt von Jacob Jordaens zwischen 1630 und 1640 (Wiki, Rijksmuseum, Amsterdam) |
Im Rijksmuseum in Amsterdam. Da hängt es, ein Gemälde von Jacob Jordaens, betitelt "Nausikaa findet den gestrandeten Odysseus" (Abb. 1). Als Titel würde auch reichen: "Das Mitleid".
Dieses Gemälde entstand in der Zeit der mittleren Phase des Dreißigjährigen Krieges in Deutschland. Es geht so viel gelassene Stimmung, Erhabenheit von ihm aus.
Das Mitleid in den Augen der Nausikaa, Jacob Jordaens hat es, wie wir finden, hervorragend getroffen. Vorstudien zeigen übrigens, daß er daran lange herum probiert hat. Im Zeitalter des Simplicius Simplicissmus war es auch - womöglich - ganz neu einzuüben, ... das Mitleid.
... Wir schlenderten ein wenig umehr ... im Rijksmuseum in Amsterdam ...
Schlendern wir ein wenig weiter in diesem Rijksmuseum in Amsterdam. ....
In einem anderen Flügeltrakt finden wir ruhend einen niederländischen Seehelden.
Abb. 2: Grabmal für Maarten Tromp (1598-1653) (Wiki), gestaltet von dem Bildhauer Rombout Verhulst, 1654 (Modell/Entwurf) - Reichsmuseum Amsterdam (eigene Fotografie) |
Ergreifend, schon von weitem. Wir treten heran. Aus der fotografierten Perspektive ist es voll Leben. Nicht in jeder Perspektive und Beleuchtung tritt das Ergreifende dieses Kunstwerkes tatsächlich hervor. Wir stellen deshalb hier eine eigene, wenn auch zu unscharfe Fotografie ein.*)
Hier ruht aus, von Ringen, Kämpfen und Schlachten der niederländische Seeheld Maarten Tromp (1598-1653). Große Seesiege hat er errungen über die freiheitbedrohende Flotte Spaniens. Und zum Schluß war er in einer Schlacht gefallen. Er war kein Despot, kein Tyrann - im Gegenteil (Wiki):
Maarten Tromp war bei den Seeleuten so beliebt, daß er von ihnen den Beinamen „Bestevaêr“ = Großvater erhielt. Dieses mittelniederländische Wort gilt noch heute als Ehrentitel für einen alten, besonders bewährten Kapitän oder Admiral.
Wünschten wir uns nicht alle, "Bestevaêr" zu sein und den Tod zu erleiden im ehrlichen Streiten für Leben und Freiheit des Vaterlandes? Und der Liebe der eigenen Landsleute gewiß zu sein so wie Maarten Tromp?
So also läßt sich sterben ...
.... Und wir schlendern weiter im Rijksmuseum ....
Abb. 3: Gerard van Honthorst (1592-1656) - "Satyr und Nymphe", 1623 - Reichsmuseum Amsterdam (eigene Aufnahme) |
Ein anderer Saal, eine andere Stimmung (Abb. 3): Unbeschwertheit, Seligkeit und Beseligung ...
Gerard van Honthorst hat es geschaffen, das Gemälde "Satyr und Nymphe". Mit Recht ist es in der Mitte eines großen Saales platziert und aufgehängt, ein Blickfang ohne gleichen. Zumal in dem großes Format, in dem als Original zu sehen ist. Warum auch gering denken von der Liebe?
Das pure Leben - im Rijksmusum in Amsterdam.
Wir schlendern weiter ...
... und finden ... ein entzückendes Mädchen aus den Niederlanden ....
Abb. 4: Meerjungfrau, gemalt von Jeronimus Becx (1649-1658) - Reichsmuseum Amsterdam |
Ein Mädchen, nicht zu idealisiert. Aus dem Leben gegriffen .... Offizieller Titel: "Meerjungfrau" (Abb. 4) (Rijksmuseum), egal. Ein Mädchen.
Und so schlendern wir weiter durch die Säle, die vielen Stockwerke, die Gebäudetrakte im Rijksmuseum in Amsterdam. Draußen radeln die Fahrräder vorbei unter dem tristen, grauen Februar-Himmel .... Und überall neue Bilder, neue Epochen, neue Herzensmenschen.
Wer denn zum Beispiel ist dieser hier?
Abb. 5: Ein Saufbruder - Geschaffen von Jan Pieter van Baurscheit (1669-1728), etwa 1700 - Reichsmuseum Amsterdam |
Wenn das nicht so recht ein Kerl ist, geschaffen nach Gottes Herzen! Solche kümmern sich nicht um Tod und Teufel. Sie wissen zu arbeiten und sie wissen zu feiern.
Wer hat ihn geschaffen?
Der niederländische Bildhauer Jan Pieter van Baurscheid der Ältere (1669-1728) (Wiki).
Vom deutschen Niederrhein stammte er, er war ein Deutscher. Sein Vater war Bürgermeister, er selbst lernte anfangs Tischler. Jan Pieter ging dann schon als junger Mann nach Antwerpen, um die Bildhauerei zu lernen. Seine beiden Saufbrüder (s. Abb. 5) (Rijksmuseum) zeigen der Welt immerdar: Humor, Draufgängertum, Derbheit haben nicht ausgedient in der Welt. Auf der Beherztheit seiner Bürger ist die Freiheit jeden Vaterlandes gegründet.
Und warum sehen wir sie heute so selten, die Beherztheit?
Frage nicht, schlendere weiter .... im Rijksmuseum in Amsterdam.
Oh, Goldenes Zeitalter der Niederlande (Wiki), komm wieder!
Und dann war ja noch gar nicht die Rede vom Meister Rembrandt. Und von einer gewissen Nachtwache, die da hingeworfen worden war, unbekümmert um Mitwelt und Nachwelt .... Du Reisender in Amsterdam - hast du sie denn gar nicht gesehen ...? Dann schwing dich auf's Rad und radle hin - zum Rijksmuseum nach Amsterdam.
Ergänzung 25.2.24: Nein, beim nochmaligen Lesen merken wir. Es geht nicht ohne sie, auch in diesem Beitrag geht es nicht ohne sie.
Abb. 6: Die Nachtwache - von Rembrandt |
Sie gehört zum Rijksmuseum wie der Stuhl zum Tisch. Stelle dir das Gemälde meterhoch vor, Leser. Es ist groß (Wiki). Es war so groß, daß es beschnitten werden mußte als es erstmals aufgehängt wurde. Heute ist man um Rekonstruktionen der ursprünglichen Dimensionen bemüht (Abb. 6).
Mit Recht. Denn wer durfte es wagen, einen "Rembrandt" zu beschneiden?! Einen Rembrandt.
Nein, dem Rembrandt war kein Farbtopf dafür zu schade. Der Rembrandt hat diese Komposition hingeworfen - sagen wir wie im Universum sich eine Galaxie in die Weite der Räume hinein wirft: regellos und doch - - - mit so viel Gespür für große und viele geheime Freuden ...
Seht her, das sind sie, die Weggefährten der Freiheit. Auf ihrem Gang in die Nacht. Zum Schutze ihrer Stadt, zum Schutz und Trutze der Welt, die sie leben, deren Verkörperung sie sind.
Immer wieder kehrst du vor das Bild zurück. Im Rijksmuseum in Amsterdam.
___________
*) Andere verfügbare Fotografien haben - sonderbarerweise genug - die Perspektive und den Lichteinfall so gewählt, daß der ergreifende Eindruck nicht eingefangen ist (Alamy, Rijksmuseum).
Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte
Professor Wolfram Bernhard (1931-2022) - Nachruf
"... diesen Charakter der steten Vernichtung"
Mein Lehrer am Anthropologischen Seminar der Universität Mainz, Professor Wolfram Bernhard (1931-2022) (Uni Mainz), ist im Februar diesen Jahres mit 90 Jahren gestorben (Tr.a.).
Ich habe 1993 bis 1995 bei ihm studiert und mich von ihm auch für das Erste Staatsexamen in Biologie prüfen lassen (schriftlich und mündlich).
Ich habe ihn immer als sehr menschlich, ja, geradezu als behutsam erlebt.
Ich habe es persönlich nie erlebt, aber ich weiß, daß er an der Universität Mainz scharfer Kritik ausgesetzt war. Insbesondere von Seiten von Studenten, die sich als besonders "fortschrittlich" wähnten, wenn sie eine altüberkommene Forschungsrichtung wie die Physische Anthropologie der übelsten Absichten und Machenschaften verdächtigten und beschuldigten. Solche Angriffe (die auch am Anthropologischen Seminar in Hamburg und vielerorts sonst wüteten) waren in jenen Jahren vollkommen ungerechtfertigt.
Prof. Bernhard |
Meines Wissens und meiner Erfahrungen nach war Professor Bernhard gar nicht in irgendeiner Weise ein "Kämpfertyp", der solche Art von Anfeindungen und Kritik besonders leicht weggesteckt hätte. Von seiner ganzen Haltung her war er Mediziner, Arzt.
Aus der Traueranzeige, die viel von der zurückhaltenden, menschlich anmutenden Art von Professor Bernhard atmet, geht hervor, daß Professor Bernhard drei Kinder und elf Enkelkinder zurück gelassen hat. Offenbar sind alle seine drei Kinder ebenfalls Ärzte geworden.
"Ein der Wissenschaft gewidmetes Leben ist zu Ende gegangen,"
ist dort festgehalten dort (Tr.a.):
"Wir sind dankbar dafür, daß er uns ein wertvoller Unterstützer und Ratgeber war und zu dem gemacht hat, was wir heute sind."
Der Traueranzeige in ein Schopenhauer-Wort vorangestellt:
"Das Tier lernt den Tod erst im Tode kennen: der Mensch geht mit Bewußtsein in jeder Stunde seinem Tode näher, und dies macht selbst dem das Leben bisweilen bedenklich, der nicht schon am ganzem Leben selbst diesen Charakter der steten Vernichtung erkannt hat."
Das ist ja eigentlich doch auch ein schreckliches Wort für einen Nachruf. Aus ihm kann man - wenn man will - viel von der inneren Trauer, ja, geradezu von der "Vernichtung" heraushören, die die Jahre langen Angriffe an der Universität auf ihn ausgelöst haben, und die man während seiner Vorlesungen auch glaubte, schon so erahnen zu können.
Politische "Aktivisten" jeder Coleur mögen solche Worte zweimal lesen, um eine Ahnung zu bekommen von dem, was sie anrichten, anrichten können bei weniger grobschlächtigen Menschen als sie selbst es - nur allzu meist - sind. Wie auch wollte man mit gar zu heftigen, emotionalen und vollkommen ungerechten Verunglimpfungen und Herabsetzungen die Welt zu einem "besseren Ort" machen? Völlig unmöglich.
Ja, Professor Bernhard konnte auf seine Mitmenschen zeitweise wie erstorben wirken. Ja. Und man konnte den Eindruck gewinnen, daß dort die Behutsamkeit und die Freundlichkeit herrührten, mit denen er auf Menschen zuging.
Sucht man nun nach der Herkunft dieser Schopenhauer-Worte, kann man finden, daß sie in einem Aufsatz enthalten sind, der ebenfalls von einer Mainzer Hochschullehrerin verfaßt worden ist (1), und zwar von einer solchen, die in jenen Jahren bei dem hoch zu schätzenden Philosophie-Professor und Vorsitzenden der Schopenhauer-Gesellschaft Rudolf Malter wissenschaftliche Hilfskraft war, in denen ich selbst ebenfalls bei ihm studiert habe.
Rudolf Malter wird sie also mit seiner Schopenhauer-Begeisterung ebenso angesteckt haben wie er so viele andere in seinen Vorlesungen und Seminaren für Philosophie ganz allgemein begeistern konnte. Wo immer Menschen aufeinander treffen, die einmal in Vorlesungen bei Rudolf Malter gesessen haben, da ist sofort eine inneres Band da, eine "Gemeinsamkeit", die höher ist als alle Vernunft (so möchten wir hier einmal sagen).
Und so sicherlich auch bei jenen, die Professor Bernhard einmal kennen und schätzen gelernt haben.
Wundervolle, schöne, leidreiche Mainzer Studentenjahre, wohin seid ihr entschwunden!
__________________
- Helke Panknin-Schappert (Mainz): Arthur Schopenhauer und die Paradoxie des Todes. In: Schopenhauer-Jahrbuch 2006 (pdf)
Die "Republik der Gelehrten"
"Republic of letters" (Wiki) - der Begriff fällt ins Auge und begeistert, wenn man ihn in einer Rezension erwähnt findet (1). Zu Deutsch "Republik der Gelehrten" (Wiki). Und zwar in der Rezension eines neuen Buches über die europäische Wissenschaftsgeschichte. Da ist nämlich die Rede von ... (1)
... den wissenschaftsgeschichtlichen Stichworten, nach denen die Wissenschaftsgeschichte heute üblicherweise gegliedert wird (die Revolution der Druckerpresse, die Republik der Gelehrten, der Öffentliche Raum, die Aufklärung, Demokratie und die Industrielle Revolution).
Lauter bedeutsame Dinge. Zuvor war schon die Rede gewesen von ebenso bedeutsamen Dingen, von den ... (1)
... bekannten europäischen Marksteinen des Fortschritts: Kopernikanisches Weltbild, Newton'sches Weltbild, Naturgeschichte nach Linnae, Elektromagnetismus nach Maxwell.
In so wuchtigen, kurzen Aufzählungen benannt, was das Leben von Tausenden, von Millionen Menschen erfüllte, prägte, formte, was uns heute ausmacht. Aber von all diesen Dingen fällt uns bei dieser Gelegenheit am meisten ins Auge: "Republic of letters", "Republik der Gelehrten". Was für ein großes Bild ersteht vor uns, was für ein Panorama entfaltet sich allein schon mit der Nennung dieser kurzen Worte: "Republic of letters".
Abb. 1: Charles Alexandre de Calonne (1734-1802) (Wiki) - französischer Reformpolitiker und Finanzminister unter Ludwig XVI. - Portrait der französischen Malerin Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) (Wiki), die auch sonst viele hinreißende Portraits geschaffen hat, darunter mehrere der preußischen Königin Luise |
Was für eine Zeit, als edelgesinnte Geister und Gemüter - über ganz Europa hinweg - eine unsichtbare Republik bildeten, eine Republik von Gelehrten und Schöngeistern, die in einer "anderen Zeit" lebten oder gar "zeitlos", die jedenfalls ihrer eigenen Zeit weit voraus waren, die den Niederungen des Alltags entwunden waren, die einem schöneren, edleren Zeitalter entgegen strebten - durch Wissenschaft und Forschung, durch Beschäftigung mit Kunst und Kunstgeschichte, mit Literatur und Literaturgeschichte, durch Liebe und Begeisterung für alles Edle und Schöne.
Oh, Republik der Gelehrten, komm wieder. Möchte man nicht in die Arme dieser Republik sinken, sich in sie fallen lassen, frei sein, edel sein, dem Fortschritt zugeneigt sein? Wozu soll man noch - - - "Reichsbürger" sein, wenn man Angehöriger einer Republik von Gelehrten sein kann?
Die Republik der Gelehrten geht auch noch über die schöngeistigen Tafelrunden, wie sie etwa am Hofe Friedrichs des Großen in Sanssouci stattgefunden haben, hinaus. Sie führt direkt in die Studierzimmer der Gelehrten selbst. All das "Zwischenmenschliche", all die - womöglich oberflächlichen - Neckereien, Heiterkeiten, all der Zank auch, der neckische oder ernsthaftere, all der Unfriede, all die äußere, aufreibende Unruhe der Zeit, die auch noch bis in manche Tafelrunde und in manchen Salon hinein geschwappt sein mögen, sie alle sind aus dieser "Republik" verbannt.
Hier brennt die ewige Sonne der Wahrheit.
Hier brennt die ewige Sonne der Freiheit.
Hier brennt die ewige Sonne der Schönheit und des Edelsinns.
In diese Republik werden nur jene Geister aufgenommen - und sie werden nur insoweit aufgenommen - als sie gleichen Willens sind, von gleicher innerer Freiheit erfüllt sind, von gleicher Hoffnung auf bessere Tage erfüllt sind, auf eine bessere Welt, von gleicher Sehnsucht nach "Zukunft", nach den Inseln der Seligen.
Abb. 2: Madame de Polignac, die engste Vertrauten der französischen Königin Marie-Antoinette (Wiki), gemalt 1782/83 von Élisabeth Vigée-Lebrun (heute im Palast von Versailles) - Zu jener Zeit stand sie auf der Höhe ihres Einflusses, der ab 1785 zu schwinden begann |
Ohne frage, das besprochene Buch (1) wartet offenbar auch sonst mit einigen neuen Einsichten auf: Die Kopernikanische Wende ist durch die astronomischen Beschäftigungen im islamischen Bereich während des Mittelalters vorbereitet worden. Die Newton'sche Wende durch Erkenntnisse, die nur durch Seefahrt und Seehandel zu gewinnen waren.
Das "Überleben des Stärkeren" des Charles Darwin hat sich im "Frontier"-Idealismus der US-amerikanischen Siedler wieder gefunden. Insbesondere Marxisten haben sich für die Quantentheorie, Relativitätstheorie und Genetik begeistert. Alles das ist gewiß einerseits ein wenig gar zu plakativ. Andererseits wird aber in jeder dieser Aussagen dennoch ein wesentliches Körnchen Wahrheit stecken.
Die Besprechung kommt zu dem Schluß, daß bei aller Einbindung der europäischen Wissenschaftsgeschichte in außereuropäische Bezüge sie dennoch "eurozentrisch" bleibt (1):
Auch fast alle nicht-europäischen Forscher, die hervorgehoben werden, sind entweder an europäischen oder US-amerikanischen Instituten ausgebildet worden.
Oh je, was haben Wissenschaftshistoriker heute für Sorge. An Stelle solcher Erörterungen wäre doch womöglich noch viel angemessener, daran zu erinnern, daß es solche Republiken von Gelehrten auch im antiken Griechenland gegeben hat. Ganz Griechenland war voller Gelehrter und Philosophen und Künstler in einer Dichte, wie sie es zuvor und später nie wieder gegeben hat. Eine solche Republik von Gelehrten hat es ebenso schon im Tang-zeitlichen China oder auch davor gegeben. Und auch in anderen Hochkulturen auf dieser Erde. Die Möglichkeit einer "Republik von Gelehrten" war und ist keineswegs etwas spezifisch Europäisches.
Abb. 3: Selbstportrait, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun (1790) (heute in den Uffizien) |
Aber in der Neuzeit sind es eben nicht mehr China oder Griechenland oder der Vordere Orient oder Indien, die an der Spitze der geistigen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Menschheit stehen, sondern das eben ist nun Europa. Und mit mancherlei Gründen wird ja wohl auch gemutmaßt können, daß die Tage "dieses" Europas gezählt sein könnten. (Wer darüber jubeln mag, mag es ja gerne tun ... Soweit wir heutige Stimmen zum Beispiel aus China recht verstehen, gibt es dort über ein solches Geschehen keinen Jubel, sondern eher: Entsetzen.)
Aber zurück zu unserem konkreteren Thema. Was erfahren wir zusätzlich, wenn wir uns ein wenig umschauen zu dem Thema "Republic of letters", "Republik der Gelehrten"? 1774 etwa veröffentlichte der deutsche Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) (Wiki), der damals bei allen deutschen Dichtern hoch verehrte Dichter des "Messias", sein Buch "Die deutsche Gelehrtenrepublik". Goethe schrieb damals noch im gleichen Jahr dazu:
"Klopstocks herrliches Werk hat mir neues Leben in die Adern gegossen. Die einzige Poetik aller Zeiten und Völker. Die Einzige Regeln die möglich sind!"
Damals war noch Begeisterung in der Welt. Begeisterung für Tugend, für Wahrheit, für Schönheit. Und wir erfahren (Wiki):
Klopstocks aufgeklärte Utopie "Die deutsche Gelehrtenrepublik" (1774) ist ein Konzept, das für die als regierungsunfähig angesehene Fürstenherrschaft eine gebildete Elite in die Macht einsetzt. Die Republik soll von "Aldermännern", "Zünften" und "dem Volke" regiert werden, wobei den ersteren - als den gelehrtesten - die größten Befugnisse zukommen sollte, Zünften und Volk entsprechend weniger. Der "Pöbel" hingegen bekäme höchstens einen "Schreier" auf dem Landtage, denn Klopstock traute dem Volk keine Volkssouveränität zu. Bildung ist in dieser Republik das höchste Gut und qualifiziert ihren Träger zu höheren Ämtern. Entsprechend dem gelehrsamen Umgang geht es in dieser Republik äußerst pazifistisch zu: Als Strafen zwischen den Gelehrten veranschlagt Klopstock Naserümpfen, Hohngelächter und Stirnrunzeln.
Da dürfte doch mit leichter Hand schon eine Art Gegen-Entwurf gezeichnet worden sein zu jener Art von internationaler Oligarchie ("Fürstenherrschaft"), in der wir ja noch heute in allen Teilen Europas und Amerikas zu leben gezwungen sind. Denn es dürfte sich ja wohl inzwischen herumgesprochen haben können, daß der Begriff "Demokratie" eine Verballhornung jener Verfassungswirklichkeit ist, in der wir leben, womöglich seit "Demokratie" irgendwo in der Neuzeit überhaupt offiziell eingeführt worden ist.)
Klopstock, de Calonne, Vigée-Lebrun
Auf der Suche nach einem Vorschaubild stoßen wir noch auf ganz andere Seiten dieser "Republik der Gelehrten". Und deshalb binden wir als erstes Bild (und zugleich Vorschaubild) ein Portrait des französischen Reformpolitikers und Finanzministers unter Ludwig XVI. ein, Charles Alexandre de Calonne. Dasselbe wurde geschaffen von der französischen Malerin Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) (Wiki) (Abb. 1). Diese hat auch sonst viele hinreißende Portraits geschaffen. Darunter im Jahr 1801 auch mehrere der preußischen Königin Luise (GAj). Aber dieses Portrait des französischen Reformpolitikers mag aus den vielen ihrer schönen Bildern noch einmal besonders hervor stechen. Und genau deshalb stellt man sich auch die Frage, was das eigentlich für ein Mann war, der hier portraitiert worden ist.
Abb. 4: Élisabeth Vigée-Lebrun - Selbstportrait mit Tochter (1786) (heute im Louvre) |
Und man stellt fest: Dieser befähigte Staatsmann hätte, wenn König Ludwig XVI. ihn nicht zwei Jahre vor Ausbruch der Französischen Revolution entlassen hätte, diesselbe verhindern können! Und was für ein hinreißend schöner Mann war er zugleich! Zumindest auf dem Portrait dieser Künstlerin Vigée-Lebrun.
In ihrer Kunst ist auch sonst die ganze Seligkeit dieser Epoche eingefangen worden. Diese war eben nicht nur von wissenschaftlichem Wahrheitsdrang erfüllt, sondern auch von politischem Freiheitsdrang und von Sehnsucht nach Schönheit und dem Ausdruckgeben von Schönheit - in der Kunst. Wie erstaunlich, wie ungewöhnlich, dies alles in einer Zeit vereinigt zu sehen. Was für ein Wunder geradezu, wenn man darauf von heute her blickt.
Wie weit sind wir heute von all dem entfernt. Welche Fülle an begeisternden Gemälden hat allein diese eine französische Malerin geschaffen, eine Künstlerin, von der die meisten Leser vermutlich an dieser Stelle zum ersten mal erfahren - ebenso wie der Verfasser dieser Zeilen selbst erst - während der Suche nach einem geeigneten Vorschaubild - auf ihre Kunst gestoßen ist. Ihre Gemälde, Portraits und Selbstportraits sind von so viel weiblichem und künstlerischem Selbstbewußtsein getragen. Man erkennt sofort: Eine selbstbewußte, emanzipierte Frau (Abb. 2-4). Und doch zugleich ist in diesen Gemälden so viel Zartheit, so viel Menschlichkeit enthalten, so viel weibliches Mitgefühl. Und wie jung diese Künstlerin war, als sie schon solche Gemälde schuf.
Abb. 5: Portrait der venezianischen Schriftstellerin Gräfin Isabella Albrizzi-Teotochi (1760-1836) (Wiki), entstanden 1792, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun nach ihrer Flucht aus Frankreich |
Man erkennt sofort: Von diesem weiblichen Selbstbewußtsein war auch die Königin Luise erfüllt, die im Jahr 1801 mehrmals zum Gegenstand der Portraitkunst der Vigée-Lebrun geworden ist. Auch sie war Reformpolitikerin, auch sie gehörte den politisch fortschrittlichen Kräften ihrer Zeit an, auch auf ihr ruhten die Hoffnungen der Besten ihres Landes und ihres Volkes. Und sie war es, die den Plan hegte, Friedrich Schiller zum preußischen Minister zu ernennen. Und just in dieser Zeit starb Friedrich Schiller einen sehr frühen Tod. Und er erhielt in Jena ein sehr merkwürdiges Begräbnis. Und sein Schädel wird bis heute mit allem Eifer von der Wissenschaft gesucht.
Unbegriffene Schicksale. Wie viel Glanz, wie viel Schönheit, wie viel strahlende Selbstsicherheit selbst unter den weiblichen Künstlerinnen dieser Epoche. Wie harmlos und selbstbewußt konnten auf den Bildern der Élisabeth Vigée-Lebrun alle Zeichen weiblicher Schönheit und weiblichen Lebens zur Darstellung kommen.
Abb. 6: "Die unentschlossene Tugend" ("La Vertu Irresolue"), gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun schon 1775, also mit zwanzig Jahren |
Wer möchte nicht in einer solchen Zeit gelebt haben - oder leben?
Eine Zeit, in der eine Frau, die in Bezug auf ihre Tugendhaftigkeit nicht so recht weiß, was sie will oder wollen sollte, so außerordenlich weiblich und mitfühlsam dargestellt werden konnte (Titel "Die unentschlossene Tugend", auf Französisch "La Vertu Irresolue", s. Abb. 6).
Abb. 7: Portrait einer jungen Dame als Flora, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun |
Wie so außerordentlich menschlich dieses Zeitalter.
Wie so außerordentlich entfernt von Bigotterie jeglicher Art.
Abb. 8: Sophie von Trott als Bacchantin, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun (1785) |
Eine Zeit, in der sich Frauen des Adels als Bacchantinnen portraitieren lassen konnten (Abb. 8).
Und so führt der Weg der Suche nach der Wahrheit und der Freiheit in letzter Instanz immer wieder zurück zur Entdeckung der Schönheit und der Liebe.
Welches Zeitalter sollte dies eher bezeugen können als das Zeitalter der "republic of letters" und einer Künstlerin wie Élisabeth Vigée-Lebrun.
_____________
- Jorge Cañizares-Esguerra: Rethinking the “Western” revolution in science. Rez. von James Poskett's "Horizons: The Global Origins of Modern Science" (Mariner Books, 2022. 464 pp) In: Science, 28 Apr 2022, Vol 376, Issue 6592, p. 467, DOI: 10.1126/science.abo5229, https://www.science.org/doi/abs/10.1126/science.abo5229
Das "sinnvolle Maß der Ursächlichkeit" in diesem Universum
Niemals war nur Chaos
.... Oder bleibt etwa doch "alles dem Spiel des Zufalls überlassen"?
Von philosophischer Seite aus sind einmal im Jahr 1923 aus intuitiver Erkenntnis heraus das Entstehen des Universums und grundlegende Prinzipien dabei in einer umfassenden "Schau", sowie mit Bezug zum damaligen naturwissenschaftlichen Kenntnisstand umrissen worden (1). "Gott" wurde in dieser Philosophie als jenseits von Raum, Zeit und Materie begriffen und damit auch als "jenseits" der Anschauungsformen der menschlichen Vernunft, hingegen als - sozusagen "pantheistisch" - erlebbar dem Icherleben der menschlichen Seele. Zu damaliger Zeit wurde manchmal noch der "Äther" als Vorstufe der Materie begriffen. Heute wäre an seine Stelle der Begriff "Quantenvakuum" zu setzen. Es wurde da in diesem Sinne festgehalten (1, S. 9f; bzw. S. 71):
Der vollkommene Gott ist entweder ohne Erscheinung, oder aber er tritt in Erscheinung, dann ist aber auch vollendete Gesetzmäßigkeit das Kennzeichen seiner Vollkommenheit. Ja, diese vollendete Gesetzmäßigkeit aller Gotterscheinung ist in den ersten Stufen der Schöpfung am allerklarsten kundgetan und muß in der Vorstufe der Erscheinung, im Äther vollkommen wohnen. Setzen uns doch auch heute noch die Gase, die älteste Zustandsform der Stoffe, durch ihre monumentalen Gesetze und ihre restlose Einordnung so in Erstaunen. Die Druck- und Raumgesetze der Gase, die Gesetze ihrer Verbindung können uns beredet von der Gesetzmäßigkeit der Urerscheinung zeugen und weihen sie mit dem Adel vollkommener Willenserfüllung. Niemals also war Chaos, so wahr Gott die Vollkommenheit ist.
Natürlich repräsentierten auch schon die damals bekannten, hier erwähnten "monumentalen Gesetze" der Gase eine Kombination, ein Zusammenspiel von Naturgesetzen und Zufall, ein Zusammenspiel von Gesetzmäßigkeit und Chaos. Insofern muß gesagt werden, daß der Begriff "Chaos" hier so zu lesen ist als eine chaotische Zustandsform, die durch keinerlei Gesetzmäßigkeit gebändigt wäre. In diesem Sinne ist der Satz zu verstehen "Niemals also war Chaos", sprich, Chaos für sich allein - und nichts anderes als Chaos. Chaos und nur Chaos, ohne Begrenzung durch die Naturgesetze.
Daß der Begriff Chaos in diesem Zusammenhang genau so und nicht anders zu lesen ist, geht also schon deutlich genug aus dem Gesamtzusammenhang des Zitates hervor, insbesondere durch den Bezug zu den Druck- und Raumgesetzen der Gase.
Abb. 1: Werner Heisenberg, um 1930 |
Dennoch wird deutlich, daß der Autor im Jahr 1923 mit der schon damals gut ausgearbeiteten Wärmelehre der Gase sich noch nicht sehr viel beschäftigt hatte. Sonst hätte er präziser formuliert. Um Mißverständnisse aus heutiger Sicht auszuschließen, wäre also dieser letzte Satz des Zitates sinnvoller Weise umzuformulieren etwa in den Wortlaut:
Niemals also war - nur allein isoliert für sich - Chaos, so wahr Gott die Vollkommenheit ist.
Denn das Vorherrschen des Zufalls, ohne daß dieser von Naturgesetzten gebändigt und gesteuert würde, erst dies wäre ja jenes womöglich "vollendete Chaos", von dem aus philosophischer Sicht hier hatte die Rede sein sollen. Und so ist es dann von derselben Autorin im Jahr 1941 auch noch einmal klarer heraus gestellt worden (3, S. 167):
"Niemals war Chaos" vor dieser Schöpfung, wie Menschenwahn wähnte, von der Vorstufe der ersten Erscheinung an, in die Gott einging, herrschte Wirkungordnung. Wir haben erwiesen, daß diese Wirkungordnung, diese Kausalität nicht um ihrer selbst willen vorhanden ist, sondern nur um das Schöpfungziel zu erreichen und zu erhalten daß sie um eines göttlichen hehren Sinnes willen Maß innehält. Aber wir haben auch der Erwartung Ausdruck gegeben, daß eine vollkommen begrenzte Gesetzlosigkeit, Chaos, in dem Mikrokosmos angetroffen werden wird, (...) und daß dieses streng begrenzte Chaos niemals die Zuverlässigkeit der Naturgesetze im Makrokosmos beeinträchtigen wird.
Diese Klarstellung ist natürlich sehr bedeutend. Denn sonst könnte das erstgenannte Zitat doch auch mancherlei Mißverständnisse mit sich bringen. Auch von philosophischer Seite war also schon 1923 und 1941 der Zusammenhang benannt worden: Chaos und Gesetzmäßigkeit treten - als Grundprinzipien ein und desselben Grundzusammenhanges, nämlich des Seins schlechthin - gemeinsam und niemals getrennt voneinander auf. Es gibt kein Chaos ohne Naturgesetze. Und es gibt keine Naturgesetze ohne Chaos. Das ist der Grundgedanke, der hier formuliert wurde.
In diesem Beitrag sollen die hier benannten Zusammenhänge aus der Sicht der Theorie komplexer Systeme - andere Benennungen lauten: Theorie dissipativer Systeme, Chaostheorie, Synergetik (alles Begriffe der Physik für denselben Themenbereich, wie er sich in den 1970er Jahren heraus schälte), etwas ausführlicher umsonnen werden.
Die hier erörterten Zusammenhänge sind nämlich erst seit den 1970er Jahren von Seiten der Theoretischen Physik besser verstanden worden und einer Klärung näher gebracht worden. Dieses bessere Verständnis brachte aber noch weitaus mehr mit sich: Seither ist der Wissenschaft bewußt geworden, daß Chaos nicht nur als ein zerstörerisches Prinzip wirksam ist, sondern auch als Voraussetzung der Entstehung von Komplexität. Über diesen Zusammenhang sind unzählige wissenschaftliche Bücher und Aufsätze erschienen, nämlich über das Zusammenspiel zwischen Chaos und Ordnung, zwischen Zufälligkeit und Gesetzmäßigkeit, das allem Sein in diesem Universum zugrunde liegt. Erst damit ist dem Begriff Chaos als größtmögliche Unordnung eine ganz bestimmte, fest umrissene Bedeutung und Rolle in diesem Universum zugesprochen worden.
Es ist also erkannt worden, daß - philosophisch gesprochen - die Vollkommenheit dieses Universums in genau diesem unglaublich aufregenden, erregenden Zusammenspiel von Chaos und Ordnung besteht.
Als Nebengedanke sei erwähnt: Um die Verwendung und Bedeutung des Begriffes "Chaos" im Jahr 1923 zu verstehen, ist wohl auch zusätzlich noch zu bedenken, daß im Jahr 1923 in dem Begriff des Chaos, wenn man in Deutschland lebte, noch viel mehr mitschwang, als was wir heute mit diesem Begriff verbinden. Man empfand die politischen, gesellschaftlichen und sozialen Umwälzungen, die der Ersten Weltkrieg mit sich gebracht hatte - gerade auch in Deutschland, aber mehr noch in der Sowjetunion - als "Chaos", als Zustand vollkommener Unordnung, als Zustand vollkommener Gesetzlosigkeit, als Elend unermeßlichen Ausmaßes. Es ist nachvollziehbar, daß es in solchen Zeitumständen schwer fiel, dem Chaos - als Gegenspieler zur Gesetzmäßigkeit - eine gar zu große Rolle für alles Weltgeschehen zuzusprechen. Von der Gelassenheit und Kühnheit eines Friedrich Nietzsche hatte man sich aufgrund solcher Zeitumstände weit entfernt. Von Nietzsche war ja der schöne philosophische Satz bekannt:
"Man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können."
Und dieser Satz ist durch die Physik der Theorie komplexer Systeme auch glänzend bestätigt worden. Mehr noch: Nietzsche hatte schon allein schon bloß vom heutigen physikalischen Standpunkt der Stern-Physik her völlig recht: Im Innern eines jeden Sternes lodert Chaos, zusammengehalten durch die Gesetze der Schwerkraft, in "Brand gesetzt" durch die frei gesetzten, vormals gefesselten Energien, die in jedem Atomkern dieses Universums schlummern. Soweit noch einmal der genannte Nebengedanke.
Daß ein Satz "Niemals also war Chaos, so wahr Gott die Vollkommenheit ist" - isoliert für sich genommen zitiert - der Sachlage, die in der physikalischen Erkenntniswelt gegeben ist, in keinem Fall gerecht wird, ist von philosophischer Seite also schon im Jahr 1941 klar gestellt worden (3). Nun wurde die Rolle des Chaos in der Physik - und zwar vor allem auch für das Ende und die Auflösung des Universums - deutlicher philosophisch erläutert und in Rechnung gestellt (3).
Es ist unglaublich aufregend zu sehen, wie man sich von philosophischer Seite aus dem Phänomen des Chaos in unserem Universum zu unterschiedlichen Zeiten angenähert hat. Zu einem runderen Abschluß dieser Auseinandersetzung konnte es erst - so wird ja gut aus der Rückschau deutlich - in den 1970er Jahren kommen.
Abb. 2: Werner Heisenberg, um 1930 (Wiki) |
Aber im Jahr 1941 spürt man schon viel von der zeitgleichen und kommenden Entwicklung in der Physik voraus, von einer Entwicklung, die nicht zuletzt mit dem Namen Lars Onsager verbunden gewesen ist (siehe BzWg2/2021).
Wie aufregend, wenn man mit dem Wissen vom Beginn des 21. Jahrhunderts her auf diese damalige Auseinandersetzung zurück blickt. Wie sehr doch ein philosophischer Satz wie der eingangs angeführte, auch wenn er ohne die genannte Ergänzung zu Irrtum verleitet, das Nachdenken befeuern kann. Und wie sehr die nachfolgenden physikalischen Erkenntnisse dann erst an "Frische" und Bedeutsamkeit gewinnen, betrachtet man sie aus dem Blickwinkel dieser "nur angedeuteten" philosophischen Mißverständlichkeit des Jahres 1923 heraus.
Werner Heisenberg über den Zufall 1941/42
Im gleichen Jahr 1941 schrieb auch der deutsche Atomphysiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg Gedanken über die Rolle des Zufalls in unserem Universum nieder (4, S. 93):
... In dem Bereich der Wirklichkeit, dessen Zusammenhänge durch die Quantentheorie formuliert werden, führen die Naturgesetze also nicht zu einer vollständigen Festlegung dessen, was in Raum und Zeit geschieht; das Geschehen ist vielmehr - innerhalb der durch die Zusammenhänge festgelegten Häufigkeiten - dem Spiel des Zufalls überlassen.
Er versucht dann, sich der Bedeutung der Rolle des Zufalls im Naturgeschehen noch einmal über den Vorgang der Kristallbildung anzunähern. Er sagt zwar, daß die Naturgesetze die Anordnung der Atome in Reih und Glied, die Symmetrien und damit die Struktur des Kristalls festlegen (4, S. 94f):
Aber die besondere äußere Form des einzelnen Kristalls bleibt nach den uns bekannten Gesetzen dem Spiel des Zufalls überlassen; selbst wenn genau die gleichen äußeren Bedingungen für die Bildung eines Kristalls wiederhergestellt werden könnten, so wäre doch die Form des gewachsenen Kristalls nicht immer die gleiche: Der in kalter Luft abgekühlte Wassertropfen erstarrt zum Schneekristall. Die Symmetrie des Kristalls wird, wenn keine äußeren Störungen auftreten, stets die des Sechsecks sein; aber die besondere Form des kleinen Kristallsterns wird durch kein Naturgesetz vorher bestimmt; innerhalb der durch die sechseckige Symmetrie, die Größe des Tropfens, die Art der Abkühlung usw. bestimmten Grenzen entwirft der Zufall die unendlich vielfachen Muster der Sternchen und Plättchen, die uns ebenso kunstvoll dünken wie die Bilderfolge eines Kaleidoskops.
Heisenberg fragt sich im Anschluß an diese Überlegungen, ob eine solche Art des Zufalls per se als etwas "Sinnloses" betrachtet werden müsse (da Goethe das in einem zuvor von ihm gebrachten Zitat unterstellt hatte) (4, S. 95):
Die Bildung eines Kristalls ist ein historischer Akt, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann - und der als solcher eine wichtige Rolle auch im Zusammenhang unseres Lebens oder der Welt spielen kann, selbst wenn er nicht vorherbestimmt gewesen ist. Zusammenhänge einer Art, die uns berechtigt, das Wort "Sinn" zu verwenden, können sich auch an Ereignisse anknüpfen, die ohne jeden Grund auch anders hätten ablaufen können.
Was für ein begeisternder Gedanke.
Ja, wie zentral ist dieser Gedanke. Wir können unser persönliches, individuelles Dasein so wie es sich ergeben hat im Lauf der Dinge als ein "Zufallsereignis" verstehen. Und dennoch kann dieses so zufällig aufgetretene Sein "Sinn" haben.
Das ist eine sehr grundlegende, wesentliche Einsicht. Anders gesagt: Ein Kristall, eine Schneeflocke gibt uns den Eindruck einer einzigartigen Eigenpersönlichkeit und damit von etwas irgendwie "Sinnvollem", ob er nun zu dieser oder zu jener Eigenpersönlichkeit geworden ist durch den "historisch" einmaligen Vorgang seiner Bildung. Und dieser Gedanke kann dann auch auf das menschliche Leben angewandt werden, so wie es Heisenberg in diesen Sätzen auch andeutet ("im Zusammenhang unseres Lebens oder der Welt"): Das Spiel des Zufalls gibt jedem Menschen eine ganz bestimmte Erbausstattung mit, die seine Persönlichkeit festlegt, es läßt ihn unter ganz bestimmten Zeitumständen geboren werden in ganz bestimmten familiären Verhältnissen. All das ist Zufall. Aber die Tatsache, daß dies alles Zufall ist, bedeutet noch lange nicht, daß die Zusammenhänge, in denen dies geschieht, ebenso wie das Ergebnis dieser Zufälle "sinnlos" sind.
Zuvor hatte Heisenberg auch die Rolle des Zufalls im Zusammenhang mit der Wärmelehre (der Thermodynamik) der Physik behandelt. Hier hatte er ausgeführt, daß die Wärmelehre des 20. Jahrhunderts, also der modernen, "atomistischen Physik" sich grundlegend unterscheiden würde von der Wärmelehre der "klassischen Physik" des 19. Jahrhunderts (4, S. 79):
Eine unmittelbare Folge dieses Umstandes besteht auch darin, daß eine eindeutige Determinierung zukünftiger Vorgänge in der atomistischen Wärmelehre unmöglich ist. Denn wenn uns die Temperatur eines Körpers gegeben ist, so bedeutet dies eben einen bestimmten Grad von Kenntnis oder Unkenntnis über das mechanische Verhalten der Atome, und für ihre zukünftige Bewegung läßt sich nur die Wahrscheinlichkeit angeben, mit der ein bestimmter Vorgang eintritt.
Das sind alles Gedanken, an die dann später - quasi unmittelbar - der belgische Physiker Ilya Prigogine angeknüpft hat, und die er weiter gedacht hat - sowohl von physikalischer wie philosophischer Perspektive (7). "Später" heißt jedoch immerhin: vierzig Jahre später.
Hier im Jahr 1941 umsann Werner Heisenberg Zusammenhänge, die dann innerhalb der nächsten zehn bis dreißig Jahre weiteren Klärungen entgegen geführt werden konnten, nämlich durch die Theorie komplexer ("kooperativer") Systeme, bzw. - von ihrer "Rückseite" betrachtet - "Chaostheorie" genannt. Die Klärung wurde herbei geführt durch die immer genauere Erforschung von chaotischen Phasenübergängen in Nichtgleichgewichts-Systemen wie eben jenem der Kristallbildung, in denen sich Chaos in Ordnung umwandelt. Diese Klärung bestätigte, daß Werner Heisenberg mit seinen Überlegungen schon 1941 und noch eher intuitiv im Wesentlichen richtig lag.
Also schon 1941/42 war der Bewußtseinsstand innerhalb der modernen Physik soweit vorgedrungen, daß der sogenannte "Laplace'sche Dämon", nach dem alles im Universum schon von Anfang an "determiniert" wäre in seinem Ablauf und wir nur nicht die ausreichende Kenntnis aller dieser Determiniertheiten hätten, als eine Fehleinschätzung des 19. Jahrhunderts erkannt worden war. Allerdings wurde dies - etwa hier von Heisenberg - offenbar noch nicht gar zu betont zum Ausdruck gebracht. Denn 1941/42 fehlte dazu womöglich noch die ausreichende Sicherheit, die man dazu erst in den nächsten Jahrzehnten gewonnen hat.
Eine 64-jährige Philosophin - Und die moderne Physik
Während nun der 40-jährige Werner Heisenberg in seinem Haus in Urfeld am Walchensee - sowie in Leipzig und in Berlin - die eben angeführten Gedanken umsann, saß in Tutzing am Starnberger See eine 64-jährige Philosophin an ihrer Schreibmaschine und schrieb an einem Buchmanuskript zur Philosophie der modernen Physik, in dem sie sich - vor allem in dem Kapitel "Sinnvolles Maß der Ursächlichkeit" - mit sehr ähnlichen Grundgesetzen unserer Existenz beschäftigte. Nämlich mit der Rolle des Zufalls in allem Weltgeschehen (3). Sie hatte schon im Jahr 1923 eine philosophische Gesamtdeutung des Werdens des Weltalls und des Lebens gegeben (1), von der einleitend schon die Rede war. Wir sagten schon, daß die oben zitierte Stelle aus heutiger Sicht besser zu formulieren wäre mit einem Satz wie:
"Niemals also war nur Chaos."
Denn natürlich liegt auch schon in Bezug auf die Vorerscheinung der Materie, in Bezug auf das Quantenvakuum ein Wechselspiel vor zwischen Naturgesetzlichkeit und Zufall. Es herrschte in ihm ebenso wenig nur Zufall wie in ihm nur Naturgesetzlichkeit herrschte. Auf diese Weise kann man dieses Zitat mit dem heutigen Kenntnisstand wieder ganz gut in Einklang bringen.
So einfach war es der Autorin dieser Worte im Jahr 1941 allerdings noch nicht gemacht. Man sieht, wie sie sich damals damit abmühte, die Wahrheit, die in diesen Worten noch damals und auch noch heute enthalten waren, von dem Irrtum abzuscheiden, den diese Worte zugleich so offensichtlich enthielten (3, S. 166f). Diese Trennung konnte ihr damals noch keineswegs so glücklich gelingen wie uns das heute so geradezu selbstverständlich und mühelos gelingt.
Abb. 3: M. Eigen, 1983 (Wiki) |
Durch diese Buchveröffentlichung hatten sich Zusammenhänge geklärt, über die die Menschen seit vielen Jahrtausenden nachgedacht hatten, ohne jemals zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen. Und diese Klärung erfolgte in der überraschend einfachen Form, in der wir sie gerade formulierten. Und sie ist ebenso einfach auch schon im Untertitel des Buches fast vollständig enthalten: "Naturgesetze steuern den Zufall". Mit diesen wenigen Worten ist das Grundgesetz allen Naturgeschehens - und darin auch allen menschlichen Lebens - klar umschrieben.
Ein Buch, das zu diesem Thema noch kurz zuvor den Ton angegeben hatte, und das dabei - dem Zeitgeist gemäß - die Rolle des Zufalls im Weltgeschehen weit über Gebühr hervorgehoben hatte - nämlich Jaques Monod's "Zufall und Notwendigkeit" (5) - war durch die Veröffentlichung von Manfred Eigen mit einem Schlag schon wieder Geschichte geworden.*)
1975 - Manfred Eigen klärt die Zusammenhänge
In den 1920er Jahren - und noch bis 1941 - hatte man aber diese Klarheit der Zusammenhänge auf dem Gebiet der Naturwissenschaft noch nicht. Deshalb war es damals noch möglich, daß man als Philosoph einem "ungeordneten Chaos" eine "ordnende Spontaneität" entgegen setzen konnte (3, S. 151). Beide waren als akausal, als nicht determiniert verstanden worden. Und soweit wäre ja die damalige Deutung prinzipiell auch heute noch gültig. Aber das eine, das "Chaos", wurde damals als ein bloß zerstörerisches Prinzip bewertet, während die "Spontaneität" als ein zwar akausales, aber ordnendes Prinzip verstanden wurde. Eigentlich hätte man sich auch damals schon treffender auf Nietzsche berufen und verwegen ausrufen können:
"Man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können."
Aber die chaotischen politischen Umstände der frühen 1920er Jahre - von denen ja auch Werner Heisenberg in seinen Lebenserinnerungen wieder und wieder spricht und um derentwillen er seine Lebenserinnerungen "Der Teil und das Ganze" nannte - mögen viel zu groß gewesen sein und als viel zu belastend empfunden worden sein, als daß sich damals schon jeder ebenso unbefangen dem Begriff Chaos hätte zuwenden können wie das zuvor schon Friedrich Nietzsche getan hatte.
Nietzsche hat unumschränkt Recht behalten. Man sieht nun im Jahr 1941, wie die genannte Philosophin darum ringt, jenes apodiktische Urteil über das "Chaos" wie sie es 1923 formuliert hatte, einzugrenzen auf jene Bereiche, in denen es weiterhin Gültigkeit haben würde. Schon 1941 war erahnbar geworden, daß der Zufall Zufall ist und erst mit der Steuerung durch die Naturgesetze entweder eine zerstörende oder aber eine ordnende Wirkung entfaltet.**)
Vermutlich waren sie als solche auch schon im Jahr 1941 von der Autorin zu erkennen. Dennoch hält sie zäh an diesen Worten fest, indem sie meint, sie hätten sich nur auf die Makrophysik bezogen. Allerdings spielt der Zufall nach heutiger Erkenntnis auf allen Ebenen des Seins eine sehr ähnliche Rolle. Das konnte die Autorin im Jahr 1941 so deutlich noch nicht voraussehen. Deshalb ist ihr womöglich zuzugestehen, daß sie hier an Worten festhielt, die schon im Jahr 1941 sehr wackelig geworden waren. Sie schreibt (3, S. 164):
Ein sinnvolles Maß der Kausalität, ein sinnvolles Mindestmaß an Finalität, so erwartet es unsere Erkenntnis, werden wir in dieser Schöpfung vereint sehen mit einem sinnvollen Mindestmaß an Chaos.
So heißt es 1941 und dieser Satz steht völlig im Einklang mit dem, was wir auch heute über dieses Weltall und seine Naturgesetze wissen. Immerhin gibt sie gleich im Anschluß an dieses erneute Anführen des Zitates von 1923 nun eine weitaus gültigere Wortfassung der tatsächlichen Zusammenhänge (3, S. 166):
Das sinnvolle Maß der Kausalität wird uns durch ein sinnvolles Maß der Gesetzlosigkeit, durch ein streng begrenztes "Chaos" in der mikroskopischen Erscheinungwelt in erstaunlicher Klarheit enthüllt.
Wir können heute die historischen Bedingtheiten besser erkennen, aus denen heraus eine so starke Abwertung des Begriffes "Chaos" erfolgte. Und die Philosophin selbst setzte sich im Jahr 1941 genauer mit der Wärmelehre in der Physik auseinander als sie das jemals bis dahin getan hatte und mußte dabei ebenfalls erkennen, daß sie 1923 gar zu apodiktisch den Begriff Chaos als einen unangemessenen Begriff zur Beschreibung des Urgrundes allen Seins zurück gewiesen hatte.
Sie hebt nun das Chaos insbesondere in seiner Bedeutung für das gesetzmäßige Schwinden des Universums hervor. Daß es für das Werden des Universums die gleiche Bedeutung hätte, wird allerdings noch nicht so deutlich gesagt, weil eben diese Konnotation des Begriffes "Chaos" mit etwas Zerstörerischem noch zu groß war.
Sie mußte sich also diesbezüglich korrigieren, bzw., sie mußte die Begriffe, die sie verwendet hatte, präziser fassen. Aber auch bei dieser Korrektur blieb sie damals noch - sozusagen - "auf halbem Wege" stehen. Diese Erscheinung ist recht oft in diesem Buch von 1941 zu beobachten und sie macht klar, daß auch noch die 1940er Jahre eine Zeit des "Übergangs" war in unserem modernen Weltverstehen. Denn in den darauf folgenden Jahrzehnten konnte auf vielen Themengebieten der modernen Physik erst jene vollständige Klarheit und Sicherheit gewonnen werden, die damals - im Jahr 1941 - auf vielen Gebieten eben noch fehlte. Darum ist die Lektüre dieses Buches von 1941 so "spannend" und geradezu "erregend". Es "vibriert" in seinen Zeilen geradezu von Dingen, die künftig noch besser sollten geklärt werden können als sie es im Jahr 1941 waren.
Dies gilt übrigens auch für die Auseinandersetzung mit der Relativitätstheorie, die in diesem Buch enthalten ist. Auch hier bleiben die philosophischen Erörterungen - sozusagen - auf "halbem Wege" stehen, wollen sich weder völlig gegen die Relativitätstheorie von Einstein stellen, noch auch völlig für sie entscheiden. Und sie lassen die vormals, im Jahr 1923 niedergelegten philosophischen Intuitionen dabei auch - und womöglich mit manchem Recht - unangetastet.
____________
- Ludendorff, Mathilde: Schöpfungsgeschichte. Verlag Theodor Weicher, Leipzig 1928 (zuerst 1923), https://archive.org/details/MathildeLudendorffSchoepfungsgeschichte/
- Eigen, Manfred: Das Spiel - Naturgesetze steuern den Zufall. Piper, München, Zürich 1975
- Ludendorff, Mathilde: Der Siegeszug der Physik - Ein Triumph der Gotterkenntnis meiner Werke. Ludendorffs Verlag, München 1941, https://archive.org/details/MathildeLudendorffDerSiegeszugDerPhysik
- Heisenberg, Werner: Ordnung der Wirklichkeit. Serie Piper, München 1989
- Monod, Jaques: Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der modernen Biologie. Piper, München 1971 (Original 1970)
- Bading, Ingo: Studiengruppe Naturalismus: Ein kleiner Ausschnitt aus Erörterungen rund um naturwissenschaftliche Fragen in der Ludendorff-Bewegung der Jahre 1956 und 1957, 2017
- Prigogine, Ilya; Stengers, Isabelle: Dialog mit der Natur. Neue Wege naturwissenschaftlichen Denkens. Piper Verlag, München, Zürich 1980 (zahlreiche Folgeauflagen)
Als einmal vergessen wurde, einen Nobelpreis zu verleihen
Sind wir uns wirklich bewußt, daß die Welt vor ihrem Beginn "nur Theorie" war?
Wer sich allerdings "nur" mit Theorie beschäftigt, kann leicht bei der Verleihung des Nobelpreises einmal vergessen werden. So geschehen mit dem Jahrhundert-Genie Lars Onsager (1903-1976) (Wiki, engl). Es war dies ein Theoretischer Chemiker aus Norwegen. Durch seine Ehefrau hatte er auch einen persönlichen Bezug zum deutschen Sprachraum: Sie stammte aus Österreich. Den größten Teil seines Lebens verbrachte Onsager allerdings in den USA.
Abb. 1: Lars Onsager, Dezember 1968 in Stockholm anläßlich der Verleihung des Nobelpreises |
1968 ist Onsager der Nobelpreis verliehen worden. Und im Jahr 1970 nahm er an der Nobelpreisträger-Tagung in Lindau am Bodensee teil wie Bildunterschriften zu entnehmen ist (1). Im Jahr 1975 hat er in seinem gebrochenen Deutsch auf der Nobelpreisträger-Tagung in Lindau recht interessante Überlegungen zur Entstehung des Lebens auf der Erde vorgetragen (1). Die Abschlußveranstaltung dieser Nobelpreisträger-Tagung von 1975 fand auf der Insel Mainau nahe Konstanz statt (1, Bildunterschrift in 3:28).
In Zusammenhang mit dieser Tagung war Onsager auch zu einem Vortrag an die Universität Konstanz eingeladen worden. Und am Abend war zu Ehren seines Besuches in Konstanz eine kleine Gesellschaft zusammen gekommen. Auf dieser war die Gesprächsatmosphäre allmählich lockerer geworden, der Wein hatte die Zungen gelöst. Das Gespräch war auf die Wikinger gekommen. Und von Seiten einer jüngeren Frau ist über diese Wikinger dann ein wenig gar zu einseitige, harsche und grobe Kritik geäußert worden. Bei dieser Gelegenheit hat der Gastgeber erleben können, daß in dem ansonsten so umgänglichen Onsager doch auch ein Herz für seine wikingischen Vorfahren schlug. Der Gastgeber mußte vermittelnd in das Gespräch eingreifen, damit die Emotionen nicht gar zu hoch schlugen.
Der Bericht davon war als ein Beispiel dafür erzählt worden, daß gerade die genialsten Wissenschaftler, Künstler und Philosophen - zu denen Onsager zählte - nicht selten eine besondere gefühlsmäßige Verbundenheit zu ihrem eigenen Land, zu ihrer eigenen Herkunft, zur eigenen Geschichte und Kultur aufweisen. Man kann dies als Zeichen wahrnehmen eines durchaus auch geheimnisvollen Wirkens angeborener, sowie über prägungsähnliches Lernen weiter gegebener gruppenpsychologischer Zusammenhänge, die noch heute kaum ausreichend erforscht sind (unter Schlagworten wie etwa "Ethnozentrismus"), für die aber womöglich gerade oft bei den genialsten Vertretern einer Kultur sich die überzeugensten Belege finden lassen.
Werner Heisenberg wäre dafür ein Beispiel derselben Generation aus Deutschland. Oder - wenn wir auf frühere Jahrhunderte zurückblicken - Wolfgang Amadeus Mozart. Gibt es doch von Mozart solche Aussagen wie:
Was mich aber am meisten aufrichtet und guten Mutes erhält, ist, daß ich ein ehrlicher Deutscher bin.
Oder aber - als er sich für deutschsprachige Opern in Deutschland einsetzte:
... Doch da würde vielleicht das so schön aufkeimende Nationaltheater zur Blüte gedeihen und das wäre ja ein ewiger Schandfleck für Deutschland, wenn wir Deutsche einmal im Ernst anfangen würden, deutsch zu reden, deutsch zu handeln, deutsch zu denken und gar deutsch zu singen.
Als der Autor dieser Zeilen auf solche Zusammenhänge hingewiesen wurde, war er etwa 20 Jahre alt und hatte noch keinerlei inneren Bezug zur modernen Naturwissenschaft gewonnen. Er war es - wie die meisten Menschen - von seiner ganzen Herkunft und von seiner ganzen Interessenlage her gewohnt, Naturwissenschaft vornehmlich als etwas "Entseeltes", "Technisch-Materialistisches" anzusehen. Deshalb hatte er zur Naturwissenschaft - trotz "Physik-Leistungskurs" in der Oberstufe in den 1980er Jahren - keineswegs einen ebenso leichten Zugang gefunden. Fächer wie Geschichte oder Zeitgeschichte lagen ihm viel, viel mehr. Mit Hilfe des eben angeführten Hinweises aber auf einen solchen Zusammenhang - nun einmal nicht: zwischen "Genie und Wahnsinn", sondern zwischen "Genie und Wohlwollen für die eigene Herkunft" - auch bei Naturwissenschaftlern konnte bei ihm ein erster etwas mehr auf der Gefühlsebene gelagerter Bezug zur modernen Naturwissenschaft geweckt und angebahnt werden.
Als eine erste weitere Brücke, um einen solchen inneren Bezug herzustellen, stellte sich - wenn die Erinnerung nicht trügt - die Lektüre der Lebenserinnerungen von Werner Heisenberg dar, betitelt "Der Teil und das Ganze". Wer dem Inhalt dieses Buches hinter her horcht, wird in ihm allezeit eine große Liebe zu Deutschland finden. Diese veranlaßte Heisenberg im Jahr 1939, nicht in die USA zu emigrieren, obwohl er in Deutschland von den Anhängern einer pseudowissenschaftlichen, wissenschaftlich völlig unfruchtbaren, sogenannten "Deutschen Physik" als "weißer Jude" bezeichnet worden war und deshalb viel Undank und Ignoranz erleben mußte, obwohl er das Nahen des Krieges ahnte und obwohl er den Unrechtscharakter des Dritten Reiches vollauf durchschaut hatte und als solchen wahrnahm und obwohl er attraktive berufliche Angebote in den USA erhalten hatte.
Aber all das nur als einleitende Hinweise auf die erste Begegnung des Autors dieser Zeilen mit einem noch heute so unbekannten Jahrhundert-Genie wie Lars Onsager. Wer aber war Lars Onsager? In diesem Beitrag soll versucht werden, von seiner wissenschaftlichen Bedeutung einen gewissen Eindruck zu vermitteln, auch wenn das schwierig ist - wie gleich deutlich werden wird und was schon zu der wichtigsten Erkenntnis dieses Beitrages gehört.
Wenn sogar einem Carl Friedrich von Weizsäcker einmal die Worte fehlen ...
Junge Menschen, die eine große Begabung für Mathematik aufwiesen und Physik studierten, konnten in den 1950er Jahren zu dem schon damals - so wie heute - öffentlich kaum bekannten Lars Onsager wie zu einem Genie aufschauen. Würde man selbst jemals etwas so Großes auf dem Gebiet der Theoretischen Physik leisten können wie Lars Onsager? So konnte sich ein solcher Physik-Student fragen. Und so wurde es dem Autor dieser Zeilen auch von einem solchen über seine Jugendzeit berichtet. Aber in wem eine solche Frage damals aufkommen konnte, der wird doch wenigstens ansatzweise Anlaß gehabt haben, sie zu stellen. Das heißt, er wird sich etwas ähnlich Großes zumindest der Absicht nach grundsätzlich schon zugetraut haben.
Daß dann in den 1970er Jahren Lars Onsager einmal zu Besuch nach Konstanz kam, wird nicht zuletzt darauf beruht haben, daß sein Konstanzer Gastgeber - inzwischen selbst Professor für Biophysik - schon lange wissenschaftliche Arbeiten vorgelegt hatte - unter anderem in Zusammenarbeit mit Onsagers vormaligem Freund und Kollegen Julian Gibbs (siehe unten) - die ihn in den Augen Onsagers zu einem interessanten Gesprächspartner gemacht haben werden. Sonst hätte ja ein solcher Besuch gar nicht zustande kommen können. Sonstige Einzelheiten aber über den Anlaß und das Zustandekommen dieses Besuches von Onsager in Konstanz, sowie über Gesprächsinhalte anläßlich dieses Besuches sind (uns) einstweilen nicht bekannt geworden (bzw. werden in einer Ergänzung am Ende dieses Beitrages nachgetragen).
Für Physik-Laien ist es noch heute schwierig, sich ein Bild von der wissenschaftlichen Leistung von Lars Onsager zu machen. Das um so mehr, wenn selbst bedeutende Physiker abwinken konnten, wenn es sich darum handelte, seine Lebensleistung einer größeren Öffentlichkeit zu erläutern. Das wurde denn auch mehr als deutlich als Lars Onsager im Jahr 1968 den Chemie-Nobelpreis erhielt. In den damaligen Wissenschaftsredaktionen der Welt machte sich - begreiflicherweise - einigermaßen Ratlosigkeit breit. Man wußte nicht, wie man das wissenschaftliche Werk von Lars Onsager einer größeren Öffentlichkeit gegenüber erläutern sollte. Dafür war es nämlich viel zu abstrakt. Im Hamburger Wochenmagazin "Der Spiegel", sonst niemals um Worte verlegen, wurde damals beklommen festgehalten - und das (wie beim "Spiegel" eh häufig) vorsichtigerweise auch ohne Autorenangabe (2):
Der Hamburger Physiker und Philosophie-Professor Carl Friedrich von Weizsäcker, sonst wegen seiner Kunst gemeinfaßlicher Wissenschaftsdarstellung gerühmt, mußte diesmal passen: Onsagers Arbeiten seien nur in abstrakter Formelsprache darzustellen. Er verwies an Professor Josef Meixner Technische Hochschule Aachen; der verstehe "viel davon" - allerdings: Er werde "es wohl auch nicht allgemeinverständlich erklären" können, meinte Weizsäcker. In der Tat, auch Meixner konnte nur von einem "Prinzip des detaillierten Gleichgewichts" sprechen, oder von einer "Beziehung zwischen Thermodiffusion und Diffusionsthermoeffekt".
Immerhin versuchte der "Spiegel" sich nach solchen verstörten, einleitenden Worten dann doch noch an einer - vielleicht ansatzweise sogar brauchbaren - Erläuterung (2):
Daß Energie (beispielsweise die Bewegungs-Energie stürzender Wassermassen) nicht verlorengehe, sondern sich allenfalls in andere Formen der Energie (im Kraftwerk beispielsweise in elektrische Energie) verwandelt, hatte der Schiffsarzt Robert Mayer 1842 als ein Grundgesetz der Natur erkannt. Diesen sogenannten Ersten Hauptsatz der Wärmelehre ergänzten die Wissenschaftler hernach immer weiter. Aber alle Berechnungen, die sie über Vorgänge bei der Umwandlung verschiedener Energieformen anstellen konnten, blieben vergleichsweise wirklichkeitsfern: Sie bezogen sich auf Systeme, die in einem Gleichgewichtszustand verharren. Bei schnell ablaufenden Prozessen der Energieveränderung, wie sie in der Natur vorkommen - etwa bei einem Feuer oder bei einer Explosion -, ließen sich allenfalls der Anfangs- und der Endzustand berechnen. Onsagers wissenschaftliche Tat ist es, auch für den Übergang von einem Gleichgewichtszustand in einen anderen mathematische Formeln entwickelt zu haben, "die sich in der Praxis gut bewährt haben" (Weizsäcker). Onsager hatte diese Formeln ursprünglich nur für chemische Prozesse aufgestellt. Aber es zeigte sich, daß sie vielfältig anwendbar waren, so in der Halbleiter-Technik, in der Biologie - und schließlich auch, als US-Wissenschaftler ein Verfahren suchten, die Atombombe zu bauen.
Und in der Tat waren es ja auch "schnell ablaufende Prozesse der Energieveränderung", für die Manfred Eigen ein Jahr vor Lars Onsager den Nobelpreis erhalten hatte und bei diesem Anlaß in seiner Rede gesagt hatte, daß er sich "schämen" würde, den Nobelpreis vor Lars Onsager zu erhalten (siehe unten)(12). Auch das Nobelpreis-Komitee hatte erst noch auf die Leistungen Onsagers hingewiesen werden müssen, so sehr blühten sie auch damals schon "im Verborgenen".
In der Wochenzeitung "Die Zeit" erschien 1968 ebenfalls ein Artikel zur Verleihung des Nobelpreises an Lars Onsager. Der Artikel selbst verbirgt sich hinter einer Bezahlschranke. Aber schon der Titel sagt viel aus (3):
"Formeln für die Chemie von morgen - Lars Onsager entwickelte eine Mathematik für viele Vorgänge in der Natur."
Josef Meixner in Aachen - Ein "deutsche Onsager"?
Abb. 2: J. Meixner (5) |
Und wer war der im eben zitierten Text genannte Professor Josef Meixner (1908-1994) (Wiki)?
Als der bekannte belgische Chemiker Ilya Prigogine 1977 den Nobelpreis erhielt, gab es Gerüchte, daß an seiner Stelle auch Josef Meixner mit diesem hätte ausgezeichnet werden können (4):
Ein bedeutender Anteil der Forschungsarbeit von Meixner war mit der Thermodynamik irreversibler Prozesse befaßt. Er wird deshalb zu den Gründervätern dieses Forschungsgebietes gerechnet. Er wies darauf hin, daß Onsager's Symmetrie-Gesetze wichtige Konsequenzen hatten. Über viele derselben berichtete er in in einem berühmten Artikel zusammen mit Helmut G. Reik in der Encyclopedia of Physics III (Springer, 1959). Der Nobelpreis für Chemie wurde 1977 an Ilya Prigogine (1917-2003) verliehen (...), insbesondere für seine Arbeit über die Thermodynamik irreversibler Prozesse. Es wird erzählt, daß das Nobelpreiskomitee vier zusätzliche Stunden brauchte, um zu einer Entscheidung zu kommen. Und es gab Gerüchte, daß Meixner ebenfalls als Kandidat gehandelt wurde. Meixners erste grundlegende Arbeit datiert zurück auf das Jahr 1941, Prigogine's Arbeit begann 1947. Tatsächlich schreiben D. Bedeaux und I. Oppenheim in ihrem Nachruf auf Mazur: "Josef Meixner stellte 1941 und Ilya Prigogine unabhängig davon 1947 eine zusammenhänge phänomenologische Theorie irreversibler Prozesse auf, die Onsager's Reziprozitäts-Theorem beinhalteten und die explizite Berechnung für einige Systeme der sogenannten Entropie-Quellen-Stärke. Kurz danach stießen Mazur und de Groot zu dieser Gruppe der Gründungsväter hinzu des neuen Gebietes der Nichtgleichgewicht-Thermodynamik. Außerdem schreiben A. R. Vasconcellos et al.: "Vor über zwanzig Jahren gab J. Meixner in Arbeiten, die nicht die verdiente Verbreitung fanden, einige überzeugende Argumente um zu zeigen, daß es unwahrscheinlich ist, daß ein Nichtgleichgewicht ... [?] [weiteres hinter einer Bezahlschranke]". 1975 sprachen Prigogine und Meixner beide auf einer Akademie-Sitzung in Düsseldorf.Original: A major part of Meixner's research work concerned the thermodynamics of irreversible processes, and he is counted as one of the founding fathers of that field. He pointed out that Onsager's symmetry laws had important consequences, many of which he reported on in a famous article with Helmut G. Reik in Encyclopedia of Physics III (Springer, 1959). The Nobel Prize for Chemistry for the year 19777 was awarded to Ilya Prigogine (1917–2003) (...), especially for his work on the thermodynamics of irreversible processes. It was said the Prize Committee spent 4 overtime hours before reaching its decision, and there were rumors that Meixner was also a candidate. Meixner’s first basic paper in the matter dates back to 1941, Prigogine’s work started in 1947. In fact, D. Bedeaux and I. Oppenheim in their obituary notice on Mazur write: “Josef Meixner in 1941 and, independently, Ilya Prigogine in 1947 set up a consistent phenomenological theory of irreversible processes, incorporating both Onsager’s reciprocity theorem and the explicit calculation for some systems of the so-called entropy source strength. Shortly thereafter, Mazur and de Groot joined this group as founding fathers of the new field of nonequilibrium thermodynamics”. Furthermore, A. R. Vasconcellos et al. write: “J. Meixner, over twenty years ago in papers that did not obtain a deserved diffusion gave some convincing arguments to show that it is unlikely that a nonequilibrium ” (...) [?]. In 1975 both Prigogine and Meixner lectured at an Academy session in Düsseldorf.
Der Konstanzer Biophysiker Gerold Adam (1933-1996) (Wiki) studierte 1951 bis 1958 an der Technischen Hochschule Aachen. Unter diesen Umständen ist es keineswegs ausgeschlossen, daß er wichtige Anregungen (auch) durch Josef Meixner erhielt, zu den Leistungen von Lars Onsager aufzublicken und sich dem von Meixner und Onsager bearbeiteten Forschungsgebiet der Theorie irreversibler Prozesse zuzuwenden. Meixner übrigens war 1931 als Schüler des hoch geehrten Arnold Sommerfeld in München promoviert worden. Er hat während des Zweiten Weltkrieges an der Eismeerfront in Finnland Kriegsdienst geleistet. Von 1944 bis 1974 lehrte er Theoretische Physik an der Technischen Hochschule Aachen. 1942 hatte er - ebenso wie Onsager - wichtige frühe Arbeiten zur Thermodynamik irreversibler Prozesse veröffentlicht. 1962 wurde - vermutlich doch vor allem auf Betreiben von Josef Meixner - Onsager die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Aachen zuerkannt. Aus diesem Anlaß hielt Meixner eine Ansprache, die - als Onsager den Nobelpreis erhielt - auch in den "Physikalischen Blättern" veröffentlicht wurde. In dieser führte er unter anderem aus (6):
Eine weitere hervorstechende Leistung Onsagers ist die Theorie des zwei-dimensionalen Ising-Modells des Ferromagnetismus. Wir sehen hier einen ganz neuen Aspekt seiner wissenschaftlichen Arbeit. (...) Beim Ising-Modell lag ein wohlformuliertes physikalisches Problem vor, und die Leistung Onsagers ist hier als rein mathematisch anzusehen, aber als solche ein hervorragendes Kunstwerk des Geistes. Ihre überragende Bedeutung liegt in zwei Richtungen. Sie gab die exakte Lösung für eines der wichtigsten und schwierigsten Probleme der statistischen Mechanik, wenn auch nur an einem physikalisch gesehen einfachen Modell, und damit zum ersten Mal eine Beurteilungsmöglichkeit der für kompliziertere Fälle auch heute noch unentbehrlichen Näherungsverfahren. Sie stellte aber auch, neben der Einstein-Kondensation, den einzigen Fall dar, in dem es gelungen war, die statistische Theorie einer Phasenumwandlung mathematisch vollkommen explizit und streng zu behandeln.
Meixner hält außerdem fest (6):
Wir dürfen wohl annehmen, daß die theoretischen Vorlesungen (Onsagers) für den jungen Chemiker etwas schwierig sind, und so nimmt es uns nicht wunder, daß die Onsagersche Vorlesung über statistische Mechanik I und II von den Studenten (in den USA) als Norwegisch I und II bezeichnet wurde. (...) Onsager wird als ein brillanter Wissenschaftler mit einer ungeheuren Konzentrationskraft bezeichnet. Seine Erfolge sind wohl letzten Endes darin begründet, daß er nie mit halben Lösungen zufrieden war, daß er vielmehr sich stets bemühte, die physikalische Natur eines Vorgangs oder einer Eigenschaft in voller Klarheit zu erfassen, um dann sein Problem ungehindert durch alle Schwierigkeiten einer eleganten und vollständigen Lösung zuzuführen.
"Eine der höchsten geistigen Leistungen"
Auf die Lebensleistung von Lars Onsager wurde auch einmal eingegangen in einer grundlegenden Aufsatzreihe benannt "Die Evolution aus der Sicht der Naturwissenschaft und der Philosophie". Hier sollte nämlich einleitend als grundlegenderer Gedankengang erläutert werden (7),
daß die Gültigkeit einer Einsicht nicht dadurch bestimmt ist, wie viele sie wirklich „verstehen“. (…) Der Nachvollzug der einzelnen Erkenntnisschritte durch andere Menschen (…) kann ein so schwieriger sein, daß er dann nur von wenigen erfolgreich begangen wird. Vor allem auch die physikalisch-theoretischen Wissenschaften bieten eine Fülle von Beispielen hierfür. Aus der Vielzahl sei hier nur noch ein weniger bekanntes Beispiel genannt, das aber für die folgenden Beiträge zu unserem Rahmenthema wesentlich ist. Im Jahre 1944 ist dem norwegischen Physiker Lars Onsager die „exakte Lösung für den feldfreien Sonderfall des zweidimensionalen Isingmodelles“ gelungen. Das „zweidimensionale Isingmodell“ stellt eine regelmäßige Anordnung von Elementarmagneten in einer Fläche dar, deren Verhalten ohne äußeres Magnetfeld von Onsager berechnet werden konnte. Die Onsager'sche Theorie stellt eine der höchsten geistigen Leistungen in den Naturwissenschaften dar. Wichtige Ergebnisse dieser Berechnungen konnten erst Jahre später von anderen Wissenschaftlern nachgerechnet werden. Wesentliche Verbesserungen dieser Lösung, wie etwa ihre Erweiterung auf die Situation mit Magnetfeld oder gar auf den dreidimensionalen Fall (räumlich-kristalline Anordnung der Elementarmagnete) sind bis heute noch nicht gelungen. Die außerordentlichen Schwierigkeiten bei der Beschreibung des Isingmodelles rühren von der ungeheuren Vielzahl der möglichen Wechselwirkungen zwischen je zweien der (sehr vielen) Elementarmagnetchen her. Die Betrachtung des gemeinsamen („kooperativen“) Verhaltens von winzigen Magneten erscheint zwar auf den ersten Blick nicht sonderlich interessant; doch ist das Isingmodell der wohl übersichtlichste Fall der Beschreibung einer Ansammlung von vielen gleichartigen, miteinander wechselwirkenden Untereinheiten. Seine mathematische Formulierung ist daher fast ohne Abänderung auf die Beschreibung einer Fülle von anderen, auf den ersten Blick grundverschiedener Anordnungen von miteinander wechselwirkenden Untereinheiten übertragbar, wie sie zum Beispiel die Moleküle bei den Vorgängen der Entmischung von Lösungen oder des Schmelzens/Kristallisierens, die Molekülsorten bei der präbiotischen Evolution oder die Menschen bei der Meinungsbildung in einer Bevölkerung darstellen.
Daß die Meinungsbildung in einer Bevölkerung den gleichen Gesetzen folgen könnte wie sie sonst in der Natur in "komplexen Systemen" vorkommen, wird etwa recht anschaulich behandelt in dem Buch "Erfolgsgeheimnisse der Natur" des Stuttgarter Physikers Hermann Haken. Dieses Buch stellt ebenfalls eine allgemeinverständliche Hinführung zum Thema der Theorie komplexer Systeme dar, für die Lars Onsager die wichtigsten theoretischen Grundlagen gelegt hatte.
Die meistzitierte Arbeit von Lars Onsager ist tatsächlich diejenige über das Ising-Modell von 1944 (8).
Wenn man einem Wissenschaftler wie Onsager also nur schwer über die Inhalte seiner Forschungen näher kommen kann, so vielleicht doch ein wenig mehr über einige Angaben zu seinem sonstigen Leben. Onsager ist in Oslo aufgewachsen, hat in er Schule eine Klasse übersprungen und im Jahr 1920 ein Chemie-Studium an der Universität Trondheim aufgenommen (14):
Schon während seines Studiums zeigte er seine Unabhängigkeit als er sich auf eigene Faust ein breites und tiefgehendes Wissen auf dem Gebiet der Mathematik aneignete und während er sich mit dem jüngst (1923) veröffentlichten Durchbruch in der Elektrolyt-Theorie von Pieter Debye und seinem Assistenten Hückel beschäftigte. Onsager fand einen Fehler in jenem Teil der Theorie, der die Leitfähigkeit des Elektrolyts betraf. Nach seinem Studienabschluß als Chemie-Ingenieur der Universität Trondheim reiste er 1925 nach Zürich, um Debye zu besuchen. Der unbekannte 22-Jährige aus Norwegen marschierte in das Arbeitszimmer des berühmten Wissenschaftlers mit den Worten: "Professor Debye, Ihre Theorie der Elektrolyte enthält einen Fehler!" Der berühmte Debye war den dreisten jungen Mann nicht hinaus. Im Gegenteil, in der nachfolgenden Diskussion war er so beeindruckt von dem jungen Norweger, daß er ihm eine Stelle als sein Assistent für das nachfolgende Jahr anbot. (...) Seine Verbesserungen der Theorie von Debye und Hückel über die Leitfähigkeit der Elektrolyte verschaffte ihm bald einen Namen unter den Elektrolyt-Experten.Already during his studies, he showed his independence by acquiring on his own a broad and profound knowledge of mathematics, and by familiarizing himself with the recently published (1923) breakthrough in electrolyte theory by Pieter Debye and his assistant Hückel. (An electrolyte is a solution of ionized molecules, and can conductelectricity.) Onsager found an error in that part of the theory which concerns the conductivity of the electrolyte. After his graduation as a chemical engineer from NTH he travelled, in 1925, to Zürich to visit Debye. The unknown 22-year old from Norway walks into the famous scientist’s office with the announcement: ‘‘Professor Debye, your theory of electrolytes is incorrect!’’ But the famous Debye does not throw out the impudent youngster. On the contrary, in the subsequent discussion, he is so impressed by the young Norwegian that he offers him a job as his assistant for following year. (...) His improvements of Debye and Hückel’s theory of electrolytic conduction quickly earned him a name among the experts on electrolytes.
1932 reichte er seine Doktorarbeit an der Universität Trondheim ein, die nur 37 Seiten umfaßte, die er aber dennoch als die "beste seiner bisherigen Arbeiten" charakterisierte. Infolge anderer drängender Arbeiten hätte er nicht die Muse, seine Doktorarbeit ausführlicher zu schreiben. Der Universität war das dennoch zu wenig. Onsager soll gesagt haben (14):
Allerhand Leute gibt es, darunter sicherlich viele talentierte, die sich mit Methoden bewaffnen und dann auf die Jagd nach behandelbaren ("vulnerable") Problemen gehen. Ein Problem aber gemäß seiner eigenen Bedingungen zu akzeptieren und sich seine eigenen Waffen schmieden - das erst ist wirklich erstklassig!There are a lot of folks, some quite talented, who arm themselves with methods and then go hunting for vulnerable problems; but to accept a problem on its own terms, and then forge your own weapons - now that’s real class!
1933 lernte Onsager in Österreich seine nachmalige Ehefrau Gretl kennen. Darüber wird berichtet (9):
Onsager blieb an der Brown-Universität bis 1933. (...) Im Sommer jenes Jahres weilte Lars in Europa und besuchte H. Falkenhagen, den österreichischen Elektrochemiker. Falkenhagen fühlte sich aber unpäßlich und bat deshalb seine Stiefschwester Gretl (Margarethe Arledter), sich um Lars zu kümmern. Gretl sah ihn die Treppen herauf kommen - einen sehr gut aussehenden jungen Mann, von dem ihr Bruder ihr gesagt hatte, er wäre "seiner Zeit weit voraus". Dann gingen sie zum Essen aus. Wie immer war Lars aber von sehr zurückhaltendem Wesen. Nach dem Essen schlief er auf der Terrasse. Dann wachte er auf und fragte sie: "Sind Sie verliebt?" Acht Tage später verlobten sie sich - Margarethe war 21 und Lars 29. Am 7. September 1933 heirateten sie.Original: Onsager remained at Brown University until 1933, when the economic depression made it necessary for his appointment to be discontinued; it would have been impossible for the chemistry department to convince the university that his services as a teacher were indispensable. In the summer of that year Lars was in Europe, and went to visit H. Falkenhagen, the Austrian electrochemist. Falkenhagen was unwell at the time and asked his sister Gretl (Margarethe Arledter) to entertain Lars. Gretl saw him coming up the stairs—a very handsome young man who her brother had told her was ‘well ahead of his times’. They went out to dinner, but Lars was his usual reticent self. After dinner he fell asleep on the patio, and then woke up and asked: ‘Are you romantically attached ?’ They became engaged 8 days later - Margarethe at 21 and Lars at 29 - and got married on 7 September 1933.
Aus der Ehe sollten vier Kinder hervor gehen. Onsager erhielt 1934 eine Professur. Da er aber nie promoviert hatte, mußte er 1935 nachträglich eine Doktorarbeit einreichen. Aber weder die Chemiker, noch die Physiker fühlten sich ihrer komplizierten Mathematik gewachsen. Sie gaben sie deshalb an die Mathematiker weiter. Dort war man dann hoch erfreut über Onsager's Arbeit und befürwortete die Promotion.
"Die Onsager'sche Lösung hätte ich nicht heraus bekommen"
Das Ehepaar Onsager kaufte sich in den USA einen Bauernhof, auf dem Lars mit großer Begeisterung Gemüse anbaute und das Landleben genoß. Onsager schwamm gerne. Und bis an sein Lebensende unternahm er Skitouren (9).
Da Gretl und Lars in den USA "Ausländer" waren, wurde Onsager nicht für jene Forschungen herangezogen, die in Zusammenhang mit der Kriegsführung standen. Für Onsager hatte das wertvolle Folgen (9):
Er fand Zeit, um so angestrengt oder noch angestrengter zu denken als er es jemals zuvor getan hatte, um ein Schlüsselproblem in der Physik zu klären, von dem andere mit guten Gründen angenommen hatten, daß es jenseits der Möglichkeiten der menschlichen Intelligenz liegen würde. (...) Sie nahm die Welt der Theoretischen Physiker im Sturm. (...) So wie es Pippard im Jahr 1961 beschrieb: "Onsager's exakte Behandlung, die eine Sensation hervorrief, als sie erschien, zeigte, daß die spezifische Wärme tatsächlich am Übergangspunkt zur Unendlichkeit anwuchs, ein Phänomen, das jene sehr grundlegend verwirrte, die sich sicher waren, daß Schwankungen immer ausgeglichen würden durch die Schroffheit, die durch die Annäherungen in der Analyse geschaffen wurden. (....) Diese Arbeit gab dem Studium kooperativer Phänomene einen ganz neuen Schwung ... und es ist sicherlich die wichtigste Einzelleistung in diesem wichtigen Forschungsfeld."Original: He was able to find the time to think as hard, or harder, than ever before and to solve a key problem in physics others might well have believed to lie beyond the reach of human intelligence. (...) It took the world of theoretical physics by storm. (...) As Pippard wrote, in 1961: "Onsager's exact treatment, which created a sensation when it appeared, showed that the specific heat in fact rose to infinity at the transition point, a phenomenon which profoundly disturbed those who were sure that fluctuations always smoothed over the asperities which were created by approximations in the analysis. This work gave a new impetus to the study of cooperative phenomena, ... and it is certainly the most important single achievement in this important field."
Unter Physikern erzählt man sich Anekdoten wie diese (9):
Lev D. Landau (...) sagte zu V. L. Pokrovskii, daß während die Arbeiten anderer Theoretiker seiner Generation für ihn keine wirkliche Herausforderung darstellen würden, er sich nicht vorstellen könne, daß er selbst die Onsager'sche Lösung des Ising-Modell's herausbekommen hätte.
Original: Lev D. Landau, whose own general phenomenological theory of phase transitions was fatally undermined by Onsager's results, told V. L. Pokrovskii that while the work of other theorists of his generation presented no real challenges to him, he could not envisage himself accomplishing Onsager's solution of the Ising model.
Der hier genannte sowjetische Theoretische Physiker Lev Landau (1908-1968) (Wiki) hatte 1929 bei Werner Heisenberg in Leipzig und bei anderen Physikern in Deutschland studiert (Wiki):
Er teilte Physiker in eine logarithmische Skala von 0 bis 5 ein (0 war die höchste Stufe), stufte Einstein bei 0,5 ein, die Väter der Quantenmechanik (Schrödinger, Bohr, Heisenberg, Bose, Dirac, Wigner) bei 1, sich selbst anfangs bei 2,5, und relativ spät in seiner Karriere bei 2.
Die Theoretischen Physiker und Chemiker der damaligen Generation erzählten sich noch viele andere, sie außerordentlich beeindruckenden Erlebnisse mit Lars Onsager. So etwa auch der bekannte amerikanische Physiker Richard Feynman (9, S. 458f). Sie berichteten auch darüber, daß Onsager das Ergebnis seiner Forschungen nicht selten intuitiv vorausahnte und mit seinen mathematischen Berechnungen diese Intuition dann nur noch rational nachvollzogen hat, also quasi "ratifiziert" hat (9).
Erst vor drei Jahren, 2018, schrieb der indischer Chemiker Biman Bagchi über Lars Onsager (10):
Über ihn wird oft gesagt, auch heute noch, daß er der "beste Mathematiker" war, den es in der Theoretischen Physik und in der Theoretischen Chemie jemals gegeben habe.Original: He is often cited, even today, as the “best calculator” that theoretical physics and theoretical chemistry has ever seen.
Mein eigener Doktorvater an der Brown-Universität, Julian H. Gibbs, verbrachte ein gemeinsames Jahr mit Onsager in Cambridge. Gibbs war dort als Guggenheim Fellow tätig. Er erzählte mir, daß Onsager sich gerne viel mit ihm zu unterhalten habe, weil sie beide die einzigen Amerikaner in der Theoretischen Physikalischen Chemie in Cambridge waren. Gibbs erzählte, daß Onsager wissenschaftlich unglaublich und ein ebenso fröhlicher wie warmherziger Mensch gewesen sei. Gibbs fand Onsagers Ansatz auf so hoher Verständnisebene angesiedelt, daß er Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten.My own thesis adviser at Brown University, Julian H. Gibbs, overlapped about a year with Onsager at Cambridge where Gibbs was a Guggenheim Fellow. Gibbs told me that Onsager used to talk a lot with him because they two were the only Americans in theoretical physical chemistry at Cambridge. Gibbs told me that Onsager was incredibly smart with science, and was quite a jolly and warm guy. Gibbs found Onsager’s approach so high level that he had to struggle to keep up with him.
Und Biman Bagchi schreibt bewundernd weiter (10):
In diesem Zusammenhang muß ich den Leser daran erinnern, daß Julian Gibbs selbst außergewöhnlich war. Neben anderem sind ja seine Theorien über die Glasbildung (Adam-Gibbs, Gibbs-DiMarzio) sehr bekannt.Original: I need to remind the reader that Julian Gibbs himself was outstanding, and his theories of glass transition (Adam-Gibbs, Gibbs–DiMarzio) among others, are well-known.
Die hier erwähnte "Adam-Gibbs"-Arbeit wurde dementsprechend 1982 mit dem "Citation Award" ausgezeichnet (11). Der Konstanzer Biophysiker Gerold Adam, mit dem zusammen Julian H. Gibbs eine der beiden eben genannten "außergewöhnlichen" Arbeiten vorlegte, erforschte später - ebenfalls als Theoretischer Physiker - Phasenübergänge bei der Nervenerregung. Vielleicht hatten diese Forschungen Onsager's Interesse geweckt, und vielleicht war Onsager in den 1970er Jahren in diesem Zusammenhang zu Besuch nach Konstanz gekommen.
Außer mit dem genannten Citation Award ist Gerold Adam unseres Wissens niemals mit einem Wissenschaftspreis ausgezeichnet worden, während Julian Gibbs und Edmund A. DiMarzio 1967 in Chicago gemeinsam den Preis für Hochpolymer-Physik der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft erhalten haben. Der Autor dieser Zeilen hat DiMarzio vor einigen Jahren (2014) angeschrieben und erfahren, daß DiMario es bedauert, Gerold Adam niemals persönlich begegnet zu sein.
Manfred Eigen - Sein Hinweis an das Nobelpreisträgerkomitee
Der Chemiker Manfred Eigen hatte 1967, ein Jahr vor Lars Onsager den Nobelpreis erhalten. Eigen berichtet darüber (12):
In meiner Nobelrede sagte ich den Satz: “I am ashamed to receive this price before Lars Onsager.” Lars Onsager war einer der großen theoretischen Chemiker unserer Zeit. Er hatte eine allgemeine Theorie irreversibler Vorgänge nahe am thermodynamischen Gleichgewicht erstellt. Die chemische Relaxationsspektrometrie, die experimentelle Methode, für die ich den Preis erhielt, basiert auf Gleichungen, die wir aus Onsagers linearen Ansätzen entwickeln konnten. Onsager, der ungefähr eine Generation älter war als ich, war klarer Kandidat für einen Nobelpreis, jedoch sein Werk war reine Theorie. Nach meinem Vortrag kam Arne Tiselius, ebenfalls ein Chemie Nobel-Laureat und zu jener Zeit Präsident der Nobel Foundation, zu mir und sagte: “If you mean what you said about Onsager, you have to write me a letter in which you state clearly that Onsager’s theory was important for the development of your experimental methods.” Ich habe diesen Brief geschrieben und Onsager bekam im darauf folgenden Jahr den Nobelpreis für Chemie.
Dieser Bericht ist noch einmal ein Hinweis darauf, daß das Bewußtsein von der wissenschaftliche Leistung von Lars Onsager auch innerhalb der Wissenschaft selbst nur bei wenigen vorhanden war. Auf diese Weise kann es immer wieder dazu kommen, daß bedeutende Wissenschaftler bei der Verleihung des Nobelpreises "vergessen" werden.
Übrigens kann gegen den Mythos, daß ein Theoretiker wie Onsager keinerlei praktische Fähigkeiten aufweisen würde, vieles angeführt werden. Es wird berichtet, daß Onsager ein begeisterter Gärtner war, daß er alle Reparaturen zu Hause selbst besorgte. Und von einer Physiker-Rundreise durch Japan anläßlich einer wissenschaftlichen Konferenz daselbst nach dem Zweiten Weltkrieg wird berichtet, daß der Reisebus von der Straße in einen Graben abgerutscht sei (14):
Die Fahrer, die örtlichen Bauern und die Physiker standen herum und brabbelten in allerhand Sprachen bis Onsager, einen Seufzer ausstoßend kraftvoll die Verantwortung übernahm. Er organisierte eine Arbeitsgruppe von örtlichen Bauern, die eine Behelfsbrücke über den Graben legen sollten, arrangierte ein System von Hebestangen und mit den Muskeln von zwanzig bis dreißig Physikern und Onsagers Ansage und Aufmunterung brachten wir den Bus - zu unserem Erstaunen - wieder zurück auf die Straße.Drivers, local farmers, and physicists stood around jabbering in several languages until Onsager, with a sigh, firmly took charge. He organised a work crew of local farmers to dismantle a log bridge over the ditch, arranged a system of levers, and with the muscle of 20 or 30 physicists and Onsagers’s direction and encouragement we, to our astonishment, put the bus back on the road.
Weitere Erinnerungen zum Onsager-Besuch in Konstanz
Ergänzung 15.2.2021: Nach Veröffentlichung dieses Beitrages erhalten wir noch ergänzende Angaben zu dem Onsager-Besuch in Konstanz im Jahr 1975 von Seiten der Ehefrau des damals einladenden Hochschullehrers. Auslöser, so schreibt sie, könnte ein wissenschaftlicher Aufsatz von 1971 gewesen sein (13), der - wie auf Google Scholar festgestellt werden kann - auffallender Weise bis heute nie zitiert worden ist, der also ansonsten heute offenbar nie die Aufmerksamkeit in der Wissenschaft auf sich gelenkt hat. Es wird jedenfalls geschrieben:
Es kann gut sein, daß Onsager selbst die Verbindung zu Gerold gesucht hat. Gerold hat auch eine Arbeit über das zweidimensionale Isingmodell veröffentlicht (1971: "Kinetik des zweidimensionalen Isingmodells in der Braggs-Williams-Näherung: Kleine Auslenkungen aus dem Gleichgewicht"). Onsager hielt einen Vortrag an der Uni, den vermutlich Gerold angeregt hat. Den Titel kenne ich nicht. Er wäre in denkbar schlechtem Englisch gewesen, meinte Gerold.
Nach dem Vortrag saß er in Gerolds Arbeitszimmer in der Uni und schwieg und Gerold machte ihm einen Tee und schwieg auch.
Wir hatten ihn auch bei uns zuhause zu Besuch. Er freute sich über die 4 kleinen weißen Stiefelpaare (der Kinder) vor unserer Haustüre. An ihn selbst kann ich mich kaum erinnern. Er muß schon 70 Jahre alt gewesen sein.
Im Gespräch ging es auch über Steine mit Keilschriften, die in Mittelamerika gefunden worden waren. Das bedeutete, daß Europäer schon dort gewesen sind. Er: man weiß es, aber es wird nicht darüber gesprochen, d.h. es wird verschwiegen. Den Wortlaut weiß ich nicht mehr genau.
Seine Frau stamme aus "Marburg an der Drau“, ich wußte, daß dies das heutige Maribor ist, unsere anderen Gäste, ein junges Wissenschaftlerpaar, jedoch nicht.
Er, ein Weinkenner, wußte auch, wie ein bestimmter Kärntner Wein 1936 (?) schmeckte. Auf die Frage Gerolds, was er von unseren französischen Rotweinen von 1933 und 1943 hielte: wenn wir je dran denken wollten, sie zu trinken, sollten wir nicht mehr allzu lange warten.
Es war in meiner Erinnerung ein sehr netter Abend gewesen.
Eingeleitet worden war die Zuschrift mit den Worten:
Deine Anfrage hat alte Erinnerungen wieder aufleben lassen. 1974 - Dez. 1976 wohnten wir in einem sehr kleinen Häuschen zur Miete in Konstanz/Wollmatingen, Mitte Dez. 76 zogen wir in unser eigenes Haus.
____________
- Onsager, Lars: Zur Frage des Ursprungs des Lebens,
Nobelpreisträger-Tagung in Lindau 1975,
https://www.mediatheque.lindau-nobel.org/videos/31467/once-upon-a-time-questions-on-the-origin-of-life-german-presentation-1975/meeting-1975.
- Raunen auf dem Gang. In: Der Spiegel, 45/1968, 04.11.1968, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45935170.html.
- Hopmann, Rudolf: Formeln für die Chemie von morgen - Lars Onsager
entwickelte eine Mathematik für viele Vorgänge in der Natur, ZEIT Nr.
45/1968, 8. November 1968,
https://www.zeit.de/1968/45/formeln-fuer-die-chemie-von-morgen.
- Paul L.Butzera, Tom H.Koornwinderb: Josef Meixner: His life and his orthogonal polynomials. In: Indagationes Mathematicae, Volume 30, Issue 1, January 2019, Pages 250-264, https://doi.org/10.1016/j.indag.2018.09.009.
- F. Schlögl: Persönliches: Josef Meixner. In: Physik Journal. 50, 1994, S. 584–584, doi:10.1002/phbl.19940500619.
- Meixner, Josef: Chemie‐Nobelpreis 1968 für Lars Onsager. (Laudatio vom 23. Juli 1962 anläßlich der Ehrenpromotion von Prof. Onsager an der Rheinisch‐Westfälischen Technischen Hochschule Aachen), In: Physikalische Blätter, Februar 1969, https://doi.org/10.1002/phbl.19690250204.
- Leupold, Hermin: Wie erweist sich die Richtigkeit intuitiver Einsichten? Verifikationsprobleme bei wissenschaftlichen und philosophischen Problemen. In: „Die Deutsche Volkshochschule, Folge 61, Mai 1989, S. 1-13 [Zweiter Beitrag der Aufsatzreihe zum Rahmenthema: Die Evolution aus der Sicht der Naturwissenschaft und der Philosophie]
- Onsager, Lars: Crystal Statistics. I. A Two-Dimensional Model with an Order-Disorder Transition. In: Phys. Rev. 65, 117 – Published 1 February 1944, https://journals.aps.org/pr/abstract/10.1103/PhysRev.65.117
- Longuet-Higgins, Hugh Christopher; Fisher, Michael Ellis: Lars Onsager, 27 November 1903 - 5 October 1976 - Obituary. Biographical memoirs. Published:01 November 1978, https://doi.org/10.1098/rsbm.1978.0014
- Bagchi, Biman: Lars Onsager (1903–1976). In: Resonance, Oktober 2018
- Adam, Gerold; Gibbs, Julian H.: On the Temperature Dependence of Cooperative Relaxation Properties in Glass‐Forming Liquids. In: J. Chem. Phys. 43, 139 (1965)
- Eigen, Manfred: Anmerkungen eines Preisträgers. In: Das Göttinger Nobelpreiswunder - 100 Jahre Nobelpreis - Vortragsband, hrsg. von Elmar Mittler und Fritz Paul, Göttingen 2004, S. 53ff
- Adam, Gerold: Kinetik des zweidimensionalen Ising-Modelles in der Bragg-Williams-Näherung: kleine Auslenkungen aus dem Gleichgewicht. In: Zeitschrift für Physikalische Chemie, Bd. 74, S. 78-80 (1971), doi:10.1524/zpch.1971.74.1_2.078, https://www.degruyter.com/document/doi/10.1524/zpch.1971.74.1_2.078/html
- Hauge, Eivind H.: Lars Onsager - The NTH student who became one of the greatest scientists of the 20th century. In: Energy 30 (2005), S. 787-793 (Academia)
Die Liebe, die Wissenschaft und Max Delbrück
Der Konstanzer Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer (geb. 1947) (Wiki) hat die bis heute ausführlichste und gelungenste Biographie über den deutsch-amerikanischen Biophysiker und Nobelpreisträger Max Delbrück (1906-1981) (Wiki) geschrieben. In der Erstauflage trug sie den Titel "Licht und Leben" (1). Bei dieser Biographie handelt es sich um ein hinreißendes Buch. Der Geist zweier Generationen von Wissenschaftlern, die im Leben von Max Delbrück eine Rolle gespielt haben - sowohl jener Generation, durch die Max Delbrück angeregt worden ist (Niels Bohr etwa) oder jene Generation, die von Max Delbrück angeregt worden ist - beides findet sich in diesem Buch wieder.
Der Öffentlichkeit ist Ernst Peter Fischer nach der Veröffentlichung dieser Biographie bis heute durch viele weitere Bücher und Vorträge bekannt geworden. Viele Vorträge und Interviews von ihm finden sich auch in Videoform im Internet. Ein Interview aus dem Jahr 2018 mag man nicht zuletzt auch deshalb als wichtig empfinden, weil darin - in den Minuten 14'35 bis 19'48 - davon die Rede ist, daß Max Delbrück als letzte Bemerkung vor seinem Tod an seinen Biografen noch die Frage gerichtet hatte (2):
Wie kannst du es wagen, mein Leben zu beschreiben, wenn du nichts über mein Sex-Leben weißt?
Im Anschluß an das Erzählen dieser Frage bringt Fischer gleich als Beispiel Werner Heisenberg, und daß ein Biograph bei Heisenberg genug zu tun hätte, dessen Wissenschaft zu beschreiben. Doch gerade auch der Fall Heisenberg könnte ebenso gut deutlich machen, wie sehr Max Delbrück mit seiner Bemerkung ins Schwarze getroffen hatte. Denn auch für Heisenberg war - wie wir heute wissen (3) - die erste große, unerfüllte Liebe in seinen Leben für viele Jahre ein sehr bedeutender Lebensinhalt. Er war ihm wichtiger als der Nobelpreis, den er in derselben Zeit erhalten hat. Heisenberg gab in dieser Zeit sogar zum Ausdruck, daß sein ganzes Leben scheitern könne, wenn er bezüglich dieser unerfüllten Liebe nicht zu einer gelungenen Lösung finden würde (3).
Mit wie viel Lebensernst Heisenberg über solche Fragen dachte, geht deutlich genug aus dem sich über viele Jahre hinweg erstreckenden Briefen an seine Eltern hervor (3). Deshalb wird diese Frage von Max Delbrück natürlich auch nicht "die Schnappsidee eines alten Mannes, der stirbt" sein - wie das Ernst Peter Fischer so unernst charakterisiert. Sondern es handelt sich ja schließlich um das menschlichste Thema, das es überhaupt gibt. Es handelt sich um jenes Thema, das uns Menschen erst zu Menschen macht.
Fischer hat nun aber tatsächlich "gewagt", seine Biographie über Max Delbrück zu schreiben, ohne auf dieses Thema Bezug zu nehmen, ohne auf dasselbe einzugehen (1). Und diese Biographie hat nun auch in der Tat aufregende Inhalte genug, als daß es der Behandlung dieses Themas noch zusätzlich bedurft hätte, um sie zu einer aufregenden zu machen. Allerdings hatte der Leser schon bei der ersten Lektüre derselben das Gefühl, daß er mehr wissen können sollte und daß er gerne mehr wissen würde über die Beziehungen von Max Delbrück zu jenen Frauen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben.
Wenn man aber nun noch zusätzlich erfährt, daß Max Delbrück sogar in dieser Weise eine klare Anregung gegeben hatte, noch dazu kurz vor seinem Tod, so bedauert man es um so mehr, daß sich Fischer auf dieses "Wagnis" eingelassen hat. Die ersten Andeutungen allerdings, die Fischer dann gibt - hinsichtlich des fröhlichen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in Cold Spring Harbour - sind dann viel zu ungenügend, um aus diesen irgendwelche Schlußfolgerungen ziehen zu können.
James Watson hat in Erinnerungen (4) und Büchern wie "Genes, Girls and Gamov" (5) - vielleicht auch in anderen wie etwa in "Avoid Boring People" - zu diesen Dingen ja ebenfalls schon Andeutungen gegeben, wertvolle Andeutungen. Letzteres ist dem flapsigen Titel des genannten Buches nicht unbedingt anzumerken.
Vom August 1965 bis Dezember 1966 war mein Onkel, der vormalige Konstanzer Biophysiker Gerold Adam (1933-1966) (Wiki), Mitarbeiter von Max Delbrück in Pasadena. Diese Zeit in Kalifornien hat ihn sehr maßgeblich geprägt. Bis zum Tod von Max Delbrück blieb Gerold mit Max in freundschaftlicher Verbindung und im regen Austausch von Briefen. Gerold hatte auch eine Professur erhalten an der - unter maßgeblicher Mithilfe von Max Delbrück gegründeten - Forschungsuniversität Konstanz.
"Du bist Ishi!" (1967)
Mit Hilfe des Briefwechsels zwischen Gerold und Max Delbrück sowie mit Hilfe dessen, was Gerold darüber zu Lebzeiten erzählt hat, können die von Ernst Peter Fischer angesprochenen Fragen noch eine zusätzliche Erläuterung und Veranschaulichung erhalten. Gerold hat erzählt, daß Manny und Max Delbrück während seines Aufenthaltes in Pasadena immer wieder versucht haben, ihn mit jungen Frauen zusammen zu bringen. Denn sie waren der Meinung, es würde ihm gut tun, verheiratet zu sein. Zu diesem Zweck wurden junge Frauen zu gemeinsamen Essen eingeladen. Gerold erzählte, daß Manny und Max Delbrück ihm zum Abschied die damals ganz neu erschienene Biographie über Ishi (Wiki), den berühmten, letzten frei lebenden Indianer Kaliforniens, geschenkt hätten, benannt "Ishi in two worlds" (6). Manny habe in diesem Zusammenhang zu Gerold gesagt: "Du bist Ishi!" Gerold hat auch wiederholt gerne von Ishi selbst erzählt. Ishi ist als letzter Überlebender seiners Stammes auf Angebote von jungen, weißen Frauen, mit ihm Kinder zu haben, nicht eingegangen. Gerolds Unterton war, daß er sich tatsächlich oft selbst als ein solcher "Letzter seines Stammes" fühlte und - wie die Aussage von Manny andeutet - auch von damaligen Freunden so wahrgenommen worden ist.
Gerold ist dann im Dezember 1966 von Pasadena aus - über Island - nach Marburg an seine Heimat-Universität zurück gekehrt (nach fünfjährigem Auslandsaufenthalt). Um die warmherzige Art zu charakterisieren, die Max dann zeitlebens gegenüber Gerold innehielt, sei hier zitiert, was Max gleich nach der Abreise an Gerold schrieb:
Prost Neujahr! Ich hoffe, daß du nicht auf Island stecken geblieben bist. Ich hatte noch versucht, Dich am Huntington Hotel zu treffen, um Dir Brecht's "Kalendergeschichten" als Reiselektüre mitzugeben. Leider kam ich erst in dem Augenblick an, als Dein Bus schon losfuhr. Zu viel Party letzte Nacht! Alles ist nun sehr ruhig in den Phyco- und Phage-Laboren. M.Der Abschied von Gerold war - wie man an diesen Worten erkennen kann - ausgiebig gefeiert worden. Man erhält hier Anregung, einmal in die Kalendergeschichten von Bertolt Brecht (Wiki) hinein zu schauen, die 1949 erschienen sind. Am 27. Januar 1967 beendete Max einen längeren Brief an Gerold mit den Worten:
Original: Prosit Neujahr! Hope you did not get stuck in Iceland. Tried to see you off at Huntington Hotel and give you Brecht's „Kalendergeschichten“ as Reiselektüre but got there just as your bus pulled out. Too much party in the night before! Now all very quiet in the Phyco and Phage labs. M.
Wir alle vermissen Dich. Ich vor allem. M.Auch der damals junge Biologe Martin Heisenberg (Sohn von Werner Heisenberg), der damals noch länger bei Max Delbrück blieb, stand kurzzeitig mit Gerold im Briefwechsel. Am 11. März 1967 schrieb Max in einem Brief an Gerold in Marburg etwa auch:
We all miss you. I especially. M.
Lieber Gerold, wie umständlich, einen langen Briefe schreiben zu müssen, anstatt einfach runter in die Halle zu zuckeln, um dort die Dinge durchzusprechen.Der Briefwechsel enthält dann natürlich viel "schwere Kost", nämlich wissenschaftliche Erörterungen im Bereich der theoretischen Biologie und auch Erörterungen darüber, wo Gerold seine wissenschaftliche Laufbahn weiter führen könne. Das kann andernorts noch einmal ausführlicher dokumentiert werden. Es sollen hier nur noch die Ausschnitte zitiert werden, die Bezug haben zu den von Ernst Peter Fischer in seinem Interview aufgeworfenen Fragen. Am 14. April 1967 schrieb Manny an Gerold:
Dear Gerold: What a nuisance it is to have to write a long letter to you rather than trotting down the hall and talking things over.
Lieber Gerry, (...) ich bin froh, daß Du "Ishi" bekommen hast und mit ebenso viel Sympathie für seine Persönlichkeit gelesen hast wie ich schon fest erwartet hatte.
Dear Gerry, (...) I am glad, you received and read "Ischi" with as much sympathy as I counted on you to feel for this personality.
Damit wird deutlich, daß über Ishi schon vor der Abreise von Gerold gesprochen worden war. Manny hatte Gerold das Buch nachgeschickt.
"Was macht dein Liebesleben?" (1968)
Ein Jahr später, am 26. Juni 1968, schrieb Manny aus dem vom Sommersturm umbrausten Cold Spring Harbor an Gerold einen vierseitigen Brief. Sie schildert lebhaft und bildhaft das fröhliche, wissenschaftliche und außerwissenschaftliche Leben dort, das ja aus vielen Berichten über Max gut bekannt ist. Unter anderem schreibt sie:
Gestern Abend hatten wir eine Hummer-Wein-Party. Jim Watson und seine neue, junge Frau waren da und es sieht dem ersten Augenschein nach nach einer glücklichen Zukunft für sie aus. - Deshalb sagt Max, daß auch Du Mut fassen sollst, eines Tages wirst Du auch eine Begleiterin finden, was um so kostbarer sein wird, nachdem Du so lange ohne eine solche gelebt hast.Das sind so schöne, verständnisvolle Worte. Wer wünscht sich nicht solche Freunde? Und - tatsächlich! Nur wenige Wochen später sollte Gerold seine nachmalige Frau kennen lernen. Max wußte davon freilich noch nichts und schrieb am 27. Oktober 1969 an Gerold als handschriftlichen Zusatz zu einem Brief:
Last night we had a lobster wine party. Jim Watson and his new young wife were there and from first appearances it looks like a happy future for them - so Max says, you should take heart for one day you too will find a compagnion, the more precious for having gone long without.
Was macht Dein Liebesleben? Martin hat Dich überholt.
What about your love life? Martin got ahead of you.
Damit wird Martin Heisenberg gemeint sein. Es ist dies die Zeit, in der Max Delbrück den Nobelpreis erhalten hat. Von da an war er von viel Rummel umgeben. Und es ist dies die Zeit, in der Gerold eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz erhalten hat.
Hochzeit (1969)
Gerold heiratete am 6. Dezember 1969 in Salzburg. Ob er oder Martin Heisenberg nun schneller waren, wäre womöglich noch einmal zu klären. Als Hochzeitsreise fuhr das junge Paar mit dem Auto durch die Pyrenäen nach Spanien. Manny schrieb am 21. Januar 1970 mit sehr viel Anteilnahme:
Eure Heiratsanzeige und den Bericht von Eurer wunderschönen Reise durch Spanien haben wir erhalten noch bevor wir Euch hatten gratulieren können! Natürlich hofften wir, Euch rund um den Hochzeitstermin herum zu sehen, irgendwann vor unserem nächsten Besuch in Konstanz, wo wir dann hoffen, Deine Frau kennenzulernen. Ich fragte Patty Reau (?) (die jetzt wieder zurück in Pasadena ist und in Max's Labor an ihrem eigenen Phyco-Projekt arbeitet). Sie sagte aber, daß Deine Frau bei ihr in Konstanz niemals aufgetaucht sei.
We have your wedding announcement and the description of your beautiful trip through Spain already came before we got around the congratulations! Of course, we expected you to see around to the wedding sometime before our next visit to Konstanz when we'll look forward meeting your wife. I questioned Patty Reau (?) (who is now back in Pasadena, installed in Max's lab with her own phyco project) but she replied that your wife never did show up in Konstanz to her.
Seid glücklich miteinander! Eure Manny und Max.
Be happy together! Yours Manny and Max.
Was für eine herzliche Anteilnahme. So viel an dieser Stelle als Ergänzung zu den Andeutungen von Ernst Peter Fischer, ebenso als eine Ergänzung natürlich zu den wissenschaftlichen Biographien von Gerold und Max Delbrück.
Übrigens kommt uns, nachdem wir diesen Beitrag einmal wieder nach längerem zeitlichen Abstand durchsehen die Erinnerung an Andeutungen Gerolds dahingehend, daß es von Seiten des weiblichen Teils der Mitarbeiterschaft an der Universität in Konstanz sehr wohl gelegentlich Versuche gab, das ausschließliche Band Gerolds zu seiner Frau als doch nicht so ausschließlich zu erachten. Erfolg sollten sie damit nicht haben.
Dummheiten (1980)
Es soll an dieser Stelle noch auf ein weiteres Interview hingewiesen werden, das in den letzten Jahren zugänglich geworden ist (7). Es handelt such um ein im Jahr 1980 mit Max Delbrück geführtes Gespräch. Das war ein Jahr vor seinem Tod. Max ist deshalb in diesem schon sehr alt. Er antwortet in demselben deshalb vielleicht auch etwas zögerlicher als er das in jüngeren Jahren getan haben wird. Insbesondere anfangs scheint er nach den Worten seiner deutschen Muttersprache zu suchen, die er ja in den USA nicht mehr täglich benutzte.
Aber immer einmal wieder bricht auch in diesem Gespräch sein famoser Humor durch, eine famose, mehr nach innen gekehrte Heiterkeit. Es wird auch deutlich, wie überlegt, wie ernst im Überdenken Max sein konnte, um wie viel Genauigkeit er auch in einzelnen Einschätzungen bemüht war. Als er nach einer etwaigen "preußischen Disziplin" in seinem Elternhaus gefragt wird, verneint er diese zunächst, korrigiert sich dann aber noch einmal: Es wäre vielleicht eine gemäßigte gewesen. Es ist sehr schön zu erleben, wenn Menschen so genau sind.
Spürbar ist auch, wie vieles er unausgesprochen läßt, wie vieles er noch mehr sagen könnte.
Kennzeichnend für ihn ist, daß er mehrmals über Dummheiten redet, die dann erstaunliche Wirkungen zeigten. Die Dummheiten in den Vermutungen von Niels Bohr über Biologie führten dazu, daß er, Delbrück, sich der Biologie zugewandt hat. Sie hatten also eine positive Wirkung. Zuvor hatte seine eigene Dummheit dazu geführt - und auch die von Bohr und anderen - daß die Atomkernspaltung erst im Jahr 1937 entdeckt worden ist und nicht schon drei oder fünf Jahre früher. Ganz richtig sagt Delbrück - aber auch mit jenem überlegenem Abstand, der sich selbst nicht gar so wichtig nimmt, daß sich ohne seine damalige Dummheit die Weltgeschichte doch beträchtlich anders hätte entwickeln können. Er sagt das mit einem so feinen Humor, mit einer so famosen, sanften Heiterkeit.
Vaterfiguren und prägungsähnliches Lernen
Nur allzu offensichtlich ist, daß Gerold einen Menschen wie Max sehr lieben und verehren mußte. Das geht aus mancher Stelle der Briefe zwischen ihnen hervor. Gerold beklagt einmal, daß er in Konstanz niemanden hätte, mit dem er sich so gut unterhalten könne wie mit ihm. Max hatte aber einen außerordentlich großen Freundeskreis. Er kam vielen Aufgaben nach im internationalen Wissenschaftsleben aufgrund seiner großen Bekanntheit. Deutlich ist, daß er für Gerold später nicht mehr so viel Zeit hatte wie Gerold es sich gerne gewünscht hätte.
Mit einem solchen Interview jedoch (7) merkt man, was für eine Gunst des Schicksals - und natürlich auch eigenen Verdienstes - es war, im Leben auf einen solchen Freund wie Max getroffen zu sein. Solche Menschen hat es - vermutlich - schon zu Lebzeiten von Gerold
nur noch selten gegeben. Als ich die Biographie "Licht und Leben" einige Jahre nach Gerolds Tod das erste mal las, ging mir erst auf, wieviel an der Art von Gerold auf sein vormaliges Zusammensein mit Max Delbrück zurück zu führen sein könnte. Gerold konnte auch ebenso famos heiter sein wie Max. Und er konnte ähnlich begeisterungsfähig sein wie Max.
Womöglich kann von einer Art prägungsähnlichem Lernen gesprochen werden, das sogar noch an mich - wenigstens ansatzweise - weiter gegeben worden ist, der ich von Gerold sicherlich ebenso stark beeindruckt war, wie Gerold zuvor durch Max. Deshalb ist es für den Autor dieser Zeilen auch immer wieder so bewegend, sich mit all diesen Dingen zu beschäftigen. Womöglich hat Gerold eine bestimmte Art zu sprechen von Max übernommen, eine bestimmte Art zu überlegen, ja, womöglich auch eine bestimmte Art zu lachen. Was für eine glänzende Zeit muß das damals gewesen sein in Pasadena.
Auch hat man das Gefühl, daß Delbrück in dem obigen Interview oft darum bemüht ist, seinen Humor nicht zu sehr durchbrechen zu lassen. Denn er wird da ja doch von einem so durch und durch steifen, trockenen Gesprächspartner interviewt. Der ist ja auch wirklich schon überraschend trocken. Und das konnte eigentlich schon ein Unterhaltungswert für sich sein für Max. Dieser Gesprächspartner ist ja fast eine lebende Karikatur. Aber das durfte Delbrück natürlich nicht zum Ausdruck bringen. Dennoch fragt man sich beim Ansehen ständig - und Delbrück wollte scheinbar diesen Eindruck auch nicht völlig verwischen: Sollten zwei so unterschiedliche Menschen wie diese beiden einander wirklich etwas zu sagen haben?
Interessant auch, wie Delbrück in dem Interview die Zeit in der Atomphysik in Göttingen nach 1925 charakterisiert. Wenn man es recht versteht, hat womöglich Max Delbrück vieles an seiner persönlichen Art von wiederum seiner eigenen Vaterfigur übenommen, als die er ja in diesem Interview so klar und deutlich Niels Bohr charakterisiert.
Was für eine Zeit, was für ein Leben. All diesen Reichtum hat Gerold an all jene, die ihn enger persönlich kannten, in vollem Ausmaß weiter gegeben. Hoffentlich wuchern wir alle genügend damit.
- Fischer, Peter: Licht und Leben. Ein Bericht über Max Delbrück, den Wegbereiter der Molekularbiologie. Universitätsverlag, Konstanz 1985 [Konstanzer Bibliothek, Bd. 2] (= Das Atom der Biologen. Max Delbrück und der Ursprung der Molekulargenetik. Piper-Verlag, München 1988)
- Helmut Fink: Fischer • Podcast-Gespräch • Verzauberung oder Entzauberung? Kortizes, 19.12.2018, https://youtu.be/hs9nwJuPpEs
- Bading, Ingo: Werner Heisenberg - Seine erste große unerfüllte Liebe, 10. Januar 2019, https://fuerkultur.blogspot.com/2019/01/werner-heisenberg-und-seine-liebe-zu.html
- Watson, J. D.: Growing Up in the Phage Group. In: Cairns, J.; Stent, G.S.; Watson, J.D. (eds.): Phage and the Origins of Molecular Biology. New York 1966; Expanded Edition. Cold Spring Harbor Laboratory Press 1992, S. 239-245 (Deutsch: Phagen und die Entwicklung der Molekularbiologie. Festschrift für Max Delbrück zum 60. Geburtstag. Berlin (Ost) 1972)
- Watson, James D.: Gene, Girls und Gamow. (After the Double Helix, engl. 2001) Piper-Verlag, München 2003
- Kroeber, Theodora: Ishi in two worlds. A biography of the last wild Indian in North America. 1961, viele Folgeauflagen; deutsch: Der Mann, der aus der Steinzeit kam (1967)
- Zeugen des Jahrhunderts. Max Delbrück im Gespräch mit Peter von Zahn. 1980, https://youtu.be/ynobDNSnMKc
- Bading, Ingo: http://studgendeutsch.blogspot.de/2007/11/die-pipette-ist-meine-klarinette.html
- Detlev Ganten über Max Delbrück. Videokanal des Max Delbrück Centrum, 24.03.2016, https://youtu.be/ZdAYHrOJ7aQ
- Göldenboog, Christian: Das Loch im Walfisch. Die Philosophie der Biologie. Klett-Cotta, Stuttgart 2003 (Lizenzausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft)
Studiengruppe Naturalismus
Gelsenkirchen-Buer - Außenstelle des Dürer-Verlages in Buenos Aires?
Im Januar 1923 besetzen französische Truppen Gelsenkirchen, Buer und Horst. (...)21.2.1923: (...) Fast täglich kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen der deutschen Bevölkerung und den Besatzungstruppen. In Buer erschlägt ein Hufschmied mit dem Hammer einen französischen Offizier, nachdem ihn dieser mit einer Reitpeitsche mißhandelt hatte.11.3.1923: In Buer werden zwei französische Offiziere erschossen. Die französischen Behörden verhängen sofort den Ausnahmezustand. Der Bürgermeister wird verhaftet und die Bevölkerung ist den Mißhandlungen der Franzosen ausgesetzt. Am 12. März stellt sich heraus, daß französische Soldaten die Offiziere getötet haben.2.4.1923: Um die auf Halde lagernde Kohle abzutransportieren, besetzen die Franzosen mit großem militärischem Aufgebot zwei staatliche Zechen in Buer und eine private Zeche in Recklinghausen. Bis zum 11. April werden insgesamt 22 Zechen besetzt.26.6.1923: In Marl und Buer werden im Zusammenhang mit dem verschärften Belagerungszustand drei Deutsche erschossen. Vorausgegangen war die Erschießung zweier belgischer Wachtposten durch einen Deutschen in der Nähe von Marl.
Vielleicht war es ein solches Geschehen, das mit dazu beigetragen hat, daß in Gelsenkirchen-Buer auch noch in der Zeit danach Menschen lebten, die sich Gedanken über die Weltenläufe machten, die nicht immer auf der Linie des vorherrschenden Mainstreams lagen.
Von Bagdad nach Gelsenkirchen-Buer
So lebte der vormalige deutschen Funkoffizier des Ersten Weltkrieges, der Diplomingenieur Ernst Liesching (1882-1965) (BSB) viele Jahre in Gelsenkirchen-Buer. Von ihm sind seltene Fotoaufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg überliefert, insbesondere aus Bagdad von der Mesopotamien-Front und von seiner dortigen Zusammenarbeit mit Soldaten der türkischen Armee. Auf seinen Fotografien wird unter anderem auch die bittere Armut deutlich, die damals im Osmanischen Reich herrschte. Und durch solche seltenen und ungewöhnlichen Fotografien entstand ein Interesse auch an seiner sonstigen Biographie (1).
Für diesen Blog ist Liesching deshalb interessant, weil er 1937 - mit 55 Jahren - aus der protestantischen Kirche ausgetreten ist und Anhänger der Philosophie von Mathilde Ludendorff geworden ist. Er erinnert ein wenig an den vormaligen Funker Wilhelm Knake (1900-1979) (Stgr2015), der sich nach 1945 als rühriger naturwissenschaftsnaher Autor der Ludendorff-Bewegung bemerkbar gemacht hat. Auf einer von ihm aus dem Ersten Weltkrieg erhaltenen Fotografie wirkt Ernst Liesching weich gestimmt und nachdenklich (Abb. 1). Aber vor welchem sonstigen biographischen Hintergrund geschah nun wohl seine Hinwendung zur Philosophie von Mathilde Ludendorff? - Recherchen ergaben, daß Ernst Liesching in Stuttgart geboren worden ist (1):
Sein Vater war ein Enkel des Verlegers, Buch- und Kunsthändlers Samuel Gottlieb Liesching (1786-1864), der in Stuttgart einen Verlag gegründet hatte und sich in der liberalen Bewegung des 19. Jahrhunderts engagierte. Ernst Lieschings Onkel wiederum war der Rechtsanwalt und Politiker Theodor Gottfried Liesching (1865-1922), der von 1901 bis 1918 dem württembergischen Landrat und von 1912 bis 1918 dem Reichstag angehörte. Im November 1918 war er für drei Tage der letzte königlich württembergische Ministerpräsident. Ende 1918 beteiligte sich Theodor G. Liesching an der Gründung der DDP, und von November 1918 bis Februar 1922 bekleidete er das Amt des württembergischen Finanzministers.
Ernst Liesching hat 1901 bis 1905 Maschinenbau an der Technischen Universität Stuttgart, sowie 1906 an der Technischen Hochschule Danzig studiert. Ein solches Studium war damals etwa so fortschrittlich wie heute ein Studium in Informatik.
1913 wurde sein Sohn in Essen geboren.
Abb. 1: Dipl.-Ing. Ernst Liesching - Als deutscher Funkoffizier in Bagdad 1916 bis 1918 |
Am Ersten Weltkrieg hat er dann mit 32 Jahren als Funkoffizier teilgenommen und dabei sind zwei historisch interessante Fotoalben entstanden (1):
Von Herbst 1916 bis Sommer 1918 diente er an der Mesopotamienfront, einem Nebenkriegsschauplatz des Ersten Weltkriegs, wo deutsche Truppen an der Seite des Osmanischen Reiches gegen Großbritannien kämpften. (...) Der Großteil der Einzelaufnahmen - knapp 190 Fotos - stammt von Lieschings eigentlicher Station, aus dem Irak, wo er fast zwei Jahre stationiert war. In Bagdad leitete er die ‚Schwere Funkenstation 4 der Kaiserlich deutschen Funkerabteilung 151‘, die der 6. Türkischen Armee zugeteilt war. Die Station befand sich am Standort des Oberkommandos der 6. Armee und verkehrte zum einen mit den in der Armeefront eingesetzten Funkstationen und zum anderen mit einer Großstation in Konstantinopel. Lieschings Bilder stammen aus Bagdad, Tikrit, Kirkuk, Mossul sowie vom Tigris (El-Humr).
Liesching lebte von 1919 bis 1961 in Gelsenkirchen, bzw. in Gelsenkirchen-Buer. Seiner dortigen Entnazifizierungsakte von 1946 sind die weiteren biographischen Hintergründe zu entnehmen (1):
Er bekleidete von Juli 1919 bis Juni 1931 den Posten des Direktors der Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke Gelsenkirchen. (...) Der vergleichsweise junge Pensionär engagierte sich in der Folge für viele Jahre als ehrenamtlicher Geschäftsführer der Vereinsbezirke Rheinland und Westfalen des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern.Von Lieschings privaten Interessen zeugen u. a. die im Fragebogen der Entnazifizierungsakte genannten Mitgliedschaften beim Kegelklub Buer, beim Sauerländischen Gebirgsverein sowie beim Verein für Bodenreform. Außerdem war er ‚Alter Herr‘ der beiden Burschenschaften, denen er als Student in Stuttgart und Danzig angehört hatte. Seit 1907 war er außerdem Mitglied im Verein Deutscher Ingenieure (VDI).Auch sein Kriegseinsatz im Ersten Weltkrieg findet sich in Lieschings Fragebogen von 1946 wieder. Er war laut eigenen Angaben Mitglied im ‚Bund der Asienkämpfer - Vereinigung der Asienkämpfer, Balkankämpfer und Orientfreunde e. V.‘, einem Veteranenbund des Asien-Korps. Daneben gehörte er der ‚Kameradschaftlichen Vereinigung ehemaliger Angehöriger der Nachrichtentruppen Rheinland und Westfalen‘ an. Laut Lieschings Angaben im Fragebogen erhielt er für seine Einsätze im Ersten Weltkrieg mehrere Auszeichnungen.Politisch stand Liesching vor 1933 im nationalliberalen Lager: Bei den Reichstagswahlen vom November 1932 und vom März 1933 gibt er im Fragebogen an, die Deutsche Volkspartei (DVP) gewählt zu haben. In der Zeit des Nationalsozialismus tat sich Liesching politisch nicht groß hervor. Zwar trat er 1937 aus der evangelischen Kirche aus, schloß sich der nationalreligiös-völkischen Bewegung von Mathilde Ludendorff (Frau des Generals Erich Ludendorff) an und trat noch 1942 der NSDAP bei. Vom zuständigen Entnazifizierungsausschuß wurde Ernst Liesching 1946 aber als "politisches Kind" bezeichnet und entlastet.
1937 war Ernst Liesching schon 55 Jahre alt. Es wäre sicherlich nicht uninteressant zu erfahren, aufgrund welcher persönlicher Umstände er dazu gekommen ist, aus der evangelischen Kirche auszutreten und sich zur Philosophie von Mathilde Ludendorff zu bekennen. Als Frühpensionierter könnte er Gelegenheit gehabt haben, sich gründlicher mit religiösen und weltanschaulichen Fragen zu beschäftigen, insbesondere solchen Fragen, die sich aus der Nähe zur Naturwissenschaft ergeben.
Das Bekenntnis könnte auch damit in Zusammenhang stehen, daß es auch in diesen Jahren philosophische Vortragsveranstaltungen der Ludendorff-Bewegung im Rheinland gegeben hat. Wie er sich zur Philosophie von Mathilde Ludendorff nach 1945 gestellt hat, wäre ebenfalls von Interesse.
Hat es Verbindungen zwischen diesem Ernst Liesching und der im folgenden zu erörternden Person gegeben? Darüber wissen wir nichts, wir wollen es auch gar nicht nahelegen. Der gemeinsame Wohnort war nur ein ganz äußerer Beweggrund, beide Personen in einem einzigen Blogartikel zu behandeln.
Von Buenos Aires nach Gelsenkirchen-Buer
Der Verleger Friedrich Adlerhorst
In Gelsenkirchen-Buer lebte nun auch der Verleger Friedrich Adlerhorst (evtl. 1897-1982) (FindGrave). Von Seiten des "Spiegel" ist er im Jahr 1953 als der Ludendorff-Bewegung nahestehend charakterisiert worden. Eine durchaus noch heute lesenswerte, ja, wertvolle Schrift ist 1951 von ihm heraus gegeben worden (2). Diese war dem Bloginhaber schon im Jahr 2011 von Seiten eines älteren Bloglesers zugesandt worden (s. GAj2011). Und diese Schrift hatte dann auf unserem Parallelblog viele Folge-Recherchen ausgelöst, nämlich zu freimaurernahen Autoren wie Ernst Jünger, Hermann Hesse, Friedrich Hielscher und vielen anderen mehr.
Nachdem wir erst vor wenigen Tagen einmal wieder von einer anderen Blogleserin angeschrieben worden sind genau wegen dieser sehr selten zu findenden Schrift (2), haben wir uns zum ersten mal für den Namen des angegebenen Verlegers interessiert und diesen gegoogelt. Und da finden wir diese Schrift zunächst auch in einer Ernst Jünger-Bibliographie von Karl Otto Paetel von 1953 angeführt (GB). Sie konnte also durchaus auch schon damals von interessierten Menschen wahrgenommen werden. Und wir finden nun außerdem, daß über diesen Verleger im "Spiegel" 1953 unter anderem das folgende berichtet worden ist (Spiegel,2.6.1953), a):
Im April 1952 waren von dem Verleger Friedrich Adlerhorst in Gelsenkirchen-Buer mehrere hundert Drucksachen unter Streifband und in Taschen den Hauptpostämtern in Gelsenkirchen und Buer zur Beförderung übergeben worden. Friedrich Adlerhorst ist alter Ludendorffer, und nach 1945 hat er allerlei rechtsorientierte politische Traktätchen verlegt. Etwa: "Wir Frontsoldaten zur Wiederaufrüstung"; "Dolchstoß oder Legende"; "Offener Brief an den Europäischen Oberbefehlshaber" und einmal auch eine Broschüre "Konrad Adenauer in Vergangenheit und Gegenwart", die im März 1952 nach allerlei eigenartigem Hin und Her "wegen Beleidigung des Herrn Bundeskanzlers" beschlagnahmt worden war (SPIEGEL 18/52), ohne daß der Verfasser der Broschüre bis heute angeklagt worden wäre.
Bei weiterer Recherche läßt sich dieser Verleger nun dem Umfeld des Dürer-Verlages in Buenos Aires zuordnen - was dem "Spiegel" damals gar nicht scheint, wichtig gewesen zu sein. Im Umfeld dieses Verlages sind damals durchaus bedenkenswerte Schriften erschienen, etwa über die bis heute strittigen Hintergründe des Reichstagsbrandes von 1933 (s. GAj2013).
Zwei der im eben gebrachten Zitat genannten Titel stammen von Seiten des Verfassers Hans-Ulrich Rudel (1916-1982) (Wiki) (3, 4), dem vormaligen "Stuka-As" des Zweiten Weltkrieges, und waren ebenfalls ursprünglich im deutschsprachigen Dürer-Verlag in Buenos Aires erschienen. Und so auch die dritte hier genannte Schrift von Seiten des niederländischen Journalisten Willem Sassen (1918-2001) (Wiki) (5), der als "Ghostwriter" von Rudel auch der Verfasser der beiden anderen Schriften gewesen sein könnte.
Merkwürdig daß der "Spiegel" damals auf dieses Umfeld nicht konkreter scheint aufmerksam gemacht zu haben. Vielleicht hatte der genannte Friedrich Adlerhorst die von ihm gebrachten Schriften ohne die eigentlichen Verfassernamen vertrieben (?). Wie auch immer. Adlerhorst scheint in einem Leserbrief auf den auszugsweise zitierten Spiegel-Artikel folgendermaßen geantwortet zu haben (Spiegel, 1953, GB):
Ob der Spiegel-Bericht wahrheitsgemäß ist? "Friedrich Adlerhorst ist alter Ludendorffer" ist allerdings eine hämische Bemerkung. Muß man "Ludendorffer" sein, wenn man die Schriften des Generals gelesen hat? "Mit "rechtsorientierten" Kreisen habe ich nichts zu tun, desgleichen auch nicht mit linksorientierten. Ob "Konrad Adenauer in Vergangenheit und Gegenwart ...
Die weiteren Passagen dieser Ausschnitte wären noch einmal heraus zu suchen. Insbesondere wäre es einmal interessant zu erfahren, wer sich eigentlich hinter dem Pseudonym des aufmerksam beobachtenden Autors "Michel Dietrich" (2) verbirgt.
Daß es keinesfalls ein dezidierter Ludendorff-Anhänger war, glaubt man seiner Schrift entnehmen zu können. Immerhin werden aber in der Schrift Wahrnehmungen thematisiert, die recht gut zu den Wahrnehmungen passen, die auch Menschen innerhalb der Ludendorff-Bewegung wichtig waren.
__________
- Kraus, Eva: Ernst Liesching und seine Fotografien aus dem Ersten Weltkrieg. Bibliotheksmagazin der Bayr. Staatsbibliothek 2/2022, S. 72ff (pdf)
- Dietrich, Michel: Verschwörung gegen Deutschland und Europa. Ein Blick hinter die Kulissen des Welt-"Zaubertheaters" der "Glasperlenspieler". 1. Auflage 1951. Zu beziehen durch F. Adlerhorst, Gelsenkirchen-Buer (100 S.) (Scribd)
- Rudel, Hans-Ulrich: Wir Frontsoldaten zur Wiederaufrüstung, Dürer-Verlag, Buenos Aires 1951
- Rudel, Hans-Ulrich: Dolchstoß oder Legende? Schriftenreihe zur Gegenwart, Nr. 4, Dürer-Verlag, Buenos Aires 1951
- Sluyse, Dr. Dr. Willem: Offener Brief an den Europäischen Oberbefehlshaber, o.J. [1951] (16 S.)
- Wulf, Gunnar W.: Konrad Adenauer in Vergangenheit und Gegenwart. Adlerhorst, Gelsenkirchen-Buer 1952 (19 S.) [Schriftenreihe "Der Warner"; 1]
"Den so hohen Ernst der Stunde verstehen"
"Am nächsten Baume aufgeknüpft und noch verbrannt" zu werden, das erwartete Erich Ludendorff (1865-1937) schon zu Weihnachten 1912 als sein Schicksal, wenn sein Name in Zusammenhängen genannt werden würde rund um die Wehrvorlage, die er zu jener Zeit als treibende Kraft im deutschen Generalstab vorbereitete (Wiki). War es so ein großes Verbrechen, eine Heeresverstärkung vorzubereiten und darüber zu sprechen?
Abb. 1: Erich Ludendorff und seine Mutter im Jahr 1914, kurz vor ihrem Tod am 6. März 1914 |
Offenbar ist das von bestimmten Leuten durchaus so gesehen worden. Die zitierten Worte stehen in einem Brief, den Erich Ludendorff zu Weihnachten 1912 in Berlin geschrieben hat, und der seit 2021 öffentlich zugänglich ist (1).
Gab es also schon zu Weihnachten 1912 eine so hochemotionale Situation rund um seine Person und sein Wirken innerhalb regierender Kreise in Berlin, rund um den Reichskanzler von Bethmann-Hollweg, rund um den Kriegsminister Josias von Heeringen (1850-1926) (Wiki)*), innerhalb des Generalstabes und bis in das Militärkabinett, das Personalamt des preußischen Heeres hinein? Grund war, daß der Oberst Ludendorff seit 1909 - verstärkt seit Anfang 1912 (Wiki) - in Denkschriften und persönlichen Aussprachen mit Nachdruck für eine Heeresverstärkung eintrat, und zwar für die größte Heeresverstärkung in der Geschichte des Deutschen Reiches. Daß dieses Wirken starke Gegenreaktionen hervorrief und starke Emotionen unter der Decke brodelten, konnte der wache Zeitgenossen auch der Presse jener Monate entnehmen (siehe gleich).
Das Wirken Ludendorff ging von jenem Ort aus, an dem sich heute das Bundeskanzleramt befindet. Es war also in Sichtweite vom Reichstagsgebäude entfernt. Das Dienstgebäude des deutschen Generalstabes, die sogenannte "rote Bude" (GAj2012), war 1945 bei Verteidigungskämpfen rund um das Reichstagsgebäude schwer beschädigt worden (GAj2012). 1947 war die Ruine abgerissen worden.
Ludendorff hat seinerseits den Haß erwiedert, der ihm entgegenschlug. Vier Monate später, nachdem er Ende Januar 1913 auf Betreiben seiner Gegner aus Berlin verbannt worden war, "strafversetzt" worden war, zum Regimentskommandeur in Düsseldorf ernannt worden war, wo man ihm, wie gesagt wurde, "Disziplin beibringen" sollte (2), schrieb er am 9. April 1913 (an seinem Geburtstag) an seine in Berlin verbliebene Mutter, und zwar just zu der Zeit, in der im Reichstag in Berlin die von ihm so energisch vorangebrachte Wehrvorlage erörtert wurde (Stgr2015):
Ich lese mit Spannung die Reden im Reichstage, der Reichskanzler war für seine Verhältnisse gut, empörend wieder dieser Kriegsminister. Warum ist man damals nicht meinem Rat gefolgt und hat ihn weggeschickt? Es ist ein Unglück unserer leitenden Kreise, daß sie die Unzulänglichkeit dieses Mannes nicht einsehen wollen. (...) Du glaubst nicht, wie ich die hasse.
Von welchen Unzulänglichkeiten hier die Rede ist, wird ein wenig deutlicher, wenn wir in die hier genannten Reden in der Reichstagssitzung vom 7. April 1913 zur Wehrvorlage hinein blicken. Sie sind auch heute noch gut zugänglich, besser als jemals. Als erster hat der Reichskanzler von Bethmann-Hollweg gesprochen (DigSam). Als zweiter sprach der von Ludendorff genannte Kriegsminister von Heeringen (DigSam). Ludendorff wird bei Sätzen wie den folgenden nur noch verständnislos den Kopf geschüttelt haben:
Die Ausdehnungsfähigkeit einer Armee im Frieden hat ihre Grenze, wenn sie nicht zeitweise zu einer Art von Miliz herabsinken soll. (...) Daher sollen den einzelnen Waffengattungen nur diejenigen Neubildungen gegeben werden, die unter den heute zu berücksichtigenden Verhältnissen unentbehrlich sind.
Hier drückt sich freilich eine "Unzulänglichkeit" aus, aus der damaligen militärpolitischen Lage Deutschlands und der Rüstungsverhältnisse innerhalb von Europa die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen, die wahrlich grenzenlos anmutet.
Als Nachgeborener freilich werden die Zusammenhänge und Wahrnehmungen rund um die Erörterungen der Wehrvorlage viel plastischer, wenn man die Ausführungen des nachfolgenden Redners liest, der von Ludendorff gar nicht erwähnt worden ist in seinem Brief. Dabei handelte es sich um den Vertreter der damals größten Fraktion im deutschen Reichstag, um den Mitvorsitzenden der SPD, den Abgeordneten Hugo Haase (1863-12919) (Wiki). Hugo Haase gibt nämlich einen auffallend guten Überblick über die Vorgeschichte der neuen Wehrvorlage, zumindest soweit sie der Öffentlichkeit bekannt geworden war. Er stellt dar, daß der Kriegsminister es noch am 10. Januar 1913 hatte dementieren lassen, daß an einer neuen Wehrvorlage überhaupt gearbeitet würde. Was Haase dann - aus SPD-Sicht - als "Hetze" bezeichnet, hätte aus damaliger wie heutiger Sicht auch einfach nur als "Kritik" bezeichnet werden können. Dann wäre es neutraler formuliert. Haase führt also aus über das genannte Dementi des Kriegsministers aus (DigSam):
Als das Dementi (...) kam, da wurde die Hetze
sprich: Kritik
der "Post", der "Rheinisch-Westfälischen Zeitung", der "Täglichen Rundschau" gegen den Reichskanzler und gegen den Kriegsminister fortgesetzt. Es erschien damals in der "Post" die Nachricht, es sei seit längerer Zeit bekannt, daß zwischen den maßgebenden Stellen der Regierung gerade um die Fragen, von denen Deutschlands Schicksal unmittelbar abhänge, erbitterte Kämpfe geführt würden, daß dort ein Tohuwabohu herrsche, wie es größer kaum gedacht werden könnte. Es ständen sich zwei Weltanschauungen diametral gegenüber: auf der einen Seite jene Stellen, welche in erster Linie die Verantwortung für den Verlauf und Ausgang eines möglichen Feldzuges tragen, auf der anderen Seite diejenigen, die von einem unglaublichen Friedenswahn befangen sind, und die aus Furcht vor parlamentarischen und innerpolitischen Schwierigkeiten sowie aus Gründen bürokratischer Sparsamkeit blind und taub gegen die elementarsten Gebote militärischer Notwendigkeit seien.Kaum war der Artikel erschienen, da kam mit einem Male die "Norddeutsche Allgemeine" am 24. Januar, im Gegensatz zu ihrer früheren Haltung, mit der überraschenden Erklärung: "Ein hiesiges Blatt will erfahren haben, daß seit längerer Zeit zwischen den maßgebenden Stellen der Reichsregierung um eine neue Militärvorlage erbitterte Kämpfe geführt würden. Es handelt sich hier um aufgeregte Treibereien, mit denen der Sache, die in Frage steht, schlecht gedient ist. Die maßgebenden Stellen sind längst einig darin, daß eine Reihe von Mehrbedürfnissen unseres Heeres befriedigt werden müssen".Daraus, meine Herren, ist mit zwingender Notwendigkeit der Schluß zu ziehen, daß erst in diesen Tagen der Reichskanzler und der Kriegsminister vor dem Wehrverein und dem mit dem Wehrverein Hand in Hand gehenden Generalstab kapituliert haben. Es ist durch die "Norddeutsche Allgemeine" selbst verbreitet worden, daß im Januar von Allerhöchster Stelle die Entscheidung gefallen ist, und als diese Entscheidung zu Gunsten des Generalstabs fiel, da haben der Herr Reichskanzler und der Herr Kriegsminister einfach ihre Anschauungen geändert, da haben sie dem Generalstab nachgegeben, da haben sie mit einem Male erklärt, alles das sei notwendig, was sie selbst, wie wir annehmen müssen, in Übereinstimmung mit uns bis dahin bekämpft haben.Ist das aber richtig, dann fallen alle die Ausführungen des Herrn Reichskanzlers in nichts zusammen. Wie richtig das alles ist, konnte man aus psychologischen Erwägungen auch heute aus der Haltung des Kriegsministers schließen. Als der Herr Kriegsminister seine Rede schloß, da haben wir wohl alle angenommen, daß er nun erst recht die Gründe für die Vorlage vorbringen würde. Ist es denn schon in einem Parlament der Welt vorgekommen, daß bei einer Vorlage von dieser Tragweite der Kriegsminister nichts weiter tut, als daß er in der dürftigsten, unzulänglichsten Form den Inhalt der Begründung paraphrasiert, diesen Inhalt, der selbst so nichtssagend ist wie nur irgend etwas? (...)Meine Herren, der Herr Kriegsminister hat eben - das fühle ich ihm allerdings nach - von Herzen diese Vorlage nicht vertreten können.
Innerlich stehen Haase, von Bethmann-Hollweg und von Heeringen - das bringt Haase hier zum Ausdruck - auf der gleichen Seite. Haase wendet sich dann noch ausdrücklich an die Abgeordneten der Zentrums-Partei, weil er von diesen auch noch erwartet, daß sie - wie die SPD - gegen die Wehrvorlage stimmen würde (was sie dann nicht tat).
Haase bezieht sich dann als vorbildlich nicht nur auf das Schweizer Milizheer, sondern auch noch auf das preußische Volksheer des Jahres 1813, dem in den Jahren 1812/13 die konservativen Kreise skeptisch gegenüber gestanden seien, und das auch nicht gut (durch eine mehrjährige Wehrpflicht) auf den Krieg des Jahres 1813 vorbereitet gewesen sei, und das dennoch über Napoleon gesiegt habe. Daß dieser Vergleich auf vielen Ebenen mehr als hinkt, wird auch schon damals den meisten Zuhörern aufgegangen sein. Er übergeht dabei zum Beispiel ganz, daß Preußen damals mit Rußland und England verbündet war und diese Mächte nicht zusätzlich auch noch als Gegner hatte. Hätte Preußen im Jahr 1813 Rußland und England gemeinsam mit Frankreich als Gegner gehabt - hätte es dann jemals einen Krieg gewinnen können? Friedrich dem Großen war sogar das fünfzig Jahre früher gelungen (im Siebenjährigen Krieg). Aber das stand bekanntlich sehr oft "Spitz auf Knopf".
Abb. 3: Generalstabschef von Moltke - Der spiritueller Berater seiner Frau war Rudolf Steiner |
Man sieht jedenfalls an den Ausführungen von Hugo Haase, daß SPD, Kriegsminister und Reichskanzler innerlich schon 1913 miteinander auf einer Linie lagen - nämlich gegen den Generalstab, und daß Kriegsminister und Reichskanzler gegenüber dem Generalstab nur deshalb eingeknickt sind, weil schließlich auch der Kaiser selbst seine Meinung geändert hatte. Das arbeitet Hugo Haase deutlich heraus.
"Ich hatte ja auch im Generalstabe selbst Feinde"
Diese Rede von Hugo Haase läßt noch einmal doppelt fragen, wie das, war man als Zeitgenosse damals nur durch vage Presseberichte wahrnehmen konnte, von Erich Ludendorff selbst intern als der treibenden Kraft der Wehrvorlage wahrgenommen worden ist. Wir lesen über einen Bericht, den der bayrische Militärbevollmächtigte im Großen Generalstab in Berlin Karl Wenninger (1861-1917) (Wiki) nach München sandte (4, S. 129):
Am 25. 11. 1912 hatte Wenninger Unterredungen mit Ludendorff, Wachs und Bergmann vom Generalstab bzw. Kriegsministerium und berichtete wie folgt nach München:"1.) Greifbare diplomatische Nachrichten über eine unmittelbar drohende Kriegsgefahr liegen weder beim Kriegsministerium noch beim Großen Generalstab vor. Aus Rußland berichten Militärattache und Konsulate übereinstimmend, daß von irgendwelchen Mobilmachungsregeln dort z. Zt. nicht die Rede sei. (...) Frankreich habe ebenso wie Deutschland noch keinerlei Schritte in der Richtung "Verstärkung der Kadres" getan. Dagegen scheine Österreich unmittelbar vor entscheidenden Maßnahmen zu stehen. Eine partielle Mobilmachung sei bereits im Gange. Besonders alarmierend wirkte dort die verbürgte Nachricht, daß Serbien Transporte schwerer Artillerie, die gegen Skutari bestimmt waren, unterwegs anhielt und an die Donau zurückdirigierte. Ein Losschlagen Österreichs werde voraussichtlich Rußland aus seiner Lauerstellung herauslocken. Dann würde eine deutsche Mobilmachung gegen Rußland vielleicht notgedrungene Folge sein. [...]2.) Jedenfalls ist die Lage eine hochgespannte. Die Folgen sind verschiedene Beschleunigungen militärischer Maßnahmen. [...]"
Am 9. April 1913 kritisierte Wenninger in der Reichstagssitzung zur Wehrvorlage die Rede des bayerischen Zentrums-Abgeordneten Caspar Haeusler, der für diese nur Beifall von den Sozialdemokraten erhalten hatte (Wiki). Auf Wikipedia wird seine Kritik als "skandalös" bezeichnet, sie liest sich aber im Original harmloser als es dieser Charakterisierung entnommen werden könnte (s. DigSam, a, b).
Erich Ludendorff selbst schildert in seinen Erinnerungen seinen Einsatz und seine Eingaben in Hinsicht auf eine Heeresvermehrung seit dem Jahr 1909 über 26 Seiten hinweg (2, S. 130-156), geht darin aber in der Regel nicht auf einzelne Unterredungen ein wie die eben genannte.
Solange zwischen ihm und dem Generalstabschef noch sein Vorgesetzter von Stein gestanden hatte, hatte er sich noch nicht mit ausreichendem Nachdruck dafür einsetzen können. 1912 aber wurde Stein versetzt und Ludendorff hatte unmittelbar Zugang zum Generalstabschef. Nachdem Ludendorff detailliert all die schriftlichen Eingaben insbesondere an das Kriegsministerium (über seine Vorgesetzten, vor allem über von Moltke) geschildert hatte, schreibt er abschließend und zusammenfassend über den Generalstabschef von Moltke und seine Umgebung im Generalstab (2, S. 156):
In der Tat, den Kampf im Generalstabe mit einem so nachgiebigen, unter okkulten Einflüssen stehenden, innerlich immer mehr zusammenbrechenden Mann an der Spitze durchzuführen, war nicht leicht. Ich hatte ja auch im Generalstabe selbst Feinde. Meine deutliche Sprache und mein heftiges Drängen dem Kriegsministerium gegenüber waren namentlich der Zentralabteilung nicht recht. Sie befürchtete wohl, sie könne bei Etatsforderungen des Generalstabes, die ja schließlich auch das Kriegsministerium zu vertreten hatte, Schwierigkeiten haben, und auch das Militärkabinett, das mit dem Kriegsministerium in allen Fragen durch dick und dünn ging und auch auf die Personalien des Generalstabes Einfluß hatte, unangenehm berührt sein. Die Tatsache aber, daß der Bürochef der Zentralabteilung des Großen Generalstabes ein Freimaurer war und Freimaurer im Militärkabinett*) und im Kriegsministerium saßen, wird dabei die ausschlaggebende Rolle gespielt haben. Dem General v. Moltke wurde jedenfalls gesagt, ich könne nicht kommandierender General werden, wenn ich nicht jetzt ein Regiment bekäme, wozu ich allerdings auch heranstand. Ich habe solche Fürsorge für mich stets „warm“ empfunden. Das „Kommandierendergeneralwerden“ war nur ein Vorwand, man wollte mich los sein. Der weiche General v. Moltke durchschaute das alles nicht, vielleicht war ich ihm auch selbst zu scharf drängend. Wohl hielten auch von den überstaatlichen Mächten hörige Medien meine Versetzung für geboten, denn ich habe später erfahren, daß schon vor vor dem Weltkriege in Freimaurerkreisen gegen mich gearbeitet wurde, was ja auch von ihrem Standpunkt aus eine Selbstverständlichkeit war. Als mir General v. Moltke die Mitteilung von meiner bevorstehenden Versetzung machte, klang die Begründung bei ihm weiter nicht sehr überzeugend. Wie wenig er sie selbst für stichhaltig gehalten hat, geht daraus hervor, daß er mich schon nach wenigen Monaten, und zwar im Juni, dem Chef des Militärkabinetts zur Ernennung als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements im Kriegsministerium vorschlug. Ich konnte selbstverständlich dem General v. Moltke, als er mir von meiner bevorstehenden Versetzung sprach, nichts entgegenhalten. Dazu war ich zu stolz. Bei seinem Schwanken versprach ich mir durch mein Verbleiben im Generalstabe auch nicht mehr Entscheidendes für die Durchbringung der Heeresvorlage, so wie ich sie für nötig gehalten hatte. Was unter den traurigen Verhältnissen zu erreichen war, war schon festgestellt.Ich wurde also am 27. Januar 1913 aus dem Generalstabe als Regimentskommandeur nach Düsseldorf versetzt, der Chef des Militärkabinetts schrieb an meinen kommandierenden General v. Einem, wie dieser mir viele Jahre später mitgeteilt hat, "er müsse mir Disziplin beibringen".
Von den Auseinandersetzungen, die Ludendorff in seinen Erinnerungen aus interner Sicht schildert, ist also doch allerhand nach außen an die Presse gedrungen - zwar immer nur gerüchteweise, aber fast noch "aufwühlender" als Ludendorff selbst es schildert. In der von Ludendorff gegebenen Anmerkung zu den Freimauren im Generalstab schrieb er (2, S. 156):
Im Militärkabinett waren die Freimaurer damals durch Major v. Marschall vertreten, auf dessen Drängen im Jahre 1918, nach meinem Abgang, General Groener im Einverständnis mit General v. Hindenburg mein Nachfolger wurde.
Der Leiter des Militärkabinetts war im übrigen Moriz von Lyncker (1853-1932) (Wiki) (zu ihm s.a. Stgr2011). Dieser war es, der dem künftigen Vorgesetzten Ludendorffs, dem General von Einem, schrieb, er solle Ludendorff "Disziplin beibringen". Ludendorff hatte wahrlich nicht zwischen diese ganze Freimaurerhörigkeit gepaßt. Aber immerhin! Fünf Monate konnte sich sogar der "unzulängliche" Kriegsminister von Heeringen nicht mehr im Amt halten (Wiki):
Vom 19. August 1909 bis zum 4. Juli 1913 amtierte Heeringen als Kriegsminister. Er widersetzte sich den Plänen von Generalstabschef von Moltke und Oberst Erich Ludendorff, damals Leiter der Aufmarschabteilung des Generalstabs, die Heeresstärke in Friedenszeiten von 670.000 auf 970.000 Mann aufzustocken. Nur durch einen Immediatvortrag bei Kaiser Wilhelm II. konnte der Kriegsminister es erreichen, daß in der Heeresvorlage 1913 die Heeresvergrößerung auf 117.000 (statt der geplanten 300.000) Mann begrenzt blieb. Doch die Kritik, durch seinen Einsatz gegen eine forcierte Aufrüstung habe Heeringen die Aufstellung dreier zusätzlicher Armeekorps vereitelt, riß nicht ab. Die Beziehungen zwischen dem Kriegsministerium und dem Generalstab blieben derart angespannt, daß der Kriegsminister den Kaiser um seine Amtsentpflichtung bat.
Offensichtlich hat man sich also von der "Unzulänglichkeit dieses Mannes" schließlich doch noch überzeugt. Seinem Gesuch wurde zum 4. Juli 1913 stattgegeben.
von Moltke schlägt Ludendorff als Mitarbeiter des Kriegsministers vor (Juni 1913)
War womöglich das Rücktrittsgesuch des von Heeringen beschleunigt worden durch den Umstand, daß Generalstabschef von Moltke den Obersten Ludendorff schon im Juni 1913 dem Chef des Militärkabinettes zur Ernennung als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements im Kriegsministerium vorgeschlagen hat? Damit wollte er Ludendorff im Kriegsministerium selbst als Untergebenen des Kriegsministers platzieren. Sicherlich ein unerwartetes Vorgehen. Als Begründung schrieb er aber (2, S. 156f):
Euer Exzellenz ist die vorzügliche Beurteilung dieses Offiziers in allen seinen bisherigen Dienststellen bekannt. Er stand, bevor er Regimentskommandeur wurde, fünf 5 Jahre lang an der Spitze der 2. Abteilung des Großen Generalstabes, ist also mit allen Fragen der Organisation des Heeres, der Mobilmachung und des Aufmarsches auf das Genaueste vertraut. Er ist ein Mann mit weitem Blick, von festem Charakter, von schneller Auffassung und eisernem Fleiß, der mir während dieser 5 Jahre gemeinsamer Tätigkeit ein ganz besonders zuverlässiger, nie versagender Gehilfe war.
Da der Kriegsminister auch weiterhin einen schweren Stand im Reichstag haben würde, würde Ludendorff ihm eine gute Hilfe sein (2, S. 156f):
Gerade hierin würde ihm der Oberst Ludendorff in seiner Bestimmtheit, seiner altpreußischen Auffassung und seiner unbedingten Zuverlässigkeit eine hervorragende Stütze sein.
Weiter schrieb er (2, S. 156f):
Wie Euer Exzellenz bekannt, sind während der anstrengenden Tätigkeit des letzten Winters einige Differenzen zwischen ihm und dem Kriegsministerium entstanden, die aber lediglich darauf zurückzuführen sind, daß Oberst Ludendorff nur das eine Ziel im Auge hatte: der Sache zu dienen und die von mir als erforderlich bezeichneten Vorschläge allen fiskalischen Bedenken gegenüber durchzusetzen. ... Daß es mir bei meinem Vorschlage lediglich um die Sache zu tun ist, mögen Euer Exzellenz daraus erkennen, daß ich, so sehr ich das für den Generalstab bedauere, gerade auf die Ernennung des Oberst Ludendorff als Oberquartiermeister verzichte, weil ich seine Verwendung als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartement zum Besten des Heeres für noch wertvoller halte.
Es wäre noch einmal genauer auszuloten, was sich der Generalfeldmarschall von Moltke bei diesem Schreiben gedacht hat. Aus ihm geht in jedem Fall die große Wertschätzung hervor, die er für Ludendorff hatte.
Abb. 4: "Der Kaiser und Prinz Heinrich zum Tee mit General von Heeringen" (zeitgenössische Postkarte, ohne Ort, ohne Datum) |
Die Argumente, die Josias von Heeringen zuvor gegenüber dem Kaiser scheint vorgebracht zu haben, waren gewiß nicht von energischem Vorwärtsdrängen geprägt. Das geht unter anderem aus einem Aufsatz in der Wochenzeitung "Die Zeit" aus dem Jahr 2013 hervor. Die Inhalte desselben werden folgendermaßen wiedergegeben (Dossier2013):
So hatten konservative Kreise im Militär durchaus Vorbehalte gegen die neue Heeresvorlage. Denn eine massive Vergrößerung der Armee würde zwangsläufig dafür sorgen, daß zunehmend bürgerliche Offiziere requiriert werden müßten und damit das Offizierskorps als Domäne der Adligen infrage stellen würden. Zugleich bedeutete das für die Mannschaften, weitaus stärker als bisher städtische Arbeiter einzuberufen. Das sorgte bei manchem Offizier für schlaflose Nächte und malte das Gespenst der Revolution an die Wand. Übrigens nicht ganz zu Unrecht, wie es sich im November 1918 dann zeigen sollte.
Daß der Sozialdemokrat Haase ebenfalls solche Dinge im Hinterkopf hatte, wird unterschwellig in seiner Rede deutlich. Angesichts der hochgerüsteten Militärmächte Europas, von denen sich Deutschland in den Jahren 1912 und 1913 umgeben sah, waren solche Argumente aber wirklich verquastet. Ein interessanter Aspekt ergibt sich aus den weiteren Ausführungen (Dossier2013):
Aber noch ein anderer Punkt verdient Beachtung: Die Finanzierung des Rüstungsprogramms erfolgte über Vermögenssteuern. Das versetzte die Sozialdemokratie in eine Zwickmühle. Zwar lehnte sie die Aufrüstung traditionell ab, zugleich plädierte sie ebenso anhaltend für eine Besteuerung des Besitzes. In dieser Situation bewilligte sie als größte Fraktion im Reichstag die Steuererhöhungen, lehnte die Heeresvorlage selbst aber ab. Leider behandelt Fesser nicht die Frage, inwiefern diese partielle Einbindung der SPD eine Vorstufe für die spätere Zustimmung zu den Kriegskrediten und generell die Integration der Arbeiterbewegung war.
Es handelt sich also schon um vergleichsweise vielschichtige Vorgänge rund um die Wehrvorlagen der Jahre 1912 und 1913. Im übrigen durch diese durch Vorträge und Zeitungsartikel in der Öffentlichkeit unterstützt von Seiten des eigens hierfür gegründeten "Deutschen Wehrvereins" (Wiki), den auch Haase erwähnte. Der "Deutsche Wehrverein" war der letztgegründete von mehreren, bedeutenden sogenannten "vaterländischen Verbände" des Deutschen Kaiserreiches.
"Deutscher Wehrverein" und Generalstab - Ab wann gab es Verbindungen?
In einer historischen Untersuchung aus dem Jahr 1979 (3) wurde die These vertreten, daß es keine unmittelbaren persönlichen Verbindungen gegeben habe zwischen den maßgebenden Persönlichkeiten des "Deutschen Wehrvereins" und Erich Ludendorff im Generalstab als der dortigen treibenden Kraft für die Wehrvorlage (3, S. 22):
Die genaue Rolle des DWV in diesem Ressortstreit ist schwer auszumachen. Es läßt sich nicht bezweifeln, daß Ludendorff die Agitation des DWV insofern billigte, als diese seine Forderungen dem Kriegsministerium gegenüber nur verstärken konnte. Sehr wahrscheinlich gab es überdies gelegentliche Kontakte zwischen Vertretern des DWV und des Generalstabes, und der DWV spiegelte zweifelsohne die Ansichten des Generalstabes wider. Das alles aber als ein aktives Zusammenwirken zu bezeichnen, ist wohl etwas übertrieben
In der diesen Worten beigegeben Anmerkung werden vage Angaben zu einem solchen Zusammenwirken erörtert, die aber insgesamt als zu vage eingeschätzt werden. Diese Fragestellung erhält nun durch einen seit 2021 zugänglichen Brief Erich Ludendorffs aus dem Dezember 1912 (1) gewiß eine neue Beleuchtung. Seinen Wortlaut bringen wir weiter unten. Zwar deutet sich an keiner Stelle in diesem neu bekannt gewordenen Brief an, daß es schon frühere Verbindungen zwischen Ludendorff und dem "Deutschen Wehrverein" gegeben hätte. Ausdrücklich schreibt Ludendorff sogar, daß ein Mitarbeiter des "Deutschen Wehrvereines", von Wrochem, "aus sich heraus" zu den seiner Meinung nach richtigen Gedanken gefunden hätte. Die genannte historische Untersuchung aus dem Jahr 1979 faßte die Vorgänge rund um Ludendorff folgendermaßen zusammen (3):
Am 1. Oktober 1912 wurde Ludendorffs unmittelbarer Vorgesetzter in der Operationsabteilung des Generalstabes versetzt, woraus sich eine Situation ergab, in der sich Ludendorff nunmehr direkten Zugang zum Chef des Generalstabes, Helmuth v. Moltke, verschaffen konnte. Zugleich hatte die Kombination von verschlechterter militärischer Lage auf dem Balkan und dem Druck der in erster Linie vom Deutschen Wehrverein mobilisierten öffentlichen Meinung schon angefangen, den Widerstand der Regierung gegen die Idee einer neuen Heeresvorlage zu untergraben.
Wie böswillig war es aber auch, die Friedensliebe der damaligen deutschen Regierung durch die Idee einer solchen Heeresvorlage zu - - - "untergraben". Das will der Historiker wohl mit diesem Wort "untergraben" zum Ausdruck bringen. Angesichts der gleichzeitigen Rüstungen der anderen europäischen Militärmächte und angesichts des Verlaufes des dann folgenden Krieges ist eine solche Einordnung allerdings ein wenig gar zu lächerlich. Weiter heißt es (3):
Am 13. Oktober 1912 hob der Kaiser selbst diese Idee hervor, doch noch setzten sich Bethmann Hollweg, Heeringen und auch Moltke dagegen durch. Ohne die Ansichten des Kaisers zu kennen, fing Ludendorff aber gleichzeitig an, Moltke unter intensiven Druck zu setzen, was dazu führte, daß Moltke endlich Ende Oktober für eine neue Heeresvorlage gewonnen werden konnte. Es begann nun ein neuer Ressortstreit, diesmal zwischen Generalstab, Kriegsministerium und Reichskanzler über die Ratsamkeit bzw. die Höhe einer eventuellen weiteren Heeresvermehrung. Immer noch von Ludendorff vorangetrieben, wurde Moltke nun der Befürworter "entscheidender" Erhöhungen, indes Heeringen, der seinerseits immer die sozialen Nachwirkungen einer Vergrößerung des Offizierkorps im Auge hatte, solche Erhöhungen irgendwie einzuschränken trachtete, wobei er die Unterstützung Bethmann Hollwegs fand, der immer noch eine grundlegende Finanzreform wegen der zu erwartenden Opposition der Konservativen vermeiden wollte. Der Höhepunkt der Kontroverse wurde am 21. Dezember 1912 erreicht, als Moltke dem Kriegsminister und dem Reichskanzler eine verblüffende, von Ludendorff verfaßte Denkschrift einreichte, in der die Forderungen des Generalstabes, die weit über das von Heeringen und Bethmann Hollweg erwartete Maß hinausgingen, formuliert wurden: u.a. die volle Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, die nach Ludendorffs Berechnungen jährlich 150.000 zusätzliche Rekruten und eine Zunahme von 300.000 Mann in der Friedensstärke des Heeres ergeben würde, die man wiederum zur Einrichtung der dritten Bataillone in allen Regimentern sowie zur Aufstellung von drei neuen Armeekorps verwenden wollte. Diese Denkschrift wurde nun die Grundlage der weiteren Verhandlungen, als die eigentliche Frage auftauchte, ob oder inwieweit es Bethmann Hollweg und Heeringen gelingen würde, den Forderungen Ludendorffs maßvollere Schranken zu setzen. Der Ressortstreit dauerte noch zwei Monate an, bis man einen Kompromiß erreichen konnte. Moltke stimmte zu, als man die Idee der drei neuen Armeekorps fallen ließ und die Zahl der neuen Rekruten etwas herabsetzte. Dennoch waren die neuen vorgesehenen Erhöhungen enorm: die Stärke aller bestehenden Einheiten sollte durch Aushebung von 106.000 Mann zusätzlicher Truppen im Jahre sowie die Einstellung von knapp 4000 neuen Offizieren bzw. 13.400 neuen Unteroffizieren vermehrt werden. (...)Berichte über die Möglichkeit einer neuen Heeresvorlage waren schon einige Monate vor Bekanntgabe der Einzelheiten am 28. März 1913 in der Presse durchgesickert.
Weiter wird interessanterweise ausgeführt (3):
Als die Reichstagsverhandlungen über die Heeresvorlage in die letzte Phase eintraten, gab der Reichskanzler in einem Brief an einen Freund seiner Erleichterung Ausdruck, er erwarte, daß das Gerede "von Krieg und Kriegsgeschrei und von den ewigen Rüstungen" nun bald ein Ende nehmen würde. Er konnte auch nicht die Bemerkung unterlassen, was für "eine merkwürdige Sache" es sei, daß ein "so demokratischer Reichstag eine solche Riesenmilitärvorlage annimmt".
Er war also überhaupt nicht einverstanden mit jener Heeresvorlage, die er selbst dem Reichstag vorgelegt und begründet hatte. Es gab schon sonderbare Gestalten damals an der Spitze der deutschen Regierung. Sie haben vieles vorweggenommen von dem, was sich seither dann immer weiter bis heute an Irrsinn, Wahnwitz und Böswilligkeit gegenüber dem deutschen Volk regierungsseitig gesteigert hat.
Der Adressat nun des neu bekannt gewordenen Briefes von Erich Ludendorff, der Offizier Bernhard Tepelmann (1862-1919), war - soweit übersehbar - Mitglied und Mitarbeiter des "Deutschen Wehrvereins". Er hatte Ludendorff im Dezember 1912 unter anderem einen Artikel aus der "Täglichen Rundschau" (Wiki) aus demselben Jahr gesandt von Seiten des Vorstandsmitgliedes des Deutschen Wehrvereines, nämlich von Seiten des Generalleutnants Alfred von Wrochem (1857-1915) (Wiki)***). Das Erscheinen dieses Artikels war offenbar dadurch ermöglicht oder erleichtert worden, daß auch der damalige Herausgeber der "Täglichen Rundschau" (die auch von Haase erwähnt worden ist, s.o.), der Journalist Heinrich Rippler (1866-1934) (Wiki), Mitglied des "Deutschen Wehrvereins" war (3), zugleich auch Mitglied der liberalen "Deutschen Volkspartei". Aus der Antwort Ludendorffs geht hervor, daß Ludendorff diesen Artikel bislang gar nicht gekannt hatte und offenbar auch sonst bislang wenig von den Aktivitäten des Deutschen Wehrvereins zur Kenntnis genommen hatte. Dem Wortlaut könnte man entnehmen, daß er zuvor schon bei irgendeinem gesellschaftlichen Anlaß mündlich ins Gespräch mit Tepelmann gekommen war und dieser sich dann im Nachgang auch noch einmal schriftlich an ihn gewandt hatte. Ludendorff antwortete also (1):
Lieber Tepelmann!
Vielen Dank für Ihre Zeilen. Die Ziele und Anträge des Generalstabes kann ich Ihnen nicht nennen. Ich würde am nächsten Baume aufgeknüpft und noch verbrannt werden. Also darüber schweige ich.
Ich halte mich aber wohl für berechtigt, mit Ihnen in einen Gedankenaustausch darüber einzutreten, was mir am Herzen liegt. Ich habe da den Artikel der Täglichen Rundschau von 18/12 mit sehr vielem Interesse gelesen. Was da über die Festigung der Verbände der Reserveformationen und über die Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht gesagt ist, unterschreibe auch ich. Ebenfalls
[Seite 2] ist mir das aus dem Herzen geschrieben, was über die Übungen der Kavallerie gesagt ist. An 10 Wochen im Jahr dürfen wir aber wohl nicht denken, dazu reichen unsere Übungsplätze nicht aus, und die Übungen als solche ... in das Gelände zu legen, würde Flurschäden verursachen, die niemand bezahlen kann.
Auch das über die Feldartillerie gesagte trifft voll zu.
Sie sehen also, daß Herr v. Wrochem aus sich heraus das gefunden hat, das der Armee m. E. not tut. Wenn aber nach Ihrem Schreiben nur Kavallerie Ballonabwehrkanonen (?) erhalten sollen, das weiß ich nicht. Die feindl.
LuftFlugzeuge werden uns weit überfliegen, deutsche Zeitungen halten schon die Rheinbrücken für bedroht.Noch eines, lieber Tepelmann, ich fürchte, wir machen uns nicht klar, was solche
[Seite 3] Etatserhöhungen bei allen Waffen an Mannschaften und Pferde, die Aufstellung ... Bataillone u.s.w. kosten wird. Das sind ganz gewaltige Summen, aber die das Volk auf sich nehmen wird, wenn es den nach meiner Ansicht so hohen Ernst der Stunde verstehen wird. Gott weiß es! Es fehlt nur an Verständnis, daß dies Erstarken der Südslaven uns trifft, daß wir Deutschen als solche in Mitleidenschaft gezogen werden müssen, wenn Österreich sich duckt. Hier fehlt es an der richtigen Aufklärung. Gewiß gibt es Blätter, die das schreiben, aber die liberalen Zeitungen bringen das wohl nicht und in allen Kreisen muß diese Erkenntnis da sein. Ohne eine gründliche politische Aufklärung erreicht der Wehrverein nicht sein Ziel!
[Seite 4] In Verbindung mit den Slaven rückt die Bedeutung Rußlands schärfer hervor, wir sehen nur nach Westen, denken wenig an den Osten, wohl an die engl. Flotte nicht aber an das vortreffliche, etwa 3 Armeekorps starke engl. ... korps. Nur wenn wir alle Feinde sehen, kommen wir zu einer richtigen Einschätzung dessen, was uns not tut. Allerdings muß auch Österreich ran, aber das wird mehr zu tun haben, um eine Kräfteverteilung (?) gegen das Erstarken der Balkanstaaten zu schaffen. Ich bin kein Politiker, aber das sieht jeder ein!
Die Angaben über Frankreich in der Anlage. Ich bitte Sie herzlich, sorgen Sie dafür, daß nie der Generalstab genannt wird, nie meine Person! Wenn ich hier auch rein persönlich gesprochen habe, so werden meine lieben Feinde, denen ich sehr unbequem bin, meine amtliche - persönliche Eigenschaft nicht auseinanderhalten und mir einen Strick drehen. Was ich ihnen i. S. m. Feindes nicht verdenken kann. Verzeihen Sie die Eile.
Gute Feiertage
Ihr Ludendorff
Woher taucht dieser, bislang unbekannte Brief auf? Im Jahr 2021 erfaßte die Landesbibliothek Niedersachsen in Hannover - die "Gottfried Wilhelm Leibnitz-Bibliothek" - das ihr überlassene "Reimar Hartge Archiv" (Kall), und zwar, wie es heute schon häufiger üblich und vorbildlich ist, auch gleich in digitaler Form für das Internet. In diesem vormaligen Privatarchiv fand sich nun der hier zitierte vierseitige, handschriftliche Brief Erich Ludendorffs an Bernhard Tepelmann. Zwar hat der Schreiber auf dem Brief weder Ort noch Datum verzeichnet. Das machte Erich Ludendorff sein ganzes Leben lang sehr häufig so. Deshalb muß auch gefragt werden, ob der Brief von Seiten der Landesbibliothek Niedersachsen richtig datiert worden ist in das Jahr 1913, und zwar in den Dezember 1913. Könnte er seinem Inhalt nach nicht eigentlich viel paßgenauer in das Jahr 1912 datiert werden? Zumal es doch sehr ungewöhnlich wäre, wenn man am Ende des Jahres 1913 noch auf einen Zeitungsartikel des Jahres 1912 hinweist!?! Und zumal Ludendorff am Ende seines Briefes doch recht deutlich macht, daß er sich zu jenem Zeitpunkt noch im Amt, als im Großen Generalstab in Berlin befand. Als Regimentskommandeur in Düsseldorf hätte er diese Phrase über das Auseinanderhalten von "amtlich" und "persönlich" gar nicht sinnvoll benutzen können.
Der Empfänger verzeichnete ebenfalls nur, daß er den Brief am 27.12. beantwortet hat. Der Schlußwendung des Briefes nach konnte er durchaus kurz vor Weihnachten verfaßt worden sein (1).**) Und mit weitaus größerer Wahrscheinlichkeit im Jahr 1912 als im Jahr 1913.
In jedem Fall ordnet sich dieser Brief nahtlos ein in die bislang schon bekannte zeitgeschichtliche Zusammenhänge, die oben schon geschildert worden sind. Er korrigiert den Aufsatz von 1979 (3) dahingehend, daß er eine direkte Verbindungen zwischen Generalstab und Wehrverein schon im Dezember 1912 sehr deutlich macht. Zum Wehrverein sei noch zitiert (Wiki):
Der Deutsche Wehrverein (DWV) wurde 1912 gegründet, um die deutsche Bevölkerung von der Notwendigkeit einer wesentlich stärkeren Heeresrüstung zu überzeugen. (...) Die Gründung des Vereins erfolgte am 28. Januar 1912 in Berlin. Gleich nach seiner Gründung begann der Verein mit einer regen publizistischen Arbeit. Vorstandsmitglied des Wehrvereins (war) Generalleutnant Alfred Wrochem. (...) Der Kronprinz bekannte sich offen zum Wehrverein. Ein anderer Grund für seinen Erfolg war, daß er durch seine Vorstandsmitglieder direkten Zugang zu mehreren großen Zeitungen besaß.
Aber schon aus dem ersten Satz des Briefes von Ludendorff geht hervor, daß dieser Deutsche Wehrverein bis zu dieser Kontaktaufnahme nicht über sehr gute Verbindungen in den Generalstab verfügte.
Abb. 5: General Josias von Heeringen - Sein Sohn war 1933 leitender Freimaurer in Deutschland |
Der vormalige Kriegsminister von Heeringen ist dann bis August 1916 Oberbefehlshaber der 7. deutschen Armee im Elsaß gewesen. Diesen Posten mußte er - auffälliger Weise - abgeben einen Tag bevor Erich Ludendorff 1916 in die Oberste Heeresleitung eintrat.
Mindestens zweimal ist Erich Ludendorff dem von Heeringen noch in späteren Jahren persönlich begegnet, nämlich beim Trauerzug für Kaiserin Augusta am 19. April 1921 (Stgr2012), sowie bei der Enthüllung des wieder errichteten Moltke-Denkmals in Halle, auf dem sogenannten "Deutschen Tag" in Halle am 11. Mai 1924. In der Erinnerung an letztere Begegnung schrieb Erich Ludendorff (Stgr2011):
Generaloberst v. Heeringen, als ältester General, hielt die Ansprache, die die Bedeutung des Heeres und die Arbeit der Generale für das Heer hervorhob, er vergaß aber völlig, den Obersten Kriegsherrn zu erwähnen, der sich für die Ausbildung des Heeres doch wahrlich eingesetzt und sie gefördert hatte. Daß er seinen Willen dem Kriegsminister, eben diesem Generaloberst von Heeringen gegenüber leider nicht durchgesetzt hatte, lag in einem Handeln, das dieser dem Kaiser wohl kaum hat verargen können. Bekanntlich hat Generaloberst v. Heeringen dem Streben des Kaisers nach einer Heeresverstärkung und auch meinem Streben vor dem Weltkriege, die allgemeine Wehrpflicht durchzuführen, entschiedenen Widerstand gegenübergestellt.
Das war alles, was er zu diesem Zeitpunkt noch über von Heeringen zu sagen wußte. Die Geschichte war über diese Vorkriegsauseinandersetzungen hinweg gegangen. Auf den Verlauf des Ersten Weltkrieges sollten sie sich vor allem dahingehend auswirken, daß Erich Ludendorff bei Kriegsbeginn nicht mehr die rechte Hand des Generalstabschefs von Moltke war. Wenn der Mord von Sarajewo ein Freimaurermord war (was längst klar ist) und wenn der Erste Weltkrieg ein Freimaurerkrieg war (was mehr als naheliegend ist), dann wird - zumindest für die Freimaurerei - die eigentliche Bedeutung der Vorgänge rund um die Wehrvorlage darin bestanden haben, daß Ludendorff noch vor Kriegsausbruch von der Seite des Generals von Moltke entfernt worden war.
"Die Luft der Freimaurerei, die von Grund auf böse war"
Der Sohn des Kriegsministers von Heeringen, der Freimaurer Kurt von Heeringen*), war 1914 schon 36 Jahre alt. Vielleicht hat er in den Logen in der Zeit vor 1914 dasselbe erlebt wie der Freimaurer Ernst Jünger. Ernst Jünger schrieb über die Monate und Jahre vor dem August 1914 (Stgr2016):
Bei den Mauretaniern (Freimaurern) aber herrschte unberührte Stille wie im Zentrum des Zyklons. Wenn man in den Abgrund stürzt, soll man die Dinge in dem letzten Grad der Klarheit wie durch überschärfte Gläser sehen. Diesen Blick, doch ohne Furcht, gewann man in der Luft der Mauretania, die von Grund auf böse war.
Die Luft der Logen war also von Grund auf böse. Ähnlich hat es Thomas Mann wahrgenommen, als er seinen Bruder, den Freimaurer Heinrich Mann während der ersten Jahre des Ersten Weltkrieges erlebte (siehe seine "Betrachtungen eines Unpolitischen" aus dem Jahr 1918). Eine der Folgen solcher böser Luftzüge wird die Versetzung Ludendorffs Ende Januar 1913 gewesen sein. Nicht der erste und nicht der letzte böse Luftzug, der aus der "unberührten Stille im Zentrum des Zyklons" entwich ....
___________
___________
- Brief von Erich von Ludendorff an Bernhard Tepelmann, Dezember 1913. In: Reimar Hartge Archiv in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek - Niedersächsische Landesbibliothek; Signatur: Noviss. 450:A 360 (DigSam)
- Ludendorff, Erich: Mein militärischer Werdegang. Blätter der Erinnerung an unser stolzes Heer. Ludendorffs Verlag, München 1934 (Archive) (GB)
- Chickering, Roger: Der "Deutsche Wehrverein" und die Reform der deutschen Armee 1912-1914. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 1/1979, S. 7ff (freies pdf)
- Wenninger an den Bayerischen Kriegsminister Otto Freiherr Kress v. Kressenstein, 25. 11. 1912, Bayer. HStA München, Abt. IV (Kriegsarchiv), Μ Kr 41 zit. in: Röhl, John C.: An der Schwelle zum Weltkrieg. Eine Dokumentation über den "Kriegsrat" vom 8. Dezember 1912. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 1/1977, S. 77ff (freies pdf)
- Erich Schwinn: Die Arbeit des deutschen Wehrvereins und die Wehrlage Deutschlands vor dem Weltkriege. Druckerei wissenschaftlicher Werke K. Triltsch, 1940 (87 S.) (GB)
- Alfred von Wrochem: Die Bosch-Lüge. Vortrag, gehalten am 4. März 1925 vor einem geladenen Kreise. Verlag Wirtschaftspolitische Korrespondenz S. v. Lüttwitz, Berlin 1925 (über die französische Kriegspropaganda gegen den "Boche"]
- Alfred von Wrochem: Kampf. Auslieferung durch Reimann, Berlin 1926 (150 Seiten)
- Alfred von Wrochem: Das neue deutsche Führertum. 1927 (GB2011)
- Alfred von Wrochem: Planmäßige Zersetzung des deutschen Volkes. Heft 69 der Reihe "Der völkische Sprechabend" (Herausgeber: Hans Weberstedt-Lichterfelde). Theodor Weicher Verlag, Leipzig um 1929
Frontsoldat und "Mitkämpfer" Erich und Mathilde Ludendorffs
Der deutsche Dichter Erich Limpach (1899-1965)
Abb. 1: Erich Limpach 1919 |
Diese bürgerliche Laufbahn steht aber weit zurück hinter der Erfahrung, als Jahrgang 1899 mit 17 Jahren in die Materialschlachten des Ersten Weltkrieges geworfen worden zu sein. Sein ganzes weiteres Leben blieb von der Auseinandersetzung mit dieser Kriegserfahrung geprägt. In einem Nachruf hieß es 1966 (Frankld. 1966):
Er entstammte altem fränkischen Geschlechte und fühlte sich zeitlebens dem heimischen Boden verwurzelt. Der Mutter niederdeutsche Herkunft hielt er für Glück, denn so bekannte er: "Was von ihr in mir pulst, zügelt mein jähes fränkisches Temperament und nimmt meinem Leben das Unstete." (...) Seine Prosa, von verhaltenem Pathos getragen, enthält Geschichten, in denen er das Erhabene, das Grausame, das Erschütternde und die fränkisch durchsonnte Heiterkeit in den Zauber seiner unverwechselbaren Sprache kleidet.
In einer anderen Lebensdarstellung aus dem Jahr 1979 heißt es (Beb1979):
Die äußeren Stationen dieses Weges begannen am 27.6.1899 in Berlin, mit Jugendtagen in Franken, der Schulbank, von der ihn der erste Krieg holte in die Materialschlachten der Westfront. Danach machte er sein Abitur, studierte in Würzburg Volkswirtschaft und trat dann in den Staatsdienst der Zollverwaltung. Dieser führte ihn für lange Jahre nach Marburg, nach Hanau, nach Münchberg und endete mit der Leitung des Amtes in Coburg. Dazwischen riß ihn der zweite Weltkrieg noch einmal in seine Strudel. (...) In der dichterischen Gestaltung des Kriegserlebnisses veröffentlichte er sein erstes Werk im Jahre 1924, dem im Laufe der Zeit über vierzig weitere Werke folgten und denen sich in diesen Tagen (1979) aus dem Nachlaß noch ein letztes Werk anschließt.
Als der Erste Weltkrieg 1918 endete, war Erich Limpach erst 19 Jahre alt. Das weitere, zeitgeschichtlich so stürmische Jahrzehnt der 1920er Jahre sollte er also als ein Mitzwanziger erleben. Als ein Mensch also, der noch auf alles Zeiterleben sehr unmittelbar reagiert. Früh hat Erich Limpach nach dem Krieg geheiratet. Seine erste Veröffentlichung aus diesem Jahr 1924 widmete er seiner Frau.
Abb. 2: Aufrecht schreiten - Gedicht von Erich Limpach (Postkarte) |
Erich Limpach hat sich spätestens im Jahr 1926 als ein politischer - und später auch weltanschaulicher - Anhänger des "Feldherrn" Erich Ludendorff angesehen. In der Wochenzeitung von Ludendorffs Tannenbergbund, der "Deutschen Wochenschau", erschien in der Folge vom 29. August 1926 ein Gedicht von Erich Limpach:
Der General.
Zum Gedenken an Tannenberg.
Von Erich Limpach.
Hier einige Zeilen daraus:
Es rollt und flutet und brandet schwerDie Schlacht wird geschildert. Schließlich heißt es am Ende:
Gen Deutschlands Grenzen das Russenheer.
Der blaffe Tod und die bitt're Pein
Sind sein Gefolge beim Flammenschein ...
Und des Kampfes Gedröhn verklingt,
Ein jauchzend "Sieg" sich zum Himmel schwingt,
der Feind geschlagen, vorbei die Not,
Der mächt'ge Himmel glüht brandig rot,
Wachtfeuer flackern im weiten Land
Uns schirmte Gottes allmächt'ge Hand.
Nur einer schweigt. - Mit hartem Mund
Blickt ernsten Aug's er ins weite Rund,
die Nerven eisern, der Wille Stahl:
's ist Ludendorff, der General.
Zu diesem Zeitpunkt ist Erich Limpach noch Christ ("Uns schirmte Gottes allmächtige Hand"). Aber er sollte in den nächsten Monaten und Jahren Erich Ludendorff auf seinen weltanschaulichen Wegen weg vom Christentum begleiten und ihm folgen hin zu der Philosophie der zweiten Ehefrau Erich Ludendorffs.
1926 - Ludendorffs Widmung für Limpachs Gedichtband
Erich Limpach hat im Herbst 1926 Erich Ludendorff um eine Widmung zu seinem Gedichtband "Zwischen Tod und Trümmern - Die Front im Spiegel der Seele" gebeten. Erich Ludendorff schrieb eine solche (3, 49, 52):
„Bewahrt den Frontgeist als Erbe des alten Heeres, nur so erhält die Seele die Kraft, aufbauend Neues zu gestalten.Weihnachten 1926.Ludendorff“
Limpach wurde also sehr früh ein Anhänger Erich Ludendorffs und ist es bis an sein Lebensende geblieben. Der Vorspruch Erich Ludendorffs wurde auch in den Auflagen des Gedichtbandes von 1930, 1932, 1937 und 1940 als Faksimile erneut abgedruckt.
1920er Jahre
Auch noch als Mittzwanziger blickte Erich Limpach in persönlichen Begegnungen mit Erich Ludendorff zu diesem mehr als ehrfürchtig auf. So schreibt er über einen ersten Besuch bei Ludendorff in den 1920er Jahren in München (1966, S. 31f):
.... Aber dann löste sich in einer improvisierten Teestunde, bei der der General in einer entzückend liebenswürdigen Weise den Gastgeber spielte, die Spannung sehr schnell und mündete in ein Antwortgeben auf präzise Fragen.
In dieser Unterhaltung hatte Limpach die eigenen Fragen, die er selbst hatte stellen wollen, ganz vergessen. Deshalb nahm er sich für den nächsten Besuch einen Spickzettel mit. Mit diesem konnte alles ganz gut geklärt werden. Als er einen solchen bei einem dritten Besuch wieder unbemerkt benutzen wollte, habe Ludendorff zu ihm gesagt:
"Bedienen Sie sich ruhig Ihres Spickzettels, dann wird wenigstens nichts vergessen." Von da ab habe ich mich dann dieses Hilfsmittels völlig ungeniert bedient.Limpach scheint in Gegenwart Ludendorffs immer sehr befangen gewesen zu sein wie auch aus weiteren Berichten hervor geht.
1928 - "Na gut, Limpach, dann wollen wir uns wieder vertragen"
Er berichtet - vermutlich über Marburg (1966, S. 33f):
Es war im Jahre 1928, als ich in einer alten Universitätsstadt dem Ehepaar Ludendorff eine Vortragsveranstaltung vorzubereiten hatte. (...) Ein großer, 2000 Personen fassender Saal war gemietet. (...) Eine Viertelstunde vor dem Anfang war der Riesensaal bis auf den letzten Platz gefüllt. (...) Der anschließende Buchverkauf übertraf alle Erwartungen. Der Büchertisch war in kürzester Frist restlos ausverkauft.
Erich und Mathilde Ludendorff signierten dann Bücher. Erich Limpach und ein Mitarbeiter reichten die Bücher heran. Darunter befand sich aber auch eine Broschüre, von der Erich Ludendorff zuvor gesagt hatte, daß sie keinesfalls mehr zum Verkauf kommen sollte. Infolge des Büchermangels habe man sie nun aber doch verkauft. Limpach weiter:
In diesem Augenblick erfuhr ich blitzartig, was es heißt, einen Befehl des Generals Erich Ludendorff zu mißachten. (...) Ich erhielt (...) "vor versammelter Mannschaft" - einen solch schneidenden schneidigen Anpfiff, daß ich mich nur wie unter Hagelwetter ducken konnte, um nach alter militärischer Sitte zunächst einmal das Unwetter schweigend zu ertragen. Auch die Marter dieser Stunde ging vorüber. Nach der Veranstaltung fand das übliche Zusammensein in kleinem Kreise statt. Erich Ludendorff hatte sich wortlos mir gegenüber niedergelassen. (...) Ich ging nun mutvoll daran, etwas für meine Rehabilitierung zu tun. Ich wurde anfangs zwar etwas widerstrebend, aber ruhig angehört und erfuhr die abschließende Bereinigung mit folgenden, mir unvergeßlich bleibenden Worten: "Na, ist gut, Limpach, dann wollen wir uns wieder vertragen."
Um das Jahr 1930 herum habe es bei Erich Ludendorff in kleinem Kreis eine ernsthafte Besprechung und dann eine lockere Pause am Kaffeetisch gegeben.
1930 - "Nur kein Dogma"
Ludendorff habe aus diesem Anlaß etwas hintergründig gefragt: "Meine Herren, Ihnen fehlt doch etwas?" Auf die Verneinung habe er nochmals gefragt "Aber meine Herren, Ihnen fehlt doch ganz bestimmt etwas." Schließlich habe er gesagt (1966, S. 32):
"Zünden Sie sich ruhig eine Zigarette an, meine Herren. Nur kein Dogma." Der General wußte recht gut, daß wir (...) noch nicht den in unseren Kreisen erstrebten Vollkommenheitszustand der Zigarettenlosigkeit erreicht hatten.
"Anekdötchen". Für den Historiker interessanter ist da schon der folgende Bericht: Limpach mußte allerhand Briefe mit Erich Ludendorff wechseln (1966, S. 34). Wohin dieser Briefwechsel gelangt ist, wäre noch einmal gesondert zu klären. Die handgeschriebenen Briefe Ludendorffs wären oft schwer zu enträtseln gewesen, meist sei dies aber doch gelungen. Nur einen, den er wirklich nicht lesen konnte, habe Limpach zu einer persönlichen Besprechung mitgebracht. Ludendorff nannte ihm ohne Kommentar die richtige Lesart. Von diesem Zeitpunkt an habe er dann von Ludendorff nur noch Briefe in Maschinenschrift erhalten.
Ein Teil des persönlichen Buchnachlasses von Erich Limpach konnte vom Bloginhaber durchgesehen werden. Es handelt sich dabei um die "Hand-"Exemplare der eigenen Werke Erich Limpachs. Diese sind - soweit übersehbar - weitgehend chronologisch jeweils auf der Vorderseite des Umschlages handschriftlich durchnummeriert worden. (Es ist dies entweder geschehen durch Erich Limpach selbst oder durch seine Frau oder einen Familienangehörigen nach dessen Tod.) In dieser Nummerierung werden sie auch am Ende dieses Beitrages im Literaturverzeichnis aufgeführt.
Diese Bücher enthalten zudem oft handschriftliche Widmungen an seine Frau, zumeist ebenfalls in Gedichtform. Dabei sind sie oft, wie aus dem Widmungen hervorgeht, als Weihnachtsgeschenk überreicht worden. Auch sind in diesen Buchexemplaren oftmals die Entstehungstage der einzelnen Gedichte unter denselben jeweils handschriftlich mit Datum verzeichnet worden.
Abb. 3: Erich Limpach - Nichts läßt sich zwingen (Postkarte) |
Im Jahr 1933 erschien ein Gedichtbändchen, das in den nachfolgenden Jahren am häufigsten wieder aufgelegt worden ist. Es trug den Titel "An der Wende". Dieses Bändchen dürfte einige der mitreißendsten Gedichte Limpachs enthalten.
Ob sie unter dem Eindruck der "Machtergreifung" Adolf Hitlers verfaßt worden sind, bliebe noch zu klären. Wesentlicher aber noch ist, daß sie sich bezogen auf die allgemeineren kulturellen und weltanschaulichen Entwicklungen im damaligen Deutschland, das heißt, weg vom Christentum und hin zu einer neuen "deutschen" Weltanschauung. Zu einer Weltanschauung also, die als der Eigenart des deutschen Volkes gemäß empfunden wurde, im Gegensatz zum Christentum, das als "international", bzw. "orientalisch" empfunden worden war, und das dem deutschen Volk "aufgepfropft" worden sei.
1933 - "An der Wende"
Dieses Gedichtheft "An der Wende" ist in mindestens sechs Auflagen erschienen, zum Teil in veränderter Form. Einige Gedichtbeispiele aus der sechsten Auflage, wohl Mitte oder Ende der 1930er Jahre erschienen, sollen im folgenden gebracht werden.
Des Großen Königs Grab
So hat man deinen letzten Wunsch mißachtet:
Das Grab im Freien ward dir nicht gegeben,
Dir, der in Ehrfurcht die Natur betrachtet,
Nahm man im Tod, was heilig dir im Leben.
In Kirchenenge ward dein Leib begraben,
Als Hohn auf das, wofür du stets gestritten,
Doch immer bleibt dein großes Werk erhaben
Ob Haß und Neid - und lebt in unrer Mitten.
Dies bezieht sich auf die Beerdigung Friedrichs des Großen. Erst nach 1990 wurde Friedrich der Große dort bestattet, wo er ursprünglich hatte bestattet werden wollen, nämlich neben seinen Hunden auf der Schloßterrasse von Sanssouci. Das titelgebende Gedicht lautet:
An der Wende
Fühlt ihr sie beben,Die alte Erden,Spürt ihr das Leben,Das neue Werden?An allen EndenDringt es zu TagUnd legt in Trümmer,Was hindern mag. -Reget die Hände,Steht nicht beiseit,Nutzet die Wende -Seid Herren der Zeit!
Ein anderes lautet:
FreiheitswilleWille zur Freiheit erwache!Liebe zur heiligen SacheFülle die Herzen und ganz:Leuchte mit strahlendem GlanzSiegglaube hell uns zuvor,Trag uns're Seelen emporAus Knechtschaftsbeschwerde,Daß Freiheit uns werde.
Und ein anderer:Wenn du dich gibst, dann gibt dich ganz,Und sinnvoll wird dein Tun und Streben. -Die Halbheit macht zum TotentanzUnd sinnlos dein vermeintlich Leben.
Nichts läßt sich zwingen
Nichts läßt sich zwingen!
Alles Gelingen
Will seine Zeit.
Wirklich befreit,
Was schwer errungen.
Was leicht gelungen,
Gleicht Spreu und Sand -
Hat nicht Bestand.
Oder:
AnrufBedenk es gut und höre zu:Nie wieder wird ein Mensch wie duauf dieser Erde leben.Es liegt an dir und deiner Tat,Die tief in dich gesenkte SaatZur Reife zu erheben.
Oder:
Wer sich nicht selbst die Antwort sagt,wenn ihn das Leben fordernd fragt,der wird in seiner Tage Treibenstets nur ein Blatt im Winde bleiben.
Der Band enthält auch das Wort:
Das schnelle und allzu frühe, heute fast ungehinderte Hinfinden der Geschlechter zueinander raubt der Beziehung junger Menschen jenen Schmelz der stillen Werbung, der zu dem Schönsten gehört, was liebenden Herzen zuteil werden kann.
Er enthält auch das Wort:
Es kommt nicht darauf an,daß du viel erlebst,sondern wie du es erlebst.
Oder auch das Wort:
Wer viel zu sagen hat, faßt sich kurz.
Man könnte insgesamt den Eindruck haben, daß das dichterische Schaffen von Erich Limpach mit diesem Band seinen Höhepunkt erreicht hatte.
Abb. 4: Erich Limpach, 1935 |
Für die 1930er Jahre wäre an dieser Stelle natürlich noch viel nachzutragen.
Dezember 1937 - Wacht am Sarg Erich Ludendorffs
Am 25. Dezember 1937 berichtet Erich Limpach in einem Brief an seinen Freund Kurt Meyer-Boehm über seine Teilnahme am Staatsakt aus Anlaß des Todes von Erich Ludendorff (zit. n. MuM 1974):
Vorgerstern bin ich von München zurückgekehrt, wo ich dem großen Mann auch im Tode noch einmal letzten Dienst erweisen durfte. Vier ernste Stunden habe ich im Generalkommando mit wenigen Freunden an seinem Sarge stille Wacht gehalten. (...) Der Staatsakt, dem ich an bevorzugter Stelle beiwohnen konnte, war einfach, würdig und ohne Mißklang. (...) Eine klare winterliche Sonne stand versöhnend über dem Ganzen. Der letzte Weg nach Tutzing führte durch eine winterliche Rauhreiflandschaft (...). Einmal noch zogen wir im Haus am Sarg vorbei, dann verließ der Feldherr die Stätte seines gewaltigen Wirkens.
Auch dies nur als ein kleiner, flüchtiger Einblick in diese Zeit.
Abb. 5: Erich Limpach - Deutschland (Postkarte) |
Dieser Beitrag befindet sich schon über zehn Jahre in der Vorbereitung und soll wenigstens erst einmal in einer ersten Version veröffentlicht sein, auch wenn noch vieles unvollständig ist.
Abb. 6: Erich Limpach - Fronterleben, gewidemt "Dem Feldherrn Ludendorff", 1940 |
1959 sollte Erich Limpach ein kleines Erinnerungsbändchen heraus bringen über das, was er während des Zweiten Weltkrieges erlebt hat. Aus ihm wollen wir weiter unten Auszüge bringen.
Dezember 1951 - Mathilde Ludendorff schreibt an Limpach
In einem der von ihm hinterlassenen Bücher findet sich ein handschriftlicher Brief Mathilde Ludendorffs (Abb. 7). Erich Limpach hatte offenbar zum Weihnachtsfest Mathilde Ludendorff eines seiner Bücher geschenkt, vermutlich also das Kalender-Bändchen "Daseinsmelodie - Blätter des Gedenkens. Bilder und Verse (Verlag der Freunde, Wiesbaden-Kostheim 1951).
Abb. 7: Mathilde Ludendorff schreibt an den Erich Limpach, 28.12.1951 |
Der Dankesbrief wurde geschrieben am 28. Dezember 1951 und lautet:
Sehr geehrter Herr Limpach,Nehmen Sie herzlichen Dank für den Blumenkalender und Ihre Weihnacht- und Neujahrswünsche, die ich für Sie und Ihre Frau herzlich erwidere!Es lebe die FreiheitMathilde Ludendorff
Auch für die 1950er und 1960er Jahre wäre an dieser Stelle noch viel nachzutragen. Laut Coburger Adressbuch der Jahre 1955 und 1961 wohnte der "Oberzollinspektor Erich Limpach" in diesen Jahren im Röntgenweg 11 in Coburg (Gen1, 2).*) Die Wohnung befindet sich in einem der etwa 30 Reihenhäuser oberhalb der Klinik von Coburg südlich der Altstadt. Zu dieser Zeit war er Leiter des Zollamtes Coburg.
1958 - Ehrung durch das Deutsche Kulturwerk europäischen Geistes
Im Jahr 1958 erhält er vom "Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes" den goldenen Ehrenring "Dem deutschen Gedicht". Womöglich wollte er gegenüber den Menschen dieses "Kulturwerkes" keine zu krassen weltanschaulichen Gräben aufreißen.
Denn ein Jahr später bringt er sein kleines Büchlein "Volk im Sturm - Aus einem Menschenleben" heraus, das zwar einiges über das enthält, was Erich Limpach nach dem Ersten und während des Zweiten Weltkrieges erlebt hat. Auch während des Zweiten Weltkrieges war Limpach ja erst 45 Jahre alt. In diesem Bändchen fällt aber auffallenderweise kein einziges mal der Name Ludendorff. Nur derjenige, der zuvor schon etwas von der Anhängerschaft Limpachs zu Erich und Mathilde Ludendorff wußte, konnte als Leser die Worte verstehen (1959, S. 25f):
Der erste große Krieg entließ die Vielheit der Denkenden und Suchenden in das Vacuum der Weltanschauungslosigkeit und machte damit den Weg zu neuem Aufbruch frei. So konnte dem Dürsten wacher Seelen die erlösenden Fluten einer auf der Grundlage von Wissen und Erkennen in genialer intuitiver Schau gestalteten Weltdeutung Rettung werden in letzter Stunde. Daneben enthüllte sich ernstem Forschen der geheime politische Zusammenhang zwischen sichtbaren Ergebnissen und unsichtbaren Triebkräften.
Da hat sich Erich Limpach freilich mehr als zurückhaltend ausgedrückt. Das wird nicht jedem Limpach-Freund damals nachvollziehbar gewesen sein, daß hier so auffällig die Nennung des Namens Ludendorff vermieden wurde.
1959 - Zeitzeugenbericht zum Zweiten Weltkrieg
Abb. 8: Erich Limpach, 1959 |
Das Bändchen enthält ansonsten einen durchaus lesenswerten Zeitzeugen-Bericht zum Zweiten Weltkrieg (1959, S. 27):
Unvergessen jenes erstarrte Schweigen über ziehenden Kolonnen am Tage des Kriegsausbruchs. - Welch erschütternder Kontrast zu jenem spontanen Jubel fünfundzwanzig Jahre zuvor.
Für den Kriegsdienst ist er selbst anfangs noch als untauglich eingestuft. Ende 1944, Anfang 1945 ist er aber schließlich doch noch zu einer Nachschubeinheit eingezogen worden. Er schreibt über seine Fahrt zur Front:
Das herrliche Prag stand leuchtend am Wege und wurde unter guter Führung zu einem letzten Lichtblick vor langen Monden des Schreckens.Dann kam der Gegenstrom der Flüchtlinge aus Schlesien. Unvergessene Bilder des vom Wintersturm überbrüllten Grauens. Hunger und Not, Entsetzen und Tod. Erstarrte, fortgeworfene Kinder neben den Schienen. Ungeheizte Lazarettzüge bei 20 Grad Kälte.Die weitere Fahrt in das fast friedensmäßige Kroatien wirkte wie die Erlösung von einem Albtraum (...). Agram wurde zum Sinnbild einer Etappenstadt, in der sich dreisteste Profitgier mit einem fast schon sichtbaren Untergrund vermählte, dieweil der Landser, der von vorne kam, sich für eine Monatslöhnung zwei Stücke Torte kaufen konnte.Und weiter ging die Fahrt durch dieses reiche Bauernland auf jener berüchtigten Bahnstrecke zwischen Agram und Brod, deren Damm sich als ein einziger, fast lückenloser Friedhof ausgebrannter und zusammengeschossener Eisenbahnwaggons erwies. Die Stationen waren zu Mehl zermahlen von zahllosen Bomberverbänden, die meistens aus Italien kamen. (...) In der von 500 Bombern im Ausweichanflug für Wien fast völlig zerstörten Stadt Brod waren es rattenbevölkerte Kasematten aus der Zeit Maria Theresias, die als besonders eindrucksvolles Quartier im Gedächtnis haften blieben.Das Ziel war die Drau, über die ein letzter verzweiflungsvoller Versuch nach Ungarn hinein versucht worden war. Erschütternd die nun leeren, einst von Volksdeutschen bewohnten sauberen Gehöfte - auf den ersten Blick von denen der Kroaten zu unterscheiden. (...) Neben der Straße Scharen von verzweifelten, aus dem Raum Sarajewo geflohenen Muselmanen. (...)Schließlich erster Nachschubeinsatz hin zur Drau. Im Vergleich zum anderen Weltkrieg waren es Spazierfahrten in ein von den Russen nur sparsam befeuertes Gebiet. (...) Unvergessen eine Fahrt, bei der die Fahrzeugbesatzungen nach der Abladung von Benzin buchstäblich gezwungen werden mußten, am Ufer liegende Schwerverwundete nach rückwärts mitzunehmen. (...) Immer bleibt das Bild gegenwärtig, da sich um ein brennendes Proviantfahrzeug, das mit Fruchtkonserven beladen war und neben dem die erschossene Mannschaft lag, eine gierig schlingende Masse von Landsern und Hiwis schattenhaft bewegte, während aus einem nahen Lastkraftwagen eine Balaleika gespenstisch dazu aufspielte.
Schließlich wurde er an die steierische Grenze zurückgerufen:
Hier hauste in einem alten Schloß ein General mit einer beachtlichen Leibwache an frontdienstfähigen Unteroffizieren. Es gab eine erlesene Kapelle aus Musikern von Rang, die zum Essen aufspielten, auch fehlte ein Feldwebel nicht, der, aus dem Forstfach kommend, die Wälder nach schmackhaftem Wild zu durchstreifen hatte, und einer, der, von Hause aus mit dem Angeln vertraut, den Bächen seine Aufmerksamkeit zuwenden mußte. Ein Renaissancebetrieb, der sich in den Randgefilden des totalen Krieges bis kurz vor der Stunde 3 zu halten verstand. (...)Am 8. Mai wurden lange stark bewachte Spirituosenbestände aus Frankreich freigegeben, so daß der böse Tag von Deutschlands völligem Zusammenbruch in einer würdelosen Orgie taumelnder Gestalten zu einem fessellosen Sichtbarwerden weltanschauungsloser Massenwesen wurde. Darüber flammten die brennenden Akten und das Mobilar des Stabes, zuckte vereinzelt brünstiges Geschrei, während ausgeschüttete Orden und Ehrenzeichen von torkelnden Füßen in das Gras getreten wurden. Und das Herz der machtlosen Anständigen brannte vor wilder, grenzenloser Scham.
Mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter versuchte er sich dann, in den Westen durchzuschlagen, um der russischen Gefangenschaft zu entgehen. Der Weg ...
... wurde zu einer Odyssee ohnegleichen durch vom Feinde besetztes Gebiet, zu einer unvorstellbaren Strapaze wegen der notwendigen Vermeidung vielbenutzter Pfade und Straßen, zu einem tödlich gefahrvollen Unternehmen für die verhaßten Einzelgänger, die jetzt noch wagten, die Freiheit dem Lager vorzuziehen.Kartenlos, des Weges unkundig, nur mit einem Kompaß versehen, begann der Marsch über den noch tief verschneiten Tauernpaß und über das Tennengebirge auf einsamen, schwierigen Bergpfaden. Schnee war das Getränk, das Essen eine durch das notwendige geringe Gepäck bestimmte Hungerration und das nächtliche Quartier ein eng zusammengeigeltes Menschenknäuel unter kaltem, freiem Himmel. (...)Die Salzach wurde ein besonders schwer zu nehmendes Hindernis. (...) Dann wurde die häufig zerstörte, von niemandem beobachtete Bahnstrecke zu einem gangbaren Weg mit geringen Gefahren. Regenburg beschenkte bei einem alten Freund mit so bitter nötigem erstem Ausruhen - und mit Zivilkleidern.
Schließlich sprang Limpach in Coburg von dem fahrenden Zug ab:
Gute Freunde verbrachten den gänzlich Erschöpften und Abgemagerten in ein Lazarett, aus dem er nach kurzer Frist mit ordnungsmäßigen Papieren in den Irrsinn eines vollendeten Chaos übergehen konnte. Raub und Totschlag, Plünderung und Rechtlosigkeit, nutznießende Verbrecher und verbrecherische Nutznießer, ungehört verhallende Rufe der sauberen Anständigen und als einzig gültiger Halt die unsichtbare Front der Volksbewußten, die sich gegenseitig selbstverständlich halfen, wo es irgend möglich war - und dazwischen vereinzelt objektive Feinde.Dann warf die abgefeimte Perfidie des Fragebogens ihre volkszerstörenden Schatten über das ganze Land. (...) Die Masse der bestraften Kleinen und oft gänzlich Unschuldigen verdeckte die Aussicht auf die wirklich Bösen, die sich geschickt zu tarnen wußten - oder untertauchten. Entlastende Konfessionen, die eben noch für den Sieg gebetet hatten, waren plötzlich sehr gefragt.
Sein vergleichsweise kurzer Lebensbericht endet mit den Worten:
Welcher Weg durch welche Zeit! Es könnte die Spanne dieses Lebens der Übermächtigkeit des Inhalts nach wohl ein Jahrtausend überbrücken.
Das kann der Sache nach so empfunden werden, durchaus.
1964 - Pensioniert - Reise nach Verdun und Paris
1964 wird Limpach pensioniert worden sein. In der ersten Jahreshälfte des Jahres 1965 fährt Limpach für fünf Tage nach Frankreich, unter anderem nach Verdun, ...
... das vor fast 50 Jahren in einem unsagbaren Inferno meine Jugend verschlang. (...) Eine Umwandlung in Ackerland machte die millionenfache Durchsetzung des Bodens mit Eisensplittern des Krieges unmöglich.
Von Verdun fuhr er weiter nach Paris (Frankreich 1965). Zur selben Zeit fuhr auch ein anderer Mitarbeiter des Verlages Hohe Warte nach Paris, nämlich Hermann Rehwaldt.
Ein Jahr später schon ist Erich Limpach gestorben. Er wurde 66 Jahre alt. Ob das oben erwähnte Zigarettenrauchen zu dem frühen Tod etwas beigetragen hat?
Abb. 9: Gedenkfeier für Erich Limpach, gestorben am 14. Dezember 1965 |
Dem Heft "Der letzte Weg", im Nachlaß handschriftlich nummeriert mit der Nummer 48, sind schließlich eingelegt das Programm zur "Gedenk-Feier" an Erich Limpach aus dem Jahr 1965, sowie der Schreibmaschinen-Durchschlag eines Gedichtes von Christine Koeniger "Im Gedenken an Erich Limpach".
Erich Limpachs Jahrzehnte langer Freund Kurt Meyer-Böhm berichtet 1975 viele Einzelheiten aus den letzten Lebensjahren Limpachs. Durch sie bekommt man einen besseren Eindruck von der Art seines Lebens. Meyer-Böhm berichtet dann auch von Limpachs Kreislaufzusammenbruch nach der öffentlichen Feier seines 65. Geburtstages im Jahr 1964 in Coburg. Er berichtet davon, wie sich Limpach wieder erholte und einige kleine Reisen und Lesungen veranstalten konnte, sowie Urlaub in Mittenwald machen konnte. Dennoch kam es zu einem Rückschlag, dem der Tod folgte. Meyer-Böhm schreibt:
Der feierliche Abschied auf dem Friedhof in Coburg am 14. 12. 1965 bleibt in unvergeßlicher Erinnerung, nicht zuletzt dank der eindrucksvollen und ergreifenden Worte, mit denen Franz von Bebenburg die Bedeutung der Persönlichkeit des lieben Toten und sein Werk würdigte.
1979 - Mißlungener Vergleich durch einen Verleger
Vierzehn Jahre später, im Jahr 1979 schreibt sein Verleger Franz von Bebenburg:
Die alten Bäume auf dem Coburger Friedhof breiten schützend ihre weiten Äste über seine Grabstätte.
Erich Limpach ist, soweit übersehbar, jener namhaftere Angehörige der Ludendorff-Bewegung gewesen, dem in Periodika derselben vor und nach seinem Tod die meisten Gedenkartikel und Nachrufe gewidmet worden sind.
Von vielen Menschen innerhalb und im Umfeld der Ludendorff-Bewegung wurde er als eine Art "Hausdichter" dieser Bewegung empfunden (siehe auch: a, b, c). Immer wieder auch tauchen im Schrifttum der Ludendorff-Bewegung Gedichte von Erich Limpach auf. Auf Postkarten, in Grabreden oder in Todesanzeigen.
Die große Zahl der Gedenkartikel auf ihn mag aber nicht zuletzt auch daran gelegen haben, daß sein Verleger Franz von Bebenburg am reichen Absatz der Bücher von Limpach weit über dessen Tod hinaus Interesse hatte. 1979 bemüht der Verleger Franz Karg von Bebenburg gar folgenden geschichtlichen Vergleich (Beb1979):
Wie einst Volker von Alzey den Zug der Nibelungen begleitete, so stand der Dichter Erich Limpach zur Seite dem Höheflug der Menschenseele, dem deutschen Volk, dem Feldherrn Erich Ludendorff und seinen Gefährten im Geisteskampf, der auch der seine war. Sein Dichterwort macht ihn unsterblich.
Da dürfte der Schwung der Begeisterung jemanden allerdings etwas gar zu weit über sich hinaus getragen haben. Bekanntlich endete der Nibelungenzug im Untergang. Und so viel nüchterne Selbsteinschätzung und so viel Realitätssinn wird dem Dichter Limpach wohl doch verblieben sein, daß er sich selbst weder als einen "Volker von Alzey" wird empfunden haben, noch auch als jemanden, der einen Nibelungenzug würde besungen haben wollen.
__________
*) Im Coburger Adreßbuch von 1934 und 1937 ist der Name Erich Limpach nicht enthalten (Gen1, 2). In diesen Jahren lebte er also noch anderwärts.
Bücher von Erich Limpach
Für diesen Aufsatz konnte der eigene Buchnachlaß von Erich Limpach ausgewertet werden, in dem seine Werke sicherlich am vollständigsten enthalten sein werden. An ihm ist die folgende Übersicht jedenfalls orientiert.
- Deutschland erwache! Vaterländische Gedichte. Deutschhaus-Verlag, Marburg a.L. 1924 (32 S.) (mit handschriftlicher Widmung des Autors an seine Frau)
- Die Front im Spiegel der Seele. Erich Matthes, Verlagsbuchhandlung, Leipzig und Hartenstein-Erzgebirge 1927 (110 S.) / nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
- Schwerter und Rosen. Heinrich Wilhelm Hendriok Verlag, Berlin 1929 (109 S.)
- Zwischen Tod und Trümmern. Die Front im Spiegel der Seele. 2. verbesserte Auflage, mit Faksimile Widmung von Erich Ludendorff auf Vorsatz. Ludendorffs Volkswarte-Verlag, München 1930 (96 S.) /nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
- Die Patriotin. Novelle. Edelgarten-Verlag Horst Posern, Beuern in Hessen 1931 (16 S.)
- Zwischen Tod und Trümmern. Die Front im Spiegel der Seele. Dritte vermehrte, verbesserte Auflage. Wolf Heyer Verlag, Berlin, Leipzig 1932 (mit faksimilierter, handschriftlicher Widmung von E. Ludendorff); 3. vermehrte, verbesserte Auflage, Ludendorffs Verlag, München 1937 (151 S.); Ludendorffs Verlag, München 1940 (152 S.) (nach Justbooks)
- „In Flandern reitet der Tod!“ Dramatische Kriegsdichtung in 3 Akten. Ludendorffs Volkswarte Verlag, München 1932 (40 S.)
- An der Wende. Ludendorffs Verlag, München 1933 (30 S.); 3., vermehrte Aufl.. Pfeffer & Balzer, Darmstadt 1934 ( 6.-8. Tsd.); 4. vermehrte Auflage, Pfeffer & Balzer, Darmstadt 1937 (38 S.); 5. völlig veränderte Aufl. Pfeffer & Balzer, Darmstadt o. J. (38 S.); 6. unveränderte Auflage, Druck und Verlag Pfeffer & Balzer, Darmstadt o.J. (15.-18. Tsd.) (nach Justbooks)
- Von neuem Werden. Gedichte, Sprüche und Worte. Dritte veränderte Auflage, 7.-11. Tausend. Druck und Verlag Pfeffer und Balzer, Darmstadt o.J. (63 S.)
- Gestalter Krieg. Gedichte. Zweite veränderte und vermehrte Auflage. Druck und Verlag Pfeffer und Balzer, Darmstadt o.J. (1935, 1940) (31 S.)
- Von Ringen und Rasten. Gedichte und Sprüche. Ludendorffs Verlag, München 1936 (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte) (s.a. Archive)
- Leuchtende Stunden. Bilder nach feinsinnigen Naturstudien mit Geleitworten von Erich Limpach. Verlag Bischof u. Klein, Lengerich/Westfalen o.J.
- Lebensblätter. Für Tage des Gedenkens. Kunstverlag Bischof & Klein, Lengerich/Westf. o.J. (1939) (ein Kalenderbuch)
- Fronterleben. Gedichte vom Kriege. Mit Bildern nach Originalen von Otto Engelhardt-Kyffhäuser. Bischof & Klein Verlag, Lengerich i. Westfalen o.J. (1940) („Dem Gedächtnis des Feldherrn“) (45 S.) (Archive)
- Es blühen Blumen. Nach Originalen von Professor Walter Sträter, Otto Vaeltl, München und Ernst Sobotka, München mit Versen von Erich Limpach. Bischof & Klein Verlag, Lengerich in Westfalen o.J.
- Wunder am Wege. Bilder und Verse. Verlag Bischof u. Klein, Lengerich/Westfalen o.J. (1941) (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte)
- Nordisches Schöpfertum. Gedanken um Unsterbliches. Bischof & Klein Verlag, Lengerich i. Westfalen o.J. (1941) (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte)
- Stille Rast. Blätter des Gedenkens. Bischof & Klein Verlag, Lengerich i. Westfalen o.J. (Kalenderbuch)
- Die Weihenacht ist kommen. Verlag Bischof u. Klein, Lengerich/Westfalen o.J. (1941) (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte)
- Beseeltes Sein. Gedichte, Sprüche und Gedenken. Titel und Textzeichnungen von Professor W. Sträter. Bischof & Klein, Buch- und Kunstverlag, Lengerich i. Westf. o.J.
- Der Schicksalsweg des Leutnants Holst. Novelle. Als Manuskript gedruckt bei Pfeffer & Balzer, Darmstadt o.J. (1942)
- Von Minne und Meiden. Lieder der Liebe. Verlag A. Roßteutscher, Coburg o.J.
- Wunder der Wandlung. Gedichte. Graphische Kunstanstalt Bischof & Klein, Lengerich (Westfalen) o.J. (70 S.) (Book)
- Das Herz verweilt. Erzählungen. Klein's Buch- und Kunstverlag GmbH, vorm. Bischof & Klein, Lengerich (Westf) 1948
- Nimmer ruhen die Gedanken. 2. veränderte Auflage. Graphische Kunstanstalt Bischof & Klein, Lengerich (Westfalen) 1948 (70 S.)
- … /nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
- Webendes Leben. Gedichte. Verlag Hohe Warte, Stuttgart 1950 (47 S.)
- Im Bann des Seins. Gedichte. Verlag der Freunde, Wiesbaden-Kostheim 1951 (80 S.)
- Daseinsmelodie. Blätter des Gedenkens. Bilder und Verse. Verlag der Freunde, Wiesbaden-Kostheim 1951 (Kalenderbuch)
- Unter kreisenden Gestirnen. Gedichte. Verlag der Freunde, Wiesbaden 1953 (56 S.)
- Wirbelnde Welt. Eine Philosophie in Versen. Mit 49 Vignetten von Hans-Günther Strick. Verlag Hohe Warte, Pähl o.J. (48 S.)
- Immer ist der Mensch die Mitte. Epigramme und Aphroismen. Verlag Hohe Warte, Pähl o.J. (208 S.)
- Tanz auf dem Globus. Der heiteren Philosophie in Versen 2. Teil. Verlag Hohe Warte, Pähl o.J. (78 S.)
- Der Weg ins Wesentliche. Erzählungen, Aphroismen, Gedichte. Verlag Hohe Warte, Pähl 1958 (205 S.)
- Vermächtnis der Zeit. Gedichte. Türmer Verlag, München 1959 (55 S.)
- Volk im Sturm. Aus einem Menschenleben. Verlag Hohe Warte, Pähl 1959 (45 S.) (Luehe) (autobiographisch)
- Die Stille lebt. Gedichte. Verlag Hohe Warte, Pähl 1960 (82 S.)
- Zeiten sind das. Achilles-Verse. Verlegt bei Franz von Bebenburg, Pähl 1962
- Felsen im Strom. Epigramme und Aphroismen. Türmer Verlag, München 1962 (158 S.)
- Ich rufe. Gedichte. Türmer Verlag, München 1963 (62 S.)
- Nicht nur zum Lachen. Verse zum Denken und zum Verschenken. Orion-Verlag, Heusenstamm bei Offenbach 1963 (79 S.)
- … /nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
- Wegzeichen. Gedanken zur Zeit. Orion-Verlag, Heusenstamm bei Offenbach 1964 (159 S.)
- Im späten Licht. Erlebnisse aus 6 Jahrzehnten. Verlegt bei Franz von Bebenburg, Pähl 1965 (79 S.)
- Gegenwart im Rampenlicht. Satirische Verse. Pfeiffer Verlag, Hannover 1965 (78 S.)
- Die Fackel brennt. Gedichte. Orion-Verlag, Heusenstamm bei Offenbach 1965 (92 S.)
- Weiße Flocken sinken. Lieder zur Weihnacht und Verse. Franz von Bebenburg, Pähl 1965
- Der letzte Weg. Gedanken und Gedichte zur Gestaltung von Totenfeiern. Franz von Bebenburg, Pähl o.J.
- Vom Adel der Seele. Gedichte aus dem Nachlaß zum 80. Geburtstag des Dichters. Verlag Mein Standpunkt, Westerstede 1979
- Zitate von Erich Limpach 1899-1965. Zu seinem 100. Geburtstag zusammengestellt und herausgegeben von Friedrich Witte. (Eigenverlag) Stuttgart 1999
- Erich Limpach für jeden Tag. Sinngedichte und Spruchweisheiten zum 100. Geburtstag des Dichters zusammengestellt von Friedrich Witte. Verlag Bund für deutsche Schrift und Sprache e.V., Ahlhorn 2000
Aufsätze von Erich Limpach
- Limpach, Erich: Rezensionen in Ludendorffs Volkswarte, zum Beispiel vom 10.4.1932
- Limpach, Erich: Frankreich 1965. Eindrücke einer Fünftagefahrt. In: MuM, Folge 14, 23.7.1966, S. 662f
- Hiller, Hermann: Erich Limpach und sein Werk. Biographische Darstellung eines Freundes des Dichters. Verlag Max Meiner, Großdeuben – Gotland-Verlag, 1936
- Meyer-Boehm, Kurt: "Vermächtnis der Geistesfreiheit". Gedanken zu Erich Limpachs neuestem Werk ("Volk im Sturm"). In: Die Volkswarte (33) 12. Aug. 1960
- v. Bebenburg, Franz Karg: Nachruf für Erich Limpach, in: Mensch & Maß (24) 1965, S. 1120
- von Bebenburg, Franz: Erich Limpachs letzter Weg. In: MuM, Folge 1, 9.1.1966, S. 25
- D. C. (= Hans Kopp?): Erinnerungen an Erich Limpach. In: MuM, Folge 1, 9.1.1966, S.30
- Hauptmann, Richard: Im Gedenken an Erich Limpach. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege, 2/1966, S. 56 (pdf)
- Meyer-Boehm, Kurt: Erich Limpach. Zur 75. Wiederkehr seines Geburtstages am 27.6.1974. In: Mensch & Maß, Folge 12, 23.6.1974, S. 555 - 557
- Meyer-Boehm, Kurt: Erich Limpach - Dichter der Deutschen. Zu seinem 10. Todestag. In: Mensch & Maß, Folge 23, 9.12.1975, S. 1078 - 1082
- von Bebenburg, Franz: Mit Leier und Schwert. Zum 80. Geburtstag des Dichters Erich Limpach. In: MuM, 23.6.1979, S. 535-537
- Göllner, Uta: "Die Fackel der Wahrheit..." Gotterkenntnis im Werk Erich Limpachs. Ein Vortrag zum 100. Geburtstag des Dichters (1899-1965). In: Mensch & Maß, Folge 23, 9.12.1999, S. 1057 - 1073
- Brief Mathilde Ludendorffs an Erich Limpach (Coburg) vom 28.12.1951 (1 Blatt Din A 4, Vorderseite handschriftlich beschrieben
Balbine Kaltenbach, eine Mitschülerin Mathilde Ludendorffs (1901)
Ein in Teilen paralleler Lebensweg zu Mathilde Ludendorff
Für einige Wochen weilte die 24-jährige Mathilde Spieß, spätere von Kemnitz, spätere Ludendorff (1877-1966) (Wiki), nach ihrem Abitur in dem Malteserschloß Heitersheim in der Nähe von Freiburg im Breisgau.
Ihre Karlsruher Mitschülerin Balbine Kaltenbach (1876-1933) hatte sie dazu eingeladen.
Abb. 1: Malteserschloß Heitersheim von Osten (Wiki) - Fotograf: "Xocolatl" |
Im zweiten Band ihrer Lebenserinnerungen nennt Mathilde Ludendorff diese zwar immer nur mit dem Kürzel "B. K.". So schreibt sie dort zum Beispiel (Bd. 2, S. 40, GB, a):
Schon lange hatte B. K. mich für die Ferien auf den Landsitz der Familie in Heitersheim eingeladen. (...) Ein großes, uraltes Gebäude, das einst dem Johanniterorden gehört hatte. (...) Alle Kinder durften ihre Gäste einladen und wahrlich, die Schlafsäle, die da bereit standen, waren von den Johannitern in stattlichen Ausmaßen vorgesehen worden.
Balbine hatte übrigens acht Geschwister wie wir gleich weiter unten sehen werden. Da wird also ein so großes Gebäude schon notwendig gewesen sein, um alle Geschwister und ihre Sommergäste unterbringen zu können.
Aber mit der Suchmaschine Google läßt sich heute leicht heraus bekommen, daß es sich bei dieser "B. K." um eben die genannte Balbine Kaltenbach, verheiratete Neumann (1876-1933) gehandelt hat. Denn auf sie stößt man recht bald, wenn man auf "Google Bücher" nach den Suchworten "Heitersheim Ferien" sucht. Und über diese Balbine Kaltenbach finden wir dann auch leicht die Angabe (1):
1902 Abitur am Mädchengymnasium in Karlsruhe.
Ihr Vater war der Professor für Gynäkologie Rudolf Kaltenbach (geb. 1842 in Freiburg im Breisgau; gest. 1892 in Halle/Saale) (Wiki). Dessen Mutter hieß Balbine Maria Walburga Sautier (1818-1874). Von dieser wird seine Tochter also den Vornamen erhalten haben. In einem Nachruf auf diesen früh verstorbenen, sehr arbeitssamen Professor heißt es 1892 (5):
Eine Witwe und neun Kinder in zum Teil noch zartem Alter beweinen seinen Heimgang. (...) Seine sterbliche Hülle wurde auf seinem Gute Heitersheim bei Freiburg im Breisgau der endgültigen Ruhestätte übergeben.
1993 wird über diesen Professor geschrieben (4):
Zahlreiche Enkel, Urenkel und Ururenkel leben aber heute noch in Freiburg, Heitersheim, im Markgräflerland, weithin in ...
In diesem Zusammenhang kommt einem der Gedanke, daß es nicht nur eine besondere kulturgeschichtliche und demographische und eugenische Bedeutung des protestantischen Pfarrhauses zu erforschen geben könnte, sondern ebenso eine solche von Mediziner-Familien oder auch allgemeiner von Professoren-Familien während des 19. Jahrhunderts.
Die Mutter von Balbine Kaltenbach findet sich 1904 erwähnt in einer Aufzählung (vielleicht von Abonennten) der Zeitschrift "Die Biene und ihre Zucht" (GB):
Frau Geheimrat Kaltenbach, Heitersheim
Da der zu dem Schloßgebäude zugehörige Garten ein Obstgarten war (siehe unten), lag Bienenzucht nahe.
Erst Studium beendet, dann geheiratet, dann Kinder bekommen
Balbine Kaltenbach hat ihr Medizinstudium früher abgeschlossen als ihre vormalige Schulkameradin Mathilde Spieß. Sie hat erst danach geheiratet und Kinder bekommen. All das im Gegensatz zu der nachmaligen Mathilde Ludendorff, die noch mitten in ihrem Studium heiratete und das Studium um mehrere Jahre unterbrach, um nur für die Kinder da zu sein. Über Balbine Kaltenbach lesen wir jedenfalls (1):
1902 soll ihr Aufnahmeantrag von der medizinischen Fakultät in München (zusammen mit dem von Babette Steininger) abgelehnt worden sein. Noch heute ist ihre Dissertation, z.B. wegen der Angaben über die Ursachen von Bleivergiftungen in einer Großstadt um die Jahrhundertwende, sehr interessant. Nach dem Tode ihres Mannes 1924 gab sie ihren Beruf auf, um für ihre Kinder da zu sein.
Balbine Kaltenbach studierte nach ihrer Ablehnung in München zunächst vier Semester in Heidelberg, dann zwei Semester in München und danach erneut zwei Semester in Heidelberg. Dort legte sie 1908 das Staatsexamen ab (1). Im selben Jahr promovierte sie in Leipzig (1).
1909 heiratete sie in Heitersheim den Mainzer Chirurgen und Chefarzt Max Neumann (gest. 1924). Mit diesem hatte sie drei Söhne (1):
Nach dem Tode des Mannes lebte sie mit ihren 3 Söhnen von einer kleinen Witwenrente.
Die oben genannte Babette Steininger war übrigens Anfang der 1920er Jahre die Halsärztin von Adolf Hitler, die ihn in einem überlieferten Brief als "Armanenbruder" ansprach.
Zwei von den drei Söhnen der Balbine Kaltenbach sind dann im Zweiten Weltkrieg als Soldaten gefallen. Da sie aber schon sehr früh im Jahr 1933 gestorben ist, hat sie das nicht mehr erlebt. Wir lesen (3, S. 37 und 38):
In Heitersheim/Baden besaßen ihre Eltern ein großes Anwesen mit Obstbäumen, auf dem die kinderreiche Familie stets die Ferien verbrachte ... Die Ferien verbrachte Balbine mit ihren drei Söhnen meist in Heitersheim, wo die Lebenshaltungskosten niedriger waren. Als sie sich entschloß, wieder nach Freiburg zu ziehen, dauerte es eine Weile, bis sie eine bezahlbare Wohnung ....
Noch heute gibt es in der Johanniterstraße in Heitersheim eine Gärtnerei Kaltenbach. Das Malteserschloß Heitersheim verfügt heute noch über einen beträchtlichen, weitgehend geschlossenen Gebäudebestand. Über seine Geschichte lesen wir (Wiki):
Das Schloß wurde vom letzten Fürsten Ignaz Balthasar Rinck von Baldenstein bis zu dessen Tode 1807 bewohnt. Danach zogen großherzogliche Beamten ein, die später von Pensionären und Beamtenwitwen abgelöst wurden. (...) Die restlichen Schloßgebäude wurden 1845 an verschiedene Besitzer verkauft.
Mathilde Spieß hatte selbst vier Geschwister. Die Erfahrung einer kinderreichen Familie mußte sie also nicht erst in Heitersheim machen. Und auch ihr Vater hatte ja zeitweise eine Professoren-Laufbahn ins Auge gefaßt und stand mit verschiedenen Professoren seit seiner Studienzeit in freundschaftlicher Verbindung.
Sie berichtet in ihren Lebenserinnerungen dennoch sehr lebendig von den vielfältigen Erfahrungen, die sie in den Ferienwochen in Heitersheim sammeln konnte. Balbine übermachte ihr eine Geige und sie versuchte eine Weile, das Geigenspiel zu erlernen. Auch wurde sie in Heitersheim erstmals mit skandinavischer Literatur bekannt (Lebenserinnerungen Bd. 2, S. 40):
Der Garten mit den herrlichen alten Bäumen, seinen schattigen Sitzplätzen, seiner alten Mauer und das Haus selbst waren sofort mein großes Entzücken. (...) Ich lernte hier zum ersten mal schwedische, norwegische und dänische Literatur kennen.
Tragen wir noch nach, wie sie Balbine Kaltenbach kennenlernte während der für beide sehr schweren Aufnahmeprüfung zur Oberstufe des Gymnasiums in Karlsruhe (Bd. 2, S. 16):
In dem kleinen, engen Klassenraum, den ich nie im Leben vergessen werde, saß ein zweites Opfer, B. K. aus Freiburg, die Tochter eines damals schon verstorbenen, berühmten Gynäkologen. Welche Erleichterung, nicht allein auf enger Flur zu sein! Wir stellten uns einander vor, beide in gleicher Erlösung, und hatten uns dann bald in knappen Worten versichert, in den alten Sprachen blutwenig zu wissen, in Mathematik besser auf dem laufenden zu sein, in den neuen Sprachen mehr als nötig glänzen zu können. Großer Schreck! Mit einer sinnvollen Ergänzung war es also nichts.
Nach den Prüfungen wurden sie beide "probeweise" zur Unterprima, das entspricht heute der 12. Klasse des Gmynasiums zugelassen. Balbine war darüber glücklich, Mathilde aber entsetzt, da sie nur Geld angespart hatte für ein einziges Schuljahr, nach dem sie das Abitur machen wollte. Sie sagte zu Balbine (Bd. 2, S. 16):
"... Aber jetzt vor allen Dingen eine Tasse Schokolade zur Feier der gründlich verdienten Schlappe, und dann wollen wir beraten, was wir anfangen müssen, um doch noch in die Oberprima zu kommen." B.K. kannte mich erst seit einem Tage und dachte, ich sei irgendwie nicht normal oder habe soeben durch die Prüfung den Verstand verloren.
Am nächsten Tag ging sie zum Direktor und bat in einem einstündigen Gespräch um die probeweise Aufnahme in die Oberprima, da sie nicht genug Geld für zwei Schuljahre habe. Dieser Wunsch wurde eine Woche später nach einer Schulkonferenz bewilligt. In den nächsten vier Wochen mußte gebüffelt werden, um tatsächlich auch in der Oberprima bleiben zu können. Da hat Balbine wohl nicht ganz mitgehalten, denn wir erfahren (Bd. 2, S. 18):
So wurde ich tatsächlich nach Ablauf von vier Wochen probeweise in die Oberprima aufgenommen, ohne meinen Kameraden B. K. mit in diesen Himmel ziehen zu können.
Zu Weihnachten, nach einer weiteren Zeit angefüllt mit hoffnungslos viel "Büffeln" wurde Mathilde Spieß dann endgültig in die Oberprima aufgenommen. Und man versteht jetzt, warum Balbine erst ein Jahr später ihr Abitur in Karlsruhe gemacht hat als Mathilde Spieß. Mathilde Ludendorff schreibt von (Bd. 2, S. 40) ...
... meine(r) Kameradin B. mit ihrer leicht rötlich überzogenen politischen Einstellung ...,
während sie sich selbst in jener Zeit als politisch völlig "weltfremd" und naiv bezeichnet. Als Balbine bei ihr einmal in den Sommermonaten vor ihrem Abitur zu Besuch war, kam es aufgrund solcher Weltfremdheit zu der folgenden Erfahrung (Bd. 2, S. 30):
B. K. war politisch geweckt und brachte Zeitungsnachrichten, um die ich mich überhaupt nicht gekümmert hätte. So las sie denn auch eines Tages, als meine Wirtin uns den Kaffee auftrug, aus der Zeitung vor, daß ein Schüler eines Gymnasiums, der, wie sein Vater, ein Sozialdemokrat, es ihm befohlen hatte, die Kaiserhymne nicht mitsang und sich auch weigerte, dies zu tun, aus der Schule ausgewiesen wurde. Das fand ich ungeheuerlich, denn des Kindes Zukunft war ihm wegen seines Gehorsams dem Vater gegenüber zerschlagen, den doch allein die volle Verantwortung traf. (...) Daher sagte ich an diesem Tage, so etwas sei ungeheurlich und könne auch nur unter diesem undankbaren Kaiser geschehen.
Von diesem Kaiser hatte sie, wie sie schreibt, nur in Erinnerung, daß er Bismarck entlassen hatte, weshalb sie ihn als undankbar empfand. Die Wirtin/Vermieterin versuchte sie daraufhin jedenfalls mit der Drohung mit einer Klage wegen Majestätsbeleidigung zu erpressen. Das konnte abgewendet werden, indem Mathilde Spieß einen Rechtsanwalt nahm, der im Gegenzug mit einer Klage wegen Erpressung drohte. Daraufhin nahm die Vermieterin entsetzt alles zurück. Aber der Rechtsanwalt hatte viel Geld gekostet.
Von den Ferien in Heitersheim aus plante Mathilde Spieß dann auch die Finanzierung der ersten Semester ihres geplanten Medizinstudiums in Freiburg durch Stipendien und dem Geben von Nachhilfe-Stunden (Bd. 2, S. 43):
"Sie sind ja wahnsinnig," meinte B. K. wieder, aber ich erinnerte sie an meine Erfolge in Karlsruhe nach mißratener Aufnahmeprüfung und machte mir selber hierdurch Mut zum kühnen Unternehmen.
Intressant übrigens auch, daß sich beide immer noch mit Sie angesprochen haben.
_______
- Balbine Kaltenbach (1876-1933). In: Ärztinnen im Kaiserreich, Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin, Charité, Berlin 2015, https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00480
- Mathilde von Kemnitz (1877-1966),+. n: Ärztinnen im Kaiserreich, Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin, Charité, Berlin 2015, https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00130
- Ebert, Monika: Zwischen Anerkennung und Ächtung. Medizinerinnen der Ludwig-Maximilians-Universität in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Verlagsdruckerei Schmidt, 2003
- Rudolf Kaltenbach zum 150. Geburtstag und 100. Todestag. In: Geburtsh. u. Frauenheilk. 53, 1993, S. 209
- Haeberlin, C.: Rudolf Kaltenbach. Nachruf. In: Leopoldina 1892, S. 43-45 (GB)
Zur Geschichte der "Ahnenstätten" der Ludendorff-Bewegung
1931 bis 1933 - Die Ahnenstätte Hude bei Oldenburg wird gegründet
Der Autor Gunther Duda berichtet (1, S. 1, Anm. 4):
Da 1931 in den Zeitungen gemeldet worden war, die Grabstellen der Erbbegräbnisse auf den kirchlichen Friedhöfen von Nichtchristen würden ohne Entschädigung eingezogen und der Kirchenrat in Elsfleth von ihnen den zweihunderfachen Preis für Gräber forderte (Mensch & Maß 1/1982), gründeten Huder Deutschvolkmitglieder, der Heilkundige Hermann Grüttemeier und der Maurermeister Martin Tönjes, 1931 einen kirchenfreien Friedhof. Mit eigenen Geldern erwarben sie ein geeignetes Grundstück und verbrieften es am 13.7.1932 im Grundbuch der Gemeinde als "Besitz des ‚Deutschvolks‘ e.V. zu München."
Sehr geehrter Herr Minister!Der Verein Deutschvolk, dessen erster Vorsitzender ich bin, vertritt die Deutsche Gotterkenntnis. (...) Nun schließt häufig christliche Unduldsamkeit die Beerdigung entschlafener Deutschgläubiger auf Friedhöfen aus, die den christlichen Kirchen gehören, wie das auf dem Lande ja nur zu oft der Fall ist. In Oldenburg ist die christliche Kirche besonders unduldsam; deshalb betreibt hier Herr Grüttemeier aus Hude daselbst die Einrichtung eines Deutschvolkfriedhofes schon seit Monaten. Diese wird ihm durch den nationalsozialistischen Ministerpräsidenten unter ganz nichtigen Gründen verweigert, obschon die polizeilichen Vorschriften für die Anlage eines Friedhofes erfüllt sind. Herr Grüttemeier wurde stattdessen aufgefordert, dafür zu sorgen, dass sich die Deutschvolk-Mitglieder in Bremen verbrennen ließen, wozu natürlich kein Geld vorhanden ist. Auch werden andere Ausflüchte gemacht, wie das Land solle zum Anbau von Nahrung verwandt werden. Jetzt betont auch plötzlich der Oberkirchenrat Oldenburgs, es würde keinem Deutschvolkmitgliede die Beerdigung verweigert werden.Alles das sind Ausflüchte und unwürdige Manöver. Und wenn es keine Ausflüchte wären, so haben die Deutschvolk-Mitglieder das Recht, eigene Friedhöfe anzulegen, sofern diese den polizeilichen Bedingungen entsprechen, wie das in Hude der Fall ist. Ich bitte Sie, Herr Minister, trotz Ihrer, mir gut bekannten christlichen Einstellung, sich der Angelegenheit anzunehmen und in Oldenburg dafür zu sorgen, daß auch andersdenkende Deutsche das gleiche Recht erhalten wie christliche Deutsche oder Juden.
geschichtlich geweihten Gelände, das noch heute Heiligenloh benannt wird. Der vordere Teil des Geländes liegt etwa zwei Meter tiefer als die dahinter sich erstreckende Heidefläche. Hier bietet eine einst künstlich geschaffene halbkreisförmige Mulde, die schon jetzt von Föhren umrahmt ist, wohl zweihundert Menschen Platz. Sanft steigt das Gelände an, seitwärts führen Wege (...) in die Heide hinauf. Doch vor uns, aus sorgsam geebnetem Grunde, wächst nun, auf über drei Meter erhöht, ein wuchtig wirkender Hügel, in dessen Inneres eine schwere Eichentür führt, die von Findlingen umrahmt wird. Sie verschließt ein geräumiges Gewölbe (mit Worten aus dem grundlegenden philosophischen Werk „Triumph des Unsterblichkeitwillens“ und einem „Deutschvolkadler“), das als Totenkammer dienen soll. Diese wird von auswärts kommende Leichen aufnehmen, aber auch Särge nach der Totenfeier, die hier im Vorraum des Totenhofes abgehalten werden soll, der in des Wortes bestem Sinne des Toten Geleite umfängt. So ist denn die Anlage glücklicher Weise aus dem Boden emporgewachsen und der Plan ohne fremde Hilfe nur von den Huder Mitgliedern geschaffen und ausgeführt, ein Beweis, dass die Idee des Tannenbergbundes hier in diesem Rahmen Gestaltung fand.
Abb. 1: Schreiben Erich Ludendorffs vom 26. Januar 1933 betreffs Anlage eines Deutschvolkfriedhofes |
München, den 26. 1. 33
Geehrter Herr Grüttemeier:
Ich sende Ihnen die Zeichnung wieder zurück. Meiner Frau und mir wäre es lieber, wenn Sie den Deutschvolkfriedhof nicht mit der Schlacht von Tannenberg, sondern mit der Gründung des Deutschvolk in Verbindung bringen würden. Und schreiben würden:
"Angelegt im Jahre 3 nach der Errichtung des Deutschvolkes".
Mit Deutschem Gruß!
gez. Ludendorff.
Abb. 2: Erna Petershagen, geb. Meyer; Aufnahme in "Deutschvolk e.V.", 28.4.1932 |
Erich Ludendorff schreibt in seinen Lebenserinnerungen (3, S. 376):Nachdem Erich und Mathilde Ludendorff am 19. 2. 1933 im Hamburg vor 6.000 Menschen gesprochen hatten, besuchten sie auch den fertiggestellten Ahnenhain. Nicht um den Heidefriedhof einzuweihen, sondern um ihrem Mitkämpfer Hermann Grüttemeier und den Helfern, die mit unendlicher Hingabe und Liebe diese Stätte für freie Deutsche geschaffen hatten, zu danken. Abends sprachen sie in dem Saale bei Bultmeyer in Langenberg. „Etwa 600 Oldenburger füllten den Raum, die in ihrer besinnlichen und stillen Art den Ausführungen ... folgten, um sie zu einem tiefen Erlebnis für den weiteren Freiheitskampf im Oldenburger Lande werden zu lassen.“
Anfang Januar 1933 hatten wir eine entsprechende Veranstaltung in Stuttgart in der großen Stadthalle und Mitte Februar noch einmal in den Sagebiel-Sälen in Hamburg und dann eine kleine Veranstaltung in Hude.
Ich sprach in diesen Veranstaltungen aufs schärfste gegen die Christenlehre, meine Frau über deren seelisches Wirken und Deutsches Gotterkennen. Wir hatten Hude aufgesucht, weil hier von Herrn Grüttemeier und anderen Deutschen auf Deutschem Heideboden die erste Ahnenstätte wirklich eingerichtet war. Es war schneidend kalt, und meine Erkältung, die ich schon in Hamburg fühlte, verschlimmerte sich.
1930 - Kirchenaustrittsbewegung im niedersächsischen Dorf Seelenfeld
Abb. 3: Tannenbergbund-Tagung in Seelenfeld, 2.6.1930 (aus: 14, S. 46) - ganz links Lehrer Ludwig Peithmann, |
In Seelenfeld gründeten damals der Bauer Büsching und der Lehrer Peithmann die erste Ahnenstätte für Deutschgottgläubige. (...) "Mit einer Bauernmassenversammlung in Seelenfeld", berichtet Mathilde Ludendorff, "schloß diese Reise ab."An der Tagung in Seelenfeld nahmen 2.000 Menschen teil. Der Lehrer Ludwig Peithmann stand in den 1930er Jahren unter scharfer Überwachung der Gestapo und verzichtete ab 1935 auf eine Tätigkeit als Lehrer (13). In einem Gestapo-Bericht aus Sachsen in den 1930er Jahren hieß es (Lageberichte, 2005, S. 432):
Der Ludendorff-Verlag hielt am 25. 5. einen Vortrag ab, in dem Ludwig Peithmann, Enger/Westfalen, über "Ludendorffs Ringen um deutsche Gotterkenntnis" sprach.Und die Gestapo Osnabrück meldete (Gerd Steinwascher, 1995, S. 138):
Der Ludendorff-Verlag veranstaltete am 6. Februar 1935 in Osnabrück einen von 300 Personen besuchten Vortragsabend, an welchem Frau Ilse Wentzel, Blankenburg-Harz, über das Thema sprach: "Das geistige Ringen zwischen Christentum und deutscher Gotterkenntnis". Der Vortrag fand unter den Zuhörern günstige Aufnahme und verlief ohne Störung. Ein weiterer Vortrag fand in Bad Essen statt. Hier sprach der Mitarbeiter der Halbmonatsschrift "Am heiligen Quell deutscher Kraft" Lehrer i. R. Ludwig Peithmann aus Enger i. W. über das Thema "Der Kampf des Orients gegen das Deutschtum".Auch im August desselben Jahres war Ludwig Peithmann in Osnabrück, wie die Gestapo wußte (Gerd Steinwascher, 1995, S. 239):
Die Bestrebungen des Ludendorff-Verlages zur Verbreitung der deutschen Gotterkenntnis wurden fortgesetzt. Im Berichtsmonat wurden 2 öffentliche Versammlungen in Osnabrück abgehalten. Es sprach am 2. 8. 35 der Vertreter des Ludendorff-Verlages Ludwig Peithmann aus Enger i. W. über das Thema "Rom im Kampf gegen die Volkseinheit" und am 30. 8. Rudolf Schmidt aus Hannover über "Römische reichszerstörende Politik".
Die Geschäftsstelle des "Deutschen Bestattungsvereins" befand sich bei einem Walter Stern in Berlin, Krüllstraße 1. Im "Öffentlichen Anzeiger" wurde am 18. August 1934 die Gründung des "Ahnenstätte-Verein e.V." amtlich bekannt gegeben. Die Gründer waren Walter Stern, Fritz Marlinghaus, Anton Kagener, Kurt Wisch, Gotthold Wittchen, Heinrich Schmidt und Georg Kaulbach.
- Kretschmer, Fritz: Wege zur Deutschen Ahnenstätte. In: Tannenberg-Jahrweiser 1938. Ludendorffs Verlag, München, S. 23-32
- Kretschmer, Fritz: Angewandte Wappenkunst in Architektur und Handwerk. In: Archiv für Sippenforschung und alle verwandten Gebiete, Bd. 30/31, 1964/65, S. 473ff
- Gustav Voit und Fritz Kretschmer: Der Adel an der Pegnitz 1100 bis 1400. 1979
- Kretschmer, Fritz: Die Gemeinden des Landkreises Schweinfurt. Geschichtliches und ihre Wappen. 1986
- Kretschmer, Fritz: Bilddokumente römischer Technik. Verlag des Vereins Deutscher Ingenieure, Düsseldorf 1983, 2003
Abb. 3: Anzeige vom 21. April und 25. August 1939 |
- Duda, Gunther: Ketzerfeldzug in Deutschland. Christliche Unduldsamkeit gegenüber der Ahnenstätte Hilligenloh und der Ludendorff-Bewegung Eine notwendige Klarstellung. 2. erweiterte und verbesserte Auflage (pdf) o.O., o. J.
- semmelbroesel14: Erich Ludendorff orig sign Deutschvolk Brief 1933. Hochinteressanter Text. Ebay-Angebot zum 17.11.2013
- Ludendorff, Erich: Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter deutscher Volksschöpfung. Bd. 2: Meine Lebenserinnerungen von 1926 bis 1933. Verlag Hohe Warte, Pähl 1951
- Meiners, Werner: Menschen im Landkreis Oldenburg 1918 bis 1945. Politische Entwicklung, Ereignisse, Schicksale. Isensee 1995 (GB)
- Schneider, RA Robert: Die Freimaurerei vor Gericht. Neue Tatsachen über Weltfreimaurerei, deutsch-christliche Orden und geheime Hochgrade. Dritte, ergänzte und neubearbeit. Aufl., Karlsruhe 1936 (Archiv.org)
- Kratz, Peter: Tote soll man ruhen lassen? Faschistische Friedhöfe, New Age-Beerdigungen, "Praktische Ethik". In: ders.: Die Götter des New Age. Im Schnittpunkt von "Neuem Denken", Faschismus und Romantik. 2002, http://www.bifff-berlin.de/NA3.htm [22.5.17]
- Claus, Walter und Gertrud: Zusammenstellung der Fakten für die zerstörerische Arbeit der Frau Altrud Wendeleid Geiger geb. Hoyer (Delmenhorst), die sie seit Anfang der 70er Jahre im vorigen Jahrhundert mit ihren vorgeschickten Helfern betreibt. pdf-Datei, 80 S., 11 Seiten Text, der Rest Anlagen, ohne Datum (2013)
- Krogmann, Karsten: Friedhöfe Im Oldenburger Land. Wo alte Nazis friedlich ruhen dürfen. Die Ahnenstätte Conneforde. In: NWZ, 27.9.2014, http://www.nwzonline.de/politik/niedersachsen/wo-alte-nazis-friedlich-ruhen-duerfen-wo-alte-nazis-friedlich-ruhen-duerfen_a_19,0,506055321.html
- Lothar Schmalen: Friedhof in Petershagen wird zum Pilgerort für Rechtsextreme - Der Trägerverein der „Ahnenstätte Seelenfeld“ hat laut NRW-Innenminister Verbindungen in die völkische Szene, 15.02.2018, https://www.nw.de/nachrichten/zwischen_weser_und_rhein/22060366_Friedhof-in-Petershagen-wird-zur-Kultstaette-fuer-Rechtsextreme.html
- Petershagen - "Ahnenstätte Seelenfeld" hat Verbindungen zur Neonazi-Szene, Neue Westfälische, 26.11.2019,https://www.nw.de/lokal/kreis_minden_luebbecke/petershagen/22624026_Ahnenstaette-Seelenfeld-hat-Verbindungen-zur-Neonazi-Szene.html
- Deutsches Geschlechterbuch (Genealogisches Handbuch Bürgerlicher Familien), Band 177, 1978, S. 243 (GB)
- Thomas Lange und Dr. Karsten Wilke: Die Ahnenstätte Seelenfeld in Petershagen 1929–2019.Eine Manifestation völkischer Ideologie im ländlichen Raum. Dezember 2019, Petershagen.de (pdf)
- https://www.peit-h-mann.de/media/public/_documents/Chronicle_PartII.htm
- Duda, Gunther: Ein Kampf für Freiheit und Frieden. Ludendorffs Tannenbergbund 1925 – 1933. Verlag Hohe Warte GmbH, Pähl 1997
Die Deutsche Volkshochschule
Eine "große Liebende in Schmerz, Seligkeit und Hingabe ..."
In unserem jüngsten Video (Yt) und in dem dazu gehörigen Blogartikel (Stg25) ist auf die frühe Liebeserfahrung der Dichterin Agnes Miegel (1879-1964) Bezug genommen worden und auf ihre bis ans Lebensende frische, unverbrauchte Schaffenskraft. Dazu hat der Verfasser dieser Zeilen schon um 2002 einen Aufsatz verfaßt, der bislang noch nie veröffentlicht worden ist. Er soll hier erstmals in leicht überarbeiteter Form zugänglich gemacht werden. Voran gestellt seien die beiden Endzeilen eines Gedichtes von Agnes Miegel aus dem Jahr 1903 (s. FüK21):
Abb. 1: Agnes Miegel, 1902 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Im Jahr 1936 brachte die Dichterin Agnes Miegel eine Ausgabe „Gesammelte Gedichte“ heraus. Die Abfolge der darin zusammen gestellten Dichtungen kann wie eine Lebensbeschreibung der Dichterin gelesen werden. In der ungefähren Abfolge, in der „Lebensthemen“ im Leben der Dichterin selbst bedeutend geworden waren und dann wieder abgeklungen sind, klingen auch in dieser Ausgabe abschnittsweise jeweilige Lebensthemen in Gedichtform an.
„Aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“
Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen
Am Anfang stehen - wie auch ungefähr in ihrem Erwachsenenleben - die berühmten Balladen Agnes Miegels, die lange Zeit in jedes deutsche Schulbuch gehörten. Mit diesen war sie um 1900 herum bekannt geworden (S. 3-72). Als solche war sie bekannt geworden zusammen mit zwei ihrer bedeutendsten, lebenslangen Freunde, nämlich zusammen mit den beiden Balladendichtern Börries von Münchhausen (1874-1945) und Lulu von Strauss und Torney (1873-1956). Unter anderem wird in diesen Balladen die tiefe Grausamkeit der Kriemhild der Nibelungen-Sage dichterisch neu gefaßt. Zugleich auch der Schmerz der Kriemhild über ihre eigene Grausamkeit. Schon die Zeitgenossen haben empfunden, daß diese Ballade auch dem tieferen Wesensgehalt der Nibelungen-Sage selbst sehr nahe gekommen ist. Und dies galt und gilt für viele historische Themen, die Agnes Miegel in ihren Balladen und Gedichten aufgegriffen hat.
Es folgen in einem weiteren Abschnitt dann eher persönlich gehaltene Gedichte. Unter anderem sind diese an die eigenen Vorfahren gerichtet. Außerdem folgen Gedichte über die Kinderheimat und über die Lebenszeit als heranwachsendes Mädchen (S. 73-79). Es folgt dann ein Abschnitt mit elf Liebesgedichten. Alle elf sind sehr persönlich gehalten (S. 80-90). Wie sollte es da ausgeschlossen sein - und das soll im folgenden begründet werden -, daß diese elf Gedichte dem Inhalt nach aus dem ersten - und wohl einzigen - großen Liebeserleben im Leben der Dichterin heraus entstanden sind. Bei diesem handelt es sich um ihre stolze und heftige Zuneigung zu dem für damalige Zeiten sehr unkonventionell lebenden Dichter Börries von Münchhausen.
Börries von Münchhausen (1874-1945)
Agnes Miegel blieb mit Börries von Münchhausen lebenslang befreundet. Ebenso bestand lebenslang ein herzliches, freundschaftliches Verhältnis zu seiner ganzen Familie, die in Niedersachsen beheimatet war. Nach ihrer Flucht aus Ostpreußen im Jahr 1945 siedelte sich Agnes Miegel deshalb in der Nähe dieses Familiensitzes an. Börries von Münchhausen selbst setzte sich immer wieder - sowohl im privaten Kreis wie öffentlich - für seine Dichterfreundin Agnes Miegel ein. Diese Umstände werden mit dazu beigetragen haben, daß Agnes Miegel sich zu ihren Lebzeiten niemals besonders deutlich über ihre frühe Leidenschaft für diesen Mann äußerte, ebenso wenig über die außerordentlich tiefe Verletzung, die dieselbe mit sich gebracht hat.
Abb. 2: Agnes Miegel, 1902 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Die genannten elf Liebesgedichte lassen, würden sie tatsächlich aus der Zuneigung zu Börries von Münchhausen heraus entstanden sein, denselben auch keineswegs in einem guten Licht erscheinen. Zumindest soweit er nicht als Freund, sondern als Liebender angesprochen wäre. Wollte Agnes Miegel die bleibende Freundschaft zu ihm und seiner Familie nicht aufs Spiel setzen, durfte sie deshalb auch keine eindeutige Deutung dieser Gedichte für die Öffentlichkeit geben. Es fragt sich hinwiederum auch, warum ihr das überhaupt hätte wichtig erscheinen sollen. Diese Gedichte stehen auf eigenen Füßen, auch wenn man nicht um diese persönlichen Hintergründe rund um ihre Entstehung weiß.
Agnes Miegel konnte über derartige Dinge zwar völlig freimütig sprechen - aber eher im vertrauten Kreis und nicht jedem Menschen, bzw. und „Philister“ gegenüber. Oftmals sprach sie nur verschlüsselt und in Andeutungen. So sagte sie einer guten Bekannten: „Man muß es für sich behalten, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister!“
Selbst in der ausführlichen, detailreichen Biographie über Agnes Miegel, die nach ihrem Tod 1967 von ihrer nahestehenden Freundin Anni Piorreck heraus gebracht worden ist, wird ihre jugendliche Zuneigung - bzw. flammende Zuneigung - zu Börries von Münchhausen nur in wenigen Sätzen angedeutet. Dasselbe gilt von der 1990 heraus gekommenen, korrigierten Neuauflage derselben. Bei dieser Gelegenheit wird keinerlei Name genannt. Diese Biographie ist aus der Kenntnis vieler wesentlicher Einzelheiten im Leben von Agnes Miegel heraus geschrieben. Und sie ist, zumal sie bisher die einzige geblieben ist (Stand 2002), außerordentlich wichtig und verdienstvoll.
Eine unbefriedigende Biographie über Agnes Miegel (1967/1990)
Heute (2002) jedoch, vierzig Jahre nach dem Tod von Agnes Miegel und nach dem Hinwegsinken ihrer ganzen Zeitepoche spätestens in der Kulturrevolution von 1968, läßt die Biographie von Anni Piorreck den Leser unbefriedigt zurück. Die ganze Zeit- und Kulturepoche, in der Agnes Miegel gelebt und gewebt hat, wird letztlich doch nicht in einem „großen Wurf“ gezeichnet, wie es notwendig wäre, um ein kraftvolles Lebensbild zu geben. Es wird nicht ein mit vollen Pinselstrichen gemaltes Lebensbild gegeben, wie es einer so bedeutenden Dichterin wie Agnes Miegel angemessen wäre.
Der vorliegende Aufsatz möchte in Richtung einer neuen, zeitgemäßen Auffassung des Lebensbildes von Agnes Miegel hinwirken. Sie war und ist eben nicht nur die allseits verehrte „große Dichterin“ Ostpreußens - vor allem unter den ostpreußischen Vertriebenen. Sondern sie war vor allem ein Mensch mit seiner Freude und seinem Schmerz. Ein Mensch, den man viel besser versteht, wenn man über prägende Phasen, Erlebnisse seines Lebens nicht nur in Andeutungen erfährt. Und zwar in Andeutungen, die man fast überliest. Nein, sie müssen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt werden. Dann kommt uns ein solcher Mensch vielleicht in manchen Lebensinhalten auch viel „moderner“, „zeitgemäßer“ vor, als dies sonst der Fall sein mag.
Die Titel der genannten elf Liebesgedichte lauten: „Liebe“ („Ich warf wie tote Muscheln / Liebe und Treu in den Sand ...“), „Wer ruft die Rose zurück“, „Flieder“, „Der es gegeben“ (entstanden 1927), „Der Garten“, „Johanni“, „Weit in der Fremde“, „Neumond“, „Frühling“ und „Dämmerung“ („Du sprichst - ich höre schweigend hin / Wie fremd ist deiner Stimme Klang! / Und ich zermartre meinen Sinn / Was so an dir mein Herz bezwang. ...“).
Nach diesen elf Gedichten folgen in dem Gedichtband von 1936 noch weitere "Lebensthemen". Sozusagen das große Leid dieser Liebe ausklingen lassend und die Gedanken allmählich wieder auf andere Erlebnisinhalte richtend, folgen weniger persönliche Gedichte über das Erleben einer Witwe, einer späten Frauenliebe und ähnliches (S. 91-95).
Es folgt dann das berühmte Gedicht „Heimweh“, das schon im Jahr 1907 entstanden war („Ich hörte heute morgen / Am Klippenhang die Stare schon ...“). Ein Gedicht ist an eine gestorbene alte Frau gerichtet, möglicherweise die Mutter von Börries von Münchhausen, die, wovon noch die Rede sein wird, eine sehr enge Freundin von Agnes Miegel geworden war. Außerdem folgen Gedichte an Jugendfreundinnen und -freunde (etwa gefallen im Ersten Weltkrieg) und an Kinder in der Verwandtschaft, an deren Schicksal die kinderlose Agnes Miegel Anteil genommen hat.
Abb. 3: Agnes Miegel, Sommer 1901 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Dann folgt wieder fast eine Zäsur mit dem Gedicht „Aufschrei“ aus dem Jahr 1927 („Für dies verzettelte Leben, / Das wie Wasser durch meine Hände rann ...“). Dieses Gedicht gibt auch die Stimmung wieder, die sich in vielen brieflichen Äußerungen Agnes Miegels aus dieser Zeit widerspiegelt. Damals mußte sie - in der Blütezeit ihres Lebens - fast nur für und mit ihren beiden alten, kranken Eltern und in deren Alt-Königsberger „Bürgerlichkeit“ leben. Sie tat das in treuer Pflichterfüllung, zugleich aber auch immer wieder in „aggressiver Bitterkeit gegen sich selbst“. Über diesen bis heute wenig beachteten Charakterzug Agnes Miegels wird weiter unten ebenfalls noch zu handeln sein.
Immer wieder beschlich sie der ungeheure Verdacht, daß sie diesen Kindes-Pflichten letztlich ihre große Begabung als Dichterin aufopfern würde. Aus ähnlichen Stimmungen heraus entstand wohl das Gedicht „Ich“ (im Jahr 1920) („In dem Geschwätz und Gewühl / vor dem plätschernden Brunnen am Markte ...“). Dann folgt ein Gedicht, das man eigentlich nur anti-christlich nennen kann: „Heimat“ (ebenfalls aus dem Jahr 1920) („Nicht in euren Himmel will ich kommen / Wo die weißen Engel Harfe spielen, / In die alte Heimat werd ich wandern ...“).
Und nun stehen da einige der großen, stolzen Gedichte auf die vielfältige Geschichte Ostpreußens und auf seine berühmten Gestalten (S. 109-141), um derentwillen sich Agnes Miegel in die Herzen ihrer Landsleute und der Deutschen eingeschrieben hat („Kynstudt“, „Hennig Schindekopf“ [entstanden schon 1901], „Heinrich von Plauen“ und andere). Dann folgen Gedichte auf die Zeitereignisse des Ersten Weltkrieges und die unmittelbare Nachkriegszeit, etwa: „Über der Weichsel drüben ...“ (aus dem Jahr 1927) („Über der Weichsel drüben, Vaterland höre uns an! / Wir sinken wie Pferd und Wagen versinken im mahlenden Sand ...“), „Die Fähre“ (entstanden an der Memel im Jahr 1920, kurz bevor das Memelland an Litauen abgetreten wurde). Außerdem: „England 1918“ („Weißbrüstige Tochter Alfreds / die ihm die Keltin gebar ...“ ) (S. 142-168).
Das sind Anklagen an die Ereignisse der Zeit und an die Mißhandlung ihrer Heimat, die Abtrennung des Memellandes und Westpreußens an fremde Staaten - während die kalte, „weißbrüstige Tochter Alfreds“ „am Pool von London“ sitzt und große Völker und Volksgruppen durcheinanderschüttelt wie bunte Perlen in ihrer Hand. - - -
„Von da an haben wir uns zwei Jahre lang sehr lieb gehabt“ (1898)
Doch zurück zu dem Eingangsthema: Wer war Börries von Münchhausen, den Agnes Miegel mit 19 Jahren kennenlernte? Dazu muß eine Literaturhistorikerin angehört werden, deren Veröffentlichung die Anregung zur Erarbeitung des vorliegenden Aufsatzes gegeben hat. Über diesen Mann berichtet sie folgendes (Poschmann, S. 8): „Zu Beginn seiner Göttinger“ (Studien-) „Zeit hatte er seinen ersten Gedichtband veröffentlicht, der enthusiastische Besprechungen auslöste und außer seinem ohnehin sehr ausgeprägten Selbstbewußtsein bei ihm das Gefühl dichterischer Berufung unabweisbar bestätigte. Man gab sich als Bohemien und verachtete alles Bürgerliche und Konservative, vor allem die hannoversche adlige Gesellschaft. Diese Lebenshaltung steigerte sich noch, als Münchhausen mit einigen seiner Dichterfreunden im Wintersemester 1897 nach Berlin übersiedelte mit dem Vorsatz, sein Jurastudium abzuschließen. Doch ehe es soweit war, stürzte er sich in ein - nach seinen eigenen Worten - ‚ausbordendes Kunstzigeunertum‘, wurde Sozialdemokrat, trat aus der Hannoverschen Landeskirche aus und trug in ‚frechster Herausforderung einen Rosenkranz als Pfeifenschnur‘. Nächte hindurch saß er in den Kriminellenkellern im Norden Berlins mit üblem Volk zusammen, in der Hoffnung, ‚bei ihnen Güte und Edelsinn ..., Selbstlosigkeit und Hingabe an irgendeinen Gedanken‘ zu finden. Er ließ sich als Chefredakteur für die ‚Münchhausen‘ benannte satirische Zeitschrift gewinnen und brachte alttestamentarische Balladen unter dem Titel ‚Juda‘ heraus - beides Provokationen für die Familie und für die hannoversche Gesellschaft, vor allem, als er aus dem Büchlein ‚Juda‘ noch Dichterlesungen in dem Zionistischen Verein in Hannover hielt.“
Auch noch weitere, ähnliche Schilderungen zeigen insgesamt einen Mann, der in seiner lässigen Nonchalance auf ein ähnlich oberflächlich gesinntes, aber ebenfalls doch auch begabtes Mädchen von 19 Jahren Eindruck machen konnte. Das geschah, als die junge Agnes zusammen mit ihrem Vater auf der Reise nach Paris nach Berlin kam, um mit Börries von Münchhausen über die Veröffentlichung ihrer Gedichte persönlich zu sprechen.
Abb. 4: Börries von Münchhausen (wohl um 1899 herum) |
Im kulturellen Gedächtnis blieb Agnes Miegel als alte, verehrte Dichterin der Stadt Königsberg und des Landes Ostpreußen, sowie der ostpreußischen Vertriebenen in Erinnerung. Obwohl sie ihre heftige Leidenschaft für den exzentrischen Dichter um die Jahrhundertwende niemals völlig geheim gehalten hat, ist dieselbe bis heute in ihren Lebensbeschreibungen höchstens vage angedeutet worden.
Und doch klingt auch durch ihre starke Heimatverbundenheit bis an ihr Lebensende jene Verachtung für alle Bürgerlichkeit hindurch, jene „Bohemienhaftigkeit“, von der auch die Leidenschaft für Börries von Münchhausen bestimmt gewesen sein muß. Wenn es um ihre Heimatliebe ging, konnte sie noch an ihrem Lebensende sprechen von „Spießerseelen und ihren kleinen Seelenwehwehs“ - als wäre sie immer noch eine 19-Jährige.
„Sie sagte einfach ‚Wie du willst‘ “
In seinen eigenen, autobiographischen Aufzeichnungen aus den 1930er Jahren hat Börries von Münchhausen über seine Liebe zu Agnes Miegel das folgende geschrieben (zit. n. Poschmann, S. 10f): „Im Jahre 1898 hatte ich von einem jungen Mädchen aus Königsberg Gedichte zugeschickt bekommen, die mich mehr als begeistert hatten. Ich sah auf den ersten Blick: Eines der ganz seltenen weiblichen Genies legte diese Verse und die Worte dieser Briefe aufs Papier. Wundervolle hell-dunkle Stimmungen klangen auf, wunderlicher Aberglauben rankte um einen kindisch-kindlichen Glauben.“ In dieser, gegenüber dem weiblichen Geschlecht natürlich kraß überheblichen Art schreibt Börries von Münchhausen weiter. Er berichtet dann:
„Unser Briefwechsel nahm in wenigen Wochen sehr herzliche Formen an. Im August kam sie mit ihrem Vater, der sie in eine Pariser Pension brachte, durch Berlin und blieb drei Tage hier.“ Münchhausen berichtet wie er - nachdem eine erste Verabredung nicht zustande gekommen sei -, seiner selbst unbewußt wie ein Blinder durch die Großstadt und das Menschengedränge Berlins geradewegs zu ihr „hingeführt“ worden sei - in einen vollgedrängten Bierkeller Unter den Linden. Dieses „blinde“ Hinfinden paßt durchaus zu manchen Inhalten von Gedichten Agnes Miegels und der darin enthaltenen „Ahnungen“ und „Gesichte“. Börries von Münchhausen schreibt: „Als ich den Kopf hob, da wußte ich, daß dieses dunkelhaarige Mädchen, das mit seinem Vater am Tisch saß, meine Briefschreiberin sei. Und ich streckte ihr die Hand hin und sagte: ‚Guten Tag, Agnes Miegel!‘ Und sie sagte in ganz selbstverständlichem Tone: ‚Börries von Münchhausen.‘ Ihre Stimme war weich, tief und voll, gar nicht so wie ihre 19 Jahre.
Sie war sehr schön.
Dann begleitete ich sie in ihr Gasthaus. Im Gewühl der Friedrichstraße wurde sie einen einzigen Augenblick von ihrem Vater abgedrängt, und in dieser einzigen Sekunde sagte ich: ‚Morgen um 10 am Theater des Westens‘.
Sie sagte einfach: ‚Wie du willst‘. Von da ab haben wir uns zwei Jahre lang sehr lieb gehabt. Wir haben uns freilich nur selten gesehen. Als sie aus Paris kam, holte ich sie in Köln ab, und wir machten eine kleine Rheinreise.“ - Und auf diese Rheinreise - als Unverheiratete - wird sich noch eine viel spätere Äußerung oder Andeutung von Agnes Miegel bezogen haben, die weiter unten gebracht werden wird. - „Und dann, als sie in Berlin Pflegerin im Friedrich-Kinder-Krankenhaus war. Aber die kargen Stunden wurden uns zu Jahren, und ein täglicher Briefwechsel vertiefte unser Verhältnis.“ Börries von Münchhausen behauptet dann:
„Wir haben alles miteinander geteilt, am innigsten unsere künstlerische Arbeit. In meinen Gedichten stecken viele Verse, die sie mir sagte, in ihren Büchern viele von mir, und wir haben oft gelacht, wenn wir dachten, ob die Gelehrten des Schrifttums wohl die Anteile auseinandertrennen könnten. In einzelnen Fällen ging die Arbeit des anderen fast an die Hälfte heran.“ - Und weiter schreibt er:
Abb. 5: Agnes Miegel, 1902 |
„Schließlich haben wir uns getrennt, wie wir uns zusammengefunden hatten: Als freie Menschen, aus freien Stücken. Und nicht ein Tropfen Bitterkeit ist in den Kelch der Freundschaft gefallen, die uns seither brieflich verbindet.“
Wenn man diese Aussage vergleicht mit den Briefen von Agnes Miegel an ihre Freundinnen oder auch mit ihren Gedichten zu diesem Thema, wird deutlich, wie unterschiedlich diese Trennung „aus freien Stücken“ von beiden Seiten aufgefaßt worden ist - und wie wenig Börries von Münchhausen sich das bewußt gemacht hat. Er schreibt: „Wir haben es vom ersten Tag an gewußt und haben es wiederholt besprochen, daß diese Trennung einmal kommen müsse. Und trotzdem haben wir getan, als ob jene Monate ewig wären.“
Nach allem, was erkennbar wird, hat Agnes Miegel dieses Verhältnis und sein Ende - ganz für sich - noch in einer ganz anderen Weise empfunden.
Diese autobiographischen Aufzeichnungen von Börries von Münchhausen sind erstmals 1990 veröffentlicht worden (Poschmann, S. 10f) und geben - wohl bei mancher Beschönigung des eigenen Verhaltens von Seiten Börries’ von Münchhausen - eine ganz neue und andere Sicht vor allem auf die junge Agnes Miegel frei.
Lebenslang unverheiratet - „An mir hat es nicht gelegen“
Eine Freundin berichtet über ein Gespräch, das sie mit Agnes Miegel irgendwann in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg geführt hatte (Ilse Reicke-von Hülsen in: Wagner, S. 63): „ ‚Man muß es für sich behalten, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister!‘ Mit leisem Lachen klingt die Stimme Agnes Miegels durch das vertraute Zimmer. Wir haben davon gesprochen, daß heut so überraschend oft Brautleute miteinander auf Reisen gehen. Heut, nach Jahren, stellt sich die Erinnerung an ein anderes Gespräch daneben; damals sagte Agnes Miegel: ‚Meine Ahnen haben sich nicht noch einmal verkörpern wollen. An mir hat es nicht gelegen ...‘ “ Hier ist sehr behutsam das angedeutet, was Börries von Münchhausen in seinen Aufzeichnungen deutlich ausspricht. Einerseits - wohl - die gemeinsame Rheinreise, andererseits die spätere Trennung.
Und auch Anni Piorreck, die Königsberger Freundin und erste Biographin Agnes Miegels, deutet sehr zurückhaltend - aber doch wohl treffend - diese Geschehnisse an (Piorreck, S. 46): „Ihre Schönheit und Anmut verschaffen ihr zwar manche Bewunderer, doch es scheint gerade bei diesen ersten frühen Begegnungen, als ob von vornherein jede Partnerschaft, die bei den anderen bald zur Verlobung und Ehe führt, ausgeschaltet sein müsse. Sie hat später oft darüber berichtet, und ihr Gedicht ‚Der Schatten‘ aus dem zweiten Gedichtband“ (von 1907) „hat dies verschlüsselt ausgesprochen.“
Weiter schreibt Anni Piorreck (Piorreck, S. 48f) von der „jungen Agnes als der großen Liebenden in Schmerz, Seligkeit und Hingabe. Der Mann aber, dem diese Liebe gehörte, war zwar künstlerisch hochbegabt, menschlich jedoch unzuverlässig - eine Don-Juan-Natur von verwöhnter Überlegenheit und Arroganz. Er war nicht der ebenbürtige Gefährte für das schwerblütige Mädchen, das er ständig betrog. ‚Herz, das mich immer verriet!‘ Obwohl Agnes bald seine menschlichen Schwächen erkannte, hat es fast anderthalb Jahrzehnte gedauert, bis sie sich von dieser Liebe hat lösen können. Dann aber schrieb sie (an Lulu von Strauß und Torney am 2. 3. 1914): ‚Ich habe mich mit einer Enttäuschung nach der andern abgefunden. Jetzt am Ende bin ich nur über eines erstaunt: wie unbedeutend, wie nebensächlich in meiner geistigen Entwicklung das war, was man Liebe nennt ...‘ “
Vermutlich wäre es aber ein großes Mißverständnis, wenn man zu der Einschätzung neigen würde, daß hier ein „Herz, das nie gelernt hat zu entsagen“, schon die letzte und vollständige Wahrheit über sein Leben ausgesprochen hätte. Im Jahr 1914 war Agnes Miegel erst 35 Jahre alt. Lulu von Strauss und Torney (1873-1956), das muß hier ergänzt werden, war die gemeinsame Freundin von Börries und Agnes, die dritte damals bekannte Balladendichterin in ihrer Runde. Auch sie hatte zeitweilig ein Verhältnis mit Börries gehabt, das noch sehr viel später (in den 1930er Jahren) zu sehr tiefgreifenden Auseinandersetzungen mit dessen auch sonst noch oft betrogener Ehefrau Anlaß geben sollte.
An Reaktionen Agnes Miegels zu der hier behandelten Thematik sind etwa auch bekannt (Margarete Haslinger, in: Wagner, S. 31; dazu auch: Piorreck, S. 47f): „Einmal fragte ich sie in den letzten Jahren, weshalb sie ein frühes Liebesgedicht, das ich sehr liebte, nicht in ihre Gesammelten Werke aufgenommen habe. Mit einer abwehrenden Handbewegung sagte sie: ‚Nachempfunden! Es gibt Verse, die man nur in der Jugend schreibt. Aus Mangel an eigenem Erleben gibt man dann nur von anderen gehörte Worte und Gefühle wieder, hingerissen von ihrer Magie ...‘ “
„Daß sich nicht freuen die Töchter der Philister ...“
Konkreter ist von der Literaturhistorikerin zusammenfassend zu erfahren (Poschmann, S. 11.13): „Bis über beide Ohren verliebt, lernte sie auf der Rückreise von Paris in Berlin sein“ (Börries‘) „Leben und seine Lebensverhältnisse kennen. Und das kann nur ein Schock für sie gewesen sein: An jedem Finger eine Freundin, von denen die eine oder andere zeitweise seine Wohnung teilte, eine andere Dichterin, Anna Richter, die ihn anbetete und deren Gedichte er in der Zeitschrift ‚Münchhausen‘ veröffentlichte. Sein flottes Leben spiegelt sich in dem Briefwechsel mit seinen Eltern, in dem sich Karten wie diese befinden:
‚Komme Freitag 15 Uhr 24 in Hannover an. Bringe Anna mit.‘ Darauf antwortete der Vater: ‚Anna Ritter wird uns natürlich hier als Gast sehr willkommen sein, ebenso wie Agnes Miegel.‘ Dann die postwendende Karte des Sohnes: ‚Ei herrje - nee, alter Herr, nicht Anna Richter, sondern Anna Sahlis!‘
Liebe
Ich warf wie tote MuschelnLiebe und Treu in den Sand,Vergaß wie welke BlumenVater und Vaterland.Dachte an Leid und ReueFluch und Segen nicht,Dachte nur an dein schönesHochmütiges Gesicht.Und all meine LiebeAchtest du so geringWie einen blinden schmalenUnechten Krämerring!“
Von Seiten der Literaturhistorikerin ist über Börries zu erfahren: „Seinem Vater, der ihn drängte, endlich Examen zu machen und standesgemäß zu heiraten, schrieb er“ (Börries) „1899, er halte nichts von der ‚durch das beständige Dienen veredelten christlichen Frau ... Diese Frauen sind immer Sklaven oder Tyrannen ... Mein Ideal als Frau ist in vielem die Tante Frieda Lipperheide. Daneben Agnes Miegel.‘ “ Die genannte Tante war eine Freundin der Mutter von Börries v. M. und Herausgeberin einer modernen Frauenzeitung. Es sei noch ein anderes Gedicht Agnes Miegels aufgeführt, das wohl als Ausdruck des Erlebens der Liebe zu Börries von Münchhausen aufgefaßt werden kann:
Der es gegebenDer es gegebenDaß ich so jung dich fand,Gott hielt dein und mein LebenWie Blumen in seiner Hand.Daß er die eineVerwarf und zertrat,Er weiß alleineWarum er es tat.Der nimmt und der gibtWeiß, warum er uns schied -Herz, das mich immer geliebt,Herz, das mich immer verriet.So kurz nur gegebenDie Frist, die uns band -Gott hielt dein und mein LebenWie Blumen in seiner Hand!
Börries von Münchhausen hingegen schrieb ein Gedicht ganz anderer Art und ganz anderen Inhalts über sein Verhältnis zu Agnes Miegel (zit. n. Poschmann, S. 18):
Meiner Freundin (A. M.)Wohl brach ich oft die Treue,Die ich so fest versprach,Und gab den Schwur aufs neue,Bis wieder ich ihn brach.Dir hab ich nicht gegebenDas oft gebrochne Wort,Und weiß: mich hält fürs LebenDas ungesprochne Wort.
Wenn man aus der Perspektive von Agnes Miegel auf diesen Börries von Münchhausen schaut, dann erscheint er als ein durch und durch unsympathischer Mann. Wohl ein nicht ganz leicht zu durchschauender Charakter, dieser Börries von Münchhausen.
Der Brief- und Besuchkontakt zwischen Agnes Miegel und Börries von Münchhausen hielt bis zu dem Freitod des letzteren nach Kriegsende 1945 an. Und auch noch die Wahl des Alterswohnsitzes von Agnes Miegel in Bad Nenndorf ist von der Nähe zu dem Stammsitz Apelern der Familie von Münchhausen und von dem engen Verhältnis, das Agnes Miegel Zeit ihres Lebens zu dieser Familie unterhielt, bestimmt.
„Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung ...“
Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen - 2. Teil
„Was seid ihr beiden für verständige Leute“
Abb. 6: Agnes Miegel, 1906 (Bildarchiv Ostpreußen) |
Nebenbei sei erwähnt: Die Bebilderung dieser Aufsatzreihe profitiert von jenen Funden, die man auf dem Bildarchiv Ostpreußen machen kann.
Von Seiten der Literaturwissenschaft wird zu der Trennung von Börries von Münchhausen noch einmal die Reaktion der Mutter von Börries berichtet (Poschmann, S. 14-16): „Trotz aller Boheme, trotz aller nach außen demonstrierten Ablehnung der bürgerlichen und erst recht adligen Konvention war Börries von Münchhausen sich in seiner jugendlich-genialischen Schizophrenie“ (oder einfacher: seiner egoistischen Arroganz) „immer bewußt, daß ihm als Angehörigen des niedersächsischen Uradels nur eine standesgemäße Heirat anstand. Das hatte er in ehrlicher und unbarmherziger Offenheit seiner verliebten Freundin wohl von Anfang an zu verstehen gegeben. (...)
Als die Begeisterung des Berliner Studenten für seine Freundin im fernen Königsberg immer höhere Wellen schlug, fragte seine Mutter schließlich an, was er mit dem Mädchen vorhabe, und Börries klärte sie - unterstützt durch beiderseitige Briefe - darüber auf, daß er von vornherein klare Verhältnisse geschaffen hätte und Agnes Miegel das genauso sähe.
‚Tausend noch mal‘, entfuhr es seiner Mutter im Antwortschreiben, ‚was seid Ihr beiden für verständige Leute, Du und Agnes Miegel, nämlich Du für sie und sie für Dich. Aber weißt Du, daß das Mädel mir ganz leid tut? Wer so ideal empfindet, wie sie nach ihren Versen tun muß, und hat dabei so unbarmherzig klare Augen fürs Reale, dem muß das Leben manchmal schwer sein zu leben! Aber sie muß durchaus gesund sein - von innen heraus und im höheren Sinne gemeint - und so wird sie der Zwiespalt nicht brechen.‘ “
Einerseits scheint die Mutter hier doch viel über Agnes Miegel verstanden zu haben. Andererseits sind ihre Worte wohl nicht geeignet, die Leichtfertigkeit ihres Sohnes scharf und eindeutig genug zu charakterisieren. Die in Sprachen und manchem anderem hochbegabte Mutter von Börries von Münchhausen, Clementine (gestorben im Jahr 1913), die in Apelern wohnte, ist wenig später eine enge mütterliche Freundin Agnes Miegels geworden.
Clementine von Münchhausen (1901)
Diese Freundschaft ist durch Börries vermittelt worden, der seiner Mutter, so berichtet uns die Literaturwissenschaft (Poschmann, S. 26), „im Mai 1901 aus Sahlis“ (dem Wohnort seiner künftigen Frau Anna) „schrieb, daß er seiner zukünftigen Frau Gedichte von ‚Bulck und Miegel vorgelesen hatte, die beide in diesen Tagen erschienen‘ sind. ‚Mutti, willst Du vielleicht der Tutt‘ - das war der Kosename der Dichterin - ‚mal ein paar Worte über ihr Buch schreiben? Sie hat doch eigentlich so recht keine Mutter, und da möchte ich sie an meine mal anbeißen lassen.‘
Clementine packte ein Paket voll Lavendel und Gartenblumen und schrieb einen Brief dazu, der das Mädchen beglückte ob der ‚Freude und des Interesses an meinem Talent‘. Schon dieser erste Brief der jungen Dichterin an die Unbekannte ist von einer entwaffnenden Offenheit, und sie erklärte das so: ‚Weil Sie mir so gar nicht fremd waren. Der Brief sieht mich so freundlich an. Ich habe solche Angst vor Ihnen gehabt. Börries und Lange und Hans von der Gabelentz sagten, Sie seien so schrecklich klug. Aber die 3fache Großmutterschaft beruhigten mich.‘ Sie entschuldigt ihr Herzausschütten: ‚Wem soll ich alles sagen, was mir durch den Kopf geht und im Herzen steht: - ich hab keinen. - Und es schreibt sich sehr schön.‘ “
Abb. 7: Agnes Miegel "und Lise", zwischen 1900 und 1905 |
Börries von Münchhausen ging also seine „standesgemäße“ Ehe ein. Er lebte fortan auf der Burg Windischleuba in Thüringen. Aber auch seine standesgemäß angetraute Ehefrau hatte ihr ganzes Leben über unter den vielen „Nebenfrauen“ ihres Mannes zu leiden. Zu diesen „Nebenfrauen“ gehörte letztlich auch - aber wohl in distanzierterem Sinne als gute Freundin - weiterhin Agnes Miegel. Mit ihr blieb er in stetigem Briefwechsel und beriet sie auf ihren Wunsch hin auch in geschäftlichen und Verleger-Fragen.
Im April 1901 versucht Agnes Miegel in einem Brief an ihre Freundin Lulu, ihr eigenes sich andeutendes Lebensschicksal von der heiteren Seite zu nehmen (Inge Diederichs, S. 250): „Komm und erzähle mir mehr von der Lou Salome und ihren Ansichten über die Ehe. Ich schwanke seit vorgestern, ob ich später ins Kloster gehen soll oder meinem Jugendfreund Carl Bulcke einen Heiratsantrag machen. Ich verstehe ihn so gut. - Ich weiß noch nicht recht, was von beidem ich tun werde. Ich denke zuerst das zweite, da kann ich mich immer noch mal anders besinnen.“ Lou Andreas Salome war die Freundin Friedrich Nietzsches und Rainer Maria Rilkes gewesen, später auch von Sigmund Freud. Carl Bulcke, ein Königsberger, hatte 1900 seinen ersten Roman und 1901 einen Gedichtband herausgegeben.
„In diesem Augenblick gingst Du für immer ganz in mein Leben ein“
Lulu von Strauss und Torney-Diederichs - seit 1916 war sie mit dem Verleger Eugen Diederichs verheiratet und 1930 Witwe geworden - veröffentlichte im Jahr 1939 zum 60. Geburtstag Agnes Miegels das folgendes Gedicht (St. d. Fr.):
Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung!Denkst Du der Stunde? Die Großstadt dröhnte von ferne -Zögernd in fremder Tür, fragendes Lächeln im Auge,Bräunlichdunkel und schmal, immer noch seh‘ ich Dich stehn!...Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung!Wo beginnt und wo endet strömend Geben und NehmenZwischen denen, die früh Wahl und Schicksal verband?Ferne ist nicht mehr Ferne, Eins weiß tief um das Andre,Auch getrennt auf dem Weg Eins des Andern Geleiter:Immer lauschend tief innen der schwestervertrauten Stimme,Grüßend im Auge des Andern unvergangene Jugend,Grüßend in Werk und Gesang schwestervertrautes Herz.
An einem solchen Gedicht wird deutlich, daß auch - oder gerade? - jene für Deutschland im Nachhinein nur als „Schreckenszeit“ charakterisierte Zeit - ein Jahr wie das von 1939 - eine ganze Fülle von hochwertigem kulturellem Schaffen hervorbrachte, das wohl, soweit dies Literatur betrifft, von der Zeit nach 1945 nicht mehr erreicht worden ist. Es war dies auch eben jene Zeit, in der Lulu von Strauss und Torney für die sogenannten „Deutschen Christen“ eine „deutsche“ Bibel ganz neu dichtete.
Aber zurück in die Anfangszeit dieser Freundschaft kurz nach der Jahrhundertwende. Agnes Miegel berichtete zum 60. Geburtstag ihrer Freundin im Jahr 1933 über eine ihrer frühen Begegnungen im August 1901 in einer Försterei bei Nienstedt am Deister, wo Agnes Miegel auf einem Genesungsurlaub weilte (Ulf Diederichs, S. 18): „Du hattest Dich angekündigt, es kam ein heftiges Gewitter nach heißem Tag und so konnte ich Dir erst entgegengehen, als es zu spät war, Dich noch auf der weit abgelegenen kleinen Bahnhaltestelle zu erreichen. Ich dachte, eins der Dorfwägelchen würde Dich mitbringen (…). Da standest Du auf einmal oben vor mir, so als ob Du mitten aus dem grünen Wald tratest, triefend naß in einem bläulichen Kleid und heiß vom raschen Lauf mit einem frohen, überraschten Willkommsruf, lachend und voller Wiedersehensfreude - während der warme silberne Sommerregen in großen Tropfen wie Tränen über Dein Gesicht strömte. - Immer, wenn ich fühle, daß auf mein Suchen Deine Gedanken mir antworten, sehe ich Dich so wieder vor mir, - in dem rauschenden grünen Wald des Landes, das für mich DEIN Land ist und bleibt, in dem silbernen Schein und quellenden Duft von trinkender Erde und gesättigtem Laub, ein einziger Gruß Dein ganzes Wesen und Dein Gesicht so froh und blühend unter diesem strömenden sommerwarmen Schauer.
In diesem Augenblick, wie Du den Waldweg herunter gingst, gingst Du für immer ganz in mein Leben ein.“
„ ... ein Hauch der großen Geschichte, fern wie Meerwind“ (um 1902)
Am 17. Februar 1902 schreibt Agnes Miegel an ihre Freundin Lulu über den Vortrag einer gefeierten Schriftstellerin (Gertrud Prellwitz) in Königsberg (Inge Diederichs, S. 251): „Die Königsberger sind ihre begeisterten Anhänger und hören mit Wonne ihre Vorträge. Für die ist das auch gerade die richtige geistige Sonntagsschule. Ich hör zu - wie ich immer zuhöre (darauf ist man heutzutage dressiert), aber es stört mich weiter nicht, es ist keine geistige Massage für mich. H. G. sagt nämlich: Der Philister ist da, um Kinder zu zeugen und das viele Bier auszutrinken, das gebraut wird - den Künstler braucht der Philister als Masseur, wenn er zu fett wird.“ - Sie war sich bewußt, daß auch sie manchmal einen solchen „Masseur“ brauchte, schreibt sie doch über ihre alten Eltern, deren einzige Tochter sie ist, in dem gleichen Brief: „Es gibt eine schöne Rede von der unsterblichen Seele. Meine Angehörigen, glaub ich, haben noch nie daran gedacht, daß ich auch so eine habe. Mutter versorgt meinen Küchenschrank, Vater meinen Geldbeutel - und dadurch mein Bücherspind, aber die sogenannte Seele, die etwas ganz für sich ist, unabhängig von Klugheit oder Küchenodeur - nein, die ist ihnen ganz fremd an mir.“
Abb. 8: Die junge Agnes Miegel |
Was für Worte. Im Dezember 1902 schreibt Agnes Miegel aus Berlin, wo sie an einem Kinderkrankenhaus arbeitet, an ihre Freundin Lulu von Strauß und Torney (Poschmann, S. 18f): „Ja, Kleines, es geht mir polizeiwidrig gut ... Ich lebe entschieden intensiv, verjünge mich mal wieder - für mich hat die Welt immer einen Jungbrunnen irgendwo ... Die Misere zu Hause, der Herr von Münchhausen auf Windischleuba, das Kinderkrankenhaus - alles ist in einem tiefen schwarzen Brunnen versenkt, dessen Stein ich schnell herunterdrücke, wenn er sich mal heben will. Das meiste ist oublie ...“ „oublie“ ist Französisch und heißt „vergessen“.
In den weiteren Jahren machte Agnes Miegel oft Besuch in Apelern. In das dortige Gästebuch ist sie eingetragen am 3. September 1901, am 18. September 1902 und für einen Aufenthalt vom 8. Juli bis 8. August 1904. Ein weiterer Aufenthalt ist durch Briefe für das Jahr 1903 belegt. Und was waren die Inhalte der Gespräche in Apelern? Etwa auch die mangelnde Erziehung, die Clementine ihrem Sohn hat angedeihen lassen - zumal was Frauen betrifft? Darüber ist wenig bekannt.
Wir hören über den Briefwechsel von Agnes Miegel mit Clementine von Münchhausen (Poschmann, S. 30): „Einen breiten Raum nimmt in der Korrespondenz auch die Situation der Frau in der damaligen Gesellschaft ein, an der beide litten, vor allem an der Arroganz der adligen und bürgerlichen männlichen Führungsschicht und der Professoren. Schon in ihrem ersten Brief an Agnes Miegel, in dem die Baronin den ersten Gedichtband begeistert begrüßte, erzählte sie eine Episode, die sie gerade bei einem literarischen Abend in Göttingen erlebt hatte, dessen Thema eben dieser kleine Gedichtband der unbekannten jungen Frau war. Als man sich über das ‚Entartete‘ eines Gedichtes wie ‚Das ungeborene Leben‘ erregte, konnte die Baronin nicht umhin, einzuwerfen, gerade diese Verse seien ihr ‚besonders lieb‘, woraufhin Professor Ehrenberg ihr folgendermaßen assistierte: ‚Wir müssen ja das Weib erst kennenlernen. Erst die moderne Frauenbewegung hat uns Frauen erstehen lassen, die einmal zu sagen wagen und wissen, wie ein Weib empfindet.‘ - ‚Ich dachte im Stillen‘, bemerkte die Baronin abschließend, ‚das hättet ihr auch früher erfahren können, wenn es einem von euch einmal eingefallen wäre, nachzufragen.‘ “
Eine Erzählung über das Lachen von Agnes Miegel handelt in dieser Zeit auf einem ostpreußischen Gut (Erna Siebert: Die Linde von Corben. In: Wagner, S. 21): „Einmal, es war noch im Anfang des Jahrhunderts, kamen wir wieder von der alten Linde, die so viel zu erzählen wußte, daß Agnes ihr immer zuhören mußte. Da kam uns ein junger Verwandter entgegen. Als er hörte, wer unser Gast war, sagte er ehrerbietig: ‚Gnädiges Fräulein, Ihr erstes Buch war gerade erschienen, als ich mich verlobte, es war auch das erste Geschenk für meine Braut.‘ Mit ihrem schönen offenen Lachen (wir sagten immer, sie konnte Fanfaren lachen), meinte sie schlagfertig: ‚Da habe ich ja 1,50 Mark an Ihnen verdient! Danke!“ So also versuchte Agnes Miegel also, schnell alle falsche, gestelzte, männliche „Ehrerbietigkeit“ auszuhebeln.
„Die Leute haben hier alle den Bildungsstand von S. M.“ (1907-1909)
Auch noch später (1907) schreibt Agnes Miegel nach Apelern (Poschmann, S. 28f): „Königsberg ist eine Hochburg des Dilettantismus, so außerhalb, so kulturlos. Die Leute haben hier alle den Bildungsstand von S. M..“ Mit „S.M.“ (Abkürzung für „Seine Majestät“) war damals immer - sehr respektlos - der deutsche Kaiser gemeint. Es handelte sich hier um eine „Majestätsbeleidigung“, die die Familie Münchhausen in Apelern recht vergnügt zur Kenntnis nahm. Denn die Münchhausens waren - als Angehörige des niedersächsischen Uradels - hohenzollern- und preußenfeindliche Anhänger des (hannoverschen) Welfen-Hauses, das 1866 von Bismarck entmachtet worden war.
Im übrigen aber hat Agnes Miegel gegenüber der Familie Münchhausen die Hohenzollern verteidigt. So schrieb im August 1909 Emmy Lange, die Erzieherin der Münchhausen-Kinder, mit der Agnes Miegel auch Freundschaft geschlossen hatte (Poschmann, S. 28): „Mir kann schon Agnes leid tun – das arme Lamm! Wenn wir über ihre hochverehrten Hohenzollern mit vereinten Kräften herfallen.“
Und dann kam irgendwann der Erste Weltkrieg. Aber das soll einem weiteren Teil vorbehalten bleiben.
__________________
Benutzte Literatur:
- Miegel, Agnes: Spaziergänge einer Ostpreußin. Feuilletons aus den zwanziger Jahren. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Köln 1985
- Miegel, Agnes: Wie ich zu meiner Heimat stehe. Ihre Beiträge in der „Königsberger Allgemeinen Zeitung“ (1926-1932). Hrsg. v. Helga und Manfred Neumann. Verlag Siegfried Bublies, Schnellbach 2000
- Miegel, Agnes: Gedichte. J.G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger (14. und 15. Tsd.) Stuttgart und Berlin 1927
- Miegel, Agnes: Herbstgesang. Neue Gedichte. Eugen Diederichs Verlag (9. - 18. Tsd.) Jena 1933
- Miegel, Agnes: Geschichten aus Alt-Preußen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1942 (1. Aufl. 1934) [enthält die Erzählungen „Landsleute“, „Die Fahrt der sieben Ordensbrüder“, „Engelkes Buße“, „Der Geburtstag“]
- Miegel, Agnes: Gesammelte Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, (21.-25. Tsd.) Jena 1940 (1. Aufl.: 1936)
- Miegel, Agnes: Werden und Werk. Mit Beiträgen von Prof. Dr. Karl Plenzat. Hermann Eichblatt Verlag, Leipzig 1938 [„Durch Dichtung zum Dichten“, Bildnisse von 1905 u. 1938]
- Miegel, Agnes: Ostland. Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält Gedichte wie: „An den Führer“, „Hymne an Ostpreußen“ (1937), „Sonnwendreigen“ (Danzig 1939), „An Deutschlands Jugend“ (Herbst 1939)]
- Miegel, Agnes: Im Ostwind. Erzählungen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält die Erzählung „Lotte“]
- Miegel, Agnes: Und die geduldige Demut der treuesten Freunde ... Nächtliche Stunde mit Büchern. Verlag Wilhelm Langewiesche-Brandt, Ebenhausen bei München 1941
- Miegel, Agnes: Mein Bernsteinland und meine Stadt. (Mit 32 Farbtafeln.) Gräfe und Unzer Verlag, Königsberg/Pr. 1944 [eine große, lange, wenig bekannte Versdichtung]
- Miegel, Agnes: Gedichte und Prosa. Auswahl von Inge Diederichs. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1977 [darin auch Briefe A. M.s]
- Miegel, Agnes: Gedichte aus dem Nachlaß. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1979
- Miegel, Agnes: Es war ein Land. Gedichte und Geschichten aus Ostpreußen. (Redaktion: Ulf Diederichs und Christa Hinze) Eugen Diederichs Verlag, München 1983 (3. Aufl.: 1988)
- Agnes Miegel. Stimmen der Freunde zum 60. Geburtstage der Dichterin 9. März 1939. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1984 (Eine Auswahl aus dem gleichnamigen Sonderdruck: Eugen Diederichs Verlag, Jena 1939)
- Wagner, Ruth Maria (Hrsg.): Leben, was war ich dir gut. Agnes Miegel zum Gedächtnis. Stimmen der Freundschaft. [Ostpreußisches Mosaik, Band X], Verlag Gerhard Rautenberg, Leer/Ostfriesland o. J. (Unveränd. Nachdruck der gleichnam. Ausgabe: Verlag Gräfe und Unzer, München 1965)
- Piorreck. Anni: Agnes Miegel. Ihr Leben und ihre Dichtung. Eugen Diederichs Verlag, Korrigierte Neuauflage, München 1990 (1. Aufl.: 1967)
- Seidel, Ina: Lebensbericht 1885-1923. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1970
- Starbatty, Ursula (Bearbeiterin): Begegnungen mit Agnes Miegel. Jahresgabe 1989/90 der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1989
- Poschmann, Brigitte: Agnes Miegel und die Familie Münchhausen. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Bad Nenndorf 1992
- Schücking, Beate E. (Hrsg.): „Deine Augen über jedem Verse, den ich schrieb“. Börries von Münchhausen - Levin Schücking - Briefwechsel 1897-1945. Igel Verlag Literatur, Oldenburg 2001
- Diederichs, Ulf: Agnes Miegel, Lulu von Strauß und Torney und das Haus Diederichs. Die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft. Jahresgabe 2005 der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Überarbeiteter Festvortrag zu Agnes Miegels 125. Geburtstag, gehalten am 6. März 2004 in Bad Nenndorf
Zur Beherzigung
Steh und falle mit eigenem Kopfe,Tue das Deine, und tue es frisch!Besser stolz aus irdenem TopfeAls demütig am goldenen Tisch.(Ernst Moritz Arndt)
Die Maler in Willingshausen
Der Verfasser dieser Zeilen ist in dem hessischen Dorf Wernwig bei Homberg/Efze aufgewachsen. Dreißig Kilometer von diesem Dorf entfernt - auf der anderen Seite des Knüllgebirges und ebenfalls noch in der "Schwalm" gelegen - liegt Willingshausen, das Dorf der berühmten, ältesten Malerkolonie Europas (Wiki).
Abb. 1: Carl Bantzer - Frühlingsspaziergang im Wald, 1913 (Bln) |
Und der Verfasser dieser Zeilen beschäftigt sich in diesem Beitrag zum ersten mal mit dieser berühmten Malerkolonie. In seiner Jugend hat er sich für diese Malerkolonie überhaupt nicht interessiert. Er wußte zwar von ihrer Existenz - aber er wußte noch nicht einmal, daß Willingshausen auf der anderen Seite des Knüllgebirges liegt.
Wirkliches Interesse für Kunst entwickelte der Verfasser dieser Zeilen auch erst, nachdem er Nordhessen für das Studium verlassen hatte, nämlich im ersten Semester an der Universität Konstanz, als er sich all den Büchern in der dortige Kunst-Abteilung der Bibliothek mit den vielen herrlichen Werken der europäischen Kunstgeschichte Nachmittage lang hingegeben hat. Natürlich kann in einem solchen Zusammenhang die Willingshäuser Malerkolonie bestenfalls als eine Fußnote der europäischen Kunstgeschichte Aufmerksamkeit erwecken.
Mit diesem Blogartikel soll also zum ersten mal eine Beschäftigung mit dieser Malerkolonie Willingshausen erfolgen. Wobei dieser Blogartikel nur einen ersten Zugriff darstellen kann und sich nur - vielleicht willkürlich - einige der vielen Maler von Willingshausen heraus greifen kann. Uns am ansprechendsten erscheinen vor allem solche Maler, die in Willingshausen nach 1900 gewirkt haben. Und unter ihren Werken sind es gerade die vom Ausdruck her "herberen", die uns besonders der Aufmerksamkeit wert erscheinen. Wir haben die hier eingestellten Kunstwerke deshalb gegenchronologisch angeordnet.
Abb. 2: Schäfer mit Herde bei Merzhausen in der Schwalm, Gemälde von Hugo Mühlig, 1929 |
Aber im begleitenden Text erweist es sich dennoch nötig, die Chronologie in der richtigen Reihenfolge einzuhalten. Aus Anfängen, die mit einem Zeitgeist verbunden waren, der uns womöglich heute nicht mehr so zugänglich ist, hat die Willingshäuser Malerkolonie in nachfolgenden Maler-Generationen dennoch Maler hervorgebracht, deren Werke heute durchaus ansprechen können und nicht nur "antiquiert" erscheinen oder uns doch zumindest als mit einer Tendenz in diese Richtung hin behaftet erscheinen.
Eine im Jahr 2008 begonnene und in den letzten Wochen weiter geführte Auseinandersetzung mit dem aus Wernswig stammenden, in Düsseldorf wirkenden und oft in Willingshausen weilenden Maler und Grafiker Heinrich Otto (1857-1923) (Wiki, engl) (s. Stgen2008) veranlaßte das Zusammentragen dieses Beitrages zu Willingshausen. Denn auch das Leben von Heinrich Otto wird nur verständlich im Zusammenhang der über mehrere Jahrzehnte hinweg so fröhlich zusammen wirkenden und miteinander befreundeten Maler in Willingshausen.
Als einer der ersten Künstler, die sich in Willingshausen aufgehalten haben, gilt der Kasseler Maler Ludwig Emil Grimm (1790-1863) (Wiki). Es ist dies der jüngste Bruder der "Gebrüder Grimm". Er war 1824 und 1825, sowie 1828 in Willingshausen (GB). Willingshausen liegt ja auch vergleichsweise gut erreichbar zu Kassel (1). 1824 entstand dort etwa seine Radierung "Die hohle Eiche bei Willingshausen", 1825 das Bildnis des Johannes Dörr (Abb. 15).
Ludwig Knaus (1858)
Beliebtheit unter Malern vieler europäischer Länder erlangte Willingshausen dann aber erst ab 1858 durch ein Werk des aus Wiesbaden gebürtigen, viele Jahre in Düsseldorf lebenden Malers Ludwig Knaus (1829-1910) (Wiki). Knaus gehörte zu der Generation der enttäuschten deutschen Revolutionäre von 1848. Ab 1849 suchte er in seiner Enttäuschung Zuflucht auf dem Land. Er kam dabei nach Willingshausen.
Abb. 3: Bauer Dörr, Radierung von Hermann Kätelhön, 1913 |
Es war dann insbesondere sein Gemälde "Die goldene Hochzeit" von 1858 (Abb. 10), sowie mehrere weitere, beliebt gewordene Gemälde, die er vom Volksleben in Willingshausen malte, die das Bedürfnis und den Geschmack der Zeit offenbar so stark angesprochen haben, daß auch andere Maler solche Szenen malen wollten.
Die "Notwendigkeit" für dieses Zeitbedürfnis wird einem deutlicher, wenn man sich klar macht, daß zeitgleich auch die Volkskunde als Wissenschaft durch den Schriftsteller Wilhelm Heinrich Riehl - ebenfalls einen Revolutionär von 1848 - begründet worden ist (DVHS1997). Auch Knaus wollte in Willingshausen in einem ähnlichen Sinne "ethnographische Studien" treiben (Wiki):
1858 malte Ludwig Knaus das Gemälde "Die Goldene Hochzeit", 1867 sein Bild "Hoheit auf Reisen" und 1871 "Das Leichenbegräbnis in Willingshausen". Knaus wurde für seine Motive weltweit berühmt und es zogen eine große Anzahl deutscher und ausländischer Maler nach Willingshausen, um die hessische Landschaft und das Volksleben abzubilden.
Knaus wirkte also - der Absicht nach - auf ähnlichen Gebieten als Maler wie Wilhelm Heinrich Riehl als Schriftsteller und Wissenschaftler (Wiki):
Im Sommer 1849 war Knaus - Anregungen von Jakob Becker und Jakob Fürchtegott Dielmann folgend - erstmals zu ethnographischen Studien mit seinem Freund Adolf Schreyer in Willingshausen in der Schwalm. In jenen Jahren entstanden seine eigentlichen Hauptwerke; "Das Leichenbegängnis in einem hessischen Dorf" (1871), "Die Geschwister" (1872) oder "Die Beratung der Haunsteiner Bauern" (1873).
Aus heutiger Sicht möchte man diesen Gemälden höchstens noch eine Bedeutung zusprechen als Hinweis auf den Zeitgeschmack der damaligen Zeit. Man versteht mit ihnen, womöglich zur eigenen Überraschung, daß damals "rührende", eher rückwärts gewandte dörfliche Idyllen innerhalb des Bürgertums auf Wohlwollen stießen, vielleicht auch als Gegenreaktion in der Zeit der beginnenden Industrialisierung und des immer zügiger werdenden gesellschaftlichen Wandels, der sich durch diese ergab.
Abb. 4: Schwälmer Bauer von Hermann Kätelhön |
Für die heutige Wahrnehmung mutet mancher Charakterzug der Gemälde von Ludwig Knaus fast "kitschig" an. Da von diesem Zug auch manche Werke "gefeierter" Willingshäuser Maler aus nachfolgenden Generationen nicht ganz unbeeinflußt blieben, mag das Bild der Willingshäuser Malerkolonie womöglich zu sehr von diesem Charakterzug insgesamt geprägt geblieben sein. Obwohl doch später noch ganz andere Künstler und Künstlergenerationen folgten in Willingshausen. Und um dieser späteren Maler willen möchte man Willingshausen viel eher eine nicht geringe Bedeutung in der Kunstgeschichte zusprechen.
Im Gefolge von Ludwig Knaus kam unter anderem Paul Weber (1823-1916) (Wiki) nach Willingshausen. Er hat herrliche Landschaftsgemälde gemalt, die weitaus weniger zeitverhaftet wirken als viele der Werke von Knaus. Andererseits mögen die Werke vieler anderer Maler, die zu den beiden bisher genannten Maler-Generationen in Willingshausen gehörten, in ähnlicher Weise eher nur noch historisches Interesse wecken.
Karl Raupp (1865)
Der Münchner Maler Karl Raupp hat im Jahr 1865 Willingshausen besucht. Und er berichtete davon im Jahr 1887 sehr lebendig und anschaulich (2). Er beschreibt, daß den Malern jener Jahre die Schwälmer Volkstracht "malerischer" erschienen ist als sogar die bayerische Volkstracht. Denn diese hätte damals schon zu sehr an "Theater" erinnert. Er schrieb auch (2):
Der Bauer und die Bäuerin der Schwalm ist im Sonntagsstaat und bei der Feldarbeit von gleich malerischer Erscheinung. Im wogenden Kornfeld die hellen Figuren der Mädchen mit dem roten Mützchen auf den blonden Haarn arbeiten zu sehen, wirkt stets als ein heiteres allerliebstes Bild.
Es war also tatsächlich die damals noch im Alltag getragene Schwälmer Tracht, die viele Maler nach Willinghausen zog.
Wilhelm Schäfer (1882)
Der aus der Schwalm gebürtige aber in Düsseldorf aufgewachsene, ausgebildete Volksschullehrer und nachmalige Schriftsteller Wilhelm Schäfer (1868-1952) (Wiki) hat in den 1930er Jahren einmal im Rückblick beschrieben, wie befremdet er war, als er mit 14 Jahren im Jahr 1882 das erste mal - von Düsseldorf aus - in die Heimat seiner Eltern gekommen ist.
Abb. 5: Agnes Waldhausen (1878-1963), eine Willingshäuser Malerin, Potrait von Hermann Kätelhön um 1920 (Ks) |
Und zwar aus Anlaß der Beerdigung seiner Großmutter. Aus seinen Worten wird deutlich, wie selbstverständlich es in der Schwalm damals noch war, Tracht zu tragen. Es wird darüber berichtet (HNA2019):
Zur Beerdigung der Großmutter 1882 kam Wilhelm Schäfer zum ersten Mal wieder nach Ottrau. Obwohl ihm das Land der Rotkäppchen in Gedanken vertraut war, notierte er: „die Kinder in den kurzen gebauschten Röcken, den weißen Strümpfen und den Schnallenschuhen stellten sich in der Wirklichkeit als eine unerreichbare Fremde heraus.“ (Meine Eltern, 1937, S.88ff.) Der Anblick des Trauerzuges zum Kirchhof mit den singenden Rotkäppchen, den Frauen mit schwarzen Käppchen und den Männern im Dreispitz war „für meine staunenden Augen ein unauslöschliches Bild, nur für meine gänzlich verdonnerte Seele konnte das keine Heimat sein, schon deshalb nicht, weil ich die Sprache gar nicht oder nur wortweise verstand. (...) Daß meine Mutter auch einmal ein Rotkäppchen gewesen war, sah ich nun an ihren Schwestern und meinen Basen; nur war das alles Vergangenheit, an der ich nicht teilgenommen hatte, und die Gegenwart hatte keine Zeit, mir ihre Türen aufzumachen. Denn am zweiten Tag fuhren wir wieder nach Hause (...) Der blasse Traum einer Heimat zerrann in der hessischen Wirklichkeit (...), wo die Äcker und Wälder um Ottrau nur für die Rotkäppchen da waren, die mich in meinem Konfirmandenanzug so fremd angesehen hatten, wie ich sie selber.“ Wie er weiter schrieb, teilte er damit das Schicksal vieler, die um des Broterwerbs in die Industriegebiete gingen. „Sie verloren die Heimat, in der die Gemeinsamkeit eine faßbare Wirklichkeit ist; ohne sie ist sie eine Idee.“
Wilhelm Schäfer hat sich Zeit seines Lebens - insbesondere in der von ihm mit Hilfe der Maler des Düsseldorfer Künstler-Vereinigung "Malkasten" begründeten - recht bedeutenden Kulturzeitschrift "Die Rheinlande" für viele Künstler und für die Kunst insgesamt eingesetzt. Nicht zuletzt auch für manchen aus Hessen stammenden und zeitweise in Willingshausen wirkenden Maler und Graphiker. So etwa auch - als einer der ersten - für den in Düsseldorf lebenden aber aus Wernswig in Nordhessen stammenden Landsmann Heinrich Otto.
Eine neue Generation (ab etwa 1880)
Von dem genannten Ludwig Knaus übernahm eine nachfolgende Maler-Generation die Gewohnheit, Sommerreisen in die Schwalm zu unternehmen. In einem 200 Seiten-Werk aus dem Jahr 1975 - "Deutsche Künstlerkolonien und Künstlerorte" - wird ausgeführt, daß dem 76-jährigen Ludwig Knaus im Jahr 1905 bewußt war, daß die ihm folgende Maler-Generation andere Wege ging als er selbst (Witek/Belm1976, S. 20):
... Die impressionistischen Tendenzen sind ihm suspekt. Fünf Jahre vor seinem Tode bekennt der Sechsundsiebzigjährige: "Ich erkenne die großen Errungenschaften der Modernen an. Die Jugend hat das Wort, wie wir Alten es ehedem gehabt haben. Aber das Gemüt verödet ein wenig bei dem Haschen nach virtuosen Effekten. Plein air habe ich immer mit Vorliebe gemalt, aber die Lichtphänomene in der Natur und meine Richtung, das Genre, sind unvereinbar. - Wenn der Mensch des Menschen eigentliches Studium ist, so wird er auch das eigentliche Objekt der Kunstanschauung bleiben. Um die seelischen Vorgänge in des Menschen Leben und Angesicht malen zu können, brauche ich das Licht nicht als Objekt und Endziel der Kunst, sondern als Mittel, das sich so wenig aufdrängt wie möglich."Von dieser Auffassung distanzierte sich die nächste Malergeneration auch in Willingshausen. Die im Freilicht gemalte Landschaft gewinnt an Darstellungswürdigkeit und erhält für einige Zeit Vorrang. Hugo Mühlig (1854-1929), Otto Strützel (1855-1932), Adolf Lins (1856-1927), Carl Bantzer (1857-1941), Theodor Matthei (1857-1920), Emil Zimmermann (1858-1899), Heinrich Otto (1858-1923) widmen sich in den siebziger und achtziger Jahren der Schwälmer Landschaft. Alles Jahres- und Tageszeiten finden ihren Niederschlag in Skizzen, Studien und Bildern. Am frühen Morgen pirscht der Jäger im nebelverhangenen Wald (Mühlig), Erste Sonnenstrahlen eines feuchtkalten Novembermorgens umspielen Schäfer und Hund (Strützel, Abb. 6). Über einen Feldweg der Schwalm treibt ein Mädchen die Gänse, die Wolken ziehen mit (Lins, Abb. 8). Im Kohlgarten vorm Dorf ackert die Bäuerin (Lins). Stickig brütet die Julisonne zwischen den Garben im Kornfeld (Mühlig, Otto, Abb. 7). Warme Abendsonne wirft lange Schatten über den Heimweg einer kleinen Schwälmerin (Matthei). Immer ist der bäuerliche Mensch in die Landschaft mit einbezogen, auch wenn oft nur klein oder überhaupt nicht als Gestalt sichtbar. Seine Tätigkeit ist stets spürbar und im Bilde zu gewahren. Mensch und Landschaft atmen im gleichen Rhythmus.Den in der Schwalm geborenen Carl Bantzer zieht es seit den achziger Jahren unwiderstehlich nach Willingshausen. Es wird zum Mittelpunkt der Freilichtmalerei schon dadurch, daß er seine Schüler der Dredener und später der Kasseler Akademie in die Schwalm bringt. Bantzer macht das Sommer-Studium auf dem Lande zur Pflichtübung.
Otto Mühlig
Zu der nachfolgenden Generation von Malern gehörten dann unter anderem Hugo Mühlig (1854-1929) (Wiki), gebürtig aus Dresden und Heinrich Otto, gebürtig aus dem von Willingshausen nur dreißig Kilometer entfernten Dorf Wernswig. Schon der Vater von Mühlig war in Dresden Landschaftsmaler gewesen, der Vater von Heinrich Otto war Kleinbauer und Fruchthändler. Mühlig und Otto lebten in Düsseldorf. Beide waren dort Mitglied der Künstlervereinigung "Malkasten".
Mühlig hat schließlich in Merzhausen bei Willingshausen einige der
schönsten
seiner Landschaftsgemälde gemalt (s. Wiki, z.B. a, b, c, auch d), darunter auch eines aus seinem letzten Lebensjahr: "Schäfer mit Herde bei Merzhausen in der Schwalm" (Abb. 2).
Auffallende Werke haben auch geschaffen der mit Heinrich Otto gleichaltrige, gebürtige Schwälmer und Ziegenhainer Carl Bantzer (1857-1941) (Wiki) (s. Abb. 1), sowie der zehn Jahre jüngere Wilhelm Thielmann (1868-1924) (Wiki) (Abb. 6 und 7), sowie dann der Marburger Maler und Grafiker Otto Ubbelohde (1867-1922) (Wiki).
Carl Bantzer (1913)
Bantzer ist im Jahr 1887 zum ersten mal nach Willingshausen gekommen. Auch er hat beschrieben, warum gerade Willingshausen unter den Malern so große Begeistrung weckte (zit. n. 3, S. 123f):
Die sinnvollen alten Sitten und Gebräuche von der Wiege bis zur Bahre waren noch überall lebendig und gestalteten das Leben reich.
Und:
Begeistert waren alle von der urwüchsigen Eigenart der Menschen und ihrer farbigen Tracht, von den malerischen Dorfgassen, mit Höfen, deren Häuser, Scheunen und Ställe alles zum Malen reizte, und von der Schönheit der Landschaft in Wald und Feld.
Wenn Bantzer das schreibt, der doch selber nicht weit entfernt von Willingshausen in Ziegenhain aufgewachsen ist, dann muß man von Willingshausen doch denken, daß es eine Art archaische Enklave inmitten einer sich weiter entwickelnden Zeit darstellte.
Abb. 6: Abendmahl-Szene in der Wernswiger Kirche - Heinrich Otto, 1887 (Schn2020) |
1887 malte Heinrich Otto in seinem Heimatdorf Wernswig eine Abendmahl-Szene in der Dorfkirche (Abb. 6). Von Tracht ist hier keine Spur. Insgesamt liegt aber sein Gemälde noch eher auf der Linie eines Ludwig Knaus als derjenigen einer nachfolgenden Maler-Generation.
1898 malte Heinrich Bantzer dann in Willingshausen sein Ölgemälde "Schwälmer Jugend beim Tanz", auch benannt "Schwälmer Tanz" (1898) (Wiki), jenes Gemälde, das wohl als das bekannteste und beliebteste aller in Willingshausen entstandenen Gemälde gilt. Ob mit Recht, sei dahin gestellt. Bantzer schildert, daß der Tanz, der auf diesem Gemälde getanzt wird, ein ganz bestimmter Tanz war, nämlich der "Schwälmer" (Naumann2011, S. 135). Dieser wird auch heute noch von Trachtengruppen der Schwalm getanzt (7, 8).
Aber weniger "gewollt" und eher "unbeschwerter", leicht dahin gemalt erscheint uns sein Gemälde "Frühlingsspaziergang im Wald" (bzw. "Sonntag in der Schwalm", bzw. "Waldspaziergang") aus dem Jahr 1913 (G)
(Abb. 1). Es kann getrost zu den bedeutendsten Werken gerechnet werden, die die Malerkolonie Willingshausen hervorgebracht hat. Es ist deshalb auch als erstes - und damit als Vorschaubild - dieses Beitrages eingestellt.
Hermann Kätelhön (1913)
Angehöriger einer wiederum ganz neuen Malergeneration war dann der 25 Jahre jüngere Hermann Kätelhön (1884-1940) (Wiki). Kätelhön steht der heutigen Generation von allen bislang Genannten schon rein zeitlich am nächsten. Vielleicht sprechen deshalb viele seiner Werke auch heute noch viel leichter an und scheinen aus heutiger Sicht nicht zu sehr von irgendeinem sehr besonderen Zeitgeschmack (des 19. Jahrhunderts) beeinflußt zu sein (Abb. 3-5).
Auf Fotografien und Zeichnungen sieht man die Willingshäuser und
Düsseldorfer Maler oft in fröhlicher Runde zusammen sitzen. Hermann
Kätelhön hat dabei die Gitarre in der Hand, ein anderer Maler sitzt am Klavier. Man scheint in jenen Zeiten immer auch gerne miteinander gesungen zu haben. Oft sind ganze Familien bei den Zusammenkünften anwesend, so sitzen etwa
die vier Kinder von Carl Bantzer den anderen Malern auf dem Schoß. Von
solchen Fotografien her gesehen traut man - zumal dem Maler Kätelhön - gar
nicht so ernsthafte Werke zu wie sie von ihm überliefert sind.
Der Maler Wilhelm Thielmann (1868-1924) (Wiki) ist schließlich mit seiner Familie sogar ganz nach Willingshausen gezogen und hat dort bis an sein Lebensende gelebt.
Seine Familie hat dort 1942 auch die ausgebombte Bonner Malerin Henriette Schmidt-Bonn (1873-1946) aufgenommen, eine einstige Schülerin von Heinrich Otto, die noch 1940 in einem Aufsatz ihres Lehrers gedachte.
Die Literaturwissenschaftlerin und Lehrerin, später Leiterin einer Mädchenschule Agnes Waldhausen (1878-1963) (Abb. 5) war ebenfalls gut befreundet mit der Familie Thielmann und hat oft in Willingshausen geweilt. Sie hat auch ergreifende Novellen verfaßt (s. Stgen).
Sie wird als "Muse von Willingshausen" bezeichnet. Über sie kamen an ihrem Lebensende - ähnlich wie 1946 schon über Schmidt-Bonn - Teile des Nachlasses von Heinrich Otto an das Kunstmuseum Marburg (alle inzwischen auf Bildindex.de digitalisiert).
Wilhelm Thielmann (1915)
Wilhelm Thielmann hat manches schöne Werk in Willingshausen geschaffen. Hier seien nur zwei Beispiele heraus gegriffen (Abb. 7 und 8).
Abb. 7: "Neueste Nachrichten" von Wilhelm Thielmann, 1915 |
Die Zeichnung "Neueste Nachrichten" ist im Jahr 1915, also im ersten Jahr des Ersten Weltkrieges entstanden. Man kann ihr entnehmen, daß die Menschen in Willingshausen im Alltagsleben damals immer noch Tracht getragen haben.
Gespannt und aufmerksam hören sie den vorgelesenen, vermutlich militärischen Nachrichten zu. Sie haben alle Söhne und Angehörige an den Fronten im Osten, im Westen, auf der See und bald auch im Süden. Sie sorgen sich um das Schicksal des schwer bedrohten Vaterlandes.
Ernst, gefaßt und ingrimmig hören sie den Nachrichten zu. Deutschland ist für sie - mitten in der Friedenszeit - von allen Seiten mit einer überwältigenden Übermacht angegriffen worden. Daß Deutschland etwas Unrechtes getan hätte, daß diesen Krieg gerechtfertigt hätte, davon ist keiner überzeugt.
Abb. 8: Beim Tanz von Wilhelm Thielmann |
In seiner Zeichnung "Beim Tanz" (Abb. 8) hat Wilhelm Thielmann ein zu seiner Zeit sehr beliebtes Motiv aufgenommen. Carl Bantzer war mit diesem - als Ölgemälde gefaßt - ja sehr berühmt geworden. In dieser Zeichnung läßt man dieses Motiv aber fast lieber auf sich wirken als in dem - für den heutigen Zeitgeschmack - zu betont farbenfreudigen Gemälde von Carl Bantzer.
Es ist erstaunlich, daß die Maler noch bis in den Ersten Weltkrieg hinein dem "Hessischen Volksleben" so viel Aufmerksamkeit zugewendet haben, ihm so viel haben abgewinnen können. Von all dem war in der Jugendzeit des Verfassers dieser Zeilen um 1980 herum in der Schwalm und in Nordhessen nur noch wenig zu bemerken. Nur ganz alte "hutzelige" Weiblein sah man damals mitunter noch in schwarzer Schwälmer Tracht auf den Straßen gehen.
Ein solches "volkstümliches Leben", eine solche Verbundenheit mit der eigenen Tracht gibt es bis heute in Bayern und in Österreich jedenfalls noch viel ungebrochener.
Abb. 9: Wichtige Orte künstlerischen Schaffens in Deutschland zwischen 1871 und 1918: Kunstakademien und Malerkolonien (Lenman1997) |
In Abbildung 9 findet sich ein schöner Überblick über die Zentren des künstlerischen Schaffens in Deutschland zwischen 1871 und 1918. Es fehlt darin natürlich manches, etwa die Künstlerkolonie Nidden in Ostpreußen. Und spätestens nach 1918 kam zum Beispiel auch die Künstlerkolonie am Lebasee im mittleren Pommern an der Ostsee hinzu.
Nur an eine Kunsterfahrung aus seiner Jugend in seiner Heimat kann sich der Verfasser dieser Zeilen noch erinnern. Sie paßt sogar vom Thema her irgendwie in die in diesem Beitrag behandelte Thematik hinein. Als er einmal
mit etwa 17 Jahren die Gemäldegalerie in Kassel besuchte, hinterließ das
dort aufgehängte Bild "Der eifersüchtige Tiroler" einen nachhaltigen Eindruck (MusKassel) (Abb. 10).
Abb. 10: Der eifersüchtige Tiroler von Franz Defregger, 1899 |
Es mag noch heute - wie viele andere Gemälde des Tiroler Malers Franz Defregger (1835-1921) - deutlich direkter ansprechen als die meisten vergleichbaren Werke aus Willingshausen.
Womöglich wäre es einmal spannend, nach den Ursachen dafür zu fragen. Warum erscheinen einem heute viele "Szenen aus dem Volksleben" aus Willingshausen zu "rührend", während ein solcher Eindruck - zum Beispiel - bei einem Defregger viel seltener entsteht. Defregger erscheint uns viel kraftvoller, viel "gegenwärtiger" als selbst etwa ein Wilhelm Thielmann. Und als Ludwig Knaus sowieso.
Abb. 11: "Die goldene Hochzeit" von Ludwig Knaus, 1859 |
Nun abschließend noch einige Werke dieses oben erwähnten Ludwig Knaus, ohne den es die Willingshäuser Malerkolonie in der Form, in der sie bekannt geworden ist, vermutlich gar nicht gegeben hätte.
Abb. 12: "Hinter den Kulissen" von Ludwig Knaus, 1880 |
Wir versuchen hier noch einige seiner Werke einzustellen, die uns noch am ehesten als ansprechend erscheinen (Abb. 11 bis 14).
Mit all dem sollte nur ein erster Eindruck zur reichen Geschichte der Malerkolonie Willingshausen gegeben werden.
Abb. 13: In Gedanken verloren von Ludwig Knaus, 1884 |
Umfassendere Überblickswerke zur Geschichte der Willingshäuser Malerkolonie müssen erst noch durchgeblättert und studiert werden, um ein womöglich vollständigeres Bild geben zu können.
Abb. 14: "Das freche Mädchen" (Ausschnitt), Ludwig Knaus zugesprochen |
Und abschließend auch noch ein Beispiel für das Willingshäuser Schaffen von Ludwig Emil Grimm (Abb. 15).
Ludwig Emil Grimm (1825)
Ludwig Emil Grimm hat sehr bedeutende Werke hinterlassen neben vielen locker dahin gezeichneten Augenblicks-Eindrücken. Deshalb kann man ihn auch leicht unterschätzen.
Abb. 15: Bildnis des Johannes Dorr oder Dörr aus Willingshausen von L. E. Grimm, 1825 |
Das hier gebrachte Bildnis des Johannes Dörr, ebenso wie das Bildnis eines Jungen aus Obermöllrich, sowie eine "Hausecke mit Drehbrunnen in Willingshausen" sind alle im Jahr 1825 entstanden (Zeno).
________________
- Andresen, Andreas: Die deutschen Maler-Radirer, peintres-gravenrs, des neunzehnten Johrhunderts nach ihren Leben und Werken. 3. Band, Leipzig 1869 (GB)
- Raupp, Karl: Willingshausen - Ein Studienplatz deutscher Künstler. Beschrieben in Wort und Bild. In: Kunst für alle, Bd. 2, 1887, S. 11ff (GB)
- Wietek, Gerhard; Bellm, Richard: Deutsche Künstlerkolonien und Künstlerorte. Verlag Karl Theimig, München 1976 (GB)
- Naumann, Petra: Volkskultur - das Andere im Eigenen. Entwürfe ländlicher
Kultur um 1900. Diss. Marburg 2009, Tectum Verlag, Marburg 2011 (GB), S. 121ff
- Lenman, Robin: Artists and Society in Germany 1850-1914. Manchester University Press, 1997 (GB)
- Wulf, Harm: Emil Beithan - Maler Schwälmer Brauchtums, 2015, http://galleria.thule-italia.com/emil-beithan/
- Der Schwälmer, https://youtu.be/nJhO9A_bbKg?t=156
- Der Schwälmer, https://www.dancilla.com/wiki/index.php/Schw%C3%A4lmer
Preußenblog
"Erschlagen von österreichischen Reitern" (1628)
Familiengeschichtliche Forschungen führen einen zurück auf einen Hans Jenetschke, der 1628 in Dobersdorf "im Jägerndorfischen" von Lichtensteiner "Seligmachern" erschlagen worden sein soll, und dessen Frau mit sieben Kindern dann nach Jordansmühl am Zobten geflohen ist, wo sich die Familiengeschichte dann bis 1945 fortsetzt.
Diese wenigen Angaben werfen mit einem Schlag so viele Fragen auf, wie sie nur durch aufwendige Recherchen nach und nach beantwortet werden können. In diesem Beitrag sollen zunächst die näheren historischen Umstände dieses Geschehens im Jahr 1628 ausgelotet werden. Da der Familienname Jenetschke aber offensichtlich aus dem Tschechischen stammt und da das Herzogtum Jägerndorf schon seit dem Mittelalter und bis 1945 die Heimat sowohl von deutschsprachigen wie tschechischsprachigen Menschen war (offensichtlich in höherem Anteil als sonst im Sudetenland und in Mähren-Schlesien), möchten wir in weiteren Beiträgen auch alle Fragen rund um diesen Umstand näher verstehen lernen.
Abb. 1: Terrorherrschaft im Dreißigjährige Krieg |
Der Graf Mansfeld hatte 1626 seinen Zug nach Schlesien unternommen (s. Prbl2022a, b). Wallenstein konnte 1628 die in Schlesien eingedrungenen protestantischen Truppen wieder vertreiben. Aber nun hatte die kaiserliche Partei - endlich - eine Handhabe, hart gegen die "Ketzer" in Schlesien vorgehen zu können. Jedenfalls sprach sie sich diese zu. Jägerndorf war eine bis dahin fast gänzlich protestantische Stadt gewesen. So wie die meisten anderen Städte und Dörfer Schlesiens und Oberschlesiens.
Nun sollte das bald anders werden. Karl Hannibal Burggraf von Dohna (1588-1633) (Wiki, ADB) sollte eine wichtige Rolle spielen bei der nun folgenden Rekatholisierung Schlesiens im Jahr 1628. Er war Landvogt der Oberlausitz und hatte auch die Finanzverwaltung Schlesiens unter sich. Wir lesen über ihn (J. Berg: Die Geschichte der schwersten Prüfungszeit der evangelischen Kirche Schlesiens und der Oberlausitz. Jauer 1857, S. 116, GB):
Den 28. August 1628 machte der Graf Dohna den gemessenen Befehl bekannt, daß alle und jede Prediger, so der römisch-katholischen Religion nicht zugetan wären, aus den Fürstentümern Jägerndorf und Troppau abgeschaffen werden, alsbald ihr Amt einstellen und binnen 14 Tagen die Fürstentümer verlassen sollten. (...) Der Befehl wurde unterm 10. September 1628 in Jägerndorf wiederholt, es wurden wirklich die Geistlichen und Lehrer vertrieben und als das immer noch nichts half, die Lichtensteiner Dragoner dazu gebraucht, um die Leute mit Gewalt zum Abfall zur römischen Kirche zu zwingen (Caraffa a.a.O. p. 335).
Die in diesem Zitat enthaltene Bezugnahme auf Caraffa könnte sich auf einen Nuntiaturbericht aus dem Jahr 1628 beziehen. 1628 mußte die Stadt Jägerndorf also vier "donawische Kompagnien" aufnehmen (n. Leiden der Stadt Jägerndorf im 30jähr. Kriege. In: Notizen-Blatt mähr.-schles.Gesell., 1860, S. 22, GB). Das werden die berüchtigten Lichtensteiner Dragoner unter dem Befehl des Grafen Dohna gewesen sein, von den Zeitgenossen "Seligmacher" genannt.
Abb. 2: Troplowitz (Wiki) am Flüßchen Goldoppa im Landkreis Leobschütz im Leobschützer Lößhügelland in der Schlesischen Tiefebene, Oberschlesien (Postkarte) - Das Dorf liegt acht Kilometer westlich von Dobersdorf. Im Norden von Troplowitz und Dobersdorf liegt das Zuckmanteler Bergland (Wiki, engl, pol), gelegen zwischen Reichensteiner Gebirge und Altvatergebirge (Ostsudeten) |
In einer neueren geschichtlichen Studie lesen wir dazu (Deventer, Jörg: Nicht in die Ferne - nicht in die Fremde? Konfessionsmigration im schlesisch-polnischen Grenzraum im 17. Jahrhundert. In: J. Bahlcke (Hrsg): Glaubensflüchtlinge - Ursachen, Formen und Auswirkungen frühneuzeitlicher Konfessionsmigration in Europa. Lit Verlag, Berlin 2008, S. 102, GB; ähnlich: ders. 2012, GB):
Die unter dem Oberkommando des Standesherrn Karl Hannibal I. von Dohna stehenden Liechtensteiner Dragoner traten im Spätherbst 1628 zunächst in oberschlesischen Städten wie Troppau, Jägerndorf und Leobschütz in Erscheinung und tauchten dann auch in den niederschlesischen Fürstentümern Glogau, Sagan, Schweidnitz-Jauer und Münsterberg auf. Die zu Beginn der Besatzungstruppen ergriffenen Maßnahmen waren in allen betroffenen Städten ziemlich identisch: Lutherische Pfarrer, Diakone und Lehrer wurden ausgewiesen, evangelische Schulen geschlossen, Kirchen "rekonciliert" und mit katholischen Geistlichen bzw. Jesuiten besetzt.
(Zu diesem Zitat wird auch umfangreiche, neuere wissenschaftliche Literatur angeführt, so daß diese Ausführungen als recht zuverlässige werden gelten können. Außerdem könnte die dort angeführte Literatur als Ausgangspunkt für weitere Forschungen gewählt werden.)
Abb. 3: Jägerndorf und Troppau - Ihre Geographische Lage in Österreichisch-Schlesien |
Ein schlesischer Historiker des 19. Jahrhunderts schrieb dazu (Biermann Protestantismus, S. 58):
Nun konnte die Gegenreformation auf die empörendste Weise unter dem nichtigen Vorwand durchgeführt werden, daß die Oberschlesier während der Anwesenheit des Feindes (Mansfelds) sich des Hochverrates und der Rebellion schuldig und des Accords verlustig gemacht haben. Die Prediger wurden verjagt, die Kirchen genommen, die Schulen geschlossen. Mit Hilfe des liechtensteinischen Dragoner-Regimentes unter dem Befehl des Baron Goes suchte man die Bevölkerung mürbe zu machen, Einquartierungen, welche die Betroffenen an den Bettelstab brachten, wurden so lange fortgesetzt, bis die Bürger ihren Glauben abschwuren. Die Hartnäckigen wurden mit blanker Waffe zur Messe getrieben. so verfuhr man in Glogau, so in vielen anderen Städten. - Die Meute fanatisierter und beutegieriger Soldknechte wurde auch auf unseren Teil von Schlesien gehetzt, Troppau und Jägerndorf wurden ihrer Habe von den "Seligmachern" unter dem Vorwande beraubt, daß sie an dem Einfall des Mansfelders sich beteiligt hätten. Die Jesuiten kehrten, von Wallenstein gerufen, nach Troppau zurück, er übergab ihnen alle Kirchen der Stadt.
In Glogau scheinen die Lichtensteiner Dragoner dann am fürchterlichsten gehaust zu haben. In jeder ausführlicheren Darstellung zur Geschichte Schlesiens in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ist von diesen Geschehnissen die Rede. In Glogau wurde jenes abschreckende Beispiel geschaffen, das dann unzählige weitere Städte und Dörfer zur knirschenden Bekehrung zum Katholizismus brachte in Schlesien.
Oktober 1628 - Rekatholisierung in Glogau
Wir lesen darüber etwa (Robert Berndt: Geschichte der Stadt Gross-Glogau, Band 1, 1879, Seite 93, GB):
In der Nacht vom 29. zum 30. (Oktober 1628) wurden nämlich die Lichtenstein'schen Dragoner unter dem Obersten von Goes, welche von der Bekehrung in Mähren angelangt, ihre ersten schlesischen Bekehrungs-Versuche in Troppau und Jägerndorf gemacht und bereits seit einiger Zeit in den Dörfern um Glogau gelegen hatten, 3000 Köpfe stark (...) in die Stadt eingelassen.
In der damaligen Stadt Glogau hatten "140 katholische Bürger 7 Kirchen und 967 evangelische Bürger nur eine Kirche". Und diese eine Kirche sollte ihnen auch noch weggenommen werden.
Abb. 4: Dobersdorf, Landkreis Leobschütz in Oberschlesien - Eindruck von der landschaftlichen Lage des Dorfes im Leobschützer Lößhügelland - Fotograf: Ralf Lotys (Sicherlich) (Wiki) |
Dazu finden wir unter der Überschrift "Die Dragonaden der 'Seligmacher'" folgenden zeitgenössischen Bericht angeführt (zit. n. Karl Friedrich Hanser: Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. Band 3, 1862, S. 152ff GB):
"Es war das Lichtensteinsche sehr starke Regiment, welches niemals vor einigen Feind geführet, sondern bloß und allein in Mähren wider unschuldige evangelische Christen, solche zum Papsttum zu zwingen, gebraucht worden, (...) in Schlesien und von da in die Lausitz geführt (...) zu dem Intent und zu sonderbarem Fleiß, daß man dadurch die armen Leute in Schlesien auch reformieren sollte, weil diese Seligmacher, wie sie genannt worden, gar einen besonderen Griff und Kunst aus langer Übung gelangt hatten. (...) Ward unterm Schein als sollte es über Crossen auf die Mark Brandenburg zu marschieren ins Großglogausche neben der Stadt hingeführt, daß es den 26. Oktober 1628 nicht weit von dieser Stadt logierte. (...) Man mußte den Dohna zur Nacht aus den Toren von Breslau lassen, damit er ja solche seine Freude nicht versäumte, weil er einen großen Weg zu fahren hatte und der Abrede nach gleich wohl gern wollte dabei sein. Oppersdorf aber schrieb vorhin an Dohna: er wolle ja verziehen bis er könne dabei sein und wolle doch so denken wie ers sonsten beim Pater Lamormain werde verantworten können, daß er sich bei einem so guten Werke nicht hätte sollen finden lassen."
Der Jesuitenpater Wilhelm Lamormaini (1570-1648) (Wiki) war der Beichtvater Kaiser Ferdinands II., einer der schlimmsten Einpeitscher des 30-jährigen Religionskrieges, in dessen Gunst sich also diese beiden schlesischen Rekatholisierer erhalten wollen.
Abb. 5: Jägerndorf in Schlesien - Kupferstich von Johann Adam Delsenbach (1687-1765), gezeichnet 1720, veröffentlicht 1733 |
In dem zeitgenössischen Bericht heißt es weiter (Hanser 1862, S. 152ff GB):
"Der Abrede gemäß wurden die Soldaten des Lichtenstein'schen Regiments in der Nacht eingelassen, da sich die armen Leute im Schlafe gar nichts befahreten."
Die evangelischen Bürger wurden dann überrumpelt und mit Einquartierung bedroht (Hanser 1862, S. 152ff GB):
"Wolle er quartierfrei sein, und nicht so übel geplagt und behandelt werden, so solle er beichten oder nur Beichtzettel holen und sich katholisch erklären: sonst wäre ihm nicht zu helfen. Dannhero ihrer viele aus Furcht, Angst und Schrecken, viele aus Unverstand und Unwissenheit, viele aber auch aus Leichtsinnigkeit hinliefen, sich beim Herrn v. Dohna als Generalseligmacher angaben, der ihnen denn alsbald einen Beichtzettel unterschrieben erteilte. Wenn der vorgezeigt wurde, räumte der Soldat das Haus und logierte sich bei einem anderen, der noch keinen Beichtzettel genommen, ein. (...) Also, daß zuletzt diejenigen, die sich eifrig und beständig erzeigten, wohl ganze Kompagnien und mehr einquartiert wurden. (...) Inzwischen aber war er geprügelt, geschlagen, im Haus und auf der Gassen auf- und niedergejagt, daß er Wein, Traktament und Geld schaffen mußte, so lange, bis er bewilligte zu beichten oder einen Beichtzettel zu holen. (...)Weil zuvor, als der Landeshauptmann v. Oppersdorf den Lutheranern die Nikolaikirche wegnehmen wollte, diese solchem Unternehmen sich widersetzt hatten, so mußten jetzt etliche dafür mit dem Leben bezahlen; denn es wurde zu Glogau eine öffentliche Exekution gehalten und zwei oder drei Bürger, die fürnehmlich sich der Übergebung der Kirche widersetzt hatten, hingerichtet.Wie grausam man hernächst mit dem damaligen Pastor Valentin Preibisch verfahren habe, ist auch noch beizufügen. Bald nach Ersteigung der Stadt setzte man ihn gefangen und legte ihm ein Schwert und ein Kruzifix vor, um entweder den Tod oder den Abfall zu erwählen. Wie dies seine Frau erfuhr, ließ sie ihm entbieten, er möchte doch ja lieber das Schwert erwählen. Er ist auch wirklich standhaft geblieben. (...)Es verließen daher viele sobald sie nur konnten, Haus und Hof, Habe und Gut und flohen nach Polen."
Preibisch entließ man aus der Haft gegen eine Geldbuße von 200 Gulden und verwies ihn aus Stadt und Land.
Wir lesen weiterhin (Robert Berndt: Geschichte der Stadt Gross-Glogau, Band 1, 1879, Seite 93, GB):
Nach den eignen Erzählungen der Jesuiten sind auf diese Weise in Glogau allein im Jahre 1628 gegen 6000, in dem nächstfolgenden Jahre nochmals über 400 Personen zur katholischen Religion zurück geführt worden. Ein gleiches Bekehrungsgeschäft setzten die Jesuiten oder auch die teilweise zu diesem Zweck entsendeten Dragoner in Begleitung mit Hilfe von Jesuiten in den Dörfern um Glogau, in den Weichbildstädten des Fürstentums, selbst in entfernteren Orten fort.
Im 19. Jahrhundert gab es in Glogau neben 4.300 Protestanten 2.500 Katholiken. Bis 1939 verfünffachte sich aber die evangelische Einwohnerschaft, während sich die katholische Einwohnerschaft nur verdreifachte. Dadurch verschob sich das Zahlenverhältnis zugunsten der Protestanten in der Stadt (s. Wiki). Aber ohne die Jesuiten, ohne die Lichtensteiner Dragoner hätte es bis 1945 wahrscheinlich kaum Katholiken in Glogau gegeben.
In Grünberg trug sich am 7. November 1628 ähnliches zu (zit. n. Karl Friedrich Hanser: Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. Band 3, 1862, S. 155, GB):
"Vor allen Dingen riefen die Soldaten in den Pfarrhäusern: 'katholisch, katholisch oder fort'. (...) Zu Mitternacht suchten sie den Pastor auf und nannten sich Seligmacher und sagten, sie könnten die Leute selig machen. (...) Da wäre es Zeit gewesen, in die Kirche zu gehen. (...) Die ruchlosen Priesterplacker taten unterschiedliche Schüsse, damit sie das Volk vom Kirchhofe abtrieben. Jedoch ermunterte der Pastor Willich, ließ sich die Kirchtür aufmachen und ging mit etlichen hundert Personen da hinein. Es folgen auch zum Teil Soldaten nach. Der Pastor fing vor dem Altar an, aus dem Liede 'In dich hab ich gehoffet, Herr' die zwei letzten Verse 'Herr, meinen Geist befehl' ich dir' usf. zu singen. Als er sich zurück wandte, sagte er von der Kanzel: 'bei einem guten Liede pflegt man auch sonst eine gute Predigt zu hören. Das aber wird mir anstatt eines Valets nicht gegönnt. Jedoch merket zum Beschluß diesen Spruch aus Gal. 1,8: 'So Euch jemand ein anderes Evangelium predigen wird, anders denn wir euch gepredigt haben: der sei verflucht, sollte es auch ein Engel vom Himmel oder ein Jesuit sein.' "
Unter solchen Flüchen und Gegenflüchen wurde der Pfarrer gezwungen, seine Sachen zu packen und samt seiner Familie die Stadt zu verlassen.
Abb. 6: Der Landkreis Leobschütz (erstellt von Schlesinger) (Wiki) |
In dem angegebenen Buch aus dem Jahr 1862 werden noch viele weitere angewandte Bekehrungsmethoden geschildert. Der nächstfolgende Abschnitt in dem Buch trägt dann als Überschrift: "Zwangsbekehrungsmittel gegen das Landvolk".
Andernorts lesen wir (Johann Adam Hensel: Protestantische Kirchen-Geschichte der Gemeinen in Schlesien. 1768, S. 272, GB):
Man erwählte zu gewaltsamer Ausführung dieser Reformation drei Hauptpersonen: 1) Herrn Carl Hannibal Burggrafen von Dohna, 2) Herrn George Reichsgrafen von Oppersdorf, Landshauptmann in Glogau und 3) Herrn Baron von Bibra, Landshauptmann im Schweidnitzischen und Jauerschen. Diese drei Herren erhielten vom Wiener Hofe ihre Instruktion, wie sie sich in diesem Handel in denen Städten und auf dem platten Lande verhalten sollten. Diesen Commissarien gab man, um die Stadtkirchen wegzunehmen und die Bürger zur katholischen Religion zu zwingen, vom Hofe das Lichtensteinische Regiment zu Hilfe, welches schon in Mähren eben diese Dienste getan hatte. Der Oberste desselben (war) Baron Góes.
Eine Antwort auf Beschwerden der Stände Schlesiens wegen des geschilderten gewaltsamen, brutalen "Reformationswesens" (der Gegenreformation), insbesondere wegen der Geschehnisse in Glogau leitete der Kaiser Ferdinand II. in Wien bezeichnenderweise folgendermaßen ein (zit. n. Robert Berndt: Geschichte der Stadt Gross-Glogau, Band 1, 1879, Seite 95, GB):
Wann wir denn, was das Herzogtum Teschen und diejenigen Orte in Oberschlesien betrifft, so bei dem Mansfeldischen Einfalle von dem Feinde eingenommen (...) uns weder Ziel noch Maß, was diesfalls deren Orten vorzunehmen von jemanden vorschreiben zu lassen, keineswegs gemeint ...
Er will sich also weder Ziel noch Maß vorschreien lassen, was seine Rekatholisierungs-Maßnahmen in Oberschlesien betrifft. Und in den weiteren Formulierungen wird dann klar, daß er weitere Maßnahmen bezüglich Glogau grollend einstweilen "bewenden lassen" will - nicht aber ohne weitere drohende und grollende Worte zu gebrauchen.
Die Ereignisse in Glogau hatten die gewünschte abschreckende Wirkung (Faustin Ens: Das Oppaland, oder der Troppauer Kreis, nach seinen geschichtlichen ... Eigentümlichkeiten, Band 1, Wien 1835, S. 130, GB):
Um ähnlichen Schrecknissen zu entgehen, wandten sich die Untertanen der Fürstentümer Troppau und Jägerndorf in Demut an ihren Herzog Maximilian mit der Bitte, die drohenden Übel von ihnen abzuwenden. Er stellte eine Vollziehungskommission in Troppau auf, an deren Spitze Burggraf Dohna stand. Sie verhieß die Abhaltung (=Fernhaltung) der Seligmacher gegen Annahme des Statutum religionis.
Vielleicht bringt hier der Autor auch die Zeitabfolge durcheinander. Aber die Rekatholisierungsmaßnahmen zogen sich noch über Jahre weiter hin. Nur durch dauerhaften Druck gegen die protestantischen Schlesier gelang es langfristig, sie zu Katholizismus zu bekehren.
Familiengeschichte im Jahr 1628 in Schlesien
Mit den Ausführungen dieses Blogartikels wollten wir das Rahmengeschehen kennzeichnen, das man kennen muß, wenn man einordnen will, was man in familiengeschichtlichen Aufzeichnungen finden kann, nämlich solche Angaben:
"Hans Jenetschke war Schulmeister und Kirchenschreiber zu Stirnau bei Dobersdorf. Während der Gegenreformation wurde er von österreichischen Reitern erschlagen. Er hinterließ eine Witwe mit sieben Kindern, die nach Jordansmühl zog."
In anderen familiengeschichtlichen Aufzeichnungen finden sich dazu die folgenden Ausführungen:
Hans Jenetschke, Schulmeister und Kirchenschreiber zu Dobersdorf im Jägerndorfischen, ist mit einiger Sicherheit in der Gegenreformation als Protestant totgeschlagen worden. Seine Witwe, Barbara Jenetschke, ist mit den Kindern aus dem Jägerndorfischen (was katholisch blieb) nach Jordansmühl am Zobten geflohen. (...) Die Angaben über (...) ihren Mann, sind der Kirchenbucheintragung der Kirche von Jordansmühl anläßlich der Beurkundung ihres Todes entnommen.
Die Lebensdaten des Sohnes dieser beiden, Hans Jenetschke (1627-1668), deuten darauf hin, daß der Vater durchaus im Jahr 1628 erschlagen worden sein kann. Das ist auch genau das Jahr, in dem die Gegenreformation "im Jägerndorfischen", sprich im Herzogtum Jägerndorf - und auch sonst in Schlesien - gewaltsam durchgeführt worden ist - wie schon dargestellt.
Eine solche Angabe ergänzt und veranschaulicht unsere bisherigen Forschungen zum Dreißigjährigen Krieg, insbesondere auch zu Schlesien, die wir bis Ende letzten Jahres hier auf dem Blog schon betrieben hatten (siehe Schlagwort Gegenreformation, bzw. Beiträge zum Westhavelland [Prbl2017], zur Geschichte Riga's, zum Grafen Mansfeld [Prbl2022a] und zu seinem Wirken in Schlesien [Prbl2022b]).
Familiengeschichte in Nordeuropa, so stellt man bei dieser Gelegenheit - einmal erneut - fest, kann nicht selten zurück verfolgt werden bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Und man kann dann gerade dort auf die vergleichsweise aufwühlensten Vorgänge stoßen (abgesehen von jenen im 20. Jahrhundert).
Ist der Jesuitenorden, der für all das damalige Geschehen verantwortlich war, heute denn weniger mächtig und einflußreich als damals? Verfolgt er seine Ziele heute mit weniger Fanatismus als damals? Sind doch auch heute genügend Personen aus Politik und Medien bekannt, die in ihrer Jugend Jesuiten-Gymnasien besucht haben. Siehe z.B. das Schlagwort Jesuiten auf unserem Parallelblog "Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!" mit den ersten Beiträgen dort im Januar 2010, als die umfangreiche Pädokriminalität des Jesuitenordens und der katholischen Kirche weltweit erstmals - wieder - öffentlich behandelt worden sind (seit 1945) (s. GAj2010a, GAj2010b, uvam.).
So mag denn auch diese familiengeschichtliche Entdeckung einmal erneut zum Anlaß gewählt werden, uns unserer Vorfahren und ihrer erschütternden Schicksale zu erinnern und sie geschichtlich einzuordnen.
Das preußische und das österreichische Schlesien (seit 1742)
Um das genannte Geschehen geographisch-historisch noch etwas genauer einzuordnen: 1742 eroberte Friedrich der Große Schlesien für Preußen, wodurch den 1628 begonnen Rekatholisierungsmaßnahmen in Schlesien für die weiteren 200 Jahre ein Ende gemacht worden war. Durch die Eroberung durch Friedrich den Großen war es zur Teilung von Schlesien gekommen in einen größeren preußischen Teil und einen kleineren österreichischen Teil. Letzterer Teil war seither "Österreichisch-Schlesien" genannt worden (Wiki) und zählte - als deutsch besiedelte Region - seit 1920 zum "Sudetenland".
Abb. 7: Österreichisch-Schlesien 1746 nach dem zweiten Schlesischen Krieg (Wiki) |
Österreichisch-Schlesien ist insbesondere ab 1628 gewaltsam rekatholisiert worden (wie oben angedeutet). Es hat seit jener Zeit bis 1945 katholisches Gepräge gehabt. Bis 1918 gehörte es ja auch zur Habsburger Monarchie. Die Grenzziehung von 1742 hat sich erstaunlicherweise bis heute erhalten. Denn das preußische Schlesien kam 1945 an Polen und das Österreichische Schlesien war schon 1920 als Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges an Tschechien gekommen.
1945 und 1946 wurde die angestammte deutsche Bevölkerung aus beiden Teilen Schlesiens fast gänzlich aus ihrer Heimat entfernt.
Das in den familiengeschichtlichen Angaben genannte Dorf Dobersdorf (poln. Dobieszów) (Wiki) liegt im Leobschützer Lößhügelland und gehört zum Landkreis Leobschütz. Es hatte aber bis 1742 zum Herzogtum Jägerndorf gehört. Ab 1742 gehörte es zum preußischen Schlesien (s. 1837, S. 21, GB).
"Dobersdorf im Jägerndorfischen" liegt nahe der Grenze zwischen Preußisch-Schlesien (heute Polen) und Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien). Es liegt in der Mitte eines Dreiecks zwischen den folgenden drei Städten (s. GMaps):
- Jägerndorf (Wiki), gelegen zehn Kilometer südlich in Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien)
- Olbersdorf (Wiki), gelegen elf Kilometer westlich in Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien) und
- Leobschütz (Wiki), gelegen elf Kilometer nordöstlich in Schlesien (heute Polen).
Es könnte noch ein fünfzehn Kilometer weiter im Norden des Dorfes Dobersdorf liegendes Städtchen angeführt werden, das den Namen Hotzenplotz (Wiki) trägt. Hotzenplotz gehörte ebenfalls zu Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien).
Das Herzogtum Troppau
Alle drei, bzw. vier Städte gehörten im Hochmittelalter zum Herzogtum Troppau (Wiki). Die Herzöge gehörten zum böhmischen Herzogsgeschlecht der Premysliden (Wiki). Dieses Herzogsgeschlecht entstand im Frühmittelalter in einer Zeit, in der sich - nach neuesten archäogenetischen Erkenntnissen (Stgen2019) - der Hochadel Rußlands, Pommerns, Polens, Schlesiens und Böhmens mit handelsreisenden Wikingern vermischte, die die großen Flüsse Oder, Weichsel, Wolchow, Dnjepr bereisten und dort dauerhafte Handelssiedlungen gründeten. Für die Premysliden gilt damit ähnliches wie für die Rurikiden in Rußland, die mittelalterlichen Herzogshäuser in Pommern und Westpreußen und die Piasten in Polen und Schlesien: Sie waren in Teilen wikingischer Herkunft. Das war schon aufgrund von Schriftquellen und Namensforschung von der Wissenschaft angenommen worden, war aber bis heute umstritten geblieben.
Das mittelalterliche Herzogtum Troppau nun ist 1367 und 1377 aufgeteilt worden auf mehrere Söhne. Dabei entstanden neben Herzogtum Troppau noch die Herzogtümer Jägerndorf (Wiki), Leobschütz und Freudenthal. Die Stadt Freudenthal liegt 22 Kilometer südwestlich von Jägerndorf. 1523 konnte eine Hohenzollern-Linie das Herzogtum Jägerndorf kaufen.
Jesuiten können warten - Es ist "noch nicht an der Zeit"
Dieses kam aufgrund der Kinderlosigkeit des Herzogs 1603 an den Kurfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg. Dessen Sohn Johann Georg war dann Oberbefehlshaber der Truppen des pfälzischen "Winterkönigs" Friedrich V.. Und das hatte hinwiederum zur Folge (Wiki):
Nachdem es den Kaiserlichen in der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 gelungen war, den böhmischen Truppen schwere Verluste zuzufügen, wurde Prag von den Habsburgern besetzt. Am 28. Februar 1621 wurde in Dresden unter Vermittlung des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen der sogenannte Dresdner Akkord unterzeichnet. Die schlesischen Fürsten schworen Treue gegenüber dem Kaiser und brachen die Beziehungen zu dessen Feinden vollständig ab. Darüber hinaus zahlten sie zur Wiedergutmachung Ferdinand II. 300.000 Gulden wegen ihrer Teilnahme am Aufstand. Ausgenommen war der Anführer der Schlesier, Herzog Johann Georg von Jägerndorf, der geächtet wurde.
Im Gegenzug konnte der sächsische Kurfürst mit diesem "Akkord" sozusagen noch eine gewisse schützende Hand über die Protestanten in Schlesien halten (Wiki):
Am 15. März 1623 übertrug der Kaiser das Herzogtum Jägerndorf seinem treuen Anhänger Karl I. von Liechtenstein, dem bereits seit 1613 das Herzogtum Troppau gehörte. Er vereinte die beiden Herzogtümer zum Herzogtum Troppau-Jägerndorf.
Nach diesem Adelsgeschlecht ist auch das genannte Lichtensteiner Regiment benannt. Die Einwohnerschaft von Jägerndorf war damals "bis auf ein Dutzend Personen protestantisch" (Zukal 1912, S. 8). Das sollte sie nun nicht mehr so lange bleiben.
Wir lesen (s. Gottlieb Biermann: Geschichte der Herzogthümer Troppau und Jägerndorf, 1874, S. 523f, GB):
Man fand es jedoch noch nicht an der Zeit, die sogenannte Gegenreformation im Troppauischen, für dessen protestantische Bevölkerung der Kurfürst von Sachsen intervenierte, schon jetzt durchzuführen. (...) Mansfeld's Einfall in Schlesien bot die heiß ersehnte Gelegenheit, auf welche die in Wien alles vermögende Jesuitenpartei längst schon ungeduldig harrte, um sich des lästigen Akkords zu entledigen.
Aus Rücksicht auf den Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen und den mit ihm abgeschlossenen "Dresdener Akkord" war man also nicht schon 1623 in Schlesien gegen die Protestanten ebenso vorgegangen wie man dies zeitlich in Böhmen und sonst in Österreich tat. Aber was für bezeichnende und deutliche Worte der österreichisch-schlesische Historiker Gottlieb Biermann (1828-1901) (Wiki) wählt.
Im Juli 1626 zog dann also endlich der Graf Ernst von Mansfeld (1580-1626) (Wiki) - so heiß ersehnt von den Jesuiten in Wien (und nicht selten auch von ihnen bezahlt!) - von Brandenburg aus nach Schlesien ein. Der andere Führer dieses Zuges war der Herzog Johann Ernst von Sachsen-Weimar (1594-1626) (Wiki).
Am 19. August 1626 erscheint Weimarische Kavallerie vor den Toren von Troppau und wenig später die gesamte Kriegsmacht des Herzogs von Weimar. Schließlich muß ihm die Stadt die Tore öffnen. Der Herzog läßt als Stadthauptmann Joachim Mitzlaw zurück, bevor er weiter gen Ungarn zieht. Auch Jägerndorf ist in dieser Zeit in die Hand der der Dänen gekommen. Und die protestantischen Truppen können bis zum Sommer 1627 ihre Machtbasis in Oberschlesien nach und nach noch weiter ausbauen. Daran können zunächst auch kleinere kaiserliche Vorstöße nichts ändern (G. Biermann: Geschichte der Herzogthümer Troppau und Jägerndorf, 1874, S. 528, GB):
Im Februar 1627 erscheint Oberst Dohna mit fünf Kompagnien vor Jägerndorf, er plündert die Vorstädte, wird jedoch überfallen und ihm die Beute abgejagt.
Und genauer dazu (1912, S. 17):
Heinrich von Dohna, ein jüngerer Bruder des Obersten Karl Hannibal (von Dohna), gewöhnlich der junge Dohna genannt, versuchte mit einem Reiterhaufen in die Vorstadt von Jägerndorf einzudringen. Als ihm dies mißlungen war, fiel er auf dem Rückzug bei dem Dorfe Türmitz in einen Hinterhalt, verlor 20 Mann und wurde selbst gefangen.
Das hier genannte Dorf Türmitz (Wiki) liegt drei Kilometer nördlich von Jägerndorf.
Juni 1627 - Wallenstein besetzt Jägerndorf
Dohna hatte auf Befehl Wallensteins gehandelt, der nun selbst ins Herzogtum Troppau kommt (30jK):
Wallenstein war fest entschlossen, dem dänischen Spuk in Schlesien ein Ende zu machen. Am 2. Juni 1627 verließ er Prag und erreichte acht Tage später das Lager seiner Armee in Neiße. Von hier aus setzten sich am 19. Juni zweiundzwanzig Regimenter mit etwa 40.000 Mann gegen die Dänen in Bewegung. Einer solchen Übermacht waren diese nicht gewachsen. Es fiel eine Stadt nach der anderen, am 21. Juni Leobschütz, am 23. Jägerndorf. Am 5. Juli erschienen Wallensteins Regimenter im Weichfeld der Festung Kosel.
Soweit zu den geschichtlichen Geschehnissen rund um Jägerndorf und Schlesien in den Jahren 1626 bis 1628.
Der Landkreis Leobschütz
Noch kurz zu dem erwähnten Ort Stirnau. Stirnau wird als "Kolonie" bezeichnet und als Dobersdorf zugehörig (Genea), bzw. als zugehörig zum Dorf Raden (Wiki). Auf einer Karte des Jahres 1736 ist sie eingezeichnet (Wiki), ebenso 1830 (MusDig). 1865 hatte Stirnau 31 Einwohner (GB):
Westlich des Hauptdorfes auf der Höhe liegt die Kolonie Stirnau.
Es scheint, als ob diese Kolonie nach 1945 aufgehört hat zu bestehen und als ob dort heute Wald wächst. Dobersdorf selbst gehört seit 1988 zu dem "Landschaftsschutzgebiet Mocker-Löwitz" (Wiki), das sich von Dobersdorf über 14 Kilometer nach Südosten bis zum Dorf Löwitz (Wiki) zieht (Wiki):
Die Landschaft aus steilen, teilweise bewaldeten Hängen, malerischen Tälern und kleinen Stauseen lockt zahlreiche Touristen hierher. (...) Die mit attraktiven Wäldern bedeckten Hügelhänge sind ein Zufluchtsort für Waldtiere (Wildschweine, Rehe). (...) Es ist geplant, den Landschaftspark Zuckmanteler Bergland um das Landschaftsschutzgebiet Mocker-Löwitz zu erweitern.
Acht Kilometer westlich von Dobersdorf (auf der anderen Seite des Waldes) liegt Troplowitz (Wiki), von dem sich Postkarten-Darstellungen finden (Abb. 2). Man wird Stirnau als zu klein ansehen müssen, als daß es für sich genommen sich einen eigenen "Schulmeister und Kirchenschreiber" hätte leisten können um 1628. Wahrscheinlicher wird sein, daß Hans Jenetschke Schulmeister und Kirchenschreiber von Dobersdorf war, aber in Stirnau mit seiner Frau Barbara und seinen sieben Kindern wohnte. Denn selbst im größeren Dobersdorf gab es damals noch keine Kirche, sondern nur ein Bethaus. Die dortige Kirche wurde erst hundert Jahre später gebaut.
Mit all dem sollte ein Eindruck gegeben werden von jenen Umständen, unter denen Hans Jenetschke vielleicht im September 1628 im abgelegenen Stirnau bei Dobersdorf erschlagen worden sein könnte. In der Literatur wird auch die Anwendung von Folter durch die Jesuiten erwähnt (Hanser 1862, S. 158f GB). Auf einen erschlagenen protestantischen Schulmeister mehr oder weniger in der Welt kam es den Jesuiten damals nicht an.
Jägerndorf war bis 1945 eine deutsche Stadt mit zum Schluß knapp 25.000 Einwohnern. Sie waren fast alle katholischer Religion. Viele ihrer Nachfahren werden längst ausgetreten sein. Patenstadt von Jägerndorf ist Ansbach. Dort findet sich auch eine Jägerndorfer Heimatstube.
_____________
- Henselm Johann Adam: Protestantische Kirchen-Geschichte der Gemeinen in Schlesien. 1768, S. 272 (GB)
- Berg, J.: Die Geschichte der schwersten Prüfungszeit der evangelischen Kirche Schlesiens und der Oberlausitz. Jauer 1857 (GB)
- Hanser, Karl Friedrich: Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. Band 3, 1862 (GB)
- Biermann, Gottlieb: Geschichte der Herzogthümer Troppau und Jägerndorf, 1874 (GB)
- Biermann, Gottlieb: Geschichte des Protestantismus in Österreich-Schlesien. Prag 1897 (GB)
- Zukal, Josef: Die Liechtensteinsche Inquisition in den Herzogtümern Troppau und Jägerndorf aus Anlaß der Mansfeldschen Rebellion 1626-1627. In: Zeitschrift für Geschichte und Kulturgeschichte Österreichisch-Schlesiens. 7. Jahrgang, 1912
- Loesche, Georg: Zur Gegenreformation in Schlesien, Troppau, Jägerndorf, Leobschütz. In: Neue archivalische Aufschlüsse, Band 32, Ausgaben 117-118, Verein für Reformationsgeschichte (Rudolf Haupt), 1915 (GB) [könnte noch konkretere Hinweise enthalten]
- Deventer, Jörg: Nicht in die Ferne - nicht in die Fremde? Konfessionsmigration im schlesisch-polnischen Grenzraum im 17. Jahrhundert. In: J. Bahlcke (Hrsg): Glaubensflüchtlinge - Ursachen, Formen und Auswirkungen frühneuzeitlicher Konfessionsmigration in Europa. Lit Verlag, Berlin 2008, S. 102 (GB)
- Deventer, Jörg: 2012 (GB) [ähnlich wie 2008]
Ostseebad Horst in Pommern
Die
einstigen Fischerdörfer an der Pommerschen Ostseeküste Poberow, Putschow, Hoff,
Rewahl, Horst und Liebelose liegen grob 20 Kilometer östlich der
Odermündung an der Ostsee.
Abb. 1: Seebad Horst - Brücke über das idyllische Flüßchen Liebelose (Postkarte, vor 1945) |
Ab 1900 etwa wurden sie alle zu "Seebädern" und waren dann bis 1945 beliebte deutsche Seebäder, die zum Beispiel von Stettinern gerne aufgesucht wurden.
Abb. 2: Seebad Horst - Das Ufer nach der Sturmflut 1914 (Postkarte) |
Auf alten Postkarten kann man sich einen Eindruck verschaffen von dem Aussehen dieser Dörfer vor und um das Jahr 1900 und danach.
Abb. 3: Die Liebelose bei Seebad Horst |
Die natürlichen Gegebenheiten - Gewässer und Steilküste - haben sich bis heute erhalten. Ebenso die alte Bausubstanz, zumindest in den Ortskernen der genannten Ortschaften.
Abb. 4: Seebad Horst (Postkarte) |
Vielleicht am anmutigsten im Seebad Horst. Ansonsten kann man aber auch heute noch in allen anderen Dörfern den alten Kern deutscher Bausubstanz erkennen.
Abb. 5: Der Eiersberger See bei Horst, von dem aus die Liebelose in die Ostsee fließt - In der Bildmitte ist der Leuchtturm an der Küste zu erkennen |
Rundherum um diese alte Bausubstanz ist aber heute alles - in der Regel eher unschön - "überbaut" und erweitert worden. Und zwar mit einem vielfältigen Kunterbunt an Bauten. Von diesem "Kunterbunt" bringen wir hier in diesem Beitrag keine Abbildungen.
Abb. 6: Ostseebad Horst - Steilküste und Leuchtturm |
Der Leuchtturm vom Seebad Horst wurde in den 1860er Jahren erbaut und hat sich in seiner historischen Form bis heute erhalten (Abb. 6). Von seiner Aussichtsplattform aus hat man einen herrlichen Blick auf die Ostsee, die ganze Küste in beiden Richtungen entlang und in das Innenland.
Abb. 7: Altes Rauchhaus im Seebad Horst (Postkarte) (s. Wiki) |
Vor dem alten Leuchtturm wird mit Geldern der Europäischen Union gegenwärtig ein Freilichtmuseum eingerichtet mit alten Pommernhäusern wie eines sich auf Abbildung 7 noch im Originalzustand findet.
Abb. 8: Seebad Horst - Strand und Küste (Postkarte) |
äölkäöäk
Rewahl
öölkjölkjölkj
Abb. 9: Pension "Zufriedenheit, Ostseebad Rewahl, Postkarte, vor 1945 |
ölkjölkjölkjkl
Abb. 10: Ostseebad Rewahl - schön wieder hergerichtete Pension (Aufnahme: Ostern 2023) |
äölkäöäöklök
Abb. 10: Blick von Rewahl hinunter zum Meer (Aufnahme: Ostern 2023) |
äölkäöklök
Abb. 11: Blick von Rewahl hinunter zum Meer (Aufnahme: Ostern 2023) |
öäkäökäkl
Abb. 12: Ortskern von Rewahl - Blick hinunter zum Strand, wo noch heute die Fischerboote im Sand liegen (Aufnahme: Ostern 2023) |
äkäölkäökälök
Abb. 14: Ostseebad Rewahl, Weg zum Strand, Postkarte, vor 1945 |
äölkäölkäöl
Kontroverse
NachDenkSeiten
Zur Doku „Willy – Verrat am Kanzler“ – Guillaumes Rolle überzeichnet
Am 8. Januar 2025 wurde diese Doku ausgestrahlt. Ich komme darauf zurück, weil bei allem Respekt für dieses Werk einiges kritisch anzumerken ist. Vor allem wird die Bedeutung von Günter Guillaume im Kanzleramt und damit „in der Nähe Willy Brandts“ – wie so oft – überzeichnet. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast
Leserbriefe zu „Wahlkampf: Die nächsten Wochen braucht es starke Nerven“
Tobias Riegel kommentiert in diesem Beitrag die von den Parteien im Bundestagswahlkampf verwendeten Plakate. Die ersten Fotos und Slogans würden bereits ihre erbarmungslose Wirkung im Stadtbild entfalten. Es gebe kaum ein Entrinnen. Viele der nun plakatierten Slogans würden dem Motto: „Einfach mal das Gegenteil behaupten“ folgen. Verflachung, Personenkult und Ablenkungen vom Wesentlichen, das alles
Deeskalation jetzt! – oder: Fragen an Michail Gorbatschow und an uns alle (2/3)
Das wichtigste politische Erbe, das uns Michail Gorbatschow hinterlassen hat, ist das von ihm mitentwickelte und erstmals in die politische Praxis umgesetzte Neue Denken. Es rückte das alle übrigen Gegensätze überwölbende Menschheitsinteresse in den Vordergrund: das Weiterleben als Gattung. – Heute benötigen wir eine Aktualisierung, ein „Neues Denken 2.0“. (Folge II einer dreiteiligen Serie. Der
Brasilien: Die Bilanz einer “gefangenen” Regierung
Analysten bewerten die erste Hälfte der Amtszeit von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und geben Prognosen für die nahe Zukunft ab. Der Jahreswechsel markierte den Beginn der zweiten Hälfte der dritten Regierung von Lula. Diese wurde 2022 von einer breiten Front an Parteien gewählt, die den Bolsonarismus bei den Wahlen besiegten und, wie jetzt
Hinweise der Woche
Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich
Multipolar
„Das sind Dinge, die vor einen Untersuchungsausschuss gehören“
Corona-Aufarbeitung: Brandenburger Regierungsparteien planen Enquete-Kommission
73 Prozent der Ukrainer für „sofortige Friedensverhandlungen“
Ukraine beendet Gastransit nach Europa
Novo Argumente
Fatale Klimapolitik
Schutz der Demokratie vor sich selbst (Teil 2/2)
Ursachen und Lösungen für die Brandkatastrophe
Hysterie wegen eines Gesprächs
Masseneinwanderung als Waffe
Club der klaren Worte
Die Ferienprofis aus dem Bundestag
Nachhaltig Biodeutsch
“Bedrückend ist auch der Rückgang im Bildungsbereich.”
Tortenschlachten
„Ich war der zweite Schütze“ – Video enthüllt explosive Details zum JFK-Attentat
Heise Telepolis
Arktis im Wandel: Vier Millionen Menschen zwischen den Fronten
Veganer Käse im Test: Zu viel Salz, zu viel Mineralöl
Was der Gaza-Deal für Europas Rolle in der Welt bedeutet
Wahlprogramme 2025: Diese Partei kostet Sie bis zu 1.520 Euro
Europa und China: Eine Geschichte von Macht und Missverständnissen
Die rassistischen Wurzeln der Cannabis-Prohibition
Anti-Spiegel • Thomas Röper
Washington Post: Die Unterwasserkabel in der Ostsee wurden nicht durch Sabotage beschädigt
Das Mogelpaket NATO und eine traurige Nachricht
Ist das Ende des ukrainischen Gastransits ein Geschenk von Selensky an Trump?
Meine Bücher sind endlich wieder erhältlich
Eine Antwort auf einige Leser-Kommentare
Russland und der Iran unterzeichnen ein Abkommen über strategische Partnerschaft
Report24.news
Es drängen sich Fragen auf, wenn man Mitte 40 plötzlich und unerwartet verstirbt
D-Regime immer übergriffiger: Party gestürmt, weil falsche Musik gespielt werden könnte
Etablierte Medien in Angst und Panik: Ist es vorbei mit den Steuermilliarden?
Die Kolumnisten
Anzeige ist raus!
Aus für Faktenchecker?
Die schwarze Grün-Paranoia
Linnemanns Listen
Mail, Mail, Strafbefehl
Liebes Christkind!
Ein unbekanntes Virus
Apolut • Jetzt erst recht!
Wem gehört die Erde
Ein Meinungsbeitrag von Johannes Walter.
Naturgesetze kann man nicht ändern, von Menschen ersonnene Gesetze und Regeln jedoch schon. Viele Menschen machen sich viel zu wenig Gedanken darüber, warum ihr Leben so ist wie es ist, und hinterfragen grundsätzlich ihr vorgegebenes Leben nicht.
Durch die Grundsteuerreform
Spotlight: Marco Rima über die Notwendigkeit von Debattenkultur, Diskurs und Auseinandersetzung
Dr. Michael Nehls auf Vortragstour im Frühjahr 2025
Uncut #2: Heute mit Eingollan
Was wird nun aus der Ukraine? | Von Thomas Röper
Adolf Hitler, der Kommunist | Von Hermann Ploppa
Overton
Die CIA war seit 2014 in der Ukraine tätig und baute die ukrainischen Geheimdienste auf
Kurz vor Amtsantritt des Geheimdienstskeptikers Trump legt ABC News einen Bericht über die Erfolge der CIA vor, die der Ukraine bei der Verteidigung geholfen und wertvolle Informationen beschafft habe.
Der Beitrag Die CIA war seit 2014 in der Ukraine tätig und baute die ukrainischen Geheimdienste auf erschien zuerst auf .
Wenn sich Brandstifter als Feuerwehrleute anbieten
Migration: Weltweite Verelendung wird zum heißen Thema, bei dem sich Wahlkämpfer mit Vorschlägen zur Verschärfung der Notlagen wechselseitig übertrumpfen.
Der Beitrag Wenn sich Brandstifter als Feuerwehrleute anbieten erschien zuerst auf .
Absturz mit viel Geld in der Hand
Ereignisse, die den Anfang vom Abstieg markieren, sind die Ermordungen von John F. Kennedy, Martin Luther King und Robert Kennedy. Es sind Einzelereignisse, doch sie haben einen verborgenen Hintergrund.
Der Beitrag Absturz mit viel Geld in der Hand erschien zuerst auf .
Harte Zeiten, Folge 6 — Sabotageaktion
Katja ist vom besserwisserischen Tonfall ihres Mannes genervt. Als Chris auch noch die Sabotageaktion der Klimaaktivisten von heute kritisiert, verteidigt sie diese.
Der Beitrag Harte Zeiten, Folge 6 — Sabotageaktion erschien zuerst auf .
Durchtrennte Ostseekabel waren keine russische Sabotage, sollen Geheimdienste sagen
Die Washington Post von Jeff Bezos durchkreuzt das Nato-Narrativ, nach dem Russland mit seiner Schattenflotte für die Schäden an den Kabeln verantwortlich sein soll. Ein Geschenk für Donald Trump?
Der Beitrag Durchtrennte Ostseekabel waren keine russische Sabotage, sollen Geheimdienste sagen erschien zuerst auf .
Ausrottungsmentalität – mit Drohung und Erpressung in die atomare Zukunft
Abschreckung gilt wieder, wie Verteidigungsminister Boris Pistorius es formulierte, als „Lebensversicherung“. Wie viel wert ist aber eine Lebensversicherung, die den kollektiven Selbstmord wahrscheinlicher macht? Über einige Absurditäten der atomaren Abschreckung.
Der Beitrag Ausrottungsmentalität – mit Drohung und Erpressung in die atomare Zukunft erschien zuerst auf .
Trump, die IT-Oligarchen und die Algokratie
Bereitet Trump direkt und indirekt die Ersetzung von mit Menschen besetzten Regierungen durch Algorithmen von KI-Systemen vor? Nach dem Populismus die datengestützte Rationalität?
Der Beitrag Trump, die IT-Oligarchen und die Algokratie erschien zuerst auf .
Internationale Petition an Präsident Biden fordert Begnadigung für Assange
Die Familie und die Unterstützer von Julian Assange möchten eine Begnadigung des WikiLeaks-Gründers erreichen. Der Plea Deal brachte einige Einschränkungen mit sich.
Der Beitrag Internationale Petition an Präsident Biden fordert Begnadigung für Assange erschien zuerst auf .
Tapfer im Nirgendwo • Gerd Buurmann
Seid ihr denn wahnsinnig?
Faktencheck zu Mark Zuckerberg und den Faktencheckern
Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann!
BühnenMenschen
Willkommen im System!
Mathias Bröckers
Real Game Of Thrones: PAX TRUMPUTIN
König Donald 2.0: MEGAMAGA
3.JT #113: MEGALOMAGANIE
Vom Ende der unipolaren Welt
Snowy White und andere Weihnachtsmusik
Die Blaue Hand
Krieg um Wasser, Krieg um Energie! | Energiesicherheit durch Geophysische Kriegsführung! | Imperiale Söldnerarmeen!
INHALT . 1. Vorwort 2. Abkürzungen: 3. Krieg um Energie! 4. Krieg um Wasser! 5. Krieg um Fracking! 6. Krieg um den Luftraum! 7. Unvermeidbare Kapitulation! 8. Bahnbrechende Veränderungen! . . . . . . 1. Vorwort . Dieser Artikel wurde im 15.07.2015 begonnen und seitdem erweitert. Der Leser möge bitte sich über die zeitlichen […]
Der Beitrag Krieg um Wasser, Krieg um Energie! | Energiesicherheit durch Geophysische Kriegsführung! | Imperiale Söldnerarmeen! erschien zuerst auf Die Blaue Hand.
Dr. Markus Krall | „Der Weg aus der Knechtschaft“
Dr. Markus Krall referierte als Gast des Hayek Club Hannover über sein geplantes Buchprojekt (Die bürgerliche Revolution) und wählte den Arbeitstitel‚ Der Weg aus der Knechtschaft‘ in Anlehnung an ein Werk Friedrich August von Hayeks. Seine Bestandsaufnahme über den besorgniserregenden Zustand Deutschlands und Europas lässt nicht viel Spielraum für positive Zukunftsaspekte. Markus Krall schlug in […]
Der Beitrag Dr. Markus Krall | „Der Weg aus der Knechtschaft“ erschien zuerst auf Die Blaue Hand.
Von der digitalen Demenz zur Smartphone-Pandemie – Manfred Spitzer
Wussten Sie, dass Kinder durch die Smartphone-Nutzung kurzsichtig werden, Facebook depressiv macht und man in Deutschland ein Gesetz verabschieden muss, welches das Filmen von Sterbenden untersagt? Erleben Sie Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer bei seinem Vortrag “ Von der Digitalen Demenz zur Smartphone-Pandemie: Risiken und Nebenwirkungen digitaler Informationstechnik für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft“ bei der […]
Der Beitrag Von der digitalen Demenz zur Smartphone-Pandemie – Manfred Spitzer erschien zuerst auf Die Blaue Hand.
Die Angst vor Fieber
Kaum fühlen wir uns unwohl, haben leicht erhöhte Temperatur und vielleicht Schnupfen und Halsweh, sofort laufen wir zum Arzt und lassen uns fiebersenkende und entzündungshemmende Medikamente verschreiben. Wir wollen nicht krank sein und haben auch keine Zeit dafür! Fieber ist schon die Heilung, denn durch die erhöhte Temperatur ist es dem Körper möglich, vermehrt Antikörper […]
Der Beitrag Die Angst vor Fieber erschien zuerst auf Die Blaue Hand.