17.
Juli 2025  •  Donnerstag

Junge Freiheit

Angeblich rechtsextreme TikTok-Posts Fall Loretta: Innenminister will, daß Polizei „bitte so weitermacht“

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel hat sich jetzt zum Urteil im Fall der Schülerin Loretta geäußert. Lorettas Mutter und ihr Anwalt kritisieren den SPD-Politiker scharf.

Erstmals äußert sich Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Pegel zum Urteil im Fall Loretta – und bekommt heftigen Gegenwind. Gegenüber der JF wirft ihm der Anwalt der Schülerin vor, die Unwahrheit zu verbreiten. Auch Lorettas Mutter kann die Aussagen des Sozialdemokraten nicht nachvollziehen.

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Verhärtete Fronten Platzt die schwarz-rote Koalition wegen Brosius-Gersdorf?

Uneinig über Brosius-Gersdorf: Die Chefs von SPD und CDU, Finanzminister Lars Klingbeil (links) und Kanzler Friedrich Merz.

SPD und Union rasen beim Streit ums Bundesverfassungsgericht wie zwei Züge aufeinander. Inzwischen kann keiner mehr nachgeben, ohne das Gesicht zu verlieren. Wie könnte eine Lösung aussehen? Oder gibt es möglicherweise gar keine? Eine Analyse.

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AfD-Bann bei ARD und ZDF Der „antifaschistische Schutzwall“ der Öffentlich-Rechtlichen

Markus Lanz und Gäste: Was bei Talkshows der Öffentlich-Rechtlichen fehlt, sind zu häufig AfD-Vertreter.

Die Medienblockade der öffentlich-rechtlichen Sender gegenüber den Blauen erinnert an dunkelste Zeiten regierungsamtlicher Medienzensur. Die Folge ist eine Abstimmung mit den Füßen. Alternative Medien haben Hochkonjunktur. Ein Kommentar.

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„Überfällig“ Deutschland schließt Freundschaftsvertrag mit Großbritannien

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und der britische Premierminister Keir Starmer mit dem Freundschaftsvertrag in ihren Händen. (Themenbild)

Ein Herz und eine Seele in vielen Fragen: Bundeskanzler Merz und Großbritanniens Premier Starmer unterzeichnen einen umfassenden Freundschaftsvertrag. Was steht drin?

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EIKE

Die wahren Kosten unseres Energie-Wahns

Maurice Cousins In seinem jüngsten Bericht über fiskalische Risiken und Nachhaltigkeit bestätigt das Office for Budget Responsibility (OBR) die Folgen von fast zwei Jahrzehnten verfehlter Energiepolitik. Nicht absichtlich, versteht sich. Das Dokument ist in der passiven, datenlastigen Sprache der technokratischen Prognostiker verfasst. Aber wenn man es aufmerksam liest, wird eines überdeutlich: Großbritannien hat ein Energiesystem […]

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Die 7-Billionen-Dollar-Lüge – Wie die Medien die Fakten bzgl. der Subventionen für fossile Brennstoffe verdrehen

Dr. Matthew Wielicki Wahrscheinlich haben Sie die Behauptung schon gehört, dass fossile Brennstoffe jährlich mit unglaublichen 7 Billionen Dollar weltweit subventioniert werden. Diese Zahl wird vom IWF, der Weltbank, Klima-NGOs und Politikern endlos wiederholt, die zu glauben scheinen, dass fossile Brennstoffe nicht nur schmutzig sind, sondern auch von der Sozialhilfe leben. Es ist eines der […]

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Der lügnerische Kreuzzug der grünen Lobby für Solar und Wind

Vijay Jayaraj Sie werden von einem Wecker geweckt, schalten das Licht an, kochen sich einen Kaffee und fahren zur Arbeit. Jeder Schritt erfordert Energie – der Stoff, der die Münze der physikalischen Realität mit der Materie teilt, das E in E = MC². Sie hält Häuser warm, Lebensmittel frisch und die Wirtschaft am Laufen. Kohle, […]

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me658 Zwischen patriotisch, anti-woke und libertär

Zwischen patriotisch, anti-woke und libertär

»Mit Donald Trump, Elon Musk und Javier Milei nehmen drei unkonventionelle Macher den Kulturkampf der Linken an, sind entschlossen, deren Vorherrschaft im Westen zu brechen. Diese haben allen Grund, das ungewöhnliche Trio zu fürchten.« — Claudio Casula (NiUS), 15.11.2024 ⋙ Link

 

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me657 Hans-Georg Maaßen würdigt die NZZ als „Westfernsehen“

„Rechtsextremist“ Maaßen nutzt „Westfernsehen“

Dr. Hans-Georg Maaßen war Chef des Verfassungsschutzes. Jetzt gilt er seiner früheren Behörde als „Rechtsextremist“.
Siehe: Dushan Wegner: „Danke, Herr Maaßen!“, 1.2.2024 ⋙ Link
Die Aktenauszüge selbst lesen ⋙ Link

 

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eigentümlich frei

Gute, wahre und schöne Gemälde: Glenn Murray

Von der Therapie zur Erfüllung – eine amerikanische Vision

Der Wettkampf meines Lebens – die Geschichte von Axel Mitbauer: Freischwimmer

Dokumentarfilmkritik – Besuch der Premiere in Dresden

Bürgerlicher Anarchismus: Meine Antrittsrede als Papst

Der neue Papst Leo XIV. verwendete leider nur einen Ausschnitt davon

Wie werde ich ein Star in der links-grünen Politshow?: Und kann ich 2029 Bundeskanzler:In werden?

Eine Gebrauchsanweisung für Germany’s Next Top Political Heroes

Tichys Einblick

Wüst und Söder führen Stellvertreterkrieg um Große Ferien

Du bist ein junger Mann in Troja. Dein Vater und deine Brüder sind im Krieg gefallen, du selbst musst ständig in die Schlacht und gescheit zu essen gibt es wegen der Blockade auch nicht. Das alles nur, weil der blöde Paris nicht die Hände von Helena lassen kann, obwohl die eigentlich mit Menelaos verheiratet ist.

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Hass auf Israel: Deutsche, esst nicht bei Juden

Wer als offen schwuler Mann heute im Gaza-Streifen mit einer Regenbogenfahne spazieren geht, hat mit größter Wahrscheinlichkeit entweder Selbstmordgedanken oder sonst eine Todessehnsucht. Dasselbe gilt für einen gläubigen Juden, der heute zum Beispiel im Berliner Stadtteil Neukölln (aber keineswegs nur dort) mit der Kippa spazieren geht: mit der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung. Es ist kein schöner

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Wie SPD und Grüne mit ihren Partei-Richterinnen die AfD verbieten und die Macht an sich reißen wollen

Die aktuelle Debatte um eine der zur Wahl stehenden Kandidatinnen fürs Bundesverfassungsgericht ist laut dem Verfassungsrechtler Franz Josef Lindner lediglich „vordergründig“. Der eigentliche Vorgang, so Lindner, sei strategisch weitreichender: „Verfassungsrichterwahl: sie ist der entscheidende Schritt der SPD auf ihrem Weg zurück ins Kanzleramt.“ Es gehe um ein langfristiges Machtprojekt – mit verfassungsrechtlich hochsensiblen Folgen. Lindner

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Brüssel reguliert den Keim zugrunde

In Louisiana entsteht in den kommenden Jahren das größte Rechenzentrum der Welt: Mit dem Project Hyperion plant der Betreiber „Meta“ (ehemals Facebook) bis 2030 ein KI-Datenzentrum mit einer Gesamtrechenleistung von zwei Gigawatt in Betrieb zu nehmen. Auf einer 2.000 Hektar großen Fläche in der Nähe von Richland Parish soll die Kapazität dann schrittweise auf bis

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Erzbischof Gössl rudert zurück: Unterwerfung mit Folgen

Es hätte eine Trendwende sein können: Mit überraschender Klarheit hatten sich katholische Stimmen zur geplanten Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zu Wort gemeldet. Kritik war nicht nur von jenen Bischöfen ausgegangen, die als „konservativ“ gelten und sich durchaus ab und an öffentlich gegen den Zeitgeist wenden. Auch aus dem Reformlager der Kirche ließ sich vernehmen, dass

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Achse des Guten

Toxische Weis(s)heit – Wer und was ist noch normal?

(Cora Stephan) „Täglich das Zusammenleben neu aushandeln“, wie es einst eine Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration forderte, ist weitaus radikaler als die Möglichkeit, einmal im Jahr sein Geschlecht zu wechseln. Beschreibt beides die neue Normalität im Lande?

Chemieindustrie: Die Stimmung bleibt schlecht

(News-Redaktion) In der Chemieindustrie drohen Entlassungswellen. Die größten Probleme sind hausgemacht.

Öffentlich-rechtlich auf U-Boot-Jagd

(Stefan Frank) Israel kauft seit etlichen Jahren deutsche U-Boote. Das ist für das deutsche Staatsvertrags- und Gebührenfernsehen moralisch fragwürdig, deshalb gehen einige Mitarbeiter auf die Jagd nach Belegen für einen Skandal.

„Gaza-Protestcamp“ darf wieder vor das Kanzleramt

(News-Redaktion) Ein Dauer-Protestcamp von Israel-Hassern unter der Parole „Vereint für Palästina!“ darf wieder auf einer Grünfläche am Bundeskanzleramt abgehalten werden, muss aber erhebliche Vorgaben zur Einhaltung des Lärmschutzes einhalten.

Thüringens beleidigte Brombeer-Regierung

(Peter Grimm) Die AfD-Opposition hat behauptet, dass die CDU-SPD-BSW-Landesregierung ihr versprochenes 100-Tage-Programm nicht erfüllt hätte. So etwas macht eine Oppositionspartei eben. Doch die Landesregierung zieht deshalb vor Gericht. Ein neuer Politikstil oder nur eine peinliche Provinzposse?

Frauen im Osten bekommen mehr Rente

(News-Redaktion) Die durchschnittlichen Renten der Frauen in Ostdeutschland sind wesentlich höher als im Westen. Das liegt an der traditionell höheren Beschäftigung von Frauen in den neuen Bundesländern. Bei den Männern ist der Ost-West-Unterschied dagegen gering.

Es hätte überhaupt
nichts Gutes und Großes
gegeben, wenn jeder
stets gedacht hätte:
Du änderst doch nichts!

ROBERT BLUM (1807–1848)
 

Michael Klonovsky • Acta diurna

Wiedervorlage

Aufbewahren für alle Zeit.  

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15. Juli 2025

Es ist eine einfache Wahrheit, dass eine herrschende Gesinnung sehr schnell auch von den Opportunisten, Strebsamen und Herrschsüchtigen…

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10. Juli 2025 (plus Wiedervorlage)

Das Wort „Remigration” ist lediglich eine etwas mildere Form von „Abschiebung”, an dem merkwürdigerweise niemand Anstoß nimmt. Wie…

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Ähem

Akif Pirinçci sagte einmal zu mir, man müsse als Autor im Netz – vulgo „Blogger” – dem Publikum…

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9. Juli 2025

Die Marxisten in der DDR haben noch versucht, Goethe und die anderen Klassiker irgendwie in ihren Bildungskanon zu…

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3. Juli 2025

Gestern Abend ereignete sich über Frankfurt, wo ich einen Freund besuchte, ein meteorologisches Phänomen, das man früher einen…

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26. Juni 2025

Da man im Netz von interessierten Tatsachenverdrehern oft gegenteilige Behauptungen liest: Der Rentner Stefan Niehoff hat gestern auf…

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25. Juni 2025

Man spürt den Zeitgeist, und man ist verstimmt. *** Der Kultur ist’s nicht gewöhnlich, doch die Mode bringt’s…

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Boris Reitschuster

Terror-Sympathisant prahlt im MDR – und verschwindet

Ein islamistischer Gefährder schwärmt im MDR von Anschlägen und verschwindet nach dem Interview. Die Behörden wirken überfordert, der Staat hilflos. Willkommen in Deutschland 2025.

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Verlorene Richterwahl, gefundener Schuldiger

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz erklärt die gescheiterte Richterwahl mit ausländischer Einflussnahme – und zeigt damit vor allem, wie politische Verantwortung verdrängt wird. Von Thomas Rießinger.

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Lehrer, die es nie gab – und keiner hat’s gemerkt

Zwei Jahrzehnte lang zählte das Kultusministerium Lehrer, die gar nicht existierten. Jetzt fliegt der Bluff auf. Die Politik spricht von einem IT-Fehler. Aber was unterscheidet uns eigentlich noch von Schilda?

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Wenn Linke Opfer ihrer eigenen Waffen werden – und aufheulen

Der „Spiegel“ wittert eine rechte Netzkampagne gegen Brosius-Gersdorf. Doch was früher zivilgesellschaftlicher Protest hieß, gilt nun als demokratiegefährdend. Eine satirische Dechiffrierung.

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Kläger gesucht! Linke NGOs inszenieren Rassismus-Skandal um Grenzkontrollen

Niemand fühlt sich bis dato an der Grenze diskriminiert! NGOs, Kirchen und einer Universität passt das gar nicht. Jetzt ergreifen sie die Initiative und suchen Opfer, wo es offenbar keine gibt – und kein Argument erscheint dabei zu absurd. Von Kai Rebmann.

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Alexander Wendt • Publico

Strategem 25 und die Brosius-Gersdorfisierung Deutschlands

Es gibt keinen Teil des Grundgesetzes, den Politiker (und seit kurzem auch Inlandsgeheimdienstler) häufiger mit Rechtfertigungsabsicht zitieren als Artikel 1, wobei sie es oft nicht im Ganzen tun, sondern sich darauf beschränken, den Begriff der Menschenwürde anzuführen.

Auf kein anderes Grundrecht verwenden Mandatsträger und Medienmitarbeiter seit Jahren eine größere Uminterpretationsmühe. Hier konzentrieren sich alle Versuche, die Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat zu einer Verpflichtung der Bürger auf ein bestimmtes Gesellschaftsprogramm umzudeuten.

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Zeller der Woche: Schock

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Fakenuss spezial:Wenn deutsche Antikernkraft-Propagandisten überhitzen

Die sommerliche Hitzewelle rollte in Deutschland schon vor einigen Tagen aus. Die Katastrophenpropaganda kühlt nicht ganz so schnell ab, zumal twitternde Grünenpolitiker und einige ihnen zugetane Journalisten die wenigen Hochtemperaturtage für eine ganz spezielle Behauptung nutzten.

Laut Stern, dem grünen Fraktionsvize Andreas Audretsch und anderen beweist der warme Juni nämlich erstens die Unzuverlässigkeit ausgerechnet der Kernenergie im Nachbarland Frankreich – in der Schweiz übrigens auch –,

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Die Partei der Lüge

Es ergibt durchaus Sinn, wenigstens ab und zu Katrin Göring-Eckardt zuzuhören, wenn auch nur kurz. Man erfährt dort nicht nur die Ansichten einer politisch gescheiterten, aber individuell bestens etablierten Mandatsträgerin und Talkshowperson, sondern ganz allgemein, welche Denk- und Sprechformeln im politisch-medialen Betrieb gerade die Runde machen.

Bei „Maischberger“ gab es kürzlich einen dieser Momente, in denen ein Satz der ehemaligen Bundestagsvizepräsidentin pars pro toto für einen ganzen Apparat steht.

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The GermanZ

Die andere Aktivistin: Ist Ann-Katrin Kaufhold fürs Bundesverfassungsgericht noch gefährlicher?

von VERA LENGSFELD BERLIN – Unsere Retter der Demokratie haben nicht lange gebraucht, um sich von ihrem Schock zu erholen, dass eine Wahl...

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Frauen in Deutschland bekommen immer weniger Kinder

WIESBADEN – Die durchschnittliche Zahl der Kinder, die Frauen in Deutschland zur Welt bringen, sinkt weiter. Der als Geburtenrate bezeichnete Wert betrug vergangenes...

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Der Fall Epstein und Donald Trump

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser! Glauben Sie auch, dass Hillary Clinton im Keller einer Pizzeria in Washington einen Pädophilen-Ring organisiert? Falls Sie...

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Jetzt ist der Moment, sich zu erinnern, wer wir sind – und unsere Gesellschaft vor dem drohenden moralischen Suizid zu bewahren

von FABIEN MAURICE, Paris BERLIN – Die Barbaren stehen nicht mehr vor den Toren – sie sind längst mitten unter uns. Islamisten, Kulturmarxisten,...

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BKA zerschlägt globales russisches Hacker-Netzwerk – sechs Festnahmen in Deutschland

BERLIN/WIESBADEN – Deutsche und internationale ermittler haben heute ein weltweit agierendes russisches Botnetz abgeschaltet. Die Hackergruppe namens „NoName057(16)“ ist nach Auskunft des Bundeskriminalamtes...

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Deutschland-Kurier

Neue Regierung, alter NGO-Filz: 91 Fragen, keine echte Antwort – Merz-Minister mauern und schützen den „grünen“ Sumpf

Merkel heißt jetzt Merz, und unter dem „Ersatz-Scholz“ aus dem Sauerland geht der „grüne“ Beutezug auf Staatsknete für den linken Lobby-Filz einfach weiter wie bisher. Der Ausweich-Slalom der schwarz-roten Ministerriege auf kritische Nachfragen zur Staatsfinanzierung links-„grüner“ Pseudo-„Nichtregierungsorganisationen“ liefert den Beweis: Von „Politikwechsel“ auch hier keine Spur, die informelle Macht der „Grünen“ ist ungebrochen, als wären […]

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Zwei Billionen Euro für EU-Haushalt: Von der Leyen will noch mehr Geld und Macht!

Die EU-Kommission will mehr Geld und damit auch noch mehr Macht! Auf sage und schreibe zwei Billionen Euro beläuft sich der Entwurf für den Finanzrahmen von 2028 bis 2034. Die Bundesregierung lehnt das Ansinnen ab –zumindest scheint es vorerst so. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat in Brüssel den Haushaltsentwurf der Kommission für die […]

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Brennpunkt Migration: Weshalb Dresdner ihr einst geliebtes Viertel verlassen!

Der Stadtteil Leuben in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden landet regelmäßig durch Migranten-Kriminalität und Vandalismus in den Negativ-Schlagzeilen. Viele Bürger fassen bereits einen Umzug ins Auge! Der Deutschland-Kurier🇩🇪 hat mit den Anwohnern gesprochen!

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Geheimplan Oppositions-Verbot: Diese linksradikale Aktivistin ist mindestens so gefährlich wie Brosius-Gersdorf!

Die SPD hält penetrant an der Kandidatur ihrer umstrittenen Verfassungsrichter-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf (54) fest und erwartet noch in der Sommerpause eine Zustimmung auch der Unionsfraktion. Das bekräftigte SPD-Fraktionsvize Sonja Eichwede im Sender ntv. Der Grund für die Unnachgiebigkeit der Genossen ist erkennbar strategischer Natur: Zusammen mit der zweiten linksideologischen Richterkandidatin, Ann-Katrin Kaufhold (48), wollen Sozialdemokraten, […]

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Klimawahn entlarvt: Wie „grüne“ Ideologen unsere Natur zerstören! | Ingo Hahn (AfD)

Beim Bürgerdialog in Landsberg am Lech (Bayern) stellt der AfD-Bundestagsabgeordnete Ingo Hahn unbequeme Fragen zur Klima- und Umweltpolitik: Warum opfert man Naturschutz dem Windrad-Ausbau? Warum wird Masseneinwanderung gefördert, obwohl sie die CO₂-Bilanz verschlechtert? Klare Sache: Es geht längst nicht mehr ums Klima – sondern um Ideologie und Macht!

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Epoch Times

Schwarzarbeit: Durchsuchungen in sieben Bundesländern in Reinigungsbranche

Mit Durchsuchungen in sieben Bundesländern sind Ermittler gegen Schwarzarbeit in der Reinigungsbranche vorgegangen. Der Schaden liege vorsichtig geschätzt im Millionenbereich.

Düsseldorf: Anklage gegen 26-jährigen Iraner wegen IS-Unterstützung und Bombenplänen

26-jähriger Iraner in Paderborn ist wegen Terrorvorbereitung angeklagt. Der Angeschuldigte befindet sich in Untersuchungshaft.

Kassenbeiträge von 20 Prozent befürchtet – TK-Chef: „Wir brauchen keine Kredite, sondern echte Lösungen.“

Die Techniker Krankenkasse (TK) warnt vor einem möglichen Anstieg der Kassenbeiträge auf bis zu 20 Prozent, sollte die Politik die Finanzierungslücke in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht rechtzeitig schließen. Aktuell liegt der Gesamtbeitragssatz bei der TK für 2025 bei 17 Prozent des Bruttolohns.

Lieferando baut rund 2.000 Fahrerstellen in Deutschland ab

Lieferando reduziert seine Flotte in Deutschland um fast ein Fünftel. Außerdem will die Plattform stärker mit Subunternehmen kooperieren. Man müsse im knallharten Wettbewerb bestehen, sagt der Chef.

Zahl der Bankfilialen schrumpft schneller

Der Weg zur nächsten Bankfiliale wird weiter: Im vergangenen Jahr wurden erneut zahlreiche Zweigstellen der Banken und Sparkassen geschlossen. Das hat auch mit dem Verhalten der Kunden zu tun.

Wolfgang Grupp macht Suizid-Versuch öffentlich

Vor mehr als einer Woche ereignete sich auf dem Privatgrundstück der Unternehmerfamilie Grupp in Burladingen ein mysteriöser Vorfall und es blieben viele Fragen offen. Jetzt hat der frühere Trigema-Chef Wolfgang Grupp einen Suizid-Versuch öffentlich gemacht.

Gewässer in Berlin und Brandenburg in ökologisch kritischem Zustand

Der ökologische Zustand der Flüsse und Seen in Berlin und Brandenburg entspricht nicht den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Besonders betroffen sind die Spree und Havel, die die Gesamtsituation widerspiegeln.

Richterwahl: Union und SPD gegen Bundestagssondersitzung

Wann gibt es einen neuen Anlauf zur Wahl von Verfassungsrichtern? Jedenfalls nicht sofort erklären die Koalitionsfraktionen.

NiUS • Die Stimme der Mehrheit

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Apollo News

Erstmals seit 25 Jahren: Mehr Polen gehen zurück, als nach Deutschland kommen

Erstmals in 25 Jahren sind mehr Menschen aus Deutschland nach Polen ausgewandert, als neue hinzugezogen. Das zeigen die Zahlen des ...

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Brosius-Gersdorf hielt Straffreiheit von Abtreibungen bis zur Geburt eben doch für zulässig

„Die Aussage, ich wäre für eine Legalisierung und eine (hiervon zu unterscheidende) Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bis zur Geburt, ist unzutreffend ...

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Drusen-Massaker in Syrien: Warum Israel eingreifen musste

Es waren dramatische Szenen, die sich an Israels Grenze abspielten: Tausende versuchten im Norden des Landes den Grenzzaun zu durchbrechen ...

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„Keine Erkenntnisse zu ausländischer Einflussnahme“: Ministerium widerspricht Verschwörungstheorie der Grünen

Seitdem die Wahl der Potsdamer Juraprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf als Verfassungsrichterin vorläufig gescheitert ist, behaupten Grünen-Politiker, die Rechtswissenschaftlerin sei Opfer einer ...

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Dritter Rückgang in Folge: Geburtenrate in Deutschland erneut gesunken – Tiefstand bei deutschen Frauen

Das Statistische Bundesamt hat am Donnerstag in einer Pressemitteilung die Zahlen für die jüngste Entwicklung der Geburtenrate in Deutschland veröffentlicht. ...

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Nach Annäherung: Plötzlich schießt Wagenknecht wegen „Wählertäuschung“ gegen die AfD

In den vergangenen Wochen hatte sich Sahra Wagenknecht an die AfD angenähert und auch eine Zusammenarbeit in den Raum gestellt ...

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Nach brutalem Überfall auf Rentner: Multikulti-Straßenschlachten in spanischer Kleinstadt

Murcia. In der südspanischen Stadt Torre-Pachecho in der Region Murcia wirft der multikulturelle Bürgerkrieg seine Schatten voraus. Nach dem brutalen Überfall eines marokkanischen Jugendlichen auf […]

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Brüssel. Schikane oder berechtigtes Aufklärungsinteresse – das ist hier die Frage: Harald Vilimsky, Delegationsleiter der FPÖ im EU-Parlament, könnte seine parlamentarische Immunität verlieren. Auslöser ist […]

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Großbritannien - Labours letzte Atemzüge

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Politik - Die Zeit des „Weiter so“ von Union und SPD ist vorbei

Die gescheiterte Wahl neuer Verfassungsrichter markiert einen Tiefpunkt schwarz-roter Politik – und zeigt, dass es Zeit ist für einen echten Politikwechsel

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Seit 40 Jahren belebt das Schleswig-Holstein Musikfestival den Norden des Landes – Intendant Christian Kuhnt erklärt den Erfolg

Nachruf - Dr. Christean Wagner – ein Königsberger Leben

Sein Glaube an den Menschen statt an Ideologie zeichneten sein großes Engagement und berufliches Leben aus

Gegenreaktion - Pendler und Wirtschaft unter Druck

Polnische Grenzkontrollen an Oder und Neiße führen zu starken zeitlichen und logistischen Problemen

Zwischenruf - Kein Kriegsende in Sicht

Weder das jüngste Ultimatum von US-Präsident Trump noch die Verlautbarungen der Europäer werden auf absehbare Zeit zu einem Frieden im Ukrainekrieg führen

Allenstein - Die Altstadt lädt dazu ein, neu entdeckt zu werden

Belebung des historischen Zentrums als Ziel – Politiker, Geschäftsleute und Bürger ziehen seit diesem Sommer an einem Strang

Die freie Welt

Bischof Bätzing muss nach Unterstützung von linksradikaler Richterin zurücktreten!

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Selenskijs Zwangs-Mobilisierungs-Terror fordert Tote

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Amazon bringt Josef ins Streaming-Zeitalter

Mit Joseph of Egypt wagt sich der Streaming-Gigant an die nächste große Bibelserie – mit Dallas...

Compact

Trump und Epstein: MAGA-Streit eskaliert!

Der Zoff um die Epstein-Akten zwischen US-Präsident Trump und seinen Anhängern erreicht einen neuen Höhepunkt. Nun fordert sogar der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, die Freigabe aller Dokumente. Entgleitet dem Mann im Weißen Haus seine bunte Koalition? In COMPACT-Spezial „Geheimakte Kinderschänder“ gehen wir der Sache auf den Grund – schonungslos! Hier mehr erfahren. Donald [...]

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Imker seines Volkes

Der Retter der Sexsklavinnen des IS. Die Qualen jesidischer Sex-Sklavinnen stehen für die Grausamkeit des Islamischen Staates gegenüber Andersgläubigen. Doch ein Mann hat den Kampf gegen die Bestien gewagt – weil auch Mädchen seiner Familie betroffen sind. _ von Klaus Bieschke Die Szene: Ich stehe vor dem Tempel, die Straße, die vom Tal heraufführt, fest [...]

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Zweite SPD-Richterin für AfD-Verbot – und Enteignung!

Neues Personal für das Bundesverfassungsgericht: Nicht nur Frauke Brosius-Gersdorf ist wegen ihrer linksextremen Ansichten...

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1 Jahr COMPACT-Verbot: Rückblick, Ausblick, Party!

Es ist nun genau ein Jahr her: Am 16. Juli 2024 drangen Näncy Faesers Sturmtruppen in unsere Redaktion ein und nahmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Wir wurden verboten! Der schwerste Schlag gegen die Pressefreiheit in der Geschichte der Bundesrepublik. Nur gut einen Monat später hob das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) das Verbot vorläufig [...]

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Vier Gründe, warum dieses Mittel so wichtig ist!

Wird oft als Anti-Aging-Produkt vermarktet. Doch es kann viel mehr! Für unsere Energieversorgung ist es unabdingbar und wird sogar als Herzmedikament eingesetzt. Höchste Zeit, mehr darüber zu erfahren! * Grund 1: Es ist wichtig für die Energieversorgung Das Coenzym Q10 auch bekannt als Ubiquinon kann von unserem Körper selbst hergestellt werden. Schließlich ist dieses Vitaminoid [...]

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Corona-Aufarbeitung: Keine Interesse bei Mächtigen

Zitat des Tages: „Vor mehr als vier Jahren schrieb ich an dieser Stelle, man möge ‚mit dem Finger‘ auf jene zeigen, die sich freiwillig nicht gegen Corona impfen lassen. Zugegeben, ruppig formuliert, doch die Impfgegner haben deswegen bis heute Schnappatmung und ohne einem ‚Faschismus-‚ oder ‚Nazi‘-Vorwurf pro Tag geht es meist nicht.“ (Nikolaus Blome, Spiegel) [...]

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9.8.: Sommerfest mit Sellner, „Ken Jebsen“, Björn Banane

Nur noch 22 Tage!  Das COMPACT-Sommerfest – die große Feier zum Sieg über das Verbot! Nur noch 138 Karten! Ticket-Bestellung am Ende dieses Textes! Seit 2022 veranstalten wir unser schönes COMPACT-Sommerfest mit klugen und patriotischen Köpfen aus der Opposition. Im letzten Jahr durften wir nicht, weil uns Nancy Faeser kurz zuvor verboten hatte. Dafür soll [...]

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TV-Eklat: Jetzt hetzt sie gegen freie Presse!

Wie frech ist das denn? Sie ist bei der Wahl zum Verfassungsrichter gescheitert: Frauke Brosius-Gersdorf. Doch Schuld sind nicht etwa ihre linksextremen Positionen, sondern die ihr nicht untergebenen Medien. Was diese Frau bei Lanz für einen Rundumschlag im TV abliefert, ist mehr als abenteuerlich. Sehen Sie selbst! Dominik Reichert und Paul Klemm begrüßen Sie im [...]

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Ansage!

Der Mann mit dem Sandsack

Vier Jahre Ahrtal – und das erste, was ich sehe, ist das: Helge Lindh stapelt Sandsäcke, Deutschland stapelt Probleme. Doch es soll hier nicht um Helge Lindh gehen. Wirklich nicht. Helge ist nur zufällig in mein Blickfeld geraten, weil er wieder einmal dort stand, wo eine Kamera stand. Diesmal zum Jahrestag der Ahrtal-Katastrophe. Wir erinnern uns an das Bild: Sneakers […]

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Nahost-Krieg an deutschen Universitäten: Aufruf zur „Intifada“ an Berliner FU

Studiert wird an den Hochschulen im Shithole an der Spree mittlerweile anscheinend kaum noch; stattdessen, so scheint es, werden die einstmals renommierten Universitäten der Hauptstadt zur Außenstellen der Hamas, nachdem sie in den letzten Jahren  – wie einst schon zu RAF-Zeiten und davor – zu Brutstätten linksradikaler Gewalt avancierten. Aktuell sorgt eine Veranstaltung der studentischen […]

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Trump bringt seine eigene Community immer mehr gegen sich auf

Dass Donald Trump auch innenpolitisch zur Zeit unter enormem Druck steht, hatte ich bereits wiederholt thematisiert. Auch die ständige Wiederholung seiner unbestreitbaren außenpolitischen Erfolge, deren langfristige Effekte noch nicht wirklich sichtbar sind, ändern für seine Anhänger zunächst einmal rein gar nichts, ebenso wenig wie die Ankündigung von Billionen US-Dollar an Investitionen; all dies sind für […]

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Zur Causa Brosius-Gersdorf

Wenn sich im Netz selbsternannte Experten über meine studierte und viele Jahre praktizierte Profession auslassen, kommt auch bei mir gelegentlich Unbehagen auf. Dogmatische selbstherrliche Sofakommentare sind an der Tagesordnung und vermüllen oft genug strukturierte, gewinnbringende Diskussionen. Gleichwohl gehören sie eben zur Meinungsfreiheit. Meine bisherigen kurzen Statements zum Thema Brosius-Gersdorf boten bereits zahlreichen Juristen hier schon […]

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Framing mit der Tagesschau: Gute Opfer, schlechte Opfer

Man sollte sich die ARD-“Tagesschau” eigentlich nicht mehr antun, wenn einem die eigene psychische Gesundheit lieb ist – es sei denn, man will studieren, wie Medien wahlweise Opfer generieren oder aber auch Menschen einfach im Stich lassen. Ein solches zweifelhaftes “Meisterwerk” des Framings war auch in der Hauptausgabe der liebsten Nachrichtensendung der Deutschen am gestrigen […]

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Das BVerfG im Zustand der Verwesung – und Andreas Voßkuhle als Amtsverweser

Wer im Hinblick auf das einstmals hoch angesehene Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wegen der abgesetzten Richterwahl demokratische und rechtsstaatliche Hoffnung schöpft, muss diese schnell wieder fahren lassen. Die linken Aktivistinnen Frauke und Ann-Katrin wären nur die finalen Sargnägel für eine Institution, die sich bereits seit langem im Zustand der fortgeschrittenen Verwesung befindet. Die Namen Brosius-Gersdorf und Kaufhold sollten deshalb […]

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Journalistenwatch

Das war´s: Massiver Geburtenrückgang unter deutschen Frauen

Die Geburtenrate im besten Deutschland das wir je hatten geht weiter und weiter zurück. Besonders auffällig ist der Rückgang bei Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit und in Großstädten wie Berlin. Die Fragestellung könnte lauten: Wer möchte denn in ein Land mit ausufernder Migrantengewalt, Kriegstüchtigkeitsphantasien bei gleichzeitigem Genderdiktat und höchsten Steuerabgaben gepaart mit wirtschaftlichem Niedergang noch ein […]

Der Mann mit dem Sandsack

Ikonische Abbildung einer weltfremden, abgehobenen politischen Heuchlerkaste: Helge Lindh 2021 im Ahrtal (Foto:Facebook) Vier Jahre Ahrtal – und das erste, was ich sehe, ist das: Helge Lindh stapelt Sandsäcke, Deutschland stapelt Probleme. Doch es soll hier nicht um Helge Lindh gehen. Wirklich nicht. Helge ist nur zufällig in mein Blickfeld geraten, weil er wieder einmal dort stand, wo eine […]

Ein Wort zu der ach so handlichen „Nazi-Keule“…

Von Quo usque tandem Ein Teil unserer Väter und Großväter haben in den Jahren zwischen 1933 und 1945 Dinge getan, welche für immer als dunkler Fleck auf dem Gewissen und Namen der deutschen Volkes lasten werden – dies ist unbestreitbare Wahrheit. Das deutsche Volk, als Kollektiv, hat sich inzwischen Tausende von Malen für diese Verbrechen […]

Statt die eigenen Außengrenzen zu sichern: Erpressbare EU zahlt lieber Milliarden an Warlords in Sudan und Libyen zur Migrationsunterbindung

Letzte Woche verkündete die griechische Regierung, dass sie für mindestens drei Monate keine Asylanträge von aus Libyen kommenden Migranten mehr bearbeiten werde. Zuvor war die Insel Kreta von über 2.000 Migranten regelrecht überrannt worden. Die EU-Kommission war zuvor daran gescheitert, Gespräche mit dem international nicht anerkannten General Chalifa Haftar führen, der den Osten Libyens beherrscht. […]

EIL: Geheimplan-LEAK! Klingbeil stürzt Merz!

SPD-Geheimplan geleakt: Klingbeil stürzt Merz! Wenn die SPD mit denen extra von ihnen eingesetzten Richtern ein AfD-Verbot … Direktlink zum Video

Nahost-Krieg an deutschen Universitäten: Aufruf zur „Intifada“ an Berliner FU

Studiert wird an den Hochschulen im Shithole an der Spree mittlerweile anscheinend kaum noch; stattdessen, so scheint es, werden die einstmals renommierten Universitäten der Hauptstadt zur Außenstellen der Hamas, nachdem sie in den letzten Jahren  – wie einst schon zu RAF-Zeiten und davor – zu Brutstätten linksradikaler Gewalt avancierten. Aktuell sorgt eine Veranstaltung der studentischen […]

„Pre-Bunking“ – Die Meinungsfreiheit im Vorfeld schon einschränken

Ursula von der Leyen lernt schnell. Die Pfizer-Affäre, die fast ihren Job in der EU gekostet hätte – wenn ihr nicht die Linken, Grünen und die CDU beigestanden hätten – hat sie offensichtlich dazu veranlasst, die Meinungsfreiheit noch weiter einzuschränken. Sozusagen eine Sperre zwischen Gedanken und Aussage einzurichten. „Pre-Bunking“ nennt sich die neue, viel schärfere […]

Der Sandwirt

Die Wurzeln der Krise bei Joschka Fischer

Die Akte Habeck, Teil 1 Die Akten zum deutschen Niedergang werden einmal in vier Beständen lagern: 1998 – 2005 Schröder/Fischer, vor allem EEG und Nord Stream I 2005 – 2021 Merkel, vor allem Energiewende als Energieende, EEG-Novellierung. Das EEG und besonders die EEG-Novellierungen muss man ihrer Wirkung als Krebs der deutschen Wirtschaft und des deutschen...

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Wie der Mullah-Geheimdienst Juden in Deutschland bedroht 

Am 26. Juni 2025 klickten in Berlin die Handschellen. Ein Mann, der nicht aus touristischer Neugier knipste, sondern mit tödlicher Absicht, Ali S., angeblich allen Ernstes „Hausmann“, wurde festgenommen, weil er für den iranischen Geheimdienst Fotos von jüdischen Einrichtungen gemacht hatte – darunter die Deutsch-Israelische Gesellschaft und Orte, an denen sich der Präsident des Zentralrats...

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Gewissen gegen Staat: Thoreau

Henry David Thoreau zog sich an den Walden-See zurück und formulierte mit „Civil Disobedience” ein radikal individuelles Moralprinzip. In einer Zeit, da der Staat in Deutschland so übergriffig ist wie selten zuvor, gewinnt seine Idee vom Gewissen über dem Gesetz erschreckende Aktualität. Vom Harvard-Absolventen zum Eremiten Thoreau wurde am 12. Juli 1817 in Concord, Massachusetts,...

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In Platons Echokammer

Diesen Text gibt es auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts und im Televisor des Sandwirts: Hier. Die freien Geister, die sich auf der Sandwirt-Plattform treffen, haben bei aller Heterogenität der Meinungen, Kompetenzen und Lebensformen doch eines gemeinsam: Sie bekennen sich zum Geist der Aufklärung. Dazu gehört vor allem auch die Fähigkeit, Kritik...

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Sind Bitcoins Geld?

Diesen Text gibt es auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts: Hier. Protokolle der Aufklärung #41 Ausgehend von einer der Elementarfunktionen des Wirtschaftsverkehrs, dem Kreditieren, gelangt man über die Beschreibungen des Gutscheins und der Wertschrift schrittweise zur Gelddefinition: Geld als „Gesamtheit der Zahlungsmittel in Form symbolisch materialisierter, numerisch bewerteter Tilgungsversprechen, die gedeckt sind...

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Dreiständelehre: Ordnung und Freiheit

Moderne Gesellschaften erleben einen tiefgreifenden Ordnungsverlust: Der Staat wächst in alle Lebensbereiche hinein, familiäre Bindungen zerfallen, und das Gewissen des Einzelnen wird durch staatliche Moralisierung ersetzt. Inmitten dieser Entwicklung erhält eine alt-neue Idee Relevanz, deren Aktualität kaum erkannt wird – die Dreiständelehre der Reformation.  Was Martin Luther und andere Reformatoren im 16. Jahrhundert als göttliche Schöpfungsordnung...

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Anfliegende Mauerspechte

Der größte Aufreger derzeit ist sicherlich die sich anbahnende Annäherung des BSW und der AfD, nach einem mehrstündigen, offensichtlich relativ sachlichen Gespräch der thüringischen Fraktionsvorsitzenden. Es wird bestätigt, dementiert, ausgeschlossen – und vor allem das BSW scheint sich da nicht ganz einig zu sein. Während die Parteigründerin vorsichtig gesprächsbereit ist, lehnen wichtige Funktionäre vertiefte Kontakte...

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Der Corona-App-Mann

Vom Ministerium zum Millionenkonzern. Der Mann, der einen der teuersten Technologieaufträge in der Geschichte der Bundesrepublik maßgeblich mitverantwortete, tauchte kurz nach dessen Umsetzung in den Schatten ab – um wenig später bei genau jenem Konzern aufzutauchen, dem er zuvor, ohne Ausschreibung, Millionen an Steuergeldern zugeschanzt hatte: Gottfried Ludewig. CDU. Ein Name, den man sich merken...

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Vera Lengsfeld

Brosius-Gersddorf über “allen Zweifel” erhaben? Nein!

Von Ulrich Sauer Am letzten Sitzungstag vor der Sommerpause geschah im Bundestag Unerhörtes. Abgeordnete machten von ihrem Recht auf weisungsfreie Entscheidung Gebrauch und verweigerten ihrer Fraktionsführung und dem Kanzler die Gefolgschaft. Die anschließende Debatte verlief dann wieder wie gewohnt. Außer Phrasen und zum Teil hysterischem Gekreische nichts gewesen. Eine Feststellung verdient allerdings Beachtung: Die Kandidatin … „Brosius-Gersddorf über “allen Zweifel” erhaben? Nein!“ weiterlesen

Die Wahl wird wiederholt, bis das Ergebnis passt!

Unsere Retter der Demokratie haben nicht lange gebraucht, um sich von ihrem Schock zu erholen, dass eine Wahl nicht so ausging, wie sie es vorgesehen hatten. Nach einem Tag Gift und Galle spucken und Spahn und Merz zu bezichtigen, ihre „Fraktion nicht im Griff“ zu haben, sprang schon am nächsten Tag die Propagandamaschine an. Der … „Die Wahl wird wiederholt, bis das Ergebnis passt!“ weiterlesen

Eine Nicht-Wahl: Wo ist das Problem?

Lothar W. Pawliczak Es hyperventiliert von allen Seiten. Der Kanzler hat „Ja“ gesagt. Plagiat oder Nicht-Plagiat? Geplanter Staatsstreich. Moralischer Fanatismus. Schmähkampagne. Eskalationsspirale. Versagen des Fraktionsvorsitzenden. Armutszeugnis. Dilettantismus. Schlamassel. Debakel. Koalition in der Krise. Fatale Folgen. Entsetzt. Blamiert. Skandal. Bundesverfassungsgericht beschädigt. Staatskrise. Schwarzer Tag. Widerliche Lebensschützer. Rechter Kulturkampf. Politische Zumutung. „Das kann man sich als Frau … „Eine Nicht-Wahl: Wo ist das Problem?“ weiterlesen

Ein Etappensieg auf dem Weg zur Rückeroberung der Demokratie

Bekanntlich haben wir im besten Deutschland aller Zeiten (Walter Steinmeier) „unsere Demokratie“, die von allen linken Parteien, einschließlich der Union, „wehrhaft verteidigt“ werden muss. Bei dieser „Verteidigung“ geraten immer mehr demokratische Regeln unter die Räder. Zum Beispiel gehört der im Grundgesetz verankerte freie Abgeordnete, der keinen Weisungen unterworfen und nur seinem Gewissen verpflichtet ist, schon … „Ein Etappensieg auf dem Weg zur Rückeroberung der Demokratie“ weiterlesen

CDU adé, tut Scheiden weh?

Gestern hat Bundeskanzler Friedrich Merz der Union den Todesstoß versetzt. Mit einem schlichten „Ja“ auf die Frage der Abgeordneten Beatrix von Storch, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, eine Frau als Verfassungsrichterin zu wählen, die einem 9 Monate alten Kind bis zur Geburt die Menschenwürde abspricht, hat er den Boden des Grundgesetzes verlassen … „CDU adé, tut Scheiden weh?“ weiterlesen

Dushan Wegner

Die Deutschen hielten sich für klug

Wer Erfolg hat, hält sich für klug. Die Deutschen waren mal erfolgreich – und hielten sich für klug. Doch die Welt, in der dieser Erfolg möglich war, existiert so nicht mehr. Was also sind wir, wenn Erfolg ausbleibt und wir dennoch so weitermachen?

Rayyan Arkan Dikha sammelt Aura

Ein 11-jähriger indonesischer Junge wird berühmt für sein »Aura-Farming«: Er tanzt vorn auf einem Kanu‑Rennboot bei voller Fahrt – ruhig, würdevoll, cool. Menschen weltweit bewundern seine »Aura«. Doch was genau ist das?

Frauen sind nicht die besseren Menschen

Merkel, von der Leyen, Baerbock, Meloni, Brosius-Gersdorf und so weiter: Die gelegentlich implizierte These, dass Frauen »die besseren Menschen« seien, moralisch und empathisch, ist ziemlich gründlich widerlegt.

Der größte Trick des Teufels

Der größte Trick des Teufels bestand darin, die Welt glauben zu lassen, dass er nicht existiert (The Usual Suspects, nach Baudelaire). ­– Das Meta-Ironische daran: Die meisten, die dieses Film-Zitat wiederholen, glauben nicht, dass der Teufel existiert.

Eine Übung im Rechthaben (bitte nachmachen!)

Habt ihr schon mal als einziger richtig gelegen, hattet aber nichts davon? Es ist frustrierend – doch eine gute Übung. Die innere Kraft, dem Verstand zu folgen, während die anderen mit der Masse mitlaufen, wird dir irgendwann das Leben retten.

Matthias Matussek

Matussek!: Pop-Musen

Bevor Matussek in die Sommerpause geht, zelebriert er seinen ganz persönlichen „Summer of Love“ – mit Songs voller Sehnsucht, Begehren und großer Gefühle: von „Angie“ bis „My Sharona“. Politisches gibt’s nur am Rande – der Abend gehört der Liebe und dem Pop. Jetzt reinhören!

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Matussek!: Slipknot

Matussek lässt es krachen – mit Slipknot in der Waldbühne und einem wütenden Blick auf Politik, Medien und Weltlage. Vom Kontrafunk-Jubiläum über kalte Schnitzel bis zu Trumps „Midnight Hammer“: eine Sendung zwischen Headbanging, Streit und Satire. Musik: laut. Sehr laut. Jetzt reinhören!

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Matussek!: Tel Aviv

Matussek blickt nach Tel Aviv – mit Sorge, aber auch mit Liebe zur „schönsten Strandstadt der Welt“. Es geht um Überlebenswillen, hedonistischen Lebensmut und den Kampf gegen den islamistischen Terror. Dazu: Trumps Abrechnung mit dem linken Mob in L.A., Klarstellung zu Sellners „Remigration“ – und Musik von „Hatikwa“ bis Rosenstolz. Jetzt reinhören!

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Matussek!: Sellner

Freitagabend live und ungeschminkt: Matussek trifft Martin Sellner. Es geht um Trumps Migrationspolitik, Gretas Selfie-Inszenierung, moralische Doppelmoral im Gaza-Aktivismus, die neue Querfront und die Rückkehr der rechten Gegenkultur – kontrovers, direkt, spannend. Jetzt reinhören!

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Matussek!: Links oder rechts

Was heißt heute „rechts“? Matussek über den Wandel von Moral und Politik, seinen eigenen Weg vom 68er zum Konservativen – und warum Realität, Glaube und Familie heute Anker sind. Dazu: Steve Winwoods Traffic als Soundtrack zum „Summer of Love“. Pointiert, persönlich, provokant. Jetzt reinhören!

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Roger Letsch • Unbesorgt

Das Loch in Unsererdemokratie

Besonders die Grünen nahmen die Nachricht gar nicht gut auf, dass die Richterwahl im Bundestag vorerst abgesagt würde. Britta Haßelmann steigerte sich am Rednerpult in einen Wutanfall hinein und ging hart mit der Union ins Gericht. Merz und Spahn hätten ihren Laden nicht im Griff, Merz und Spahn hielten sich nicht an Abmachungen, Merz und Spahn […]

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Die Dämonisierung des Banalen

In Konstanz feiern also Seenotretter einen Schiffbruch und ein „Bündnis“, das sich rechtlich irgendwo zwischen Furz und Verein befindet, feiert einen „Erfolg für die zivile Stadtgesellschaft“. Schließlich habe man verhindert, dass auf dem Bodensee irgendwo zwischen Österreich, Deutschland und der Schweiz 100 Menschen bei Kaffee und Kuchen einer hochgeheimen Verschwörung lauschen konnten, deren Aufzeichnung am […]

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Im Apfel der Wurm

„Taxation isn’t theft, capitalism is.“ (Zohran Mamdani, demnächst vielleicht Bürgermeister von New York City) „Den wählen die nicht, unmöglich!“ So lautete die spontane Reaktion eines Freundes auf meine Nachricht, ein Antisemit und bekennender Sozialist habe die Vorwahlen der Demokraten für das Bürgermeisteramt in News York City, der größten und sicher bedeutendsten Stadt der USA gewonnen. […]

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Morde in Südafrika: Sind jetzt Musk und Trump schuld?

Es läuft gerade nicht gut in Südafrika, und Nachrichten darüber, wie es dort gesellschaftlich und wirtschaftlich immer weiter bergab geht, dringen bis ins Lagebewusstsein des deutschen Durchschnittsbürgers, wo bislang noch hartnäckig der schöne Regenbogentraum des Nelson Mandela zuhause war. Dabei ist weiße Apartheid längst Geschichte, es gibt immer wieder freie Wahlen, Regierungen werden gebildet und […]

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Weiße Opfer darf es nicht geben

Bis heute sind sich die Medien nicht einig darüber, ob Trump nun ein gerissener und skrupelloser Dieb ist, der Schwarze hasst und bei Putin auf der Gehaltsliste steht, oder doch nur ein dicker alter Mann mit orangen Haaren, dessen IQ in der Nähe der Zimmertemperatur liegt und dessen Rhetorik neben einem Kutscher ausgebildet wurde. Deshalb […]

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Hadmut Danisch

Die EU und der Flaschendeckel an der Flasche

Warum eigentlich … ? Warum muss der Flaschendeckel in der EU an der Flasche bleiben, während man in Japan Deckel und Flasche separat zu entsorgen hat, weil es verschiedene Kunststoffe sind? An manchen Recycling-Boxen steht sogar extra einer, der aufpasst, dass man sie nicht zusammen reinwirft, sondern getrennt. Damit man die Kunststoffe sortenrein recyclen kann.

Artikel 20 Absatz 4 Grundgesetz

Eine Feststellung. Artikel 20 Absatz 4 Grundgesetz Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Der erste Teil ist erfüllt. Spätestens die Causa um die beiden Verfassungsrichterinnen belegt, dass es Ziel der Grünen und der SPD ist, die Rechtsordnung der Bundesrepublik […]

Fliegt die linke Unterwanderung der Justiz jetzt auf?

Über Susanne Baer und andere linke Ideologen unter den Richtern. Ein Leser wies mich darauf hin, dass in der gestrigen Sendung von Markus Lanz Melanie Amann vom SPIEGEL Susanne Baer erwähnt habe. Stimmt: Aber inhaltlich stimmt es nicht. Susanne Baer wäre auch damals schon nicht gewählt worden, wenn man gewusst hätte, mit wem man es […]

Frauke Brosius-Gersdorf taugt nicht als Verfassungsrechtlicherin

Mehr Probleme mit der angeblich „über jeden Zweifel erhabenen“, „hoch angesehenen“ „Verfassungsjuristin“. „Ich bin Wissenschaftlerin“ Ich hatte das schon in der Nacht nach der Lanz-Senung geschrieben, dass mir aufgefallen sie, wie penetrant oft sie betonte, dass sie „Wissenschaftlerin“ sei, obwohl die Juristen keine Wissenschaftler sind, und ich das in der Eile noch nicht nachzählen konnte, […]

Das grüne Notz … äh, Netz

Ach, sieh mal einer an … da kommt noch etwas Licht ins Dunkel. Leserzuschrift: Der Grüne Notz Hallo Hadmut, über den Notz: https://de.wikipedia.org/wiki/Konstantin_von_Notz Er studierte 1993 bis 1998 Rechtswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und absolvierte dort 1998 das erste Staatsexamen.[6] 2001 bis 2004 war er Rechtsreferendar am Landgericht Lübeck. 2004 legte er das zweite Staatsexamen […]

Geolitico

Donald Trump macht die USA zu seiner Marke

Kastrierte Republikaner, „traumhafte“ Haushaltsgesetze und eine Geburtstagsfeier mit Tschingderassabum: Donald Trump steht auf dem Zenit seiner Macht. Mit seinem Steuer- und Haushaltsgesetz, im typisch trumpschen Kitsch „big beautiful bill“ getauft, steht der US-Präsident innenpolitisch auf dem Höhepunkt seiner Präsidentschaft. Die Auswirkungen seines Umbaus der USA sind noch nicht absehbar. Eines ist klar: Es geht um Trumps Prinzip des Markendesigns – sein Leitbild seit frühen New Yorker Tagen. Mit der Truppenparade am 14. Juni zum 250. Geburtstag der Gründung US-amerikanischer Streitkräfte feierte Donald Trump sich als Oberbefehlshaber an seinem Geburtstag. Damit erreicht der Trumpismus einen neuen Höhepunkt. Seit er wieder im Oval Office sitzt, ist dieses Phänomen wieder Regierungslinie. Soll so ein neues System, eine neue Form zu regieren dauerhaft etabliert werden? Von einem Clintonismus oder einem Obamanismus war nie die Rede. Es schwingt beim Trumpismus Sorge und Faszination gleichermaßen mit. Sorge wegen der bekannten Vorwürfe: Trump sei unberechenbar, impulsiv, eine Black Box. Faszination durch seine erfolgreiche Kommunikation mit den Wählern, seine Direktheit, welche dem Wokismus als Steigerung der Political Correctness den Kampf ansagt. Trumps Regierungsstil ist ungewöhnlich, aber bei genauem Hinsehen wiederum nicht. Trump ist eine Marke, ein Brand wie es auf Englisch heißt – genauer ein Mega-Brand. Und er [...]

Die SPD misstraut Klingbeil und sucht ihre Zukunft

Ein SPD-Parteitag, auf dem Wunden geleckt werden. Ein Vorsitzender ohne Strahlkraft und eine Neue, die sich noch beweisen muss. Wohin steuert der Juniorpartner der Union? Bärbel Bas, die Arbeits- und Sozialministerin im Kabinett Merz , holt mit 95 Prozent Zustimmung ein Traumergebnis und löst Saskia Esken an der SPD-Spitze ab. Für Finanzminister Lars Klingbeil kommt es knüppeldick. Sein Ergebnis als Co-Vorsitzender ist ein Alptraum: 65 Prozent Zustimmung oder eher Misstrauen. Alles auf Rot Beim Parteitag in der Berliner City Cube leuchtet alles in kräftigem Rot, von den Stuhlreihen bis zur Bühne samt Rednerpult. So, als ob die bei der Bundestagswahl mit 16 Prozent abgestrafte SPD ihre historische Niederlage in der Parteifarbe ertränken wolle. Enttäuschung und Verzweiflung gehen Hand in Hand und brechen beim Tagesordnungspunkt „Aussprache“ offen aus. Sichtlich erschüttert bekennt die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger: „Wir waren schlicht nicht überzeugend genug.“  „Brutal und bitter“ nennt ihre Amtskollegin aus Schwerin, Manuela Schwesig, das Wahlergebnis. Und Juso-Chef Philipp Türmer stellt die entscheidende Frage: „Was ist unsere Zukunft?“ Er legt den meist gespielten SPD-Klassiker nach der sozialen Gerechtigkeit auf und drängt, „die Verteilungsfrage so laut zu stellen, dass sie von niemandem überhört wird“. Dafür bekommt der Jura-Doktorand den mit Abstand meisten Applaus. Ein [...]

Wie Iran und Israel zu Erzfeinden wurden

Mit der Bombardierung der iranischen Atomanlagen haben die USA den Konflikt im Nahen Osten weiter eskaliert. Lässt sich die Lage wieder befrieden? Schneller als erwartet haben die USA militärisch in den Krieg zwischen Israel und Iran eingegriffen. Tarnkappenbomber vom Typ B-2 hätten die „Bunkerbrecherbombe“ des Typs GBU-57A/B MOP (Massive Ordnance Penetrator) auf die iranischen Atomanlagen in Isfahan, Natans und Fordoabgeworfen, berichtet CNN. Kurze Zeit später feuerten die iranischen Revolutionsgarden erneut Raketen auf Israel. Bei der Attacke sollen iranischen Angaben zufolge etwa 30 Raketen eingesetzt worden sein. Wie konnte es zu dieser Eskalation kommen? Wie hat sich das Verhältnis zwischen Israel und Iran über die Jahrzehnte entwickelt? Das Verhältnis zwischen Israel und Iran ist eines der komplexesten und konfliktreichsten in der modernen geopolitischen Landschaft des Nahen Ostens. Während beide Staaten in den ersten Jahrzehnten nach der Gründung Israels 1948 relativ kooperative Beziehungen pflegten, hat sich das Verhältnis seit der Islamischen Revolution im Iran 1979 grundlegend verändert. Ein zentrales Element dieser Entwicklung ist die Rolle nichtstaatlicher Akteure wie der Hisbollah und der Hamas, die maßgeblich zur Verschärfung der Spannungen beigetragen haben. Diese Gruppen sind nicht nur militärisch aktiv, sondern auch Teil eines ideologischen und geopolitischen Machtkampfes zwischen Israel und dem Iran. Frühphase: [...]

Die Verantwortung des Einzelnen für die Umwelt

Wie steht es um das Umweltbewusstsein in der Gesellschaft? Ein Blick auf die Verantwortung des Einzelnen für die Bewahrung der Natur. Die Auseinandersetzung mit Umweltfragen hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Dynamik entwickelt. Neue Bewegungen, intensiver medialer Diskurs und ein wachsendes Engagement auf internationaler Ebene – all dies legt Zeugnis ab von einem gesellschaftlichen Wandel, der nicht mehr nur oberflächlich stattfindet. Dabei wird zunehmend hinterfragt, in welcher Weise individuelle Entscheidungen den ökologischen Zustand unseres Planeten mitbestimmen. Während globale Akteure wie Regierungen, Konzerne und internationale Institutionen für das große Ganze verantwortlich scheinen, hat auch jede einzelne Person einen signifikanten Anteil an der Bewahrung natürlicher Ressourcen. Um aufkommende Krisen, seien es Extremwetterereignisse oder das Schwinden biologischer Vielfalt, zu bewältigen, bedarf es eines komplexen Umdenkens im Alltag. Analysen zeigen, dass ein langfristig angelegtes Bewusstsein für Nachhaltigkeit sich nicht nur positiv auf Klima und Umwelt auswirkt, sondern ebenso soziale Prozesse beeinflusst. Ressourcenschonung als wichtiger Baustein Wenngleich Diskussionen zu gesellschaftspolitischen Themen häufig von internationalen Konflikten dominiert werden, existieren zugleich zahlreiche regionale Dynamiken, die nicht minder relevant sind. Initiativen widmen sich beispielsweise der Frage, wie das Bewusstsein für schonenden Umgang mit Energiequellen geweckt werden kann. Wer Wert auf einen reduzierten Konsum legt, entdeckt diverse Herangehensweisen: [...]

Nietzards Kampf gegen die Männlichkeit

Die Grüne Jette Nietzard sorgt mit ihren Zuspitzungen regelmäßig für Schlagzeilen. Dabei geht es auch um Sex-Kritik und eine ungelöste Frage: Wann ist ein Mann ein Mann? Warum sollten Frauen bei Männern in Hetero-Beziehungen bleiben, wenn sie 30 Prozent weniger zum Orgasmus kommen?“ fragte die Co-Vorsitzende der Grünen Jugend in einem Gastbeitrag auf Watson. Jette Nietzard sorgt mit ihren Zuspitzungen regelmäßig für Schlagzeilen. Sie hat ein gutes Gespür, eine Mehrheit jenseits des linken Lagers gegen sich aufzubringen. Da sie der Generation digital angehört, hat sie wahrscheinlich von der Aufmerksamkeitsökonomie gehört: mit frechen Kommentaren für Klicks und Debatten im Netz zu sorgen. Böse Mädchen schaffen alles Auch ihre Feststellung, dass Männern, denen die Hand beim Böllern weggesprengt wird, keine Frauen mehr schlagen können, entbehrt aus radikal-feministischer Sicht nicht einer gewissen Logik. Die seit 2024 amtierende oberste Jung-Grüne hat sich das Patriarchat zum Feind gewählt und schießt aus vollen Rohren. Diese Redewendung passt zu ihr, da sie die Männerwelt über 40 für unbelehrbar und „toxisch“ hält. Es gehe Männern immer nur um Kämpfe, Kriege und gegen die Befreiung der Frauen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Erhöhung der Mütterrente deutet sie als Belohnung für reproduktive Dienste. Nur Mütter sind gute Frauen, so stellt sich [...]

Fassadenkratzer

Das Staatsverbrechen: Impf-Propaganda, Leugnung der Schäden und Verrat der Opfer

Was der ehemalige Chefarzt Dr. Jörg-Heiner Möller schon mehrmals als systemische Unterdrückung der Corona-Impfschaden-Katastrophe beklagte 1, wird weiter fortgesetzt. Viele haben sich aufgrund der kriminellen staatlichen Impfkampagne impfen lassen 2, doch die zahlreichen, vielfach nachgewiesenen Impfschäden werden nicht anerkannt und die Behandlungskosten von den Krankenkassen nicht übernommen, die Opfer also von denen, denen sie vertraut … Weiterlesen "Das Staatsverbrechen: Impf-Propaganda, Leugnung der Schäden und Verrat der Opfer"

Der wachsende Kampf gegen das Bargeld

Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass die zunehmenden Zahlungen mit EC-, Kreditkarten und Handys in Geschäften und Restaurants die sukzessive Einschränkung und schließlich die Abschaffung des Bargeldes befördern. Mit dem Bargeld aber verschwindet ein großes Stück bürgerliche Freiheit. Ausschließlich digitale Abläufe machen alle Geldbewegungen nachvollziehbar und kontrollierbar. Und bei Stromausfall hat man plötzlich keinen … Weiterlesen "Der wachsende Kampf gegen das Bargeld"

Im Rüstungs- und Klima-Wahn in den katastrophalen Schuldenstaat

Viele glauben, die von NATO und Merz beschlossene Erhöhung der Rüstungsausgaben seien 5% vom Bundeshaushalt.- Ein schwerer Irrtum! Es sind 5% vom Bruttoinlandprodukt. Der Bundeshaushalt umfasst nur 10% des BIP. 5% des BIP bedeuten also die Hälfte des Bundeshaushaltes für Rüstung, die bis 2035 erreicht werden sollen! Prof. Stefan Homburg, langjähriger Experte für „Öffentliche Finanzen“ … Weiterlesen "Im Rüstungs- und Klima-Wahn in den katastrophalen Schuldenstaat"

Deutsch-Iraner klagen an

Afsaneh Soruri und Afshin Fayyazi verließen vor vierzig Jahren, nach der islamischen Revolution, den Iran. Doch lässt sie das Schicksal ihrer ehemaligen Heimat und seiner Menschen nicht los. Sorgenvoll verfolgen die Molekulardiagnostikerin und der Pathologe von Pforzheim aus das Geschehen im Nahen und Mittleren Osten, besonders natürlich seit der Eskalation des Konflikts mit Israel. Sie … Weiterlesen "Deutsch-Iraner klagen an"

Frieden ist die Mutter aller Dinge – Ein dringender Aufruf

Mit einem eindringlichen Aufruf fordert der Vorstand der „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V.“ die Bundesregierung auf, sich in jedem Falle und unbedingt für Frieden einzusetzen, unabhängig von Schuldfragen und Schuldzuweisungen. Er weist darauf hin, dass es in dieser brandgefährlichen Situation wichtig sei, „alle Kräfte zu bündeln, damit Frieden bleibt, wo er herrscht und … Weiterlesen "Frieden ist die Mutter aller Dinge – Ein dringender Aufruf"

Alexander Wallasch

Lanz und die Opferrolle: Wie Brosius-Gersdorf die Debatte verdreht

Markus Lanz lässt Frauke Brosius-Gersdorf ihre Opferrolle ausspielen, während sie Medien angreift und ihre umstrittenen Thesen verteidigt. Eine Debatte, die nur eines zeigt: Es geht um Macht, nicht um Wahrheit.

Julian Reichelt über einen Skandal: Menschen werden eingeschüchtert, weil sie „Nius“ lesen!

Wer zuletzt irgendwann bei einer der zahlreichen Affären und Handreichungen an die Regierung dachte, es könne mit den etablierten Medien nicht mehr schlimmer kommen, der hat die Rechnung ohne den schlimmsten ehemaligen Journalisten von allen gemacht: Lars Wienand von T-Online.

Brosius-Gersdorfs Brief ist ein Rohrkrepierer: lückenhaft, schwach argumentiert und mit peinlichem Schweigen zu Corona

Frauke Brosius-Gersdorfs Versuch, Kritik an ihrer Kandidatur fürs Bundesverfassungsgericht zu entkräften, scheitert kläglich: Ihr an regierungsnahe Medien verschickter Brief ist ein lückenhaftes, schlecht argumentiertes Machwerk, das ihre Corona-Hardliner-Haltung peinlich ausklammert. Ein Geschenk für ihre Gegner.

Streit um Verfassungsrichter: SPD blockiert AfD und jammert dann selbst über Blockade

Warum die Wahl von Verfassungsrichtern keine Formsache mehr ist – und wie die SPD mit Matthias Miersch voran die Demokratie zerlegt. Mitverantwortlich: Ein politischer Verfassungsschutz, linke Schmutzkampagnen und machtbesoffene etablierte Politiker und ihnen gewogene Medien.

Eine Aufmunterung fast nur für Männer

Heute wurde mir wieder eine Werbung auf die Seite gespült, über die wir reden müssen – unter Männern. Kaufen sollte ich ein T-Shirt, auf dem stand: „Ich bin ein einfacher Mann – ich mag Whiskey und Grillen“.

Tichys und Nius am Pranger – Focus hetzt gegen Demokratie: Die Mär von der AfD-Verschwörung

Focus und Co. skandalisieren, was Demokratie ausmacht: Bürger schreiben Abgeordneten, ohne Drohungen, ohne Antifa. Doch für das Vorfeld der Etablierten ist das schon eine „rechte Verschwörung“. Wir legen offen, wie die Etablierten mit Doppelmoral operieren.

Milosz Matuschek

Ein Portal für die neue Zeit

Pareto wird eine Genossenschaft. Und Sie können dabei sein.

Diese Aufarbeitung könnt Ihr euch Spahn

Wann sprechen wir über Impftote und organisierten Demozid?

Wie kommt eigentlich eine neue Welt auf die Welt?

Die Zeugung ist geistig, doch für den Rest braucht es eine neue Disziplin: kollektive Selbsttranszendenz.

Zur Hölle mit dem Krieg!

Der Essay von General Smedley D. Butler ist heute aktueller denn je. Eine Rezension.

Die "Drecksarbeit" für den Westen ist der Tod des Völkerrechts

Während Corona wurde die Verfassung suspendiert, jetzt erleben wir seit dem Angriff Israels auf den Iran die vollständige Erosion des Völkerrechts.

Egon W. Kreutzer

Verzweiflungstaten der Stadtkämmerer

PaD 27 /2025 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad27 2025 Verzweiflungstaten der Stadtkämmerer Vor knapp hundert Jahren, am Schwarzen Freitag, sollen sich Dutzende von verzweifelten Menschen von den Dächern und aus den Bürofenstern in den Tod gestürzt haben, weil das Geld verschwunden war, wie das Meer bei Ebbe. Die Verzweiflung der Kassenwarte deutscher Kommunen im Jahr 2025 nähert sich der Panik der Anleger und Spekulanten von 1929. Allerdings geht es nicht um ihr eigenes ||| ... weiterlesen

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Verwaltung der Altersarmut – Die Rentenlotterie

Wie selbstverständlich geht „der Staat“ davon aus, nicht nur berechtigt, das wäre schon schlimm genug, sondern auch verpflichtet zu sein, fortwährend umzuverteilen. Jetzt juckt es wieder in den Fingern, in die Alterseinkünfte der Rentner einzugreifen – und das weit über den Inhalt der Rentenkasse hinaus. Eine Kommission, die verharmlosende Bezeichnung für die Gremien der Entscheidungsfindung unserer bereits  real existierende Räte-Republik, hat sich über die seit Jahrzehnten prognostizierten Entwicklungslinien der Demografie gebeugt und festgestellt, dass die ||| ... weiterlesen

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Polit-Junkies auf der Jagd nach der Überdosis

Macht macht süchtig. Diese drei Worte, „Macht macht süchtig“, sind die Quintessenz langen Grübelns über die Ursachen des Zustands weiter Teile der Welt, die anscheinend vollständig aus den Fugen geraten sind. Um dies zu erläutern, bedarf es keiner Beispiele. Die setze ich als bekannt voraus. Mit Macht ist dabei jene reine Form der Macht gemeint, die befähigt, einen Willen durchzusetzen, ohne dass dieser Wille dabei durch jenes Maß an Verantwortung gelenkt würde, das den Folgen ||| ... weiterlesen

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Liebeserklärung an die Bahn

Weil die Bahn von so vielen so krass kritisiert wird   Über Jahrzehnte bin ich der Bahn untreu gewesen. Als Jüngling, hauptsächlich so in den Jahren 1960 bis 1970, war ich mit der Bahn noch auf du und du. Rund Hunderttausend Kilometer habe ich mich in dieser Zeit auf Schienen fortbewegen lassen. In den beiden letzten Jahren dieser Zeit waren es die wöchentlichen Fahrten von der Kaserne nach Hause und wieder zurück. Immer pünktlich, bei ||| ... weiterlesen

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Mit der Brechstange ins Verfassungsgericht

Die Semantik ist eine Wundertüte. Wenn man lange genug schüttelt, kommt heraus, dass auch eine Brechstange ein Brechmittel sein kann. Nach dem Skandal um die SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, in dessen Verlauf nicht nur die Kandidatin aufgrund ihrer Einstellungen und ihres Wertekanons trotz vorheriger Absprachen und dem Versuch, sie per Fraktionszwang durchzusetzen, gottseidank – und dies im Sinne der christlichen Lehre – vom konservativen Kern  der Unionsparteien standhaft abgelehnt wurde, will die SPD es nun ||| ... weiterlesen

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Update Julies Woche – 6. bis 12. Juli – ist online

Der 7-Tage-Wochenrückblick von Julie Kreutzer heute wieder neu Informationen, Meinungen, Hintergründe über die ganze Breite des aktuellen Zeitgeschehens aus Sicht der alternativen Medien Erscheint jede Woche samstags, hier bei egon-w-kreutzer.de

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Bastian Barucker

Aerosole, Angst und Masken – im Gespräch mit Prof. Dr. Kappstein

Die Corona-Maßnahmen basierten auf verschiedenen Annahmen bezüglich der Verbreitungswege und -weisen eines Erregers namens SARS-Cov2. Dazu zählen die früh postulierte “asymptomatische Übertragung“ oder die Theorie der Verbreitung des Virus mithilfe von Aerosolen. Praktisch bedeuteten diese Erklärungen, dass bei diesem Infekt auch gesunde Menschen eine potenzielle Ansteckungsgefahr darstellen und dass die Übertragung nicht wie bei anderen […]

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Der Lungenfacharzt Dr. Voshaar zur Corona-Aufarbeitung

Dr. Thomas Voshaar zählt zu den renommiertesten Experten in Deutschland, wenn es um die Behandlung von Covid-19 Patienten geht. Er war seit 1993 Chefarzt der Lungen- und Bronchialheilkunde sowie der Allergologie im Bethanien-Krankenhaus in Moers und ist seit Oktober 2023 im Ruhestand. Voshaar hat in seiner Abteilung 2020 von Anfang an schwere Corona-Verläufe behandelt – […]

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Versagt das Paul-Ehrlich-Institut bei der Überwachung der modRNA-Impfstoffe?

Das – an das Gesundheitsministerium weisungsgebundene – Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ist das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Es ist zuständig für die Überwachung von Impfstoffen, in den letzten Jahren insbesondere für die neuartigen modRNA-Injektionen gegen Covid-19. Diese „Impfstoffe“ wurden öffentlich als nebenwirkungsfrei, sicher und wirksam propagiert. Das PEI, welches die Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen sammelt und […]

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Meinungsfreiheit in Gefahr! – im Gespräch mit Anwalt Jan Ristau

Die Freiheit, seine eigenen Gedanken und Ansichten zu äußern, ist ein elementarer Grundpfeiler der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Demokratie beruht auf der Annahme, dass mündige und informierte Bürger Wahlentscheidungen treffen können. Laut Grundgesetz „hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert […]

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Gazakrieg und Meinungsfreiheit – mit Juristin Melanie Schweizer

Seit dem entsetzlichen Terroranschlag der Hamas auf israelische Zivilisten und der damit verbundenen Geiselnahme Dutzender Menschen am 7. Oktober 2023 bekommt die Lage rund um den Gazastreifen verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit. Die Antwort der israelischen Regierung auf den Angriff nimmt immer brutalere Ausmaße an, so dass sogar der Internationale Gerichtshof (IGH) die von Südafrika vorgebrachten Vorwürfe […]

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Joh. K. Poensgen • Fragen zur Zeit

Der kommende Kampf um die Gerichte

Deutsche Richter werden durch Kooption und politischen Proporz ernannt.

Audiotext: Der kommende Kampf um die Gerichte

Deutsche Richter werden durch Kooption und politischen Proporz ernannt.

Gedankensplitter (58): Unterstützung für Irans Atomprogramm?

Atommächte haben das Interesse den Club der Atommächte exklusiv zu halten.

Gedankensplitter (57): Der IQ-Krieg

Ein Thema, vor dem beide Seiten des Kommentariats Angst haben: Der Intelligenzunterschied zwischen Israel und seinen Nachbarn.

Attack on Non-Proliferation

Under its nuclear umbrella, Israel conducts attacks against its neighbors.

Audiotext: Attack on Non-Proliferation

Under its nuclear umbrella, Israel conducts attacks against its neighbors.

Atlas Initiative

Gedenken an Prof. Dr. Hanns-Christian Salger

Wir gedenken unseres verstorbenen Gründungsmitglieds, Herrn Prof. Dr. Hanns-Christian Salger, Mitglied und Vorstand der Atlas-Initiative für Recht und Freiheit der ersten Stunde. Die Atlas-Initiative hat ein überaus engagiertes Mitglied verloren, ich habe einen guten Freund und geschätzten Ratgeber verloren. Hanns-Christian hat über 2 Jahre mit seiner schweren Erkrankung gekämpft, immer optimistisch, am Ende aber realistisch, […]

Wahlen in Gefahr – unterstützen Sie die Verfassungsbeschwerde zur Landtagswahl Sachsen 2024

Die Landtagswahl in Sachsen 2024 stellt das Vertrauen in unsere Demokratie auf eine harte Probe – und betrifft damit nicht nur Sachsen, sondern uns alle! Belegte Diskrepanzen von mindestens 45.000 Stimmen, ungewöhnliche sprunghafte Stimmenveränderungen bei einzelnen Parteien und Rücksprünge bei der Anzahl ausgezählter Gemeinden werfen schwerwiegende Fragen zur Auszählung der Ergebnisse in der Wahlnacht auf. […]

„Die deutsche Frage“ von Wilhelm Röpke

Von Burkhard Sievert | 24. März 2025 „Die deutsche Frage“ von Wilhelm Röpke ist das Buch eines Zeitzeugen. Es erschien in dritter Auflage 1948. Das Buch handelt in seinem ersten Teil vom Dritten Reich und seinem Ende, im zweiten Teil von den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und in seinem dritten Teil von der Lösung der […]

Unschlagbarer Weg der Erleichterung

Wie der KONSENS.ME unsere Welt verändert Hartmut Bütepage Das Buch spricht Selbstständige, insbesondere in Deutschland, an, die realisiert haben, dass das Herrschaftssystem Demokratie in Zeiten der globalen Meinungsvielfalt höchstens noch Symptome behandeln kann. Die grundsätzliche Erkrankung dieses Systems lässt sich nicht mit den Mitteln heilen, die diesen Tumor im System selbst erschaffen hat. Dieses System […]

Die Genossenschaft Menschlich Wirtschaften – Gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft

Seit Herbst 2021 bringt die Menschlich Wirtschaften eG Menschen zusammen, die an einem wertschätzenden Austausch und der Neugestaltung unserer Gesellschaft interessiert sind. Ziel ist eine Gemeinschaft, in der Geistesleben, Kultur und Wirtschaft im Sinne der Sozialen Dreigliederung gestaltet werden. Die Genossenschaft bietet ihren Mitgliedern Raum für Entwicklung und setzt Impulse für die Umsetzung von Ideen, […]

Sächsische Landtagswahl vor rechtlicher Prüfung!

Die Atlas Förderung der Initiative für Recht und Freiheit e.V. (kurz Atlas Initiative), wird die Ergebnisse der Landtagswahl in Sachsen rechtlich überprüfen lassen. Die am 01. September 2024 stattgefundene Landtagswahl zum 8. sächsischen Landtag wirft Fragen im Endergebnis auf, die die zuständigen Stellen bislang nicht bereit sind, zu beantworten oder aufzuklären. Die Atlas Initiative setzt […]

Im Rausch der Dekadenz

Das neuste Werk von Josef Kraus heißt: „Im Rausch der Dekadenz: Der Westen am Scheideweg“. Kraus rekapituliert darin einleitend mit Blick auf Tausende von Jahren Menschheitsgeschichte, dass jeder Abstieg einer Kultur oder eines Staatengebildes mit Selbstverleugnung und Überangepasstheit beginnt. Vor allem der Verlust der Selbstachtung ist für Kraus der Beginn der Dekadenz.

Ein Fest der Freiheit – Mitgliederversammlung 2024

Die Mitgliederversammlung 2024 war wieder ein freudiges Fest der Freiheit mit vielen spannenden Vorträgen, interessanten Programmpunkten und hochkarätigen Gästen.

Willy Huhn: Der Etatismus der Sozialdemokratie

Burkhard Sievert liefert in seiner Rezension „Der Etatismus der Sozialdemokratie“ eine fundierte Analyse von Willy Huhns Kritik an der Sozialdemokratie und dem Staat. Sievert beleuchtet die zentrale These, dass der Etatismus der Sozialdemokratie unweigerlich in den totalen Staat führt und die individuelle Freiheit gefährdet. Durch den Vergleich der Ideen von Huhn, Marx und Lassalle zeigt Sievert, wie die Staatsgläubigkeit der Sozialdemokratie zur Verflechtung von politischer und wirtschaftlicher Macht beiträgt und letztlich die Freiheit des Einzelnen untergräbt.

Wie wären freie Privatstädte mit Covid umgegangen?

von Titus Gebel Aus dem Auftauchen und dem Umgang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 („Covid-19“), können Lehren gezogen werden, wie Freie Privatstädte und andere Gemeinwesen, für die Bürgerrechte und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz maßgeblich sind, künftig mit solchen und ähnlichen Fällen umgehen sollten. Vermutlich hätte eine Freie Privatstadt eine Klausel im Bürgervertrag, die bestimmt, dass in Notfällen wie […]

International

Neue Zürcher Zeitung

BILDSTRECKE - Die Karikatur der Woche

Der Karikaturist Peter Gut kommentiert in seinen wöchentlichen Zeichnungen für die NZZ das Weltgeschehen.

DER ANDERE BLICK - Die neue deutsche Regierung ist noch keine hundert Tage im Amt – und soll sich schon im Niedergang befinden. Doch diese Wahrnehmung ist falsch

Der Streit um die Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf hat für böses Blut in der schwarz-roten Koalition gesorgt. Darüber sollte man aber nicht aus den Augen verlieren, dass sich das Bündnis in Für Deutschlands Zukunft wesentlicheren Fragen einig ist.

Ein Feuer zerstört das Herzstück von Tomorrowland: «Was hier in Flammen aufging, war keine gewöhnliche Bühne»

Das Open Air im belgischen Boom ist eines der grössten Elektro-Festivals der Welt. Kurz vor dem Start brennt die Hauptbühne vollständig nieder. Der Entscheid über die Durchführung des Festivals wird wohl nach 18 Uhr kommuniziert.

DIE NEUSTEN ENTWICKLUNGEN - Krise in Syrien: Israel duldet keine syrischen Streitkräfte südlich von Damaskus +++ Suweida von wichtigen Versorgungsleistungen abgeschnitten

Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Bashar al-Asad Ende 2024 erlebt Syrien ungewisse Zeiten. Mitte Juli eskalierte ein Konflikt zwischen Drusen, Beduinen und der syrischen Regierung, Israel flog als Reaktion Luftangriffe auf Damaskus.

Schweizer Monat

Der Grossaktionär fragt den CEO aus

Dem Chef des norwegischen Staatsfonds kann kaum ein Firmenlenker ein Gespräch verweigern. Nicolai Tangen hat daraus einen Podcast gemacht.

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Ich habe mich getäuscht: Die freie Marktwirtschaft funktioniert erstaunlich gut

Jahrelang kritisierte ich die Ideologie des Neoliberalismus. Javier Mileis Experiment in Argentinien hat mich eines Besseren belehrt.

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Was die Coronapolitik den Kindern angetan hat

Übergewicht, psychische Probleme, Einsamkeit: Die harten Coronamassnahmen der deutschen Regierung haben der Gesundheit von Kindern geschadet. Die Verantwortung dafür will niemand tragen.

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Die Parteien sind bei der Sozialhilfe für Ausländer freigiebiger als ihre Wähler

Eine neue Untersuchung lässt einen spannenden Abstimmungskampf zu den EU-Verträgen erwarten.

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Die Medienwelt wird sich nochmals radikal wandeln

Ich habe meine journalistische Karriere erst mit 31 Jahren gestartet, als Berichterstatter, Kritiker und Kommentator in der Medienbranche. Das grosse Thema zu Beginn des Jahrtausends war, wie die etablierten Medien auf die Digitalisierung und das sich rasch ausbreitende Internet reagieren sollen. Die Einschätzungen von damals haben nach wie vor hohen Unterhaltungswert. Hanns-Peter Cohn, CEO des […]

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Eine tropische Insel für «Carlos»?

Die Verbannung von Straftätern ins Ausland, um Kosten zu senken und Probleme auszulagern, hat eine lange Geschichte. Heute ist das kaum noch möglich. Dabei müsste man nur etwas kreativ werden.

Source

«Je direkter die Demokratie, desto glücklicher die Leute»

Studio Schweizer Monat #103: Bruno S. Frey spricht über das subjektive Alter, den Untergang der Titanic und seine Traumuniversität. Er verrät, warum die Glücksforschung glücklich macht, und warum er den Wirtschaftsnobelpreis nie erhalten wird.

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Keine Macht den Zentralbanken

In seinem neuen Buch erklärt Benjamin Mudlack, warum das Geldwesen viel zu wichtig ist, um es unter die Obhut des Staates zu stellen.

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Budapester Zeitung

Die Heimatliebe der Opposition

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Verdoppelte Produktionsflächen

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Nur wenige Lichtblicke

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Kuria bestätigt Banken

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„ Einfache Leute haben nichts zu befürchten“

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Diese Wirtschaftspolitik ist eine Katastrophe!

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Motivierte Amerikaner

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Haushaltsplan pro Ukraine?

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Unser Mitteleuropa

Absurdes aus Österreich: FPÖ wegen Sparsamkeit (!) im Focus des Rechnungshofes

EU-Wahlkampf 2024: Die österreichischen Parteien geben Unsummen für Agenturen aus, um ihren Wahlkampf zu gestalten. Nur eine Partei tanzt aus der Reihe: die FPÖ. Die Sparsamkeit der Freiheitlichen im für sie erfolgreichen EU-Wahlkampf 2024 will sich der Rechnungshof jetzt genau unter die Lupe nehmen. Die Behörde plant eine Nachschau in der Buchhaltung der FPÖ. Will […]

Neues aus dem Freiluft-Irrenhaus EU: 500.000 Euro für Wrestling in Gambia gegen den Klimawandel!

Der Wahnsinn, der uns zunehmend entgegenknallt, hat mittlerweile ein Ausmaß erreicht, dass man glaubt, es mit Artikeln aus Satiremagazinen zu tun zu haben. Der neueste Irrsinn erreicht uns nicht aus einer Klinik für Geistesgestörte, sondern via welt.de aus Brüssel. „Die Menschen müssen glauben, dass wir es mit Wahnsinnigen zu tun haben!” Müssen glauben? Besser noch: […]

Darmstadt – „Blüten“ der Migrationspolitik – Waffenkontrollen in Verkehrsmitteln

„Waffenkontrolle bitte aussteigen“ heißt es neuerdings in den öffentlichen Verkehrsmitteln Darmstadts. Fahrgäste müssen auf Anordnung der Polizei, Busse und Straßenbahnen verlassen um auf Waffen hin kontrolliert zu werden. Einführung der Waffenverbotszone in Hessen als Grund Neuerdings werden also Busse und Straßenbahnen in Darmstadt stichprobenartig seitens der Polizei, auf Waffen durchsucht, wie auch die Frankfurter Rundschau […]

Abwanderung nimmt Fahrt auf: Wer Geld hat, verlässt das sinkende Schiff

+ Vertuschung der Epstein Affäre: Wir dürfen Pädophile nicht davonkommen lassen + Russland-Sanktionen – nun stellt sich auch Malta quer + „Hetzkampagne“ und „rechtsextreme Portale“: Wie der NGO-Komplex für Frauke Brosius-Gersdorf mobilisiert + Abwanderung aus der BRD: Wer Geld hat, verlässt das sinkende Schiff +  +++ Vertuschung der Epstein Affäre: Wir dürfen Pädophile nicht davonkommen […]

Zwangs-Mobilisierungs-Terror in Ukraine fordert Tote (Video)

Ein weiteres schockierendes Video von einer ukrainischen Zwangsrekrutierung zeugt von einer geradezu unüberbietbaren Brutalität des Zelenskyj-Regimes auch gegen die eigene Bevölkerung – unter Duldung Brüsseler Kriegstreiber-Eliten: Dabei wird ein Mann von Rekrutierungs-Häschern mit einer so enormen Wucht zu Boden gestoßen wird, dass er sich nicht mehr bewegt. Es wird vermutet, dass ihm das Genick gebrochen […]

ÖSTERREICH: Bundestrojaner wird von Regierung genehmigt

Handys und Computer sollen mit Malware infiziert werden, damit Österreichs Ermittler Einsicht nehmen können. Nur zwei (!) Abgeordnete der Regierung wagten Widerspruch. Österreiche Regierung genehmigt Malware zur Gefährderüberwachung Österreichische Ermittler dürfen bald Malware („Bundestrojaner“) kaufen, in Geräte von Bürgern einschleusen und diese überwachen. Unbeteiligte Dritte, darunter Betreiber von Messengerdiensten, werden per Gesetz dazu verpflichtet, heimlich […]

Petition gestartet – FPÖ will Flaschenpfand abschaffen! – Pressekonferenz

Am 1. Jänner 2025 wurde in Österreich ein neues Zwangssystem eingeführt, das jeden trifft: Das sogenannte Einwegpfand auf Dosen und PET-Flaschen. Unter dem Deckmantel von Umweltschutz und EU-Vorgaben wurde ein bürokratisches Monster geschaffen, das die Konsumenten, insbesondere Familien und Pensionisten, massiv belastet – während Großkonzerne die Gewinne einstreifen. Die FPÖ sagt: Schluss damit! Österreich braucht […]

Feine Magazine

CATO

Editorial Heft 4 | 2025

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KRIEG UM DEN NORDPOL

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KRIEG UND FRIEDEN

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DIE GRÜNE STAATSPARTEI

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EIN MAESTRO AUS DEUTSCHLAND

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DER MIT DEN GRÜNEN TANZT

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FRAGWÜRDIGE INTERNATIONALE GERICHTSHÖFE

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TUMULT

Hans Günter Holl: SUIZIDALE PRÄVENTION

Was der späte Hölderlin als „der Menschen wohnend Leben“ belächelte, war von je her vielfältigen Gefahren ausgesetzt: hausgemachten und elementaren, wobei die Grenzen zwischen den beiden heute als fließend gelten...

Thomas Hartung: DIE GESCHÄNDETE RICHTERWAHL

Die Causa Brosius-Gersdorf sagt alles über die Abgründe parlamentarischer Intrige, den Zerfall überparteilicher Kultur und die drohende Aushöhlung der verfassungsrichterlichen Autorität der BRD...

Martin Richter: DER DEUTSCHE KLANG – ZENTRALES ELEMENT DER DEUTSCHEN KULTUR

Die Frage, was Deutsche Kultur ist, muss der rechten Verantwortungsgemeinschaft naturgemäß eine Herzensangelegenheit sein. Sie ist sowohl begrifflicher Ausgangspunkt als auch Diskussionsgegenstand zum Zweck inhaltlicher Grenzziehung und Ausdehnung. Was ist Teil Deutscher Kultur, wie weit reicht sie, wodurch zeichnet sie sich aus – ergo: Welche Künstler und Kunstwerke sind spezifisch deutsch?

Ralf Rosmiarek: UNSERE DEMOKRATIE

Sturzbäche von Tränen ergossen sich, denn die Lachsalven hatten es in sich. Eine Nation reinigte sich, wurde durch den Künstler und Sprachvirtuosen Loriot gleichsam der heilsamen Kur unterzogen, sich selbst zu erkennen. Loriot beschenkte sein Publikum und dankbar wurde die Einsicht aufgenommen: Der Mensch kommt nicht raus aus seiner Haut.

Thomas Hartung: BULLERBÜ BRÖCKELT

Abiball feiern? Gern – aber getrennt nach Geschlechtern! Der Vorschlag an einem Essener Gymnasium macht nicht nur sprachlos, sondern zeigt, wohin sich unser einst säkulares Land bewegt...

Sezession

Krah, Höcke, Noise

Am vergangenen Donnerstag trug Maximilian Krah in den Räumlichkeiten des Bundestags vor rund 90 Zuhörern seine Einschätzungen und Ableitungen zur Frage der Überfremdung vor. Er argumentierte gestützt auf zwei Dutzend PowerPoint-Folien und trug vor, was seit Wochen bekannt ist. Krah hält nach wie vor Martin Sellners Remigrationskonzept für verfassungsfeindlich und warnt jeden, der sich dieses […]

Blackgepilled

Viele kennen das: daß man als Kind die eigenen Eltern enttäuscht hat – weil man gewisse (unerwünschte) Eigenschaften hatte oder (erwünschte) eben nicht. Man nennt es „Rollenkonflikt“ oder „Erwartungsdruck“. Manche laborieren daran ein Leben lang. Ich zähle nicht zu denen. Aber ich weiß noch zweierlei, was meine Eltern besonders monierten: daß ich an Fasching nie […]

Shlomo ist frei – andere fehlen

Das Hafttagebuch von Kurt Hättasch – 67. Tag Der junge Familienvater und Handwerker Kurt Hättasch ist am 5. November des vergangenen Jahres in Grimma auf dem Grundstück seines Wohnhauses niedergeschossen und festgenommen worden. Ihm und sieben anderen Männern wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Die Ehefrau Hättaschs stellt uns nach und nach das handschriftliche […]

Treffen, Essen, Flüchten

Ein persönlicher Defekt: Ich kann mich an keine Sitzung, kein Meeting, neuerdings auch kein „Get-together“ erinnern, wovon ich mich „nachhaltig“ inspiriert gefühlt hätte. Durchaus schlechten Gewissens stelle ich das fest. Der Defekt ist chronisch: Schon aus FDJ-Versammlungen, aus Armee-Politschulungen und aus Lehrerkonferenzen ging ich hinaus, wie ich hineingekommen war, nur eben rammdösiger als vorher. Oft […]

Hinter den Linien. Tagebuch – Donnerstag, 10. Juli

Wir haben das Sommerfest gefeiert, wie es sich gehört. Es war ein Fest! 600 Leser, Autoren, Podien, Vorträge, Gespräche, Freude, bißchen Antifa-Folklore, wenig Polizei, wenig Partei. Hier ist ein erster Mitschnitt, der Auftakt, den Erik Lehnert und ich machten. Er stand unter der Fragestellung Wozu Partei?. So heißt Lehnerts neuer Essay, der in der Reihe […]

Remigration – juristisch und politisch

Im Jahr 2024 versuchte man, die Idee der Remigration durch eine Medienkampagne zu vernichten. 2025 soll sie juristisch zerschlagen werden. Damals stand das AfD-Verbot im Zentrum der Debatte, heute geht es um eine „Differenzierung“, also gezielte Spaltung der Partei. Warum richtet sich der Fokus des politischen Gegners auf die Remigration? Weil er weiß: Sie ist […]

Recherche D

51 Wikipedia-Lebensläufe korrigiert

Bei unserer Wikipedia-Korrektur geht es voran. 51 Lebensläufe sind inzwischen online. Unser Ziel ist es, jeden Monat zehn zu schaffen. Neu dabei sind: Erich Vad Paul Brandenburg Raphael M. Bonelli Werner Patzelt Norbert Häring René Springer Marie-Luise Vollbrecht Philip Manow Martin Wagener Boris Reitschuster Tino Chrupalla Michael Ballweg Gunter Frank Eva Herman Klaus Peter Krause Bernd Baumann Daniel Stelter Julian …

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Nationales Recht gegen globale Rechtlosigkeit: Die Macht der Anwälte

Adam Smith (1723–1790) ging seinerzeit davon aus, daß es sinnvoll ist, „sein Kapital möglichst in seiner Nähe zu beschäftigen und infolgedessen es soweit wie möglich möglich zur Förderung heimischer Erwerbstätigkeit zu verwenden“. Smith begründete diese Vermutung mit der besseren Kenntnis der charakterlichen Vorzüge seiner Landsleute und der besseren Kenntnis der eigenen Rechtsordnung. In der Fremde …

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Wikipedia-Korrektur: 23 Lebensläufe online

Bei unserer Wikipedia-Korrektur geht es voran. 23 Lebensläufe sind inzwischen online. Unser Ziel ist es, jeden Monat zehn zu schaffen. Die Neuzugänge sind: Winfried Stöcker Hansjörg Müller Thor v. Waldstein Stefan Scheil Thilo Sarrazin Michael Klonovsky David Engels Uwe Steimle Gerd Morgenthaler Michael Nehls Gerd Ganteför Ralf Schuler Die Gesamtübersicht aller Lebensläufe findet sich hier. Vor der Bundestagswahl …

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(Politisch motivierte?) Kontokündigung

Antifa-Anschläge und Büro-Kündigungen haben wir bereits durch. Jetzt hat es unser Konto getroffen. Ungefähr 15 Jahre war der gemeinnützige Verein Journalismus und Wissenschaft, der die Projekte Recherche D, Recherche Dresden und Blaue Narzisse betreibt, bei der Postbank. Das ist nun vorbei. Am 25. Januar 2025 erfuhr der Vorstand über Umwege, daß die Postbank dem Verein …

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Startschuss für unsere Startelf

Die ersten elf Lebensläufe unserer Wikipedia-Korrektur sind online. Gebündelt können Sie hier in unserem Lexikon auf Recherche‑D.de aufgerufen werden. Wir beginnen mit: dem Energieexperten André Thess. Wikipedia rückt den Professor für Energiespeicherung in die Nähe von »Klimaleugnern«. Wir halten das für eine böswillige Diffamierung und haben den Lebenslauf deshalb korrigiert. Weiter geht es mit dem …

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Wikipedia-Korrektur

Wo schauen Sie zuerst nach, wenn Sie etwas wissen wollen? 80 Prozent der weltweiten Internetnutzer befragen Google. Nur knapp zwölf Prozent nutzen die Suchmaschine bing. Unabhängig davon, ob Sie Google oder bing nutzen, ist das erste Suchergebnis dann in den allermeisten Fällen der Wikipedia-Eintrag. Wikipedia hat also ein erschreckendes Wissensmonopol. Bei naturwissenschaftlichen Beiträgen (z.B. über …

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Nachruf auf Prof. Peter Ruben

Von Lothar W. Pawliczak. Als Philosoph in der DDR erlangte Peter Ruben (1. Dezember 1933 bis 20. Oktober 2024) mit profunden Arbeiten zu Mechanik und Dialektik, zu Philosophiegeschichte und Einzelwissenschaften in den 1970er Jahren auch die Aufmerksamkeit im Westen, insbesondere dann mit seinem Ansatz für eine Philosophie der Arbeit, der auch in einem Sammelband seiner …

Nachruf auf Prof. Peter Ruben Weiterlesen »

Wir selbst

Frauke Brosius-Gersdorf, Abtreibung, Menschenwürde und eine moralisch desorientierte CDU

von Mirjam Lübke Frauke Brosius-Gersdorf, Abtreibung, Menschenwürde und eine moralisch desorientierte CDU Die SPD-Kandidatin für das Amt einer Verfassungsrichterin – Frauke Brosius-Gersdorf – sei von der CDU-Fraktion letztlich abgelehnt worden, weil ihre Haltung zum Thema Abtreibung »zu liberal sei« – so die »Tagesschau«. So kann man es natürlich umschreiben, aber dann müsste man auch einem"Frauke Brosius-Gersdorf, Abtreibung, Menschenwürde und eine moralisch desorientierte CDU" weiterlesen

Heftiger Streit um das „Volk“ und den Islam: Ist die Zeitenwende unvermeidlich ?

von Rechtsanwalt Alexander Heumann Heftiger Streit um das „Volk“ und den Islam: Ist die Zeitenwende unvermeidlich ? Maximilian Krah sieht „die Epoche der Nationalstaatlichkeit vorüber“1 und Deutschlands Zukunft unvermeidlich als „multiethnisches Land“. Martin Sellners „Remigrations“-Konzept lehnt er ab, weil es eine „Ungleichbehandlung der Staatsbürger nach ethnischen Kriterien“ bedeute (15.06.2025, X) und die Gefahr eines AfD-Verbots"Heftiger Streit um das „Volk“ und den Islam: Ist die Zeitenwende unvermeidlich ?" weiterlesen

Einschüchtern statt ermitteln – Wie der Staat das Grundrecht auf Meinung zerstört

von Andreas Schnebel Einschüchtern statt ermitteln – Wie der Staat das Grundrecht auf Meinung zerstört Am 25. Juni 2025 marschierten Polizei und Bundeskriminalamt in den frühen Morgenstunden bundesweit bei 180 Bürgern auf. Der Vorwand: „Hass und Hetze“ im Internet. Die Wahrheit: ein orchestrierter Angriff auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung. Zwei Stimmen, die an diesem"Einschüchtern statt ermitteln – Wie der Staat das Grundrecht auf Meinung zerstört" weiterlesen

Erdbeeren in Burgunder: Ein Abend mit Harald Martenstein in den Räumen einer Studentenverbindung

von Hanno Borchert Erdbeeren in Burgunder: Ein Abend mit Harald Martenstein in den Räumen einer Studentenverbindung Ernst Jünger, 1998 im Alter von 103 Jahren verstorben, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern und Denkern des 20. Jahrhunderts. Werke wie „In Stahlgewittern“, „Strahlungen“, „Der Waldgang“ oder „Auf den Marmorklippen“ verbinden philosophische Tiefe mit sprachlicher Präzision. In Deutschland umstritten,"Erdbeeren in Burgunder: Ein Abend mit Harald Martenstein in den Räumen einer Studentenverbindung" weiterlesen

Vor 75 Jahren starb Ernst Wiechert, eine bedeutende Stimme der Inneren Emigration

von Peter Backfisch Vor 75 Jahren starb Ernst Wiechert, eine bedeutende Stimme der Inneren Emigration Wer sich mit der Deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts beschäftigt, kommt an dem ostpreußischen Schriftsteller Ernst Wiechert (1887 – 1950) nicht vorbei. Er hat ein umfangreiches Werk mit insgesamt dreizehn Romanen, zwei Autobiografien, Novellen, vierzig Märchen, Theaterstücken, Tagebücher und mehrere"Vor 75 Jahren starb Ernst Wiechert, eine bedeutende Stimme der Inneren Emigration" weiterlesen

Krautzone

„Unter Beobachtung“ – Eine Dokumentation klärt über den VS auf

Als der Journalist und YouTuber Boris von Morgenstern mit den Arbeiten an der Dokumentation „Unter Beobachtung“ begonnen hat, dürfte er kaum geahnt haben, wie treffend dieser Titel sein würde. Das Kollektiv aus alternativen Medienschaffenden rund um FakerFive beschäftigte sich zwei Jahre mit dem Verfassungsschutz. Nun kam heraus: Der Verfassungsschutz beschäftigt sich auch mit ihnen. Es ist fast, als wolle der Verfassungsschutz die These der Dokumentation belegen, indem er jene überwacht, die ihm vorwerfen, gegen missliebige Meinungen vorzugehen. Statt die Bürger vor echten Gefahren schützt er die Regierung vor Kritikern. Dabei ergibt sich in der Dokumentation ein Muster: Von Neonazi-Terror über

Tim Schramm, der Krieg und seine Partei

Der Name Tim Schramm ist seit einiger Zeit in aller Munde. Also, „aller Munde“ im Sinne von: Der Name geistert unter rechten Dissidenten herum. Schramm ist AfD-Mitglied und stellvertretender Kreisvorsitzender der AfD Wuppertal. Als Freiwilliger ging er zur ukrainischen Armee und diente mehrere Monate als Soldat an der Front, wenn auch an einem ruhigeren Frontabschnitt. Über seine Erlebnisse dort erzählte er unter anderem im Podcast des „Thymos Magazins“ oder bei „Konsequent Frei“ – wen also die genaue Motivation des jungen Mannes, in den Krieg zu ziehen, oder seine Erfahrungen im Krieg des 21. Jahrhunderts, dem Zeitalter von Smartphones und Drohnen,

Was man im Knast verlernt

Die wohl eigenartigste Blüte, die das Dreivierteljahr hinter Gittern bei mir hinterlassen hat, ist, dass ich verlernt habe, mich zu ernähren. Damit meine ich nicht, „mich gut zu ernähren“, denn treue Leser werden wissen, dass das noch nie so wirklich mein Fall war, sondern überhaupt. Essen war für mich immer eher etwas, das halt erledigt werden musste, vorzugsweise mit minimalem Zeitaufwand. Was das betrifft, kam mir das Knastleben maximal entgegen: Um elf Uhr kommt die Menage, manchmal mit ekligem Zeug zum Runterwürgen (etwa Linsensuppe mit ranzigem Fleisch), um die zweite Tageshälfte nicht vom Hunger geplagt zu werden, teils aber auch

Legalität, Legitimität und Krah

Von Karl-Heinz Stiegler Die Selbstdistanzierung Maximilian Krahs von wesentlichen Kernpunkten seines bisherigen Milieus ist schon aus mancher, doch noch nicht aus jeder Perspektive betrachtet worden. Intuitiv leuchtet das Problematische an dem Fall ein. Nur der Einordnung fehlen bislang immer wieder noch die Begriffe. Legalistisch argumentiert, wer sich auf Gesetze statt auf Recht bezieht. Damit ist im Grunde bereits alles gesagt. Denn der Stammtisch weiß schon lange: Wer recht hat, wird nicht unbedingt Recht bekommen. Das Gesetz (die Legalität) ist immerhin eine gesetzte Form der Gerechtigkeit (der Legitimität). Alles andere ist höchstens gerecht, aber eben kein Gesetz. Bestenfalls können Gerechtigkeit und

Freilich

Absurd: Thüringer Regierung verklagt AfD-Fraktion wegen Regierungskritik

Weil die AfD-Fraktion zentrale Vorhaben der Thüringer Landesregierung als „leere Versprechungen“ bezeichnet hat, zieht diese nun vor Gericht. Die AfD spricht von einem Angriff auf die Opposition.

Österreich: Seit 2019 sind 74.000 Industriejobs weggefallen

Seit 2019 sind in der österreichischen Industrie zehntausende Arbeitsplätze verschwunden, der Großteil davon entfiel auf Industriearbeiter.

Keine Handhabe: Asylbewerber in Thüringen können Bezahlkarte weiterhin umgehen

In Thüringen dürfen Asylbewerber ihre Bezahlkarten legal in Bargeld umwandeln, der Tausch ist gesetzlich nicht verboten. Die AfD spricht von einem „rechtsstaatlichen Offenbarungseid“ und fordert ein hartes Durchgreifen.

Christlicher Exodus in Syrien nach islamistischer Übernahme

Nach der islamistischen Machtergreifung in Syrien stehen Christen unter massivem Druck: Gewalt, Einschüchterung und religiöse Repressionen bestimmen ihren Alltag.

Neue Zahlen: Fast ein Drittel der Menschen in Österreich hat Migrationshintergrund

Inzwischen hat fast jeder dritte Mensch in Österreich einen Migrationshintergrund – mit steigender Tendenz. Die FPÖ wertet diese Entwicklung als „Schuldeingeständnis der gescheiterten Migrationspolitik“.

Corrigenda

Gedanken über Dankbarkeit: Vom Verschwinden der Dankbarkeit

Die Klage über Undankbarkeit ist wohl so alt wie die Menschheit. Doch neu ist heute, dass sie nicht mehr nur den Einzelmenschen betrifft. Die Abkehr von Dankbarkeit wirkt fast grundsätzlich, ist immer stärker ein kollektives Phänomen der Moderne.

Kolumne von Stefan Millius: Kopftuch versus Kreuz

Soll eine Lehrerin in der Schweiz Kopftuch tragen dürfen? Eine Schule hat sich dagegen entschieden – und nun brennen die Kommentarspalten.

Die Brosius-Gersdorf-Erklärung beweist, warum der Protest legitim ist

Nun meldet sich erstmals seit ihrer Nominierung zur Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht Frauke Brosius-Gersdorf selbst zu Wort. Ihre kratzbürstige „Erklärung“ lässt tief blicken. Ein Kommentar

Brosius-Gersdorf-Ultras gegen 1000plus: Wie eine linke Schmutzkampagne entsteht

Der Kampf um die Richterwahl von Frauke Brosius-Gersdorf hat gerade erst begonnen. Einige ihrer Unterstützer spinnen sich Verschwörungstheorien zusammen, deren Genese man in Zeitlupe beobachten kann. Schwangere in Not werden bewusst aus dem Fokus gerückt.

Kolumne von Oliver Stock: Wie höhere Gewalt auch Euer Leben bestimmt

Judith und ich sind Opfer höherer Gewalt geworden. Am Ende war das gar nicht so schlimm. „Alles hat seinen Sinn“ sagen die Großeltern.

Manova

Entrechtete Rechte

Menschen, die man mit oder ohne Grund „rechts“ einordnet, werden in Deutschland zunehmend schikaniert und sogar ihrer Existenzgrundlage beraubt.

Der Feind in tausend Verkleidungen

Eine Reihe von Ereignissen lässt darauf schließen, dass es überhaupt kein Übel auf der Welt gibt, an dem nicht die Russen schuld wären.

Profitieren vom Völkermord

Der jüngste Bericht der Vereinten Nationen nennt Hunderte von Unternehmen und Institutionen, die Nutznießer der israelischen Besatzung Palästinas und des Völkermords an den Gaza-Bewohnern sind.

Virale Wut

Mit „28 Years Later“ erschien Ende Juni im Kino der dritte Teil eines Epidemie-Dramas, das die Spaltung ab 2020 auf einer metaphorischen Ebene veranschaulicht und zugleich eine versöhnliche Perspektive eröffnet.

Beseelte Maschinen

Die Frage, in welchem Verhältnis Menschen zu technischen Imitationen ihrer selbst stehen, reicht viel weiter zurück als die neuere Science-Fiction-Literatur oder aktuelle Debatten über den Transhumanismus. Teil 2 von 3.

Täglich grüßt die Staatskrise

Die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf für das Amt der Verfassungsrichterin war ein geschickter Schachzug der SPD, um ihrem Koalitionspartner zu schaden.

Ein unterschätztes Gesetz

Paragraf 218 schützt Frauen vor der völligen Normalisierung eines traumatisierenden Prozederes.

Der Hitzetod naht

Die in vielen Medien als dramatisch beschriebenen Höchsttemperaturen könnten daher rühren, dass Sommer ist.

Das Fest der Motorsäge

Nach einer halben Dekade der staatlichen Bevormundung versammelte das erste Afuera-Fest ein Potpourri aus freiheitlichen Konzepten, die teilweise im Schatten des Javier-Milei-Personenkults einen bitteren Beigeschmack hatten.

Beseelte Maschinen

Die Frage, in welchem Verhältnis Menschen zu technischen Imitationen ihrer selbst stehen, reicht viel weiter zurück als die neuere Science-Fiction-Literatur oder aktuelle Debatten über den Transhumanismus. Teil 1 von 3.

GlobKult

Kirow zum Neunzigsten

Wie man einen Genossen abräumt und hernach erfolgreich die Tat verschleiert – der Mord am Leningrader Parteichef Sergej Kirow am 1. Dezember 1934

Von Helmut Roewer

Am Anfang stand ein Mord. Das Opfer war der Genosse Sergej Kirow, der am 1. Dezember 1934 tot im Smolny in Leningrad lag. Wir erinnern uns, das ehemalige Mädchenpensionat war im Herbst 1917 die Versammlungsstätte der Bolschewiki gewesen. Von hier aus hatten Lenin und die seinen die Flamme der Weltrevolution in das eigene Land getragen. Im Frühjahr 1918 allerdings war man aus Furcht vor einer Besetzung Petrograds durch deutsche Truppen mit der Regierung der Volkskommissare und dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Russlands (Bolschewiki) nach Moskau ausgewichen.

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Wissen & Erfahrung

 

Kalte Sonne

Zunahme der Globalstrahlung

Der Artikel bei Meteoschweiz ist zwar schon aus 2024, aber dennoch hochinteressant. Warum werden Wolken seit Mitte der 1980er Jahre dünner? Seit Mitte der 1980er Jahre wird in Europa ein positiver Trend, also eine zunehmende Globalstrahlung, festgestellt. Die Strahlung der Sonne ausserhalb der Atmosphäre schwankt weniger stark als die Globalstrahlung an der Erdoberfläche und kann daher die ...

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Wasserstandsmeldungen

Der Gardasee war hier schon häufiger Thema.Die Klimaschau mit einem Video über den See, bei dem der Pegelstand immer wieder (bewusst?) missverstanden wird. Zuletzt im November 2024. Dort ging es um Michael Bloss, einem EU-Abgeordneten im Dauerarlarm-Zustand. Er hatte schlicht nicht verstanden, wie der Pegelstand am Gardasee gemessen wird. Es reicht heutzutage etwas aufzuschnappen und dann mit großem Alarm ...

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Mehr Hitze, weniger Wind

Golem über eine Entwicklung, die fatal sein könnte. Für alle Windräder ist die Windleistung proportional zur dritten Potenz der Windgeschwindigkeit.Nehmen wir an, eine Anlage liefert ab 15 Meter die Sekunde Windgeschwindigkeit die Nennleistung, dann würden 7,5 Meter, also die Hälfte nur noch 1/8 der Leistung bedeuten. Also nicht 50% der Nennleistung sondern nur 12,5%.  Die Studie ...

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Überfordern Wärmepumpen die Verbraucher?

Wer sich eine Wärmepumpe einbauen lassen möchte, der kann von den Angeboten der Installateure verwirrt werden.  Tagesschau: „Wer eine Wärmepumpe haben will, der bekommt viele Angebote, die völlig überfordernd sind“, sagt Peter Kafke vom Bundesverband der Verbraucherzentrale. Einige Interessierte seien zwar zurzeit sehr zögerlich bei einer solch teuren Investition, weil sie abwarten wollen, ob sich Förderungen ...

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Französischer Premierminister reist mit Regierungsjet zu Veranstaltung zur Förderung erneuerbarer Energien

Leserpost von Dipl. Ing. Martin Krohn: Betreff: Hitzewelle Sehr geehrte Damen und Herren, einige Anmerkungen zum Blog vom 03. 07. 25. Dabei ging es um die Hitzewelle in Deutschland. In den Nachrichten (Sat 1) wurde sogar eine Sondersendung zu dem Thema gebracht. Dabei wurde natürlich heftig dramatisiert. Es wurde berichtet, dass der Körper bei mehr ...

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Vier bei Lanz

Eine bunte Runde, die Markus Lanz da eingeladen hatte am 10. Juli 2025. Maja Göpel, Transformationsforscherin, Jochem Marotzke, der führende deutsche Klimaforscher, Boris Palmer, Bürgermeister von Tübingen und Axel Bojanowski, Wissenschaftsjournalist von der Welt. Bereits im Vorwege hatte es bei der Gästewahl Kritik in den Sozialen Medien gegeben.Freunde der Cancel-Culture hätten es gern gesehen, wenn der ...

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Welche Auswirkungen haben Kondensstreifen?

Die NOZ mit  einen Artikel dazu.  Kondensstreifen entstehen, wenn heiße, feuchte Abgase in kalte Höhenluft auf etwa 8–13 km treffen – das Wasser kondensiert an Rußpartikeln und bildet Eiskristalle,  Ihre Klimawirkung: Anders als CO₂ absorbieren sie Wärmestrahlung über Nacht stärker, während sie tagsüber teilweise kühlen – netto führen sie zur Erwärmung.   Neben alternativen Treibstoffen mit weniger Rußpartikeln scheint ...

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Fritz Vahrenholt: Temperaturen und Wolken

Wie die obige Grafik zeigt, ist die globale Mitteltemperatur im Juni gegenüber dem Vormonat leicht gesunken. Die Abweichung vom langjährigen Mittel der Satellitenmessungen beträgt nun 0,48 Grad Celsius. Anfang Juli fielen die globalen Temperaturen weiter deutlich. Trotzdem wurde von öffentlich-rechtlichen Medien Panik in Deutschland verbreitet. Die Grünen forderten sogar ein arbeitsfreies Hitzefrei an Tagen über ...

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ScienceFiles • Kritische Wissenschaft

„Boomer-Soli“: Verschleiern, dass die Gesetzliche Rentenversicherung ein Altersarmut schaffendes System ist

Dass es in Deutschland einen demographischen Wandel gibt,  das ist nicht erst seit gestern bekannt. Es ist seit einigen Jahrzehnten bekannt. Dass dieser demographische Wandel dazu führen, wird, dass sich das Verhältnis von jungen, erwerbstätigen zu alten, Rente oder Pension beziehenden Bürgern […]

Briten fordern Neuwahlen – King Charles könnte in eine Zwickmühle geraten

So langsam gelangen die ansonsten gemeinhin trägen und in der Regel sehr zurückhaltenden Briten in am Siedepunkt an. Die Stimmung im UK ist greifbar geladen, und es bedarf eigentlich nur noch eines kleinen Funkens, um den Kessel zur Explosion zu bringen. Um […]

Säuberungswelle: Bei dem Tempo steht die Heiligsprechung von Brosius Gersdorf kurz bevor

Früher mussten Heilige in mystischer Theologie brillieren und ein Leben in Armut und Entbehrung führen (Teresa von Ávila (1515–1582)) oder ihre vielfältigen Fähigkeiten in Musik, Theologie oder Naturforschung (Hildegard von Bingen (1098–1179)) nachweisen, in jedem Fall außergewöhnliche Tugenden und theologische wie praktische […]

IQ-Absturz: Werden Deutsche im Durchschnitt dümmer?

Raven’s Progressive Matrices Test ist ein Test, der gemeinhin als Intelligenztest bezeichnet wird, wenngleich diese Bezeichnung in gewisser Weise eine falsche Assoziation weckt, denn Raven’s Progressive Matrices Test ist einer der Tests, die auf den ersten Blick nicht wie ein IQ-Test wirken, […]

Skandal um Afghanische Flüchlinge erschüttert UK: Labour-Regierung erklärt gegenüber Richter die Absicht, Öffentlichkeit und Parlament zu belügen

Ein Skandal, in dessen Zentrum einmal mehr die Regierung von Sir Keir Starmer, Liebour, steht, ein Skandal, der die britischen Steuerzahler mindestens 7 Milliarden GBP kosten wird, die für die Zuwanderung von gut 44.000 Afghanen ausgegeben werden, erschüttert das Vereinigte Königreich und […]

TKP • Der Blog für Science & Politik

18 Monate alte Zwillinge verstarben kurz nach Impfung – SIDS in Studien

Plötzlicher Kindstod hat in der Schulmedizin einen Namen aber keine Ursache, trotz klarem zeitlichem Zusammenhang mit Impfungen. Die Ursächlichkeit und Wirkungsweise wird in immer mehr Studien und Fällen belegt, hier im Fall von 7 Tage nach Impfung verstorbenen Zwillingen. Seit mindestens 1933 ist der medizinischen Fachwelt bekannt, dass Impfstoffe zum Tod von Säuglingen führen können. [...]

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Ungarn sanktioniert ukrainische Militärs

Nach dem Tod eines Ungarns im Zuge ukrainischer Zwangsrekrutierungen verhängt Budapest Sanktionen gegen drei führende Militärs der Ukraine.  Die drei ranghohen Militärs sind für die Zwangsmobilisierung im Land verantwortlich und an der jüngsten Ermordung eines Ungarn in Zakarpattia beteiligt gewesen, so das ungarische Außenministerium. Am Donnerstag erklärte Außenminister Peter Szijjarto: „Wir haben vorgeschlagen, den Stabschef der [...]

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Es begann nicht in Sebrenica

Das Massaker von Srebrenica im Juli 1995 "kennt" jeder, der sich nur ein wenig mit internationaler Politik beschäftigt. Die andere Seite der bosnischen Geschichte wird selten erzählt. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt des im Mainstream bekannten Narrativs: Von Massakern an Serben, die dem vorausgegangen sind, ist in der Regel wenig bis nichts bekannt, darum kommt heute ein [...]

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Historischer Militärpakt zwischen UK und Deutschland

Abseits der NATO intensivieren Großbritannien und Deutschland mit einem neuen bilateralen Militärpakt ihr Kriegsprogramm gegen Russland und bekennen sich zur gegenseitigen Beistandspflicht. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz und der britische Premierminister Keir Starmer haben in London einen bilateralen Militärpakt unterzeichnet. Die deutsche Presse spricht von einem „Freundschaftsvertrag“, die britische Presse von einem „Verteidigungspakt“. Im Dokument [...]

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Sanktionspaket: Slowakei widersteht der EU-Kommission

Die Slowakei hat im Alleingang das 18. Sanktionspaket gegen Russland zumindest vorerst verhindert. Zudem versucht man in Bratislava weiter, den „idiotischen“ Plan zu verhindern, die russischen Gaslieferungen in die EU ab 2028 einzustellen. Ursula von der Leyen ist wie schon Friedrich Merz an der Slowakei gescheitert: Robert Fico gab keine Zustimmung zum 18. Sanktionspaket gegen [...]

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Neue Seidenstraße: Neue Geschäftsrekorde

Chinas neue Seidenstraße hat in der ersten Hälfte des Jahres 2025 neue Höhen erreicht. Nur im ersten Halbjahr dieses Jahres hat das Reich der Mitte ein Gesamtengagement von 124 Milliarden US-Dollar erreicht. Ein aktueller Bericht über Chinas zentrale Investitions- und Infrastrukturinitiative – auf Englisch die sogenannte Belt and Road Initiative (BRI) – zeigt einen anhaltenden [...]

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EU forciert digitale ID für Internet Nutzung unter dem Vorwand Schutz für Kinder

Italien, Frankreich, Dänemark, Spanien und Griechenland kündigten an, einen von der EU-Kommission entwickelten Prototyp einer App zur Online-Altersüberwachung zu testen, mit der Nutzer nachweisen müssen, dass sie über 18 Jahre alt sind. Laut der Kommission soll damit Minderjährige vor „unangemessenen und schädlichen Online-Inhalten” geschützt und ein einheitliches System zur Altersüberprüfung in der gesamten EU eingeführt [...]

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Syrien verkündet weiteren Waffenstillstand in Suwayda und beginnt Truppenabzug

Die für Dienstag angekündigte Waffenruhe in der südsyrischen Provinz Suwayda verlief ziemlich schlecht. Vor und nach der Verkündung kam es zu Kämpfen, und die Waffenruhe brach mehr oder weniger sofort zusammen. Am Mittwoch wurde ein neuer Versuch unternommen und eine neue Waffenruhe verkündet. Der Waffenstillstand vom Dienstag wurde von Vertretern des Verteidigungsministeriums verkündet, während derjenige [...]

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Edgar L. Gärtner

Erst das Geschäft, dann die Moral?

Warum es mehr auf die Nebenwirkungen von Entscheidungen ankommt Von Edgar L. GärtnerDas Gewinn- bzw. Profitmotiv, oft denunziert als Gier, hat schlechte Presse – und das nicht erst seit gestern. Besonders verpönt ist verständlicherweise der schnelle Reibach ohne Rücksicht auf … Weiterlesen

Neue Sprüche

Mein Wahlspruch: Weder Revolution noch Konterrevolution, sondern Widerstand, Verteidigung des wahren menschlichen Lebens gegen Selbsthass, Relativismus und Nihilismus. Ich bin kein austauschbares Menschenmaterial, ich bin Christ. Ohne die Wiederkunft Christi, die Apokalypse am Ende der Zeit, hätte die Geschichte keinen Sinn. … Weiterlesen

Angst vor einem europaweiten Blackout

Zweifel an der geplanten Verfünffachung des Solarenergie-Anteils Edgar L. Gärtner Bild: https://de.123rf.com/free-images/?r=d Frankreich scheint sich mit seinem hohen Anteil von Kernenergie und Wasserkraft angesichts der drohenden schweren Energiekrise in Westeuropa in einer eher komfortablen Position zu befinden. Doch ich musste … Weiterlesen

Baumscheiben erzählen die wahre Klimageschichte

Eine aktuelle BuchbesprechungEdgar L. GärtnerBurghart Schmidt hat bis 2008 über 30 Jahre lang das Forschungslabor für Dendrochronologie und Dendro-Klimatologie am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Köln geleitet. Zusammen mit dem bekannten Technik-Journalisten Holger Douglas hat er nun im … Weiterlesen

Gibt es Naturgeschichte ohne Selektion?

  Ein Naturkenner aus dem Osten legt sich mit den Neodarwinisten an. Edgar L. Gärtner Das Leben kann kein ständiger Kampf um die Vorherrschaft des oder der Stärkeren sein. Schon eine oberflächliche Betrachtung des Pflanzen- oder Tierreiches legt eine andere … Weiterlesen

Folgt die Geschichte immer dem gleichen Muster?

Trumps „Zeitenwende“, entscheidender Schritt in Richtung Imperium von Edgar L. GärtnerVorbemerkung: Als Christ stehe ich dem Begriff „Zeitenwende“ selbstverständlich vorsichtig gegenüber, denn ich bin überzeugt, dass es in den letzten 5.000 Jahren auf Erden nur eine tiefgreifende Veränderung des Weltenlaufs … Weiterlesen

Barbarische Reaktionen auf den Tod von Jean-Marie Le Pen

                                                                Bildquelle:  Shutterstock Die Antifa entlarvt sich selbst Sie … Weiterlesen

OVALmedia • Live-TV & Investigatives

Michael Limburg | NARRATIVE #206 by Robert Cibis

OVALmedia:

Treibhaustäuschung Robert Cibis dachte schon, es sei absurd, wie die „Geimpften“ Angst vor den Viren der „Ungeimpften“ hatten und gleichzeitig postulierten, die „Impfung“ schütze. Aber die Farce wird um eine Dimension erweitert, wenn man „Die Treibhaushypothese“ – so heisst das Buch von Michael Limburg – genauer anschaut. Der studierte Mess- und Regeltechniker klärt seit 20 Jahren zu den…

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Der Klimaknebel

OVALmedia:

Der Klimaknebel Kein Klimaaktivist denkt wirklich an das Klimanarrativ. Robert Cibis Immer wieder steht der aufmerksame Beobachter vor der Frage, “was die Leute wohl denken mögen?” und muss dann schliesslich feststellen, dass diese Frage wohl falsch gestellt ist. Richtig wäre: “Denken die überhaupt oder glauben die nur?” Denn je irrationaler eine Erzählung, desto stärker der…

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Christian Oesch | NARRATIVE #205 by Robert Cibis

OVALmedia:

Kraft von unten Christian Oesch ist Präsident des Vereins WIR und seit 23 Jahre Aktivist gegen Mikrowellenstrahlung, wie durch 5G Sendemasten. So hybrid der Krieg gegen die Bevölkerung so vielfältig auch die Bereiche, in denen sich der ehemalige Unternehmer heute engagiert. Ob Strahlenschutz, Medienboycott, Anti-Corona-Massnahmen, künstliches Erdbeben oder Umstrukturierung des Finanzsystems, Christian Oesch ist als…

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Geistiges Gefängnis

OVALmedia:

Alexander Schmorell Geistiges Gefängnis in langsamer, trügerischer, systematischer Vergewaltigung Nichts ist eines Kulturvolkes unwürdiger, als sich ohne Widerstand von einer verantwortungslosen und dunklen Trieben ergebenen Herrscherclique „regieren“ zu lassen. Ist es nicht so, daß sich jeder ehrliche Deutsche heute seiner Regierung schämt, und wer von uns ahnt das Ausmaß der Schmach, die über uns und…

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Falsche Versprechen

OVALmedia:

Falsche Versprechen Wie Regierungen die Interessen Ihrer Bürger verraten Robert Cibis Verrat Der Historiker Anton Chaitkin erinnert in seinem empfehlenswerten Blog daran, dass Präsident Franklin D. Roosevelt (FDR) 1943 in Teheran war: “Er stellte den Hurley-Bericht vor, in dem er die Modernisierung des Irans forderte. Der Präsident schlug vor, dass der Iran seine Ressourcen selbst nutzen sollte,…

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Fahrt nach Kalaurea

Die Blogs von Ingo Bading

Studium Generale

Im Wald bei Altenstadt in der Wetterau

Zeugnisse der Französischen Revolution seit 4.700 v. Ztr.
- Weiteres zu den Jade-Beilen des Mittelneolithikums

Dieser Blogartikel ist der dritte
einer dreiteiligen Reihe 

1933 kam in Altenstadt in der Wetterau (Wiki), gelegen 16 Kilometer südöstlich jener Stadt Friedberg in der Wetterau (GMaps), nach der die "Friedberg-Planig-Kultur" der Zeit um 4.600 v. Ztr. benannt worden ist (Stg25), der örtliche Reichsarbeitsdienst auf die offenbar sehr "glorreiche" Idee, einen großen Stein inmitten des Waldes nahe dem Kloster Engelthal zu sprengen. Dieser große Stein war gelegen auf einer Anhöhe, die "Haale Berg" genannt wurde (Abb. 1).

Abb. 1: Der Felsen im Wald bei Altenstadt in der Wetterau vor seiner Sprengung im Jahr 1933 (aus: 2017)

Dieser Felsen war den Menschen, die in früheren Jahrtausenden hier lebten, offenbar heilig. Seither ist er aber nur noch in gesprengter Form zu besichtigen (s. GMaps). Sprachbewußten Menschen hätte immerhin schon 1933 bewußt gewesen sein können, daß der Name "Haale Berg" von "Heiliger Berg" abgeleitet sein könnte. Wenn dem so wäre, hätte sich eine Ahnung der religiösen Bedeutung dieses Berges über diese Namengebung sogar bis heute in der Bevölkerung erhalten - allerdings ohne daß diese Ahnung scheint Einfluß genommen zu haben auf das Handeln des Reichsarbeitsdienstes im Jahr 1933. 

Jedenfalls wurden bei der Sprengung mehrere Steinbeil-Klingen aus Jade entdeckt, die an diesem Felsen von Menschen des 5. Jahrtausends v. Ztr. niedergelegt worden waren - vermutlich in heiliger Andacht und Ehrfurcht vor der Gottheit, die man in diesem Felsen gesehen haben mochte (Abb. 2). Hat man in diesem Stein den Wal-Gott gesehen, der im Mittelneolithikum an manchen Orten eine Rolle spielte (s. letzter Beitrag)?

Heilige Steine werden wohl von Naturvölkern weltweit verehrt, sie wurden spätestens seit dem Mittel- und Spätneolithikum über ganz Europa hinweg und bis nach Arabien hinunter verehrt (Stg19), und so auch hier im Wald bei Altenstadt in der Wetterau.

Die meisten Bestandteile dieses Fundes vom "Haale Berg" bei Altenstadt in der Wetterau verbrannten höchstwahrscheinlich 1945 in einem provisorischen, nur sechs Kilometer entfernt gelegenen archäologischen Glauberg-Museum (dem "Jakob Sprenger-Haus"). Oder sie gingen auf andere Weise verloren. Zuverlässig erhalten scheint bislang jedenfalls nur eines der dort gefundenen Steinbeil-Klingen. Der ganze Fund war auch bis 1990 niemals gründlich wissenschaftlich publiziert worden (Baitinger2017):

Einen entscheidenden Wendepunkt bildete 1991 ein Beitrag von Manfred Menke, der als Vorarbeit zu einem geplanten "Corpus der  Jadeitbeile in Hessen" verstanden werden sollte.

Irrtümlicherweise wurden in diesem Beitrag aber nun die Steinbeil-Funde vom Haale Berg bei Altenstadt identifiziert mit ...

... drei im Schloßmuseum zu Büdingen  aufbewahrten Beile(n). (...) Mit M. Menkes Artikel war der Fundkomplex - fast 60 Jahre nach seiner Entdeckung - scheinbar endlich in  angemessener Form in die Fachliteratur eingeführt worden, und tatsächlich beziehen sich sämtliche seither erschienenen Publikationen auch auf diesen Beitrag. Dies gilt ebenso und besonders für die europaweite  Gesamtaufnahme von Jadebeilen, die Pierre Pétrequin und seine Mitarbeiter seit den 1990er und in den  2000er Jahren durchgeführt haben. Das Depot stand Pate für den relativ späten "Beiltyp Altenstadt", den  eine flache, dreieckige Klinge mit geraden oder allenfalls leicht konvexen Kanten und einer breiten Schneide  kennzeichnet; der »Typ Altenstadt« ist etwas breiter und nicht ganz so lang gestreckt wie der »Typ Greenlaw«, mit dem er jedoch eine »famille typologique« bildet. Verbreitet sind solche Beile insbesondere in Großbritannien, Nordostfrankreich, Belgien sowie in West- und Mitteldeutschland; datiert werden die in  Deutschland gefundenen Exemplare nach 4300-4200 v. Chr., also in die Zeit der Michelsberger Kultur. Als charakteristischer Vertreter für den "Typ Altenstadt" steht das Beil, dessen im Feuer verzogene Kunststoffkopie den Brand des Glauberg-Museums überdauert hat. Diese Wahl erweist sich im Nachhinein als überaus glücklich, weil es das einzige der von M. Menke publizierten Beile ist, das tatsächlich aus dem  Depot von Altenstadt stammt, wohingegen die drei anderen Stücke nicht zu diesem Komplex gehören.

Dieser Umstand wird 2017 anhand eines Kataloges des Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz aus den 1930er Jahren aufgezeigt. 

Abb. 2: Die Jade-Beile gefunden 1933 unter einem Felsen im Wald bei Altenstadt in der Wetterau, die größtenteils 1945 verloren gegangen sind, hier nach Zeichnungen des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz (aus: 2017)

Dort war der Altenstädter Depotfund nämlich mitsamt Abbildungen (Abb. 2) verzeichnet worden (2017):

Die drei im Büdinger Schloßmuseum aufbewahrten Beile gehören nicht zum Depot aus Altenstadt, sondern stellen tatsächlich einen eigenständigen Fundkomplex aus dem »Büdinger Land« dar, wie es K. Dielmann 1956 postuliert hat. Ihre Zuweisung an das Altenstädter Depot durch M. Menke war ein Irrtum, der sich anhand der Inventare des RGZM korrigieren läßt, sodaß das Depot von Altenstadt - 84 Jahre nach seiner Entdeckung - nun in korrekter Weise wiedergewonnen werden kann. 

Wie also in den Zitaten ausgeführt, leitet sich von einem der Beil-Klingen des Altenstädter Depots - aufgrund der Arbeiten des französischen Archäologen Pierre Pétrequin - ein vielleicht schon mit der Friedberg-Planig-Kultur, aber auch mit der Michelsberger Kultur europaweit verbreiteter Jadebeil-Typ ab, nämlich die Jade-Beil-Form "Typ Altenstadt" (s. Abb. 3). Altenstadt in der Wetterau liegt - wie schon erwähnt - nur sechs Kilometer westlich des Glauberges und des dortigen Keltenmuseums (Baitinger2017):

Die wahrscheinlich sakral motivierte Niederlegung unter einem großen Steinblock bei Altenstadt würde gut ins Bild passen, weil die Deponierung solcher Beile auch andernorts oft "an große natürliche Steinblöcke, aufgerichtete Menhire, Flußufer, Wasserfälle oder Moore gebunden" ist. Auch in der Wetterau lassen sich ähnliche Befunde aus der Jungsteinzeit anführen: Im unweit von Altenstadt gelegenen Ortenberg (Wetteraukreis) kam 1922 unter einem Felsblock ein aus drei Steinbeilen bestehendes Depot zutage, in Rockenberg (Wetteraukreis) wurde 1900 unter einem Findling ein Hort aus neun Feuersteinklingen entdeckt.

Auf die Fund- und Überlieferungsumstände des Altenstädter Depotfundes wird auf diesem Blog deshalb so ausführlich eingegangen, weil die Erforschung der Jade-Beile des Mittelneolithikums durch den französischen Archäologe Pierre Pétrequin seit 2007 im sogenannten "Jade-Projekt" zu einem völlig neuen Bild des Mittelneolithikums in Europa insgesamt geführt hat (Stg25). 

Weiteres zu den Forschungen von Pierre Pétrequin 

Es ging bei dem "Projekt Jade" seit 2007 um (1) ... 

... die Geschichte und Art der Nutzung grüner Gesteine aus den Alpen, ihren Produktionsweg ("Chaîne Opératoire") bei der Herstellung und bei der späteren Veränderung, ihre Verbreitung und Verwendung als Objekte, sowie ihre symbolische und ideologische Bedeutung sowohl in Bezug auf die Objektformen wie auch in Bezug auf die Materialauswahl. Das Projektteam analysierte zerstörungsfrei etwa 2100 große Axt- und Dechselklingen (sowie andere Artefakte) in ganz Europa sowie etwa 2500 Proben von Rohmaterial und Bearbeitungsabfällen und stellte so eine umfassende Referenzsammlung zusammen; es führte systematische Prospektionen und Ausgrabungen in hochgelegenen Abbaugebieten und Bearbeitungsstätten in den Westalpen durch; es trug alle Informationen zu Datierung, Fundkontexten und Darstellungen zusammen und es bewertete die Gesellschaften, die diese Objekte verwendeten, neu.
... the history and nature of the exploitation of green Alpine stones, the chaîne opératoire of artefact manufacture and subsequent modification, the circulation and use of the objects and the symbolic and ideological significance both of the object forms and of the choice of material. The project team non-destructively analyzed some 2100 large axe- and adze-heads (plus other artefacts) across Europe, along with around 2500 specimens of raw material and working debris, thereby forming a comprehensive reference collection; undertook systematic prospection for, and excavation of, high-altitude source areas and working sites in the Western Alps; collated all information about dating, depositional contexts and representations; and reassessed the societies that used these objects.

Das Rohmaterial der grünen Jade-Gesteine, das in den Westalpen auf Höhen zwischen 1700 und 2400 Meter gefunden wird, ist während des Mittelneolithikums bis zu 200 Kilometer weiter transportiert worden, bevor es weiter verarbeitet worden ist. Angesägtes Rohmaterial fand sich nämlich 200 Kilometer von jenen Regionen entfernt, wo es natürlicherweise als Gestein vorkommt und gesammelt werden kann.

Es mag übrigens in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden, daß die Neolithisierung des eigentlichen Alpenraumes erst ab 4.300 bis 4.100 v. Ztr. geschehen ist, sprich, die demographische Ausbreitung von Bauernvölkern in die Alpen hinein. Daraus könnte auch geschlußfolgert werden, daß es Nachkommen der mesolithischen Jäger und Sammler gewesen sind, die diese Jade-Gesteine ursprünglich gesammelt haben.

Abb. 3: Typochronologie der europäischen Jade-Beile 5.500-3-000 v. Ztr. (aus 1) - Französische "vers" heißt "etwa

Anhand von auf den ersten Blick geringen Form-Unterschieden zwischen einzelnen Jade-Beilen konnte eine Typochronologie erstellt werden (Abb. 3).

Die Typen-Namen sind - wie schon einleitend illustriert - oft viele Jahrzehnte alt. Sie beziehen sich auf Jade-Beile, die an den unterschiedlichsten Orten Europas gefunden worden sind. Also etwa auch in "Durrington Walls" (Wiki) in Südengland bei Stonehenge. Das ist eine proto-urbane, spätneolithische Siedlung des 4. Jahrtausends v. Ztr. (also vom Mittelneolithikum aus gesehen viele Jahrhunderte jünger). Dort verwendete Jade-Beil-Typen sind aber auch im Italien schon des 6. Jahrtausends v. Ztr. gefunden worden. Man darf sich von solchen eher willkürlichen Benennungen deshalb nicht beirren lassen. Der "Typ Bégude" wird benannt sein nach dem französischen Dorf La Bégude-de-Mazenc (Wiki) im Rhone-Tal, eine Siedlung, die noch vergleichsweise nahe an den Fundorten der alpinen Jade-Gesteine gelegen war. 

Jade-Beile ... 

... in der Cardial-Kultur Italiens (5.500-4.700 v. Ztr.)

Die ersten Werkzeuge aus Jade-Gestein finden sich in der Cardial-Kultur ab 5.500 v. Ztr., und zwar über ganz Italien verbreitet. In Italien scheint dieses Gestein in dieser Zeit zunächst eher für Alltags-Gegenstände genutzt worden zu sein (1):

Die ersten hergestellten Objekte waren kleine (<13,5 cm) Axt- und Dechselklingen für den „alltäglichen“ Gebrauch, doch im späten 6. Jahrtausend wurden „speziellere“ Artefakte hergestellt: einige lange Dechsel-Klingen vom Typ Bégude und Dechselklingen vom flachen, tropfenförmigen Typ Durrington.
The earliest objects to be made  were small (<13.5 cm) axe- and adze-heads for “everydayâ€� use, but more “specialâ€�  artefacts were being made by the late 6th millennium: a few long adze-heads of  Bégude type and adze-heads of flat, teardrop-shaped Durrington type.

Die eigentliche Hoch-Zeit der Jade-Beile begann ab 4.700 v. Ztr..

... in der Lengyel-Kultur nördlich der Alpen (seit 4.700 v. Ztr.)

Nun wurden Werkzeuge aus Jade-Gestein auch in alle Regionen nördlich der Alpen exportiert. Also vor allem auf den Balkan und in die Ukraine, sowie nach Westfrankreich bis hinauf in die Bretagne (1):

Artefakte aus alpinem Gestein finden sich nur deutlich weiter entfernt und auch in ganz neuen Himmelsrichtungen. Mehrere Jade-Beile von den Typen Bégude und flacher Durrington zirkulierten nordwärts bis nach Österreich und in die Slowakei und wurden in Lengyel-Kontexten deponiert in Zusammenhang mit großen zeremoniellen Anlagen mit mehreren konzentrischen Gräben (Pétrequin et al. 2012, Kap. 11, 696; 2017, Kap. 18).
Alpine artefacts travelled further, and in new directions (Fig. 6.6). Several adze-heads of Bégude and flat Durrington type circulated northwards as far as Austria and Slovakia, being deposited in Lengyel contexts including large ceremonial enclosures with multiple concentric ditches (Pétrequin et al. 2012, ch. 11, 696; 2017, ch. 18).

Die hier erwähnte Lengyel-Kultur (4.900-4.000 v. Ztr.) (Wiki) ist offenbar ebenfalls eine kulturell reiche und farbenprächtige Bauernkultur gewesen. Hier auf dem Blog hatte uns schon die "Venus von Unterpullendorf" als eines der ältesten Frauenporträts Europas beeindruckt (Stg21), das aus dieser hervorgegangen war. Die Keramik der Lengyel-Kultur hat Verbreitung gefunden bis zu Fischer-Dörfern an der Pommerschen Ostseeküste (Stg17). Die Lengyel-Kultur könnte - vergleichbar der Cucutenni-Tripolje-Kultur in der Ukraine - größere kulturelle und genetische Kontinuität aufgewiesen haben im Vergleich zur Rössener Kultur weiter im Westen.

... in der Cerny- und Carnac-Kultur in Nordfrankreich (seit 4.600 v. Ztr.)  

Wir lesen weiter (1): 

Große Jade-Beile vom Bégude-Typ gelangten zusammen mit alpinen Scheibenringen auch nach Nordwesten in das Pariser Becken und bis 4600 v. Ztr. bis in die Bretagne (über das Languedoc), wo einige Jade-Beile vom Bégude-Typ offenbar zu einem als Bernon bekannten Typ umgeschliffen wurden.
Large Bégude-type adze-heads, along with Alpine disc-rings, also travelled northwestwards into the Paris Basin and, by 4600 BC, as far as Brittany (via Languedoc), where some Bégude-type adze-heads appear to have been repolished into a type known as Bernon (Pétrequin et al. 2012, ch. 11, 108 Alison Sheridan, Pierre Pétrequin, Anne-Marie Pétrequin et al. figs 54 and 72).

Pierre Pétrequin und Koautoren nehmen in ihrem Bericht über den Export von Jade aus den Westalpen nach Italien und Südosteuropa ab 4.700 v. Ztr. vor allem auch Bezug auf die hier auf dem Blog schon behandelten Königsgräber von Warna an der Küste des Schwarzen Meeres im heutigen Bulgarien (Stg21).

... in Warna am Schwarzen Meer (4.500 v. Ztr.)

Sie schreiben (2019, S. 109f):

... Die Verwendung umgestalteter Beilklingen aus den Alpen wurde auf dem Friedhof Warna I in Warna bis ins 45. Jahrhundert hinein fortgesetzt (Abb. 6.7: Pétrequin et al. 2012, Kap. 6). In Warna waren die Jade-Gesteine aus den Alpen nur eines von mehreren kostbaren, meist exotischen Materialien, die hochrangigen Toten begegeben wurden; zu den anderen gehörten Gold, hochwertiger Feuerstein, Obsidian und Spondylus-Muscheln. Die größte Konzentration alpiner Exporte in Südosteuropa stellt die Sammlung von mindestens 28 Axt- und Dechselköpfen unterschiedlicher Größe und Art alpiner Herkunft dar, die in Svoboda in Bulgarien niedergelegt wurden (Pétrequin et al. 2012, 1246‒1252). All diese Exporte aus den Alpen - darunter ein großer Anteil langer Axt- und Dechselklingen - waren eindeutig kostbare, exotische Besitztümer von Eliten innerhalb stark geschichteter Gesellschaften. Die Gesamtzahl der Alpenexporte nach Ost- und Südosteuropa war jedoch in dieser Zeit deutlich geringer als die Zahl der Exporte nach Frankreich. Vermutlich ist das darauf zurückzuführen, daß Kupfer in Ost- und Südosteuropa neben Gold das wichtigste Prestigematerial war: Tatsächlich haben wir es mit einem â€žEuropa der Jade“ im Westen zu tun, wo Alpen-Jade das begehrteste Material war, und einem â€žEuropa des Kupfers“ im Osten, wo Kupfer seinen Platz einnahm und zu schweren Werkzeugen und Schmuck verarbeitet wurde (Pétrequin et al. 2002; 2012, Kap. 27; 2017, Kap. 21, Abb. 12).
... The use of remodelled Alpine axeheads at Varna continued into the 45th century, at the Varna I cemetery (Fig. 6.7: Pétrequin  et al. 2012, ch. 6). At Varna the Alpine jades were just one of a series of precious,  mostly exotic materials that were buried with the high-ranking dead, the others  including gold, high-quality flint, obsidian and spondylus shell. The largest concentration of Alpine exports in southeast Europe is the set of at least 28 Alpine axe- and  adze-heads of various sizes and types, deposited at Svoboda, Bulgaria (Pétrequin et al.  2012, 1246‒1252). All these exports from the Alps - which include a high proportion  of long axe- and adze-heads - were clearly the precious, exotic possessions of elites  within markedly ranked societies. The overall number of Alpine exports to eastern and southeast Europe was, however, dramatically lower than the number travelling to France at the time. This is probably due to the fact that copper was the principal prestige material of choice in eastern and southeast Europe, along with gold: in effect, we are dealing with a “Europe of jadeâ€� in the west, where Alpine jades were the most sought-after material, and a “Europe of copperâ€� in the east, where copper took its place, being made into heavy tools and jewellery (Pétrequin et al. 2002; 2012, ch. 27;  2017, ch. 21, fig. 12).

Das Kupfer-Beil spielt ja auch in der Geschichte des Frühen Urvolks der Indogermanen an der Mittleren Wolga eine Rolle, die in eben jener Zeit begann, als das Jade-Beil in der Bretagne Bedeutung bekam.

Von Archäologen ist mehrfach die Vermutung geäußert worden, die außerordentlich weite und schnelle Ausbreitungsbewegung der Urindogermanen von der Mittleren Wolga bis an das Schwarze Meer und bis zur Mittleren Donau nach Ungarn könne davon geleitet gewesen sei, in jene Länder zu kommen, wo das Kupfer ursprünglich herstammte, das bis an die Wolga gehandelt worden ist.

Jedenfalls können bei den Ethnogenesen an der Mittleren Wolga und in der Bretagne ähnliche Motive, Muster, Beweggründe und Mechanismen eine Rolle gespielt haben: Einheimische Jäger und Sammler treffen auf Bauernkulturen und bilden hierarchisch gegliederte Gesellschaften aus. Dabei bildet einerseits das Kupfer-Beil an der Wolga ein Faszinosum, während in der Bretagne das Jade-Beil ein Faszinosum bildet und zum begehrten Prestige-Objekt wird. 

... in der Carnac-Kultur in der Bretagne

Pétrequin und Koautoren schreiben weiter (1):

Die Entstehung einer hochdifferenzierten Gesellschaft am anderen Ende Europas, im Morbihan in der Südbretagne, ist mit der Nachfrage nach einer großen Zahl hochwertiger Axt- und Dechselklingen (insbesondere aus hellgrünem Porco-Jadeitit) sowie Scheibenringen aus den Alpen verbunden (Pétrequin et al. 2012, Kap. 11, 698‒699, Kap. 16). Wie in Warna wurde diese Gesellschaft von einer kleinen Anzahl von Männer kontrolliert, die Exoten von nah und fern anlocken konnten. Anders als in Warna dienten die Objekte aus den Alpen jedoch nicht einfach als Statussymbole, sondern als heilige Objekte, die im komplexen Glaubens- und Bräuchesystem dieser Gesellschaft eine Rolle spielten, wie unten erläutert. Die Herrscher des Morbihan waren für die Errichtung riesiger Menhire und Steinsetzungen verantwortlich, die nach ihrem Tod in gewaltigen Hügeln vom Typ „Carnac“ wie dem Tumulus Saint-Michel begraben wurden. Die alpinen Axtklingen - zusammen mit Fibrolit-Axtköpfen und grünem Variszitschmuck, die beide aus Spanien importiert wurden - spielten eine wichtige Rolle in den Ritualen zur Festigung und Reproduktion dieser sozialen Ordnung. Den Anführern des Morbihan gelang es, einige der längsten bekannten Axtklingen aus alpiner Jade zu erwerben (Abb. 6.8) - darunter das längste, ein 46,6 cm lange Axtklinge vom Typ Rarogne, die zusammen mit mehreren anderen alpinen Axtklingen im Carnac-ähnlichen Hügel Mané er Hroëck niedergelegt wurde (Pétrequin et al. 2012, Kap. 11, Abb. 41 und 42). Sie waren auch für die Organisation der mühevollen Weiterbearbeitung vieler der alpinen Importe verantwortlich: Sie wurden dünner gemacht, um ihre Lichtdurchlässigkeit zu erhöhen, einige wurden perforiert, damit sie aufgehängt werden konnten, und sie wurden glasglänzend poliert. (Die visuelle Wirkung und Besonderheit dieser glasartigen Politur läßt sich am besten anhand neu hergestellter, experimenteller Axtklingen aus Alpenjade ermessen, deren Glanz auch durch langfristige Patinierung nicht getrübt wurde: Pétrequin et al. 2017, Kap. 2, Abb. 9, 12, 16 und 19 und S. 68.) Auf diese Art schufen sie Axttypen, die unverwechselbar und sofort als zu diesem Teil Frankreichs gehörend erkennbar waren, etwa den Typ Tumiac (Pétrequin et al. 2012, Kap. 11, 649‒650 und Abb. 89). Diese werden zusammenfassend als Axtkklingen vom Carnac-Typ bezeichnet. Unter den Axttypen aus Alpengestein, die im Morbihan gefunden wurden, gibt es solche mit verbreiterten Klingen - ein Merkmal, das vermutlich, wie oben erwähnt, von der Form der Kupferaxtköpfe in Ost- und Südosteuropa beeinflußt wurde. Während einige - vom Typ Rarogne - in der Gegend des Monte Viso hergestellt wurden (Pétrequin et al. 2012, Abb. 80 und 81), wurden andere im Morbihan so umgeformt, daß sie Kupferäxten ähnelten (Pétrequin et al. 2012, 643‒648 und Abb. 84 und 85). Daß die Elite des Morbihan Kupferäxte kannte, die in über 2500 km Entfernung gebräuchlich waren, könnte auf indirekte Fernverbindungen - über die alpinen Jadearbeiter in Norditalien - mit den Kupfernutzern in Ost- und Südosteuropa zurückzuführen sein (Pétrequin et al. 2012, Kap. 27, Abb. 21). Die Verbindungen der Herrscher des Morbihan mit Iberien - Verbindungen, die grüne Variszitperlen und Fibrolit-Axte über lange Seereisen nach Norden brachten (Pétrequin et al. 2012, Kap. 16, 973‒976 und Abb. 34) - führten auch zum Auftreten alpiner Axte in dieser Zeit auf der Iberischen Halbinsel. Diese gehören meist zum Carnac-Typ (Pétrequin et al. 2012, Kap. 18 und 21; 2017, Kap. 21, Abb. 30) und sind nur wenige.
Fourthly, the emergence of a highly-differentiated society at the opposite end  of Europe in the Morbihan area of southern Brittany is associated with the demand  for a large number of top-quality axe- and adze-heads (especially of light green  Porco jadeitite), along with disc-rings, from the Alps (Pétrequin et al. 2012, ch. 11,  698‒699, ch. 16). As in Varna, this society was controlled by a small number of men who were able to attract exotica from far and wide, although unlike in Varna, the Alpine objects were deployed not simply as status symbols, but as sacred objects that  played a role in this society’s complex system of beliefs and practices, as discussed  below. The Morbihan rulers were responsible for the erection of huge standing stones and stone settings, and when they died they were buried in massive “Carnacâ€�-type mounds such as the Tumulus Saint-Michel. The Alpine axeheads - along with fibrolite axeheads and green jewellery of variscite, both imported from Spain - featured prominently in the rituals associated with reinforcing and reproducing this social order. The Morbihan leaders succeeded in acquiring some of the longest known Alpine jade axeheads (Fig. 6.8) - including the very longest, a Rarogne-type axehead 46.6 cm long, that was buried along with several other Alpine axeheads in the Mané er Hroëck Carnac-type mound (Pétrequin et al. 2012, ch. 11, figs 41 and 42). They were also responsible for organising the laborious re-shaping of many of the Alpine imports, thinning them to enhance their translucency, perforating some so that they could be suspended, and polishing them to a glassy polish. (The visual impact and  distinctiveness of this glassy polish can best be appreciated by viewing newly-made, experimental axeheads of Alpine jades, whose sheen has not been dulled by long￾term patination: Pétrequin et al. 2017, ch. 2, figs 9, 12, 16 and 19 and p. 68.) In this  way they created axehead types that were distinctive and immediately recognisable as belonging to this part of France, such as the Tumiac type (Pétrequin et al. 2012,  ch. 11, 649‒650 and fig. 89). These are collectively known as Carnac-type axeheads. Among the types of axehead made of Alpine rock that have been found in the Morbihan are ones with  expanded blades ‒ a feature arguably influenced by  the shape of copper axeheads in east and southeast  Europe, as noted above. While some ‒ the Rarogne  type ‒ had been made in the Monte Viso area (Pétrequin et al. 2012, figs 80 and 81), others were re-shaped in the Morbihan to make them resemble  copper axeheads (Pétrequin et al. 2012, 643‒648 and figs 84 and 85). The awareness, among the  Morbihannais elite, of copper axehead shapes that were current over 2500 km away may well be due to indirect long-distance connections ‒ via the Alpine jade workers of northern Italy ‒ with the copper users of eastern and southeast Europe (Pétrequin et  al. 2012, ch. 27, fig. 21). The connections that the Morbihan rulers had with Iberia ‒ connections that brought green variscite beads and axeheads of fibrolite northwards, via long-distance sea journeys (Pétrequin et al. 2012,  ch. 16, 973‒976 and fig. 34) ‒ also resulted in the  appearance of Alpine axeheads in Iberia during this  period. These are mostly of Carnac types (Pétrequin  et al. 2012, chs 18 and 21; 2017, ch. 21, fig. 30) and  they are few in number. 

In dieser Zeit wurde ein neuer Jade-Beil-Typ beliebt.

... vom Typ Altenstadt (ab 4.500 v. Ztr.)

Pétrequin und Koautoren führen weiter aus (1): 

Die fünfte und letzte wichtige Entwicklung in dieser Zeit war das Nachpolieren importierter alpiner Axte im Pariser Becken und wahrscheinlich auch in Burgund. In vielen Fällen geschah dies, um große, konvexe, tropfenförmige Äxte von Durrington – und insbesondere jene aus Jadeitit – in Kopien der beliebten und neuartigen Altenstadt-Form umzuwandeln, wie oben beschrieben (Pétrequin et al. 2012, Kap. 11, 669‒671). In einigen Fällen schliffen sie importierte Axtklingen nach, um entlang der Mitte jeder breiten Fläche einen Grat (manchmal Y-förmig) zu erzeugen (Abb. 6.8 und 6.9; Pétrequin et al. 2012, Kap. 11, 686‒689 und Abb. 125‒127); dies und ihre glasartige Politur verstärkten den optischen Effekt, wenn Sonnenlicht auf die Axtklingen fiel. Der Anteil der Beilklingen vom Altenstadt-Typ aus Jadeitit beträgt bemerkenswerte 93 % (Pétrequin et al. 2012, 671) - eine Tatsache, die die Bedeutung dieser Beil-Klingen als „Objektzeichen“ von hohem gesellschaftlichen Wert unterstreicht. So wurden, wie im Morbihan, einige wertvolle importierte Axtklingen aus den Alpen umgestaltet, um den kulturellen Vorlieben der Elitemitglieder der Gesellschaft zu entsprechen, die sie benutzten. Darüber hinaus lassen sich Beispiele für eine sukzessive Neupolitur in verschiedenen Gebieten identifizieren. So wurden einige Axtklingen vom Durrington-Typ im Pariser Becken, 550 km vom Ursprungsgebiet entfernt, in die Altenstadt- (und Greenlaw-)Form neu poliert und gelangten dann in das 900 km vom Ursprungsgebiet entfernte Morbihan, wo sie neu geschliffen und zu Axtklingen vom Tumiac-Typ neu poliert wurden (Pétrequin et al. 2012, Abb. 118).
The fifth and final key development during  this period was the repolishing of imported Alpine axeheads in the Paris Basin, and probably also in Burgundy. In many instances this was in order to convert large, convex, teardrop-shaped Durrington axeheads ‒ and in particular, those of jadeitite ‒ into  copies of the popular and novel Altenstadt form as  described above (Pétrequin et al. 2012, ch. 11, 669‒671; ch. 16, fig. 1). In some cases they re-ground imported axeheads so as to create a ridge (sometimes Y-shaped) along the centre of each broad face (Figs 6.8 and 6.9; Pétrequin et al. 2012, ch. 11, 686‒689 and figs 125‒127); this, and their glassy polish, enhanced the visual effect when sunlight fell on the axeheads. The proportion of Altenstadttype axeheads made of jadeitite is a remarkable 93% (Pétrequin et al. 2012, 671) ‒ a fact that underlines the importance of these axeheads as “object-signsâ€� of high social value. Thus, as in the Morbihan, some precious imported Alpine axeheads were transformed in order to accord with the cultural preferences of the elite members of society who used them. Moreover, examples of successive repolishing in different areas can be identified, with some Durrington-type axeheads being repolished into Altenstadt (and Greenlaw) form in the Paris Basin, 550 km from the source area, and then travelling to the Morbihan, 900 km from the source area, where they were reground and repolished into Tumiac-type axeheads (Pétrequin et al. 2012, fig. 118).

Weiter erfahren wir (1):

Insgesamt wurden über 60 Exemplare unter den gewaltigen Grabhügeln von Carnac gefunden (Pétrequin et al. 2012, 1398 und Abb. 41). Die Nachfrage nach großen alpinen Axtklingen war im Morbihan so groß, daß etwa 19 % aller westeuropäischen Exemplare (199 von 1040) dort gefunden wurden (Pétrequin et al. 2012, 1396).
The total of over 60 found under the massive Carnac mounds (Pétrequin et al. 2012, 1398 and fig. 41). Such was the demand for large Alpine axeheads in the Morbihan that some 19% of all examples from Western Europe (199 out of 1040) have been found there (Pétrequin et al. 2012, 1396).

Pétrequin und Koautoren kommen auch auf die Felsgravur von Buthier zu sprechen (1):

Daß es auch anderswärts ähnliche, von der Mythologie des Morbihan beeinflußte Mythologien gab, zeigt sich am deutlichsten an dem bemerkenswerten verzierten Findling in Buthiers (Seine-et-Marne), auf dem eine göttliche Figur - mit ziemlicher Sicherheit männlich - neben einer alpinen Axtklinge mit Stiel abgebildet ist, dessen Stielende von einem Scheibenring umgeben und mit Eberhauern als Jagdtrophäen verziert ist (Abb. 6.10; Pétrequin et al. 2017, Kap. 29, 884‒886 und Abb. 2). Auf der anderen Seite der Figur sind zwei Boote dargestellt - vermutlich eine Anspielung auf die Boote, die die Elite des Morbihan für ihre Fernreisen nutzte, übertragen in die Welt der Mythen und Legenden (Pétrequin et al. 2017).
That similar mythologies existed elsewhere, influenced by that of the Morbihan, is  most clearly shown in the remarkable decorated boulder at Buthiers (Seine-et-Marne),  where a divine figure – almost certainly male – is shown beside a hafted Alpine axehead, the end of the haft encircled by a disc-ring and embellished with hunting-trophy  boars’ tusks (Fig. 6.10; Pétrequin et al. 2017, ch. 29, 884‒886 and fig. 2). On the other  side of the individual is a representation of two boats – probably an allusion to the boats used by the Morbihan  elite in their long-distance  travels, but translated into the world of myth and legend  (Pétrequin et al. 2017).

Wie schon im letzten Beitrag ausgeführt, könnten die genannten Boote auch etwas mit dem Walfang zu tun gehabt haben, auf den in der Untersuchung von Urs Schwegler hingewiesen worden ist.

Wir finden also um 4.700 v. Ztr. reich ausdifferenzierte Gesellschaften in Europa vor, die fast vergleichbar sind mit jenen Gesellschaften, die zur gleichen Zeit an Euphrat und Tigris in Mesopotamien oder am Nil in Ägypten vorgefunden werden. Die Ausbildung hierarchischer Gesellschaften vollzog sich in Europa und im Vorderen Orient also nicht ganz so kraß zeitversetzt wie man sich das viele Jahrzehnte lang vorgestellt hat. Im Grunde hatte man traditionell die frühesten "großstaatlichen" Strukturen bei den Kelten in der Eisenzeit ab 500 v. Ztr. angenommen, und von denen Julius Caesar im 1. Jahrhundert v. Ztr. berichtet.

Die Geschichte hierarchischer Gesellschaften erweitert sich in Mittel- und Nordeuropa um nicht weniger als 4000 Jahre. 

______________

  1. Sheridan, Alison; Pétrequin, Pierre et al.: Fifty shades of green: the irresistible attraction, use and significance of jadeitite and other green Alpine rock types in Neolithic Europe. A Taste for Green: A global perspective on ancient jade, turquoiseand variscite exchange. Oxford, Oxbow (2019): 97-120 (Resg)
  2. Pierre Pétrequin, Serge Cassen, Michel Errera, Sheridan, Alison: The Europe of jade. From the Alps to the Black Sea. Sidestone Press, Leiden 2017
  3. Pierre Pétrequin: JADE, grandes haches alpines du néolithique européen, in Films du CRAVA (archéologie, ethnologie). CERIMES. (2009, 1 janvier). [Vidéo]. Canal-U. https://doi.org/10.60527/xxd7-g789. (Consultée le 27 juin 2025) (Yt) (CanalUTV)
  4. Holger Baitinger: Das jungneolithische Steinbeildepot von Altenstadt (Wetteraukreis) - neue Erkenntnisse zu einem alten Fundkomplex. Archäologisches Korrespondenzblatt 2017 (Heidelberger OJS-Journale - freies pdf: Heidelbg)

Die Französische Revolution 4.700 v. Ztr.

Die frühesten Großgräber - Machtdemonstration von Jägern im Angesicht von Bauern
- Vormalige Jäger-Sammler-Völker im Angesicht festgefügter bäuerlicher Gesellschaften
- Die Cerny-Kultur in Frankreich (4.700-4.300 v. Ztr.) - Die erste Kultur Europas mit Großgräbern
- Jade-Beile waren in ihr "exotische, kostbare Besitztümer von Eliten"

Dieser Blogartikel ist der zweite
einer dreiteiligen Reihe 

Für uns hier auf dem Blog bekommt das Neolithikum Frankreichs (Wiki) mit den Erkenntnissen, die im letzten Beitrag in einem ersten Angang referiert worden sind rund um die Jade-Beile und rund um die ersten Großgrabanlagen Europas, eine ganz neue, unvorhergesehene geschichtliche Bedeutung (Stg25). Womöglich könnte es sogar viel Sinn machen, von einer ersten "Französischen Revolution" um 4.700 v. Ztr. zu sprechen (s. Abb. 2), und zwar ausgerechnet zur selben Zeit, als an der Mittleren Wolga das frühe Urvolk der Indogermanen entsteht. 

Abb. 1: Der "West Kennet Long Barrow" aus Südengland, 3.700 v. Ztr., fotografiert von Nick Dawson 2010 (Flickr) - In Ermangelung von Bildrechten für gute Nachbildungen eines Großgrabes vom "Passy-Typ" des Pariser Beckens

Soll man sagen: In Frankreich begann um 4.700 v. Ztr. in einer ersten Französischen Revolution genau jene gesellschaftliche Ungleichheit, die in der Französischen Revolution von 1789 - der Absicht nach - beendet werden sollte?

Es war die Erforschung der Jade-Beile des Mittelneolithikums durch den französischen Archäologen Pierre Pétrequin (geb. 1943) - seit 2007 im sogenannten "Jade-Projekt", die zusammen mit der Erforschung der "Grabmonumente vom Passy-Typ" (Wiki) im Pariser Becken, in der Normandie und auch in der Wetterau in Deutschland, der ältesten Großgrabanlagen in Europa, zu einem neuen Bild des Mittelneolithikums in Frankreich und Europa nach dem Untergang der Bandkeramik führen.

Diese ältesten Grabmonumente Europas "vom Passy-Typ" unterscheiden sich dadurch von den späteren, daß sie "nichtmegalithisch" sind, also daß keine großen Steine für ihre Errichtung benutzt wurden. Deshalb auch die Bezeichnung "Nichtmegalithische Langhügel" (Wiki). Diese sind das wichtigste Kennzeichen der  Cerny-Kultur (4.700-4.300 v. Ztr.) (Wiki) des Pariser Beckens, finden sich aber auch in der Normandie, im Rhone-Tal oder bei Friedberg in der Wetterau. Und es wird sie sicherlich auch im Elsaß gegeben haben - wo sie nur noch nicht gefunden wurden oder wahrnehmbar publiziert worden sind. (Soweit das für uns erkennbar ist, hat nämlich der im vorigen Blogbeitrag erwähnte Ausgrabungsbericht von Frank Lorscheider aus dem Jahr 2007 über die bislang älteste Großgrabanlage Deutschlands seit fast zwanzig Jahren keinerlei Spuren in der wissenschaftlichen Literatur hinterlassen. Aber vielleicht irren wir uns. Hoffentlich.) 

Um 3.900 v. Ztr. ist Südengland nach Ausweis der bisherigen archäologischen Forschungen von Bevölkerungen des Pariser Beckens und vom Pas de Calais aus besiedelt worden. Auch von den Kanalinseln und aus der Normandie kamen Siedler. Nur wenige Jahrzehnte später, vielleicht auch ein oder zwei Jahrhunderte später ist Schottland - nun von Menschen aus der Bretagne - besiedelt worden (s. Stg11). Diese trugen - wie die zeitgleichen Bevölkerungen im heutigen Frankreich - 20 % westeuropäische Jäger-Sammler-Herkunft in sich und 80 % anatolisch-neolithische HerkunftDie in England einheimischen westeuropäischen Jäger und Sammler starben dort vollständig aus (und/oder wurden ausgerottet) - der erste umfangreiche genetische Umbruch auf den britischen Inseln (Stg21).

Dieser Vorgang zeigt auch, welche großen wirtschaftlichen und demographischen Expansions-Kräfte in der Cerny-Kultur im Pariser Becken und in der Carnac-Kultur in der Bretagne beschlossen lagen. Sie machen damit auch plausibel, daß sich im Mittel- und Spätneolithikum wiederholt bäuerliche Kulturen vom mittleren Frankreich aus bis in das heutige Deutschland hinein ausgebreitet haben, so etwa die Cerny-Kultur bis in die Wetterau und in das Elsaß (als Hinkelstein- und Friedberg-Planig-Kultur) oder sogar bis nach Sachsen als Rössener Kultur. Später die Michelsberger Kultur, die Anregungen gab zur norddeutschen und skandinavischen Trichterbecher-Kultur und noch später die Glockenbecher-Kultur, die wohl auch im weiteren Umfeld der Aisne entstanden ist (Stg25).  

Abb. 2: Das Alter neolithischer Großgrabanlagen in Europa nach Regionen - Die frühesten finden sich im Pariser Becken (aus 7)

Im Süden Englands gibt es den "West Kennet Long Barrow" (Wiki), der aus der Zeit um 3.700 v. Ztr. stammt. Obwohl für ihn auf der breiten Eingangs-Seite schon Megalithen benutzt worden sind, kann er insgesamt vermutlich eine gute Vorstellung geben auch von "nichtmegalithischen Langgräbern" der Cerny-Kultur im Pariser Becken, in der Normandie, in der Friedberg-Planig-Kultur in der Wetterau und im Elsaß. Die Langgräber dieser Kulturen haben sich - wohl aufgrund ihres noch größeren Alters und aufgrund des Fehlens von großen Steinen - nicht oberhalb der Erdoberfläche erhalten und waren deshalb schwer zu entdecken. Sie wurden in den 1980er Jahren erstmals durch Luftprospektion entdeckt und entpuppten sich - wie gesagt - als die ältesten Großgräber Europas (Abb. 2).

Megalithen und nichtmegalithische Langgräber - Sie bekommen gleichzeitig bedeutungsvolle Zuschreibung

Man wird sagen dürfen: Die großartigen Megalithkulturen Europas: Sie nahmen vom Pariser Becken aus ihren Anfang. Der lang gesuchte Ursprungsort ist gefunden, und zwar in "nichtmegalithischen Langgräbern". Man muß sich klar machen: Von der Cerny-Kultur im Pariser Becken um 4.700 v. Ztr. aus sieht eine so großartige Megalithkultur wie die Trichterbecher-Kultur, die ab 4.300 v. Ztr. im Ostseeraum entstanden ist, vergleichsweise "jung" aus. Ihr Entstehen im Ostseeraum ist ohne die Vorgeschichte in Frankreich in Form der Cerny-Kultur und in Form der späteren Michelsberg-Kultur nicht denkbar.

Die Langgräber der Cerny-Kultur und damit auch der Friedberg-Planig-Kultur am Rhein sind noch von der "spitzen", schmalen Seite her genutzt worden und von dieser her begangen worden, nicht von der breiten, "hinteren" Seite her - wie bei vielen Megalithgräbern des 4. Jahrtausends v. Ztr.. Von den Cerny-Gräbern vom Passy-Typ gibt es im übrigen auch sehr schöne Rekonstruktionen (s. z.B. Inrap2014).

Aber auch die früheste, "symbolische" Benutzung von Steinen - in Zusammenhang mit Gräbern oder auch unabhängig von ihnen - wird bei derzeitigem Forschungsstand auf die Zeit ab 4.700 v. Ztr. datiert (6). Es gibt hier viele Übergangsformen und auch die Datierung solcher Megalithen ist - unter anderem weil sie in späteren Jahrhunderten und Jahrtausenden wieder benutzt worden sein können - sehr schwierig. Zusammenfassend schreiben die Forscher (6):

Derzeit scheinen in Frankreich und auf der Iberischen Halbinsel die zuverlässigsten, sich ähnelnden Elemente, die in Zusammenhang stehen mit der Errichtung solcher Strukturen, selten vor 4700 v. Ztr. aufzutreten. In Westfrankreich sind solche Steine ​​nur ein Bestandteil eines Integrationsprozesses, der sich über das gesamte 5. Jahrtausend v. Ztr. erstreckte und vielfältige Kombinationen aufwies, die vielleicht denen auf der Iberischen Halbinsel ähneln. Langfristige Sichtweisen unterstreichen die über mehrere Jahrtausende bestehende Komplementarität zwischen symbolischen Darstellungen, die im Freien oder solchen, die an den Wänden natürlicher oder künstlicher Höhlen freigelegt wurden. Ebenso wenig gibt es einen Grund, die ältesten Menhire im Freien von den ältesten megalithischen Grabstätten zu trennen. In jedem Fall nahmen die Toten (die „Ahnen“) einen Platz im Land der Lebenden ein, der diesen in dieser Form weder von den letzten Jägern und Sammlern noch von den allerersten Bauern im weiteren Europa gegeben worden ist.
In France and in the Iberian Peninsula, the most reliable recurring elements for the construction of such structures seem, for the moment, rarely to occur prior to 4700 BCE. In western France, such stones are only one component of an integration process observed throughout the 5th millennium BCE with multiple combinations similar, perhaps, to the Iberian Peninsula. Here, long-term approaches highlight the complementarity, over several millennia, of symbolic representations exposed in the open air or on the walls of natural or artificial cavities; there is similarly no reason to dissociate the oldest standing stones in the open air from the oldest megalithic burial zones. In any case, the dead (the ‘ancestors’) came to occupy a place in the land of the living that neither the last hunter-gatherers nor the very first farmers more widely in Europe seemed to give them.

Aber um die Zusammenhänge noch besser verstehen zu können, ist es wichtig, sich die Abfolge der neolithischen, bäuerlichen Kulturen in Frankreich zu verdeutlichen (Neolblog2016).

Vorläufer: Die Villeneuve-Saint-Germain-Kultur (5.100-4.700 v. Ztr.)

Sie ist eine sehr spannende. Sie wirft nämlich auch viel Licht auf die Abfolge der bäuerlichen Kulturen des Mittelneolithikums in Deutschland, insbesondere auf die Entstehung der dortigen Rössener Kultur und ihrer Vorläufer-Kulturen, der Hinkelstein-Kultur (5000 bis 4900 v. Ztr.), der Großgartacher Kultur (4900 bis 4700 v. Ztr.), der Friedberg-Planig-Kultur (um 4.600 v. Ztr.). Die Rössener Kultur selbst besteht dann bis etwa 4600/4550 v. Ztr.. Parallel entsteht in Österreich und der Slowakei die Lengyel-Kultur.

Die erste bäuerliche Kultur Mitteleuropas, die Linearbandkeramik (5.700-4.900 v. Ztr.) (Wiki) hatte sich vom Wiener Becken aus über ganz Mitteleuropa bis in die Ukraine und bis in das Pariser Becken hin ausgebreitet. Sie hatte die Grundlagen für alles folgende gelegt, sowohl genetisch wie kulturell. In Frankreich wird sie auch "Culture Rubanée" genannt (Wiki). Das Rhone-Tal aufwärts hat sich zeitgleich im Süden Frankreichs die Cardial-Kultur ausgebreitet. Die Menschen dieser Kultur hatten von Anfang an einen höheren Jäger-Sammler-Herkunftsanteil in ihren Genen, aber auch - wie die Bandkeramik - überwiegend anatolisch-neolithische, sprich jene mediterrane Genetik, die sich bis heute im Mittelmeerraum gehalten hat.

Abb. 3: Die Villeneuve-Saint-Germain-Kultur (5.100-4.700 v. Ztr.) im Pariser Becken breitet sich als Hinkelstein-, Großgartach- und Friedberg-Planig-Kultur - womöglich - bis nach Südwestdeutschland aus (aus: Neolblog2016)

In Nordfrankreich waren also die Bauern jener Zeit - zumindest bis 5.100 v. Ztr. - genetisch "mediterraner" als in Südfrankreich. Ab 5.100 v. Ztr. ging dann - offenbar aus dem Zusammentreffen dieser beiden Kulturen in Nordfrankreich - die Villeneuve-Saint-Germain-Kultur (5.100-4.700 v. Ztr.) (Wikifranz) hervor, etwa zeitgleich zur Entstehung der Hinkelstein- und Großgartach-Kultur am Mittelrhein und in Südwest-Deutschland. Wir werden damit darauf aufmerksam, daß das Ende der eigentlichen Bandkeramik in Westeuropa nicht erst ab 4.900 v. Ztr. erfolgte, sondern vermutlich schon zweihundert und einhundert Jahre früher, schon ab 5.100 v. Ztr. und ab 5.000 v. Ztr.. So lesen wir etwa über die süddeutsche Großgartacher-Kultur (Wiki):

Die Großhäuser im Mittelneolithikum mit bis zu 65 m Länge stehen noch in der Tradition der bandkeramischen Langhäuser. Sie sind aber nicht mehr längsrechteckig, sondern besitzen leicht gebogene Längswände und unterschiedlich lange Schmalseiten. Der Grundriß ist schiffsförmig.

Das ist also keineswegs mehr klassische Bandkeramik. Über die zeitgleiche Villeneuve-Saint-Germain-Kultur in Frankreich lesen wir (Wiki):

Die Villeneuve-Saint-Germain-Gruppe (...) ist eine Kulturgruppe des Frühneolithikums in Frankreich - zeitgleich mit der zweiten Phase der Bandkeramik-Kultur - mit der sie die Langhausarchitektur teilt. Die Verzierungen der Keramik (Girlanden) verbinden diese Gruppe mit der Bandkeramik-Kultur; die Herstellung von Steinarmbändern und Druckabschlägen verbindet diese Gruppe mit der mediterranen Cardial-Kultur. Diese kulturelle Fazies entwickelte sich im Norden Frankreichs, insbesondere im Pariser Becken, in Südbelgien, wo sie Blicquien genannt wird. Sie erstreckt sich im Westen bis ins Herz der Bretagne (Dillien bei Cléguérec und Bellevue bei Neulliac; Morbihan).

Ihren Namen verdankt diese Kultur dem Fundort Villeneuve-Saint-Germain im Département Aisne. Ob es zu dieser Zeit auch schon zur genetischen Vermischung mit den Bauern der Cardial-Kultur Südfrankreichs gekommen ist oder auch mit einheimischen Jäger-Sammler-Gruppen, ist noch ungeklärt. Es könnte aber nahe liegend sein. Auch rund um die Blätterhöhle in Westfalen sind solche Vermischungs-Prozesse inzwischen bekannt geworden, auch noch aus späterer Zeit.

Abb. 4: Die Cerny-Kultur zeitgleich zur Rössener Kultur und zur Carnac-Kultur in der Bretagne (Neolithique Armoricain) (aus: Neolblog2016)

Es dämmert sofort der Gedanke auf, daß das oben schon erwähnte zeitgleiche Geschehen an Wolga und Seine nicht nur auf Zufall beruhen kann. Die zeitgleichen Vorgänge an der Mittleren Wolga einerseits und in der Südbretagne und im Pariser Becken andererseits "korrespondieren" auf auffällige Weise miteinander - und zwar auf mehreren Ebenen. Sie zeigen auf, daß hier Menschen und Gesellschaften über weite Regionen hinweg unabhängig voneinander ähnliche gesellschaftliche Entwicklungen durchlaufen haben, daß plötzlich das "Bedürfnis" - oder die "Notwendigkeit" oder die "Möglichkeit" - vorhanden war für die Ausbildung erster hierarchisch gegliederter Gesellschaften, und zwar einerseits vom Ostrand Europas ausgehend und andererseits vom Westrand Europas ausgehend.

Ähnliche gesellschaftliche Vorgänge um 4.700 v. Ztr. - In der Bretagne, an der Seine, am Rhein und an der Wolga

Wir lesen über das Gebiet des heutigen Frankreich (Wiki):

Auf der Atlantikseite entstand um 4600 v. Ztr., also im mittleren Neolithikum, die Cerny-Gruppe mit bereits megalithischen Elementen (proto-megalithisch), z. B. bei Passy im Département Yonne in Burgund, wo man Zeremonialflächen oder -einhegungen fand, die durch Palisaden und Gräben abgetrennt wurden (vgl. Einhegung vom Typ Passy). Die Häuser waren stark vom Donauraum beeinflußt, ebenso wie die Keramik. Die Cerny-Gruppe wird im Allgemeinen mit der in Deutschland weit verbreiteten Gruppe der Rössener Kultur parallelisiert.

Die Nichtmegalitischen Langgräber entstanden in Frankreich in jedem Fall "aus dem Nichts", ganz ohne Vorläufer.

Abb. 5: Nichtmegalithische Langhügel der Cerny-Kultur in Frankreich (Passy) und zeitgleiche Grabanlagen in der Normandie, in der Südbretagne und im Rhone-Tal (aus: Chambon2023)

In einer neueren archäologischen Veröffentlichung heißt es unter anderem über "nichtmegalithische Langhügel" der Cerny-Kultur im Pariser Becken und sonst in Frankreich (Chambon2023):

Grabmonumente treten an der Atlantikküste Kontinentaleuropas in der ersten Hälfte des 5. Jahrtausends auf kurz nach der Ankunft der ersten Bauern. Diese großartigen, zum „Passy“-Phänomen gehörenden Bauten können über 350 m lang sein und wurden zum Gedenken an hochrangige Persönlichkeiten errichtet. Aus der vorhergehenden Periode gibt es keine Hinweise auf die Entstehung dieser Monumente. Sie weisen keine geografische Kontinuität auf, da sie unterschiedlichen kulturellen Substraten entstammen. Dennoch zeichnen sich diese Bauwerke durch die Wiederholung spezifischer Merkmale aus, darunter ihre Anordnung und räumliche Gliederung, sowie durch ein hohes Maß an Geschlechtertrennung und einen Fokus auf die Jagd bzw. das Bogenschießen. Diese Konvergenz spiegelt eine fest verwurzelte Sozialstruktur und Ideologie wider, die von den Gemeinschaften geteilt wurde. Mehr noch, das deutet darauf hin, daß die Nachkommen der beiden Hauptkulturen, die für die Verbreitung der Landwirtschaft in Europa verantwortlich waren - der Linearbandkeramik und der Impresso-Cardial-Kultur -, die am Ende des Kontinents aufeinander trafen und sich mit den Nachkommen der letzten Jäger und Sammler vermischten, ein neues Wertesystem und wahrscheinlich auch ein neues religiöses Universum schufen. Während die mit dem Passy-Phänomen einhergehende Grabmonumenalität in Form von Megalithen weiterlebte, brach das System nach einigen Jahrhunderten schließlich zusammen - was angesichts seines extremen Charakters zu erwarten war.
Funerary monuments appeared shortly after the arrival of the first farmers along the Atlantic Coast of continental Europe, during the first half of the fifth millennium. These enormous constructions, belonging to the ‘Passy’ phenomenon, can measure over 350 m in length and were erected to commemorate high-status individuals. No funerary evidence from the previous period hints at the emergence of these monuments. They do not exhibit any geographical continuity, originating from different cultural substrates. Nevertheless, these structures are characterized by the repetition of specific traits, including their layout and their spatial articulation, as well as a high degree of gender segregation and a focus on hunting or archery. This convergence reflects a well-established social structure and ideology, shared between communities. Moreover, it implies that the descendants of the two main cultures responsible for the spread of agriculture in Europe, the Linearbandkeramik and the Impresso-Cardial, which met at the end of the continent and which absorbed the descendants of the last hunter-gatherers, generated a new value system, and likely a new religious universe. While the funerary monumentality that appeared alongside the Passy phenomenon continued in the form of megaliths, the system eventually collapsed after a few centuries—which was to be expected, given its extreme character.

Nun, zumindest in Südengland scheint sich diese Kultur genetisch und kulturell fortgesetzt zu haben. Ein einzelnes Königsgrab in Passy hat - ebenso wie eine Jade-Steinbeil - eine "spitze" Seite und eine runde Seite. Hier sind schon Erkenntnisse aufgegriffen, die eine archäogenetische Studie des Jahres 2022 über die Bestatteten in Gräbern vom "Passy-Typ" in der Normandie erbracht hatten (Rivolat2022):

Wir gehen davon aus, daß verschiedene, nicht miteinander verwandte Familien oder Clans die Fundstätte über mehrere Jahrhunderte hinweg nutzten. Dreizehn der 14 analysierten Personen waren männlich, was auf ein übergreifendes patrilineares System hindeutet. Eine Ausnahme, eine Frau, die mit einem symbolisch männlichen Artefakt begraben wurde, deutet jedoch darauf hin, daß die Verkörperung des männlichen Geschlechts im Tod erforderlich war, um Zugang zu den monumentalen Bauwerken zu erhalten.
We hypothesize that different, unrelated families or clans used the site over several centuries. Thirteen of 14 of the analyzed individuals were male, indicating an overarching patrilineal system. However, one exception, a female buried with a symbolically male artifact, suggests that the embodiment of the male gender in death was required to access burial at the monumental structures.

Die dort Begrabenen waren relativ einheitlich zu etwa 80 % anatolisch-neolithischer Herkunft und zu 20 % Herkunft westeuropäischer Jäger und Sammler (s. Rivolat2022, Fig. 3). Ein Individuum hat sogar nur sieben Prozent Jäger-Sammler-Genetik, dieses Individuum könnte direkt von Bandkeramikern abstammen. Hier wird eine wesentliche Erkenntnis genannt: "Patriarchales" Denken entsteht um 4.700 v. Ztr. nicht nur an der Mittleren Wolga bei den Urindogermanen, sondern auch an der Seine.

Man betritt ein einzelnes Grab von der spitzen Seite her. Von der spitzen Seite her verzweigen sich auch mehrere, nebeneinander, bzw. hintereinander liegende Familiengräber voneinander, so daß über die Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg ein ganzes Ensemble von Grabmonumenten entstehen kann (Inrap2014).

Abb. 5a: Balloy, Pariser Becken. Plan des zentralen Teiles der Siedlung mit Langhäusern der Villeneuve-Saint-Germain-Kultur, über die Gräber und Langgräber der Cerny-Kultur errichtet wurden (Hist)

Man könnte sich auch vorstellen, daß der Grundgedanke oder die Grunderfahrung dieser nichtmegalithischen Langgräber ein niedergebranntes Langhaus war, in dem der König eine Feuerbestattung erfahren hat. Genau dieser Grundgedanke bestätigt sich uns durch den Ausgrabungsplan der mittelneolithischen Siedlung bei dem Dorf Balloy im Pariser Becken (Abb. 5a). Er zeigt, daß Grabanlagen der Cerny-Kultur über vormalige Häuser der Langhäusern der Villeneuve-Saint-Germain-Kultur errichtet wurden.

Ob sich hierin nicht schon sogar der Entstehungsprozeß der Cerny-Kultur wiederspiegelt?

Das Dorf Balloy (Wiki) liegt nahe oberhalb der Mündung der Yonne in die Seine (Acad2005). Die Entdeckung der zwischen den beiden Flüssen an der Seine gelegenen mittelneolithischen Siedlung erfolgte 1985 und 1986 durch Luftbildaufnahmen. 1987 und 1994 fanden hier Ausgrabungen statt. Wir lesen (Wiki):

Mittelneolithische Fundstätte bei Gros-Bois, die eine Verbindung mit Burgund und mit dem Rheinbecken zeigt.

Es wäre sehr spannend, über diese Verbindungen bis nach Burgund und bis ins Rhein-Becken mehr zu erfahren. Aber dazu bräuchten wir mehr Französisch-Kenntnisse. Wir werden vermutlich das Thema weiter verfolgen. Vorerst finden wir nur die Inhaltsangabe eines Buches mit dem spannenden Titel: "Körperschmuck in den Gräbern der ersten agropastoralen Gesellschaften im Pariser Becken und im Rheinbecken - Rubané, Hinkesltein und Villeneuve-Saint-Germain" (5). Es handelt sich um ein Buch aus dem Jahr 2009. Wir lesen (5):

Die Ergebnisse verdeutlichen auch die Schwächung der Bande, die die Gemeinschaften des Pariser Beckens und des Rheinbeckens miteinander verbanden als das Rubané zerfiel und den neu entstandenen Kulturgruppen der Hinkelstein und der Villeneuve-Saint-Germain-Kultur Platz machte. Zu Beginn des 5. Jahrtausends v. Ztr. hatten sich die kulturellen Verhältnisse verändert. Das zeigt sich auch in der Art und Weise des Tragens von Körperschmuck.

Es gab also parallele Entwicklungen an der Seine und am Rhein, es gab - nach diesen Worten jedenfalls - keine direkte demographische Ausbreitung von der Seine bis an den Rhein. Die hier aufzudeckenden Zusammenhänge bleiben also weiterhin spannend.

Am Rand der bäuerlichen Welt - Die Walfänger der Bretagne

Aber nicht nur an der Seine, auch in der Bretagne entsteht eine hierarchisch gegliederte Gesellschaft. Die Bretagne war immer eine der abgelegensten, sagenumwobensten Regionen Europas. In dieser hielten sich vormals vorherrschende Völker, Sprachen und Lebensweisen länger als anderwärts auf dem europäischen Kontinent. Das gilt - bekanntermaßen - für die Geschichte der großen keltischen, indogermanischen Völkergruppe (s. z.B. Stg22). Es gilt das aber natürlich auch schon für die Zeit des Neolithikums davor, in der sich überall in Europa einheimische Restbevölkerungen in Rückzugsräumen gehalten haben, die dann für die Ethnogenese-Prozesse des Mittelneolithikums von Bedeutung wurden.

Auf der wenige Hektar großen bretonischen Felsinsel Téviec (Wiki), die der dortigen Küste vorgelagert ist, wurden 1928 aufsehenerregende mesolithische Gräber gefunden, die dann im Jahr 1999 auf etwa 4.625 v. Ztr. datiert wurden (Abb. 6), also auf die Zeit der Entstehung der ersten hierarchischen, Männer-dominierten Gesellschaft in der Bretagne.

Abb. 6: Die Bestattung zweier erschlagener junger Frauen auf der bretonischen Insel Téviec (um 4625 v. Ztr.) Fotograf Didier Descouens (Wiki)

Es war das eine Zeit, in der es auf dem Festland im heutigen Frankreich den genannten kulturellen Umbruch gab. Die Bandkeramiker hatten sich in das Pariser Becken und - in Form der oben genannten Nachfolgekultur - bis in die Bretagne ausgebreitet. Und aus dieser ging um 4.700 v. Ztr. erstmals eine neue Gesellschaftsform hervor, nämlich hierarchische, Männer-dominierte bäuerliche Gesellschaften mit kulturellen Traditionen, die in vormaliger Jäger-Sammler-Kultur gewurzelt haben könnten (s. Stg25). 

Da sich auf Felsgravuren der Morbihan-Kultur in der Bretagne immer wieder auch Wale dargestellt finden (Schwegler, 35), wird man davon ausgehen können, daß die Menschen der Bretagne Wale gejagt haben und im Wal auch eine Art "göttliches Wesen" gesehen haben könnten. Die Walfänger-Tradition hatte sicherlich schon mesolithische Wurzeln. Um 4.625 v. Ztr. wurden nun zwei junge Frauen der seefahrenden Walfänger, Jäger und Sammler an der Küste der Bretagne, erschlagen und von ihren Angehörigen ehrenvoll bestattet (Abb. 6) (Wiki):

Unter einem großen Muschelhaufen befand sich das Grab von zwei unter 35 Jahre alten Menschen. Sie waren in einer flachen Grube sorgfältig nebeneinander mit aufrechtem Oberkörper und angewinkelten Beinen in Hockhaltung beigesetzt, und von Geweihstangen überwölbt unter Muschelresten begraben, deren hoher Kalkgehalt zur guten Konservierung beitrug. Neben Artefakten aus Flintstein und Wildschweinknochen als Grabbeigaben war an den Skeletten Schmuck erhalten: durchbohrte Meeresmuscheln, die zu Ketten montiert rings um Hals, Arme und Knöchel lagen, sowie Knochenobjekte mit gravierten Linien. Beide Skelette weisen Frakturen durch äußere Gewalteinwirkung auf, womöglich erst postmortal aufgetreten. An einigen Skeletten aus anderen Gräbern finden sich Hinweise auf tödliche oder schwerwiegende Verletzungen, etwa durch Pfeilwunden. Die bei den Grabungen gefundenen Mikrolithen und Geräte, darunter ein sogenannter Lochstab, lehnen sich in etwa dem Tardenoisien an.

Bei der hier erwähnten Kultur des Tardenoisien (Wiki) handelt es sich um die letzten echte Jäger-Sammler-Kultur Nordfrankreichs in der Zeit zwischen 6.000 und 5.000 v. Ztr., die unter anderem anhand der Art ihrer Harpunen erkannt wird.

Vielleicht war damals die Insel noch mit dem Festland verbunden und die Muschelhaufen waren Essensreste neben Wohnbereichen (Wiki). Ob hier die letzten Jäger und Sammler der Bretagne und in Nordfrankreich in einem erbitterten Krieg standen mit der sich in der Bretagne ausbreitenden Bauern-Kultur? Ob es sie waren oder Jäger-Sammler, die sich mit Bauern vermischt hatten, die über niedergebrannten Langhäuser an der Seine erste Grabmonumente errichteten? 

Das hier gefundene Insel-Grab jedenfalls scheint noch völlig in der zuvor über ganz Europa verbreiteten mesolithischen Tradition zu stehen, in der Menschen der Völkergruppe der westeuropäischen Jäger und Sammler ihre Toten über Jahrtausende hin und über tausende von Kilometern entfernt  oft in halb aufrechter Höcker-Stellung begraben haben (Stg21).

Die Jade-Könige in der Bretagne

Jedenfalls entstand just zu dieser Zeit an der Südküste der Bretagne die großartige Carnac-Kultur (Wikienglfranz). Sie war ein Zentrum der Jade-Eliten des frühen Mittelneolithikums im heutigen Frankreich ab etwa 4.700 v. Ztr.. Die Carnac-Kultur wird auch Morbihan-Kultur (Wiki) genannt (denn das Departement an der Südküste der Bretagne heißt Morbihan). Es gibt auch die Bezeichnung "Neolithique Armoricain" nach einem dortigen Höhenzug (s. Abb. 4). Südöstlich der Carnac-/Morbihan-Kultur schloß sich im Pariser Becken die Cerny-Kultur an. Diese wiederum wies kulturelle Ähnlichkeiten mit der Hinkelstein- und "Friedberg-Planig-Kultur" in der Wetterau und im Elsaß auf.

Bei den Carnac-Steinreihen könnte es sich im Wesentlichen - so wie in der Cerny- und in der Friedberg-Planig-Kultur - um lange Familiengräber und zugehörige Zeremonial-Wege handeln, die von Hochadelsfamilien im religiösen und politischen Zentrum des Reiches angelegt worden sind.

Zur Wissenschaftsgeschichte der frühesten Großgräber Europas erfahren wir (8):

Große Grabanlagen aus dem 5. Jahrtausend v. Ztr. im Pariser Becken sind ein bedeutendes Phänomen im westeuropäischen Neolithikum. Sie wurden in den 1980er Jahren zunächst im Yonne-Tal und im oberen Seine-Tal entdeckt (Duhamel/Midgley 2004; Mordant 1997b), eine zweite Konzentration wurde rasch in der Normandie, nahe Caen, entdeckt (Desloges 1997).
Monumental cemeteries dating to the 5th millennium BC in the Paris Basin are a major phenomenon in the West European Neolithic. Identified in the 1980s, first in the Yonne Valley and the upper Seine Valley  (Duhamel/Midgley 2004; Mordant 1997b), a second concentration was rapidly recognized in Normandy, near Caen (Desloges 1997).

Und weiter wird über die Großgräber vom Passy-Typ der Cerny-Kultur berichtet (8):

In Rücksicht auf Alter und Geschlecht der Toten umfassen diese Gräber alle Bevölkerungsschichten: junge und alte Erwachsene, Männer und Frauen, Kinder jeden Alters (Thomas 2011, 471–483). Die zugehörigen Grabbeigaben sind selten und beziehen sich im Allgemeinen auf die Natur, sei es durch Hinweise auf Jagdaktivitäten durch die Hinterlegung von Jagdwerkzeugen (Pfeile, Köcher, Bögen) oder die Verwendung von Materialien wilder Tiere für Schmuck und Werkzeuge (Chambon/Pétillon 2009; Sidéra 1997). Nur wenige der Gräber enthalten Artefakte aus dem häuslichen Kontext oder solche, die typisch sind für die Cerny-Kultur (Bailloud 1979).
Die Grundeinheit dieser Grabanlagen umfaßt mindestens zwei Personen, eine pro Grabanlage, und bis zu zehn in der Hauptgruppe in Balloy (Chambon/Thomas 2014, Abb. 5a). Die beiden "erforderlichen" Personen sind zwei Männer. Der jüngere wird durch Pfeilspitzen als Jäger gekennzeichnet, der ältere wird von einem rätselhaften spitzen Knochenartefakt begleitet, dessen Form dem "Eiffelturm" ähnelt. Kinder finden sich entlang der Mittelachse, während Frauen fehlen oder in Randbereichen bestattet sind (Chambon/Thomas 2010, Abb. 6).
Based on the age and sex of the dead, these graves include all population classes: young and old adults, men and women, children of all ages (Thomas 2011, 471–483). The associated grave goods are rare and generally refer to nature, whether by indicating hunting activity by the deposit of hunting tools (arrows, quivers, bows) or the use of materials from wild fauna for ornamentation and tools (Chambon/Pétillon 2009; Sidéra 1997). Few if any of the graves contain artefacts found in domestic context or those typical of the Cerny culture (Bailloud 1979).
The basic unit of these cemeteries includes at minimum two subjects, one per monument, and up to ten in the main group at Balloy (Chambon/Thomas 2014, fig. 5a). The two »required« subjects are two men, the younger designated as a hunter by the presence of arrowheads as grave goods, the elder accompanied by an enigmatic pointed bone artefact similar in form to the »Eiffel Tower«. Children may be found along the central axis, while women are absent or occupy peripheral areas (Chambon/Thomas 2010, fig. 6).

Hier wie bei den Urindogermanen bekommt man den Eindruck, als ob Jäger-Sammler-Völker im Angesicht der für sie "monumentalen" Häuser der Bauerndörfer "auch" etwas "Monumentales" hätten errichten wollen.

Wie handeln urtümlichere Völker im Gegenüber von Bauernvölkern?

Da sie aber anfangs womöglich noch stärker nomadisch oder halb-nomadisch lebten, konnten diese "Häuser" für sie zunächst nur Grabanlagen sein. So entstanden jedenfalls genau in dieser Zeit erste "große" Grabhügel der Urindogermanen am nördlichen Fuß des Kaukasus im "Gegenüber" der Bauern-Kultur, die im Kaukasus lebte, und später im "Gegenüber" zu der Cucuteni-Tripolje-Kultur, die in der Ukraine lebte. Zumindest bei den Indogermanen waren diese Grabhügel nicht "Familiengrablegen", sondern jeweils jene Nomaden-Gruppe, die in der weiteren Umgegend ihre Tiere weidete, nutzte den einmal angelegten Grabhügel. Wir zitierten schon letztes Jahr über die Zeit 3.900 bis 3.300 v. Ztr. in der Nordschwarzmeer-Steppe (zit. n. Stg24):

Die rituelle Steppenarchitektur dieser Periode erlangt eine beträchtliche Monumentalität, und ihre wichtigsten strukturellen Merkmale ähneln der europäischen megalithischen Bestattungsarchitektur Mittel- und Nordwesteuropas. Die frühesten derartigen Strukturen im Nordschwarzmeerraum erscheinen in der Kontaktzone von Steppe und Tripolje bei Pobuzhzhia (dem südlichen Bug-Becken).

Daraus zogen wir dann die folgenden Schlußfolgerungen für die Ethnogenese der Späten Urindogermanen rund um Michailowka am Mittleren Dnjepr (Stg24):

"Pobuzhzhia" (...) liegt 330 Kilometer nordwestlich von Michailowka am Dnjepr. Wie den Verbreitungskarten der Cucuteni-Tripolje-Kultur zu entnehmen ist, lag das Gebiet am Südlichen Bug schon im östlichen Grenzgebiet der dicht besiedelten Bauern-Kultur. (...) Wir sehen, daß in diesen 600 Jahren der Formierungsphase die Steppenvölker weiter in Bewegung sind, und daß sich insbesondere vom Bereich der Maikop-Kultur aus neue rituelle Formen und "Monumentalarchitektur" ausbreiten, und zwar wird sie zunächst im Grenzbereich zur Cucuteni-Tripolje-Kultur gebräuchlich, bevor sie auch am Unteren Dnjepr und an der Molotschna praktiziert wird. Auch der erste wirklich große Grabhügel ist ja im Kaukasus errichtet worden, womöglich auch "im Angesicht" einer dort festgefügten bäuerlichen Kultur. Es kommt einem der Gedanke, ob monumentale Grabarchitektur nicht überhaupt vor allem anfangs praktiziert wurde als "Machtdemonstration" gegenüber kulturell weiter entwickelten Völkern und Kulturen.

Es folgt hier auf dem Blog noch ein dritter Artikel über die erste Französische Revolution ab 4.700 v. Ztr..

Dieser Blogartikel ist der zweite
einer dreiteiligen Reihe 

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  1. Philippe Chambon, Aline Thomas: The First Monumental Burials in the 5th Millennium BC: Unresolved Questions About the Emergence of the ‘Passy Phenomenon’. December 2023, Journal of World Prehistory 36(2-4) (Resg2023)
  2. Johannes Müller, Martin Hinz, Maria Wunderlich (Hg.) (Institut für Ur- und Frühgeschichte der CAU Kiel): Megaliths - Societies - Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe. Volume 1. Proceedings of the international conference mit gleichem Titel (16th–20th June 2015) in Kiel. Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn 2019 (pdf)
  3. Emmanuel Ghesquière, Philippe Chambon, David Giazzon, Lamys Hachem, Corinne Thevenet, et al.. Monumental cemeteries of the 5th millennium BC: The Fleury-sur-Orne contribution. Müller Johannes; Hinz Martin; Wunderlich Maria. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe, Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung (18), Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn 2019, S. 177-192 (pdf)
  4. M. Rivollat, A. Thomas, E. Ghesquière, A.B. Rohrlach, E. Späth, M. Pemonge, W. Haak, P. Chambon, & M. Deguilloux, Ancient DNA gives new insights into a Norman Neolithic monumental cemetery dedicated to male elites, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 119 (18) e2120786119, https://doi.org/10.1073/pnas.2120786119 (2022) (PNAS)
  5. Bonnardin, Sandrine: La parure funéraire des premières sociétés agro-pastorales des Bassins parisien et rhénan - Rubané, Hinkesltein und Villeneuve-Saint-Germain (zu Deutsch: Der Körperschmuck in den ersten agropastoralen Gesellschaften des Pariser Beckens und des Rheinbeckens). 2009 (Prehistoire)
  6. Luc Laporte, Primitiva Buenoo-Ramírez: On the altlantic shores. The origins of megaliths in Europe? In: Laporte (L.), Large (J-M.) et Nespoulous (L.), Scarre (C.), Herbet-Steimer (T.) dir: Mégaliths of the world., Archaeopress, p.1173-1198, 2022 (Hal-Scienc)

Die Jade-Beil-Könige Westeuropas (4.700 v. Ztr.)

Als der nichtindogermanische Herkunftsanteil der heutigen Mitteleuropäer entstand
- Und als die soziale Ungleichheit ihren Anfang nahm
- Die Anfänge der gesellschaftlichen Schichtung in Adel, Freie und Sklaven -  womöglich eine Antwort auf die Zunahme genetischer Inhomogenität

Dieser Blogartikel ist der erste 
einer dreiteiligen Reihe 
(s.a.: Stg25-2Stg25-3).

Das Jade-Beil - Insignium von Macht, Herrschaft und Ungleichheit

Das geschäftete Jade-Beil - es ist das Herrschaftszeichen, das Herrschafts-Insignium des Mittelneolithikums ab etwa 4.700 v. Ztr. (Abb. 1, 2).

Abb. 1: Das Jade-Beil als Herrschaftszeichen (aus Schwegler 2019)

Die Entwicklung gesellschaftlicher Komplexität unterscheidet sich zu dieser Zeit in Europa nicht sehr wesentlich von der zeitgleichen Entwicklung gesellschaftlicher Komplexität im Vorderen Orient, in Ägypten oder im Kaukasus. In der von uns schon anderwärts (Stg19) ausgewerteten Überblicksdarstellung des Schweizer Archäologen Urs Schwegler zur Ikonographie und Selbstdarstellung neolithischer Gesellschaften findet sich auch der folgende erhellende Hinweis. Es wird die Abbildung von einem "Beil mit Krümme (hache émmanchée avec crosseron)" gebracht (s Abb. 1 und 10). Dazu wird erläutert (Schwegler2019):

Bei vielen gravierten Darstellungen der haches emmanchées in der Bretagne und der Île-de-France ist der Holm am Ende mit einer Krümme versehen, die man von Hirtenstäben und von Bischofsstäben kennt, die als heqa (Herrscher-Zepter) schon in Alt-Ägypten als Herrschaftszeichen galten. Dieses als Krummstab (Baculo, frz. crosse) bekannte Motiv ist häufig allein oder zusammen mit dem Beil mit Krümme dargestellt. Darstellungen von Krummstäben werden auch als Darstellungen von Wurfhölzern interpretiert und können zusammen mit den Darstellungen von Beilen mit Krümme als Waffen und Machtsymbole gesehen werden. Leider gibt es keine Funde von neolithischen Beilholmen mit Krümme; Funde von Krummstäben, die als Wurfhölzer interpretiert werden, sind selten.

Nach dieser Interpretation hätten wir hier ein Zepter vor uns, das parallel gesetzt werden könnte zu den zeitgleichen Wildpferdekopf-Zeptern der Frühen Urindogermanen, die sich von der Mittleren Wolga nach Süden, Osten und Westen ausgebreitet haben. Eine solche Parallele wäre geradezu frappierend, weil sie auf die Einheitlichkeit in der Denkweise und in den sozialen Entwicklungen über viele tausende von Kilometern hinweg aufmerksam machen würde, auf ein einheitliches Denken und Handeln in einer Region zwischen Wolga und Atlantik.

Abb. 2: Geschäftete Jade-Axt, Felsritzung, entdeckt 2013 bei Buthiers, 70 Kilometer südlich von Paris (Megal)

Jade-Beile und Darstellungen derselben finden sich für diese Zeit vom Atlantik bis nach Mitteleuropa hinein (Abb. 2-5). Ähnliches gilt für Kupfer-Beile. Sie finden sich von der Donau im Westen bis zur Wolga im Osten (Abb.5). Es werden auch immer mehr Felsritzungen aus dem Mittelneolithikum im heutigen Frankreich gefunden, in denen sich auch dieses Jade-Beil dargestellt findet  (s. WikiaMegl) (Abb. 6).

Nach dem Untergang der Bandkeramik

Aus der archäogenetischen Böhmen-Studie von 2021 wissen wir schon, was für einen lebhaften Wechsel von Völkerschaften und Kulturen es nach dem Untergang der Bandkeramik allein in einer so eng umgrenzten Region wie Böhmen gegeben hat (Stg21). Der Wechsel der Völkerschaften auf der Ebene unterschiedlicher genetischer Herkunftsanteile in den Menschen begann in Böhmen allerdings erst ab 4.300 v. Ztr.. Weiter im Westen, im heutigen Frankreich, begann er mindestens schon fünfhundert Jahre früher, ebenso in anderen Teilen des vormaligen Verbreitungsgebietes der Bandkeramik.

Mit dem Untergang der Bandkeramik und mit der Entstehung der Völker des Mittelneolithikums entstand - genetisch gesehen - die eine Hälfte der genetischen Herkunft durchschnittlicher Mitteleuropäer. Mitteleuropäer stammen nämlich grob zur Hälfte von Indogermanen und ihrer "Steppengenetik" ab, zur anderen Hälfte von mittelneolithischen Bauern. Mit um so größerem Interesse darf ein Mitteleuropäer fragen, wie eigentlich - neben der Steppengenetik - die anderen Hälfte seiner genetischen Herkunft entstanden ist und welche Schicksale sie erlebt hat, bevor es zur Vermischung mit der indogermanischen Steppengenetik gekommen ist.

Die lebhafte Aufeinanderfolge von mittelneolithischen Völkerschaften ging außerdem parallel mit dem Entstehen der ersten Fürstentümer und Königreiche innerhalb von Europa. Diese bildeten sich - so hören wir weiter unten - vielleicht auf der Grundlage der Salzgewinnung und des Salzhandels. Durch die Herrschaft über Salz konnten von Landesregierungen bis in die Frühe Neuzeit hinein größere wirtschaftliche Überschüsse angehäuft werden, die dann nicht mehr auf alle Angehörigen der Gesellschaft gleichmäßig verteilt wurden, sondern die in einer sich neu bildenden Adelsschicht zusammenströmten. 

Der von uns schon seit langem geschätzte Mainzer Archäologe Detlef Gronenborn hat zusammen mit Koautoren in einem neuen Tagungsbeitrag (1) jenen Grundgedanken hervorgehoben und herausgearbeitet, dem auch wir hier auf dem Blog schon seit längerem Aufmerksamkeit schenken: Ab dem Mittelneolithikum entstehen in Mittel- und Nordeuropa großstaatliche Strukturen. Der Blick auf dieses Geschehen wird allmählich tiefenschärfer.

Abb. 3: Felsritzung eines Jade-Beiles, eines Herrschaftszeichens des Mittelneolithikums (Fb2020) - Hier aus der Axt-Grotte bei Buthiers 70 Kilometer südlich von Paris (s.a. Foucaulttalain, apdf)

In dem Tagungsbeitrag von Gronenborn und Mitautoren werden dazu viele uns bislang unbekannte Hinweise zusammen getragen. Mit diesem Tagungsbeitrag präsentiert sich uns der archäologische Forschungsstand auf einer neuen Stufe stehend. Er ermöglicht auch einige Schlußfolgerungen, zu denen man sich zuvor noch nicht ermutigt fand. Wir lesen  (1):

Insbesondere in Mitteleuropa beobachten wir einen deutlichen Bruch zwischen dem Früh- und dem Mittelneolithikum. Obwohl einige Autoren diesen Bruch als weniger einschneidend beschreiben, ist er dennoch in der materiellen Kultur, der Wohnarchitektur und der Bevölkerungsdynamik sichtbar. Dem Niedergang des Frühneolithikums geht eine Periode erheblicher sozialer Unruhen voraus, mit einem offensichtlichen Anstieg zwischenmenschlicher Gewalt und gruppeninterner Kriege während die Bevölkerungsdichte einen Höhepunkt erreichte. Parallel zu dieser Periode der Gewalt beobachten wir auch die Entstehung des Mittelneolithikums, wahrscheinlich unter westeuropäischem Einfluß. (...) Während der Bruch im westlichen Mitteleuropa sichtbar ist, scheint es im Osten eine gewisse Kontinuität zu geben, sowohl in der materiellen Kultur als auch in den Siedlungssystemen.
Particularly in Central Europe, we see a considerable rupture between the Early and the Middle Neolithic. While some authors have downplayed this rupture, it is nevertheless visible in material culture, in domestic architecture, and in population dynamics. The Early Neolithic decline is preceded by a period of considerable social unrest with an apparent increase in interpersonal violence and inter-group warring during the population peak. Somewhat parallel to this period of violence, we also see the emergence of the Middle Neolithic, likely under western European influence. (...) While the rupture in western Central Europe is visible, there appears to be some continuity in the east, both in material culture and also in settlement systems.

Wir wiesen ja schon daraufhin, daß der Umbruch auf genetischer Ebene in Böhmen viele Jahrhunderte später stattfand als weiter im Westen. Wir lesen weiter (1):

Dieser Übergang vollzieht sich in einer klimatisch unbeständigen Phase mit erheblichen und möglicherweise abrupten Veränderungen. Die neu entstehenden mittelneolithischen Gesellschaften in Mitteleuropa weisen eine zunehmende genetische Durchmischung auf, ein Phänomen, das auch archäologisch anhand der Zunahme mesolithischer Steinarten und Schmuckgegenstände wie Schneckenhäusern usw. beobachtet wurde. Während einige Gräber eine deutliche Veränderung des zugrunde liegenden Themas hin zu einer Betonung der Jagd erkennen lassen, deuten die Tiermaterialien aus Siedlungsstätten in Mitteleuropa nicht auf eine nennenswerte wirtschaftliche Verlagerung hin, und Isotopenuntersuchungen liefern bislang keine schlüssigen Ergebnisse. Generell scheint es derzeit so, daß sich mit der zunehmenden Durchmischung der zugewanderten Bauern mit der einheimischen Jäger- und Sammlerbevölkerung die Ideologien gewandelt haben, während die Landwirtschaft als Lebensgrundlage weiterhin Bestand hatte.
This transition happens during a climatically volatile phase with considerable and possibly abrupt changes. The newly emerging Middle Neolithic societies in Central Europe show an increase in genetic admixture, a pheomenon also observed archaeologically with the increase of “Mesolithic� lithic types and objects of adornment like snail shells, etc. While some burials do show a considerable change in the underlying theme towards an emphasis on hunting, the faunal materials from settlement sites across Central Europe do not suggest a considerable economic shift and isotopic studies are yet inconclusive. Generally, it currently seems that with the increasing admixture between incoming farmers and the indigenous hunter-gatherer populations, ideologies had changed while farming, as the subsistence base, continued.

Diese Ausführungen drängen den Gedanken auf, daß der soziale Zusammenhalt in der egalitären Gesellschaft der Bandkeramik nicht nur auf jener kulturellen Gleichförmigkeit über weite Regionen hinweg beruht haben könnte, die ja gut sichtbar ist im archäologischen Befund, sondern auch auf vergleichsweise hoher genetischer Homogenität - wie sie seit 2015 durch die Archäogenetik bekannt geworden ist. 

Abb. 4: Ein typisches Jade-Beil aus dem Mittelneolithikum, das auch in Felsritzungen dargestellt ist - Ein Prestige-Objekt, für dessen Fertigung tausend Arbeitsstunden benötigt werden (AYoung2011)

Übrigens wird - zumindest bislang - auch die Cucuteni-Tripolje-Kultur der Ukraine zumeist als egalitär beschrieben.

Der soziale Zusammenhalt in den westeuropäischen Großreichen seit dem Mittelneolithikum war also einerseits durch größere genetische Heterogenität geprägt, die aber zugleich - womöglich als Gegengewicht dazu - durch Elitenbildung (Hochadel), Herrschaft und soziale Schichtung wiederum zusammen gehalten worden sein mag. Und zwar durch eine Schichtung der Gesellschaft in Adel, Freie und Sklaven, durch "Machtausübung", durch "Herrschaft", durch "Unterwerfung" - in Form von Gewaltausübung, versinnbildlicht im Jade-Beil, bzw. im Kupfer-Beil.

Die genetische Heterogenität war im heutigen Südfrankreich und der dortigen Cardial-Kultur schon ab dem Frühneolithikum größer als in Mitteleuropa, was uns schon andernorts erstaunte (Stg20). Diese größere genetische Heterogenität im heutigen Südfrankreich könnte einer jener Unruhe-Faktoren dargestellt haben, der zum Ende des Frühneolithikums in Mitteleuropa, also der Bandkeramik in Nordfrankreich beigetragen hat. Insofern könnte man es also auch von dieser Seite her als naheliegend erachten, daß die Ausbildung von Großreichen ihre ersten Anfänge aus der Region des heutigen Pariser Beckens heraus genommen hat, wo mehrere, genetisch und kulturell unterschiedliche Bevölkerungen aufeinander getroffen sind: Die einheimischen Jäger-Sammler-Kulturen, die Bandkeramik vom Rhein her und die Cardial-Keramik vom Rhone-Tal her.

Der Adel Europas - Begann er ab 4.600 v. Ztr., der Jagd zu frönen?

Es wird sogar nahegelegt, daß der Umstand, daß der Adel bis heute bevorzugt der Jagd frönt, schon im Mittelneolithikum seinen Anfang genommen haben könnte, und daß dies darauf beruht haben könnte, daß sich der neue Adel anfangs vor allem aus Jäger-Sammler-Populationen rekrutiert haben könnte, wobei es aber recht bald zu genetischer Angleichung zwischen allen Schichten gekommen sein muß, da bislang keine unterschiedlichen Herkunftsverhältnisse zwischen Adel und übriger Bevölkerung festgestellt worden sind (auch zum Beispiel nicht im mykenischen Griechenland). Wir lesen interessanterweise (1):

Zunächst zeigen die Gesellschaften des Mittelneolithikums keine nennenswerten Veränderungen hin zu einer stärker hierarchischen Struktur. Doch ab der Mitte des 5. Jahrtausends kommt es an beiden Küsten Europas zu einer deutlichen Zunahme enormer Ansammlungen von Überschüssen, und zwar sowohl in der Region Carnac in der Bretagne als auch an der bulgarischen Küste an Orten wie Warna.
At first, Middle Neolithic societies do not show any notable changes towards a more hierarchical structure. But from the mid-5th millennium onwards there is a considerable increase of enormous accumulations of surpluses on either coast of Europe, both in the Carnac region in Brittany, as well as on the Bulgarian coast at locations like Varna. 

Eine "Accumulation of surpluses" könnte im Deutschen auch übersetzt werden als eine "Mehrwertabschöpfung" im Sinne von William Thompson und Karl Marx (Wiki). Also als Abschöpfung von Mehrwert, der sich aufgrund von Spezialisierung und arbeitsteiliger Differenzierung innerhalb einer Gesellschaft ergibt. Und soziale Schichtung heißt, daß dieser Mehrwert nicht auf alle Angehörigen der Gesellschaft gleichmäßig verteilt wird, sondern sich in einer Hochadels-Schicht ansammelt. 

In Warna kommen, wie wir hier auf dem Blog schon in mehreren Artikeln behandelt haben, die Frühen Urindogermanen von der Wolga mit ihren Kupferbeilen ins Spiel, deren früheste Ausbreitungsbewegung bis in den Raum der Mittleren Donau in Ungarn sich damit in einen gesamteuropäischen, bzw. gesamteurasischen Rahmen einordnet. Ein Kupferbeil führte um 3.100 v. Ztr. übrigens auch der Ötzi in Südtirol mit sich. Vor allem aber: Jener Mann, der in dem Grab mit der reichsten Goldausstattung in Warna bestattet worden ist, trug auch indogermanische Steppengenetik in sich (Stg21). Und außerdem lagen zwischen seinen Beinen auch zwei Jade-Beile. Bis hin nach Warna also erstreckte sich die Faszination der Jade-Beile.  

Abb. 5: Die Verbreitung von Jade- und Kupferäxten um 4.600 v. Ztr. in Europa (aus: 1)

Wir lesen in dem Tagungsbeitrag weiter (1):

Für keine der beiden Regionen sind die genaue Machtbasis oder die territoriale Ausdehnung der Macht dieser politischen Führer bekannt. Während Chapman argumentiert, daß die territoriale Ausdehnung Warnas nur regional war, deuten französische Analysen der Jadeaxt-Netzwerke auf deutlich größere Einflußbereiche hin. Solche weiten Einflußbereiche werden auch durch die Verteilung von Kupferäxten im Osten und Jadeäxten im Westen nahegelegt.
For neither region is the exact power base nor the territorial extension of the power of these political leaders known. While Chapman has argued that the territorial extension of Varna was only regional, French analyses of the jade axe networks suggest much wider spheres of influence. Such wide spheres of influence are also suggested by the distributions of copper axes in the east and jade axes in the west (Fig. 7). 

- siehe dazu hier im Blogartikel Abb. 5. Hier wird Bezug genommen insbesondere auf die Forschungen des französischen Archäologen Pierre Pétrequin (geb. 1943), die auch noch in den beiden Folgebeiträgen dieser Reihe ausführlicher behandelt werden (s. Stg25-2Stg25-3), insbesondere weil sie sicherlich am meisten zu dem neuen archäologischen Kenntnisstand beigetragen haben. Im Tagungsbeitrag lesen wir weiter (1): 

Regionen zwischen diesen Fundorten sind jedoch mit hochrangigen Gräbern übersät, die meist deutlich weniger kunstvoll gestaltet sind als die in der Region Carnac oder in Warna. Dennoch deuten diese Gräber darauf hin, daß politische Komplexität, die sich um hochrangige soziale Untergruppen - möglicherweise Abstammungslinien - entwickelte, kein auf bestimmte Regionen beschränktes Phänomen war, sondern möglicherweise weit verbreitet war. Da viele dieser Gräber entweder schwer zu entdecken oder zuvor zerstört worden waren, wurde das Phänomen politisch differenzierter neolithischer Gesellschaften bewußt oder unbewußt vernachlässigt. Erst nach den ersten Veröffentlichungen der Jadeaxtstudien von Pétrequin und Kollegen (2017) wurden die möglichen soziopolitischen Strukturen neolithischer Gesellschaften neu betrachtet. Die Macht einiger dieser Personen und ihre Ämter materialisierten sich in reich ausgestatteten Grabdenkmälern oder wurden in Felsgravuren dargestellt. Der gesamte Machtbereich wurde durch Symbole um Äxte und deren Stiele symbolisiert.
Regions in between these loci of accumulation are, however, dotted by high-status burials which are mostly much less elaborate than the ones either in the Carnac area or in Varna (Fig. 6). Nevertheless, these burials do indicate that political complexity, evolving around high-ranking social sub-groups – possibly lineages – were not a phenomenon limited to certain discrete regions, but were possibly widespread. As many of these burials were either difficult to detect, or had been previously destroyed, the phenomenon of politically differentiated Neolithic societies has been consciously or unconsciously neglected. Only after the first publications of the jade axe studies by Pétrequin and colleagues have the possible socio-political structures of Neolithic societies been reconsidered. The power of some of these individuals and the offices they held were materialized in extremely well-furnished burial monuments, or depicted in rock-engravings. The entire realm of power was signalled by symbols circling around axes and their hafting.

Man bezieht sich hier unter anderem auf die Felsritzungen von Vallée aux Noirs (Wiki) südlich von Paris und andere, eingangs genannte Darstellungen (s.a. Abb. 6).

Abb. 6: In Felsen geritzte Darstellungen von Jade-Beilen im nördlichen Frankreich ab 4.500 v. Ztr. (Megal)

Das im Vallée aux Noirs sehr groß dargestellte Jade-Beil (Abb. 3) findet sich auch anderwärts in Frankreich in Felsen eingeritzt (Megal). Es findet sich dargestellt neben der Darstellung eines großen, eindrucksvollen Mannes, der nicht nur eine Jade-Axt als Herrschaftszeichen besitzt, sondern offenbar auch eine hohe, fast Schrecken erregende Schilfskrone trägt (Abb 6a). 

Der Herrscher (oder Gott) mit phantastischer Schilfkrone

Im Alten Ägypten gab es die ab etwa 2.000 v. Ztr. bezeugte Göttin Anukis (oder Anuket) (Wiki), die eine Schilfskrone trägt ("Göttin mit Schilfkrone" lautet die gern gestellte Frage in Kreuzworträtseln zu ihr). Sie stammt aus dem Sudan.

Wer möchte, könnte sich in diesem Zusammenhang auch erinnert fühlen an ein jüngst entdecktes Grab der Frühen Urindogermanen an der Wolga-Schleife, in dem sich im Kopfbereich des Bestatteten ein Vogelkopf-Zepter fand, das zumindest anfangs auch als Kopfbedeckung interpretiert worden war (Stg22). Es mutet jedenfalls insgesamt ähnlich "phantastisch" an wie die "wilde" Schilfkrone in der Felsritzung bei Buthiers in Frankreich (Abb 6a). Solche Umstände verstärken den Eindruck, daß die ersten "Herrscher" hervorgegangen sein können aus den Schamanen-Traditionen der vorhergehenden Jäger und Sammler-Gesellschaften. Dementsprechend lesen wir zur Deutung der genannten Felsritzung weiter (1):

Man könnte vermuten, daß sich diese Personen mit einer Aura des Übernatürlichen umgaben, auf der neben irdischen Gütern ihre Macht und ihr Einfluß beruhten. Eine der ungelösten Fragen lautet tatsächlich: Was veranlaßte diese Personen und wahrscheinlich auch ihre Angehörigen, politische Vorherrschaft über andere zu erlangen? Politisch aufstrebende Persönlichkeiten sind in jeder menschlichen Gesellschaft anzunehmen, doch warum kam es gerade in der fraglichen Zeit und an unterschiedlichen Orten auf dem europäischen Kontinent zu einer ausgeprägten Schichtung? Ein Gut, auf dem diese Macht möglicherweise beruhte, könnte Salz gewesen sein. Eine frühe Salzproduktion in limnischen Küstengebieten wurde sowohl für die Bretagne als auch für die Küste von Warna vorgeschlagen. Neben der Kontrolle der Salzproduktion könnten die Eliten auch in der Lage gewesen sein, die Salzverteilung im Landesinneren zu kontrollieren. Werden die Fundorte bestimmter Axttypen kartiert und vernetzt, ergeben sich frühe Fernwegesysteme (Abb. 9). Auch die Lage der Grabanlagen scheint, zumindest im Jungneolithikum, entlang früher Routen verlaufen zu sein, von denen einige bis ins Mittelalter genutzt wurden und auch mit dem Landtransport von Salz verbunden waren.
It may be suggested, that these individuals surrounded themselves with an aura of the super-natural, on which, apart from earthly commodities, their power and influence would have been based (Fig. 8). Indeed, one of the unresolved questions is: what led these individuals, and likely their kin, to gain political supremacy over others? Politically aspiring figures may be assumed for any human society, but why did stratification erupt specifically during the period in question and at opposing locations on the European continent? One commodity this power might have been based on could have been salt. Early salt production in limnic coastal environments has been proposed both for Brittany as well as for the coast of Varna. Apart from controlling the production of salt, elites might have also been able to control inland distributions. If the find-spots of certain axe types are plotted and connected in a network system, early long-distance route systems emerge (Fig. 9). Also, the location of enclosures, at least for the Young Neolithic, appears to have been aligned alongside early routes, some of which were in use until the Medieval periods and which were also connected with the overland transport of salt.

Die hier genannte Abbildung 9 zeigt das durch Funde eruierbare Fernhandelsnetz rund um die mittelneolithische Höhensiedlung des Kapellenberg bei Frankfurt am Main. 

Abb. 6a: Herrscherdarstellung im Vallée aux Noirs bei Buthiers mit Schilfkrone (?), links das Jade-Beil, rechts Schiffdarstellung (Resg2014)

Wir lesen weiter (1):

Ein Phänomen wurde schon früh beobachtet: Bestattungen herausragender Personen mit hohem Status sind sowohl regional als auch chronologisch diskret. Daher ist das gesamte Phänomen der Schichtung auf die zweite Hälfte des 5. Jahrtausends v. Ztr. beschränkt und scheint eher ein Boom-and-Bust-Phänomen zu sein. Vor 4000 v. Ztr. verschwinden diese hochrangigen Grabdenkmäler für einzelne oder nur wenige Personen aus den archäologischen Befunden Mitteleuropas, tauchen jedoch nach 4000 v. Ztr. in Skandinavien und auf den Britischen Inseln wieder auf. Einer der jüngsten Grabhügel in Mitteleuropa könnte der kürzlich am Kapellenberg im Rhein-Main-Gebiet entdeckte gewesen sein. Er scheint kurz nach 4200 v. Ztr. errichtet worden zu sein und gehört daher zur frühen Michelsberg-Phase in der Region, möglicherweise als Gründermonument. Von den beiden Äxten, die vermutlich aus dem im späten 19. Jahrhundert zerstörten Grab stammen, wurde eines aus Jade vom Monte Viso in den Westalpen gefertigt (Abb. 7), das andere aus Amphibolit unbekannter Herkunft. Beide könnten auf Fernverbindungen zwischen Eliten hinweisen, da die nächsten architektonischen Parallelen zum Monument in der Bretagne zu finden sind. Diese Fernbeziehungen zwischen Eliten sind nicht allzu überraschend, da sie bereits für das vorangegangene Mittelneolithikum sowohl durch Bestattungsfunde hochrangiger Personen als auch durch die Verbreitungsmuster von Jadeäxten dokumentiert sind. Dies stützt grundsätzlich die Annahme, dass hochrangige Personen über beträchtliche Entfernungen hinweg in gleichrangigen politischen Beziehungen interagierten. Unklar ist bislang, ob sich diese Gesellschaften neben den Unterschieden in der Bestattungspraxis auch hinsichtlich ihrer Lebensweise unterschieden. Die Belege sind spärlich, aber offenbar waren Gesundheitszustand und Ernährung der Verstorbenen der Cerny-Gesellschaften im Yonne-Tal trotz enormer Unterschiede in den Bestattungspraktiken recht ähnlich.
One phenomenon has been observed early on, namely that outstanding high-status burials are both regionally and chronologically discrete. Therefore, the entire phenomenon of stratification is restricted to the latter half of the 5th millennium cal. BC, and appears to be more of a boom-and-bust phenomenon. Before 4000 cal. BC these high-status burial monuments for single or only a few individuals vanish from the archaeological record in Central Europe but reappear in Scandinavia and the British Isles after 4000 cal. BC. In Central Europe, one of the latest burial mounds may have been the one recently discovered at Kapellenberg in the Rhine-Main area. It appears to have been erected shortly after 4200 cal. BC and would therefore belong to the early Michelsberg phase in the region, possibly constituting a founder monument. Of the two axes, likely stemming from the burial destroyed in the late 19th century, one was made out of jade from Monte Viso in the western Alps (Fig. 7), the other is of amphibolite of a yet unknown source. Both may indicate long-distance connections between elites, as the nearest architectural parallels to the monument are found in Brittany. These long-distance connections between elites are not all that surprizing, as they are documented already for the preceding Middle Neolithic both from high-status burial evidence as well as in jade axe distribution patterns. Inprinciple, this supports the ideas about peer polity interactions of high-status individuals across considerable distances. What is hitherto unclear is whether, apart from differences in burial efforts, these societies were differentiated by livelihood as well. The evidence is meagre, but apparently for Cerny societies in the Yonne Valley the health status and diet of the deceased were rather similar, despite enormous differences in burial practices.

In der Abbildung 6 des Tagungsbeitrages findet sich eingetragen eine "Friedberg long chamber", die aber sonst im Text oder im Literaturverzeichnis keinerlei Erläuterung findet (soweit wir erkennen können). 

Friedberg in der Wetterau (4.600 v. Ztr.) - Kultbau wie im Pariser Becken

Wir müssen recht lange suchen, bis wir im Internet weitere Hinweise dazu finden. ChatGPT hat uns bei dieser Suche sehr früh schmählich verlassen ... Aber schließlich stoßen wir auf den Bericht über eine Ausgrabung im November 2007 südlich von Friedberg in der Wetterau, die stattfand im Zuge des Baus einer dortigen Umgehungsstraße (Frank Lorscheider 2007). 

Abb. 7: Kultbau mit zentralem Herrscher-Grab (?) bei Friedberg in der Wetterau, 4.600 v. Ztr. (aus: Frank Lorscheider 2007)

In diesem Bericht findet sich offensichtlich dieselbe "long chamber" dargestellt. Es wurde dabei nämlich eine knapp 36 Meter lange neolithische Grabanlage oder ein Kultbau entdeckt, wie es ihn ähnlich zur gleichen Zeit in der Cerny-Kultur (4.700-4.300 v. Ztr.) (Wiki) im Pariser Becken gegeben hat (Lorscheider2007):

Nach typologischen Kriterien handelt es sich dabei nicht um einen Wohnbau, da Längen- und Breitenrelation nicht stimmig wären. Dennoch steht er in der Tradition von Pfostenbauten, wie sie aus neolithischen Zusammenhängen hinlänglich bekannt sind und auch für Wohnbauten typisch waren. (...) Aus dem benachbarten westlichen Ausland sind vergleichbare Anlagen jedoch bekannt. Dort treten sie nicht als singuläre Bauform auf, sondern bilden ganze Anlagensysteme. Die auch als Bestattungsplatz dienenden Bauwerke sind nicht dem profanen Lebensbereich anzugliedern. Sie waren Dokumente des metaphysischen Selbstverständnisses dieser Kulturgruppe.

Wie gesagt, beziehen sich diese Ausführungen auf die Cerny-Kultur, in deren Zusammenhang auch viele der genannten Felsritzungen, bzw. Felsgravuren entstanden sind. Und es heißt weiter (Lorscheider2007):

Auch hier liegen die langen, leicht trapezoid gestalteten Anlagen mit z.T. rundlichen Abschlüssen vor. An einem Ende sind sie in der Rekonstruktion mit Pfosten besetzt und bilden eine offene Pforte. Im umfriedeten Innenbereich sind ein oder zwei Gruben angelegt. In den Gruben waren meist Einzelbestattungen anzutreffen. In Frankreich werden die Anlagen mit einer inneren, kleinen Hügelschüttung rekonstruiert, möglicherweise über einem Zentralgrab. Dies ist aus der Befundlage jedoch nicht zwingend abzuleiten. Denkbar wäre ebenso eine vollständige Erdüberschüttung einer langen hölzern ausgebauten Grabkammer. Die Dimension aus Friedberg liegt in ihrer Längenausdehnung am mittleren unteren Rand der aus Frankreich bekannten Anlagen. Von diesen erreichen einzelne eine Längenausdehnung von über 100 m. Die Cerny-Gruppe wird im allgemeinen mit der in Deutschland weit verbreiteten mittelneolithischen Gruppe der Rössener Kultur parallelisiert. Damit liegt ein chronologischer Ansatz für das 5. Jahrtausend vor (4600-4300 v.Chr.).

Wenn es sich um eine vollständige Erdüberschüttung gehandelt hätte, würde ein sogenannter "Nichtmegalithischer Langhügel" (Wiki) vorliegen, etwa solche vom Passy-Typ (Wiki), die auch der Cerny-Kultur zugerechnet werden. Bei ihnen handelt es sich um die ältesten Großgräber Europas, worauf im zweiten Teil dieser dreiteiligen Blogartikel-Serie hingewiesen wird (Stg25-2).

Mehr zu den diesbezüglichen Bauten in der Cerny-Kultur findet sich auch anderwärts (etwa in französischer Sprache: Saintot2023, pdf). Der entdeckte Kultbau südlich von Friedberg gehört mit hoher Wahrscheinlichkeit zur "Planig-Friedberg-Kultur" (4680 bis 4640 v. Ztr.), einer Untergruppe der Rössener Kultur (Wiki), die Verbreitungskarten nach sogar in der Wetterau oder im Rhein-Main-Gebiet als Hinkelstein-Kultur ab 5.000 v. Ztr. entstanden sein könnte (oder sich hierher von Frankreich aus ausgebreitet haben könnte (Abb. 8). 

Die Rössener Kultur in Mitteleuropa und ihre Vorläufer

Zu der genannten Untergruppe, der Planig-Friedberg-Kultur, gibt es noch keinen Wikipedia-Artikel. ChatGPT belehrt uns zunächst:

Die Planig‑Friedberg‑Gruppe ist eine regionale Variante innerhalb der mitteleuropäischen Rössener Kultur (circa 4790–4550 v. Ztr.) der mittleren Jungsteinzeit. Sie bildet gemeinsam mit Kulturen wie Großgartach, Rhein-Main- und Neckar-Gruppen eine Süddeutsche Ausprägung dieser Kultur.

In Abb. 8 sehen wir einen ungefähren Verbreitungsraum dieser Planig-Friedberg-Kultur, die, wie es scheint, aus der Hinkelstein- und Großgartach-Kultur hervorgegangen ist und in den Rössener Kultur überging (Abb. 8).

Im zweiten und dritten Teil der vorliegenden Blogartikel-Serie wird der Zusammenhang, bzw. die Parallelität dieser Kulturen mit den zeitgleichen Vorgängen in Frankreich noch deutlicher werden (s. Stg25-2, Stg25-3). 

Abb. 8: Die Abfolge der nach-bandkeramischen Kulturen zwischen den Niederlanden und dem Elsaß -Planig-Friedberg scheint aus Hinkelstein am Mittel- und Oberrhein hervorzugehen und sich dann nach Osten auszubreiten (aus: Denaire2017)

Schon in der archäogenetischen Studie von 2020 deutet sich an, daß die Untergruppen der Rössener Kultur durchaus auch jeweils eine eigene Genetik aufgewiesen haben können, wobei die Planig-Friedberg-Kultur durch einen höheren Jäger-Sammler-Anteil geprägt gewesen sein kann, während die Rössener Kultur selbst wieder zur bandkeramischen Genetik zurück gekehrt sein könnte (Stg20). Das wird in den nächsten Jahren sicherlich noch zuverlässiger aufgeklärt werden auf größerer Datenbasis.

Wir müssen in jedem Fall ein bisschen Forschungsgeschichte betreiben, um uns näher an jene Funde in Friedberg in der Wetterau und in Planig bei Alzey in Rheinhessen heranzutasten, die namengebend für die Friedberg-Planig-Kultur waren. Die namengebenden Funde sind schon in der Zeit um 1900 herum gemacht worden, während die endgültige Namengebung dieser Kultur 1940 erfolgte. 

Die "Friedberg-Planig-Kultur" (4.600-4.500 v. Ztr.) 

Wir finden zunächst folgenden Hinweis (Dammers2003):

1940 war ein weiterer Meilenstein in der Archäologie des Mittelneolithikums: die Dissertation Armin Strohs faßte erstmals alle Rössener Funde Südwestdeutschlands zusammen, Gräberfelder, Siedlungen und Einzelfunde, und wertete sie systematisch aus. Der Fundort Planig, heute Ortsteil von Bad Kreuznach, kam zu einer gewissen Berühmtheit, weil Stroh mit seiner Hilfe eine Gruppe "Planig-Friedberg" definierte, die sich durch flächendeckend dichtes Doppelstichdekor auszeichnet, geradezu teppichartig wirkend mit ausgesparten geometrischen Motiven darin.

Nicht nur Planig kam zu einer gewissen Berühmtheit, sondern auch Friedberg in der Wetterau. Und letzteres um so mehr, nachdem dort 2007 das genannte nichtmegalithische Langgrab vom Typ Passy, der vermutlich älteste Grabbau Deutschlands und Mitteleuropas entdeckt wurde. 

Diese Dissertation von Armin Stroh aus dem Jahr 1940 ist dankenswerter Weise online frei zugänglich. Stroh schreibt von der "Siedlung Friedberg-Pfingstbrünnchen" und von der Siedlung "beim Schwalheimer Hohl" bei Friedberg (1940, S. 44f). Von einem Pfingstbrünnchen weiß man tatsächlich noch heute in Friedberg. Es lag 2015 in der dortigen Mielestraße (Wetterauer Ztg2015). Diese ist aber inzwischen zur Emil-Frey-Straße umbenannt worden. Diese Siedlung liegt damit nur wenige hundert Meter entfernt vom ältesten Grabbau Deutschlands südlich von Friedberg, dort, wo heute die B3 entlang führt.

Das "Schwalheimer Hohl" aus der Zeit um 1900 wird heute die Straße "An der Hohl" zwischen Friedberg und dem Dorf Schwalheim sein. Somit hätten wir zwei frühe, mittelneolithische Ausgrabungsstätten grob lokalisiert, eine südlich des heutigen Stadtzentrums von Friedberg in der Wetterau und eine nördlich davon (GMaps).*) 

2017 erscheint erneut eine die verschiedenen Keramikstile vergleichende Studie. In einer zugehörigen Grafik (Abb. 8) werden - womöglich - Ethnogenese-Prozesse der großen Rössener Kultur deutlich, über die wir auf Wikipedia lesen (Wiki):

Die Rössener Kultur löste die Linienbandkeramik in deren westlichem Verbreitungsgebiet über die Zwischenstufen Hinkelstein, Großgartach und Planig-Friedberg ab. Diese „Ablösung“ erfolgte jedoch abrupt, denn die meisten Rössener Ansiedlungen gründeten sich nicht auf ältere bandkeramische Siedlungen, sondern entstanden vermutlich unabhängig neu.

Auch in Friedberg in der Wetterau endet die bandkeramische Siedlung völlig, während die Siedlungen der Planig-Friedberg-Kultur an anderen Plätzen rund um Friedberg entstanden. Die genannte Studie will die Zeitabfolge der Kulturen im Elsaß verstehen, bis wohin sich die Rössener Kultur Rhein-aufwärts ausgebreitet hat (Denaire2017):

Lediglich 12 Planig-Friedberg-Funde konnten in die Seriation einbezogen werden. Sie liegen deutlich zwischen Großgartach und Rössen.
Only 12 Planig-Friedberg assemblages could be included in the seriation. They fall clearly between Grossgartach and Rössen.

Und (Denaire2017):

Der Übergang zum nachfolgenden Planig-Friedberg-Stil erfolgte 4690-4610 v. Ztr. (95 % Wahrscheinlichkeit; Ende GG/Anfang P-F; Abb. 15), wahrscheinlich 4680-4640 v. Ztr. (68 % Wahrscheinlichkeit).
The transition to the succeeding Planig-Friedberg style occurred in 4690–4610 cal BC (95% probability; end GG/start P-F; Fig. 15), probably in 4680–4640 cal BC (68% probability).

Und (Denaire2017):

Sechs Fundgruppen von drei Fundstätten wurden durch die darauffolgende Planig-Friedberg-Phase datiert. Sie decken einen Zeitraum von 1-70 Jahren ab (95 % Wahrscheinlichkeit; Spanne P–F; Abb. 17), wahrscheinlich 1-40 Jahre (68 % Wahrscheinlichkeit). Planig-Friedberg stellt einen Übergang zwischen typischen Großgartacher und typischen Rössener Fundgruppen dar. Vollständig ausgebildete Rössener Fundgruppen entstanden zwischen 4670 und 4565 v. Ztr. (95 % Wahrscheinlichkeit; Ende P–F/Beginn RS; Abb. 15), wahrscheinlich zwischen 4645 und 4585 v. Ztr. (68 % Wahrscheinlichkeit).
Six assemblages from three sites have been dated from the subsequent Planig-Friedberg phase. These cover a period of 1–70 years (95% probability; span P-F; Fig. 17), probably 1–40 years (68% probability). Planig-Friedberg constitutes a transition between typical Grossgartach and typical Rössen assemblages. Fully formed Rössen assemblages emerged in 4670–4565 cal BC (95% probability; end P-F/start RS; Fig. 15), probably in 4645–4585 cal BC (68% probability).

Interessant ist, daß auch 2017 auf Verbindungen der Planig-Friedberg-Kultur zum Pariser Becken aufmerksam gemacht wird. 

Abb. 9: Der französische Archäologe Pierre Pétrequin (geb. 1943) mit Ehefrau bei Erforschung der mittelneolithischen Jade-Beile (2022) (Orgnac)

Das hatte sich ja auch durch die oben behandelte Ausgrabung von 2007 angedeutet (war diese dem französischen Autor bekannt?) (Denaire2017):

Die geringe Zahl der Planig-Friedberg-Gruben und -Gräber läßt keine weitere Zunahme der Siedlungsdichte erwarten, und das Siedlungsgebiet dehnt sich nicht aus (Denaire 2009, S. 266). Auch die Verbindungen zu anderen Regionen scheinen stabil zu sein. Ein Planig-Friedberg-Topf in einem der Gräber von Passy in der Yonne im Süden des Pariser Beckens (Spatz 1998) veranschaulicht das Ausmaß der Verbindungen zu dieser Zeit.
The small number of Planig-Friedberg pits and graves does not suggest any further increase in settlement density, and the area of inhabitation does not expand (Denaire 2009, p. 266). Links to other regions also seem stable. A Planig-Friedberg pot in one of the graves at Passy in the Yonne in the south of the Paris basin (Spatz 1998) illustrates the extent of connections at this time.

Zusammenfassung des Tagungsbeitrages

In der Zusammenfassung der Studie, die den Ausgangspunkt bildete für diesen Blogartikel, heißt es (1):

Während des Zusammenbruchs des späten LBK, als sich das frühe Mittelneolithikum bildete (...), hatten Individuen und Untergruppen mit Jäger- und Sammler-Vorfahren offenbar die Chance, einen höheren sozialen und sogar politischen Status zu erlangen. Dies wird beispielsweise durch die Grabbeigaben der hochrangigen Cerny-Gräber deutlich, die eine Betonung der Jagd zeigen. Die Veränderungen in den Bestattungspraktiken, bei denen einzelne Individuen von der Gruppe isoliert und hervorgehoben werden - was wir ab dem Mittelneolithikum beobachten - könnten daher zumindest teilweise mit der Einbeziehung von Jäger- und Sammler-Vorfahren zusammenhängen. (...) Diese Prozesse nahmen auf beiden Seiten des europäischen Kontinents extreme Formen an: in der Bretagne im Nordwesten Frankreichs und entlang der Schwarzmeerküste in Bulgarien, wo die Netzwerke aus Jade- und Kupferartefakten die jeweiligen Einflußbereiche abgrenzten (Abb. 7). Es ist gut möglich, daß diese Einflußbereiche irgendwie mit den unterschiedlichen Prozentsätzen von Jäger- und Sammler-Vorfahren in den mittelneolithischen Gesellschaften zusammenhingen. Dieser Frage muß in zukünftigen Untersuchungen weiter nachgegangen werden.
During the collapse of the Late LBK when the Initial Middle Neolithic formed (...) individuals and sub-groups with hunter-gatherer ancestry apparently had the chance to  achieve higher social and even political statuses. This is, for instance, evident from the grave goods of the high-status Cerny burials which show an emphasis on hunting. Thus, the changes in burial practices with single individuals being isolated from the group and accentuated  –  which we see from the Middle Neolithic onwards – might  at least partly be related to the incorporation of hunter-gatherer ancestries. (...) These processes took on extreme forms on either  side of the European continent: in Brittany in northwestern France and along the Black Sea coast in Bulgaria,  with the networks of jade and copper artefacts delineating the respective spheres (Fig. 7). It may well be that these spheres of influence were somehow tied to the varying percentages of hunter-gatherer ancestry in the Middle Neolithic societies. This question will have to be explored further in future research.

Hier werden die Erkenntnisse der Archäogenetik der letzten Jahre schon sehr selbstverständlich mit in das Nachdenken einbezogen. Mit jeder neuen Erkenntnis zum Mittelneolithikum wird deutlicher, daß die mittelneolithischen Großreiche als ein Teil der Geschichte der großen Völkergruppe der westeuropäischen Jäger und Sammler angesehen werden kann (Stg21), da ja deren Kultur offenbar maßgeblich zur Ethnogenese der nach-bandkeramischen Kulturen beigetragen hat.

Abb. 10: Krummstab und Jade-Beil (aus Schwegler 2019)

Erst mit der Ankunft der Indogermanen in Europa endet die Geschichte der Völkergruppe der westeuropäischen Jäger und Sammler, so möchte man sagen. Durch die Indogermanen wurden sehr weiträumig Nachkommen westeuropäischer Jäger und Sammler durch Nachkommen osteuropäischer Jäger und Sammler ersetzt. 

Machtausübung und Machtmißbrauch - Abschließende Überlegungen

Die politischen Philosophen der klassischen griechischen Antike lebten an der Grenze zwischen Orient und Okzident. Und schon sie waren damit beschäftigt, wie die Machtausübung und der Machtmißbrauch einzelner - seien es Könige, seien es Tyrannen, wie sie im Orient besonders eindrucksvoll zum Ausdruck kamen, eingehegt und eingegrenzt werden kann. Nachkriegsschriftsteller wie Heinrich Böll haben vergessen lassen, daß schon ein so berühmtes Wort der Spartaner über die in der Schlacht an den Thermopylen Gefallenen im Zusammenhang mit dieser "Einhegung" von orientalischem Machtmißbrauch und Imperialismus sein so großes Gewicht bekommen hat: 

Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest
Uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.

Dieses Wort ist zur Zeit seiner Entstehung keineswegs im Zusammenhang mit Machtmißbrauch entstanden, sondern im Zusammenhang mit der Einhegung desselben. Wie dürfte dieser Umstand vergessen gemacht werden? Denn schon hier wird deutlich: Einhegung kann geschehen durch die Herrschaft des Rechts (Rechtsstaatlichkeit), durch "Gewaltenteilung" (Montesquieu), durch Mitbestimmung und "Volksherrschaft" ("Demokratie", "Republik"). Es kann dies auch geschehen durch die Mitbestimmung des Adels (Aristokratie). Es kann dies aber vor allem und allein geschehen durch die Überwindung von Feigheit und Bequemlichkeiten aller Art, also durch Heldenmut und Mannestat, durch thymotischen Zorn, der nicht in Mißbrauchszusammenhängen steht, sprich durch eine in sich moralisch gefestigte, sich kulturell in anspruchsvollen Zusammenhängen bewegende Bürger-Kultur.

Aus allem anderen entspringt nur Helotentum und Sklaverei.

Spätestens mit dem Aufkommen Alexanders des Großen und etwas später mit dem Aufkommen des aus assyrischem Herrschaftsverständnis abgeleiteten fanatischen Monotheismus ist allerdings keineswegs mehr ausgeschlossen, daß politische Herrschaftsgestaltung, selbst wenn sie äußerlich längst nach "demokratischen" Prinzipien ausgestaltet ist, nicht dennoch von innen heraus ganz anderen Prinzipien folgt - vermutlich schon seit Beginn moderner Demokratien in der Frühen Neuzeit überhaupt: Geheimdienste und Geheimgesellschaften innerhalb derselben können spielend leicht alle genannten Prinzipien infrage stellen, solange Politiker, Wirtschaftsführer und Medienschaffende keine Verpflichtung haben, Mitgliedschaften und Verbindungen dieser Art öffentlich zu machen, solange elitäre Pädokriminalität von Regierungen so ganz und gar offensichtlich weltweit vertuscht wird (GAj2015), und solange bürgerliche Gesellschaften einem Volker Pispers zuhören und lachen anstatt Revolution zu machen. Solange eine solche moralische Seichtheit vorherrscht, wird aus Sicht der mit solchen Methoden arbeitenden Geheimdienste mit einem Wort von Walter Ulbricht immer nur wieder gesagt werden können: "Es darf alles hübsch demokratisch aussehen, aber wir haben sowieso alles in der Hand" - und unsere "Prawda" und unser "Neues Deutschland" heißen heute ... "Google News" und "Tagesschau".  

Wie es diesbezüglich im Mittelneolithikum in Europa ausgesehen hat, also vor der Ausbreitung des freiheitlichen indogermanischen Geistes, wird man noch nicht abschließend als geklärt ansehen können. Allerhand schamanistisches Bimbamborium wird schon vorausgesetzt werden müssen, höchstwahrscheinlich auch schlimmste Sklaverei und öffentlich vollzogene Menschenopfer, sowie Massenmord. Aber bislang finden sich keine Hinweise auf Geheimpriesterschaften, die aus dem Hintergrund heraus organisiert wirken und anonym Macht ausüben so wie diese Herrschaftsform seit der Frühen Neuzeit von diesen als "gelenkte Demokratie", "Scheindemokratie" (Wiki) oder ähnliches längst "verwissenschaftlicht" worden ist. Ohne daß dieser Umstand für verdummte Bürger und Heloten ausreichend transparent gemacht worden wäre. Natürlich nicht.

Dieser Blogartikel ist der erste 
einer dreiteiligen Reihe 
(s.a.: Stg25-2Stg25-3).

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*) Es findet sich im Vorübergehen auch noch eine Ausgabe der Prähistorischen Zeitschrift von 1913, in der zu den typologischen Einordnungen der nach-bandkeramischen Siedlungen in der Wetterau unter anderem zu lesen ist (Arch):

... Und doch sind kleine Nuanecierungen vorhanden, die uns zwingen, den Heidelberg-Neuenheimer Typus von der Rössener Keramik als Unterabteilung abzusondern. (...) Diese Entwicklung setzt sich nämlich direkt fort im Friedberger Typus, wie man die an die Heidelberg-Neuenheimer sich anschließende Gruppe nach den wichtigsten Funden von der Schwalheimer Hohl bei Friedberg am besten benennt (s. Helmke, Die Altertumssammlung des Friedberger Geschichtsvereins und ihre Verwertung in der Schule, Die prähistorischen Altertümer. Friedberg 1904, Taf. I, oben; hier Abb. 42). Hier sind die Urformen teilweise nur sehr schwer zu erkennen, und wir müssen im Frieberger Typus die erste Stufe der südwestdeutschen Stichkeramik, die man bisher unter dem Namen der Großgartacher Kultur zusammenfaßte, erkennen. Das große Gefäß von Friedberg erscheint zwar in der Form gedrückter als das Heidelberger, da der Boden flacher ist, im Prinzip aber ist die Form die gleiche. Der obere Teil ist noch in rein Rössener Manier mit mehr breiten, von Doppelstichen ausgefüllten Flächen, aus denen wie dort gerade und Ziekzackbänder( sonst auch Dreiecke u. ä.) ausgespart sind, dekoriert. Also auch die Dekoration schließt sich an die Heidelberger Gruppe an.

Soweit wir erkennen können, sieht man die chronologische Abfolge der genannten Kulturen heute anders als um 1900.

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  1. Detlef Gronenborn, Nicolas Antunes, Maïté Rivollat: Jade, Salt, and Copper: Emerging Complexity in Central European early Agrarian Societies. In: From Sedentarisation to Complex Society. Settlement, Economy, Environment, Cult. Proceedings of the workshops in Lisbon, Teheran and Lima. Reichert Verlag, May 2025 (Resg)
  2. Schwegler, Urs: Elemente prähistorischer Kunst in Europavom Neolithikum bis zur Eisenzeit - Mit einem Online-Corpus von gravierten und skulptierten Steinobjekten bei Megalithanlagen, Menhirstatuen, Stelestatuen und Menhiren. 2019 (pdf) (Academia) (Lit.verz.: pdf)
  3. Lorscheider, Frank: Archäologische Ausgrabungen - Friedberg B3 A, 2007 (pdf)
  4. Sylvie Saintot, Anne Hauzeur avec la collaboration de Jean-Luc Gisclon, Pierre-Jérôme Rey et Jean-Michel Treffort: Les nécropoles de type Passy de la plaine de l’Ain: quelles influences chrono-culturelles? 2023 (pdf)
  5. Dammers, Barbara. Hinkelstein-Grossgartach-Rössen: zum Mittelneolithikum in Rheinhessen. Verlag nicht ermittelbar, 2003 (pdf)
  6. Stroh, Armin: Die Rössener Kultur in Südwestdeutschland. Bericht der Römisch-Germanischen Kommission (1938): 8-179 (freies pdf)
  7. W. Bremer: Eberstadt, ein steinzeitliches Dorf in der Wetterau. Prähistorische Zeitschrift 1913 (Arch)
  8. Denaire, A., Lefranc, P., Wahl, J. et al. The Cultural Project: Formal Chronological Modelling of the Early and Middle Neolithic Sequence in Lower Alsace. J Archaeol Method Theory 24, 1072–1149 (2017). https://doi.org/10.1007/s10816-016-9307-x (Springer)
  9. Serge Cassen, Valentin Grimaud, Laurent Lescop, Duncan Caldwell: Le rocher gravé de la Vallée aux Noirs (Buthiers, Seine-et-Marne). Bulletin du Gersar, 2014, Art Rupestre, 65, pp.25-37 (hal-science)
  10. Sheridan, Alison; Pétrequin, Pierre et al.: Fifty shades of green: the irresistible attraction, use and significance of jadeitite and other green Alpine rock types in Neolithic Europe." A Taste for Green: A global perspective on ancient jade, turquoiseand variscite exchange. Oxford, Oxbow (2019): 97-120 (Resg)
  11. Pierre Pétrequin, Serge Cassen, Michel Errera, Alison Sheridan: The Europe of Jade. From the Alps to the Black Sea. Sidestone Press, Leiden 2017

Großkönige der Aunjetitzer Kultur (2.300 bis 1.600 v. Ztr.)

In Sachsen, Polen, Schlesien und Böhmen
- Von der Oder über die Elbe bis an die Donau, bis zur Weichsel und bis zur Weser

"Deutschlands erste Fürsten starben wie Pharaonen" titelte die deutsche Presse 2016 über den größten Grabhügel der Bronzezeit in Europa, der aus der Aunjetitzer Kultur (2.300 bis 1.600 v. Ztr.) (Wiki) hervorgegangen war (s. Stg19). Der dort bestattete Herrscher wurde auch als "Herr der Himmelsscheibe von Nebra" tituliert (Abb. 1).

Abb. 1: Insignien im Großreich der Aunjetitzer Kultur (1800 v. Ztr.) - Sie stehen für Himmelskunde und Selbstbehauptung - Dargebracht den Göttern im Angesicht des Sonnenuntergangs (Wiki), vielleicht bevor bedeutendere Teile des Volkes ihre Heimat verließen und erobernd gen Süden zogen, wobei die Götter zuvor um Glück gebeten worden sein mögen

Es handelt sich um den größten Grabhügel dieser Kultur, nämlich um den Bornhöck (Wiki), gelegen zwischen Halle und Leipzig zehn Kilometer westlich des Schkeuditzer Kreuzes, zehn Kilometer westlich der Autobahn A9 von Berlin nach München. Dieser Bornhöck ist um 1800 v. Ztr. errichtet worden, also zur Zeit des Hethiter-Reiches in Kleinasien, zur Zeit des Großreiches von Ägypten am Nil. 

Der Bornhöck ist gelegen nur zehn Kilometer westlich der heutigen A9, nur zehn Kilometer westlich des Schkeuditzer Kreuzes (zwischen Halle und Leipzig) - im Grunde als Abstecher leicht zu besuchen während einer Reise von Berlin nach München (GMaps). Allerdings ist der Hügel selbst bedauerlicherweise schon bis 1900 völlig abgetragen worden. Es ist heute nichts mehr von ihm zu sehen. Seine Anlage konnte aber unterhalb der Erdoberfläche 2014 bis 2017 archäologisch untersucht werden. Dabei wurden zuvor alle in Archiven verfügbaren Dokumente aus früheren Jahrhunderten zu der Geschichte und Erforschung dieses Hügels herangezogen.

Abb. 2: Dolchzepter der Aunjetitzer Kultur - Insignie und Waffe - Machtsymbol gefunden in den bedeutenden Grabhügeln von Å�Ä™ki MaÅ‚e, gelegen zwischen Breslau und Lodz - Standbild aus einem Dokumentarfilm über die Aunjetitzer Kultur aus dem Jahr 2022 (Yt2022)

2022 wurde ein bronzenes "Dreiecks-Zepter" der Aunjetitzer Kultur, das in einem Grabhügel nahe des Dorfes  Å�Ä™ki MaÅ‚e, gelegen auf halbem Weg zwischen Breslau und Lodz, gefunden worden war, zum leitenden Symbol eines einstündigen Dokumentarfilmes gwählt (Vodtv):

Ausgangspunkt des Films sind die mit Bronze- und Goldprodukten gefüllten Grabhügel, die sogenannten Fürstengräber aus der Ortschaft Å�Ä™ki MaÅ‚e bei KoÅ›cian in Großpolen. Es handelt sich um die größten erforschten Grabhügel in Polen. Sie wurden von Mitgliedern einer Gemeinschaft errichtet, die Archäologen heute als Aunjetitzer Kultur bezeichnen. In reich ausgestatteten Gräbern fanden Archäologen das titelgebende, sehr eindrucksvolle und für die Aunjetitzer Kultur charakteristische „Dolchzepter“.

In der deutschsprachigen Wissenschaft wurden diese "Dreiecks-" oder "Dolch-Zepter" zu einer Zeit, als noch zahlenmäßig viel weniger von ihnen bekannt waren, recht unprosaisch "Stabdolche" genannt (Wiki). Entsprechend werden sie im Englischen als "Staff daggers" (WikiCom) bezeichnet. In Zusammenhang mit dem genannten Dokumentarfilm (s.a.: GrodziskFb) sind jedenfalls eindrucksvolle Bilder entstanden, von denen in diesen Blogbeitrag einige eingebunden sind, weil sie die Welt der Aunjetitzer Kultur ein wenig anschaulicher machen (Abb. 2-6).

Die erstgenannte Titelzeile in der deutschen Presse und der dieser Dokumentarfilm machen jedenfalls sehr gut auf die Bedeutung der genannten Grabhügel und der Aunjetitzer Kultur aufmerksam, aus denen diese hervorgegangen sind. 

Abb. 3: Machtübernahme im Großreich der Aunjetitzer Kultur -  Standbild aus einem Dokumentarfilm zur Aunjetitzer Kultur aus dem Jahr 2022 (Yt2022)

Die Erforschung des Bornhöck hatte insgesamt zu einer Neubewertung seiner vormaligen Bedeutung geführt (Stg19):

Hier lag das Zentrum eines hierarchisch gegliederten Reiches,

ist der Tenor - ähnlich wie im Dokumentarfilm von 2022. Der Hallenser Archäologe Harald Meller (Stg19) ...

... vergleicht die Anlage mit den Pyramiden des pharaonischen Ägypten. Nicht nur, daß die Goldbeigaben ihn als gottgleichen Herrscher ausweisen. Sondern auch Organisation und Ressourcen, die für den Bau eingesetzt wurden, belegen bereits eine soziale Differenzierung und Arbeitsteilung, die Herrschaft ermöglichte und dabei weit über das hinausgeht, was etwa die Römer 2000 Jahre später in Germanien vorfanden.

Solche Aussagen muten gewagt an. Und ihr Inhalt ist noch keineswegs in das Geschichtsbild der Gegenwart eingegangen. Großreiche, staatliche Strukturen und proto-urbane Siedlungen gibt es in Europa schon ebenso lang wie in Ägypten und im Vorderen Orient. Das ist der grundlegende Wandel der Perspektive.  

Abb. 4: Herr über Leben und Tod (Yt2022) - Standbild aus einem Dokumentarfilm zur Aunjetitzer Kultur von 2022 (Yt2022)

Über die Ethnogenese, Herkunft und über den Ausbreitungsmodus der Aunjetitzer Kultur hatten wir hier auf dem Blog schon verstreut Hinweise zusammen getragen (Stg21). Aber sie waren noch nicht zu einem Gesamtbild zusammen gesetzt worden. Dazu soll im folgenden ein erster Versuch gemacht, nachdem die Veröffentlichung eines neuen Hortfundes der Aunjetizter Kultur in Ostbrandenburg östlich von Küstrin und südlich des Warthebruches unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte (siehe unten).

Ethnogenese der Aunjetitzer Kultur in Pommern? - Ethnozidaler Ausbreitungsmodus

Die aus Nordfrankreich und vom Rhein stammende Glockenbecherkultur hat ab 2.500 v. Ztr. in Böhmen ein sehr umfangreiches, vermutlich genozidales "genetic replacement" zustande gebracht (Stg25). Solche genozidalen "replacement"-Vorgänge sind für die italo-keltischen Kulturen über die Jahrtausende hin sehr oft in vielen Teilen Europas festgestellt worden (britische Inseln, iberische Halbinsel etc.). Sie deuten sich auch in derselben Zeit an für die Ankunft der indogermanischen Griechen und der Armenier in Griechenland und Armenien.

Zweihundert Jahre nach Ankunft der ersten Glockenbecherleute hat es dann aber offenbar in Böhmen ein erneutes genozidales "genetic replacement" gegeben, und zwar diesmal durch die Menschen der Aunjetitzer Kultur, deren Angehörige möglicherweise Nachfahren von Glockenbecher-Leuten waren, die sich bis in den Ostseeraum ausgebreitet hatten, die sich bis Pommern ausgebreitet hatten, und die von dort aus eine etwas "veröstlichte" Genetik mit nach Böhmen gebracht haben, wobei sie wiederum genozidal gegenüber kulturell und genetisch verwandten Nachfahren von Glockenbecher-Leuten scheinen vorgegangen zu sein.  

Abb. 5: Bestattet mit Waffe und Zepter - Standbild aus einem Dokumentarfilm zur Aunjetitzer Kultur (2022) (Yt2022)

Auf Verbreitungkarten zur Glockenbecherkultur sieht man - und aus sonstigen Zusammenhängen wissen wir - daß sich die Glockenbecherkultur zeitweise bis nach Dänemark (und Norwegen), bis an die Odermündung und bis ins Kulmer Land an der Weichsel (Kujawien) ausgebreitet hatte (s. Abb. 6).

Wir hatten hier auf dem Blog 2021 anhand einer damals erschienenen archäogenetischen Studie zu Böhmen referiert (Stg21):

Für die frühe Aunjetitzer Kultur (2.300 bis 1.600 v. Ztr.) vermuten die Forscher den zusätzlichen genetischen Beitrag von Glockenbecher-Populationen aus der späten Glockenbecher-Zeit (2.400 bis 2.200 v. Ztr.), die noch nicht sequenziert worden sind, um eine auftretende Verschiebung des genetischen Spektrums Richtung osteuropäischer und westsibirischer Jäger-Sammler-Genetik zu erklären. 
Eine solche genetische Umwälzung zeigt sich an dem Wechsel der Y-chromosomalen Linien noch deutlicher: 80 % der Y-chromosomalen Linien in der frühen Aunjetitzer Kultur sind neu, gehören aber zum Y-chromosomalen Glockenbecher-Spektrum.
All das würde nahelegen, daß es mit Aufkommen der Aunjetitzer Kultur noch einmal einen erneuten genetischen Umbruch in Böhmen gegeben hat, daß also eine Glockenbecher-Untergruppe unter dem Dach der Aunjetizer Kultur andere Glockenbecher-Untergruppen kriegerisch und/oder demographisch "verdrängt" hat. Der genetische Umbruch könnte 50 % der Genetik insgesamt betroffen haben, so die Forscher. Die Forscher sehen Hinweise darauf, daß die Indogermanen der Aunjetitzer Kultur aus dem Ostseeraum stammen. Wenn man sich Verbreitungskarten der Aunjetitzer Kultur ansieht (Wiki), könnte sie diesbezüglich am ehesten aus Pommern stammen.  

Die groben Umrisse der Kultur und Gesellschaft der bedeutenden frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur werden damit also eigentlich immer deutlicher sichtbar, ohne daß wir uns das hier auf dem Blog bislang ausreichend deutlich gemacht hatten - bei der Fülle der archäogenetischen Neuerkenntnisse, die sonst zu behandeln war.

Abb. 6: Das Glockenbecherphänomen und beeinflußte benachbarte Territorien (Resg2019)

Auch der vorliegenden Artikel wird dazu nur Ungenügendes leisten. Aber der englischsprachige Wikipedia-Artikel zu dieser Kultur gibt im Grunde schon einen guten Überblick (Wiki). Obwohl es im einzelnen viele Unterschiede geben wird gegenüber der späteren Urnenfelderkultur (1300 bis 750 v. Ztr.) (Wiki), so scheint es doch, als ob - gerade auch mit dem zeitlichen Abstand von heute - sehr viele Gemeinsamkeiten zwischen der Aunjetitzer Kultur einerseits und der Urnenfelder-Kultur andererseits wahrnehmbar sind, zwischen der "Kultur der Himmelsscheibe von Nebra" und der "Goldhut-Kultur" (Stg25). 

Großreiche, stadtähnliche Siedlungen und "Reichsadel" seit dem Mittelneolithikum

Großreiche, Königreiche, Fürstentümer mit einer überregional heiratenden "Beamten-Elite", einem "Adel" hatte es in Europa schon im Mittelneolithikum ab 4.500 v. Ztr. gegeben. In Großsteingräbern und in Statuenmenhiren (Stg19) hat dieser Beamten-Adel Selbstdarstellung betrieben. Solche Statuenmenhire sind auch schon von dem sekundären Urvolk der Indogermanen am Mittleren Dnjepr ab 3.300 v. Ztr. aufgestellt worden. Auch dichter besiedelte Herrschaftszentren, umwallte Anlagen lassen sich schon für die Zeit des Mittelneolilthikums feststellen, nicht nur westlich des Volkes der Späten Urindogermanen am Mittleren Dnjepr (Cucuteni-Tripolje), sondern überall in Europa.

Ab 2.800 v. Ztr. breiten sich dann die halbnomadischen Indogermanen vom heutigen Südpolen, also Wolhynien aus nach und nach über ganz Europa aus. Sie benutzen die Großsteingräber der Vorgängerkulturen weiter, auch religiöse Anlagen benutzen sie weiter (s. Stonehenge). Die zuvor schon bestehenden großstaatlichen Strukturen, Großreiche (etwa der Kugelamphoren-Kultur) scheinen sie ebenfalls einfach weiter geführt zu haben - insbesondere nachdem die Schnurkeramiker und die Glockenbecherleute, die ursprünglich Herdenhalter waren, seßhaft geworden waren und Ackerbau betrieben. 

Abb. 7: Waffen und Herrschaftszeichen der Aunjetitzer Kultur (Antiquity) - Gefunden 2021 nahe des Dorfes Mauskow südlich des Warthebruches in Ostbrandenburg

Sowohl in der Aunjetitzer Kultur wie auch in der Urnenfelder Kultur gab es dann die ersten proto-urbanen Siedlungen, also stadtähnliche Anlagen, deren Existenz vor 15 Jahren hier auf dem Blog noch eine Sensation war (Stg10).

In Böhmen, Mähren und in der Slowakei hat sich die Aunjetitzer Kultur wirtschaftlich und demographisch ebenso erfolgreich entwickelt wie in Sachsen und östlich der Oder. In der Nähe von Prag gab es bedeutende "Fürstengräber", ebenso aber weiter nördlich zwischen Elbe und Weichsel, unter anderem eben auch nahe des Dorfes Å�Ä™ki MaÅ‚e zwischen Breslau und Lodz (siehe oben, bzw. siehe unten). In Böhmen, Mähren und der Slowakei gibt es etwa 1.400 dokumentierte Fundstätten der Aunjetitzer Kultur. Im Land östlich der Oder und der Neiße, also im heutigen Polen gibt es 550, im heutigen Deutschland 500 Fundstätten. Außerdem ist die Aunjetitzer Kultur auch in Nordostösterreich sowie in der Westukraine bekannt (Wiki). 

Insgesamt sind Aunjetitzer Bronze- und Keramikfunde jedoch sogar von Irland und Skandinavien bis hinab in die italienische Halbinsel und bis hinab in den Balkan gemacht worden. Diese Kultur hatte also eine große Strahlkraft, sie bezog auch ihre Rohstoffe und verschiedene Herstellungstechniken aus fast ganz Europa - etwa an der Himmelsscheibe von Nebra ablesbar, die auch als ein Abbild dieser Europa überspannenden Verbindungen angesehen werden kann (Abb. 1).

Die beiden großen Völkergruppen, die germanische und die kelto-italische, die einerseits von der Schnurkeramik-Kultur, andererseits von der Glockenbecher-Kultur abstammen (Stg24), mögen sich in jener Zeit sprachlich auch noch gar nicht so weit voneinander getrennt haben, als es dann für die Eisenzeit bezeugt, bzw. anzunehmen ist.

Abb. 8: Die Landschaft südlich des Warthebruchs - Hier das Dorf Mauskow (Feldpost-Karte, 1941)

Die Aunjetitzer Kultur könnte außerdem sogar ein sprachlich heute ausgestorbenes "Zwischenglied" zwischen beiden gebildet haben, in ihr könnte eine "vor-germanische" und "vor-keltische" Sprache gesprochen worden sein. Die Menschen der Aunjetitzer Kultur scheinen ja ab 1800 v. Ztr. den Weichselraum ganz verlassen zu haben und sich bis nach Nordwestitalien ausgebreitet zu haben. Von ihr scheinen die dortigen Ligurer abzustammen (Stg25), ja, vielleicht stammen ja sogar die in Ugarit im Levanteraum gefundenen Ösenhalsringe und Vollgriffdolche von ihnen (Stg10) - ähnlich wie ja vereinzelt zu jener Zeit auch schon Skandinavier auf Zypern bestattet wurden (Stg24). Sie könnten sogar die lusitanische Sprache auf die iberische Halbinsel gebracht haben (Stg25).

Aunjetitz international - Wanderungsbewegungen bis in die Levante, bis nach Italien, bis nach Spanien, bis an die Seidenstraße?

Die eingangs erwähnten "Stabdolche", dreieckigen Bronzezepter (Wiki) (WikiCom) waren verbreitet von Spanien über Irland, sowie über die Tarimwüste bis nach China. Vielleicht ist das ein Hinweis darauf, daß die Tocharer von der Aunjetitzer Kultur abstammen. Aus sprachgeschichtlicher Sicht sollen sie sich ja vergleichsweise früh von den anderen Indogermanen getrennt haben.

Die Gräberfelder der Aunjetitzer Kultur waren in der Regel weniger als ein Kilometer von der zugehörigen Siedlung entfernt. Die Gräber waren astronomisch ausgerichtet, was zusätzlich zur Himmelsscheibe auf fortgeschrittene astronomische Beobachtungen hinweist.

Abb. 9: Ein Landkreis südlich des Warthebruchs - Der Landkreis Oststernberg in der Neumark in Ostbrandenburg - Das Dorf Mauskow liegt ziemlich in der Mitte des Kreises

Während in der nachherigen Urnenfelder-Kultur Bronzeschwerter vorherrschten, herrschten in der Aunjetitzer Kultur die dreieckigen "Bronzezepter", "Stabdolche" vor (Wiki) (WikiCom) zusammen mit dreieckigen Vollgriffdolchen (s. Abb. 2, 7). Es ist nicht endgültig geklkärt, ob die dreieckigen Bronzezepter vornehmlich zeremonielle Funktion hatten und lediglich als Herrschaftszeichen genutzt wurden oder auch als Waffe. Inzwischen scheint es wenigstens einige Anhaltspunkte dafür zu geben, daß sie auch als Hiebwaffen genutzt wurden (siehe gleich).

Religiöse Vorstellungen und Zeremonien haben offensichtlich in beiden Kulturen eine ähnlich große Rolle gespielt wie etwa in der Ilias dargestellt, bzw. wie in der mykenischen und in der antiken Mittelmeer-Kultur. Es kann also vor allem auch Wahrsagerei angenommen werden

Südlich des Warthebruches in Ostbrandenburg - Dreiecks-Zepter als Weihgaben an die Götter (um 1700 v. Ztr.)

Mit den in der Bronzezeit weit verbreiteten, inmitten der Landschaft abgelegten Weihgaben an die Götter haben wir uns hier auf dem Blog schon beschäftigt. Sie wurden oft an landschaftlich besonderen, an landschaftlich schönen Orten niedergelegt (Stg21).

2021 hat ein Bauer auf einem Feld auf einer Anhöhe nahe eines Dorfes vier Kilometer südlich des Warthebruches (Wiki) in der Neumark in Ostbrandenburg, dreißig Kilometer östlich von Küstrin einen mit Steinen abgedeckten Hortfund der Aunjetitzer Kultur entdeckt (Baron2025). Die Anhöhe befindet sich am Nordwestrand des Dorfes  Mauskow (Wiki) (GMaps), die Anhöhe, auf der der Hortfund abgelegt worden war, war vom sogenannten "Mauskower Fließ" umflossen, der nach Norden in den Warthebruch abfließt (Abb. 7-16).

Abb. 10: Die Landschaft südlich des Warthebruchs - Hier das Städtchen Zielenzig - Die Landschaft erinnert ein wenig an die wellige Landschaft Hinterpommerns (Fb)

Mit der Region des Fundortes dieser Aunjetitzer Weihgabe an die Götter nahe dem Dorf Mauskow muß man sich erst ein wenig beschäftigen, da diese Region seit 1945 sehr aus dem Blickfeld geraten ist jener Deutschen, die dort bis 1945 mehr als achthundert Jahre gelebt hatten. Dies geschieht in diesem Beitrag zunächst vor allem anhand von Karten und Fotografien (Abb. 8 - 16).

Bis 1945 gehörte das Dorf Mauskow zum Kreis Oststernberg in der Neumark in Ostbrandenburg (Wiki) (Ostst). Die Hauptstadt des Landkreises Oststernberg war Zielenzig. Von Zielenzig fährt man nach Nordwesten hinaus über die Dörfer Langenfeld und Trebow nach Mauskow (s. Abb. 13). Alle drei genannten Dörfer sind offenbar - anhand der Karte ablesbar - Rodungsinseln inmitten von ausgedehnten Forsten. Von Mauskow geht die Landstraße weiter nach Limmritz, das am Südrand des Warthebruches liegt, der sich nach Westen bis nach Küstrin an der Oder hinzieht. Eine deutsche Karte von diesen Gegenden mit noch höherer Auflösung als den hier in den Blogbeitrag eingebundenen findet sich übrigens auch noch anderwärts (s. Archive).

Im Sommer 1985 fuhr der Verfasser dieser Zeilen von der Oder aus (Frankfurt an der Oder oder Küstrin?) Richtung Osten und kam dann zwei Wochen später von Ostpreußen und von der Marienburg aus, wenn er sich recht erinnert, auch über Küstrin an die Oder zurück. Und er war damals erstaunt, daß man da an weiten Regionen vorbei kam, die unter Wasser standen. Es wird sich um das Warthebruch gehandelt haben.

Abb. 11: Südlich des Warthebruches - Die Örtlichkeit des Hortfundes in Mauskow (Antiquity)

Über die 2021 bei dem Dorf Mauskow gefundene Aunjetitzer Weihgabe an die Götter (Abb. 7) lesen wir nun in einer neuen Veröffentlichung (Baron2025):

Der Hort umfaßt 15 Objekte: fünf Stabdolche, einen Dolchfragment, einen Meißel, eine Axt, eine Streitaxt, einen Röhrenschaft und fünf Nieten. Die Radiokarbondatierung einer Holzprobe aus der Fassung von Objekt Nr. 2 weist auf eine Datierung in die spätere Phase der Frühbronzezeit hin (Poz-164203: 1886–1694 v. Chr.). (...) Obwohl Stabdolche früher vorwiegend als zeremonielle Objekte galten, weisen die Stabdolche aus Mauskow deutliche Gebrauchsspuren wie Beschädigungen an Klingen und Tüllen auf, was darauf hindeutet, daß sie sowohl für zeremonielle als auch für Kampfzwecke gefertigt wurden.

In der Veröffentlichung werden die Stabdolche "halberds" genannt, also zu Deutsch Hellebarden. Letzteres sind aber mittelalterliche Waffen, die nur wenig Bezüge aufweisen zu den bronzezeitlichen Dreiecks-Zeptern, bzw. Stabdolchen.

Man wird jedenfalls annehmen können, daß es in dieser Gegend auch zumindest eine dörfliche Siedlung der Aunjetitzer Kultur gegeben hat, ja daß hier sogar eine Familie des Hochadels der Aunjetitzer Kultur angesiedelt war. Bandkeramische Funde gibt es zum Beispiel bei Angermünde (Brdbg). Ob sie bis in die Neumark östlich der Oder verbreitet war, scheint aktuell nicht sicher feststellbar zu sein. Die Neumark ist zwar von den Berliner Archäologen bis 1945 sehr intensiv erforscht worden, seither aber wissenschaftlich sehr vernachlässigt worden (Acad2007). Vielleicht sind also die drei Rodungsinseln schon von dieser angelegt worden, vielleicht auch erst von mittelneolithischen Nachfolgekulturen.  

Abb. 12: Die Landschaft südlich des Warthebruchs - Ein Findling auf einer Anhöhe bei Zielenzig (Fb) (Früher stand an dieser Stelle auch ein hölzerner Aussichtsturm)

Mauskow hat im Jahr 2005 die 600-Jahr-Feier seines Bestehens gefeiert (s. Mauskow2005). Mit diesem frühbronzezeitlichen Weihgaben-Fund von 2021 kann nun eine 3.700-Jahr-Feier anvisiert werden.

Mauskow liegt dreißig Kilometer südwestlich von Landsberg an der Warthe (Wiki). Es ist umgeben von den Landstädten Limmritz und Sonnenburg im Nordwesten, dem Landstädtchen Königswalde im Osten, der Kreishauptstadt Zielenzig (Wiki) 15 Kilometer südöstlich (GMaps). Und noch weiter südlich liegt das Städtchen Sternberg (s. Abb. 9). Mauskow ist außerdem umgeben von großen Wäldern ("Forsten"): dem Raudener Forst, dem Forst Limmritz, dem Königswalder Forst. Insofern könnten auch die Kiefern im Hintergrund von Aufnahmen des Dokumentarfilmes von 2022 Sinn ergeben (Abb. 3 bis 5). 

Abb. 13: Südlich des Warthebruches - Das Dorf Mauskow liegt - umgeben von Wäldern - nördlich der Kreishauptstadt Zielenzig

1939 hatte Mauskow 540 deutsche Einwohner (GenWiki), heute hat es 270 Einwohner polnischer Muttersprache. Das Dorf wird durch den "Mauskower Fließ" durchflossen (GB1921), der auch der Bezugspunkt des Hortfundes zu sein scheint. Dieses Mauskower Fließ kommt weiter nordwestlich des Dorfes - den Karten nach - auch an einem - vermutlich idyllisch gelegenen - See vorbei.

Abb. 14: Ein farbenfroher Sommertag auf dem Marktplatz von Zielenzig in der Neumark in den 1970er Jahren (Fb)

In Mauskow hat sich unter anderem eine Sage aus dem Dreißigjährigen Krieg erhalten, und zwar von einem Müller, dem die Mühle über dem Kopf von den schwedischen Soldaten angezündet worden ist, und der deshalb mit seiner Frau in seiner Mühle verbrannt ist.

Grund dafür war, daß er das Wasser rund um seine Mühle so weit aufgestaut hatte, daß die plündernden und requirierenden Soldaten nicht an die Mühle und ihre Kornschätze heran kamen und daß sie aus Zorn darüber oder aus Strafe die Mühle mit brennenden Pfeilen anzündeten. 

Abb. 15: Mauskow - Landkarte von 1936 (Landkarten) - - - (für Karte mit höherer Auflösung siehe hier: Archive)

Die anderen Dorfbewohner aber, die in die Wälder geflohen waren, behielten das Müller-Ehepaar in ehrendem Gedenken. Denn als sie in das Dorf zurück kamen, fanden sie die Mühle zwar verbrannt und die Müllersleute tot unter den Trümmern - aber das dort gelagerte Korn war in weiten Teilen erhalten geblieben. Und mit ihm konnten sie den nächsten Winter überstehen in einer Zeit, in der es viel Hungersnot gab. Das erhaltene Korn wurde gerecht auf alle Dorfbewohner aufgeteilt (Mauskow2005).

Abb. 16: Das Dorf Mauskow im Jahr 1905 - Der Hortfund dürfte auf der Anhöhe oben links gefunden worden sein - Nördlich der Anhöhe findet sich ein See (nicht auf der Karte)

Von dem Dorf Mauskow aus 300 Kilometer nach Südosten nahe dem Dorf Å�Ä™ki MaÅ‚e (Wiki), 100 Kilometer südwestlich von Lodz, 110 Kilometer nordöstlich von Breslau, gab es nun eine bedeutende Grabhügel-Gruppe der Aunjetitzer Kultur. 

Zwischen Breslau und Lodz - Die Fürstengräber von Å�Ä™ki MaÅ‚e 

�ęki Małe liegt zwei Kilometer von dem Städtchen Lututow (Wiki) entfernt, dessen Name abgeleitet war von mittelalterlichen deutschen Personennamen Ludolf. Beide Ortschaften lagen bis 1918 25 Kilometer von der Grenze zum Deutschen Reich bei Wieruszow, bzw. Wilhelmsbrück (Wiki) (GMaps) entfernt. Außerdem liegen beide 112 Kilometer von Breslau an der Oder entfernt (GMaps).

Nahe dieses Dorfes gab es bis in das 19. Jahrhundert hinein 14 Grabhügel der Aunjetitzer Kultur. Von diesen 14 haben sich bis heute vier erhalten und sind erforscht worden. 

Abb. 17: Chronologische Abfolge der Fürstengräber von Å�Ä™ki MaÅ‚e (aus: 3) - Grab 3 enthält 19 Angehörige der Fürstenfamilie

Diese erwiesen sich nun als sehr reich ausgestattet. In ihnen fanden sich wiederum Dreiecks-Bronzezepter, bzw. Stabdolche, die wie "Zepter" wirken, aber offenbar auch als Waffen benutzt wurden (s.o.). In einem derselben fand sich sogar ein Vollgriffdolch aus Gold (Wiki). 2022 wurde am größten erhaltenen Grabhügel ein Gedenkstein aufgestellt mitsamt eines Dreiecks-Bronzezepters.

In Grabhügel 3 sind die meisten Menschen bestattet, nämlich insgesamt 19. Es dürfte sich bei ihnen um die Angehörigen derselben Fürsten-, bzw. Königsfamilie gehandelt haben.

Über die Fürstengräber der Aunjetitzer Kultur lesen wir (3):

In Mitteleuropa wurden ungefähr 55 Grabhügel der Aunjetitzer Kultur gefunden. Die große Mehrheit der Grabhügel ist in der archäologischen Literatur behandelt aber nur etwa 60 % davon sind gemäß modernen wissenschaftlichen Maßstäben ausgegraben worden. Grabhügel sind auch aus Großpolen (�ęki Małe; Kowiańska-Piaszykowa 2008; Knapowska-Mikołajczykowa 1957) und Deutschland (Leubingen, Helmsdorf, Baalberge, Dieskau II, Nienstedt, Kleinkornbetha, Hohenbergen, Sömmerda I–II, Königsaue und Österkörner; Steffen 2010, 19; Kadrow 2001, 123; Gimbutas 1965, 262–268) bekannt. Die höchste Konzentration früher bronzezeitlicher Grabhügel findet sich jedoch in Nord- und Mittelböhmen (z.B. Brandýs, Březno, Mladá Boleslav-Čejeti�ky-Choboty, Horní Přím, Chotěšov, Kojetice, Konobrže, litovice,Odolena voda, Prag 5 – Řeporyje, Prag 6 – Bubene�, Selibice, Stra�ovská lhota, Toužetín, Tursko, Zlon�ice und Žele�;Danielisová 2013, 81; Kruťová und Turek 2020).
Approximately 55 Uneticean barrows has been found in Central Europe; the majority of monuments was published in archaeological literature, but only approximately 60% of that number has been excavated according to modern standards. Barrows are also known from Greater Poland (�ęki Małe;Kowiańska-Piaszykowa 2008; Knapowska-Mikołajczykowa1957), and Germany (Leubingen, Helmsdorf, Baalberge, Dieskau II, Nienstedt, Kleinkornbetha, Hohenbergen, Sömmerda I–II, Königsaue and Österkörner; Steffen 2010, 19; Kadrow 2001,123; Gimbutas 1965, 262–268). However the highest concen-tration of the EBA barrows can be found in northern and cen-tral Bohemia (e.g. Brandýs, Březno, Mladá Boleslav-Čejeti�ky-Choboty, Horní Přím, Chotěšov, Kojetice, Konobrže, litovice,Odolena voda, Prague 5 – Řeporyje, Prague 6 – Bubene�, Sel-ibice, Stra�ovská lhota, Toužetín, Tursko, Zlon�ice and Žele�;Danielisová 2013, 81; Kruťová and Turek 2004; Ernee 2020).
Abb. 18: Grabhügel von Å�Ä™ki MaÅ‚e im Vergleich mit anderen Fürstengräbern der Aunjetitzer Kultur (aus: 3)

Dieser Grabhügel mit 19 Bestatteten ist eine außergewöhnliche Erscheinung, wenn die bekannten Grabhügel der Aunjetitzer Kultur miteinander verglichen werden (Abb. 18). Es können inzwischen sogar Chronologien von Grabhügeln erstellt werden (Abb. 17-19).

Die Archäogenetik hat sich auch mit der Frühen Bronzezeit in Niederösterreich (Stg2010) beschäftigt (4).

Die Donau als genetische Grenze in der Frühbronzezeit

Sie stellt fest, daß die Donau dort auch eine genetische Grenze darstellte, daß also die oben genannten "genetic replacements" offenbar jeweils an der Donau endeten.

Die Menschen der Aunjetitzer Kultur nördlich der Donau in Niederösterreich haben zwischen 2.300 und 1.600 v. Ztr. mehr Steppengenetik als anatolisch-neolithische Genetik in sich getragen. 

Abb. 19: Entwicklung der Fürstengräber der Aunjetitzer Kultur in Schlesien (aus 3)

Die Menschen der zeitgleichen Unterwölbing-Kultur südlich der Donau haben mehr anatolisch-neolithische Genetik als Steppengenetik in sich getragen. Und zwar grob (4):

  • Aunjetitzer: 50 bis 55 % Steppengenetik, 35 % anatolisch-neolithische Genetik und 12 % westeuropäische Jäger-Sammler-Herkunft
  • Unterwölbing: 35 bis 45 % Steppengenetik, 40 bis 55 % anatolisch-neolithische Genetik und ebenfalls 12 % westeuropäische Jäger-Sammler-Genetik.  

In beiden Völkern konnten nur 18 % der Menschen als Erwachsene rohe Milch verdauen (4).

Das sind einige Schlaglichter auf die Geschichte der Aunjetitzer Kultur, deren Bestehen im Weichselraum offenbar durch Abwanderungen unter anderem nach Norditalien ab 1800 v. Ztr. zu einem Ende kam.

Man darf noch auf viele weitere Details zur Erforschung dieser Kultur gespannt sein. 

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  1. Baron J, Nowak K, Grześkowiak M, Horváth A, Sinkowski S, Sych D.: Halberds of power: an Early Bronze Age hoard from Muszkowo in Poland. Antiquity. Published online 2025:1-8. doi:10.15184/aqy.2025.67 (Antiquity)
  2. 600 Jahre Mauskow. Oststernberger Heimatbrief 2/2005 (pdf)
  3. Dalia Anna Pokutta, Evgeny Vdovchenkov: The Unetice Culture Group in palaeosociological perspective. 2020 (Resg2020)
  4. Tracing social mechanisms and interregional connections in Early Bronze Age Societies in Lower Austria. Anja Furtwaengler, Katharina Rebay-Salisbury, Gunnar U Neumann, Fabian Kanz, Harald Ringbauer, (...) Ron Pinhasi, David Emil Reich, Johannes Krause, Philipp Stockhammer and Alissa Mittnik. bioRxiv. posted 10 February 2025 (bioRxiv2025)

Der Ausdruck des Schmerzes - War er bei den antiken Griechen anders?

G. E. Lessing über die Andersartigkeit der antiken Griechen im Umgang mit Schmerz im Vergleich zu den Nordeuropäern

Daß das Wesen der antik-griechischen Kultur kulturpsychologisch aus ganz anderen Gesetzmäßigkeiten entsprungen gewesen sein könnte als das Wesen der abendländischen Kultur, darauf hat erstmals Friedrich Hölderlin hingewiesen (s. Stg23). Seine Gedanken darüber blieben aber im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unbeachtet. Sie fanden erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Beachtung und bilden seither den Kern der sogenannten "Hellas-Hesperien-Debatte", die vor allem vor allem von Literaturwissenschaftlern geführt wird. 

Abb. 1: Die Laokoon-Gruppe, eines der berühmtesten Kunstwerke der europäischen Geschichte (Wiki) - Sie wurde von den Bildhauern Hagesandros, Polydoros und Athanadoros aus Rhodos geschaffen - In einem Zeitraum zwischen 200 v. Ztr. und 79 n. Ztr. (denn Plinius der Ältere, der 79 n. Ztr. in Pompeij starb, erwähnte dieses Kunstwerk)

Hier auf dem Blog waren wir auf dieses Thema aufmerksam geworden, als es galt, von geisteswissenschaftlicher Seite her die archäogenetische Erkenntnis zu deuten, nach der das "Paradevolk" der Indogermanen, die antiken Griechen nur acht Prozent indogermanische Steppengenetik aufgewiesen haben (Stg22). Nach dieser waren sie also von ihrer Genetik her gesehen alles andere mehr als ausgerechnet "Indogermanen". Damit war die Hölderlin'sche Erkenntnis völlig unerwartet von einer Seite her bestätigt und bekräftigt worden, von der man es vielleicht am wenigsten hätte erwarten können oder von der es nur von wenigen erwartet worden war. 

Auch so manche Deutung der antik-griechischen Kultur durch Friedrich Nietzsche erhielt für uns vor dem Hintergrund der neuen archäogenetischen Erkenntnissen neues Gewicht (Stg23).

Lessing's Schrift "Laokoon"

Nun stoßen wir neuerdings zusätzlich auf die Schrift "Laokoon" von Gotthold Ephraim Lessing aus dem Jahr 1766 (1). Wir entdecken, daß auch Lessing darin schon mit der Andersartigkeit des Wesens der antiken Griechen, sowie daraus folgend ihrer Kunst und Kultur im Vergleich zu dem Wesen der Nordeuropäer beschäftigt war.

Ein zentrales Argument Lessings im "Laokoon" ist, so lassen wir uns durch die KI belehren: In der Dichtung darf der Schmerz lauter und ungehemmter sein, weil dort keine visuellen Grenzen gesetzt sind. In der bildenden Kunst (z. B. Skulptur) muß der Ausdruck so gestaltet sein, daß er dem Ideal der Schönheit entspricht - und dauerhaft betrachtet werden kann. In diesem Sinne behandelt er die im Untertitel genannten "Grenzen der Malerei und Poesie". Lessing war sicherlich der Meinung, daß es sich hierbei um allgemein gültige und kulturunabhängige "Grenzen" handeln würde. Aber im Verlauf seiner Ausführungen kommt er auch darauf zu sprechend, daß die antik-griechische Kultur ganz anders mit dem Ausdruck von Schmerz umgegangen ist als die abendländische.

Zunächst zitiert Lessing die Ausführungen von Johann Joachim Winckelmann über den Ausdruck des Schmerzes in der Laokoon-Gruppe (Abb. 1). Er stimmt ihnen zu. Allerdings regt sich in ihm ein Widerstand bei der Bemerkung Winckelmann's, in der Laokoon-Gruppe zeige sich der Schmerz ebenso wie ihn der Philoktet in der gleichnamigen Tragödie des Sophokles (Wiki) aus dem Jahr 409 v. Ztr. zeigen würde. An dieser Stelle widerspricht Lessing und macht darauf aufmerksam, daß es eine Fülle von Zeugnissen in der antik-griechischen Dichtung und Geschichtsschreibung gibt, wo der Schmerz keineswegs so "gemessen" und "ruhig", so "ohne Wut", "ohne Geschrei" zum Ausdruck kommt wie es - nach der Deutung Winckelmann's - in dieser Laokoon-Gruppe geschieht. Lessing schreibt (1):

Schreien ist der natürliche Ausdruck des körperlichen Schmerzes. Homers verwundete Krieger fallen nicht selten mit Geschrei zu Boden. Die geritzte Venus schreiet laut (...). Selbst der eherne Mars, als er die Lanze des Diomedes fühlet, schreiet so gräßlich, als schrien zehntausend wütende Krieger zugleich, daß beide Heere sich entsetzen.
Soweit auch Homer sonst seine Helden über die menschliche Natur erhebt, so treu bleiben sie ihr doch stets, wenn es auf das Gefühl der Schmerzen und Beleidigungen, wenn es auf die Äußerung dieses Gefühls durch Schreien, oder durch Tränen, oder durch Scheltworte ankommt. Nach ihren Taten sind es Geschöpfe höherer Art; nach ihren Empfindungen wahre Menschen. 
Ich weiß es, wir feinern Europäer einer klügern Nachwelt wissen über unsern Mund und über unsere Augen besser zu herrschen. Höflichkeit und Anstand verbieten Geschrei und Tränen. Die tätige Tapferkeit des ersten rauhen Weltalters hat sich bei uns in eine leidende verwandelt. Doch selbst unsere Ureltern waren in dieser größer, als in jener. Aber unsere Ureltern waren Barbaren. Alle Schmerzen verbeißen, dem Streiche des Todes mit unverwandtem Auge entgegensehen, unter den Bissen der Nattern lachend sterben, weder seine Sünde noch den Verlust seines liebsten Freundes beweinen, sind Züge des alten nordischen Heldenmuts. Palnatoko gab seinen Jomsburgern das Gesetz, nichts zu fürchten, und das Wort Furcht auch nicht einmal zu nennen.

Lessing gibt hier - wie nebenbei - eine sehr gute Charakterisierung der mittelalterlichen Island-Sagas. So fremdländisch der hier erwähnte Name Palnatoko klingt, so ist er überraschenderweise doch eine Gestalt der Jomsvikinger-Saga (s. Wiki). Lessing deutet damit an, daß die andere Art des Umgangs mit Schmerz und Angst in Nordeuropa nichts mit irgendeiner Art von angeblicher "Zivilisation", bzw. "Kultivierung" - etwa durch das Christentum oder auch durch moderne Affektiertheit - zu tun hat, sondern schon ursprünglicher zum Wesen der nordeuropäischen Völker gehörte. Das würde umgekehrt heißen, daß es zum ursprünglicheren Wesen der antiken Griechen gehört hätte, Furcht und Schmerzen unbefangen zu zeigen und zum Ausdruck zu bringen.*) Dies geschieht ja nicht nur in der Dichtung, auch in der Geschichtsschreibung hören wir davon, etwa im Zusammenhang mit dem Lebensschicksal des Miltiades (Stg23). Und so schreibt Lessing dann in diesem Sinne weiter (1):

Nicht so der Grieche! Er fühlte und furchte sich; er äußerte seine Schmerzen und seinen Kummer; er schämte sich keiner der menschlichen Schwachheiten; keine mußte ihn aber auf dem Wege nach Ehre, und von Erfüllung seiner Pflicht zurückhalten. Was bei dem Barbaren aus Wildheit und Verhärtung entsprang, das wirkten bei ihm Grundsätze. Bei ihm war der Heroismus wie die verborgenen Funken im Kiesel, die ruhig schlafen, solange keine äußere Gewalt sie wecket, und dem Steine weder seine Klarheit noch seine Kälte nehmen. Bei dem Barbaren war der Heroismus eine helle fressende Flamme, die immer tobte, und jede andere gute Eigenschaft in ihm verzehrte, wenigstens schwärzte.

Letztere Auffassung über die heidnischen Germanen und Wikinger ist eine Typische für das 18. Jahrhundert. Sie ist Ausdruck des Zeitgeistes, der noch kein wirkliches Verständnis für diese gefunden hatte. Dieses kam erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf und man begann zu sehen, daß die Furchtlosigkeit der heidnischen Germanen keineswegs zwangsläufig gute Eigenschaften "schwärzte". Im Gegensatz dazu stand Lessing als Kind seiner Zeit den antiken Griechen mit viel größerem Verständnis gegenüber (1): 

Es ist merkwürdig, daß unter den wenigen Trauerspielen, die aus dem Altertume auf uns gekommen sind, sich zwei Stücke finden, in welchen der körperliche Schmerz nicht der kleinste Teil des Unglücks ist, das den leidenden Helden trifft. Außer dem Philoktet, der sterbende Herkules. Und auch diesen läßt Sophokles klagen, winseln, weinen und schreien. (...)
Selbst ein Laokoon findet sich unter den verlornen Stücken des Sophokles. Wenn uns das Schicksal doch auch diesen Laokoon gegönnet hätte! Aus den leichten Erwähnungen, die seiner einige alte Grammatiker tun, läßt sich nicht schließen, wie der Dichter diesen Stoff behandelt habe. So viel bin ich versichert, daß er den Laokoon nicht stoischer als den Philoktet und Herkules, wird geschildert haben.

Lessing kommt dann wieder auf die Laokoon-Gruppe zurück (1):

Und nunmehr komme ich zu meiner Folgerung. Wenn es wahr ist, daß das Schreien bei Empfindung körperlichen Schmerzes, besonders nach der alten griechischen Denkungsart, gar wohl mit einer großen Seele bestehen kann: so kann der Ausdruck einer solchen Seele die Ursache nicht sein, warum demohngeachtet der Künstler in seinem Marmor dieses Schreien nicht nachahmen wollen; sondern es muß einen andern Grund haben, warum er hier von seinem Nebenbuhler, dem Dichter, abgehet, der dieses Geschrei mit bestem Vorsatze ausdrücket. 

Wie schon gesagt, ist der Grundgedanke dieser Schrift von Lessing, daß der Dichter - sowohl bei den antiken Griechen wie in der Moderne - den Schmerz viel expressiver darstellen und zum Ausdruck bringen dürfe als der Maler oder Bildhauer. Denn den antiken Griechen und der Moderne würde Schönheit über alles gehen und ein schmerzverzerrtes Gesicht, das ein Maler oder ein Bildhauer gar zu expressiv und "naturalistisch" zum Ausdruck bringen würde, würde damit nicht in Einklang zu bringen sein.

Darin spiegelt sich natürlich wiederum vor allem die Kunstauffassung des 18. Jahrhunderts. Die expressionistischen Bilder etwa eines Edvard Munch oder auch die Skulptur "Krieg" des Höchster Bildhauers Richard Biringer (1877-1947) aus dem Jahr 1928 (Wiki) halten sich ja dann später keineswegs mehr an solche Sichtweisen. Aber obwohl es Lessing gar nicht deutlich ausdrücklich anspricht, sind seine Ausführungen natürlich auch als eine Kritik an vielen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Darstellungen der "Leiden Christi" anzusehen. Auch ein Maler wie Matthias Grünewald (1480-1528) (Wiki) würde aus seiner Sichtweise mancherlei Kritik auf sich ziehen.

Abb. 2: Medea mit ihren Kindern - Wandmalerei in Pompeji, Museum von Neapel (Wiki)

Es ist sehr interessant, daß Lessing auch auf ein antik-griechischen Kunstwerk zu sprechen kommt, das wir selbst schon andernorts behandelt haben: "Ein Kind in einem Ehekonflikt in Pompeji im Jahr 79 n. Ztr." (GAj2021) (Abb. 2). Wir erfahren durch Lessing, daß die sehr psychologische Darstellung in diesem Kunstwerk ebenfalls von der Tendenz der antik-griechischen Künstler geprägt wäre, nichts gar zu Häßliches darstellen zu wollen, nämlich in diesem Fall die Tötung der eigenen Kinder durch Medea. Stattdessen wird in diesem Fall als Thema das unmittelbare Innehalten vor dem Ausführen der Tat selbst gewählt. Um dieser "psychologischen" Darstellungen willen hat der Maler Timomachus in der Antike sehr viel Wertschätzung erfahren, etwa von Cäsar, in dessen Leben ein Innehalten vor der Tat ja ebenfalls wiederholt eine Rolle spielte.

Indem Lessing allerdings Cicero zitiert, wird auch deutlich, daß die antiken Römer insgesamt einen anderen Umgang mit Schmerz kannten als die antiken Griechen. Vielleicht kein Wunder, denn sie trugen ja auch 12 % indogermanische Steppengenetik mehr in sich.

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*) Lessing ist in dieser Sichtweise allerdings keineswegs konsequent. In Ausführungen nur einige Seiten weiter meint er es allein mit Kunstgesetzen entschuldigen zu können, daß von griechischen Dichtern dennoch Schmerzen zum Ausdruck gebracht werden. Er schließt aus anderen antiken Dichtungen auf die verloren gegangene Laokoon-Dichtung des Vergil und schreibt über letztere (1):

Virgils Laokoon schreiet, aber dieser schreiende Laokoon ist eben derjenige, den wir bereits als den vorsichtigsten Patrioten, als den wärmsten Vater kennen und lieben. Wir beziehen sein Schreien nicht auf seinen Charakter, sondern lediglich auf sein unerträgliches Leiden. Dieses allein hören wir in seinem Schreien; und der Dichter konnte es uns durch dieses Schreien allein sinnlich machen.  

Hier scheint doch wieder seine ("abendländische") Meinung durch, daß Schreien Ausdruck eines weniger heldischen Charakters wäre, obwohl er doch zuvor und sonst schon klar gemacht hatte, daß diese Auffassung eben eine abendländische ist und für die antik-griechische Welt gar nicht kennzeichnend war. Er hält also an seinen eigenen Erkenntnissen nicht durchgehend fest. Aber ihm geht es ja auch im Kern allgemein um die "Grenzen der Malerei und Poesie", nicht um Wesensunterschiede zwischen Antike und Abendland.

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  1. Lessing, Gotthold Ephraim: Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und Poesie. Mit beiläufigen Erläuterungen verschiedener Punkte der alten Kunstgeschichte. 1766 (Gutenb)

Studium generale • Kurzbeiträge

Warum die große Artenvielfalt bei Blütenpflanzen?


Der Grund für die große Artenvielfalt bei Blütenpflanzen scheint der Umstand zu sein, daß sie durch Insekten befruchtet werden (1).
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  1. Why Are There So Many Flowering Plants? A Multiscale Analysis of Plant Diversification Tania Hernández-Hernández, John J. Wiens, The American Naturalist, https://www.journals.uchicago.edu/doi/abs/10.1086/708273

Es kann inzwischen unterlassene Hilfeleistung sein, einen Gentest NICHT zu empfehlen

Die modernen Möglichkeiten der DNA-Sequenzierung verändern das rechtliche Terrain, auf dem sich Ärzte bewegen (1). Inzwischen kann es unterlassene Hilfeleistung sein, einem Patienten NICHT eine DNA-Sequenzierung angeboten zu haben oder ihm NICHT die aus der Sequenzierung gewonnenen Erkenntnisse für sich selbst und seine nächsten genetischen Verwandten mitgeteilt zu haben.

Das hörte sich noch vor wenigen Jahren ganz anders an. Da fragte man anders herum eher, wie erlaubt DNA-Sequenzierung überhaupt sei!!!

Aber vorhandene Möglichkeiten der Wissens-Gewinnung ändern die Verantwortlichkeiten auf dem jeweiligen Gebiet. Und zwar drastisch. Man kann finden, daß das eine sehr aufrüttelnde Lehre ist. Es wird etwa über den folgenden Fall berichtet:

Ein Arzt verschrieb ein Medikament. In der Packungsbeilage wurde ein Gentest für Menschen asiatischer Herkunft empfohlen, bevor sie das Medikament nehmen. Das hatte der Arzt nicht empfohlen, da er das Medikament verschrieb, ohne die Patientin überhaupt gesehen zu haben, und derem Namen nicht anzusehen war, daß sie asiatischer Herkunft war. Die Patientin ist daran fast gestorben.*)

Wow. ERSTENS wußte ich gar nicht, daß es inzwischen schon häufiger Medikament gibt, die Gentests vor ihrer Einnahme empfehlen. ZWEITENS war mir nicht wirklich bewußt, welche Verantwortlichkeiten sich aus solchen Umständen ergeben.

Wer Rasse NICHT sieht, tötet - als Arzt. Und genau das war schon der Tenor vor mehr als zehn Jahren in der Literatur, daß eine Medizin und eine medizinische Forschung, die die Herkunftsgruppe (Rasse) NICHT mit berücksichtigen, töten. Hier wird nun über einen sehr konkreten Fall berichtet.

Ähnliches, so wird berichtet, gilt für lebensgefährliche Sensibilität gegenüber dem Blut-Verdünnungsmittel Warfin. Auch hier kann Gen-Sequenzierung lebensrettend sein.
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*) "The drug’s label recommends genetic testing for all patients of Asian descent before they take it. This woman’s ancestry fit the bill, but her doctor failed to recognize that, and she nearly died."
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  1. Genomics breeds new legal questions. By Jennifer Couzin-Frankel. Science Mag., 10 May 2019, Vol. 364, Issue 6440, pp. 521, DOI: 10.1126/science.364.6440.521,https://science.sciencemag.org/content/364/6440/521

Ausbreitung der Schafzucht nach Tibet ab 1.000 v. Ztr.

Vermische dich mit Einheimischen, wenn du in neuen ökologischen Räumen überleben willst .....

Im 1.000 v. Ztr. breiteten sich Ackerbau und Viezucht von China nach Tibet aus, darunter auch die Schafzucht. Und auch bei der Anpassung der domestizierten Schafe an das Leben in den extremen Höhenlagen Tibets haben sich diese Schafe mit dort einheimischen Tieren vermischt und von ihnen dafür geeignete genetische Anpassungen übernommen (1). 

Das scheint also eine allgemeine Gesetzmäßigkeit zu sein. Auch unsere Vorfahren aus Afrika haben ja vor etwa 100.000 Jahren geringe Anteile Neandertaler-Genetik in sich aufgenommen, wodurch sie, wenn man es recht versteht, besser angepaßt waren an das Leben in nördlicheren Breitengraden.

Abb. 1: Ausbreitung der Schafzucht nach Tibet um 1.000 v. Ztr. (aus: 1)
Original-Erläuterung zur Abbildung:
Integrated diagram of the inferred demographic history of the late-Holocene human and sheep populations on the Qinghai-Tibetan Plateau (QTP).
(A) Distribution and approximate dates of prehistoric archeological sites of sheep in the QTP and surrounding areas. The thick brown line indicates the Tang–Bo Ancient Road (Chen et al. 2015; Zhang et al. 2017). 
(B) A proposed demographic scenario for the development of agriculture on the QTP based on archeological records of domestic animals (e.g., sheep, cattle, pig, and dog) and crops (e.g., millet, barley, and wheat) (supplementary table S2, Supplementary Material online), with sheep and wheat as representative species shown on the figure. 
(C) A proposed demographic scenario of sheep on the QTP based on genetic data in this study. 
(D) The best-supported demographic model of Chinese sheep populations inferred from the approximate Bayesian computation (ABC) approach.


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  1. The Genome Landscape of Tibetan Sheep Reveals Adaptive Introgression from Argali and the History of Early Human Settlements on the Qinghai–Tibetan Plateau Xiao-Ju Hu Ji Yang Xing-Long Xie Feng-Hua Lv Yin-Hong Cao Wen-Rong Li Ming-Jun Liu Yu-Tao Wang Jin-Quan Li Yong-Gang Liu ... Show more Molecular Biology and Evolution, Volume 36, Issue 2, 1 February 2019, Pages 283–303, https://doi.org/10.1093/molbev/msy208 Published: 16 November 2018, https://academic.oup.com/mbe/article/36/2/283/5184913

Ja, da stimme ich zu, auch die Germanen hatten keine klaren Vorstellungen darüber, ob es ein Weiterleben nach dem...

Ja, da stimme ich zu, auch die Germanen hatten keine klaren Vorstellungen darüber, ob es ein Weiterleben nach dem Tod gibt oder nicht - wie hätten sie diese auch haben können?

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Ehepaar Ludendorff und den führenden Nationalsozialisten aufzuzählen, dazu ist ein solcher Kommentarbereich nicht der richtige Ort. Auf dem Gebiet der MORAL, der ETHIK dürften die Unterschiede am größten sein. Ansonsten hier erst mal nur folgende Hinweise:

1. In dem Buch "Die machtvolle Religiosität des deutschen Volkes vor 1945" werden die sehr interessanten und differenzierten religiösen Auseinandersetzungen innerhalb des deutschen Volkes während des Dritten Reiches aus der Sicht des Ehepaares Ludendorff dokumentiert. Dürfte eine interessante Lektüre für Dich sein.

2. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen wurde den Nationalsozialisten rund um Alfred Rosenberg SELBST klar, was Ludendorff immer sagte, daß eine diffuse Weltanschauung noch keine ausgearbeitete Philosophie ist, deshalb gab es eine Arbeitsgruppe, die an den philosophischen Grundlagen des Nationalsozialismus arbeitete: https://studiengruppe.blogspot.com/2011/08/eduard-baumgarten-eine-groe.html
Meines Erachtens "mußte" man das nur tun, weil man tunlichst einen Bogen schlagen "mußte" um die Hitler-Gegner Erich und Mathilde Ludendorff, denn hier lagen und liegen moderne, belastbare philosophische Grundlagen für die Gestaltung eines freiheitlichen, völkischen Staates sehr wohl bestens vor.

3. Auch auf dem Gebiet an der angewandten Moral, also des Handelns, kann man Gemeinsamkeiten und Unterschiede feststellen. Ludendorff warnte vor Hitlers "hirnverbrannter Außenpolitik" seit 1929 öffentlich. Deshalb wurde er von Hitler schon ab 1930/31 mit niedrigsten, undeutschesten Mitteln bekämpft:
https://studiengruppe.blogspot.com/2011/12/um-seiner-verdienste-um-die-bewegung.html
Deshalb wurden ab Juni 1937 sogar neue Röhm-Putsch-Morde gegen Erich Ludendorff vorbereitet von Adolf Hitler persönlich:
https://studiengruppe.blogspot.com/2013/01/hitlers-mordplane-gegen-ludendorff-im.html

Damit nur mal wenige Hinweise. Hitler und die NSDAP wurden meines Erachtens in klassischer Weise dazu von den monotheistischen Hintergrundmächten dazu benutzt, um die deutsche völkische Bewegung zu vernichten und auf immer und ewig zu diskreditieren. Genauso wie es Erich Ludendorff auch vorausgesagt hat 1933
https://studiengruppe.blogspot.com/2013/08/ludendorffs-emporte-telegramme.html

ebenso wie 1937 in seinem persönlichen Gespräch mit Hitler selbst und in seinem nachfolgenden Aufsatz zu Hitlers Geburtstag.
http://studiengruppe.blogspot.com/2013/06/diese-tapfere-frau-ernst-hanfstaengl.html

"Genetic determinism rides again"

Die gegenüber bisher deutlich wirkungsvollere Erforschung polygenetisch vererbter Merkmale nimmt die Wissenschaft und die Mitmach-Genetik gerade "im Sturm"

Er hat sich "erneut auf Eroberungszüge begeben" - wer denn? Huh, huh, huh, der:  "genetische Determinismus": "Genetic determinism rides again" (1). Er reitet also wieder. Er reitet, als sei er der Teufel, der Leibhaftige selbst. Oweia geschrieen, arme Menschheit, wer beschützt Dich vor ihm?

In Form einer solchen "düsteren" Prophezeiuung, einer solchen düsteren Unheils-Botschaft kann eigentlich nur die Besprechung eines neu erschienenen Buches (1) veröffentlicht werden, das ja dann wohl doch schon besonders gut sein muß. Nun, der Autor, Robert Plomin, bürgt in der Tat für Qualität. Man hat ihn bislang immer als denjenigen Erforscher der Erblichkeit menschlicher Intelligenz-Unterschiede wahrgenommen, der noch am wenigstens "schlimm" von solcher Erblichkeit gesprochen hatte.

Doch in diesem neuen Buch scheint nun alles ganz anders zu sein. Und das scheint in einem Umstand begründet zu liegen, der wohl durchaus der Erwähnung wert ist. Es geht darum, daß die modernen Methoden der Gen-Sequenzierung und ihrer statistischen Auswertung es inzwischen erlauben, polygenisch vererbte Merkmale zu erforschen in einem Umfang und in einer Präzision, wie man bislang nur monogenetisch vererbte Merkmale hat erforschen können. Polygenisch heißt, daß viele hundert, ja, viele tausend Stellen im Genom die Ausprägung eines bestimmten Merkmales mitbestimmen können.

Die "politisch Korrekten" hatten lange gehofft, daß polygenetische Vererbung so schwer erforschbar wird, daß man letztlich nie würde "beweisen" können, welche Vererblichkeit bei solchen Merkmalen tatsächlich vorliegt. Was natürlich Unsinn ist, weil man das seit der Zwillingsforschung alles schon bestens weiß, und weil deshalb der "genetische Determinismus" nicht "wieder" reiten muß, sondern schon seit Jahrzehnten immer im gleichen Takt hübsch Trab reitet.

Es ist nur Rhetorik, wenn man uns weismachen will, die Erblichkeit aller menschlichen Merkmale wäre zeitweise so etwas wie "widerlegt" gewesen. Das war sie nie, man hat nur durch dümmliche Rhetorik versucht, sie so klein und so wenig vorhanden wie nur möglich zu reden. Das scheint nun noch weniger möglich geworden zu sein als das bislang schon möglich war. Eine neue wissenschaftliche Revolution - nach schon so vielen anderen auf diesem Gebiet - ist in den folgenden wenigen Worten enthalten (1):
"Polygenic scores have been shown to improve risk predictions for prostate, ovarian and breast cancers. They can point to traits that might have been influenced by local adaptation, and gauge the pace of evolutionary change."
Zu Deutsch:
"Es konnte inzwischen gezeigt werden, daß polygenetische Auswertungen die Risiko-Voraussagen für Prostata-, Eierstock- und Brustkrebs verbessern können. Sie können auf Merkmale hinweisen, die auf lokale Anpassung zurück zu führen sind, …"
(sprich: bei denen Volks- und Rasse-Unterschiede vorliegen!)
"... und die den Weg des evolutionären Wandels nachverfolgen lassen."
In der Tat, scheint diese "polygenetische Revolution" etwas völlig Neues darzustellen. Und in dem Buch von Robert Plomin kann man sich über diese Revolution kundig machen. Es wird dann auch gleich geunkt, daß die Abwesenheit jeder Erwähnung des Wortes "Rasse" in diesem Buch sehr verdächtig sei, da dieses Konzept offenbar überall mitgelesen werden kann.

Also, ihr deutschen Intellektuellen, neues Futter zur geistigen Auseinandersetzung. Greift zu! Und wartet nicht, daß das jemals eine rechtskatholische oder rechtschristliche Lobby tun wird. Das haben sie niemals getan und werden sie niemals tun, und mögen sie den Begriff "Neue Rechte" noch so sehr für sich benutzen. "Neue Rechte" heißt in seiner ursprünglichen Bedeutung: Sich auf die Forschungen des Intelligenz-Forschers Arthur Jenssen zu beziehen und heißt zum zweiten: nichtchristlich zu sein.

Ergänzung 10.10.18: Eine Woche später heißt es in derselben Zeitschrift "Nature", daß diese Art den Genomauswertung die Genetik gerade "im Sturm" nimmt (3), daß die Wissenschaftler überrascht sind über die Schnelligkeit, mit der hier sich hier gerade die Entwicklungen überstürzen. Und auch hier werden die alten Sorgen in neuer Form formuliert (3):
"Some research presents ethical quandaries as to how the scores might be used: for example, in predicting academic performance."
__________________________________________________________
  1. Comfort, Nathaniel: Genetic determinism rides again Nathaniel Comfort questions a psychologist’s troubling claims about genes and behaviour. Nature, 25.9.2018, https://www.nature.com/articles/d41586-018-06784-5
  2. Plomin, Robert: Blueprint - How DNA Makes Us Who We Are. Allen Lane (2018)
  3. Warren, Matthew: The approach to predictive medicine that is taking genomics research by storm. Nature, 10.10.2018, https://www.nature.com/articles/d41586-018-06956-3

Gesellschaftlicher Aufbruch – jetzt?

"Nach wenigen Worten erkennt der Bruder den Bruder"

Einige Bemerkungen über die Schauspielerin Tilla Durieux in den Jahren zwischen 1903 und 1925
- Sie war verheiratet mit dem Kunsthändler Paul Cassirer (1903 bis 1925)

Seit der Jahrhundertwende bewegte sich die Schauspielerin Tilla Durieux (1880-1971) (Wiki) in den führenden Künstlerkreisen Berlins. Dadurch wurde sie selbst zu einer der ausdruckstärksten Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts. 

Abb. 1: Tilla Durieux als Kleopatra, gemalt von Max Slevogt

Sie ist aus dem deutschen Kulturleben des ersten Viertels des 20. Jahrhunderts nicht hinweg zu denken. Sie ist die meistporträtierte Frau dieser Epoche. Von fast allen namhaften Künstlern dieser Zeit gibt es Porträts von ihr. 

In diesen Jahren war sie mit dem kulturell sehr fortschrittlich gesinnten, unkonventionellen Berliner Kunsthändler Paul Cassirer (1871-1926) (Wiki) liiert und später verheiratet. Dieser hat, wie sie sagt, maßgeblichen Einfluß auf die Formung ihrer Künstler-, bzw. Schauspieler-Begabung genommen. Man möchte meinen, daß er ihr den Mut gab, ausreichend exzentrisch zu sein, um alles zum Ausdruck zu bringen, was in ihr war. Außerdem wird ihr ihre jugendliche Begeisterungsfähigkeit dabei zu Hilfe gekommen sein.

Man gewinnt - insbesondere über Fotografien und Gemälde - den Eindruck, als ob Tilla Durieux nach dem Selbstmord ihres ersten Ehemannes Paul Cassirer im Jahr 1925 nicht mehr so lebendig und eindrucksvoll als Schauspielerin wirkte wie sie das bis dahin getan hatte, daß sie ihre Rollen nun nicht mehr so exzentrisch und überschwänglich anlegte. Daran insbesondere mag der große Einfluß ihres Ehemannes Paul Cassirer erkennbar sein.

Paul Cassirer war ein emotional keineswegs ausgeglichener Mensch. Womöglich war er ähnlich emotional unausgeglichen wie die französischen, expressionistischen Maler, die er verehrte, und denen er Geltung im deutschen Sprachraum und darüber hinaus zu verschaffen versuchte: wie Vincent van Gogh, wie Gaugin und wie viele andere. Paul Cassirer hat mehrmals versucht, sich das Leben zu nehmen, 1925 gelang es ihm. 

Abb. 2: "Die Cassirers - Streiter für den Impressionismus" - Buch aus dem Jahr 1991

Als Tilla Durieux sich wegen seines Fremdgehens, das er sich über all die Jahre nicht hat abgewöhnen können, schließlich zur Scheidung durchgerungen hatte, schützte Paul Cassirer kurz vor dem Unterzeichnen des Scheidungsvertrages Unwohlsein vor. Er ging in das Nebenzimmer und schoß auf sich. Diesmal war die Kugel tödlich, wenn er auch erst einige Tage später starb. Auch dieses Handeln kann wohl nur aus der ganzen exzentrischen Lebenshaltung heraus erklärt werden, aus der heraus Paul Cassirer handelte und lebte. Tilla Durieux schreibt über ihn (1, S. 74):

Ich verdanke Paul Cassirer die schönsten und die bittersten Stunden, meine geistige Entwicklung, meine wachsenden Erfolge an der Bühne, eine unendliche innere Bereicherung, aber auch den tiefsten Kummer. Meine Augen haben durch ihn die Herrlichkeit der Welt gesehen, aber auch die verzweifeltsten Tränen geweint.

Über das erste Zusammentreffen mit Paul Cassirer während einer Abendgesellschaft erzählt sie (1, S. 78):

Jetzt entwickelte sich ein Gespräch, wie ich es noch nie gehört. (...) Paul Cassirer ließ wahre Kaskaden von Behauptungen und Gegenbehauptungen über uns sprühen. Wie eine Fontäne sprudelte das Gespräch in die Höhe witziger Bemerkungen und glitt wieder auf den Grund tiefen Wissens zurück, um sich wieder zu den kühnsten und gewagtesten Folgerungen zu erheben. Ich glaube, ich saß wie ein Kind vom Lande mit offenem Munde da, um kein Wort zu verlieren. Das war, ja, das war die Welt, von der ich immer schon geträumt hatte, daß sie irgendwo verborgen sei! Glänzend, heiter, witzig, jeden Augenblick einen anderen Blickpunkt erschließend, Wahrheit-Dichtung-Lüge, die im nächsten Augenblick Wirklichkeit sein konnte, Scharaden-Märchen-TausendundeineNacht.

Über die Zeit des ersten Zusammenseins mit Paul Cassirer schreibt sie (1, S. 87f):

Meine Erlebnisse hatte mich reifer werden lassen. (...) Nicht jeder hat den gleichen Weg zu gehen, nicht jeder die gleiche Art, die Wahrheit zu verkünden, aber, ob es ein Musiker, ein Dichter, ein Schauspieler sei, nach wenigen Worten erkennt der Bruder den Bruder.

Was für schöne Worte! 

Abb. 3: Tilla Durieux als Herodias in Salome

Und sie schreibt (1, S. 89):

In Haarlem im Rathaus (heute im Hl. Geistspital) aber war es, wo ich bis in Innnerste erschrak vor den letzten Bildern, die der verschollen gewesene Frans Hals als alter armer Mann gemalt hatte. (...) Vor diesen Bildern war es auch, wo Paul mir klar machte, daß mein Leben ein einziges Streben sein müsse, zu lernen, soviel ich nur immer konnte.

Und sie schreibt (1, S. 92):

Eines Tages legte Paul Cassirer Goethes Gedichte vor mich hin und forderte mich auf, seine Lieblingsgedichte zu lesen. Er hielt mir einen langen Vortrag, daß eine Schauspielerin verpflichtet sei, nicht nur ihre Rollen zu lernen, sondern auch die deutsche Literatur zu kennen, deren Sprachrohr sie doch sein wolle. Sie habe in die Schönheit der Sprache einzudringen, und wo könne sie dies besser als im Gedicht. Nie würde einem Menschen sich das Geheimnis des Klanges und des Rhythmus entschleiern, wenn er nicht unablässig im Reim danach suchen. (...) "Nur unsere Lyriker können uns den Weg zeigen. Auf ihren Spuren mußt du gehen (...), dann wird eines Tages etwas in dir zu schwingen anfangen, und die Menschen werden plötzlich aufhorchen und sagen: 'Die deutsche Sprache ist doch schön.' " 

Der wesentliche Umstand, der die seelische Nähe zwischen Paul Cassirer und Tilla Durieux hervor brachte, war, daß Paul Cassirer selbst ein großer Schauspieler war.

Durieux meint, daß sie in den letzten Jahren ihrer Ehe künstlerisch selbstständiger geworden sei und sich dabei weiter entwickelt habe, ohne daß das Paul Cassirer mitbekommen habe. Wir aber möchten nicht ausschließen, daß sie sich bei diesem Urteil bis an ihr Lebensende einer Selbsttäuschung hingegeben haben könnte. 

Interessant ist aber in jedem Fall auch, wie sie in ihren Lebenserinnerungen für das Jahr 1903 ihre "Mitkonkurrentin", die Berliner Schauspielerin Irene Triesch (1875-1964) (Wiki) kennzeichnet. Und sie kennzeichnet damit zugleich die Lebenshaltung einer ganzen Generation und zugleich den kulturellen Aufbruch, den Tilla Durieux selbst in der Folgezeit verkörperte.

Abb. 4: Als "Anitra" in "Peer Gynt"

Tilla Durieux spricht von dem Leiter des Berliner Lessingtheaters Otto Brahm (1, S. 69):

Seine Hauptdarstellerin Irene Triesch, die ungefähr die Rollen spielte, die auch ich erstrebte, war, wie die Eysoldt, ganz in der Gedankenwelt der Jahrhundertwende geblieben. Um 1900 wußte die Frau nichts von Sport, Wasser und Sonne, sie saß am liebsten elegisch und müde im sorgfältig verdunkelten Zimmer, das mit schweren Vorhängen Licht und Luft ausschloß. Vom Manne unverstanden und gelangweilt von der Umwelt hütete sie sich vor jedem Sonnenstrahl. Ein gebräunter Körper war eine Unmöglichkeit. Von morgens bis abends beschäftigte sie sich mit seelischen Qualen, die sie abends beim Souper zwischen Braten und Käse dann mit dem Tischherrn zerpflückte. Diese Art Frauen verkörperte die Triesch, und sie traf es ausgezeichnet. Als ich sie zum erstenmal in einer Ibsen-Rolle sah, fand ich diese Auffassung so fremd, daß alles in mir revoltierte. Dieses tränenreiche Stammeln und weichliche Jammern waren mir in tiefste Seele verhaßt, obwohl ich zugeben mußte, daß ich eine große Leistung sah. Ich wußte, ich würde jede dieser Rollen anders anpacken, denn dieses Hingeben ohne Abwehr, diese Trauer der schwachen Untätigen erschien mir verächtlich. Ich fühlte genau, daß ich mit dieser Ansicht allein stand. Ich konnte mir auch gar nicht genau darüber klar werden, was ich eigentlich wollte. Das Leben mußte mir erst Gelegenheit geben, einen bitteren Kampf zu kämpfen, und der Mann mußte erst erscheinen, der mir den Weg zeigte, wie man seine Gedanken in Kunst umsetzt.

Und dieser Mann war dann Paul Cassirer. Auffälliger Weise fallen diese Eindrücke in dieselben Jahre, in denen in Berlin-Steglitz der Wandervogel gegründet worden ist (1901).

Über das Gemälde von Max Slevogt aus dem Jahr 1907, wiedergegeben in Abbildung 1, wurde 2023 unter dem Titel "Männermordende Erotik" geschrieben (TAZ2023):

Max Slevogt malte sie 1907 in aufgewühlten Farben als „Kleopatra“, lasziv auf Tigerfellen lümmelnd, die Lippen aufgeworfen, schimmernd das Kleid, die Finger exaltiert gespreizt, der Busen blaß aus dem Dekolleté leuchtend. (...) Der Bildhauer August Gaul, mit dem sie in Berlin befreundet war, setzte die Durieux hingegen als nackte Circe in einer kleinen Skulptur auf ein Schwein, ein Scherz mit dem Mythos der griechischen Zauberin Circe, die Männer in Schweine verwandeln konnte.

Tilla Durieux war über ihren Ehemann Paul Cassirer mit Ernst Toller befreundet und dem Kreis um ihn.

1919 - Räterepublik in München

Aus diesem Kreis gingen 1919 führende Persönlichkeiten der Räterepublik in München hervor. Aufgrund dieser Umstände war sie 1919 Zeitzeuge des Geißelmordes in München (Wiki). 

Ernst Toller, Erich Mühsam, Gustav Landauer, Eugen Leviné, Max Levien und Tobias Akselrod werden in ihren Lebenserinnerungen erwähnt.

Abb. 5: Tilla Durieux als Salome

Wir lesen auf Wikipedia, daß der Geiselmord eine bewußte Provokation führender Angehöriger der Räterepublik gewesen sein könnte (Wiki):

Die Zustände im ehemaligen Gymnasium müssen sehr chaotisch gewesen sein. In der ersten Tagen der Besetzung wurde alles Habbare geplündert und gestohlen. Es fehlten klare militärische Befehlsstrukturen und militärische Autorität. Im Gymnasium befanden sich etwa 750-800 Personen, von denen aber die wenigsten regulären Dienst in der Roten Armee taten. So faßten am 20. April 750 Personen Mittagessen, obwohl der Etat nur 330 aufwies. Zum Abendappell traten dann nur 30 Mann an. (...) Der Gründer der Thule-Gesellschaft Rudolf von Sebottendorf vermutete, daß es der Plan der nun entmachteten kommunistischen Führer Levien und Leviné gewesen ist, die angespannte Situation der Bedrohung der Räterepublik durch Reichswehr und Freikorps zum Eskalieren zu bringen, um Verhandlungen zu verhindern. Dazu mußten die roten Verbände zum Kampf gezwungen werden, indem man den Gegner zum Angriff provozierte.

Wenn das stimmen sollte, wäre der Geiselmord ja sogar ein doppeltes Verbrechen gewesen, nämlich eines, was nur dazu hatte dienen sollen, das Blutvergießen im Bürgerkrieg noch zu vergrößern.

1922 - "Die Enttäuschten" in Berlin

1922 reiste der Frankfurter Maler Max Beckmann von Frankfurt am Main aus nach Berlin. Er fertigte dort die Kunstmappe "Berliner Reise" an. Darin findet sich die Zeichnung "Die Enttäuschten I", eine Zeichnung, in der eine aufgeblätterte "Kreuz-Zeitung" andeuten soll, daß es sich um die Enttäuschung der Konservativen und Monarchisten nach dem Kapp-Putsch von 1922 handelt. In der Zeichung "Die Enttschäuschten II" sind dann aber offenbar Tilla Durieux und andere dargestellt, die hinwiederum enttäuscht sind vom Sturz der Räterepublik in München. Wir lesen über diese Zeichnung (Staatsgalerie):

In "Die Enttäuschten II" erscheinen gelangweilte und gähnende Intellektuelle. Beckmann porträtiert hier rechts den Kunsthändler Paul Cassirer, sowie dessen Gattin, die Schauspielerin Tilla Durieux, im Hintergrund erscheint Max Slevogt, ein enger Freund der beiden. Der Gähnende links ist Leo Kestenberg, Redakteur der Zeitschrift "Der Bildermann". Der Verweis auf die am 15.1.1919 ermordeten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg erfolgt auf den Büchern und Flugschriften, wobei die bewußte Falschschreibung von "[ROS]A LUXENBURG" und "MARKS WERKE" irritiert.

Leo Kestenberg hatte damals einen leitenden Posten im Preußischen Bildungsministerium inne.

Abb. 6: Tilla Durieux in der "Großen Liebe" von Heinrich Mann, Lessingtheater, Berlin

Tilla Durieux ist dann mit ihren zweiten Ehemann, der ebenfalls jüdischer Herkunft war, nach Jugoslawien emigriert. 

1941 - In Belgrad während des deutschen Luftangriffs 

Sie wollte mit ihm in weitere Länder emigrieren und fuhr deshalb nach Belgrad, wo sie am 6. April 1941 den Angriff der deutschen Wehrmacht auf Jugoslawien erlebte und selbst in den Bombenhagel über Belgrad geriet. Auch in den Folgewochen geriet sie zwischen die Kampffronten und konnte nur unter großen Mühen nach Triest zurück kehren. All diese Schicksale haben weder etwas mit ihrem Künstlertum, noch mit ihrer Schauspielerkarriere zu tun.

Sie hat dann lange Zeit in verarmten Verhältnissen gelebt und hat nach 1945 nur noch sporadisch im deutschen Theaterleben wieder Fuß fassen können.

Abb. 7: Tilla Durieux in der "Großen Liebe" von Heinrich Mann, Lessingtheater, Berlin

Dieser Beitrag kann ggfs. nach und nach noch mit weiteren Ausführungen ergänzt werden.

Abb. 8: Tilla Durieux - Zeichnung von Emil Orlik aus dem Jahr 1909

Der Kunstsalon von Paul Cassirer befand sich in Berlin in der Viktoriastraße 35.

Abb. 9: Tilla Durieux als "Delila" in dem Stück "Simson" von Frank Wedekind, 1914

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Abb. 10: Tilla Durieux als "Delila" in dem Stück "Simson" von Frank Wedekind, 1914

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Abb. 11: Tilla Durieux als "Delila" in dem Stück "Simson" von Frank Wedekind, 1914

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Abb. 12: Tilla Durieux als Kleopatra, gemalt von Max Slevogt

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Abb. 13: Tilla Durieux als Prinzessin Eboli in "Don Carlos" von Fr. Schiller

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Abb. 14: Tilla Durieux als Judith
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Abb. 15: Der erste Ehemann der Tilla Durieux 

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Abb. 16: Die Zeichnung "Die Enttäuschten II" von Max Beckmann, die 1922 für seine Kunstmappe "Berliner Reise" entstand. Abgebildet sind: Leo Kestenberg, Max Slevogt, Paul Cassirer und Tilla Durieux, immer noch enttäuscht von dem Scheitern der Münchner Räterepublik im Jahr 1919 

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Abb. 17: Die Schauspielerin einer vorhergehenden Generation: Irene Triesch als "Nora"

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  1. Durieux, Tilla: Meine ersten neunzig Jahre. Erinnerungen. Herbig, München 1971
  2. Tilla Durieux. Eine Jahrhundertzeugin und ihre Rollen. Ausstellung im Leopoldmuseum in Wien 2022/23 (s. Leopold), im Georg Kolbe Museum in Berlin 2023 (Yt
  3. Brühl, Georg: Die Cassirers. Streiter für den Impressionismus. Edition Leipzig, Leipzig 1991

Pfaffenmief im Weserbergland

- und die "Neue Rechte" in Deutschland
Klerikale Einflüsse auf die Politik - In Deutschland und weltweit

Für diesen Blog war es immer schon sehr verstörend, daß die heutigen Vordenker der "Neuen Rechten" die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse über das Sein und Werden der Völker weltweit so außergewöhnlich sparsam zur Kenntnis nehmen wollen und sich so außergewöhnlich sparsam darum bemühen, diese in den politischen Diskurs einfließen zu lassen. Seit Jahrzehnten. 

Abb. 1: Kloster Buchhagen im Weserbergland - Mönche vom Berg Athos in Griechenland

Die Gründe dafür werden sofort deutlich, wenn man sich klar macht, welche geistigen, spirituellen Hintergründe hinter den Vordenkern der Neuen Rechten stehen. Diese sind so verquastet klerikal, daß die geringe Freude an den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zum Menschsein, zu unserer Welt und zu dem Sein und Werden der Völker nichts weniger als folgerichtig ist.

Es stehen Kräfte hinter der Neuen Rechten, die die gesamte moderne Welt seit dem Mittelalter ablehnen. Es sind das sehr viele orthodoxe Klerikale und es sind das viele katholische Klerikale. Derselbe Umstand gilt übrigens auch für die wachsende, rein demographische Macht des orthodoxen Judentums im modernen Israel und weltweit. Die ultraorthodoxen Juden interessieren sich Null Komma nichts für alles "Moderne". Für sie zählen keine Schulbildung, keine Universitäten, sondern allein die religiösen Schriften des Judentums. So auch die Klerikalen in der katholischen, in der evangelischen, in den orthodoxen oder in den freikirchlichen Gemeinden. Dieser Umstand ist so verstörend und irritierend und erschreckend, daß man sich diesen gar nicht oft genug vor Augen führen kann. Welcher "Macht" dienen all diese Kräfte? Dem Mittelalter? Zutiefst gruselig und unheimlich.

Warum spielen naturwissenschaftliche Argumente noch heute innerhalb der AfD so gut wie keine Rolle, ja, sind tabuisiert und verpönt wie es schlimmer nicht gehen kann? Warum haben konservative Christen wie Beatrix von Storch in der AfD einen solchen großen Einfluß? Um all das besser zu verstehen, ist jüngst ein neues Puzzle-Teil bekannt geworden (1, 2).

Mönchsgezänk am Berg Athos in Griechenland

Das "sagenumwobene" Kloster am Berg Athos (Wiki) in Griechenland - es ist schon seit Jahrhunderten ein religiös und politisch sehr einflußreiches Kloster. 

So wie seit Jahrhunderten in allen orthodoxen Kirchen Osteuropas ein Kampf geführt wird darüber, ob sich diese Kirchen der Oberherrschaft des Papstes in Rom unterwerfen sollen - wie das die Jesuiten wollen - oder ob sie die Oberherrschaft des Patriarchen von Moskau anerkennen sollen, so wird dieser Kampf auch innerhalb des Klosters auf dem Berg Athos - noch bis heute - in aller Schärfe geführt. Auch der orthodoxe Patriarch der Ukraine in Kiew hat sich schon vor Jahrhunderten der Oberherrschaft des Papstes in Rom unterworfen. Am Berg Athos jedoch - und anderwärts - gibt man sich weiterhin sehr, sehr "störrisch".

Die - nicht selten pädokriminellen - Päpste in Rom und ihre fanatische Jesuiten-Truppe wollen also nicht nur jede Menschenseele weltweit und insbesondere auch in Rußland, sondern auch die Mönchsgemeinde auf dem Berg Athos schon seit Jahrhunderten unter ihre Oberherrschaft bringen. So hat es Mönchsgezänk auf dem Berg Athos schon seit Jahrhunderten gegeben, Mönchsgezänk, das dumpf-muffig mittelalterlich anmutet, in das sich aber - bezeichnenderweise - einflußreiche weltliche Mächtige bis heute immer wieder einmischen. Über die heutige Situation im Kloster auf dem Berg Athos heißt es (Wiki):

Auch noch im Jahr 2022 galt (...) der unbestrittene Einfluß der russischen Kirche auf die Mönchsrepublik als erheblich und Rußland versuche, den kulturellen Einfluß auf den Norden Griechenlands auszuweiten. Russische Staatsbeamte und Oligarchen versuchten mit Spenden, bestimmte Geistliche und die russische Präsenz zu stärken. Es wurde über falsche Mönche berichtet und den Kampf gegen Kriegspropaganda auf russischen Websites, welche „Vertreibungen“ russischer Mönche herbeischrieben.

Rund um den Berg Athos schwelt mithin derselbe religionsimperialistische, fanatisch geführte Pfaffen-Zank zwischen Moskau und Rom, wie er auch sonst über ganz Europa, bzw. Eurasien hinweg seit Jahrhunderten zu beobachten ist, und worauf wir in früheren Beiträgen hier auf dem Blog schon den einen oder anderen Blick geworfen haben (s. GAj2010GAj2021a). Über den Berg Athos lesen wir noch detaillierter (Wiki):

Für internationale Schlagzeilen sorgte im Dezember 2005 die Besetzung des Konáki (Sitz des Vorstandes der Mönchsrepublik) durch 20 Mönche des Klosters Esfigménou. Damit protestierten sie gegen den Beschluß der übrigen 19 Klöster, die Vertretung ihres Klosters in den Gremien der Mönchsrepublik nicht mehr anzuerkennen. Ausgelöst wurde der Eklat nach jahrzehntelang schwelender Krise 2003, als die Mönche von Esfigménou dem Oberhaupt der orthodoxen Kirche, Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel „Verrat an der Orthodoxie“ vorwarfen, weil er mit der römisch-katholischen Kirche Gespräche aufgenommen hatte. Daraufhin forderte der Patriarch die Rebellen zum Verlassen der Mönchsrepublik auf. Die Mönche von Esfigménou ignorierten die Forderung. Im Dezember 2006 kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung, als gemäßigte Mönche versuchten, den besetzten Verwaltungskomplex zu räumen. Es gab eine Handvoll Verletzte, aber die Besetzung dauert an. Die griechische Regierung bot Polizei- und Militärhilfe an, was vonseiten der Mönche abgelehnt wurde. Im August 2008 drohten die Mönche damit, sich und ihr Kloster in die Luft zu sprengen, falls die Polizei versuche, es zu räumen. „Orthodoxie oder Tod“ ist denn auch das Motto dieser auch Zeloten genannten Mönche der GOC (Kirche der wahren orthodoxen Christen Griechenlands).
Die Mönche hielten die Räumlichkeiten auch im Jahr 2022 besetzt. Auf Nachfrage der NZZ beklagte Abt Bartholomäus die klandestinen Bewegungen der Unterstützer illegal über die Landesgrenzen; niemand wisse genau, wer sich in dem besetzten Gebäude verstecke.

Mönchsgezänk also vom Allerfeinsten. 

Auf den ersten Blick könnte man denken: Alles weit weg, nicht unsere Welt. - - - Aber: Von wegen! Diese Mönche wollen Europa zu ihrem Glauben bekehren und missionieren eifrig. Und sie sind damit so erfolgreich, daß über ihre abstrusen Missionsbemühungen nicht nur TAZ und Neues Deutschland berichten, sondern auch Vordenker der Neuen Rechten in sie involviert sind.

"Reconquista" - Ein orthodoxes Missionskloster für Deutschland

So gab es da beispielsweise den bulgarischen orthodoxen Metropoliten Simeon (1926-2016) (Wiki), der viele Jahrzehnte als orthodoxer Missionsbischof in Westeuropa tätig war. Über seinen religiösen Werdegang ist zu erfahren, daß er 1957 in Moskau Theologie studierte (Wiki),

... wo er am 8. Oktober 1958 vom Moskauer Patriarchen Alexius I. zum Mönchspriester geweiht wurde.

Dieser Metropolit unterstand also dem Patriarchen von Moskau - nicht dem Papst in Rom. Seit 1980 war er "Missionsbischof" der bulgarisch-orthodoxen Kirche - und damit auch des Patriarchen von Moskau - in Westeuropa (Wiki). Als solcher entfaltete er Wirksamkeit an Standorten wie Budapest, Wien, Berlin und andernorts.

Als dieser Missionsbischof hat dieser Herr Simeon 1994 nun das bislang einzige bulgarisch-orthodoxe Missionskloster in Westeuropa eingeweiht, nämlich das "deutsch-orthodoxe" Kloster Buchhagen (Wiki) im Weserbergland. Sein "Abt" ist ein Mensch, der mit bürgerlichem Namen Johannes Pfeiffer (geb. 1955) heißt und aus Hofgeismar in Hessen stammt. Und vermutlich war auch damals schon Götz Kubitschek (geb. 1970) (Wiki) dabei, der sehr umfangreich in den Aufbau dieses Klosters involviert ist - wie neuerdings bekannt geworden ist (1, 2). Der Johannes Pfeiffer hat lange unter den Mönchen auf dem Berg Athos in Griechenland gelebt. Vermutlich ja doch insbesondere auch unter solchen Mönchen, wie sie seit 2006 mit dem Schlachtruf "Orthodoxie oder Tod" das Verwaltungsgebäude des Klosters gewaltsam besetzt halten und damit drohen, sich mit dem gesamten Gebäude in die Luft zu sprengen. Diese wunderliebsten Leute. Dieser Johannes Pfeiffer nennt sich also "Abt". Und Götz Kubitschek unterwirft sich ihm. Man kommt ja fast auf den Gedanken, daß Götz Kubitschek und manche seiner Freunde dann nicht nur "Raki am Igman" getrunken haben (s. Amaz), sondern auch den Berg Athos besucht haben werden. Ehrfürchtig. Ohne Raki.

Götz Kubitschek - Einem orthodoxen Abt vom Berg Athos unterworfen

Mitbegründet und sehr engagiert in seinen Aufbau ist also niemand geringerer als Götz Kubitschek, der langjährige "Vordenker" der Neuen Rechten in seinem Tagungszentrum Schnellroda (1, 2). Ob zu dem Unterstützerkreis dieses Klosters nicht auch Jürgen Elsässer gehört, der sich doch auch schon seit Jahren zur "Orthodoxie" hingezogen fühlt, kann an dieser Stelle einstweilen offen bleiben. Er bewegt sich in jedem Fall religiös in ähnlichen Zusammenhängen. Es werden aber gewiß noch zahlreiche andere Leute sein, die im politischen und vorpolitischen Raum tätig sind, und die solchen Klerikalen Ehrerbietung zeigen.

Der langjährige rechte französische "Vordenker" Alain de Benoist (geb. 1943) (Wiki) versteht sich ja in ähnlicher Weise schon seit vielen Jahren mit dem russischen Vordenker Alexander Dugin so herzerwärmend gut (GAj2015, a) - warum sollten da seine deutschen Freunde Karlheinz Weißmann oder Götz Kubitschek auch so ganz und gar anders gestrickt sein? Karlheinz Weißmann hätte von seinem Wohnort Northeim aus auch einen viel kürzeren Weg zum Meditationszentrum Kloster Buchhagen. 

Es wird zu berücksichtigen sein, daß sowohl der Patriarch von Moskau wie auch die Mönche vom Berg Athos in Verbindung stehen mit der Priesterkaste von Tibet, die nach außen hin durch den Dalai Lama repräsentiert wird, der nun wieder auch gute Kontakte aufrecht erhielt etwa zu einem Jörg Haider in Kärnten (wenn wir uns recht erinnern) (GAj2012). 

Man mag sich in diesem Zusammenhang auch an Äußerungen von Ernst Jünger, Friedrich Hielscher oder Hermann Hesse erinnern (die alle hier auf dem Blog schon behandelt worden sind), nach denen Angehörige östlicher oder westlicher Priesterkasten oft über die jeweiligen "Machtgrenzen" hinweg im friedlichem Gespräch miteinander stehen würden. Etwa in Berliner Cafe's oder in Freimaurerlogen. Vermutlich auch öffentlich, etwa so, wie sich der Atheist Jürgen Habermas mit dem - im weltlichen Bereich nie verurteilten Pädokriminellen - Josef Ratzinger unterhalten konnte.

Missionsversuche unter "Neuen Rechten"

Nun gibt es da den einstmals "links-", heute "rechtsorientierten" politischen Aktivisten Erik Ahrens (geb. 1994) (Wiki), der neben anderer Verwandtschaft in Griechenland auch eine griechisch-orthodoxe Großtante hat, mit der er schon früher griechisch-orthodoxe Gottesdienste besucht hat.

In einem neuen Video berichtet er von Geschehnissen aus dem Mai 2019, also von Geschehnissen, die fünf Jahre zurück liegen, und zwar von einem Besuch im Kloster Buchhagen, zu dem er von Götz Kubitschek eingeladen worden war, und der ihn, den Erik Ahrens, offenbar ebenfalls zu Gläubigkeit und Pfaffen-Verehrung bekehren wollte (1, 2):

"Der Kubitschek betreibt da dieses Kloster oder ist Teil dieses Klosters. (...) Er fährt da sehr oft hin und er hilft seit Jahrzehnten, dieses Kloster aufzubauen. Er hat mich eingeladen, da doch auch mal hinzufahren."

Und über den "Abt", den Herr Pfeiffer aus Hofgeismar, sagt er (1, 2)

"Götz Kubitschek unterwirft sich ihm spirituell. Das heißt, hier ist das innere geistige Zentrum der Neuen Rechten." "Hier kommen die Ideen her."

Und (1, 2):

"Alles, was die Neurechte predigt, kommt von dem."   

Und (1, 2):

"Er will einen deindustrialisierten, mitteldeutschen Agrarstaat, im besten Fall feudal, so eine Art völkische, christliche Bauernromantik" 

Ahrens spricht von einem "deutsch-orthodoxen Sektenkult", zu dem er auch Martin Sellner zählt, der den Götz Kubitschek "Chef" nennen würde. Es hat schon 2019 Streit gegeben zwischen Ahrens und Kubitschek, nämlich darüber, daß der AfD-Politiker Maximilian Krah aus der rechtskonservativen Fraktion des Europäischen Parlamentes ausgeschlossen wurde. Seither scheint der Haussegen zwischen Kubitschek und Ahrens schief zu hängen und Ahrens plaudert solche Missionsversuche aus und äußert sich auch sonst äußerst abfällig über die Aktivitäten der Leute in Schnellroda (1, 2):

"Was ihr macht, ist GZSZ, was ihr macht, ist Fake."  

Nun, dieser Blog sieht das schon seit vielen Jahren so (GAj2018). Die ganze "konservative Revolution" dient im Wesentlichen nicht dazu, Völker erhaltende, sondern Völker zerstörende Ziele zu verfolgen. Nämlich solche, wie sie in klerikalen Kreisen schon seit Jahrhunderten verfolgt werden. In dem Kloster Buchhagen leben nur wenige Mönche. Aber es gibt einen größeren Unterstützerkreis von Seiten offenbar "gläubiger" Menschen und Familien rund um dieses Kloster herum. "Viele junge Männer" kommen immer wieder zu Besuch in dieses Kloster. Frauen sind dort - offenbar - weniger erwünscht. (Vielleicht gibt es für die ja Nonnenkloster und sonstige Schwestern-Zirkel, die noch nicht bekannt geworden sind.)

Ein Bericht über das Kloster auf dem Berg Athos, 1920/1961

Frauen dürfen auch das Kloster des Berges Athos nicht betreten. Der griechische Schriftsteller Nikos Kazantzakis (1863-1957) (Wiki) gab 1961 sein aufgesetzt-tiefsinniges Buch "Rechenschaft vor El Greco" heraus. Es war das jene aufgesetzte Tiefsinnigkeit, die in den 1950er und 1960er Jahren in der westeuropäischen Literatur so üblich war, und die sich heute oft außerordentlich unangenehm liest in all ihrer Aufgesetztheit. In dem Kapitel "Berg Athos" berichtet er über einen Besuch, der zu jenem Zeitpunkt schon vierzig Jahre zurück lag, der also Anfang der 1920er Jahre stattfand:

Wir betraten den heiligen Boden; die Mönche am Landungskai prüften mit geübtem Auge jeden einzelnen, der an Land ging, ob er eine Frau in Männerkleidung sei. Seit tausend Jahren, da der Heilige Berg der Jungfrau geweiht wurde, hat kein Frauenfuß den Boden betreten, kein Frauenatem die Luft entweiht. (...)
"Und hat niemals eine Frau den Heiligen Berg betreten?" fragte ich. 
"Niemals, niemals", antwortete der Ältere und spie in die Luft. "Geh hinter mich, Satan," murmelte er.

Manchmal würden Frauen trotzdem versuchen, in Männerkleidung ins Kloster zu kommen. Aber die Mönche würden sie sofort erkennen, nämlich am Geruch:

"Riechen Frauen denn anders, heiliger Vater?" fragte er ihn. "Wie denn?"
"Wie Stinktiere", antwortete der Alte und beschleunigt den Schritt.  

Wir merken: Wir begegnen hier dem Tiefsinn auf höherer Ebene. Statt daß der Autor nach einer so ekelhaften Begegnung stante pede diesen zutiefst ekelhaften Boden wieder verlassen hätte, führte er seine "Pilgerreise" fort - und zwar, wie es heißt: "verzückt und glücklich". Der ganze Bericht, der sich über viele Seiten hinzieht, liest sich abscheulich. Es findet sich auch folgender Wortwechsel, der trotz seiner sehr eindeutigen Andeutung kommentarlos stehen bleibt:

"Hast du jemals, heiliger Pförtner, den Teufel gesehen?" fragte wiederum mein Freund.
"Und ob ich ihn gesehen habe! Natürlich habe ich ihn gesehen."
"Wie sieht er aus?"
"Bartlos, mollig, zarthäutig, zwölf Jahre alt."

Es ekelt und würgt einen, wohin man in diesem Bericht blickt. Überall nur solcher - - - "Tiefsinn". 1961. "Geh hinter mich, Satan," möchte man in der Tat dauernd nur zu all dem Ekelhaften sagen.

"Rechte" wie "Linke" - Mit Blick zum Patriarchen von Moskau?

Spätestens seit 2003 hat der der "Abt" Pfeiffer und sein Missionskloster von Mainstream-, und vor allem linksorientierten Presseorganen keineswegs nur keine oder bestenfalls spöttische oder neutrale mediale Anteilnahme erhalten. Im Gegenteil: Ehrfurchtsvolle (s. Welt2003TAZ2003NeuesDtschld2008). Von kritischer Berichterstattung bislang in solchen Presseorganen keine Spur. Peinlich, oder, TAZ? Hat der Abt Johannes euch etwas vorgegaukelt? Auch euch? Kann doch wohl nicht sein? Götz Kubitschek baut dieses Kloster auf und linke Presseorgane berichten positiv über dasselbe. Dann versteht man womöglich auch, warum ein Jürgen Elsässer so leicht zwischen "links" und "rechts" changieren kann ....  

Bemerkenswert ist womöglich auch eine Stelle in dem Literaturverzeichnis des Wikipedia-Artikels zum Kloster Buchhagen (Wiki):

Archimandrit Johannes: Vom Mysterium des Mönchtums. Verlag des Klosters Buchhagen, 2012, ISBN 978-3-926236-16-6 (64 Seiten).
Auf Veranlassung des Patriarchats von Moskau und der ganzen Rus ins Russische übersetzt:[30] Схиархимандрит Иоанн: О таинстве монашества, 2016

Nachfolger des Metropoliten Simeon ist seit 2013 der sicherlich ähnlich glaubensfeste Metropolit Antonij (geb. 1978) (Wiki). Über diesen heißt es  (Wiki):

Am 27. November 2021 traf sich Metropolit Antonij bei einer Privataudienz mit Papst Franziskus. Diesem war er bereits bei Franziskus’ Bulgarienreise 2019 begegnet.

Wir können nur innigst hoffen, daß er bei solchen Gesprächen keinen "Verrat an der Orthodoxie" begeht. Aber traue niemals. Satan ist überall ... 

Wir selbst hatten Leute wie Alain de Benoist, Götz Kubitschek, Ellen Kositza oder Karlheinz Weißmann bislang als "Rechtskatholiken" eingeordnet. Sind sie vom Jesuitenorden als Sturmtruppe aufgestellt worden, um die Machtbasis des Patriarchen von Moskau zu untergraben durch freundliche Gespräche mit Alexander Dugin und Konsorten? Man soll auf diesem Gebiet nichts für unmöglich halten. "Falsche Mönche" gibt es überall. Und falsche "Nonnen" sowieso. Patriarch von Moskau hüte dich, der Jesuit verkleidet sich in die unmöglichsten Gewänder. Manchmal in die Gewänder von "Rechtsintellektuellen".

Aber vielleicht nimmt das Kloster Buchhagen auch ganz offiziell eine Art "Mittler"-Stellung, "Vermittler"-Stellung ein zwischen den beiden stark verfeindeten, miteinander im Bekehrungskrieg stehenden Priesterkasten, nämlich der Päpstlich-jesuitisch-westlich-orthodoxen und der Moskau-orthodoxen. Vielleicht ködert man auch junge Männer, die katholisch aufgewachsen sind - wie Götz Kubitschek -, damit, daß sie in der orthodoxen Kirche alles als viel "ursprünglicher" vorfinden würden als in der auf Abwege geratenen katholischen Kirche. Am Berg Athos erkennt man den Satan ja noch am Körpergeruch. Das ist doch was!   

Es kann also - wie wir unterstellen möchten - auch sein, daß sich hier der Jesuitenorden als "deutsch-orthodox" tarnt, um - auch - über dieses Kloster sowohl in den Bereich der Neuen Rechten in Deutschland als auch in die russisch-orthodoxe Kirche in Osteuropa hineinzuwirken (was er ja auch sonst auf vielerlei Art in so gut wie alle Richtungen hin über die möglichsten und unmöglichsten Vertarnungen hinweg tut). Es kann aber auch heißen, daß das Moskauer Patriarchat sich hier einen Kommunikationskanal offen hält, über den es hofft, seinen Machtbereich - im Sinne von Alexander Dugin und Co - weiter nach Westen ausdehnen zu können.

Die moderne Welt ist auf einem Abgrund von klerikalen Bestrebungen errichtet. Die Gefahr, daß sie in diesen Abgrund hinein stürzt, war in keinem Geschichtsabschnitt der Neuzeit größer als im heutigen.

Spiegel TV fragt erstmals kritisch nach ....

/ Nachtrag, 28.2.25: In einem Beitrag wird betont, das Kloster Buchhagen sei ein ganz und gar unpolitischer Ort. Zu behaupten, in und mit dem Kloster würden politische Ziele verfolgt, würde das Kloster "beschmutzen" (3). Das hört sich sehr genau danach an, als ob sich jemand stark angegriffen fühlt. Und die Ausflüchte verfangen nicht. Auch im Kloster von Berg Athos geht es ja - offensichtlich - nicht völlig unpolitisch zu. Seit wann wäre Religion, zumal christliche Religion, jemals "unpolitisch" gewesen. In diesem Zusammenhang kann man sich gerne auch einmal den vielsagenden X-Account des Klosters selbst ansehen (X/Deutschorthodox). Entgegnung zu erstgenannten Beitrag hat es auch gegeben (Yt6.2.2025). / 

/ Nachtrag, 5.3.2025: SpiegelTV hat auf all das überraschend schnell reagiert. Im Verlauf des Februar 2025 hat ein Team das Kloster Buchhagen besucht und den dortigen Abt vor laufender Kamera zu Stellungnahmen gedrängt (4). /

/ Ergänzt durch Ausführungen 
zu Kazantzakis: 16.2.25
zu Jonathan Rudolph: 28.2.25 / 

________

  1. Ahrens, Erik: Mit Kubitschek im Kloster (das Geheimnis von Schnellroda), 3.2.2024 (Yt2024) (Kurzfassung)
  2. Ahrens, Erik: VRIL-Talk: Bericht aus der Unterwelt (mit Kubitschek im Kloster), 3.2.2024 (Yt2024) (Langfassung)
  3. Rudolph, Jonathan ("einwaldgaenger"): Ahrens, Kubitschek und das Kloster - eine Klarstellung (X, 5.2.2025)
  4. Neumann, Henrik: Pilgerort für Rechtsextreme - Kubitscheks Denkfabrik. SpiegelTV, 26.02.2025 (Yt)

Hoch effizient arbeitende Geheimdienste stellen sich als Versager dar ...

Seit Bismarck wissen wir, daß es für Politiker bei Ausbruch eines Krieges wichtig ist, wer von der Öffentlichkeit als Angreifer und wer als Verteidiger wahrgenommen wird (Stichwort "Emser Depesche").

Abb. 1: Ansicht der Stadt Gaza 1850 - Lithographie von C. W. M. van de Velde (1818-1898) (Arch)

Die Wahrnehmung eines Geschehens ist in den meisten Fällen viel wichtiger als das, was tatsächlich geschieht. So werden Verteidigungskriege in Angriffskriege umgemünzt und umgekehrt. Letztlich stellt sich immer die Frage: Wem nützt dieser Krieg? Cui bono?

Der Gazastreifen ist von allen Seiten militärisch abgeriegelt. Er sollte eigentlich entmilitarisiert sein. Trotzdem ist er bis an die Zähne bewaffnet. Wie kann das sein?

Eine hoch effizient arbeitende militärische Überwachungs-Maschinerie hat wieder und wieder "leichtfertig" statt hoch effizient gearbeitet. Denn es ging ja nur um das Leben israelischer Mitbürger, da kann man schon mal "leichtfertig" sein. Wir lesen (Tagesschau2/2024):

Doch wie war es möglich, daß die Hamas im Gazastreifen, der jahrelang von Israel und Ägypten weitgehend abgeriegelt wurde, solch ein Waffenarsenal aufbauen konnte? Yehoshua Kalisky, Waffenexperte beim sicherheitspolitischen Think Tank INSS in Tel Aviv klärt auf, daß es unterschiedliche Wege dafür gab. Einer davon war Schmuggel: "Ein Großteil des Schmuggels über das Meer erfolgte mit Hilfe der Fischer. Israel ging zu leichtfertig mit den Fischern um, sie wurden nicht ausreichend kontrolliert. Sie schmuggelten die Waffen", sagt Kalisky. ... 

Hocheffizient "leichtfertig" gearbeitet, möchte man sagen. Unter Inkaufnahme des Lebens israelischer Mitbürger. 

Auf Wikipedia lesen wir außerdem über "Die Geheimdienstliche Lagebeurteilung im Vorfeld" des 7. Oktober 2023 (Wiki):

Die Überwachung der Hamas wurde seit der Regierungsübernahme Netanjahus 2022 weitgehend zurückgestellt, der Fokus der Geheimdienste wurde von der Hamas abgezogen.

Das macht wirklich Sinn. Oder? Und weiter:

Die für Überwachung der Funkkanäle der Hamas zuständige Einheit des Geheimdienstes Schin Bet war ein Jahr vor den Anschlägen eingestellt worden.

Das macht noch mehr Sinn. Oder? Und weiter:

Von Netanyahu ausgehend wurde die Hamas nicht weiter aktiv bekämpft, um diese als nützlichen Gegenspieler zur Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland zu halten.

Als nützlichen Gegenspieler. Das ist dann schon frivol und markiert die eigentliche Zielrichtung. Man braucht immer "nützliche Gegenspieler". Und weiter:

Bereits 2022 lag israelischen Behörden unter dem Codenamen 'Jericho-Mauer' ein Dokument vor, das bis ins Detail den Angriffsplan beschrieb. Militär- und Geheimdienstexperten glaubten allerdings, daß es für die Hamas zu anspruchsvoll und schwierig wäre, ihn umzusetzen.

Na klar. Wenn man es ihr schwer gemacht hätte, wäre es auch zu anspruchsvoll und schwierig gewesen. Gewiß. Aber es geht ja nur um das Leben israelischer Mitbürger und um das Leben von Ausländern in Israel. Da braucht man solche Pläne nicht ernst nehmen als hoch gerüsteter, ansonsten bestens vorbereiteter Staat, der voller Stolz auf seine Armee und seine Geheimdienste blickt. Und weiter:

Weibliche Angehörige der 'Überwachungseinheiten' der israelischen Armee (tatzpitaniyot), die von vielen als die 'Augen der Armee' bezeichnet werden, berichteten Monate und Wochen vor dem Terrorangriff von auffälligen Übungen und Aktivitäten der Hamas am Grenzzaun, die nach ihrer Ansicht auf einen Angriff hindeuteten. Eine Analystin stellte fest, daß das Training dem 'Jericho-Mauer'-Dokument sehr nahe komme, und informierte einen Befehlshaber der Gaza-Einheit, der jedoch abwarten wollte.

Klar. Abwarten ist gut:

Berichten zufolge soll Israel durch Abbas Kamel, Chef des ägyptischen General Intelligence Service, Tage vor den Anschlägen vor verdächtigen Aktivitäten der Hamas gewarnt worden sein. (...) Bestätigung erhielt die Einschätzung von Michael McCaul, dem Vorsitzenden des United States House Committee on Foreign Affairs, im Rahmen einer geheimdienstlichen Unterrichtung von führenden Mitgliedern des US-Kongresses. Hinweise auf bevorstehende Angriffe kamen auch von US-Geheimdiensten, die mindestens zwei Einschätzungen erstellten und die Regierung Biden vor einem erhöhten Risiko eines palästinensisch-israelischen Konflikts in den Wochen vor dem Angriff warnten. In einer Aktualisierung vom 28. September wurde auf der Grundlage mehrerer Geheimdienstinformationen davor gewarnt, daß die Terrorgruppe Hamas bereit sei, ihre Raketenangriffe über die Grenze hinweg zu verstärken. Eine Mitteilung der CIA vom 5. Oktober warnte allgemein vor der zunehmenden Möglichkeit von Gewalt durch die Hamas. Am 6. Oktober, dem Tag vor dem Anschlag, berichteten US-Beamte dann konkret von ungewöhnlichen Aktivitäten der Hamas.

Und so weiter und so fort. Wenn etwas stattfinden soll, finden Geheimdienste Wege, daß es stattfindet. Und sei es, indem sie sich öffentlich als "leichtfertig" und als Versager hinstellen. 

"Erwachende Germania"

Gesellschaftlicher Aufbruch - heute!

Es gibt das Gemälde "Erwachende Germania" (Wiki) von Seiten des Düsseldorfer Malers Christian Köhler aus den Jahren 1848/49.

Abb. 1: "Erwachende Germania" (1848/49)

Nur daß man mal ein Gespür dafür entwickelt, ein Gefühl dafür bekommt, wie das aussehen könnte.

Wenn nämlich Germania selbst - keine Parteien, keine Politiker, keine Schreiberlinge, keine "Patrioten" - erkennt, wie verzerrt ihr Angesicht ist, wie sie es sich hat verhunzen lassen. Wenn Germania selbst sich - - - nicht mehr in den Spiegel sehen kann bei all dem, was sie tut - oder läßt. Wenn Germania erkennt: Germania, das bin ich selbst, das bin ich, der einzelne. Jeder Deutsche.

Jeder mit Deutschland Fühlende.

Ein Spielfilm über die deutsche Ostfront 1944

Auf einen ausgesprochenen Kriegsfilm ist hier auf dem Blog noch hingewiesen worden. Genau das soll aber im folgenden Blogartikel geschehen. 

Abb. 1: Ein estnischer Freiwilliger der Waffen-SS in der Zeitschrift "Signal", September 1944 (Wiki)

Der Film "1944" (Wiki), zu Deutsch "Brüder und Feinde", ist ein estnischer Spielfilm aus dem Jahr 2015. Er kann einem auf Facebook vorgeschlagen werden (Fb). Im ersten Augenblick denkt man bei den gezeigten Szenen, daß es sich um eine sehr angemessene Wiedergabe des tatsächlichen Geschehens an der deutschen Ostfront zwischen 1941 und 1945 handelt. 

Unter anderem anhand eines Beispiels aus der Familiengeschichte hatten wir uns 2012 an dieses Geschehen angenähert (GAj2012). Die Abwehr- und Grabenkämpfe, von denen da zu reden war, sind hier genauso dargestellt. Sehr genau und korrekt (s.a. Yt).  

Die Szenen geben das Erleben der deutschen Soldaten an der Ostfront im Prinzip richtig wieder. Zumindest findet sich keine falsche Schlagseite.

Man glaubt sich nicht daran erinnern zu können, so etwas vorher schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Die Szenen geben das Erleben korrekt wieder. Es war ein Kampf auf Leben und Tod. Vier Jahre lang. Die blutigste Front, die es jemals in der Weltgeschichte gegeben hat.

Daß die Darstellung in vielen Teilen sehr korrekt ist, wird auch von militärgeschichtlich versierter Seite ähnlich gesehen (s. Yt/Bacuffz). 

Hier auf dem Blog hatten wir uns auch mit den Endkämpfen in Berlin (GAj2012a, GAj2012b) und in Brandenburg (Stgen2011, GAj2017) beschäftigt. Aber bisher war uns nie ein Spielfilm über den Weg gelaufen, der solches dramatische Geschehen so angemessen zur Darstellung bringt.

Der ganze Film "1944" ist derzeit kostenlos auf Youtube zu sehen. Man kann ihn sich ansehen (Yt). Er besteht fast nur aus Kriegsszenen. Das mag man als etwas einseitig erachten. Atmosphärisch wünschte man sich sicherlich noch allerhand "treffender", "genauer" dargestellt. Vieles "stimmt" aber eben auch. Um einen Eindruck vom echten Atmosphärischen zu erhalten, findet man sowieso viele zeitgenössische Fotografien, die das vermitteln (s. Abb. 1) (s. Gg).

Konkret behandelt der Film die Erfahrungen der Kämpfer in der estnischen Waffen-SS (Wiki). Der estnische Wikipedia-Artikel dürfte der ausführlichste über ihre Geschichte sein (Wiki). In ihm erfährt man viele Einzelheiten über die schweren Kämpfe, in denen auch die estnischen Waffen-SS gestanden hat.

Aber der Film thematisiert überhaupt das schwere Schicksal der Esten, zunächst unter sowjetischer Besatzung 1940/41, dann den Umstand, daß Esten auf beiden Seiten der Front kämpften. Und schließlich die Rückeroberung Estlands durch die Sowjetunion und das Erleben jener estnischen Soldaten, die auf Seiten der Sowjetunion kämpften.

Ein fürchterliches, grauenhaftes Geschehen.

***

Wer weiß, wie Kriege in den letzten 150 Jahren "gemacht" worden sind und gemacht werden, der weiß auch, daß hier nicht irgendwelche Völker, Nationen oder Vordergrund-Politiker, sprich Marionetten "schuld" sind. Sondern daß elitäre, weltweit vernetzte Hintergrundmächte diesen Geschichtsablauf so gesteuert haben wie er abgelaufen ist. 

Der furchtbare Menschenhaß, von dem diese Eliten geleitet sind, findet sich in jener elitären Pädokriminalität wieder, von der in den letzten fünfzehn Jahren immer wieder Neues weltweit bekannt wird, und die es schon seit Jahrhunderten gibt. Systematisch praktiziert und "zugelassen" im Jesuitenorden, in der katholischen Kirche, in der Freimaurerei, in Pädokriminellen-Ringen im britischen Parlament, rund um Jimmy Savile, Jeffrey Epstein, innerhalb deutscher Landesregierungen, innerhalb deutscher Bundesregierungen.

Die Völker sollten darüber endlich zur Besinnung kommen und aus dieser Besinnung heraus alles Gegeneinander-Aufhetzen unterlaufen. Eiskalt daneben stehen bleiben und klaren Blick bewahren auf all die Verbrechen. Auf all die unnennbaren, fürchterlichen Verbrechen.  

"Praga Caput Regni"

"Prag, Hauptstadt des Reiches"

Die deutschen Könige und Kaiser des Früh- und Hochmittelalters wollten die Macht und Herrlichkeit ihrer Reiche durch Architektur zum Ausdruck bringen. So entstand der Kaiserdom zu Speyer, es entstanden die Kaiserpfalzen (Wiki). Von diesen Bemühungen haben sich nur Bruchstücke erhalten, die heute kein Stadtbild mehr prägen. Viel zu viele städtebauliche Veränderungen der nachfolgenden Jahrhunderten gestalteten das Stadtbild um.

Nicht so in Prag. 

Abb. 1: Prag - Hradschin und Karlsbrücke bei Nacht (Wiki) - Fotografiert von Jorge Royan 2008

Kaiserlicher Wille zu Macht und Herrlichkeit, Stolz des Bürgertums auf die von ihm hervorgebrachte Stadt, ausgesprochen in der Sprache der Architektur und in der städtebaulichen Einheitlichkeit des 14. Jahrhunderts haben sich in Prag bis heute erhalten und prägen das Stadtbild entscheidend mit.

Ab 1750 waren Hauptorte weltlicher Macht im deutschen Sprachraum etwa Berlin oder Wien (Wiki). Nur sie könnten sich von der Größe der städtebaulichen Gestaltung mit Prag messen. Die historische Tiefendimension jedoch, die Prag aufweist, kann man weder in Berlin noch in Wien erleben. Das Stadtbild von Wien oder Berlin ist heute nicht mehr ausgesprochenermaßen durch die Architektursprache des Spätmittelalters geprägt, des 14. Jahrhunderts.

Ganz anders Prag.

Abb. 2: Altstädter Ring mit Mariensäule, vor 1906

In Prag rückt einem das deutsche Spätmittelalter des 14. Jahrhunderts ganz nahe. Und zwar gleich mit dem ersten Blick. Nur in den seltensten Fällen wird jemand diesem Jahrhundert, dem 14. Jahrhundert überhaupt eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben - bevor er nach Prag kam. Es gibt ja auch so viele andere Jahrhunderte, die für die politische und kulturelle Geschichte Deutschlands oder Europas bedeutender waren. Warum also gerade dem 14. Jahrhundert besondere Beachtung schenken? 

Prag jedoch, das Überdauern seiner Architektursprache, seiner "Größe" ist so etwas wie der Ausdruck der Macht und der Herrlichkeit des deutschen Reiches im 14. Jahrhundert. Man kann es kaum glauben, daß auch dieses Jahrhundert - oder erstmals dieses Jahrhundert - zu solcher Pracht- und Machtentfaltung in der Lage war. Fast möchte man dieses 14. Jahrhundert in der deutschen Geschichte ja als eine Art "Ruhezeit", "Schonzeit" betrachten, vielleicht ein wenig im Abseits der großen weltgeschichtlichen Auseinandersetzungen - etwa mit dem Papst in Rom oder mit dem Jesuitenorden.

Abb. 3: Die Parler und der Schöne Stil - Kunst in Prag 1350 bis 1400

Aber gerade in dieser Schonzeit bereitete sich in genau dieser Region ein neues Zeitalter vor. Der Jesuitenorden hat ausgerechnet in Prag im Kirchenbau eine barocke Pracht entfaltet, die ebenfalls ihresgleichen sucht andernorts. Und warum? Es geschah als Machtdemonstration, und zwar im Zuge der Rekatholisierung Böhmens am Beginn des Dreißigjährigen Krieges - durch berittene "Seligmacher" und durch die berühmten Hinrichtungen in Prag, zu Deutsch: durch Zwangskatholisierung. 

Böhmen war schon im 15. Jahrhundert mit den Hussitenkriegen der deutschen Reformation weit voraus geeilt (Wiki). Ab dem 17. Jahrhundert versank es als eines der ersten kernprotestantischen Länder in der Dumpfheit des römischen Katholizismus.

Immerhin tastete dieser Katholizismus in vieler Hinsicht die spätmittelalterliche Überlieferung nicht an. Vielmehr pflegte und schonte er sie. Deshalb ist Prag heute insbesondere Inbild alter deutscher Kaiserherrlichkeit. Von der Einheitlichkeit und Größe der Architektursprache her ist es diese Stadt mehr als etwa Nürnberg, mehr als der "Römer" und der Kaiserdom in Frankfurt am Main, mehr als die Kaiserpfalz von Aachen - oder welche Vergleiche man immer heranziehen möchte.

Ab etwa 1340 ist Prag zur Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation geworden. Und wem nun hat Prag diesen Aufstieg zu verdanken? Dem Kaiser Karl IV. (1316-1378) (Wiki) (Abb. 4). Wer aber nun kennt eigentlich diesen Kaiser außerhalb von Prag und Böhmen?

Abb. 4: Kaiser Karl IV. - Der Erbauer des heutigen Prag - Porträt von Peter Parler (hdbg)

Immerhin, auch in der Brandenburger Geschichte hat dieser Kaiser Karl IV. eine wichtige Rolle gespielt, also für die Geschichte des Kernlandes Preußen (5). 1371 hat er nämlich von Böhmen aus die Mark Brandenburg erobert und gekauft. Tangermünde an der Elbe hat er zur Zweitresidenz ausgebaut. Deshalb also ist auch Tangermünde so schön und anrührend! Auf was für Verbindungen man stößt, wenn man in Prag weilt. Es liegt ebenso herrlich am Ufer der Elbe wie Prag am Ufer der Moldau liegt. Und außerdem hat Karl IV. in Brandenburg eine Landaufnahme durchführen lassen (Wikia), die bis heute als wertvolle historische Quelle dient.  

Aber gehen wir noch einmal zwanzig Jahre zurück: 1349 ist Karl IV. zunächst einmal zum alleinigen und rechtmäßigen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation gewählt worden. In Frankfurt am Main. In Aachen ist er gekrönt worden. Den Sitten der Zeit gemäß hatte ihn diese Wahl sehr viel Geld gekostet. Aus dem wirtschaftlichen Reichtum seiner böhmischen Länder heraus konnte er sich diese Wahl finanzieren. 

1341 schon war er faktischer König von Böhmen geworden, da sich sein Vater Johann wegen Erblindung aus der Regierung zurück gezogen hatte. Im 14. Jahrhundert war die wirtschaftliche Entwicklung in Europa so weit gediehen, daß - sozusagen - "Großstädte" entstehen konnten und daß diese ihren Rang auch über die Jahrhunderte hinweg als solche bewahren konnten. Deshalb steht sie heute noch vor uns: Die spätmittelalterliche Kaiserherrlichkeit Prags.

Abb. 5: Der Dombaumeister Peter Parler (1330-1399) im Selbstporträt - Der große Stadtbild-Gestalter Prags (Fotograf: Franz Höch, 1940) (aus 1) 

Blickt man in das Antlitz des großen Stadtbild-Gestalters Prags, des Dombaumeisters und Bildhauers Peter Parler (1330-1399) (Wiki(Abb. 5), blickt man zugleich auf das von ihm geschaffene Porträt seines Auftraggebers, des Kaisers Karl IV. (Abb. 4), dann möchte man meinen, daß er, der Peter Parler, der Mächtigere von beiden war, der Kraftvollere, der Energischere. Der, dem eigentlich die Schönheit Prags zu verdanken ist - viel weniger seinem Auftraggeber, der ihm nur die Mittel dafür bereit stellen mußte. Auf jeden Fall ergänzten sich beide. Mit dem Regierungsantritt Karls IV. begann die Glanzzeit Prags und damit das Wirken des Dombaumeisters Peter Parler (Wiki):

Nachdem Karl 1344 für die Erhebung des Prager Bistums zum Erzbistum gesorgt hatte, leitete er den Baubeginn des gotischen St. Veitsdoms (katedrála sv. Víta, Václava a Vojtěcha) ein.

Dieser wurde vollendet von Peter Parler. Und weiter (Wiki):

Die umfangreiche Bautätigkeit in seiner Residenz machte Prag zur Goldenen Stadt. Davon zeugt vor allem die Karlsbrücke über die Moldau.

Errichtet von Peter Parler. Und weiter (Wiki)

1348 gründete Karl die erste Universität im östlichen Mitteleuropa, die Karls-Universität (Univerzita Karlova), nach dem Vorbild der durch Kaiser Friedrich II. errichteten Universität von Neapel und dem des Studium generale an der Pariser „universitas“. Prag wurde von ihm zu einem der wichtigsten geistigen und kulturellen Zentren seiner Zeit ausgebaut und zur De-facto-Haupt- und Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches (Praga Caput Regni: Prag Hauptstadt des Reiches lautet eine Inschrift am Altstädter Rathaus). (...) Die von Johannes von Neumarkt geführte kaiserliche Kanzlei war vorbildlich für die Ausbildung der neuhochdeutschen Sprache. Die Prager Malerschule führte die spätgotische Tafelmalerei zu höchster Blüte.

Karl IV. holte den Bildhauer und Dombaumeister Peter Parler, der in Gmünd in Schwaben geboren worden war, von Köln nach Prag. Dieser nun vollendete den Veitsdom, erbaute die Karlsbrücke samt ihrer eindrucksvollen Brückentürme auf beiden Seiten der Moldau. Und damit prägte er das Stadtbild Prags mehr als alle anderen. Er schuf auch sowohl ein Selbstporträt wie auch Porträts des Kaiser Karl IV. und seiner engsten Familienangehörigen (Abb. 6). Welch herrliche Kunstwerke. Welch glanzvolle Zeit.

Die Karlsbrücke war ein technisches Meisterwerk ihrer Zeit. Sie war zuvor nicht für möglich gehalten worden. Die Bildsprache Peter Parlers ist nüchtern, ist sachlich, ist ein "schöner Stil". Aber sie ergreift, sie packt.

Abb. 6: Wenzel IV., Sohn Kaiser Karls IV. - Porträt von Peter Parler  (hdbg)

Prag, Böhmen und Mähren - sie waren zwischen 1212 und 1918, also den größten Teil ihrer Geschichte Teil des "Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation", sowie ab 1806 Teil des Kaiserreiches Österreich. Selten irgendwo sonst in Deutschland oder Österreich ist die Prachtentfaltung und der Reichtum europäischer Kultur in der Architektursprache so dicht und so stark zum Ausdruck gekommen und erhalten geblieben wie in Prag. Prag erweitert das Herz. Prag erweitert die Geschichtskenntnis, das Geschichtsbewußtsein, das Bewußtsein von der Größe europäischer Kultur und Vergangenheit.

Welche europäische Hauptstadt früherer oder heutiger Zeiten könnten sich allein von der landschaftlichen Lage her mit Prag messen? Oh, die herrliche Moldau. Mit welch elegantem Schwung sie die Stadt umfließt, wie lieblich sich um sie die Hügel schließen, wie wunderschön sie die Altstadt vom Burgberg trennt, vom schönen, schönen Hradschin! Welch wunderschöne Blicke von den Anhöhen hinunter auf die Moldau und weit, weit in die weite Ferne. Und welch wundervoller, prachtvoller Anblick, unten, vom Ufer hinauf auf den Hradschin. Bilder, die lebendig bleiben auch lange Wochen später noch, nachdem du Prag wieder verlassen hast. 

Abb. 7: Prag im Jahr 1720 - Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin (ets)

Wen mag es da wundern, daß diese Kernregion Böhmens, in die schon so viele vorgeschichtliche Völker und Kulturen hinein geströmt sind (Stgen2021), früh zum Regierungssitz der böhmischen Herzöge und Könige und schließlich der deutschen Kaiser auserwählt wurde? 

Nur schade, schade!, schade!, daß diese so anrührende, berühmte, herrliche Stadt heute so überaus stark von Touristen aller Länder förmlich überrannt, überlaufen wird. Ab 10 Uhr morgens kannst du dich nicht mehr sinnvoll auf der Karlsbrücke zwischen Altstadt und Hradschin fortbewegen, kommst du auch nur zäh innerhalb der Menschenmassen in der Altstadt weiter. Besucher, stehe früh auf! 

Abb. 8: Ansicht von Prag - aus "Vaterländische Bilder-Chronik aus der Geschichte des österreichischen Kaiserstaates" von: Anton Ziegler (1846)

Du solltest dir auch die Grundriß-Einteilung des historischen Prag klar machen: Prag war eingeteilt in Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin (Abb. 7)

Hingewiesen sei vorläufig noch darauf, daß Deutsche in der Geschichte und Kulturgeschichte Böhmens und Mährens über Jahrhunderte hinweg auf allen Gebieten eine wichtige Rolle spielten, so auch auf dem Gebiet der Naturwissenschaft und Technik. Hier ein kleiner Ausschnitt (Wiki):

Im Jahr 1460 wurde in Eger der berühmte Mathematiker Johannes Widmann geboren, der Plus- und Minuszeichen einführte. Er arbeitete die meiste Zeit seines Lebens in Leipzig. 
Die Ära Rudolfs II. war auch eine Ära der wissenschaftlichen Blüte. An seinem Hof ​​in Prag arbeiteten die Astronomen Tycho Brahe und Johannes Kepler. Darüber hinaus wirkte zu dieser Zeit in Prag der prominente jüdische Mathematiker David Gans. Der Arzt Ján Jesenský führte die erste öffentliche Autopsie in Prag durch.
Der aus Kronland stammende Jan Marek Marci und der Botaniker Georg Joseph Kamel gehörten zu den Spitzengelehrten der heimischen Barockwissenschaft. Der Priester Prokop Diviš erfand den Blitzableiter. Alois Senefelder, der 1796 die Lithographie erfand, wurde zu dieser Zeit ebenfalls - eher zufällig - in Prag geboren. (...)
Auch im Bereich der Naturwissenschaften verließen viele talentierte Einheimische ihre Heimat. Der Mathematiker Kurt Gödel, die Biologen Gerty und Carl Cori (Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin), der Astronom Johann Palisa, der Physiker Georg Placzek, der Chemiker Johann Josef Loschmidt, der Pionier auf dem Gebiet der Bodenmechanik Karl von Terzaghi, die Mathematikerin Olga Taussky-Todd, der Botaniker Heinrich Wilhelm Schott, die Astronomen Theodor von Oppolzer und Joseph Johann von Littrow, der Begründer der Dermatologie Ferdinand von Hebra, der Chemiker Hans Tropsch. In Wegstädtl in Nordböhmen wurde Franz Reichelt geboren, ein Pionier des Fallschirmspringens, der beim Testen eines selbst gefertigten Rettungsanzugs beim Sprung vom Eiffelturm starb. Auch der tschechische Arzt Karel Rokytanský ging nach Wien. Von den deutschsprachigen Wissenschaftlern in den böhmischen Ländern blieben dagegen der weltbekannte Biologe Gregor Mendel, der Begründer der Genetik, und der Physiker Ernst Mach. Auch der Physiker Albert Einstein arbeitete für kurze Zeit in Prag an der deutschen Universität. (...)
Ein weiterer Autodesigner, Ferdinand Porsche, wurde ebenfalls in der Tschechischen Republik geboren, machte sich jedoch vor allem in Deutschland einen Namen (...). Unter den Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden, war auch der Physik-Nobelpreisträger von 2007, Peter Grünberg.

Soweit nur ein kurzer Ausschnitt, um hier in einem ersten Schritt auf diese umfangreiche Thematik aufmerksam zu machen. 

Die Entdeckung der flüssigen Kristalle - Prag, 1888

Während unseres allzu flüchtigen Rundgangs durch Prag kamen wir an diesem Haus mitten in der Altstadt in einer schmalen Gasse vorbei (s. Abb. 9). Es war morgens und dennoch war die eher abseitige Gasse schon sehr belebt, wie man sieht.

Abb. 9: Vor einem Haus der Deutschen Universität Prag, in dem Prof. Friedrich Reinitzer (1857-1927) im Jahre 1888 den ersten flüssigen Kristall erfunden hat - an einem Märztag vormittags

Auf einer dort angebrachten Bronzetafel lasen wir:

Prof. Friedrich Reinitzer (1857-1927) hat in diesem Gebäude der Deutschen Universität in Prag im Jahre 1888 den ersten flüssigen Kristall erfunden.

Reinitzer war in Prag als Sohn eines Weinbauern geboren worden. Ab 1895 war er dann an der Universität Graz tätig. Über seine Entdeckung mag hier deshalb ein längeres Zitat Platz finden, weil der flüssige Kristall von Seiten naturwissenschaftsnaher Philosophie im Jahr 1923 als wichtige evolutionäre Übergangsstufe zum Leben auch tiefere philosophische Deutung gefunden hat. Er wurde als wichtige evolutionäre Zwischenstufe benannt auf dem Weg vom festen Kristall über den flüssigen Kristall zur ersten Biozelle. Auch mit diesem Umstand wird noch einmal deutlich, welch wichtigen Ort Prag in der Wissenschaftsgeschichte einnimmt.

In was für engen Gassen die Prager damals lebten, Kinder bekamen, forschten und dichteten!

Rilke

Schließlich interessiert uns - unter anderem - noch, was einen von uns so hochgeschätzten Dichter wie Rainer Maria Rilke mit seiner Heimatstadt Prag verbunden hat. Er ist 1875 in der Heinrichsgasse 17 geboren worden (GB). 1924 ist sein Geburtshaus durch einen Neubau ersetzt worden. Aber was will das schon besagen: Hier ist Rilke geboren worden! Gegenüber befindet sich heute das "Museum der Sinne". Das ist eine Region innerhalb der Stadt im Grenzbereich von mittelalterlicher Alt- und Neustadt, wohl schon in der Neustadt gelegen. 

Gleich um die Ecke wurde 1898 die Jerusalem-Synagoge (Wiki) erbaut, weil das jüdische Viertel andernorts, das man als "Slum" empfand, abgerissen worden war und weil daselbst ein vornehmer neuer Stadtteil entstand. In die andere Richtung liegt der Roßmarkt aus dem 14. Jahrhundert, der 1848 in Wenzelsplatz umbenannt worden ist (Wiki). Nach Nordwesten zu liegt das Ständetheater, eines der ältesten Theater Europas. Man kann nicht aufhören. Wohin man blickt, Erhebendes.

Rilke hat in dem Gedichtband "Larenopfer - Prag in Gedichten" seiner Heimatstadt frühe Dichtungen gewidmet (GutenbGedichte). Sie stammen nicht aus seiner Reifezeit und sind von Rilke in seinen späteren Jahren - wohl mit manchem Recht - nicht als nachhaltig gehaltvoll anerkannt worden, als auf Augenhöhe stehend mit seinen späteren Dichtungen. Um so mehr fragt man nach reifer Dichtung oder Malerei (Wiki), die sich diesem außergewöhnlichen Phänomen "Prag" angenähert haben und ihm angemessen begegnet sind.

(Unsere Ausführungen zu "Rilke und Prag" wollen wir künftig noch ergänzen.)  

Abb. 10: Das Ende der Jahrhunderte langen deutschen Geschichte in der Stadt und in Böhmen - Mit angespannten Blicken ziehen Deutsche mit ihrer letzten Habe am 8. Mai 1945 vorbei an dem 1915 aufgestellten Denkmal für Jan Hus (Wikiauf dem Altstädter Ring (Aly) - der schon so vieles erlebt hatte in der Geschichte

Das Ende der viele Jahrhunderte langen deutschen Geschichte in Prag ist eingefangen in einer Fotografie (Abb. 10): Die Deutschen werden aus ihren Wohnungen ausgewiesen und ziehen mit ihrer Habe unter angespannten Blicken in Richtung der angrenzenden Häuser am Denkmal für Jan Hus auf dem Altstädter Ring in Prag vorbei - wenn wir es recht verstehen, Richtung Nordwesten. Vielleicht war ihnen versprochen worden, daß es dort noch eine Möglichkeit für die Abreise nach Deutschland geben würde, die es dann allerdings für viele doch nicht mehr gab. 

Vermutlich entstand die Fotografie am Nachmittag des 8. Mai 1945, an dem die noch in Prag stationierten deutschen Truppen aufgrund eines Waffenstillstandsvertrages nach Westen abziehen durften und zu einem Zeitpunkt kurz bevor die Stimmung unter den Tschechen vollständig umschlug. (Die Fotografie stammt von Stanislav Hulík, enthalten in dem Buch "Památník Pražského povstání" von 1946.) Zu der fotografierten Szene paßt vermutlich der Bericht einer Deutschen, die ihre Wohnung in er Benediktinergasse (GMaps) ganz in der Nähe hatte, und die mit ihrer Freundin und deren zwei Kindern, sowie ihrem eigenen eineinhalbjährigen Sohn von tschechischen Partisanen aus der Wohnung geholt worden war (6):

... Es waren schon sehr viel Menschen auf der Straße. Die ersten Steine flogen uns entgegen, aus den Fenstern und Türen wurden Gegenstände auf uns geworfen, und wir wurden angespuckt, gestoßen und geprügelt, wobei sich fast ausschließlich die tschechischen Frauen hervortaten. Wie eine Erlösung erschien es uns, daß wir, wenn auch sehr langsam auf die andere Seite zur Hybernská-Kaserne geführt wurden (...). Als wir das Eingangstor zur Kaserne gerade erreichten - es war noch sehr früh am Vormittag, und wir waren, wie sich später herausstellte, mit die ersten, die in unserem Wohnbezirk inhaftiert und eingesperrt wurden, stürzte sich ein Haufen Männer und Frauen auf uns, sie schlugen wild auf uns ein, rissen uns die Mäntel vom Leib und beförderten uns mit Fußtritten durch das Tor bis auf den Kasernenhof. (...) Überall standen Trupps Deutscher mit Gepäck, Kindern und Handwagen herum, bewacht von uniformierten Tschechen. ...

Die in diesem Bericht genannte Hybernská-Kaserne (von der Bearbeiterin falsch "Hyberna"-Kaserne benannt, da sich im Tagebuch der Deutschen nur die Abkürzung "Hyb.-Kaserne" fand) hieß bis 1918 Josefs-Kaserne (Wiki). Sie befand sich an der Stelle eines heutigen Einkaufszentrums (Wiki). Um diese Kaserne waren am Tag zuvor, am 7. Mai 1945, die heftigsten Kämpfe geführt worden (6). In den Ruinen dieser Kaserne wurden die Deutschen in den weiteren Stunden und Tagen völlig ausgeraubt und geplündert, viele Männer mußten Gräber ausheben und wurden erschossen (5). Viele hunderte anderer der hier internierten Deutschen blieben noch ein Jahr interniert, obwohl es sich fast nur um Frauen und Kindern handelte. All das ist auf den tschechischen Wikipedia-Einträge zu dieser Örtlichkeit nicht festgehalten.

Dieser Beitrag wird bei Gelegenheit künftig noch manche Ergänzung erhalten. 

Er ist nur ein Einstieg in mehrere, ebenso wunderbare wie schreckliche Themen. Prag - auch eine Hauptstadt in der Welt des Geistes und der Kultur, die ebenso die dunkelste Seite alles Menschlichen kennenlernte. 

/ letzte Ergänzung, 
Überarbeitung, 
gemäß [6]: 5.4.24
gemäß [7]: 7.4.24 /

___________

  1. Josef Pfitzner: Das tausendjährige Prag. Mit 79 Bildern von Franz Höch. Gauverlag Bayerische Ostmar 1940 (GB) (128 Seiten, davon 46 Seiten Text)
  2. Friedrich Heiss (Hrsg.): Das Böhmen und Mähren-Buch. Volkskampf und Reichsraum. Volk und Reich Verlag, Prag 1943 (GB
  3. Binder, Hartmut: Mit Rilke durch das alte Prag. Ein historischer Spaziergang. Mit zeitgenössischen Fotografien zu Rilkes 'Larenopfer'. Insel Verlag, 1994
  4. Die Parler und der Schöne Stil 1350-1400. Europäische Kunst unter den Luxemburgern. Resultatband zur Ausstellung des Schnütgen-Museums in der Kunsthalle Köln 1980, hrsg. von Anton Legner.
  5. Karl IV. - Ein Kaiser in Brandenburg. Hrsg. von Jan Friedrich Richter, Peter Knüvener und Kurt Winkler für das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Verlag für Berlin-Brandenburg 2016 (208 S.)
  6. Ursula Hübler: Meine Vertreibung aus Prag. Erinnerungen an den Prager Aufstand 1945 und seine Folgen. Hrsg. von Juliane Wetzel. R. Oldenbourg Verlag, München 1991 [Biographische Quellen zur deutschen Geschichte nach 1945. Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte und in Verbindung mit dem Bundesarchiv von Wolfgang Benz. Band 11.] 
  7. Stanislav Kokoška: Prag im Mai 1945 - Die Geschichte eines Aufstandes. Rok 2009 (pdf)

Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte

Professor Wolfram Bernhard (1931-2022) - Nachruf

"... diesen Charakter der steten Vernichtung"

Mein Lehrer am Anthropologischen Seminar der Universität Mainz, Professor Wolfram Bernhard (1931-2022) (Uni Mainz), ist im Februar diesen Jahres mit 90 Jahren gestorben (Tr.a.).

Ich habe 1993 bis 1995 bei ihm studiert und mich von ihm auch für das Erste Staatsexamen in Biologie prüfen lassen (schriftlich und mündlich).

Ich habe ihn immer als sehr menschlich, ja, geradezu als behutsam erlebt.

Ich habe es persönlich nie erlebt, aber ich weiß, daß er an der Universität Mainz scharfer Kritik ausgesetzt war. Insbesondere von Seiten von Studenten, die sich als besonders "fortschrittlich" wähnten, wenn sie eine altüberkommene Forschungsrichtung wie die Physische Anthropologie der übelsten Absichten und Machenschaften verdächtigten und beschuldigten. Solche Angriffe (die auch am Anthropologischen Seminar in Hamburg und vielerorts sonst wüteten) waren in jenen Jahren vollkommen ungerechtfertigt.

Prof. Bernhard
Aber ich hatte das Gefühl, daß diese Angriffe Professor Bernhard  schwer getroffen haben, daß sie ihn schwer belasteten. Das spürte man, auch ohne daß er jemals darüber irgendein Wort verloren hätte (zumindest in meiner Gegenwart). Man gewann den Eindruck, daß er ihnen gegenüber nur noch sprachlos und ohnmächtig verstummen konnte.

Meines Wissens und meiner Erfahrungen nach war Professor Bernhard gar nicht in irgendeiner Weise ein "Kämpfertyp", der solche Art von Anfeindungen und Kritik besonders leicht weggesteckt hätte. Von seiner ganzen Haltung her war er Mediziner, Arzt.

Aus der Traueranzeige, die viel von der zurückhaltenden, menschlich anmutenden Art von Professor Bernhard atmet, geht hervor, daß Professor Bernhard drei Kinder und elf Enkelkinder zurück gelassen hat. Offenbar sind alle seine drei Kinder ebenfalls Ärzte geworden.

"Ein der Wissenschaft gewidmetes Leben ist zu Ende gegangen,"

ist dort festgehalten dort (Tr.a.): 

"Wir sind dankbar dafür, daß er uns ein wertvoller Unterstützer und Ratgeber war und zu dem gemacht hat, was wir heute sind."

Der Traueranzeige in ein Schopenhauer-Wort vorangestellt:

"Das Tier lernt den Tod erst im Tode kennen: der Mensch geht mit Bewußtsein in jeder Stunde seinem Tode näher, und dies macht selbst dem das Leben bisweilen bedenklich, der nicht schon am ganzem Leben selbst diesen Charakter der steten Vernichtung erkannt hat."

Das ist ja eigentlich doch auch ein schreckliches Wort für einen Nachruf. Aus ihm kann man - wenn man will - viel von der inneren Trauer, ja, geradezu von der "Vernichtung" heraushören, die die Jahre langen Angriffe an der Universität auf ihn ausgelöst haben, und die man während seiner Vorlesungen auch glaubte, schon so erahnen zu können.

Politische "Aktivisten" jeder Coleur mögen solche Worte zweimal lesen, um eine Ahnung zu bekommen von dem, was sie anrichten, anrichten können bei weniger grobschlächtigen Menschen als sie selbst es - nur allzu meist - sind. Wie auch wollte man mit gar zu heftigen, emotionalen und vollkommen ungerechten Verunglimpfungen und Herabsetzungen die Welt zu einem "besseren Ort" machen? Völlig unmöglich.

Ja, Professor Bernhard konnte auf seine Mitmenschen zeitweise wie erstorben wirken. Ja. Und man konnte den Eindruck gewinnen, daß dort die Behutsamkeit und die Freundlichkeit herrührten, mit denen er auf Menschen zuging. 

Sucht man nun nach der Herkunft dieser Schopenhauer-Worte, kann man finden, daß sie in einem Aufsatz enthalten sind, der ebenfalls von einer Mainzer Hochschullehrerin verfaßt worden ist (1), und zwar von einer solchen, die in jenen Jahren bei dem hoch zu schätzenden Philosophie-Professor und Vorsitzenden der Schopenhauer-Gesellschaft Rudolf Malter wissenschaftliche Hilfskraft war, in denen ich selbst ebenfalls bei ihm studiert habe. 

Rudolf Malter wird sie also mit seiner Schopenhauer-Begeisterung ebenso angesteckt haben wie er so viele andere in seinen Vorlesungen und Seminaren für Philosophie ganz allgemein begeistern konnte. Wo immer Menschen aufeinander treffen, die einmal in Vorlesungen bei Rudolf Malter gesessen haben, da ist sofort eine inneres Band da, eine "Gemeinsamkeit", die höher ist als alle Vernunft (so möchten wir hier einmal sagen).

Und so sicherlich auch bei jenen, die Professor Bernhard einmal kennen und schätzen gelernt haben.

Wundervolle, schöne, leidreiche Mainzer Studentenjahre, wohin seid ihr entschwunden!

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  1. Helke Panknin-Schappert (Mainz): Arthur Schopenhauer und die Paradoxie des Todes. In: Schopenhauer-Jahrbuch 2006 (pdf)

Die "Republik der Gelehrten"

Ist das Antlitz unseres Zeitalters alternativlos?
- Nein, "Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!" Eine andere Zeit ist möglich
- Im folgenden aufgezeigt am Zeitalter der "Gelehrtenrepublik" des 18. Jahrhunderts, an einer Malerin wie Élisabeth Vigée-Lebrun und ihren hinreißenden Gemälden

"Republic of letters" (Wiki) - der Begriff fällt ins Auge und begeistert, wenn man ihn in einer Rezension erwähnt findet (1). Zu Deutsch "Republik der Gelehrten" (Wiki). Und zwar in der Rezension eines neuen Buches über die europäische Wissenschaftsgeschichte. Da ist nämlich die Rede von ... (1)

... den wissenschaftsgeschichtlichen Stichworten, nach denen die Wissenschaftsgeschichte heute üblicherweise gegliedert wird (die Revolution der Druckerpresse, die Republik der Gelehrten, der Öffentliche Raum, die Aufklärung, Demokratie und die Industrielle Revolution).

Lauter bedeutsame Dinge. Zuvor war schon die Rede gewesen von ebenso bedeutsamen Dingen, von den ... (1)

... bekannten europäischen Marksteinen des Fortschritts: Kopernikanisches Weltbild, Newton'sches Weltbild, Naturgeschichte nach Linnae, Elektromagnetismus nach Maxwell.

In so wuchtigen, kurzen Aufzählungen benannt, was das Leben von Tausenden, von Millionen Menschen erfüllte, prägte, formte, was uns heute ausmacht. Aber von all diesen Dingen fällt uns bei dieser Gelegenheit am meisten ins Auge: "Republic of letters", "Republik der Gelehrten". Was für ein großes Bild ersteht vor uns, was für ein Panorama entfaltet sich allein schon mit der Nennung dieser kurzen Worte: "Republic of letters".

Abb. 1: Charles Alexandre de Calonne (1734-1802) (Wiki) - französischer Reformpolitiker und Finanzminister unter Ludwig XVI. - Portrait der französischen Malerin Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) (Wiki), die auch sonst viele hinreißende Portraits geschaffen hat, darunter mehrere der preußischen Königin Luise

Was für eine Zeit, als edelgesinnte Geister und Gemüter - über ganz Europa hinweg - eine unsichtbare Republik bildeten, eine Republik von Gelehrten und Schöngeistern, die in einer "anderen Zeit" lebten oder gar "zeitlos", die jedenfalls ihrer eigenen Zeit weit voraus waren, die den Niederungen des Alltags entwunden waren, die einem schöneren, edleren Zeitalter entgegen strebten - durch Wissenschaft und Forschung, durch Beschäftigung mit Kunst und Kunstgeschichte, mit Literatur und Literaturgeschichte, durch Liebe und Begeisterung für alles Edle und Schöne.

Oh, Republik der Gelehrten, komm wieder. Möchte man nicht in die Arme dieser Republik sinken, sich in sie fallen lassen, frei sein, edel sein, dem Fortschritt zugeneigt sein? Wozu soll man noch - - - "Reichsbürger" sein, wenn man Angehöriger einer Republik von Gelehrten sein kann?

Die Republik der Gelehrten geht auch noch über die schöngeistigen Tafelrunden, wie sie etwa am Hofe Friedrichs des Großen in Sanssouci stattgefunden haben, hinaus. Sie führt direkt in die Studierzimmer der Gelehrten selbst. All das "Zwischenmenschliche", all die - womöglich oberflächlichen - Neckereien, Heiterkeiten, all der Zank auch, der neckische oder ernsthaftere, all der Unfriede, all die äußere, aufreibende Unruhe der Zeit, die auch noch bis in manche Tafelrunde und in manchen Salon hinein geschwappt sein mögen, sie alle sind aus dieser "Republik" verbannt.

Hier brennt die ewige Sonne der Wahrheit. 

Hier brennt die ewige Sonne der Freiheit. 

Hier brennt die ewige Sonne der Schönheit und des Edelsinns.

In diese Republik werden nur jene Geister aufgenommen - und sie werden nur insoweit aufgenommen - als sie gleichen Willens sind, von gleicher innerer Freiheit erfüllt sind, von gleicher Hoffnung auf bessere Tage erfüllt sind, auf eine bessere Welt, von gleicher Sehnsucht nach "Zukunft", nach den Inseln der Seligen.

Abb. 2: Madame de Polignac, die engste Vertrauten der französischen Königin Marie-Antoinette (Wiki), gemalt 1782/83 von Élisabeth Vigée-Lebrun (heute im Palast von Versailles) - Zu jener Zeit stand sie auf der Höhe ihres Einflusses, der ab 1785 zu schwinden begann

Ohne frage, das besprochene Buch (1) wartet offenbar auch sonst mit einigen neuen Einsichten auf: Die Kopernikanische Wende ist durch die astronomischen Beschäftigungen im islamischen Bereich während des Mittelalters vorbereitet worden. Die Newton'sche Wende durch Erkenntnisse, die nur durch Seefahrt und Seehandel zu gewinnen waren.

Das "Überleben des Stärkeren" des Charles Darwin hat sich im "Frontier"-Idealismus der US-amerikanischen Siedler wieder gefunden. Insbesondere Marxisten haben sich für die Quantentheorie, Relativitätstheorie und Genetik begeistert. Alles das ist gewiß einerseits ein wenig gar zu plakativ. Andererseits wird aber in jeder dieser Aussagen dennoch ein wesentliches Körnchen Wahrheit stecken.

Die Besprechung kommt zu dem Schluß, daß bei aller Einbindung der europäischen Wissenschaftsgeschichte in außereuropäische Bezüge sie dennoch "eurozentrisch" bleibt (1):

Auch fast alle nicht-europäischen Forscher, die hervorgehoben werden, sind entweder an europäischen oder US-amerikanischen Instituten ausgebildet worden.

Oh je, was haben Wissenschaftshistoriker heute für Sorge. An Stelle solcher Erörterungen wäre doch womöglich noch viel angemessener, daran zu erinnern, daß es solche Republiken von Gelehrten auch im antiken Griechenland gegeben hat. Ganz Griechenland war voller Gelehrter und Philosophen und Künstler in einer Dichte, wie sie es zuvor und später nie wieder gegeben hat. Eine solche Republik von Gelehrten hat es ebenso schon im Tang-zeitlichen China oder auch davor gegeben. Und auch in anderen Hochkulturen auf dieser Erde. Die Möglichkeit einer "Republik von Gelehrten" war und ist keineswegs etwas spezifisch Europäisches. 

Abb. 3: Selbstportrait, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun (1790) (heute in den Uffizien)

Aber in der Neuzeit sind es eben nicht mehr China oder Griechenland oder der Vordere Orient oder Indien, die an der Spitze der geistigen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Menschheit stehen, sondern das eben ist nun Europa. Und mit mancherlei Gründen wird ja wohl auch gemutmaßt können, daß die Tage "dieses" Europas gezählt sein könnten. (Wer darüber jubeln mag, mag es ja gerne tun ... Soweit wir heutige Stimmen zum Beispiel aus China recht verstehen, gibt es dort über ein solches Geschehen keinen Jubel, sondern eher: Entsetzen.)

Aber zurück zu unserem konkreteren Thema. Was erfahren wir zusätzlich, wenn wir uns ein wenig umschauen zu dem Thema "Republic of letters", "Republik der Gelehrten"? 1774 etwa veröffentlichte der deutsche Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) (Wiki), der damals bei allen deutschen Dichtern hoch verehrte Dichter des "Messias", sein Buch "Die deutsche Gelehrtenrepublik". Goethe schrieb damals noch im gleichen Jahr dazu:

"Klopstocks herrliches Werk hat mir neues Leben in die Adern gegossen. Die einzige Poetik aller Zeiten und Völker. Die Einzige Regeln die möglich sind!" 

Damals war noch Begeisterung in der Welt. Begeisterung für Tugend, für Wahrheit, für Schönheit. Und wir erfahren (Wiki):

Klopstocks aufgeklärte Utopie "Die deutsche Gelehrtenrepublik" (1774) ist ein Konzept, das für die als regierungsunfähig angesehene Fürstenherrschaft eine gebildete Elite in die Macht einsetzt. Die Republik soll von "Aldermännern", "Zünften" und "dem Volke" regiert werden, wobei den ersteren - als den gelehrtesten - die größten Befugnisse zukommen sollte, Zünften und Volk entsprechend weniger. Der "Pöbel" hingegen bekäme höchstens einen "Schreier" auf dem Landtage, denn Klopstock traute dem Volk keine Volkssouveränität zu. Bildung ist in dieser Republik das höchste Gut und qualifiziert ihren Träger zu höheren Ämtern. Entsprechend dem gelehrsamen Umgang geht es in dieser Republik äußerst pazifistisch zu: Als Strafen zwischen den Gelehrten veranschlagt Klopstock Naserümpfen, Hohngelächter und Stirnrunzeln.

Da dürfte doch mit leichter Hand schon eine Art Gegen-Entwurf gezeichnet worden sein zu jener Art von internationaler Oligarchie ("Fürstenherrschaft"), in der wir ja noch heute in allen Teilen Europas und Amerikas zu leben gezwungen sind. Denn es dürfte sich ja wohl inzwischen herumgesprochen haben können, daß der Begriff "Demokratie" eine Verballhornung jener Verfassungswirklichkeit ist, in der wir leben, womöglich seit "Demokratie" irgendwo in der Neuzeit überhaupt offiziell eingeführt worden ist.)

Klopstock, de Calonne, Vigée-Lebrun

Auf der Suche nach einem Vorschaubild stoßen wir noch auf ganz andere Seiten dieser "Republik der Gelehrten". Und deshalb binden wir als erstes Bild (und zugleich Vorschaubild) ein Portrait des französischen Reformpolitikers und Finanzministers unter Ludwig XVI. ein, Charles Alexandre de Calonne. Dasselbe wurde geschaffen von der französischen Malerin Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) (Wiki) (Abb. 1). Diese hat auch sonst viele hinreißende Portraits geschaffen. Darunter im Jahr 1801 auch mehrere der preußischen Königin Luise (GAj). Aber dieses Portrait des französischen Reformpolitikers mag aus den vielen ihrer schönen Bildern noch einmal besonders hervor stechen. Und genau deshalb stellt man sich auch die Frage, was das eigentlich für ein Mann war, der hier portraitiert worden ist.

Abb. 4: Élisabeth Vigée-Lebrun - Selbstportrait mit Tochter (1786) (heute im Louvre)

Und man stellt fest: Dieser befähigte Staatsmann hätte, wenn König Ludwig XVI. ihn nicht zwei Jahre vor Ausbruch der Französischen Revolution entlassen hätte, diesselbe verhindern können! Und was für ein hinreißend schöner Mann war er zugleich! Zumindest auf dem Portrait dieser Künstlerin Vigée-Lebrun.

In ihrer Kunst ist auch sonst die ganze Seligkeit dieser Epoche eingefangen worden. Diese war eben nicht nur von wissenschaftlichem Wahrheitsdrang erfüllt, sondern auch von politischem Freiheitsdrang und von Sehnsucht nach Schönheit und dem Ausdruckgeben von Schönheit - in der Kunst. Wie erstaunlich, wie ungewöhnlich, dies alles in einer Zeit vereinigt zu sehen. Was für ein Wunder geradezu, wenn man darauf von heute her blickt.

Wie weit sind wir heute von all dem entfernt. Welche Fülle an begeisternden Gemälden hat allein diese eine französische Malerin geschaffen, eine Künstlerin, von der die meisten Leser vermutlich an dieser Stelle zum ersten mal erfahren - ebenso wie der Verfasser dieser Zeilen selbst erst - während der Suche nach einem geeigneten Vorschaubild - auf ihre Kunst gestoßen ist. Ihre Gemälde, Portraits und Selbstportraits sind von so viel weiblichem und künstlerischem Selbstbewußtsein getragen. Man erkennt sofort: Eine selbstbewußte, emanzipierte Frau (Abb. 2-4). Und doch zugleich ist in diesen Gemälden so viel Zartheit, so viel Menschlichkeit enthalten, so viel weibliches Mitgefühl. Und wie jung diese Künstlerin war, als sie schon solche Gemälde schuf.

Abb. 5: Portrait der venezianischen Schriftstellerin Gräfin Isabella Albrizzi-Teotochi (1760-1836) (Wiki), entstanden 1792, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun nach ihrer Flucht aus Frankreich

Man erkennt sofort: Von diesem weiblichen Selbstbewußtsein war auch die Königin Luise erfüllt, die im Jahr 1801 mehrmals zum Gegenstand der Portraitkunst der Vigée-Lebrun geworden ist. Auch sie war Reformpolitikerin, auch sie gehörte den politisch fortschrittlichen Kräften ihrer Zeit an, auch auf ihr ruhten die Hoffnungen der Besten ihres Landes und ihres Volkes. Und sie war es, die den Plan hegte, Friedrich Schiller zum preußischen Minister zu ernennen. Und just in dieser Zeit starb Friedrich Schiller einen sehr frühen Tod. Und er erhielt in Jena ein sehr merkwürdiges Begräbnis. Und sein Schädel wird bis heute mit allem Eifer von der Wissenschaft gesucht.

Unbegriffene Schicksale. Wie viel Glanz, wie viel Schönheit, wie viel strahlende Selbstsicherheit selbst unter den weiblichen Künstlerinnen dieser Epoche. Wie harmlos und selbstbewußt konnten auf den Bildern der Élisabeth Vigée-Lebrun alle Zeichen weiblicher Schönheit und weiblichen Lebens zur Darstellung kommen.

Abb. 6: "Die unentschlossene Tugend" ("La Vertu Irresolue"), gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun schon 1775, also mit zwanzig Jahren

Wer möchte nicht in einer solchen Zeit gelebt haben - oder leben?

Eine Zeit, in der eine Frau, die in Bezug auf ihre Tugendhaftigkeit nicht so recht weiß, was sie will oder wollen sollte, so außerordenlich weiblich und mitfühlsam dargestellt werden konnte (Titel "Die unentschlossene Tugend", auf Französisch "La Vertu Irresolue", s. Abb. 6).

Abb. 7: Portrait einer jungen Dame als Flora, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun

Wie so außerordentlich menschlich dieses Zeitalter. 

Wie so außerordentlich entfernt von Bigotterie jeglicher Art.

Abb. 8: Sophie von Trott als Bacchantin, gemalt von Élisabeth Vigée-Lebrun (1785)

Eine Zeit, in der sich Frauen des Adels als Bacchantinnen portraitieren lassen konnten (Abb. 8). 

Und so führt der Weg der Suche nach der Wahrheit und der Freiheit in letzter Instanz immer wieder zurück zur Entdeckung der Schönheit und der Liebe. 

Welches Zeitalter sollte dies eher bezeugen können als das Zeitalter der "republic of letters" und einer Künstlerin wie Élisabeth Vigée-Lebrun.

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  1. Jorge Cañizares-Esguerra: Rethinking the “Western” revolution in science. Rez. von James Poskett's "Horizons: The Global Origins of Modern Science" (Mariner Books, 2022. 464 pp) In: Science, 28 Apr 2022, Vol 376, Issue 6592, p. 467, DOI: 10.1126/science.abo5229, https://www.science.org/doi/abs/10.1126/science.abo5229

Das "sinnvolle Maß der Ursächlichkeit" in diesem Universum

Das schrittweise genauere Verständnis des Verhältnisses von Chaos und Ordnung in der Natur während des 20. Jahrhunderts 

Niemals war nur Chaos

.... Oder bleibt etwa doch "alles dem Spiel des Zufalls überlassen"?

Von philosophischer Seite aus sind einmal im Jahr 1923 aus intuitiver Erkenntnis heraus das Entstehen des Universums und grundlegende Prinzipien dabei in einer umfassenden "Schau", sowie mit Bezug zum damaligen naturwissenschaftlichen Kenntnisstand umrissen worden (1). "Gott" wurde in dieser Philosophie als jenseits von Raum, Zeit und Materie begriffen und damit auch als "jenseits" der Anschauungsformen der menschlichen Vernunft, hingegen als - sozusagen "pantheistisch" - erlebbar dem Icherleben der menschlichen Seele. Zu damaliger Zeit wurde manchmal noch der "Äther" als Vorstufe der Materie begriffen. Heute wäre an seine Stelle der Begriff "Quantenvakuum" zu setzen. Es wurde da in diesem Sinne festgehalten (1, S. 9f; bzw. S. 71):

Der vollkommene Gott ist entweder ohne Erscheinung, oder aber er tritt in Erscheinung, dann ist aber auch vollendete Gesetzmäßigkeit das Kennzeichen seiner Vollkommenheit. Ja, diese vollendete Gesetzmäßigkeit aller Gotterscheinung ist in den ersten Stufen der Schöpfung am allerklarsten kundgetan und muß in der Vorstufe der Erscheinung, im Äther vollkommen wohnen. Setzen uns doch auch heute noch die Gase, die älteste Zustandsform der Stoffe, durch ihre monumentalen Gesetze und ihre restlose Einordnung so in Erstaunen. Die Druck- und Raumgesetze der Gase, die Gesetze ihrer Verbindung können uns beredet von der Gesetzmäßigkeit der Urerscheinung zeugen und weihen sie mit dem Adel vollkommener Willenserfüllung. Niemals also war Chaos, so wahr Gott die Vollkommenheit ist.

Natürlich repräsentierten auch schon die damals bekannten, hier erwähnten "monumentalen Gesetze" der Gase eine Kombination, ein Zusammenspiel von Naturgesetzen und Zufall, ein Zusammenspiel von Gesetzmäßigkeit und Chaos. Insofern muß gesagt werden, daß der Begriff "Chaos" hier so zu lesen ist als eine chaotische Zustandsform, die durch keinerlei Gesetzmäßigkeit gebändigt wäre. In diesem Sinne ist der Satz zu verstehen "Niemals also war Chaos", sprich, Chaos für sich allein - und nichts anderes als Chaos. Chaos und nur Chaos, ohne Begrenzung durch die Naturgesetze.

Daß der Begriff Chaos in diesem Zusammenhang genau so und nicht anders zu lesen ist, geht also schon deutlich genug aus dem Gesamtzusammenhang des Zitates hervor, insbesondere durch den Bezug zu den Druck- und Raumgesetzen der Gase.

Abb. 1: Werner Heisenberg, um 1930

Dennoch wird deutlich, daß der Autor im Jahr 1923 mit der schon damals gut ausgearbeiteten Wärmelehre der Gase sich noch nicht sehr viel beschäftigt hatte. Sonst hätte er präziser formuliert. Um Mißverständnisse aus heutiger Sicht auszuschließen, wäre also dieser letzte Satz des Zitates sinnvoller Weise umzuformulieren etwa in den Wortlaut:

Niemals also war - nur allein isoliert für sich - Chaos, so wahr Gott die Vollkommenheit ist.

Denn das Vorherrschen des Zufalls, ohne daß dieser von Naturgesetzten gebändigt und gesteuert würde, erst dies wäre ja jenes womöglich "vollendete Chaos", von dem aus philosophischer Sicht hier hatte die Rede sein sollen. Und so ist es dann von derselben Autorin im Jahr 1941 auch noch einmal klarer heraus gestellt worden (3, S. 167):

"Niemals war Chaos" vor dieser Schöpfung, wie Menschenwahn wähnte, von der Vorstufe der ersten Erscheinung an, in die Gott einging, herrschte Wirkungordnung. Wir haben erwiesen, daß diese Wirkungordnung, diese Kausalität nicht um ihrer selbst willen vorhanden ist, sondern nur um das Schöpfungziel zu erreichen und zu erhalten daß sie um eines göttlichen hehren Sinnes willen Maß innehält. Aber wir haben auch der Erwartung Ausdruck gegeben, daß eine vollkommen begrenzte Gesetzlosigkeit, Chaos, in dem Mikrokosmos angetroffen werden wird, (...) und daß dieses streng begrenzte Chaos niemals die Zuverlässigkeit der Naturgesetze im Makrokosmos beeinträchtigen wird.  

Diese Klarstellung ist natürlich sehr bedeutend. Denn sonst könnte das erstgenannte Zitat doch auch mancherlei Mißverständnisse mit sich bringen. Auch von philosophischer Seite war also schon 1923 und 1941 der Zusammenhang benannt worden: Chaos und Gesetzmäßigkeit treten - als Grundprinzipien ein und desselben Grundzusammenhanges, nämlich des Seins schlechthin - gemeinsam und niemals getrennt voneinander auf. Es gibt kein Chaos ohne Naturgesetze. Und es gibt keine Naturgesetze ohne Chaos. Das ist der Grundgedanke, der hier formuliert wurde.

In diesem Beitrag sollen die hier benannten Zusammenhänge aus der Sicht der Theorie komplexer Systeme - andere Benennungen lauten: Theorie dissipativer Systeme, Chaostheorie, Synergetik (alles Begriffe der Physik für denselben Themenbereich, wie er sich in den 1970er Jahren heraus schälte), etwas ausführlicher umsonnen werden.

Die hier erörterten Zusammenhänge sind nämlich erst seit den 1970er Jahren von Seiten der Theoretischen Physik besser verstanden worden und einer Klärung näher gebracht worden. Dieses bessere Verständnis brachte aber noch weitaus mehr mit sich: Seither ist der Wissenschaft bewußt geworden, daß Chaos nicht nur als ein zerstörerisches Prinzip wirksam ist, sondern auch als Voraussetzung der Entstehung von Komplexität. Über diesen Zusammenhang sind unzählige wissenschaftliche Bücher und Aufsätze erschienen, nämlich über das Zusammenspiel zwischen Chaos und Ordnung, zwischen Zufälligkeit und Gesetzmäßigkeit, das allem Sein in diesem Universum zugrunde liegt. Erst damit ist dem Begriff Chaos als größtmögliche Unordnung eine ganz bestimmte, fest umrissene Bedeutung und Rolle in diesem Universum zugesprochen worden.

Es ist also erkannt worden, daß - philosophisch gesprochen - die Vollkommenheit dieses Universums in genau diesem unglaublich aufregenden, erregenden Zusammenspiel von Chaos und Ordnung besteht. 

Als Nebengedanke sei erwähnt: Um die Verwendung und Bedeutung des Begriffes "Chaos" im Jahr 1923 zu verstehen, ist wohl auch zusätzlich noch zu bedenken, daß im Jahr 1923 in dem Begriff des Chaos, wenn man in Deutschland lebte, noch viel mehr mitschwang, als was wir heute mit diesem Begriff verbinden. Man empfand die politischen, gesellschaftlichen und sozialen Umwälzungen, die der Ersten Weltkrieg mit sich gebracht hatte - gerade auch in Deutschland, aber mehr noch in der Sowjetunion - als "Chaos", als Zustand vollkommener Unordnung, als Zustand vollkommener Gesetzlosigkeit, als Elend unermeßlichen Ausmaßes. Es ist nachvollziehbar, daß es in solchen Zeitumständen schwer fiel, dem Chaos - als Gegenspieler zur Gesetzmäßigkeit - eine gar zu große Rolle für alles Weltgeschehen zuzusprechen. Von der Gelassenheit und Kühnheit eines Friedrich Nietzsche hatte man sich aufgrund solcher Zeitumstände weit entfernt. Von Nietzsche war ja der schöne philosophische Satz bekannt:

"Man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können."

Und dieser Satz ist durch die Physik der Theorie komplexer Systeme auch glänzend bestätigt worden. Mehr noch: Nietzsche hatte schon allein schon bloß vom heutigen physikalischen Standpunkt der Stern-Physik her völlig recht: Im Innern eines jeden Sternes lodert Chaos, zusammengehalten durch die Gesetze der Schwerkraft, in "Brand gesetzt" durch die frei gesetzten, vormals gefesselten Energien, die in jedem Atomkern dieses Universums schlummern. Soweit noch einmal der genannte Nebengedanke.

Daß ein Satz "Niemals also war Chaos, so wahr Gott die Vollkommenheit ist" - isoliert für sich genommen zitiert - der Sachlage, die in der physikalischen Erkenntniswelt gegeben ist, in keinem Fall gerecht wird, ist von philosophischer Seite also schon im Jahr 1941 klar gestellt worden (3). Nun wurde die Rolle des Chaos in der Physik - und zwar vor allem auch für das Ende und die Auflösung des Universums - deutlicher philosophisch erläutert und in Rechnung gestellt (3).

Es ist unglaublich aufregend zu sehen, wie man sich von philosophischer Seite aus dem Phänomen des Chaos in unserem Universum zu unterschiedlichen Zeiten angenähert hat. Zu einem runderen Abschluß dieser Auseinandersetzung konnte es erst - so wird ja gut aus der Rückschau deutlich - in den 1970er Jahren kommen. 

Abb. 2: Werner Heisenberg, um 1930 (Wiki)

Aber im Jahr 1941 spürt man schon viel von der zeitgleichen und kommenden Entwicklung in der Physik voraus, von einer Entwicklung, die nicht zuletzt mit dem Namen Lars Onsager verbunden gewesen ist (siehe BzWg2/2021).

Wie aufregend, wenn man mit dem Wissen vom Beginn des 21. Jahrhunderts her auf diese damalige Auseinandersetzung zurück blickt. Wie sehr doch ein philosophischer Satz wie der eingangs angeführte, auch wenn er ohne die genannte Ergänzung zu Irrtum verleitet, das Nachdenken befeuern kann. Und wie sehr die nachfolgenden physikalischen Erkenntnisse dann erst an "Frische" und Bedeutsamkeit gewinnen, betrachtet man sie aus dem Blickwinkel dieser "nur angedeuteten" philosophischen Mißverständlichkeit des Jahres 1923 heraus.

Werner Heisenberg über den Zufall 1941/42

Im gleichen Jahr 1941 schrieb auch der deutsche Atomphysiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg Gedanken über die Rolle des Zufalls in unserem Universum nieder (4, S. 93):

... In dem Bereich der Wirklichkeit, dessen Zusammenhänge durch die Quantentheorie formuliert werden, führen die Naturgesetze also nicht zu einer vollständigen Festlegung dessen, was in Raum und Zeit geschieht; das Geschehen ist vielmehr - innerhalb der durch die Zusammenhänge festgelegten Häufigkeiten - dem Spiel des Zufalls überlassen.

Er versucht dann, sich der Bedeutung der Rolle des Zufalls im Naturgeschehen noch einmal über den Vorgang der Kristallbildung anzunähern. Er sagt zwar, daß die Naturgesetze die Anordnung der Atome in Reih und Glied, die Symmetrien und damit die Struktur des Kristalls festlegen (4, S. 94f):

Aber die besondere äußere Form des einzelnen Kristalls bleibt nach den uns bekannten Gesetzen dem Spiel des Zufalls überlassen; selbst wenn genau die gleichen äußeren Bedingungen für die Bildung eines Kristalls wiederhergestellt werden könnten, so wäre doch die Form des gewachsenen Kristalls nicht immer die gleiche: Der in kalter Luft abgekühlte Wassertropfen erstarrt zum Schneekristall. Die Symmetrie des Kristalls wird, wenn keine äußeren Störungen auftreten, stets die des Sechsecks sein; aber die besondere Form des kleinen Kristallsterns wird durch kein Naturgesetz vorher bestimmt; innerhalb der durch die sechseckige Symmetrie, die Größe des Tropfens, die Art der Abkühlung usw. bestimmten Grenzen entwirft der Zufall die unendlich vielfachen Muster der Sternchen und Plättchen, die uns ebenso kunstvoll dünken wie die Bilderfolge eines Kaleidoskops.

Heisenberg fragt sich im Anschluß an diese Überlegungen, ob eine solche Art des Zufalls per se als etwas "Sinnloses" betrachtet werden müsse (da Goethe das in einem zuvor von ihm gebrachten Zitat unterstellt hatte) (4, S. 95):

Die Bildung eines Kristalls ist ein historischer Akt, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann - und der als solcher eine wichtige Rolle auch im Zusammenhang unseres Lebens oder der Welt spielen kann, selbst wenn er nicht vorherbestimmt gewesen ist. Zusammenhänge einer Art, die uns berechtigt, das Wort "Sinn" zu verwenden, können sich auch an Ereignisse anknüpfen, die ohne jeden Grund auch anders hätten ablaufen können.

Was für ein begeisternder Gedanke.

Ja, wie zentral ist dieser Gedanke. Wir können unser persönliches, individuelles Dasein so wie es sich ergeben hat im Lauf der Dinge als ein "Zufallsereignis" verstehen. Und dennoch kann dieses so zufällig aufgetretene Sein "Sinn" haben.

Das ist eine sehr grundlegende, wesentliche Einsicht. Anders gesagt: Ein Kristall, eine Schneeflocke gibt uns den Eindruck einer einzigartigen Eigenpersönlichkeit und damit von etwas irgendwie "Sinnvollem", ob er nun zu dieser oder zu jener Eigenpersönlichkeit geworden ist durch den "historisch" einmaligen Vorgang seiner Bildung. Und dieser Gedanke kann dann auch auf das menschliche Leben angewandt werden, so wie es Heisenberg in diesen Sätzen auch andeutet ("im Zusammenhang unseres Lebens oder der Welt"): Das Spiel des Zufalls gibt jedem Menschen eine ganz bestimmte Erbausstattung mit, die seine Persönlichkeit festlegt, es läßt ihn unter ganz bestimmten Zeitumständen geboren werden in ganz bestimmten familiären Verhältnissen. All das ist Zufall. Aber die Tatsache, daß dies alles Zufall ist, bedeutet noch lange nicht, daß die Zusammenhänge, in denen dies geschieht, ebenso wie das Ergebnis dieser Zufälle "sinnlos" sind.

Zuvor hatte Heisenberg auch die Rolle des Zufalls im Zusammenhang mit der Wärmelehre (der Thermodynamik) der Physik behandelt. Hier hatte er ausgeführt, daß die Wärmelehre des 20. Jahrhunderts, also der modernen, "atomistischen Physik" sich grundlegend unterscheiden würde von der Wärmelehre der "klassischen Physik" des 19. Jahrhunderts (4, S. 79):

Eine unmittelbare Folge dieses Umstandes besteht auch darin, daß eine eindeutige Determinierung zukünftiger Vorgänge in der atomistischen Wärmelehre unmöglich ist. Denn wenn uns die Temperatur eines Körpers gegeben ist, so bedeutet dies eben einen bestimmten Grad von Kenntnis oder Unkenntnis über das mechanische Verhalten der Atome, und für ihre zukünftige Bewegung läßt sich nur die Wahrscheinlichkeit angeben, mit der ein bestimmter Vorgang eintritt.

Das sind alles Gedanken, an die dann später - quasi unmittelbar - der belgische Physiker Ilya Prigogine angeknüpft hat, und die er weiter gedacht hat - sowohl von physikalischer wie philosophischer Perspektive (7). "Später" heißt jedoch immerhin: vierzig Jahre später.

Hier im Jahr 1941 umsann Werner Heisenberg Zusammenhänge, die dann innerhalb der nächsten zehn bis dreißig Jahre weiteren Klärungen entgegen geführt werden konnten, nämlich durch die Theorie komplexer ("kooperativer") Systeme, bzw. - von ihrer "Rückseite" betrachtet - "Chaostheorie" genannt. Die Klärung wurde herbei geführt durch die immer genauere Erforschung von chaotischen Phasenübergängen in Nichtgleichgewichts-Systemen wie eben jenem der Kristallbildung, in denen sich Chaos in Ordnung umwandelt. Diese Klärung bestätigte, daß Werner Heisenberg mit seinen Überlegungen schon 1941 und noch eher intuitiv im Wesentlichen richtig lag.

Also schon 1941/42 war der Bewußtseinsstand innerhalb der modernen Physik soweit vorgedrungen, daß der sogenannte "Laplace'sche Dämon", nach dem alles im Universum schon von Anfang an "determiniert" wäre in seinem Ablauf und wir nur nicht die ausreichende Kenntnis aller dieser Determiniertheiten hätten, als eine Fehleinschätzung des 19. Jahrhunderts erkannt worden war. Allerdings wurde dies - etwa hier von Heisenberg - offenbar noch nicht gar zu betont zum Ausdruck gebracht. Denn 1941/42 fehlte dazu womöglich noch die ausreichende Sicherheit, die man dazu erst in den nächsten Jahrzehnten gewonnen hat.

Eine 64-jährige Philosophin - Und die moderne Physik

Während nun der 40-jährige Werner Heisenberg in seinem Haus in Urfeld am Walchensee - sowie in Leipzig und in Berlin - die eben angeführten Gedanken umsann, saß in Tutzing am Starnberger See eine 64-jährige Philosophin an ihrer Schreibmaschine und schrieb an einem Buchmanuskript zur Philosophie der modernen Physik, in dem sie sich - vor allem in dem Kapitel "Sinnvolles Maß der Ursächlichkeit" - mit sehr ähnlichen Grundgesetzen unserer Existenz beschäftigte. Nämlich mit der Rolle des Zufalls in allem Weltgeschehen (3). Sie hatte schon im Jahr 1923 eine philosophische Gesamtdeutung des Werdens des Weltalls und des Lebens gegeben (1), von der einleitend schon die Rede war. Wir sagten schon, daß die oben zitierte Stelle aus heutiger Sicht besser zu formulieren wäre mit einem Satz wie:

"Niemals also war nur Chaos."

Denn natürlich liegt auch schon in Bezug auf die Vorerscheinung der Materie, in Bezug auf das Quantenvakuum ein Wechselspiel vor zwischen Naturgesetzlichkeit und Zufall. Es herrschte in ihm ebenso wenig nur Zufall wie in ihm nur Naturgesetzlichkeit herrschte. Auf diese Weise kann man dieses Zitat mit dem heutigen Kenntnisstand wieder ganz gut in Einklang bringen.

So einfach war es der Autorin dieser Worte im Jahr 1941 allerdings noch nicht gemacht. Man sieht, wie sie sich damals damit abmühte, die Wahrheit, die in diesen Worten noch damals und auch noch heute enthalten waren, von dem Irrtum abzuscheiden, den diese Worte zugleich so offensichtlich enthielten (3, S. 166f). Diese Trennung konnte ihr damals noch keineswegs so glücklich gelingen wie uns das heute so geradezu selbstverständlich und mühelos gelingt.

Abb. 3: M. Eigen, 1983 (Wiki)
Heute - nach der Klärung der Zusammenhänge, nachdem so und so viele Bücher über die sogenannte "Chaostheorie" erschienen sind, die bezeichnenderweise zugleich völlig identisch ist mit der "Theorie komplexer Systeme", nachdem das - das gesamte Werden im Universum durchziehende - Wechselspiel von Chaos und Ordnung verstanden ist, heute sprechen wir ganz einfach von diesem Wechselspiel, von dem Wechselspiel zwischen Zufall und Kausalität (2). Der Nobelpreisträger Manfred Eigen war es, der als einer der ersten in einer Buchveröffentlichung des Jahres 1975, die auch für Laien gedacht war, auf diesen Umstand hingewiesen hat (2). 

Durch diese Buchveröffentlichung hatten sich Zusammenhänge geklärt, über die die Menschen seit vielen Jahrtausenden nachgedacht hatten, ohne jemals zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen. Und diese Klärung erfolgte in der überraschend einfachen Form, in der wir sie gerade formulierten. Und sie ist ebenso einfach auch schon im Untertitel des Buches fast vollständig enthalten: "Naturgesetze steuern den Zufall". Mit diesen wenigen Worten ist das Grundgesetz allen Naturgeschehens - und darin auch allen menschlichen Lebens - klar umschrieben. 

Ein Buch, das zu diesem Thema noch kurz zuvor den Ton angegeben hatte, und das dabei - dem Zeitgeist gemäß - die Rolle des Zufalls im Weltgeschehen weit über Gebühr hervorgehoben hatte - nämlich Jaques Monod's "Zufall und Notwendigkeit" (5) - war durch die Veröffentlichung von Manfred Eigen mit einem Schlag schon wieder Geschichte geworden.*) 

1975 - Manfred Eigen klärt die Zusammenhänge

In den 1920er Jahren - und noch bis 1941 - hatte man aber diese Klarheit der Zusammenhänge auf dem Gebiet der Naturwissenschaft noch nicht. Deshalb war es damals noch möglich, daß man als Philosoph einem "ungeordneten Chaos" eine "ordnende Spontaneität" entgegen setzen konnte (3, S. 151). Beide waren als akausal, als nicht determiniert verstanden worden. Und soweit wäre ja die damalige Deutung prinzipiell auch heute noch gültig. Aber das eine, das "Chaos", wurde damals als ein bloß zerstörerisches Prinzip bewertet, während die "Spontaneität" als ein zwar akausales, aber ordnendes Prinzip verstanden wurde. Eigentlich hätte man sich auch damals schon treffender auf Nietzsche berufen und verwegen ausrufen können:

"Man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können."

Aber die chaotischen politischen Umstände der frühen 1920er Jahre - von denen ja auch Werner Heisenberg in seinen Lebenserinnerungen wieder und wieder spricht und um derentwillen er seine Lebenserinnerungen "Der Teil und das Ganze" nannte - mögen viel zu groß gewesen sein und als viel zu belastend empfunden worden sein, als daß sich damals schon jeder ebenso unbefangen dem Begriff Chaos hätte zuwenden können wie das zuvor schon Friedrich Nietzsche getan hatte.

Nietzsche hat unumschränkt Recht behalten. Man sieht nun im Jahr 1941, wie die genannte Philosophin darum ringt, jenes apodiktische Urteil über das "Chaos" wie sie es 1923 formuliert hatte, einzugrenzen auf jene Bereiche, in denen es weiterhin Gültigkeit haben würde. Schon 1941 war erahnbar geworden, daß der Zufall Zufall ist und erst mit der Steuerung durch die Naturgesetze entweder eine zerstörende oder aber eine ordnende Wirkung entfaltet.**)

Vermutlich waren sie als solche auch schon im Jahr 1941 von der Autorin zu erkennen. Dennoch hält sie zäh an diesen Worten fest, indem sie meint, sie hätten sich nur auf die Makrophysik bezogen. Allerdings spielt der Zufall nach heutiger Erkenntnis auf allen Ebenen des Seins eine sehr ähnliche Rolle. Das konnte die Autorin im Jahr 1941 so deutlich noch nicht voraussehen. Deshalb ist ihr womöglich zuzugestehen, daß sie hier an Worten festhielt, die schon im Jahr 1941 sehr wackelig geworden waren. Sie schreibt (3, S. 164):

Ein sinnvolles Maß der Kausalität, ein sinnvolles Mindestmaß an Finalität, so erwartet es unsere Erkenntnis, werden wir in dieser Schöpfung vereint sehen mit einem sinnvollen Mindestmaß an Chaos.

So heißt es 1941 und dieser Satz steht völlig im Einklang mit dem, was wir auch heute über dieses Weltall und seine Naturgesetze wissen. Immerhin gibt sie gleich im Anschluß an dieses erneute Anführen des Zitates von 1923 nun eine weitaus gültigere Wortfassung der tatsächlichen Zusammenhänge (3, S. 166):

Das sinnvolle Maß der Kausalität wird uns durch ein sinnvolles Maß der Gesetzlosigkeit, durch ein streng begrenztes "Chaos" in der mikroskopischen Erscheinungwelt in erstaunlicher Klarheit enthüllt.

Wir können heute die historischen Bedingtheiten besser erkennen, aus denen heraus eine so starke Abwertung des Begriffes "Chaos" erfolgte. Und die Philosophin selbst setzte sich im Jahr 1941 genauer mit der Wärmelehre in der Physik auseinander als sie das jemals bis dahin getan hatte und mußte dabei ebenfalls erkennen, daß sie 1923 gar zu apodiktisch den Begriff Chaos als einen unangemessenen Begriff zur Beschreibung des Urgrundes allen Seins zurück gewiesen hatte.

Sie hebt nun das Chaos insbesondere in seiner Bedeutung für das gesetzmäßige Schwinden des Universums hervor. Daß es für das Werden des Universums die gleiche Bedeutung hätte, wird allerdings noch nicht so deutlich gesagt, weil eben diese Konnotation des Begriffes "Chaos" mit etwas Zerstörerischem noch zu groß war. 

Sie mußte sich also diesbezüglich korrigieren, bzw., sie mußte die Begriffe, die sie verwendet hatte, präziser fassen. Aber auch bei dieser Korrektur blieb sie damals noch - sozusagen - "auf halbem Wege" stehen. Diese Erscheinung ist recht oft in diesem Buch von 1941 zu beobachten und sie macht klar, daß auch noch die 1940er Jahre eine Zeit des "Übergangs" war in unserem modernen Weltverstehen. Denn in den darauf folgenden Jahrzehnten konnte auf vielen Themengebieten der modernen Physik erst jene vollständige Klarheit und Sicherheit gewonnen werden, die damals - im Jahr 1941 - auf vielen Gebieten eben noch fehlte. Darum ist die Lektüre dieses Buches von 1941 so "spannend" und geradezu "erregend". Es "vibriert" in seinen Zeilen geradezu von Dingen, die künftig noch besser sollten geklärt werden können als sie es im Jahr 1941 waren.

Dies gilt übrigens auch für die Auseinandersetzung mit der Relativitätstheorie, die in diesem Buch enthalten ist. Auch hier bleiben die philosophischen Erörterungen - sozusagen - auf "halbem Wege" stehen, wollen sich weder völlig gegen die Relativitätstheorie von Einstein stellen, noch auch völlig für sie entscheiden. Und sie lassen die vormals, im Jahr 1923 niedergelegten philosophischen Intuitionen dabei auch - und womöglich mit manchem Recht - unangetastet.

/ leicht überarbeitet
und ergänzt (um: 7) : 14.7.22 /

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*) Das ist übrigens auch dann der Fall, wenn einzelne Philosophen auf diesen Umstand erst in künftigen Jahrzehnten oder Jahrhunderten aufmerksam werden sollten. - Und übrigens ist auch von diesem Blickwinkel her ein Buchtitel wie "Zufall Mensch" (von Stephen Jay Gould) völlig neu zu bewerten.
**) Woher aber die Naturgesetze selbst ihre ordnende Macht erhalten haben? Soweit übersehbar, weiß die Wissenschaft auch heute noch zu dieser Frage keineswegs eine abschließende und befriedigende Antwort. Wie legten sich die "Spielregeln" dieser Welt - von selbst und ganz aus sich heraus - fest? Manches spricht auch aus naturwissenschaftlicher Sicht dafür, daß sie einem finalen Prinzip gehorchen, nämlich dem sogenannten "Anthropisches Prinzip". Das heißt, die Auswahl und Festlegung der Naturgesetze scheint davon bestimmt, daß sie das Werden bewußten Lebens in dem durch sie "determinierten" Weltall zulassen. Aber dieser Gedanke ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beitrages.
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  1. Ludendorff, Mathilde: Schöpfungsgeschichte. Verlag Theodor Weicher, Leipzig 1928 (zuerst 1923), https://archive.org/details/MathildeLudendorffSchoepfungsgeschichte/
  2. Eigen, Manfred: Das Spiel - Naturgesetze steuern den Zufall. Piper, München, Zürich 1975
  3. Ludendorff, Mathilde: Der Siegeszug der Physik - Ein Triumph der Gotterkenntnis meiner Werke. Ludendorffs Verlag, München 1941, https://archive.org/details/MathildeLudendorffDerSiegeszugDerPhysik
  4. Heisenberg, Werner: Ordnung der Wirklichkeit. Serie Piper, München 1989
  5. Monod, Jaques: Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der modernen Biologie. Piper, München 1971 (Original 1970)
  6. Bading, Ingo: Studiengruppe Naturalismus: Ein kleiner Ausschnitt aus Erörterungen rund um naturwissenschaftliche Fragen in der Ludendorff-Bewegung der Jahre 1956 und 1957, 2017
  7. Prigogine, Ilya; Stengers, Isabelle: Dialog mit der Natur. Neue Wege naturwissenschaftlichen Denkens. Piper Verlag, München, Zürich 1980 (zahlreiche Folgeauflagen)

Als einmal vergessen wurde, einen Nobelpreis zu verleihen

Durch die Beschäftigung mit einem so wenig bekannten Jahrhundert-Genie wie Lars Onsager kann auch Nicht-Physikern einmal ein wenig nahe gebracht werden, was "Verstehen" in der modernen Wissenschaft bedeuten kann.

Sind wir uns wirklich bewußt, daß die Welt vor ihrem Beginn "nur Theorie" war? 

Wer sich allerdings "nur" mit Theorie beschäftigt, kann leicht bei der Verleihung des Nobelpreises einmal vergessen werden. So geschehen mit dem Jahrhundert-Genie Lars Onsager (1903-1976) (Wiki, engl). Es war dies ein Theoretischer Chemiker aus Norwegen. Durch seine Ehefrau hatte er auch einen persönlichen Bezug zum deutschen Sprachraum: Sie stammte aus Österreich. Den größten Teil seines Lebens verbrachte Onsager allerdings in den USA.

Abb. 1: Lars Onsager, Dezember 1968 in Stockholm anläßlich der Verleihung des Nobelpreises

1968 ist Onsager der Nobelpreis verliehen worden. Und im Jahr 1970 nahm er an der Nobelpreisträger-Tagung in Lindau am Bodensee teil wie Bildunterschriften zu entnehmen ist (1). Im Jahr 1975 hat er in seinem gebrochenen Deutsch auf der Nobelpreisträger-Tagung in Lindau recht interessante Überlegungen zur Entstehung des Lebens auf der Erde vorgetragen (1). Die Abschlußveranstaltung dieser Nobelpreisträger-Tagung von 1975 fand auf der Insel Mainau nahe Konstanz statt (1, Bildunterschrift in 3:28). 

In Zusammenhang mit dieser Tagung war Onsager auch zu einem Vortrag an die Universität Konstanz eingeladen worden. Und am Abend war zu Ehren seines Besuches in Konstanz eine kleine Gesellschaft zusammen gekommen. Auf dieser war die Gesprächsatmosphäre allmählich lockerer geworden, der Wein hatte die Zungen gelöst. Das Gespräch war auf die Wikinger gekommen. Und von Seiten einer jüngeren Frau ist über diese Wikinger dann ein wenig gar zu einseitige, harsche und grobe Kritik geäußert worden. Bei dieser Gelegenheit hat der Gastgeber erleben können, daß in dem ansonsten so umgänglichen Onsager doch auch ein Herz für seine wikingischen Vorfahren schlug. Der Gastgeber mußte vermittelnd in das Gespräch eingreifen, damit die Emotionen nicht gar zu hoch schlugen.

Der Bericht davon war als ein Beispiel dafür erzählt worden, daß gerade die genialsten Wissenschaftler, Künstler und Philosophen - zu denen Onsager zählte - nicht selten eine besondere gefühlsmäßige Verbundenheit zu ihrem eigenen Land, zu ihrer eigenen Herkunft, zur eigenen Geschichte und Kultur aufweisen. Man kann dies als Zeichen wahrnehmen eines durchaus auch geheimnisvollen Wirkens angeborener, sowie über prägungsähnliches Lernen weiter gegebener gruppenpsychologischer Zusammenhänge, die noch heute kaum ausreichend erforscht sind (unter Schlagworten wie etwa "Ethnozentrismus"), für die aber womöglich gerade oft bei den genialsten Vertretern einer Kultur sich die überzeugensten Belege finden lassen.

Werner Heisenberg wäre dafür ein Beispiel derselben Generation aus Deutschland. Oder - wenn wir auf frühere Jahrhunderte zurückblicken - Wolfgang Amadeus Mozart. Gibt es doch von Mozart solche Aussagen wie:

Was mich aber am meisten aufrichtet und guten Mutes erhält, ist, daß ich ein ehrlicher Deutscher bin.

Oder aber - als er sich für deutschsprachige Opern in Deutschland einsetzte:

... Doch da würde vielleicht das so schön aufkeimende Nationaltheater zur Blüte gedeihen und das wäre ja ein ewiger Schandfleck für Deutschland, wenn wir Deutsche einmal im Ernst anfangen würden, deutsch zu reden, deutsch zu handeln, deutsch zu denken und gar deutsch zu singen.

Als der Autor dieser Zeilen auf solche Zusammenhänge hingewiesen wurde, war er etwa 20 Jahre alt und hatte noch keinerlei inneren Bezug zur modernen Naturwissenschaft gewonnen. Er war es - wie die meisten Menschen - von seiner ganzen Herkunft und von seiner ganzen Interessenlage her gewohnt, Naturwissenschaft vornehmlich als etwas "Entseeltes", "Technisch-Materialistisches" anzusehen. Deshalb hatte er zur Naturwissenschaft - trotz "Physik-Leistungskurs" in der Oberstufe in den 1980er Jahren - keineswegs einen ebenso leichten Zugang gefunden. Fächer wie Geschichte oder Zeitgeschichte lagen ihm viel, viel mehr. Mit Hilfe des eben angeführten Hinweises aber auf einen solchen Zusammenhang - nun einmal nicht: zwischen "Genie und Wahnsinn", sondern zwischen "Genie und Wohlwollen für die eigene Herkunft" - auch bei Naturwissenschaftlern konnte bei ihm ein erster etwas mehr auf der Gefühlsebene gelagerter Bezug zur modernen Naturwissenschaft geweckt und angebahnt werden.

Als eine erste weitere Brücke, um einen solchen inneren Bezug herzustellen, stellte sich - wenn die Erinnerung nicht trügt - die Lektüre der Lebenserinnerungen von Werner Heisenberg dar, betitelt "Der Teil und das Ganze". Wer dem Inhalt dieses Buches hinter her horcht, wird in ihm allezeit eine große Liebe zu Deutschland finden. Diese veranlaßte Heisenberg im Jahr 1939, nicht in die USA zu emigrieren, obwohl er in Deutschland von den Anhängern einer pseudowissenschaftlichen, wissenschaftlich völlig unfruchtbaren, sogenannten "Deutschen Physik" als "weißer Jude" bezeichnet worden war und deshalb viel Undank und Ignoranz erleben mußte, obwohl er das Nahen des Krieges ahnte und obwohl er den Unrechtscharakter des Dritten Reiches vollauf durchschaut hatte und als solchen wahrnahm und obwohl er attraktive berufliche Angebote in den USA erhalten hatte.

Aber all das nur als einleitende Hinweise auf die erste Begegnung des Autors dieser Zeilen mit einem noch heute so unbekannten Jahrhundert-Genie wie Lars Onsager. Wer aber war Lars Onsager? In diesem Beitrag soll versucht werden, von seiner wissenschaftlichen Bedeutung einen gewissen Eindruck zu vermitteln, auch wenn das schwierig ist - wie gleich deutlich werden wird und was schon zu der wichtigsten Erkenntnis dieses Beitrages gehört.

Wenn sogar einem Carl Friedrich von Weizsäcker einmal die Worte fehlen ...

Junge Menschen, die eine große Begabung für Mathematik aufwiesen und Physik studierten, konnten in den 1950er Jahren zu dem schon damals - so wie heute - öffentlich kaum bekannten Lars Onsager wie zu einem Genie aufschauen. Würde man selbst jemals etwas so Großes auf dem Gebiet der Theoretischen Physik leisten können wie Lars Onsager? So konnte sich ein solcher Physik-Student fragen. Und so wurde es dem Autor dieser Zeilen auch von einem solchen über seine Jugendzeit berichtet. Aber in wem eine solche Frage damals aufkommen konnte, der wird doch wenigstens ansatzweise Anlaß gehabt haben, sie zu stellen. Das heißt, er wird sich etwas ähnlich Großes zumindest der Absicht nach grundsätzlich schon zugetraut haben.

Daß dann in den 1970er Jahren Lars Onsager einmal zu Besuch nach Konstanz kam, wird nicht zuletzt darauf beruht haben, daß sein Konstanzer Gastgeber - inzwischen selbst Professor für Biophysik - schon lange wissenschaftliche Arbeiten vorgelegt hatte - unter anderem in Zusammenarbeit mit Onsagers vormaligem Freund und Kollegen Julian Gibbs (siehe unten) - die ihn in den Augen Onsagers zu einem interessanten Gesprächspartner gemacht haben werden. Sonst hätte ja ein solcher Besuch gar nicht zustande kommen können. Sonstige Einzelheiten aber über den Anlaß und das Zustandekommen dieses Besuches von Onsager in Konstanz, sowie über Gesprächsinhalte anläßlich dieses Besuches sind (uns) einstweilen nicht bekannt geworden (bzw. werden in einer Ergänzung am Ende dieses Beitrages nachgetragen).

Für Physik-Laien ist es noch heute schwierig, sich ein Bild von der wissenschaftlichen Leistung von Lars Onsager zu machen. Das um so mehr, wenn selbst bedeutende Physiker abwinken konnten, wenn es sich darum handelte, seine Lebensleistung einer größeren Öffentlichkeit zu erläutern. Das wurde denn auch mehr als deutlich als Lars Onsager im Jahr 1968 den Chemie-Nobelpreis erhielt. In den damaligen Wissenschaftsredaktionen der Welt machte sich - begreiflicherweise - einigermaßen Ratlosigkeit breit. Man wußte nicht, wie man das wissenschaftliche Werk von Lars Onsager einer größeren Öffentlichkeit gegenüber erläutern sollte. Dafür war es nämlich viel zu abstrakt. Im Hamburger Wochenmagazin "Der Spiegel", sonst niemals um Worte verlegen, wurde damals beklommen festgehalten - und das (wie beim "Spiegel" eh häufig) vorsichtigerweise auch ohne Autorenangabe (2):

Der Hamburger Physiker und Philosophie-Professor Carl Friedrich von Weizsäcker, sonst wegen seiner Kunst gemeinfaßlicher Wissenschaftsdarstellung gerühmt, mußte diesmal passen: Onsagers Arbeiten seien nur in abstrakter Formelsprache darzustellen. Er verwies an Professor Josef Meixner Technische Hochschule Aachen; der verstehe "viel davon" - allerdings: Er werde "es wohl auch nicht allgemeinverständlich erklären" können, meinte Weizsäcker. In der Tat, auch Meixner konnte nur von einem "Prinzip des detaillierten Gleichgewichts" sprechen, oder von einer "Beziehung zwischen Thermodiffusion und Diffusionsthermoeffekt".

Immerhin versuchte der "Spiegel" sich nach solchen verstörten, einleitenden Worten dann doch noch an einer - vielleicht ansatzweise sogar brauchbaren - Erläuterung (2):

Daß Energie (beispielsweise die Bewegungs-Energie stürzender Wassermassen) nicht verlorengehe, sondern sich allenfalls in andere Formen der Energie (im Kraftwerk beispielsweise in elektrische Energie) verwandelt, hatte der Schiffsarzt Robert Mayer 1842 als ein Grundgesetz der Natur erkannt. Diesen sogenannten Ersten Hauptsatz der Wärmelehre ergänzten die Wissenschaftler hernach immer weiter. Aber alle Berechnungen, die sie über Vorgänge bei der Umwandlung verschiedener Energieformen anstellen konnten, blieben vergleichsweise wirklichkeitsfern: Sie bezogen sich auf Systeme, die in einem Gleichgewichtszustand verharren. Bei schnell ablaufenden Prozessen der Energieveränderung, wie sie in der Natur vorkommen - etwa bei einem Feuer oder bei einer Explosion -, ließen sich allenfalls der Anfangs- und der Endzustand berechnen. Onsagers wissenschaftliche Tat ist es, auch für den Übergang von einem Gleichgewichtszustand in einen anderen mathematische Formeln entwickelt zu haben, "die sich in der Praxis gut bewährt haben" (Weizsäcker).  Onsager hatte diese Formeln ursprünglich nur für chemische Prozesse aufgestellt. Aber es zeigte sich, daß sie vielfältig anwendbar waren, so in der Halbleiter-Technik, in der Biologie - und schließlich auch, als US-Wissenschaftler ein Verfahren suchten, die Atombombe zu bauen.

Und in der Tat waren es ja auch "schnell ablaufende Prozesse der Energieveränderung", für die Manfred Eigen ein Jahr vor Lars Onsager den Nobelpreis erhalten hatte und bei diesem Anlaß in seiner Rede gesagt hatte, daß er sich "schämen" würde, den Nobelpreis vor Lars Onsager zu erhalten (siehe unten)(12). Auch das Nobelpreis-Komitee hatte erst noch auf die Leistungen Onsagers hingewiesen werden müssen, so sehr blühten sie auch damals schon "im Verborgenen".

In der Wochenzeitung "Die Zeit" erschien 1968 ebenfalls ein Artikel zur Verleihung des Nobelpreises an Lars Onsager. Der Artikel selbst verbirgt sich hinter einer Bezahlschranke. Aber schon der Titel sagt viel aus (3):

"Formeln für die Chemie von morgen - Lars Onsager entwickelte eine Mathematik für viele Vorgänge in der Natur."

Josef Meixner in Aachen - Ein "deutsche Onsager"?

Abb. 2: J. Meixner (5)

Und wer war der im eben zitierten Text genannte Professor Josef Meixner (1908-1994) (Wiki)?

Als der bekannte belgische Chemiker Ilya Prigogine 1977 den Nobelpreis erhielt, gab es Gerüchte, daß an seiner Stelle auch Josef Meixner mit diesem hätte ausgezeichnet werden können (4):

Ein bedeutender Anteil der Forschungsarbeit von Meixner war mit der Thermodynamik irreversibler Prozesse befaßt. Er wird deshalb zu den Gründervätern dieses Forschungsgebietes gerechnet. Er wies darauf hin, daß Onsager's Symmetrie-Gesetze wichtige Konsequenzen hatten. Über viele derselben berichtete er in in einem berühmten Artikel zusammen mit Helmut G. Reik in der Encyclopedia of Physics III (Springer, 1959). Der Nobelpreis für Chemie wurde 1977 an Ilya Prigogine (1917-2003) verliehen (...), insbesondere für seine Arbeit über die Thermodynamik irreversibler Prozesse. Es wird erzählt, daß das Nobelpreiskomitee vier zusätzliche Stunden brauchte, um zu einer Entscheidung zu kommen. Und es gab Gerüchte, daß Meixner ebenfalls als Kandidat gehandelt wurde. Meixners erste grundlegende Arbeit datiert zurück auf das Jahr 1941, Prigogine's Arbeit begann 1947. Tatsächlich schreiben D. Bedeaux und I. Oppenheim in ihrem Nachruf auf Mazur: "Josef Meixner stellte 1941 und Ilya Prigogine unabhängig davon 1947 eine zusammenhänge phänomenologische Theorie irreversibler Prozesse auf, die Onsager's Reziprozitäts-Theorem beinhalteten und die explizite Berechnung für einige Systeme der sogenannten Entropie-Quellen-Stärke. Kurz danach stießen Mazur und de Groot zu dieser Gruppe der Gründungsväter hinzu des neuen Gebietes der Nichtgleichgewicht-Thermodynamik. Außerdem schreiben A. R. Vasconcellos et al.: "Vor über zwanzig Jahren gab J. Meixner in Arbeiten, die nicht die verdiente Verbreitung fanden, einige überzeugende Argumente um zu zeigen, daß es unwahrscheinlich ist, daß ein Nichtgleichgewicht ... [?] [weiteres hinter einer Bezahlschranke]". 1975 sprachen Prigogine und Meixner beide auf einer Akademie-Sitzung in Düsseldorf. 
Original: A major part of Meixner's research work concerned the thermodynamics of irreversible processes, and he is counted as one of the founding fathers of that field. He pointed out that Onsager's symmetry laws had important consequences, many of which he reported on in a famous article with Helmut G. Reik in Encyclopedia of Physics III (Springer, 1959). The Nobel Prize for Chemistry for the year 19777 was awarded to Ilya Prigogine (1917–2003) (...), especially for his work on the thermodynamics of irreversible processes. It was said the Prize Committee spent 4 overtime hours before reaching its decision, and there were rumors that Meixner was also a candidate. Meixner’s first basic paper in the matter dates back to 1941, Prigogine’s work started in 1947. In fact, D. Bedeaux and I. Oppenheim in their obituary notice on Mazur write: “Josef Meixner in 1941 and, independently, Ilya Prigogine in 1947 set up a consistent phenomenological theory of irreversible processes, incorporating both Onsager’s reciprocity theorem and the explicit calculation for some systems of the so-called entropy source strength. Shortly thereafter, Mazur and de Groot joined this group as founding fathers of the new field of nonequilibrium thermodynamics”. Furthermore, A. R. Vasconcellos et al. write: “J. Meixner, over twenty years ago in papers that did not obtain a deserved diffusion gave some convincing arguments to show that it is unlikely that a nonequilibrium ” (...) [?]. In 1975 both Prigogine and Meixner lectured at an Academy session in Düsseldorf.

Der Konstanzer Biophysiker Gerold Adam (1933-1996) (Wiki) studierte 1951 bis 1958 an der Technischen Hochschule Aachen. Unter diesen Umständen ist es keineswegs ausgeschlossen, daß er wichtige Anregungen (auch) durch Josef Meixner erhielt, zu den Leistungen von Lars Onsager aufzublicken und sich dem von Meixner und Onsager bearbeiteten Forschungsgebiet der Theorie irreversibler Prozesse zuzuwenden. Meixner übrigens war 1931 als Schüler des hoch geehrten Arnold Sommerfeld in München promoviert worden. Er hat während des Zweiten Weltkrieges an der Eismeerfront in Finnland Kriegsdienst geleistet. Von 1944 bis 1974 lehrte er Theoretische Physik an der Technischen Hochschule Aachen. 1942 hatte er - ebenso wie Onsager - wichtige frühe Arbeiten zur Thermodynamik irreversibler Prozesse veröffentlicht. 1962 wurde - vermutlich doch vor allem auf Betreiben von Josef Meixner - Onsager die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Aachen zuerkannt. Aus diesem Anlaß hielt Meixner eine Ansprache, die - als Onsager den Nobelpreis erhielt - auch in den "Physikalischen Blättern" veröffentlicht wurde. In dieser führte er unter anderem aus (6): 

Eine weitere hervorstechende Leistung Onsagers ist die Theorie des zwei-dimensionalen Ising-Modells  des  Ferromagnetismus.  Wir  sehen  hier  einen ganz neuen Aspekt  seiner wissenschaftlichen  Arbeit. (...) Beim Ising-Modell lag ein wohlformuliertes physikalisches Problem vor, und die Leistung Onsagers ist hier  als rein  mathematisch  anzusehen,  aber als solche ein hervorragendes Kunstwerk des Geistes. Ihre überragende Bedeutung liegt  in zwei Richtungen. Sie gab die exakte Lösung für eines der wichtigsten und schwierigsten Probleme der statistischen Mechanik, wenn auch nur an einem physikalisch gesehen einfachen Modell, und damit zum ersten Mal eine Beurteilungsmöglichkeit der für kompliziertere Fälle auch heute noch unentbehrlichen Näherungsverfahren. Sie stellte aber auch, neben der Einstein-Kondensation, den einzigen Fall dar, in dem es gelungen war, die statistische Theorie einer Phasenumwandlung mathematisch vollkommen explizit und streng zu behandeln.

Meixner hält außerdem fest (6):

Wir dürfen wohl annehmen, daß die theoretischen Vorlesungen (Onsagers) für den jungen Chemiker etwas schwierig sind, und so nimmt es uns nicht wunder, daß die Onsagersche Vorlesung über statistische Mechanik I und II von den Studenten (in den USA) als Norwegisch I und II bezeichnet wurde. (...) Onsager wird als ein brillanter Wissenschaftler mit einer ungeheuren Konzentrationskraft bezeichnet. Seine Erfolge sind wohl letzten Endes darin begründet, daß er nie mit halben Lösungen zufrieden war, daß er vielmehr sich stets bemühte, die physikalische Natur eines Vorgangs oder einer Eigenschaft in voller Klarheit zu erfassen, um dann sein Problem ungehindert durch alle Schwierigkeiten einer eleganten und vollständigen  Lösung zuzuführen.

"Eine der höchsten geistigen Leistungen"

Auf die Lebensleistung von Lars Onsager wurde auch einmal eingegangen in einer grundlegenden Aufsatzreihe benannt "Die Evolution aus der Sicht der Naturwissenschaft und der Philosophie". Hier sollte nämlich einleitend als grundlegenderer Gedankengang erläutert werden (7),

daß die Gültigkeit einer Einsicht nicht dadurch bestimmt ist, wie viele sie wirklich „verstehen“. (…) Der Nachvollzug der einzelnen Erkenntnisschritte durch andere Menschen (…) kann ein so schwieriger sein, daß er dann nur von wenigen erfolgreich begangen wird. Vor allem auch die physikalisch-theoretischen Wissenschaften bieten eine Fülle von Beispielen hierfür. Aus der Vielzahl sei hier nur noch ein weniger bekanntes Beispiel genannt, das aber für die folgenden Beiträge zu unserem Rahmenthema wesentlich ist. Im Jahre 1944 ist dem norwegischen Physiker Lars Onsager die „exakte Lösung für den feldfreien Sonderfall des zweidimensionalen Isingmodelles“ gelungen. Das „zweidimensionale Isingmodell“ stellt eine regelmäßige Anordnung von Elementarmagneten in einer Fläche dar, deren Verhalten ohne äußeres Magnetfeld von Onsager berechnet werden konnte. Die Onsager'sche Theorie stellt eine der höchsten geistigen Leistungen in den Naturwissenschaften dar. Wichtige Ergebnisse dieser Berechnungen konnten erst Jahre später von anderen Wissenschaftlern nachgerechnet werden. Wesentliche Verbesserungen dieser Lösung, wie etwa ihre Erweiterung auf die Situation mit Magnetfeld oder gar auf den dreidimensionalen Fall (räumlich-kristalline Anordnung der Elementarmagnete) sind bis heute noch nicht gelungen. Die außerordentlichen Schwierigkeiten bei der Beschreibung des Isingmodelles rühren von der ungeheuren Vielzahl der möglichen Wechselwirkungen zwischen je zweien der (sehr vielen) Elementarmagnetchen her. Die Betrachtung des gemeinsamen („kooperativen“) Verhaltens von winzigen Magneten erscheint zwar auf den ersten Blick nicht sonderlich interessant; doch ist das Isingmodell der wohl übersichtlichste Fall der Beschreibung einer Ansammlung von vielen gleichartigen, miteinander wechselwirkenden Untereinheiten. Seine mathematische Formulierung ist daher fast ohne Abänderung auf die Beschreibung einer Fülle von anderen, auf den ersten Blick grundverschiedener Anordnungen von miteinander wechselwirkenden Untereinheiten übertragbar, wie sie zum Beispiel die Moleküle bei den Vorgängen der Entmischung von Lösungen oder des Schmelzens/Kristallisierens, die Molekülsorten bei der präbiotischen Evolution oder die Menschen bei der Meinungsbildung in einer Bevölkerung darstellen.

Daß die Meinungsbildung in einer Bevölkerung den gleichen Gesetzen folgen könnte wie sie sonst in der Natur in "komplexen Systemen" vorkommen, wird etwa recht anschaulich behandelt in dem Buch "Erfolgsgeheimnisse der Natur" des Stuttgarter Physikers Hermann Haken. Dieses Buch stellt ebenfalls eine allgemeinverständliche Hinführung zum Thema der Theorie komplexer Systeme dar, für die Lars Onsager die wichtigsten theoretischen Grundlagen gelegt hatte.

Die meistzitierte Arbeit von Lars Onsager ist tatsächlich diejenige über das Ising-Modell von 1944 (8).

Wenn man einem Wissenschaftler wie Onsager also nur schwer über die Inhalte seiner Forschungen näher kommen kann, so vielleicht doch ein wenig mehr über einige Angaben zu seinem sonstigen Leben. Onsager ist in Oslo aufgewachsen, hat in er Schule eine Klasse übersprungen und im Jahr 1920 ein Chemie-Studium an der Universität Trondheim aufgenommen (14):

Schon während seines Studiums zeigte er seine Unabhängigkeit als er sich auf eigene Faust ein breites und tiefgehendes Wissen auf dem Gebiet der Mathematik aneignete und während er sich mit dem jüngst (1923) veröffentlichten Durchbruch in der Elektrolyt-Theorie von Pieter Debye und seinem Assistenten Hückel beschäftigte. Onsager fand einen Fehler in jenem Teil der Theorie, der die Leitfähigkeit des Elektrolyts betraf. Nach seinem Studienabschluß als Chemie-Ingenieur der Universität Trondheim reiste er 1925 nach Zürich, um Debye zu besuchen. Der unbekannte 22-Jährige aus Norwegen marschierte in das Arbeitszimmer des berühmten Wissenschaftlers mit den Worten: "Professor Debye, Ihre Theorie der Elektrolyte enthält einen Fehler!" Der berühmte Debye war den dreisten jungen Mann nicht hinaus. Im Gegenteil, in der nachfolgenden Diskussion war er so beeindruckt von dem jungen Norweger, daß er ihm eine Stelle als sein Assistent für das nachfolgende Jahr anbot. (...) Seine Verbesserungen der Theorie von Debye und Hückel über die Leitfähigkeit der Elektrolyte verschaffte ihm bald einen Namen unter den Elektrolyt-Experten.
Already during his studies, he showed his independence by acquiring on his own a broad and profound knowledge of mathematics, and by familiarizing himself with the recently published (1923) breakthrough in electrolyte theory by Pieter Debye and his assistant Hückel. (An electrolyte is a solution of ionized molecules, and can conductelectricity.) Onsager found an error in that part of the theory which concerns the conductivity of the electrolyte. After his graduation as a chemical engineer from NTH he travelled, in 1925, to Zürich to visit Debye. The unknown 22-year old from Norway walks into the famous scientist’s office with the announcement: ‘‘Professor Debye, your theory of electrolytes is incorrect!’’ But the famous Debye does not throw out the impudent youngster. On the contrary, in the subsequent discussion, he is so impressed by the young Norwegian that he offers him a job as his assistant for following year. (...) His improvements of Debye and Hückel’s theory of electrolytic conduction quickly earned him a name among the experts on electrolytes.

1932 reichte er seine Doktorarbeit an der Universität Trondheim ein, die nur 37 Seiten umfaßte, die er aber dennoch als die "beste seiner bisherigen Arbeiten" charakterisierte. Infolge anderer drängender Arbeiten hätte er nicht die Muse, seine Doktorarbeit ausführlicher zu schreiben. Der Universität war das dennoch zu wenig. Onsager soll gesagt haben (14):

Allerhand Leute gibt es, darunter sicherlich viele talentierte, die sich mit Methoden bewaffnen und dann auf die Jagd nach behandelbaren ("vulnerable") Problemen gehen. Ein Problem aber gemäß seiner eigenen Bedingungen zu akzeptieren und sich seine eigenen Waffen schmieden - das erst ist wirklich erstklassig!
There are a lot of folks, some quite talented, who arm themselves with methods and then go hunting for vulnerable problems; but to accept a problem on its own terms, and then forge your own weapons - now that’s real class!

1933 lernte Onsager in Österreich seine nachmalige Ehefrau Gretl kennen. Darüber wird berichtet (9):

Onsager blieb an der Brown-Universität bis 1933. (...) Im Sommer jenes Jahres weilte Lars in Europa und besuchte H. Falkenhagen, den österreichischen Elektrochemiker. Falkenhagen fühlte sich aber unpäßlich und bat deshalb seine Stiefschwester Gretl (Margarethe Arledter), sich um Lars zu kümmern. Gretl sah ihn die Treppen herauf kommen - einen sehr gut aussehenden jungen Mann, von dem ihr Bruder ihr gesagt hatte, er wäre "seiner Zeit weit voraus". Dann gingen sie zum Essen aus. Wie immer war Lars aber von sehr zurückhaltendem Wesen. Nach dem Essen schlief er auf der Terrasse. Dann wachte er auf und fragte sie: "Sind Sie verliebt?" Acht Tage später verlobten sie sich - Margarethe war 21 und Lars 29. Am 7. September 1933 heirateten sie.
Original: Onsager remained at Brown University until 1933, when the economic depression made it necessary for his appointment to be discontinued; it would have been impossible for the chemistry department to convince the university that his services as a teacher were indispensable. In the summer of that year Lars was in Europe, and went to visit H. Falkenhagen, the Austrian electrochemist. Falkenhagen was unwell at the time and asked his sister Gretl (Margarethe Arledter) to entertain Lars. Gretl saw him coming up the stairs—a very handsome young man who her brother had told her was ‘well ahead of his times’. They went out to dinner, but Lars was his usual reticent self. After dinner he fell asleep on the patio, and then woke up and asked: ‘Are you romantically attached ?’ They became engaged 8 days later - Margarethe at 21 and Lars at 29 - and got married on 7 September 1933.

Aus der Ehe sollten vier Kinder hervor gehen. Onsager erhielt 1934 eine Professur. Da er aber nie promoviert hatte, mußte er 1935 nachträglich eine Doktorarbeit einreichen. Aber weder die Chemiker, noch die Physiker fühlten sich ihrer komplizierten Mathematik gewachsen. Sie gaben sie deshalb an die Mathematiker weiter. Dort war man dann hoch erfreut über Onsager's Arbeit und befürwortete die Promotion.

"Die Onsager'sche Lösung hätte ich nicht heraus bekommen"

Das Ehepaar Onsager kaufte sich in den USA einen Bauernhof, auf dem Lars mit großer Begeisterung Gemüse anbaute und das Landleben genoß. Onsager schwamm gerne. Und bis an sein Lebensende unternahm er Skitouren (9).

Da Gretl und Lars in den USA "Ausländer" waren, wurde Onsager nicht für jene Forschungen herangezogen, die in Zusammenhang mit der Kriegsführung standen. Für Onsager hatte das wertvolle Folgen (9):

Er fand Zeit, um so angestrengt oder noch angestrengter zu denken als er es jemals zuvor getan hatte, um ein Schlüsselproblem in der Physik zu klären, von dem andere mit guten Gründen angenommen hatten, daß es jenseits der Möglichkeiten der menschlichen Intelligenz liegen würde. (...) Sie nahm die Welt der Theoretischen Physiker im Sturm. (...) So wie es Pippard im Jahr 1961 beschrieb: "Onsager's exakte Behandlung, die eine Sensation hervorrief, als sie erschien, zeigte, daß die spezifische Wärme tatsächlich am Übergangspunkt zur Unendlichkeit anwuchs, ein Phänomen, das jene sehr grundlegend verwirrte, die sich sicher waren, daß Schwankungen immer ausgeglichen würden durch die Schroffheit, die durch die Annäherungen in der Analyse geschaffen wurden. (....) Diese Arbeit gab dem Studium kooperativer Phänomene einen ganz neuen Schwung ... und es ist sicherlich die wichtigste Einzelleistung in diesem wichtigen Forschungsfeld."
Original: He was able to find the time to think as hard, or harder, than ever before and to solve a key problem in physics others might well have believed to lie beyond the reach of human intelligence. (...) It took the world of theoretical physics by storm. (...) As Pippard wrote, in 1961: "Onsager's exact treatment, which created a sensation when it appeared, showed that the specific heat in fact rose to infinity at the transition point, a phenomenon which profoundly disturbed those who were sure that fluctuations always smoothed over the asperities which were created by approximations in the analysis. This work gave a new impetus to the study of cooperative phenomena, ... and it is certainly the most important single achievement in this important field."

Unter Physikern erzählt man sich Anekdoten wie diese (9): 

Lev D. Landau (...) sagte zu V. L. Pokrovskii, daß während die Arbeiten anderer Theoretiker seiner Generation für ihn keine wirkliche Herausforderung darstellen würden, er sich nicht vorstellen könne, daß er selbst die Onsager'sche Lösung des Ising-Modell's herausbekommen hätte.
Original: Lev D. Landau, whose own general phenomenological theory of phase transitions was fatally undermined by Onsager's results, told V. L. Pokrovskii that while the work of other theorists of his generation presented no real challenges to him, he could not envisage himself accomplishing Onsager's solution of the Ising model.

Der hier genannte sowjetische Theoretische Physiker Lev Landau (1908-1968) (Wiki) hatte 1929 bei Werner Heisenberg in Leipzig und bei anderen Physikern in Deutschland studiert (Wiki):

Er teilte Physiker in eine logarithmische Skala von 0 bis 5 ein (0 war die höchste Stufe), stufte Einstein bei 0,5 ein, die Väter der Quantenmechanik (Schrödinger, Bohr, Heisenberg, Bose, Dirac, Wigner) bei 1, sich selbst anfangs bei 2,5, und relativ spät in seiner Karriere bei 2.

Die Theoretischen Physiker und Chemiker der damaligen Generation erzählten sich noch viele andere, sie außerordentlich beeindruckenden Erlebnisse mit Lars Onsager. So etwa auch der bekannte amerikanische Physiker Richard Feynman (9, S. 458f). Sie berichteten auch darüber, daß Onsager das Ergebnis seiner Forschungen nicht selten intuitiv vorausahnte und mit seinen mathematischen Berechnungen diese Intuition dann nur noch rational nachvollzogen hat, also quasi "ratifiziert" hat (9).

Erst vor drei Jahren, 2018, schrieb der indischer Chemiker Biman Bagchi über Lars Onsager (10):

Über ihn wird oft gesagt, auch heute noch, daß er der "beste Mathematiker" war, den es in der Theoretischen Physik und in der Theoretischen Chemie jemals gegeben habe.
Original: He is often cited, even today, as the “best calculator” that theoretical physics and theoretical chemistry has ever seen.
Über Julian H. Gibbs, der zusammen mit dem nachmaligen Konstanzer Biophysiker Gerold Adam (1933-1996) (Wiki) eine bis heute oft zitierte Arbeit über das physikalische (ebenfalls kooperative irreversible) Phänomen die Glasbildung vorlegte ("Adam-Gibbs"), berichtet Biman Bagchi in diesem Zusammenhang (10):
Mein eigener Doktorvater an der Brown-Universität, Julian H. Gibbs, verbrachte ein gemeinsames Jahr mit Onsager in Cambridge. Gibbs war dort als Guggenheim Fellow tätig. Er erzählte mir, daß Onsager sich gerne viel mit ihm zu unterhalten habe, weil sie beide die einzigen Amerikaner in der Theoretischen Physikalischen Chemie in Cambridge waren. Gibbs erzählte, daß Onsager wissenschaftlich unglaublich und ein ebenso fröhlicher wie warmherziger Mensch gewesen sei. Gibbs fand Onsagers Ansatz auf so hoher Verständnisebene angesiedelt, daß er Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten.
My own thesis adviser at Brown University, Julian H. Gibbs, overlapped about a year with Onsager at Cambridge where Gibbs was a Guggenheim Fellow. Gibbs told me that Onsager used to talk a lot with him because they two were the only Americans in theoretical physical chemistry at Cambridge. Gibbs told me that Onsager was incredibly smart with science, and was quite a jolly and warm guy. Gibbs found Onsager’s approach so high level that he had to struggle to keep up with him. 

Und Biman Bagchi schreibt bewundernd weiter (10): 

In diesem Zusammenhang muß ich den Leser daran erinnern, daß Julian Gibbs selbst außergewöhnlich war. Neben anderem sind ja seine Theorien über die Glasbildung (Adam-Gibbs, Gibbs-DiMarzio) sehr bekannt.
Original: I need to remind the reader that Julian Gibbs himself was outstanding, and his theories of glass transition (Adam-Gibbs, Gibbs–DiMarzio) among others, are well-known.

Die hier erwähnte "Adam-Gibbs"-Arbeit wurde dementsprechend 1982 mit dem "Citation Award" ausgezeichnet (11). Der Konstanzer Biophysiker Gerold Adam, mit dem zusammen Julian H. Gibbs eine der beiden eben genannten "außergewöhnlichen" Arbeiten vorlegte, erforschte später - ebenfalls als Theoretischer Physiker - Phasenübergänge bei der Nervenerregung. Vielleicht hatten diese Forschungen Onsager's Interesse geweckt, und vielleicht war Onsager in den 1970er Jahren in diesem Zusammenhang zu Besuch nach Konstanz gekommen.

Außer mit dem genannten Citation Award ist Gerold Adam unseres Wissens niemals mit einem Wissenschaftspreis ausgezeichnet worden, während Julian Gibbs und Edmund A. DiMarzio 1967 in Chicago gemeinsam den Preis für Hochpolymer-Physik der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft erhalten haben. Der Autor dieser Zeilen hat DiMarzio vor einigen Jahren (2014) angeschrieben und erfahren, daß DiMario es bedauert, Gerold Adam niemals persönlich begegnet zu sein.

Manfred Eigen - Sein Hinweis an das Nobelpreisträgerkomitee 

Der Chemiker Manfred Eigen hatte 1967, ein Jahr vor Lars Onsager den Nobelpreis erhalten. Eigen berichtet darüber (12):

In meiner Nobelrede sagte ich den Satz: I am ashamed to receive this price before Lars Onsager. Lars Onsager war einer der großen theoretischen Chemiker unserer Zeit. Er hatte eine allgemeine Theorie irreversibler Vorgänge nahe am thermodynamischen Gleichgewicht erstellt. Die chemische Relaxationsspektrometrie, die experimentelle Methode, für die ich den Preis erhielt, basiert auf Gleichungen, die wir aus Onsagers linearen Ansätzen entwickeln konnten. Onsager, der ungefähr eine Generation älter war als ich, war klarer Kandidat für einen Nobelpreis, jedoch sein Werk war reine Theorie. Nach meinem Vortrag kam Arne Tiselius, ebenfalls ein Chemie Nobel-Laureat und zu jener Zeit Präsident der Nobel Foundation, zu mir und sagte: If you mean what you said about Onsager, you have to write me a letter in which you state clearly that Onsager’s theory was important for the development of your experimental methods.Ich habe diesen Brief geschrieben und Onsager bekam im darauf folgenden Jahr den Nobelpreis für Chemie.

Dieser Bericht ist noch einmal ein Hinweis darauf, daß das Bewußtsein von der wissenschaftliche Leistung von Lars Onsager auch innerhalb der Wissenschaft selbst nur bei wenigen vorhanden war. Auf diese Weise kann es immer wieder dazu kommen, daß bedeutende Wissenschaftler bei der Verleihung des Nobelpreises "vergessen" werden. 

Übrigens kann gegen den Mythos, daß ein Theoretiker wie Onsager keinerlei praktische Fähigkeiten aufweisen würde, vieles angeführt werden. Es wird berichtet, daß Onsager ein begeisterter Gärtner war, daß er alle Reparaturen zu Hause selbst besorgte. Und von einer Physiker-Rundreise durch Japan anläßlich einer wissenschaftlichen Konferenz daselbst nach dem Zweiten Weltkrieg wird berichtet, daß der Reisebus von der Straße in einen Graben abgerutscht sei (14):

Die Fahrer, die örtlichen Bauern und die Physiker standen herum und brabbelten in allerhand Sprachen bis Onsager, einen Seufzer ausstoßend kraftvoll die Verantwortung übernahm. Er organisierte eine Arbeitsgruppe von örtlichen Bauern, die eine Behelfsbrücke über den Graben legen sollten, arrangierte ein System von Hebestangen und mit den Muskeln von zwanzig bis dreißig Physikern und Onsagers Ansage und Aufmunterung brachten wir den Bus - zu unserem Erstaunen - wieder zurück auf die Straße.
Drivers, local farmers, and physicists stood around jabbering in several languages until Onsager, with a sigh, firmly took charge. He organised a work crew of local farmers to dismantle a log bridge over the ditch, arranged a system of levers, and with the muscle of 20 or 30 physicists and Onsagers’s direction and encouragement we, to our astonishment, put the bus back on the road.

 

Weitere Erinnerungen zum Onsager-Besuch in Konstanz  

Ergänzung 15.2.2021: Nach Veröffentlichung dieses Beitrages erhalten wir noch ergänzende Angaben zu dem Onsager-Besuch in Konstanz im Jahr 1975 von Seiten der Ehefrau des damals einladenden Hochschullehrers. Auslöser, so schreibt sie, könnte ein wissenschaftlicher Aufsatz von 1971 gewesen sein (13), der - wie auf Google Scholar festgestellt werden kann - auffallender Weise bis heute nie zitiert worden ist, der also ansonsten heute offenbar nie die Aufmerksamkeit in der Wissenschaft auf sich gelenkt hat. Es wird jedenfalls geschrieben: 

Es kann gut sein, daß Onsager selbst die Verbindung zu Gerold gesucht hat. Gerold hat auch eine Arbeit über das zweidimensionale Isingmodell veröffentlicht (1971: "Kinetik des zweidimensionalen Isingmodells in der Braggs-Williams-Näherung: Kleine Auslenkungen aus dem Gleichgewicht"). Onsager hielt einen Vortrag an der Uni, den vermutlich Gerold angeregt hat. Den Titel kenne ich nicht. Er wäre in denkbar schlechtem Englisch gewesen, meinte Gerold. 

Nach dem Vortrag saß er in Gerolds Arbeitszimmer in der Uni und schwieg und Gerold machte ihm einen Tee und schwieg auch.

Wir hatten ihn auch bei uns zuhause zu Besuch. Er freute sich über die 4 kleinen weißen Stiefelpaare (der Kinder) vor unserer Haustüre. An ihn selbst kann ich mich kaum erinnern. Er muß schon 70 Jahre alt gewesen sein.

Im Gespräch ging es auch über Steine mit Keilschriften, die in Mittelamerika gefunden worden waren. Das bedeutete, daß Europäer schon dort gewesen sind. Er: man weiß es, aber es wird nicht darüber gesprochen, d.h. es wird verschwiegen. Den Wortlaut weiß ich nicht mehr genau.

Seine Frau stamme aus "Marburg an der Drau“, ich wußte, daß dies das heutige Maribor ist, unsere anderen Gäste, ein junges Wissenschaftlerpaar, jedoch nicht. 

Er, ein Weinkenner, wußte auch, wie ein bestimmter Kärntner Wein 1936 (?) schmeckte. Auf die Frage Gerolds, was er von unseren französischen Rotweinen von 1933 und 1943 hielte: wenn wir je dran denken wollten, sie zu trinken, sollten wir nicht mehr allzu lange warten.

Es war in meiner Erinnerung ein sehr netter Abend gewesen.

Eingeleitet worden war die Zuschrift mit den Worten:

Deine Anfrage hat alte Erinnerungen wieder aufleben lassen. 1974 - Dez. 1976 wohnten wir in einem sehr kleinen Häuschen zur Miete in Konstanz/Wollmatingen, Mitte Dez. 76 zogen wir in unser eigenes Haus.

____________ 

  1. Onsager, Lars: Zur Frage des Ursprungs des Lebens, Nobelpreisträger-Tagung in Lindau 1975, https://www.mediatheque.lindau-nobel.org/videos/31467/once-upon-a-time-questions-on-the-origin-of-life-german-presentation-1975/meeting-1975
  2. Raunen auf dem Gang. In: Der Spiegel, 45/1968, 04.11.1968, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45935170.html
  3. Hopmann, Rudolf: Formeln für die Chemie von morgen - Lars Onsager entwickelte eine Mathematik für viele Vorgänge in der Natur, ZEIT Nr. 45/1968, 8. November 1968, https://www.zeit.de/1968/45/formeln-fuer-die-chemie-von-morgen
  4. Paul L.Butzera, Tom H.Koornwinderb: Josef Meixner: His life and his orthogonal polynomials. In: Indagationes Mathematicae, Volume 30, Issue 1, January 2019, Pages 250-264, https://doi.org/10.1016/j.indag.2018.09.009.
  5. F. Schlögl: Persönliches: Josef Meixner. In: Physik Journal. 50, 1994, S. 584–584, doi:10.1002/phbl.19940500619.
  6. Meixner, Josef: Chemie‐Nobelpreis 1968 für Lars Onsager. (Laudatio vom 23. Juli 1962 anläßlich der Ehrenpromotion von Prof. Onsager an der Rheinisch‐Westfälischen Technischen Hochschule Aachen), In: Physikalische Blätter, Februar 1969, https://doi.org/10.1002/phbl.19690250204.
  7. Leupold, Hermin: Wie erweist sich die Richtigkeit intuitiver Einsichten? Verifikationsprobleme bei wissenschaftlichen und philosophischen Problemen. In: „Die Deutsche Volkshochschule, Folge 61, Mai 1989, S. 1-13 [Zweiter Beitrag der Aufsatzreihe zum Rahmenthema: Die Evolution aus der Sicht der Naturwissenschaft und der Philosophie] 
  8. Onsager, Lars: Crystal Statistics. I. A Two-Dimensional Model with an Order-Disorder Transition. In: Phys. Rev. 65, 117 – Published 1 February 1944, https://journals.aps.org/pr/abstract/10.1103/PhysRev.65.117
  9. Longuet-Higgins, Hugh Christopher; Fisher, Michael Ellis: Lars Onsager, 27 November 1903 - 5 October 1976 - Obituary. Biographical memoirs. Published:01 November 1978, https://doi.org/10.1098/rsbm.1978.0014
  10. Bagchi, Biman: Lars Onsager (1903–1976). In: Resonance, Oktober 2018
  11. Adam, Gerold; Gibbs, Julian H.: On the Temperature Dependence of Cooperative Relaxation Properties in Glass‐Forming Liquids. In: J. Chem. Phys. 43, 139 (1965)
  12. Eigen, Manfred: Anmerkungen eines Preisträgers. In: Das Göttinger Nobelpreiswunder - 100 Jahre Nobelpreis - Vortragsband, hrsg. von Elmar Mittler und Fritz Paul, Göttingen 2004, S. 53ff
  13. Adam, Gerold: Kinetik des zweidimensionalen Ising-Modelles in der Bragg-Williams-Näherung: kleine Auslenkungen aus dem Gleichgewicht. In: Zeitschrift für Physikalische Chemie, Bd. 74, S. 78-80 (1971), doi:10.1524/zpch.1971.74.1_2.078, https://www.degruyter.com/document/doi/10.1524/zpch.1971.74.1_2.078/html
  14. Hauge, Eivind H.: Lars Onsager - The NTH student who became one of the greatest scientists of the 20th century. In: Energy 30 (2005), S. 787-793 (Academia)  

Die Liebe, die Wissenschaft und Max Delbrück

Wie fühlt es sich an, einen genialen Wissenschaftler zum Freund zu haben?

Der Konstanzer Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer (geb. 1947) (Wiki) hat die bis heute ausführlichste und gelungenste Biographie über den deutsch-amerikanischen Biophysiker und Nobelpreisträger Max Delbrück (1906-1981) (Wiki) geschrieben. In der Erstauflage trug sie den Titel "Licht und Leben" (1). Bei dieser Biographie handelt es sich um ein hinreißendes Buch. Der Geist zweier Generationen von Wissenschaftlern, die im Leben von Max Delbrück eine Rolle gespielt haben - sowohl jener Generation, durch die Max Delbrück angeregt worden ist (Niels Bohr etwa) oder jene Generation, die von Max Delbrück angeregt worden ist - beides findet sich in diesem Buch wieder.

Der Öffentlichkeit ist Ernst Peter Fischer nach der Veröffentlichung dieser Biographie bis heute durch viele weitere Bücher und Vorträge bekannt geworden. Viele Vorträge und Interviews von ihm finden sich auch in Videoform im Internet. Ein Interview aus dem Jahr 2018 mag man nicht zuletzt auch deshalb als wichtig empfinden, weil darin - in den Minuten 14'35 bis 19'48 - davon die Rede ist, daß Max Delbrück als letzte Bemerkung vor seinem Tod an seinen Biografen noch die Frage gerichtet hatte (2):

Wie kannst du es wagen, mein Leben zu beschreiben, wenn du nichts über mein Sex-Leben weißt?

Im Anschluß an das Erzählen dieser Frage bringt Fischer gleich als Beispiel Werner Heisenberg, und daß ein Biograph bei Heisenberg genug zu tun hätte, dessen Wissenschaft zu beschreiben. Doch gerade auch der Fall Heisenberg könnte ebenso gut deutlich machen, wie sehr Max Delbrück mit seiner Bemerkung ins Schwarze getroffen hatte. Denn auch für Heisenberg war - wie wir heute wissen (3) - die erste große, unerfüllte Liebe in seinen Leben für viele Jahre ein sehr bedeutender Lebensinhalt. Er war ihm wichtiger als der Nobelpreis, den er in derselben Zeit erhalten hat. Heisenberg gab in dieser Zeit sogar zum Ausdruck, daß sein ganzes Leben scheitern könne, wenn er bezüglich dieser unerfüllten Liebe nicht zu einer gelungenen Lösung finden würde (3).

Mit wie viel Lebensernst Heisenberg über solche Fragen dachte, geht deutlich genug aus dem sich über viele Jahre hinweg erstreckenden Briefen an seine Eltern hervor (3). Deshalb wird diese Frage von Max Delbrück natürlich auch nicht "die Schnappsidee eines alten Mannes, der stirbt" sein - wie das Ernst Peter Fischer so unernst charakterisiert. Sondern es handelt sich ja schließlich um das menschlichste Thema, das es überhaupt gibt. Es handelt sich um jenes Thema, das uns Menschen erst zu Menschen macht.

Fischer hat nun aber tatsächlich "gewagt", seine Biographie über Max Delbrück zu schreiben, ohne auf dieses Thema Bezug zu nehmen, ohne auf dasselbe einzugehen (1). Und diese Biographie hat nun auch in der Tat aufregende Inhalte genug, als daß es der Behandlung dieses Themas noch zusätzlich bedurft hätte, um sie zu einer aufregenden zu machen. Allerdings hatte der Leser schon bei der ersten Lektüre derselben das Gefühl, daß er mehr wissen können sollte und daß er gerne mehr wissen würde über die Beziehungen von Max Delbrück zu jenen Frauen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben.

Wenn man aber nun noch zusätzlich erfährt, daß Max Delbrück sogar in dieser Weise eine klare Anregung gegeben hatte, noch dazu kurz vor seinem Tod, so bedauert man es um so mehr, daß sich Fischer auf dieses "Wagnis" eingelassen hat. Die ersten Andeutungen allerdings, die Fischer dann gibt - hinsichtlich des fröhlichen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in Cold Spring Harbour - sind dann viel zu ungenügend, um aus diesen irgendwelche Schlußfolgerungen ziehen zu können.

James Watson hat in Erinnerungen (4) und Büchern wie "Genes, Girls and Gamov" (5) - vielleicht auch in anderen wie etwa in "Avoid Boring People" - zu diesen Dingen ja ebenfalls schon Andeutungen gegeben, wertvolle Andeutungen. Letzteres ist dem flapsigen Titel des genannten Buches nicht unbedingt anzumerken.

Vom August 1965 bis Dezember 1966 war mein Onkel, der vormalige Konstanzer Biophysiker Gerold Adam (1933-1966) (Wiki), Mitarbeiter von Max Delbrück in Pasadena. Diese Zeit in Kalifornien hat ihn sehr maßgeblich geprägt. Bis zum Tod von Max Delbrück blieb Gerold mit Max in freundschaftlicher Verbindung und im regen Austausch von Briefen. Gerold hatte auch eine Professur erhalten an der - unter maßgeblicher Mithilfe von Max Delbrück gegründeten - Forschungsuniversität Konstanz.

"Du bist Ishi!" (1967)

Mit Hilfe des Briefwechsels zwischen Gerold und Max Delbrück sowie mit Hilfe dessen, was Gerold darüber zu Lebzeiten erzählt hat, können die von Ernst Peter Fischer angesprochenen Fragen noch eine zusätzliche Erläuterung und Veranschaulichung erhalten. Gerold hat erzählt, daß Manny und Max Delbrück während seines Aufenthaltes in Pasadena immer wieder versucht haben, ihn mit jungen Frauen zusammen zu bringen. Denn sie waren der Meinung, es würde ihm gut tun, verheiratet zu sein. Zu diesem Zweck wurden junge Frauen zu gemeinsamen Essen eingeladen. Gerold erzählte, daß Manny und Max Delbrück ihm zum Abschied die damals ganz neu erschienene Biographie über Ishi (Wiki), den berühmten, letzten frei lebenden Indianer Kaliforniens, geschenkt hätten, benannt "Ishi in two worlds" (6). Manny habe in diesem Zusammenhang zu Gerold gesagt: "Du bist Ishi!" Gerold hat auch wiederholt gerne von Ishi selbst erzählt. Ishi ist als letzter Überlebender seiners Stammes auf Angebote von jungen, weißen Frauen, mit ihm Kinder zu haben, nicht eingegangen. Gerolds Unterton war, daß er sich tatsächlich oft selbst als ein solcher "Letzter seines Stammes" fühlte und - wie die Aussage von Manny andeutet - auch von damaligen Freunden so wahrgenommen worden ist.

Gerold ist dann im Dezember 1966 von Pasadena aus - über Island - nach Marburg an seine Heimat-Universität zurück gekehrt (nach fünfjährigem Auslandsaufenthalt). Um die warmherzige Art zu charakterisieren, die Max dann zeitlebens gegenüber Gerold innehielt, sei hier zitiert, was Max gleich nach der Abreise an Gerold schrieb: 

Prost Neujahr! Ich hoffe, daß du nicht auf Island stecken geblieben bist. Ich hatte noch versucht, Dich am Huntington Hotel zu treffen, um Dir Brecht's "Kalendergeschichten" als Reiselektüre mitzugeben. Leider kam ich erst in dem Augenblick an, als Dein Bus schon losfuhr. Zu viel Party letzte Nacht! Alles ist nun sehr ruhig in den Phyco- und Phage-Laboren. M.
Original: Prosit Neujahr! Hope you did not get stuck in Iceland. Tried to see you off at Huntington Hotel and give you Brecht's „Kalendergeschichten“ as Reiselektüre but got there just as your bus pulled out. Too much party in the night before! Now all very quiet in the Phyco and Phage labs. M.
Der Abschied von Gerold war - wie man an diesen Worten erkennen kann - ausgiebig gefeiert worden. Man erhält hier Anregung, einmal in die Kalendergeschichten von Bertolt Brecht (Wiki) hinein zu schauen, die 1949 erschienen sind. Am 27. Januar 1967 beendete Max einen längeren Brief an Gerold mit den Worten: 
Wir alle vermissen Dich. Vor allem ich. M.
We all miss you. I especially. M.
Auch der damals junge Biologe Martin Heisenberg (Sohn von Werner Heisenberg), der damals noch länger bei Max Delbrück blieb, stand kurzzeitig mit Gerold im Briefwechsel. Am 11. März 1967 schrieb Max in einem Brief an Gerold in Marburg etwa auch: 
Lieber Gerold, wie umständlich, einen langen Brief schreiben zu müssen, anstatt einfach runter in die Halle zu zuckeln, um dort die Dinge mit Dir durchzusprechen.
Dear Gerold: What a nuisance it is to have to write a long letter to you rather than trotting down the hall and talking things over.
Der Briefwechsel enthält dann natürlich viel "schwere Kost", nämlich wissenschaftliche Erörterungen im Bereich der theoretischen Biologie und auch Erörterungen darüber, wo Gerold seine wissenschaftliche Laufbahn weiter führen könne. Das kann andernorts noch einmal ausführlicher dokumentiert werden. Es sollen hier nur noch die Ausschnitte zitiert werden, die Bezug haben zu den von Ernst Peter Fischer in seinem Interview aufgeworfenen Fragen. Am 14. April 1967 schrieb Manny an Gerold: 
Lieber Gerry, (...) ich bin froh, daß Du "Ishi" bekommen hast und mit ebenso viel Sympathie für seine Persönlichkeit gelesen hast wie ich schon fest erwartet hatte.
Dear Gerry, (...) I am glad, you received and read "Ischi" with as much sympathy as I counted on you to feel for this personality.

Damit wird deutlich, daß über Ishi schon vor der Abreise von Gerold gesprochen worden war. Manny hatte Gerold das Buch nachgeschickt.

"Was macht dein Liebesleben?" (1968)

Ein Jahr später, am 26. Juni 1968, schrieb Manny aus dem vom Sommersturm umbrausten Cold Spring Harbor an Gerold einen vierseitigen Brief. Sie schildert lebhaft und bildhaft das fröhliche, wissenschaftliche und außerwissenschaftliche Leben dort, das ja aus vielen Berichten über Max gut bekannt ist. Unter anderem schreibt sie: 

Gestern Abend hatten wir eine Hummer-Wein-Party. Jim Watson und seine neue, junge Frau waren da und es sieht dem ersten Augenschein nach nach einer glücklichen Zukunft für sie aus. - Deshalb sagt Max, daß auch Du Mut fassen sollst, eines Tages wirst Du auch eine Begleiterin finden, was um so kostbarer sein wird, nachdem Du so lange ohne eine solche gelebt hast.
Last night we had a lobster wine party. Jim Watson and his new young wife were there and from first appearances it looks like a happy future for them - so Max says, you should take heart for one day you too will find a compagnion, the more precious for having gone long without. 
Das sind so schöne, verständnisvolle Worte. Wer wünscht sich nicht solche Freunde? Und - tatsächlich! Nur wenige Wochen später sollte Gerold seine nachmalige Frau kennen lernen. Max wußte davon freilich noch nichts und schrieb am 27. Oktober 1969 an Gerold als handschriftlichen Zusatz zu einem Brief: 
Was macht Dein Liebesleben? Martin hat Dich überholt.
What about your love life? Martin got ahead of you.

Damit wird Martin Heisenberg gemeint sein. Es ist dies die Zeit, in der Max Delbrück den Nobelpreis erhalten hat. Von da an war er von viel Rummel umgeben. Und es ist dies die Zeit, in der Gerold eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz erhalten hat.

Hochzeit (1969)

Gerold heiratete am 6. Dezember 1969 in Salzburg. Ob er oder Martin Heisenberg nun schneller waren, wäre womöglich noch einmal zu klären. Als Hochzeitsreise fuhr das junge Paar mit dem Auto durch die Pyrenäen nach Spanien. Manny schrieb am 21. Januar 1970 mit sehr viel Anteilnahme: 

Eure Heiratsanzeige und den Bericht von Eurer wunderschönen Reise durch Spanien haben wir erhalten noch bevor wir Euch hatten gratulieren können! Natürlich hofften wir, Euch rund um den Hochzeitstermin herum zu sehen, irgendwann vor unserem nächsten Besuch in Konstanz, wo wir dann hoffen, Deine Frau kennenzulernen. Ich fragte Patty Reau (?) (die jetzt wieder zurück in Pasadena ist und in Max's Labor an ihrem eigenen Phyco-Projekt arbeitet). Sie sagte aber, daß Deine Frau bei ihr in Konstanz niemals aufgetaucht sei.
We have your wedding announcement and the description of your beautiful trip through Spain already came before we got around the congratulations! Of course, we expected you to see around to the wedding sometime before our next visit to Konstanz when we'll look forward meeting your wife. I questioned Patty Reau (?) (who is now back in Pasadena, installed in Max's lab with her own phyco project) but she replied that your wife never did show up in Konstanz to her.
Im weiteren ist noch von dem Hochzeitsgeschenk die Rede. Der Brief schließt mit: 
Seid glücklich miteinander! Eure Manny und Max.
Be happy together! Yours Manny and Max.

Was für eine herzliche Anteilnahme. So viel an dieser Stelle als Ergänzung zu den Andeutungen von Ernst Peter Fischer, ebenso als eine Ergänzung natürlich zu den wissenschaftlichen Biographien von Gerold und Max Delbrück.

Übrigens kommt uns, nachdem wir diesen Beitrag einmal wieder nach längerem zeitlichen Abstand durchsehen die Erinnerung an Andeutungen Gerolds dahingehend, daß es von Seiten des weiblichen Teils der Mitarbeiterschaft an der Universität in Konstanz sehr wohl gelegentlich Versuche gab, das ausschließliche Band Gerolds zu seiner Frau als doch nicht so ausschließlich zu erachten. Ohne Erfolg.

/ Ergänzung 11.3.25 / Gerold gelang es aber noch in seinen späten Lebensjahren spielend, junge Frauen für sich einzunehmen. Der Verfasser dieser Zeilen weiß, wovon er redet. Seine eigene damalige Partnerin war von Gerold zeitweise mehr eingenommen als von ihm selbst. Was zeitweise sehr viel Unfrieden zwischen den Verfasser dieser Zeilen und sie brachte. 

Dummheiten (1980)

Es soll an dieser Stelle noch auf ein weiteres Interview hingewiesen werden, das in den letzten Jahren zugänglich geworden ist (7). Es handelt such um ein im Jahr 1980 mit Max Delbrück geführtes Gespräch. Das war ein Jahr vor seinem Tod. Max ist deshalb in diesem schon sehr alt. Er antwortet in demselben deshalb vielleicht auch etwas zögerlicher als er das in jüngeren Jahren getan haben wird. Insbesondere anfangs scheint er nach den Worten seiner deutschen Muttersprache zu suchen, die er ja in den USA nicht mehr täglich benutzte.

Aber immer einmal wieder bricht auch in diesem Gespräch sein famoser Humor durch, eine famose, mehr nach innen gekehrte Heiterkeit. Es wird auch deutlich, wie überlegt, wie ernst im Überdenken Max sein konnte, um wie viel Genauigkeit er auch in einzelnen Einschätzungen bemüht war. Als er nach einer etwaigen "preußischen Disziplin" in seinem Elternhaus gefragt wird, verneint er diese zunächst, korrigiert sich dann aber noch einmal: Es wäre vielleicht eine gemäßigte gewesen. Es ist sehr schön zu erleben, wenn ein Mensch so genau ist.

Spürbar ist auch, wie vieles er unausgesprochen läßt, wie vieles er noch außerdem sagen könnte.

Kennzeichnend für ihn ist, daß er mehrmals über Dummheiten redet, die dann erstaunliche Wirkungen zeigten. Die Dummheiten in den Vermutungen von Niels Bohr über Biologie führten dazu, daß er, Delbrück, sich der Biologie zugewandt hat. Sie hatten also eine positive Wirkung. Zuvor hatte seine eigene Dummheit dazu geführt - und auch die von Bohr und anderen - daß die Atomkernspaltung erst im Jahr 1937 entdeckt worden ist und nicht schon drei oder fünf Jahre früher. Ganz richtig sagt Delbrück - aber auch mit jenem überlegenem Abstand, der sich selbst nicht gar so wichtig nimmt, daß sich ohne seine damalige Dummheit die Weltgeschichte doch beträchtlich anders hätte entwickeln können. Er sagt das mit einem so feinen Humor, mit einer so famosen, sanften Heiterkeit.

Vaterfiguren und prägungsähnliches Lernen

Nur allzu offensichtlich ist, daß Gerold einen Menschen wie Max sehr lieben und verehren mußte. Das geht aus mancher Stelle der Briefe zwischen ihnen hervor. Gerold beklagt einmal, daß er in Konstanz niemanden hätte, mit dem er sich so gut unterhalten könne wie mit ihm. Max hatte aber einen außerordentlich großen Freundeskreis. Er kam vielen Aufgaben nach im internationalen Wissenschaftsleben aufgrund seiner großen Bekanntheit. Deutlich ist, daß er für Gerold später nicht mehr so viel Zeit hatte wie Gerold es sich gerne gewünscht hätte.

Mit einem solchen Interview jedoch (7) merkt man, was für eine Gunst des Schicksals - und natürlich auch eigenen Verdienstes - es war, im Leben auf einen solchen Freund wie Max getroffen zu sein. Solche Menschen hat es - vermutlich - schon zu Lebzeiten von Gerold nur noch selten gegeben. Als ich die Biographie "Licht und Leben" einige Jahre nach Gerolds Tod das erste mal las (auf die mich Gerold zu seinen Lebzeiten nie hingewiesen hatte), ging mir erst auf, wieviel an der Art von Gerold auf sein vormaliges Zusammensein mit Max Delbrück zurück zu führen sein könnte. Gerold konnte auch ebenso famos heiter sein wie Max. Und er konnte ähnlich begeisterungsfähig sein wie Max.

Womöglich kann von einer Art prägungsähnlichem Lernen gesprochen werden, das sogar noch an mich - wenigstens ansatzweise - weiter gegeben worden ist, der ich von Gerold sicherlich ebenso stark beeindruckt war, wie Gerold zuvor von Max. Deshalb ist es für den Autor dieser Zeilen auch immer wieder so bewegend, sich mit all diesen Dingen zu beschäftigen. Durch die Person Gerolds hindurch ist er "genötigt" einen Menschen wie Max zu lieben. Womöglich hat Gerold eine bestimmte Art zu sprechen von Max übernommen, eine bestimmte Art zu überlegen, ja, womöglich auch eine bestimmte Art zu lachen. Was für eine glänzende Zeit muß das damals in Pasadena gewesen sein.

Gerold hat noch manches mehr davon erzählt, als jetzt hier wieder gegeben werden soll. Etwa von Ausflügen in die Sierra Nevada. Gerold hat sogar einmal einen Dia-Vortrag darüber gehalten.

Auch hat man das Gefühl, daß Delbrück in dem obigen Interview oft darum bemüht ist, seinen Humor nicht zu sehr durchbrechen zu lassen. Denn er wird da ja doch von einem so durch und durch steifen, trockenen Gesprächspartner interviewt. Der ist ja auch wirklich schon überraschend trocken. Und das konnte eigentlich schon ein Unterhaltungswert für sich sein für Max. Dieser Gesprächspartner ist ja fast eine lebende Karikatur. Aber das durfte Delbrück natürlich nicht zum Ausdruck bringen. Dennoch fragt man sich beim Ansehen ständig - und Delbrück wollte scheinbar diesen Eindruck auch nicht völlig verwischen: Sollten zwei so unterschiedliche Menschen wie diese beiden einander wirklich etwas zu sagen haben?

Interessant auch, wie Delbrück in dem Interview die Zeit in der Atomphysik in Göttingen nach 1925 charakterisiert. Wenn man es recht versteht, hat womöglich Max Delbrück vieles von seiner persönlichen Art wiederum übernommen von seiner eigenen Vaterfigur, als die er ja in diesem Interview so klar und deutlich Niels Bohr charakterisiert.

Was für eine Zeit, was für ein Leben. All diesen Reichtum hat Gerold ohne Zweifel an all jene weiter gegeben, die ihn enger persönlich kennen lernen konnten. Es wäre zu wünschen, daß wir alle uns diesem Reichtum ausreichend würdig gegenüber verhalten würden und uns nicht in Schmach und Schande einem leerlaufenden Mühlrad eines geistlosen, gänzlich unbeschwingten Zeitalters ausliefern würden - so wie diesem heute Milliarden von Menschen ausgeliefert sind.


/ erweitert 5.1.2018;
neu  formuliert 14.3.2020;
überarbeitet 
14.7.22, 11.3.25 /
______________
  1. Fischer, Peter: Licht und Leben. Ein Bericht über Max Delbrück, den Wegbereiter der Molekularbiologie. Universitätsverlag, Konstanz 1985 [Konstanzer Bibliothek, Bd. 2] (= Das Atom der Biologen. Max Delbrück und der Ursprung der Molekulargenetik. Piper-Verlag, München 1988)
  2. Helmut Fink: Fischer • Podcast-Gespräch • Verzauberung oder Entzauberung? Kortizes, 19.12.2018, https://youtu.be/hs9nwJuPpEs 
  3. Bading, Ingo: Werner Heisenberg - Seine erste große unerfüllte Liebe, 10. Januar 2019, https://fuerkultur.blogspot.com/2019/01/werner-heisenberg-und-seine-liebe-zu.html 
  4. Watson, J. D.: Growing Up in the Phage Group. In: Cairns, J.; Stent, G.S.; Watson, J.D. (eds.): Phage and the Origins of Molecular Biology. New York 1966; Expanded Edition. Cold Spring Harbor Laboratory Press 1992, S. 239-245 (Deutsch: Phagen und die Entwicklung der Molekularbiologie. Festschrift für Max Delbrück zum 60. Geburtstag. Berlin (Ost) 1972)
  5. Watson, James D.: Gene, Girls und Gamow. (After the Double Helix, engl. 2001) Piper-Verlag, München 2003
  6. Kroeber, Theodora: Ishi in two worlds. A biography of the last wild Indian in North America. 1961, viele Folgeauflagen; deutsch: Der Mann, der aus der Steinzeit kam (1967) 
  7. Zeugen des Jahrhunderts. Max Delbrück im Gespräch mit Peter von Zahn. 1980, https://youtu.be/ynobDNSnMKc
  8. Bading, Ingo: http://studgendeutsch.blogspot.de/2007/11/die-pipette-ist-meine-klarinette.html
  9. Detlev Ganten über Max Delbrück. Videokanal des Max Delbrück Centrum, 24.03.2016, https://youtu.be/ZdAYHrOJ7aQ
  10. Göldenboog, Christian: Das Loch im Walfisch. Die Philosophie der Biologie. Klett-Cotta, Stuttgart 2003 (Lizenzausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft)

Studiengruppe Naturalismus

Erich Weferling - Der Erfinder einer internationalen Weltsprache

Erich Weferling (1889-1981) (Wiki), ein pensionierter Regierungsrat a.D. aus Braunschweig, hat 1979 mit 91 Jahren eine "Kurze Einführung in die Gotterkenntnis" von Mathilde Ludendorff heraus gebracht, die sehr eingängig lesbar ist und noch heute empfohlen werden kann (1).

Abb. 1: Erich Weferling (1889-1981), Braunschweig - Erfinder einer Welteinheitssprache und Anhänger von Mathilde Ludendorff

Wie paßt dieser Umstand aber dazu, daß sich Erich Weferling seit 1909 mit einer internationalen Weltsprache zur Vereinfachung der Völkerverständigung beschäftigt hat und sogar eine eigene Weltsprache, das "Intal" (Wiki), als Ersatz für das Esperanto entwickelt hat? Um dieser seiner Bemühungen willen gibt es noch heute Menschen, die sich mit ihm und seinem Werk beschäftigen.

In diesem Blogartikel soll - zunächst eher flüchtig - zusammen getragen werden, was über sein Leben in Erfahrung gebracht werden kann über das hinausgehend, was schon auf dem Wikipedia-Artikel zu ihm zusammen getragen ist.

1917 veröffentlichte er mit 29 Jahren in der "Wilnaer Heerszeitung" ein Gedicht, das offenbar gegen Italien gerichtet war, und offenbar im Zusammenhang mit der 12. Isonzoschlacht (Wiki) im Oktober 1917 entstanden ist (2):

Die Faust, die dir als Freundschaftshand einst offen
Schon hat ihr erster Donnerschlag getroffen,
Doch merke wohl, der letzte war es nicht:
Die Weltgeschichte ist das Weltgericht!

Der Haß auf Italien war damals in Deutschland sehr groß, nachdem Italien 1914 nicht nur - als Bündnispartner Deutschlands und Österreich-Ungarns - in den Krieg auf Seiten der Mittelmächte eingetreten ist, sondern 1916 sogar den Mittelmächten den Krieg erklärt hat. Letzteres wurde als übelster "Verrat" empfunden. Erich Weferling war also 1917 Patriot durch und durch im Geist der damaligen Zeit.

Im Februar 1918 schrieb er in der "Zeitung der 10. Armee" einen Artikel über "Jiddisches Theater in Subat" (3). Mit Subat ist offenbar die litauische Stadt Subate (Wiki) gemeint, deren Einwohner damals zur Hälfte aus Juden bestand.

Spätestens ab 1923 nahm er bis zu seinem Lebensende seine Bemühungen um eine internationale Verkehrssprache wieder auf (4-24). 1924 schrieb er in diesem Zusammenhang unter anderem (5):

Die Aufgaben einer Weltsprache kann nur eine neutrale Sprache erfüllen, die künstlich ist in ihrem Aufbau und dennoch natürlich in der Aussprache. 

Und (5):

Noch ein anderer Grund spricht gegen die Wahl einer der nationalen Sprachen als Weltsprache. Das Volk, dessen Sprache man wählte, bekäme mit seiner Presse, ja mit seiner ganzen Kultur einen beherrschenden ...

Es ist hier sicher an den Einfluß der englischsprachigen Presse weltweit spätestens seit 1914 gedacht, deren Wirken sich Jahrzehnte lang vor allem gegen Deutschland richtete. 

Nachdem man diese Zusammenhänge zur Kenntnis genommen hat, fällt einem auf, daß Weferling in seiner "Kurzen Einführung in die Gotterkenntnis" (1) keine einzige Aussage dieser Gotterkenntnis über Volk und Völker zu behandeln scheint. Da es sich bei dieser Schrift ja auch nur um eine "Kurze Einführung" handelt, und da die Philosophie von Mathilde Ludendorff auch sonst genügend gewichtige Aussagen enthält, die behandelt werden können, fällt dieser Umstand sicherlich zunächst gar nicht auf. Man wird seine Darstellung deshalb nicht gleich von vornherein "einseitig" nennen wollen.

Dennoch drängt sich die Frage auf, wie Erich Weferling sein Bemühen um eine internationale Verkehrssprache zur Verständigung der Völker miteinander jenseits des Englischen in Einklang gebracht hat mit der Hochwertung der Vielfalt der Völker, Muttersprachen und Kulturen weltweit, die in dieser Philosophie eben auch enthalten ist, und um derentwillen in dieser Philosophie immer und immer wieder vor einer Verflachung des Gehaltes dieser Vielfalt gewarnt wird durch die vielfältigen Formen von "Internationalisierung" in der modernen Welt.

Als Erfinder einer "vereinfachten" Weltsprache ist Erich Weferling doch selbst um eine solche "Internationalisierung" und damit Verflachung bemüht gewesen. Oder irrt man sich? 

Es stellt sich die Frage, ob denn nicht zum Beispiel Englisch als weltweite Verkehrssprache schon allein deshalb sinnvoller ist, weil es sich bei Englisch um eine kulturell über viele Jahrhunderte hinweg gewachsene Sprache handelt, die deshalb auch für sich genommen viele kulturelle Werte in sich birgt. Bei Englisch handelt es sich um die Sprache Shakespeare's und Jane Austen's und vieler anderer englischsprachiger Dichter ebenso wie um die Sprache jenes Kulturraumes, aus der große Teile der modernen Natur- und Evolutionswissenschaften hervor gegangen sind.

Hat Erich Weferling denn nicht die Ausführungen Mathilde Ludendorffs über den tiefen kulturellen Gehalt der Muttersprachen weltweit gelesen? Kann eine "einfache", also aus kultureller Sicht als äußerst flach einzuschätzende "Weltsprache" denn hier zu einer Bereicherung beitragen? Doch vermutlich eher nicht.

Sprache macht Völker - mehr noch als ihre Genetik - zu dem, was sie sind. Die antiken Griechen gelten bis heute als die Inkarnation dessen, wozu indogermanische Völker fähig sind. Und dennoch haben sie nur acht Prozent indogermanische Steppengenetik in sich getragen. Das aller meiste hat zu ihrer kulturellen Hochbegabung also die Sprache beigetragen. Wenn man sich das und vieles weitere bewußt macht, wird man Ehrfurcht vor geschichtlich über Jahrtausende hinweg gewachsene Sprachen bekommen und sich hüten vor weiterer kultureller Verflachung durch Erfindung von Kunstsprachen.

Jedenfalls: Unsere Meinung.

___________

  1. Weferling, Erich: Kurze Einführung in die Gotterkenntnis (L). Ausgewählt und zusammen gestellt von Erich Weferling. Verlag Hohe Warte, Pähl 1979, 1984 (Archiv) (HoheWarte)
  2. Weferling, Erich: In: Wilnaer Heereszeitung, 1917 (GB)
  3. Erich Weferling, Jiddisches Theater in Subat. In: Zeitung der 10. Armee, 21. February 1918, Ausgabe 499; sowie 22. February 1918, Ausgabe 500
  4. Weferling, Erich: Unesal interlingu : (kompromis Esperanto-Ido-Occidental) : kom baze por l'Union de omni Mondelinguistes. Braunschweig : Weferling, 1923
  5. Weferling, Erich: Internationale Radiosprache. In: Der Radio-Amateur: Zeitschrift für Freunde der drahtlosen Telephonie und Telegraphie, Band 2, J. Springer und M. Krayn., 1924, S. 419, S. 721 (GB)
  6. Weferling, Erich: Einführung in die internationale Welthilfssprache Neo : vollständiger Lehrgang, Grammatik, Übungen, Konversationsführer und Lesestücke, Wörterverzeichnis Deutsch-Neo und Neo-Deutsch. Braunschweig : Weferling ; 1967
  7. Weferling, Erich: Standard-Gramatik del International Ausiliari Linguo, kompilat par E. Weferling. Apel por Unifikation del diversi Mondolinguo-Sistemos. Intersistemal Kompromis-Bazo sub le nom INTAL. Duesmi meliorat Edition. Braunschweig: Self-Editerio E. Weferling, 1970, 2-a eld. ?, p. 34
  8. Standard-Gramatik del international auxiliari linguo : Apel por unifikation del diversi mondolinguo-sistemos. Intersistemal kompromis-bazo sub le nom Intal. Braunschweig, Jasperallee 72 : E. Weferling, 1968
  9. Weferling, Erich (Hrsg): Cirkularo / Amikos de interlinguo e del unifikation INTAL Amikos de Interlinguo e del Unifikation INTAL. Braunschweig : Selbstverl. d. Hrsg. ; 1969-1971 [Erscheinungsverlauf: 1.1969 - 2.1971]
  10. Standard-Gramatik del international auksiliari lingue : apel por unifikation del diversi mondolingue-sistems ; intersistemal kompromis-baze sub le nom INTAL. 3., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1970
  11. Standard-Gramatike del International Auksiliari Lingue : apel por unifikation del diversi mondolingue-sistemes ; intersistemal kompromis-baze sub le nom INTAL. 3., meliorat ed. - Braunschweig : Weferling, 1970
  12. Standard-Gramatik del international auksiliari lingue. 4. meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1972
  13. Weferling, Erich, 1889-1982 [HerausgeberIn]: Sirkulare Intal : organ del amikes de un interlingue e del unifikation INTAL. Braunschweig : Weferling ; 1972-1977 [Erscheinungsverlauf: 3.1972 - 8.1977; damit Ersch. eingest.]
  14. Standard-Gramatika del international auksiliari lingue : apel por unifikation del diversi mondolingue-sistemes ; intersistemal kompromis-baze sub le nom INTAL. 5., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1973
  15. Briefwechsel zwischen Erich Weferling und Andreas Juste 1973. Weferling, Erich [Korrespondenzpartner] ; Juste, Andreas, 1918-1998 [Korrespondenzpartner] Braunschweig : Gilly ; 1973
  16. Weferling, Erich: Der Stand der Weltsprache-Bewegung. Selbstverlag, Braunschweig 1975
  17. Standard-Gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL. 9., meliorat ed. Braunschweig : Self-ed. Weferling, 1976
  18. Standard-gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL. 10., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1976
  19. Weferling, Erich: Ek le vive de un oldi interlinguistiker. Braunschweig, 1976 (Scribd)
  20. Standard-gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL. 11., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1977
  21. Standard-gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL. 15., meliorat ed. - Braunschweig : Weferling, 1977
  22. Standard-gramatike del international auksiliari lingue. 11 ti meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed. Erich Weferling, 1977
  23. Kompare inter Esperanto e INTAL in kontrapozati tabeles. Braunschweig : Self-Ed., 1978
  24. Weferling, Erich: Standard-gramatike del international auksiliari lingue sub le nom INTAL 16., meliorat ed. - Braunschweig : Self-ed., 1978
  25. Weferling, Marhild, geb. Lange; Weferling, Elke: Todesanzeige für Erich Weferling (1888-1981) (Regierungsrat i.R., Braunschweig) In: Mensch & Maß, Folge 17, 9.9.1981, S. 814

Gelsenkirchen-Buer - Außenstelle des Dürer-Verlages in Buenos Aires?

Gelsenkirchen-Buer ist eine Stadt am Nordrand des Ruhrgebietes. In ihr haben die Menschen im Frühjahr 1923 in Zusammenhang mit der Besetzung des Ruhrgebietes durch die Franzosen viele der damals die ganze Nation empörenden Ereignisse unmittelbar vor ihrer Haustür erlebt. Es wird darüber zum Beispiel das folgende berichtet (Gelsenkirchen-Wiki):
Im Januar 1923 besetzen französische Truppen Gelsenkirchen, Buer und Horst. (...)
21.2.1923: (...) Fast täglich kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen der deutschen Bevölkerung und den Besatzungstruppen. In Buer erschlägt ein Hufschmied mit dem Hammer einen französischen Offizier, nachdem ihn dieser mit einer Reitpeitsche mißhandelt hatte.
11.3.1923: In Buer werden zwei französische Offiziere erschossen. Die französischen Behörden verhängen sofort den Ausnahmezustand. Der Bürgermeister wird verhaftet und die Bevölkerung ist den Mißhandlungen der Franzosen ausgesetzt. Am 12. März stellt sich heraus, daß französische Soldaten die Offiziere getötet haben.
2.4.1923: Um die auf Halde lagernde Kohle abzutransportieren, besetzen die Franzosen mit großem militärischem Aufgebot zwei staatliche Zechen in Buer und eine private Zeche in Recklinghausen. Bis zum 11. April werden insgesamt 22 Zechen besetzt.
26.6.1923: In Marl und Buer werden im Zusammenhang mit dem verschärften Belagerungszustand drei Deutsche erschossen. Vorausgegangen war die Erschießung zweier belgischer Wachtposten durch einen Deutschen in der Nähe von Marl.  

Vielleicht war es ein solches Geschehen, das mit dazu beigetragen hat, daß in Gelsenkirchen-Buer auch noch in der Zeit danach Menschen lebten, die sich Gedanken über die Weltenläufe machten, die nicht immer auf der Linie des vorherrschenden Mainstreams lagen.

Von Bagdad nach Gelsenkirchen-Buer

Die seltenen Fotografien eines deutschen Funkoffiziers aus dem Ersten Weltkrieg wurden von Archivaren als geschichtliche Quelle gesichert. Dabei stellen sie auch fest: 
- 1937 ist dieser Anhänger der Philosophie von Mathilde Ludendorff geworden

So lebte der vormalige deutschen Funkoffizier des Ersten Weltkrieges, der Diplomingenieur Ernst Liesching (1882-1965) (BSB) viele Jahre in Gelsenkirchen-Buer. Von ihm sind seltene Fotoaufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg überliefert, insbesondere aus Bagdad von der Mesopotamien-Front und von seiner dortigen Zusammenarbeit mit Soldaten der türkischen Armee. Auf seinen Fotografien wird unter anderem auch die bittere Armut deutlich, die damals im Osmanischen Reich herrschte. Und durch solche seltenen und ungewöhnlichen Fotografien entstand ein Interesse auch an seiner sonstigen Biographie (1). 

Für diesen Blog ist Liesching deshalb interessant, weil er 1937 - mit 55 Jahren - aus der protestantischen Kirche ausgetreten ist und Anhänger der Philosophie von Mathilde Ludendorff geworden ist. Er erinnert ein wenig an den vormaligen Funker Wilhelm Knake (1900-1979) (Stgr2015), der sich nach 1945 als rühriger naturwissenschaftsnaher Autor der Ludendorff-Bewegung bemerkbar gemacht hat. Auf einer von ihm aus dem Ersten Weltkrieg erhaltenen Fotografie wirkt Ernst Liesching weich gestimmt und nachdenklich (Abb. 1). Aber vor welchem sonstigen biographischen Hintergrund geschah nun wohl seine Hinwendung zur Philosophie von Mathilde Ludendorff? - Recherchen ergaben, daß Ernst Liesching in Stuttgart geboren worden ist (1):

Sein Vater war ein Enkel des Verlegers, Buch- und Kunsthändlers Samuel Gottlieb Liesching (1786-1864), der in Stuttgart einen Verlag gegründet hatte und sich in der liberalen Bewegung des 19. Jahrhunderts engagierte. Ernst Lieschings Onkel wiederum war der Rechtsanwalt und Politiker Theodor Gottfried Liesching (1865-1922), der von 1901 bis 1918 dem württembergischen Landrat und von 1912 bis 1918 dem Reichstag angehörte. Im November 1918 war er für drei Tage der letzte königlich württembergische Ministerpräsident. Ende 1918 beteiligte sich Theodor G. Liesching an der Gründung der DDP, und von November 1918 bis Februar 1922 bekleidete er das Amt des württembergischen Finanzministers.

Ernst Liesching hat 1901 bis 1905 Maschinenbau an der Technischen Universität Stuttgart, sowie 1906 an der Technischen Hochschule Danzig studiert. Ein solches Studium war damals etwa so fortschrittlich wie heute ein Studium in Informatik. 

1913 wurde sein Sohn in Essen geboren. 

Abb. 1: Dipl.-Ing. Ernst Liesching - Als deutscher Funkoffizier in Bagdad 1916 bis 1918

Am Ersten Weltkrieg hat er dann mit 32 Jahren als Funkoffizier teilgenommen und dabei sind zwei historisch interessante Fotoalben entstanden (1):

Von Herbst 1916 bis Sommer 1918 diente er an der Mesopotamienfront, einem Nebenkriegsschauplatz des Ersten Weltkriegs, wo deutsche Truppen an der Seite des Osmanischen Reiches gegen Großbritannien kämpften. (...) Der Großteil der Einzelaufnahmen - knapp 190 Fotos - stammt von Lieschings eigentlicher Station, aus dem Irak, wo er fast zwei Jahre stationiert war. In Bagdad leitete er die ‚Schwere Funkenstation 4 der Kaiserlich deutschen Funkerabteilung 151‘, die der 6. Türkischen Armee zugeteilt war. Die Station befand sich am Standort des Oberkommandos der 6. Armee und verkehrte zum einen mit den in der Armeefront eingesetzten Funkstationen und zum anderen mit einer Großstation in Konstantinopel. Lieschings Bilder stammen aus Bagdad, Tikrit, Kirkuk, Mossul sowie vom Tigris (El-Humr).

Liesching lebte von 1919 bis 1961 in Gelsenkirchen, bzw. in Gelsenkirchen-Buer. Seiner dortigen Entnazifizierungsakte von 1946 sind die weiteren biographischen Hintergründe zu entnehmen (1):

Er bekleidete von Juli 1919 bis Juni 1931 den Posten des Direktors der Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke Gelsenkirchen. (...) Der vergleichsweise junge Pensionär engagierte sich in der Folge für viele Jahre als ehrenamtlicher Geschäftsführer der Vereinsbezirke Rheinland und Westfalen des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern.
Von Lieschings privaten Interessen zeugen u. a. die im Fragebogen der Entnazifizierungsakte genannten Mitgliedschaften beim Kegelklub Buer, beim Sauerländischen Gebirgsverein sowie beim Verein für Bodenreform. Außerdem war er ‚Alter Herr‘ der beiden Burschenschaften, denen er als Student in Stuttgart und Danzig angehört hatte. Seit 1907 war er außerdem Mitglied im Verein Deutscher Ingenieure (VDI).
Auch sein Kriegseinsatz im Ersten Weltkrieg findet sich in Lieschings Fragebogen von 1946 wieder. Er war laut eigenen Angaben Mitglied im ‚Bund der Asienkämpfer - Vereinigung der Asienkämpfer, Balkankämpfer und Orientfreunde e. V.‘, einem Veteranenbund des Asien-Korps. Daneben gehörte er der ‚Kameradschaftlichen Vereinigung ehemaliger Angehöriger der Nachrichtentruppen Rheinland und Westfalen‘ an. Laut Lieschings Angaben im Fragebogen erhielt er für seine Einsätze im Ersten Weltkrieg mehrere Auszeichnungen.
Politisch stand Liesching vor 1933 im nationalliberalen Lager: Bei den Reichstagswahlen vom November 1932 und vom März 1933 gibt er im Fragebogen an, die Deutsche Volkspartei (DVP) gewählt zu haben. In der Zeit des Nationalsozialismus tat sich Liesching politisch nicht groß hervor. Zwar trat er 1937 aus der evangelischen Kirche aus, schloß sich der nationalreligiös-völkischen Bewegung von Mathilde Ludendorff (Frau des Generals Erich Ludendorff) an und trat noch 1942 der NSDAP bei. Vom zuständigen Entnazifizierungsausschuß wurde Ernst Liesching 1946 aber als "politisches Kind" bezeichnet und entlastet.

1937 war Ernst Liesching schon 55 Jahre alt. Es wäre sicherlich nicht uninteressant zu erfahren, aufgrund welcher persönlicher Umstände er dazu gekommen ist, aus der evangelischen Kirche auszutreten und sich zur Philosophie von Mathilde Ludendorff zu bekennen. Als Frühpensionierter könnte er Gelegenheit gehabt haben, sich gründlicher mit religiösen und weltanschaulichen Fragen zu beschäftigen, insbesondere solchen Fragen, die sich aus der Nähe zur Naturwissenschaft ergeben. 

Das Bekenntnis könnte auch damit in Zusammenhang stehen, daß es auch in diesen Jahren philosophische Vortragsveranstaltungen der Ludendorff-Bewegung im Rheinland gegeben hat. Wie er sich zur Philosophie von Mathilde Ludendorff nach 1945 gestellt hat, wäre ebenfalls von Interesse.

Hat es Verbindungen zwischen diesem Ernst Liesching und der im folgenden zu erörternden Person gegeben? Darüber wissen wir nichts, wir wollen es auch gar nicht nahelegen. Der gemeinsame Wohnort war nur ein ganz äußerer Beweggrund, beide Personen in einem einzigen Blogartikel zu behandeln.

Von Buenos Aires nach Gelsenkirchen-Buer

Der Verleger Friedrich Adlerhorst

In Gelsenkirchen-Buer lebte nun auch der Verleger Friedrich Adlerhorst (evtl. 1897-1982) (FindGrave). Von Seiten des "Spiegel" ist er im Jahr 1953 als der Ludendorff-Bewegung nahestehend charakterisiert worden. Eine durchaus noch heute lesenswerte, ja, wertvolle Schrift ist 1951 von ihm heraus gegeben worden (2). Diese war dem Bloginhaber schon im Jahr 2011 von Seiten eines älteren Bloglesers zugesandt worden (s. GAj2011). Und diese Schrift hatte dann auf unserem Parallelblog viele Folge-Recherchen ausgelöst, nämlich zu freimaurernahen Autoren wie Ernst Jünger, Hermann Hesse, Friedrich Hielscher und vielen anderen mehr. 

Nachdem wir erst vor wenigen Tagen einmal wieder von einer anderen Blogleserin angeschrieben worden sind genau wegen dieser sehr selten zu findenden Schrift (2), haben wir uns zum ersten mal für den Namen des angegebenen Verlegers interessiert und diesen gegoogelt. Und da finden wir diese Schrift zunächst auch in einer Ernst Jünger-Bibliographie von Karl Otto Paetel von 1953 angeführt (GB). Sie konnte also durchaus auch schon damals von interessierten Menschen wahrgenommen werden. Und wir finden nun außerdem, daß über diesen Verleger im "Spiegel" 1953 unter anderem das folgende berichtet worden ist (Spiegel,2.6.1953), a):

Im April 1952 waren von dem Verleger Friedrich Adlerhorst in Gelsenkirchen-Buer mehrere hundert Drucksachen unter Streifband und in Taschen den Hauptpostämtern in Gelsenkirchen und Buer zur Beförderung übergeben worden. Friedrich Adlerhorst ist alter Ludendorffer, und nach 1945 hat er allerlei rechtsorientierte politische Traktätchen verlegt. Etwa: "Wir Frontsoldaten zur Wiederaufrüstung"; "Dolchstoß oder Legende"; "Offener Brief an den Europäischen Oberbefehlshaber" und einmal auch eine Broschüre "Konrad Adenauer in Vergangenheit und Gegenwart", die im März 1952 nach allerlei eigenartigem Hin und Her "wegen Beleidigung des Herrn Bundeskanzlers" beschlagnahmt worden war (SPIEGEL 18/52), ohne daß der Verfasser der Broschüre bis heute angeklagt worden wäre.

Bei weiterer Recherche läßt sich dieser Verleger nun dem Umfeld des Dürer-Verlages in Buenos Aires zuordnen - was dem "Spiegel" damals gar nicht scheint, wichtig gewesen zu sein. Im Umfeld dieses Verlages sind damals durchaus bedenkenswerte Schriften erschienen, etwa über die bis heute strittigen Hintergründe des Reichstagsbrandes von 1933 (s. GAj2013).

Zwei der im eben gebrachten Zitat genannten Titel stammen von Seiten des Verfassers Hans-Ulrich Rudel (1916-1982) (Wiki) (3, 4), dem vormaligen "Stuka-As" des Zweiten Weltkrieges, und waren ebenfalls ursprünglich im deutschsprachigen Dürer-Verlag in Buenos Aires erschienen. Und so auch die dritte hier genannte Schrift von Seiten des niederländischen Journalisten Willem Sassen (1918-2001) (Wiki) (5), der als "Ghostwriter" von Rudel auch der Verfasser der beiden anderen Schriften gewesen sein könnte.

Merkwürdig daß der "Spiegel" damals auf dieses Umfeld nicht konkreter scheint aufmerksam gemacht zu haben. Vielleicht hatte der genannte Friedrich Adlerhorst die von ihm gebrachten Schriften ohne die eigentlichen Verfassernamen vertrieben (?). Wie auch immer. Adlerhorst scheint in einem Leserbrief auf den auszugsweise zitierten Spiegel-Artikel folgendermaßen geantwortet zu haben (Spiegel, 1953, GB):

Ob der Spiegel-Bericht wahrheitsgemäß ist? "Friedrich Adlerhorst ist alter Ludendorffer" ist allerdings eine hämische Bemerkung. Muß man "Ludendorffer" sein, wenn man die Schriften des Generals gelesen hat? "Mit "rechtsorientierten" Kreisen habe ich nichts zu tun, desgleichen auch nicht mit linksorientierten. Ob "Konrad Adenauer in Vergangenheit und Gegenwart ... 

Die weiteren Passagen dieser Ausschnitte wären noch einmal heraus zu suchen. Insbesondere wäre es einmal interessant zu erfahren, wer sich eigentlich hinter dem Pseudonym des aufmerksam beobachtenden Autors "Michel Dietrich" (2) verbirgt. 

Daß es keinesfalls ein dezidierter Ludendorff-Anhänger war, glaubt man seiner Schrift entnehmen zu können. Immerhin werden aber in der Schrift Wahrnehmungen thematisiert, die recht gut zu den Wahrnehmungen passen, die auch Menschen innerhalb der Ludendorff-Bewegung wichtig waren. 

__________

  1. Kraus, Eva: Ernst Liesching und seine Fotografien aus dem Ersten Weltkrieg. Bibliotheksmagazin der Bayr. Staatsbibliothek 2/2022, S. 72ff (pdf)
  2. Dietrich, Michel: Verschwörung gegen Deutschland und Europa. Ein Blick hinter die Kulissen des Welt-"Zaubertheaters" der "Glasperlenspieler". 1. Auflage 1951. Zu beziehen durch F. Adlerhorst, Gelsenkirchen-Buer (100 S.) (Scribd)
  3. Rudel, Hans-Ulrich: Wir Frontsoldaten zur Wiederaufrüstung, Dürer-Verlag, Buenos Aires 1951
  4. Rudel, Hans-Ulrich: Dolchstoß oder Legende? Schriftenreihe zur Gegenwart, Nr. 4, Dürer-Verlag, Buenos Aires 1951
  5. Sluyse, Dr. Dr. Willem: Offener Brief an den Europäischen Oberbefehlshaber, o.J. [1951] (16 S.)
  6. Wulf, Gunnar W.: Konrad Adenauer in Vergangenheit und Gegenwart. Adlerhorst, Gelsenkirchen-Buer 1952 (19 S.) [Schriftenreihe "Der Warner"; 1]

"Den so hohen Ernst der Stunde verstehen"

Freimaurer und Okkulte in den obersten Reichsbehörden Berlins
- Sie stellen sich gegen Erich Ludendorff in Fragen rund um die deutsche Wehrvorlage von 1912/13
- Ein neu bekannt gewordener Brief Ludendorffs aus dem Dezember 1912 gewährt Einblick in damalige Vorgänge

"Am nächsten Baume aufgeknüpft und noch verbrannt" zu werden, das erwartete Erich Ludendorff (1865-1937) schon zu Weihnachten 1912 als sein Schicksal, wenn sein Name in Zusammenhängen genannt werden würde rund um die Wehrvorlage, die er zu jener Zeit als treibende Kraft im deutschen Generalstab vorbereitete (Wiki). War es so ein großes Verbrechen, eine Heeresverstärkung vorzubereiten und darüber zu sprechen?

Abb. 1: Erich Ludendorff und seine Mutter im Jahr 1914, kurz vor ihrem Tod am 6. März 1914

Offenbar ist das von bestimmten Leuten durchaus so gesehen worden. Die zitierten Worte stehen in einem Brief, den Erich Ludendorff zu Weihnachten 1912 in Berlin geschrieben hat, und der seit 2021 öffentlich zugänglich ist (1).

Gab es also schon zu Weihnachten 1912 eine so hochemotionale Situation rund um seine Person und sein Wirken innerhalb regierender Kreise in Berlin, rund um den Reichskanzler von Bethmann-Hollweg, rund um den Kriegsminister Josias von Heeringen (1850-1926) (Wiki)*), innerhalb des Generalstabes und bis in das Militärkabinett, das Personalamt des preußischen Heeres hinein? Grund war, daß der Oberst Ludendorff seit 1909 - verstärkt seit Anfang 1912 (Wiki) - in Denkschriften und persönlichen Aussprachen mit Nachdruck für eine Heeresverstärkung eintrat, und zwar für die größte Heeresverstärkung in der Geschichte des Deutschen Reiches. Daß dieses Wirken starke Gegenreaktionen hervorrief und starke Emotionen unter der Decke brodelten, konnte der wache Zeitgenossen auch der Presse jener Monate entnehmen (siehe gleich). 

Das Wirken Ludendorff ging von jenem Ort aus, an dem sich heute das Bundeskanzleramt befindet. Es war also in Sichtweite vom Reichstagsgebäude entfernt. Das Dienstgebäude des deutschen Generalstabes, die sogenannte "rote Bude" (GAj2012), war 1945 bei Verteidigungskämpfen rund um das Reichstagsgebäude schwer beschädigt worden (GAj2012). 1947 war die Ruine abgerissen worden.  

Ludendorff hat seinerseits den Haß erwiedert, der ihm entgegenschlug. Vier Monate später, nachdem er Ende Januar 1913 auf Betreiben seiner Gegner aus Berlin verbannt worden war, "strafversetzt" worden war, zum Regimentskommandeur in Düsseldorf ernannt worden war, wo man ihm, wie gesagt wurde, "Disziplin beibringen" sollte (2), schrieb er am 9. April 1913 (an seinem Geburtstag) an seine in Berlin verbliebene Mutter, und zwar just zu der Zeit, in der im Reichstag in Berlin die von ihm so energisch vorangebrachte Wehrvorlage erörtert wurde (Stgr2015):

Ich lese mit Spannung die Reden im Reichstage, der Reichskanzler war für seine Verhältnisse gut, empörend wieder dieser Kriegsminister. Warum ist man damals nicht meinem Rat gefolgt und hat ihn weggeschickt? Es ist ein Unglück unserer leitenden Kreise, daß sie die Unzulänglichkeit dieses Mannes nicht einsehen wollen. (...) Du glaubst nicht, wie ich die hasse.

Von welchen Unzulänglichkeiten hier die Rede ist, wird ein wenig deutlicher, wenn wir in die hier genannten Reden in der Reichstagssitzung vom 7. April 1913 zur Wehrvorlage hinein blicken. Sie sind auch heute noch gut zugänglich, besser als jemals. Als erster hat der Reichskanzler von Bethmann-Hollweg gesprochen (DigSam). Als zweiter sprach der von Ludendorff genannte Kriegsminister von Heeringen (DigSam). Ludendorff wird bei Sätzen wie den folgenden nur noch verständnislos den Kopf geschüttelt haben:

Die Ausdehnungsfähigkeit einer Armee im Frieden hat ihre Grenze, wenn sie nicht zeitweise zu einer Art von Miliz herabsinken soll. (...) Daher sollen den einzelnen Waffengattungen nur diejenigen Neubildungen gegeben werden, die unter den heute zu berücksichtigenden Verhältnissen unentbehrlich sind.

Hier drückt sich freilich eine "Unzulänglichkeit" aus, aus der damaligen militärpolitischen Lage Deutschlands und der Rüstungsverhältnisse innerhalb von Europa die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen, die wahrlich grenzenlos anmutet. 

Abb. 2: Die wichtigsten Personen rund um die Heeresvorlage 1912/13: Moriz von Lyncker, Leiter des Militärkabinetts (Personalangelegenheiten), Kaiser Wilhelm II., Kriegsminster Josias von Heeringen, Generalstabschef Graf von Moltke

Als Nachgeborener freilich werden die Zusammenhänge und Wahrnehmungen rund um die Erörterungen der Wehrvorlage viel plastischer, wenn man die Ausführungen des nachfolgenden Redners liest, der von Ludendorff gar nicht erwähnt worden ist in seinem Brief. Dabei handelte es sich um den Vertreter der damals größten Fraktion im deutschen Reichstag, um den Mitvorsitzenden der SPD, den Abgeordneten Hugo Haase (1863-12919) (Wiki). Hugo Haase gibt nämlich einen auffallend guten Überblick über die Vorgeschichte der neuen Wehrvorlage, zumindest soweit sie der Öffentlichkeit bekannt geworden war. Er stellt dar, daß der Kriegsminister es noch am 10. Januar 1913 hatte dementieren lassen, daß an einer neuen Wehrvorlage überhaupt gearbeitet würde. Was Haase dann - aus SPD-Sicht - als "Hetze" bezeichnet, hätte aus damaliger wie heutiger Sicht auch einfach nur als "Kritik" bezeichnet werden können. Dann wäre es neutraler formuliert. Haase führt also aus über das genannte Dementi des Kriegsministers aus (DigSam):

Als das Dementi (...) kam, da wurde die Hetze

sprich: Kritik 

der "Post", der "Rheinisch-Westfälischen Zeitung", der "Täglichen Rundschau" gegen den Reichskanzler und gegen den Kriegsminister fortgesetzt. Es erschien damals in der "Post" die Nachricht, es sei seit längerer Zeit bekannt, daß zwischen den maßgebenden Stellen der Regierung gerade um die Fragen, von denen Deutschlands Schicksal unmittelbar abhänge, erbitterte Kämpfe geführt würden, daß dort ein Tohuwabohu herrsche, wie es größer kaum gedacht werden könnte. Es ständen sich zwei Weltanschauungen diametral gegenüber: auf der einen Seite jene Stellen, welche in erster Linie die Verantwortung für den Verlauf und Ausgang eines möglichen Feldzuges tragen, auf der anderen Seite diejenigen, die von einem unglaublichen Friedenswahn befangen sind, und die aus Furcht vor parlamentarischen und innerpolitischen Schwierigkeiten sowie aus Gründen bürokratischer Sparsamkeit blind und taub gegen die elementarsten Gebote militärischer Notwendigkeit seien.
Kaum war der Artikel erschienen, da kam mit einem Male die "Norddeutsche Allgemeine" am 24. Januar, im Gegensatz zu ihrer früheren Haltung, mit der überraschenden Erklärung: "Ein hiesiges Blatt will erfahren haben, daß seit längerer Zeit zwischen den maßgebenden Stellen der Reichsregierung um eine neue Militärvorlage erbitterte Kämpfe geführt würden. Es handelt sich hier um aufgeregte Treibereien, mit denen der Sache, die in Frage steht, schlecht gedient ist. Die maßgebenden Stellen sind längst einig darin, daß eine Reihe von Mehrbedürfnissen unseres Heeres befriedigt werden müssen".
Daraus, meine Herren, ist mit zwingender Notwendigkeit der Schluß zu ziehen, daß erst in diesen Tagen der Reichskanzler und der Kriegsminister vor dem Wehrverein und dem mit dem Wehrverein Hand in Hand gehenden Generalstab kapituliert haben. Es ist durch die "Norddeutsche Allgemeine" selbst verbreitet worden, daß im Januar von Allerhöchster Stelle die Entscheidung gefallen ist, und als diese Entscheidung zu Gunsten des Generalstabs fiel, da haben der Herr Reichskanzler und der Herr Kriegsminister einfach ihre Anschauungen geändert, da haben sie dem Generalstab nachgegeben, da haben sie mit einem Male erklärt, alles das sei notwendig, was sie selbst, wie wir annehmen müssen, in Übereinstimmung mit uns bis dahin bekämpft haben.
Ist das aber richtig, dann fallen alle die Ausführungen des Herrn Reichskanzlers in nichts zusammen. Wie richtig das alles ist, konnte man aus psychologischen Erwägungen auch heute aus der Haltung des Kriegsministers schließen. Als der Herr Kriegsminister seine Rede schloß, da haben wir wohl alle angenommen, daß er nun erst recht die Gründe für die Vorlage vorbringen würde. Ist es denn schon in einem Parlament der Welt vorgekommen, daß bei einer Vorlage von dieser Tragweite der Kriegsminister nichts weiter tut, als daß er in der dürftigsten, unzulänglichsten Form den Inhalt der Begründung paraphrasiert, diesen Inhalt, der selbst so nichtssagend ist wie nur irgend etwas? (...)
Meine Herren, der Herr Kriegsminister hat eben - das fühle ich ihm allerdings nach - von Herzen diese Vorlage nicht vertreten können.

Innerlich stehen Haase, von Bethmann-Hollweg und von Heeringen - das bringt Haase hier zum Ausdruck - auf der gleichen Seite. Haase wendet sich dann noch ausdrücklich an die Abgeordneten der Zentrums-Partei, weil er von diesen auch noch erwartet, daß sie - wie die SPD - gegen die Wehrvorlage stimmen würde (was sie dann nicht tat). 

Haase bezieht sich dann als vorbildlich nicht nur auf das Schweizer Milizheer, sondern auch noch auf das preußische Volksheer des Jahres 1813, dem in den Jahren 1812/13 die konservativen Kreise skeptisch gegenüber gestanden seien, und das auch nicht gut (durch eine mehrjährige Wehrpflicht) auf den Krieg des Jahres 1813 vorbereitet gewesen sei, und das dennoch über Napoleon gesiegt habe. Daß dieser Vergleich auf vielen Ebenen mehr als hinkt, wird auch schon damals den meisten Zuhörern aufgegangen sein. Er übergeht dabei zum Beispiel ganz, daß Preußen damals mit Rußland und England verbündet war und diese Mächte nicht zusätzlich auch noch als Gegner hatte. Hätte Preußen im Jahr 1813 Rußland und England gemeinsam mit Frankreich als Gegner gehabt - hätte es dann jemals einen Krieg gewinnen können? Friedrich dem Großen war sogar das fünfzig Jahre früher gelungen (im Siebenjährigen Krieg). Aber das stand bekanntlich sehr oft "Spitz auf Knopf".

Abb. 3: Generalstabschef von Moltke - Der spiritueller Berater seiner Frau war Rudolf Steiner

Man sieht jedenfalls an den Ausführungen von Hugo Haase, daß SPD, Kriegsminister und Reichskanzler innerlich schon 1913 miteinander auf einer Linie lagen - nämlich gegen den Generalstab, und daß Kriegsminister und Reichskanzler gegenüber dem Generalstab nur deshalb eingeknickt sind, weil schließlich auch der Kaiser selbst seine Meinung geändert hatte. Das arbeitet Hugo Haase deutlich heraus. 

"Ich hatte ja auch im Generalstabe selbst Feinde"

Diese Rede von Hugo Haase läßt noch einmal doppelt fragen, wie das, war man als Zeitgenosse damals nur durch vage Presseberichte wahrnehmen konnte, von Erich Ludendorff selbst intern als der treibenden Kraft der Wehrvorlage wahrgenommen worden ist. Wir lesen über einen Bericht, den der bayrische Militärbevollmächtigte im Großen Generalstab in Berlin Karl Wenninger (1861-1917) (Wiki) nach München sandte (4, S. 129):

Am 25. 11. 1912 hatte Wenninger Unterredungen mit Ludendorff, Wachs und Bergmann vom Generalstab bzw. Kriegsministerium und berichtete wie folgt nach München:
"1.) Greifbare diplomatische Nachrichten über eine unmittelbar drohende Kriegsgefahr liegen weder beim Kriegsministerium noch beim Großen Generalstab vor. Aus Rußland berichten Militärattache und Konsulate übereinstimmend, daß von irgendwelchen Mobilmachungsregeln dort z. Zt. nicht die Rede sei. (...) Frankreich habe ebenso wie Deutschland noch keinerlei Schritte in der Richtung "Verstärkung der Kadres" getan. Dagegen scheine Österreich unmittelbar vor entscheidenden Maßnahmen zu stehen. Eine partielle Mobilmachung sei bereits im Gange. Besonders alarmierend wirkte dort die verbürgte Nachricht, daß Serbien Transporte schwerer Artillerie, die gegen Skutari bestimmt waren, unterwegs anhielt und an die Donau zurückdirigierte. Ein Losschlagen Österreichs werde voraussichtlich Rußland aus seiner Lauerstellung herauslocken. Dann würde eine deutsche Mobilmachung gegen Rußland vielleicht notgedrungene Folge sein. [...]
2.) Jedenfalls ist die Lage eine hochgespannte. Die Folgen sind verschiedene Beschleunigungen militärischer Maßnahmen. [...]"

Am 9. April 1913 kritisierte Wenninger in der Reichstagssitzung zur Wehrvorlage die Rede des bayerischen Zentrums-Abgeordneten Caspar Haeusler, der für diese nur Beifall von den Sozialdemokraten erhalten hatte (Wiki). Auf Wikipedia wird seine Kritik als "skandalös" bezeichnet, sie liest sich aber im Original harmloser als es dieser Charakterisierung entnommen werden könnte (s. DigSamab).

Erich Ludendorff selbst schildert in seinen Erinnerungen seinen Einsatz und seine Eingaben in Hinsicht auf eine Heeresvermehrung seit dem Jahr 1909 über 26 Seiten hinweg (2, S. 130-156), geht darin aber in der Regel nicht auf einzelne Unterredungen ein wie die eben genannte.

Solange zwischen ihm und dem Generalstabschef noch sein Vorgesetzter von Stein gestanden hatte, hatte er sich noch nicht mit ausreichendem Nachdruck dafür einsetzen können. 1912 aber wurde Stein versetzt und Ludendorff hatte unmittelbar Zugang zum Generalstabschef. Nachdem Ludendorff detailliert all die schriftlichen Eingaben insbesondere an das Kriegsministerium (über seine Vorgesetzten, vor allem über von Moltke) geschildert hatte, schreibt er abschließend und zusammenfassend über den Generalstabschef von Moltke und seine Umgebung im Generalstab (2, S. 156):

In der Tat, den Kampf im Generalstabe mit einem so nachgiebigen, unter okkulten Einflüssen stehenden, innerlich immer mehr zusammenbrechenden Mann an der Spitze durchzuführen, war nicht leicht. Ich hatte ja auch im Generalstabe selbst Feinde. Meine deutliche Sprache und mein heftiges Drängen dem Kriegsministerium gegenüber waren namentlich der Zentralabteilung nicht recht. Sie befürchtete wohl, sie könne bei Etatsforderungen des Generalstabes, die ja schließlich auch das Kriegsministerium zu vertreten hatte, Schwierigkeiten haben, und auch das Militärkabinett, das mit dem Kriegsministerium in allen Fragen durch dick und dünn ging und auch auf die Personalien des Generalstabes Einfluß hatte, unangenehm berührt sein. Die Tatsache aber, daß der Bürochef der Zentralabteilung des Großen Generalstabes ein Freimaurer war und Freimaurer im Militärkabinett*) und im Kriegsministerium saßen, wird dabei die ausschlaggebende Rolle gespielt haben.  Dem General v. Moltke wurde jedenfalls gesagt, ich könne nicht kommandierender General werden, wenn ich nicht jetzt ein Regiment bekäme, wozu ich allerdings auch heranstand. Ich habe solche Fürsorge für mich stets „warm“ empfunden. Das „Kommandierendergeneralwerden“ war nur ein Vorwand, man wollte mich los sein. Der weiche General v. Moltke durchschaute das alles nicht, vielleicht war ich ihm auch selbst zu scharf drängend. Wohl hielten auch von den überstaatlichen Mächten hörige Medien meine Versetzung für geboten, denn ich habe später erfahren, daß schon vor vor dem Weltkriege in Freimaurerkreisen gegen mich gearbeitet wurde, was ja auch von ihrem Standpunkt aus eine Selbstverständlichkeit war. Als mir General v. Moltke die Mitteilung von meiner bevorstehenden Versetzung machte, klang die Begründung bei ihm weiter nicht sehr überzeugend. Wie wenig er sie selbst für stichhaltig gehalten hat, geht daraus hervor, daß er mich schon nach wenigen Monaten, und zwar im Juni, dem Chef des Militärkabinetts zur Ernennung als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements im Kriegsministerium vorschlug. Ich konnte selbstverständlich dem General v. Moltke, als er mir von meiner bevorstehenden Versetzung sprach, nichts entgegenhalten. Dazu war ich zu stolz. Bei seinem Schwanken versprach ich mir durch mein Verbleiben im Generalstabe auch nicht mehr Entscheidendes für die Durchbringung der Heeresvorlage, so wie ich sie für nötig gehalten hatte. Was unter den traurigen Verhältnissen zu erreichen war, war schon festgestellt.
Ich wurde also am 27. Januar 1913 aus dem Generalstabe als Regimentskommandeur nach Düsseldorf versetzt, der Chef des Militärkabinetts schrieb an meinen kommandierenden General v. Einem, wie dieser mir viele Jahre später mitgeteilt hat, "er müsse mir Disziplin beibringen".

Von den Auseinandersetzungen, die Ludendorff in seinen Erinnerungen aus interner Sicht schildert, ist also doch allerhand nach außen an die Presse gedrungen - zwar immer nur gerüchteweise, aber fast noch "aufwühlender" als Ludendorff selbst es schildert. In der von Ludendorff gegebenen Anmerkung zu den Freimauren im Generalstab schrieb er (2, S. 156):

Im Militärkabinett waren die Freimaurer damals durch Major v. Marschall vertreten, auf dessen Drängen im Jahre 1918, nach meinem Abgang, General Groener im Einverständnis mit General v. Hindenburg mein Nachfolger wurde.

Der Leiter des Militärkabinetts war im übrigen Moriz von Lyncker (1853-1932) (Wiki) (zu ihm s.a. Stgr2011). Dieser war es, der dem künftigen Vorgesetzten Ludendorffs, dem General von Einem, schrieb, er solle Ludendorff "Disziplin beibringen". Ludendorff hatte wahrlich nicht zwischen diese ganze Freimaurerhörigkeit gepaßt. Aber immerhin! Fünf Monate konnte sich sogar der "unzulängliche" Kriegsminister von Heeringen nicht mehr im Amt halten (Wiki):

Vom 19. August 1909 bis zum 4. Juli 1913 amtierte Heeringen als Kriegsminister. Er widersetzte sich den Plänen von Generalstabschef von Moltke und Oberst Erich Ludendorff, damals Leiter der Aufmarschabteilung des Generalstabs, die Heeresstärke in Friedenszeiten von 670.000 auf 970.000 Mann aufzustocken. Nur durch einen Immediatvortrag bei Kaiser Wilhelm II. konnte der Kriegsminister es erreichen, daß in der Heeresvorlage 1913 die Heeresvergrößerung auf 117.000 (statt der geplanten 300.000) Mann begrenzt blieb. Doch die Kritik, durch seinen Einsatz gegen eine forcierte Aufrüstung habe Heeringen die Aufstellung dreier zusätzlicher Armeekorps vereitelt, riß nicht ab. Die Beziehungen zwischen dem Kriegsministerium und dem Generalstab blieben derart angespannt, daß der Kriegsminister den Kaiser um seine Amtsentpflichtung bat.

Offensichtlich hat man sich also von der "Unzulänglichkeit dieses Mannes" schließlich doch noch überzeugt. Seinem Gesuch wurde zum 4. Juli 1913 stattgegeben.

von Moltke schlägt Ludendorff als Mitarbeiter des Kriegsministers vor (Juni 1913)

War womöglich das Rücktrittsgesuch des von Heeringen beschleunigt worden durch den Umstand, daß Generalstabschef von Moltke den Obersten Ludendorff schon im Juni 1913 dem Chef des Militärkabinettes zur Ernennung als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements im Kriegsministerium vorgeschlagen hat? Damit wollte er Ludendorff im Kriegsministerium selbst als Untergebenen des Kriegsministers platzieren. Sicherlich ein unerwartetes Vorgehen. Als Begründung schrieb er aber (2, S. 156f):

Euer Exzellenz ist die vorzügliche Beurteilung dieses Offiziers in allen seinen bisherigen Dienststellen bekannt. Er stand, bevor er Regimentskommandeur wurde, fünf 5 Jahre lang an der Spitze der 2. Abteilung des Großen Generalstabes, ist also mit allen Fragen der Organisation des Heeres, der Mobilmachung und des Aufmarsches auf das Genaueste vertraut. Er ist ein Mann mit weitem Blick, von festem Charakter, von schneller Auffassung und eisernem Fleiß, der mir während dieser 5 Jahre gemeinsamer Tätigkeit ein ganz besonders zuverlässiger, nie versagender Gehilfe war.

Da der Kriegsminister auch weiterhin einen schweren Stand im Reichstag haben würde, würde Ludendorff ihm eine gute Hilfe sein (2, S. 156f):

Gerade hierin würde ihm der Oberst Ludendorff in seiner Bestimmtheit, seiner altpreußischen Auffassung und seiner unbedingten Zuverlässigkeit eine hervorragende Stütze sein.

Weiter schrieb er (2, S. 156f):

Wie Euer Exzellenz bekannt, sind während der anstrengenden Tätigkeit des letzten Winters einige Differenzen zwischen ihm und dem Kriegsministerium entstanden, die aber lediglich darauf zurückzuführen sind, daß Oberst Ludendorff nur das eine Ziel im Auge hatte: der Sache zu dienen und die von mir als erforderlich bezeichneten Vorschläge allen fiskalischen Bedenken gegenüber durchzusetzen. ... Daß es mir bei meinem Vorschlage lediglich um die Sache zu tun ist, mögen Euer Exzellenz daraus erkennen, daß ich, so sehr ich das für den Generalstab bedauere, gerade auf die Ernennung des Oberst Ludendorff als Oberquartiermeister verzichte, weil ich seine Verwendung als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartement zum Besten des Heeres für noch wertvoller halte.

Es wäre noch einmal genauer auszuloten, was sich der Generalfeldmarschall von Moltke bei diesem Schreiben gedacht hat. Aus ihm geht in jedem Fall die große Wertschätzung hervor, die er für Ludendorff hatte.

Abb. 4: "Der Kaiser und Prinz Heinrich zum Tee mit General von Heeringen" (zeitgenössische Postkarte, ohne Ort, ohne Datum)

Die Argumente, die Josias von Heeringen zuvor gegenüber dem Kaiser scheint vorgebracht zu haben, waren gewiß nicht von energischem Vorwärtsdrängen geprägt. Das geht unter anderem aus einem Aufsatz in der Wochenzeitung "Die Zeit" aus dem Jahr 2013 hervor. Die Inhalte desselben werden folgendermaßen wiedergegeben (Dossier2013):

So hatten konservative Kreise im Militär durchaus Vorbehalte gegen die neue Heeresvorlage. Denn eine massive Vergrößerung der Armee würde zwangsläufig dafür sorgen, daß zunehmend bürgerliche Offiziere requiriert werden müßten und damit das Offizierskorps als Domäne der Adligen infrage stellen würden. Zugleich bedeutete das für die Mannschaften, weitaus stärker als bisher städtische Arbeiter einzuberufen. Das sorgte bei manchem Offizier für schlaflose Nächte und malte das Gespenst der Revolution an die Wand. Übrigens nicht ganz zu Unrecht, wie es sich im November 1918 dann zeigen sollte.

Daß der Sozialdemokrat Haase ebenfalls solche Dinge im Hinterkopf hatte, wird unterschwellig in seiner Rede deutlich. Angesichts der hochgerüsteten Militärmächte Europas, von denen sich Deutschland in den Jahren 1912 und 1913 umgeben sah, waren solche Argumente aber wirklich verquastet. Ein interessanter Aspekt ergibt sich aus den weiteren Ausführungen (Dossier2013)

Aber noch ein anderer Punkt verdient Beachtung: Die Finanzierung des Rüstungsprogramms erfolgte über Vermögenssteuern. Das versetzte die Sozialdemokratie in eine Zwickmühle. Zwar lehnte sie die Aufrüstung traditionell ab, zugleich plädierte sie ebenso anhaltend für eine Besteuerung des Besitzes. In dieser Situation bewilligte sie als größte Fraktion im Reichstag die Steuererhöhungen, lehnte die Heeresvorlage selbst aber ab. Leider behandelt Fesser nicht die Frage, inwiefern diese partielle Einbindung der SPD eine Vorstufe für die spätere Zustimmung zu den Kriegskrediten und generell die Integration der Arbeiterbewegung war.

Es handelt sich also schon um vergleichsweise vielschichtige Vorgänge rund um die Wehrvorlagen der Jahre 1912 und 1913. Im übrigen durch diese durch Vorträge und Zeitungsartikel in der Öffentlichkeit unterstützt von Seiten des eigens hierfür gegründeten "Deutschen Wehrvereins" (Wiki), den auch Haase erwähnte. Der "Deutsche Wehrverein" war der letztgegründete von mehreren, bedeutenden sogenannten "vaterländischen Verbände" des Deutschen Kaiserreiches.

"Deutscher Wehrverein" und Generalstab - Ab wann gab es Verbindungen?

In einer historischen Untersuchung aus dem Jahr 1979 (3) wurde die These vertreten, daß es keine unmittelbaren persönlichen Verbindungen gegeben habe zwischen den maßgebenden Persönlichkeiten des "Deutschen Wehrvereins" und Erich Ludendorff im Generalstab als der dortigen treibenden Kraft für die Wehrvorlage (3, S. 22):

Die genaue Rolle des DWV in diesem Ressortstreit ist schwer auszumachen. Es läßt sich nicht bezweifeln, daß Ludendorff die Agitation des DWV insofern billigte, als diese seine Forderungen dem Kriegsministerium gegenüber nur verstärken konnte. Sehr wahrscheinlich gab es überdies gelegentliche Kontakte zwischen Vertretern des DWV und des Generalstabes, und der DWV spiegelte zweifelsohne die Ansichten des Generalstabes wider. Das alles aber als ein aktives Zusammenwirken zu bezeichnen, ist wohl etwas übertrieben

In der diesen Worten beigegeben Anmerkung werden vage Angaben zu einem solchen Zusammenwirken erörtert, die aber insgesamt als zu vage eingeschätzt werden. Diese Fragestellung erhält nun durch einen seit 2021 zugänglichen Brief Erich Ludendorffs aus dem Dezember 1912 (1) gewiß eine neue Beleuchtung. Seinen Wortlaut bringen wir weiter unten. Zwar deutet sich an keiner Stelle in diesem neu bekannt gewordenen Brief an, daß es schon frühere Verbindungen zwischen Ludendorff und dem "Deutschen Wehrverein" gegeben hätte. Ausdrücklich schreibt Ludendorff sogar, daß ein Mitarbeiter des "Deutschen Wehrvereines", von Wrochem, "aus sich heraus" zu den seiner Meinung nach richtigen Gedanken gefunden hätte. Die genannte historische Untersuchung aus dem Jahr 1979 faßte die Vorgänge rund um Ludendorff folgendermaßen zusammen (3):

Am 1. Oktober 1912 wurde Ludendorffs unmittelbarer Vorgesetzter in der Operationsabteilung des Generalstabes versetzt, woraus sich eine Situation ergab, in der sich Ludendorff nunmehr direkten Zugang zum Chef des Generalstabes, Helmuth v. Moltke, verschaffen konnte. Zugleich hatte die Kombination von verschlechterter militärischer Lage auf dem Balkan und dem Druck der in erster Linie vom Deutschen Wehrverein mobilisierten öffentlichen Meinung schon angefangen, den Widerstand der Regierung gegen die Idee einer neuen Heeresvorlage zu untergraben.

Wie böswillig war es aber auch, die Friedensliebe der damaligen deutschen Regierung durch die Idee einer solchen Heeresvorlage zu - - - "untergraben". Das will der Historiker wohl mit diesem Wort "untergraben" zum Ausdruck bringen. Angesichts der gleichzeitigen Rüstungen der anderen europäischen Militärmächte und angesichts des Verlaufes des dann folgenden Krieges ist eine solche Einordnung allerdings ein wenig gar zu lächerlich. Weiter heißt es (3):

Am 13. Oktober 1912 hob der Kaiser selbst diese Idee hervor, doch noch setzten sich Bethmann Hollweg, Heeringen und auch Moltke dagegen durch. Ohne die Ansichten des Kaisers zu kennen, fing Ludendorff aber gleichzeitig an, Moltke unter intensiven Druck zu setzen, was dazu führte, daß Moltke endlich Ende Oktober für eine neue Heeresvorlage gewonnen werden konnte. Es begann nun ein neuer Ressortstreit, diesmal zwischen Generalstab, Kriegsministerium und Reichskanzler über die Ratsamkeit bzw. die Höhe einer eventuellen weiteren Heeresvermehrung. Immer noch von Ludendorff vorangetrieben, wurde Moltke nun der Befürworter "entscheidender" Erhöhungen, indes Heeringen, der seinerseits immer die sozialen Nachwirkungen einer Vergrößerung des Offizierkorps im Auge hatte, solche Erhöhungen irgendwie einzuschränken trachtete, wobei er die Unterstützung Bethmann Hollwegs fand, der immer noch eine grundlegende Finanzreform wegen der zu erwartenden Opposition der Konservativen vermeiden wollte. Der Höhepunkt der Kontroverse wurde am 21. Dezember 1912 erreicht, als Moltke dem Kriegsminister und dem Reichskanzler eine verblüffende, von Ludendorff verfaßte Denkschrift einreichte, in der die Forderungen des Generalstabes, die weit über das von Heeringen und Bethmann Hollweg erwartete Maß hinausgingen, formuliert wurden: u.a. die volle Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, die nach Ludendorffs Berechnungen jährlich 150.000 zusätzliche Rekruten und eine Zunahme von 300.000 Mann in der Friedensstärke des Heeres ergeben würde, die man wiederum zur Einrichtung der dritten Bataillone in allen Regimentern sowie zur Aufstellung von drei neuen Armeekorps verwenden wollte. Diese Denkschrift wurde nun die Grundlage der weiteren Verhandlungen, als die eigentliche Frage auftauchte, ob oder inwieweit es Bethmann Hollweg und Heeringen gelingen würde, den Forderungen Ludendorffs maßvollere Schranken zu setzen. Der Ressortstreit dauerte noch zwei Monate an, bis man einen Kompromiß erreichen konnte. Moltke stimmte zu, als man die Idee der drei neuen Armeekorps fallen ließ und die Zahl der neuen Rekruten etwas herabsetzte. Dennoch waren die neuen vorgesehenen Erhöhungen enorm: die Stärke aller bestehenden Einheiten sollte durch Aushebung von 106.000 Mann zusätzlicher Truppen im Jahre sowie die Einstellung von knapp 4000 neuen Offizieren bzw. 13.400 neuen Unteroffizieren vermehrt werden. (...)
Berichte über die Möglichkeit einer neuen Heeresvorlage waren schon einige Monate vor Bekanntgabe der Einzelheiten am 28. März 1913 in der Presse durchgesickert.

Weiter wird interessanterweise ausgeführt (3): 

Als die Reichstagsverhandlungen über die Heeresvorlage in die letzte Phase eintraten, gab der Reichskanzler in einem Brief an einen Freund seiner Erleichterung Ausdruck, er erwarte, daß das Gerede "von Krieg und Kriegsgeschrei und von den ewigen Rüstungen" nun bald ein Ende nehmen würde. Er konnte auch nicht die Bemerkung unterlassen, was für "eine merkwürdige Sache" es sei, daß ein "so demokratischer Reichstag eine solche Riesenmilitärvorlage annimmt".

Er war also überhaupt nicht einverstanden mit jener Heeresvorlage, die er selbst dem Reichstag vorgelegt und begründet hatte. Es gab schon sonderbare Gestalten damals an der Spitze der deutschen Regierung. Sie haben vieles vorweggenommen von dem, was sich seither dann immer weiter bis heute an Irrsinn, Wahnwitz und Böswilligkeit gegenüber dem deutschen Volk regierungsseitig gesteigert hat.

Der Adressat nun des neu bekannt gewordenen Briefes von Erich Ludendorff, der Offizier Bernhard Tepelmann (1862-1919), war - soweit übersehbar - Mitglied und Mitarbeiter des "Deutschen Wehrvereins". Er hatte Ludendorff im Dezember 1912 unter anderem einen Artikel aus der "Täglichen Rundschau" (Wiki) aus demselben Jahr gesandt von Seiten des Vorstandsmitgliedes des Deutschen Wehrvereines, nämlich von Seiten des Generalleutnants Alfred von Wrochem (1857-1915) (Wiki)***). Das Erscheinen dieses Artikels war offenbar dadurch ermöglicht oder erleichtert worden, daß auch der damalige Herausgeber der "Täglichen Rundschau" (die auch von Haase erwähnt worden ist, s.o.), der Journalist Heinrich Rippler (1866-1934) (Wiki), Mitglied des "Deutschen Wehrvereins" war (3), zugleich auch Mitglied der liberalen "Deutschen Volkspartei". Aus der Antwort Ludendorffs geht hervor, daß Ludendorff diesen Artikel bislang gar nicht gekannt hatte und offenbar auch sonst bislang wenig von den Aktivitäten des Deutschen Wehrvereins zur Kenntnis genommen hatte. Dem Wortlaut könnte man entnehmen, daß er zuvor schon bei irgendeinem gesellschaftlichen Anlaß mündlich ins Gespräch mit Tepelmann gekommen war und dieser sich dann im Nachgang auch noch einmal schriftlich an ihn gewandt hatte. Ludendorff antwortete also (1):

Lieber Tepelmann!

Vielen Dank für Ihre Zeilen. Die Ziele und Anträge des Generalstabes kann ich Ihnen nicht nennen. Ich würde am nächsten Baume aufgeknüpft und noch verbrannt werden. Also darüber schweige ich.

Ich halte mich aber wohl für berechtigt, mit Ihnen in einen Gedankenaustausch darüber einzutreten, was mir am Herzen liegt. Ich habe da den Artikel der Täglichen Rundschau von 18/12 mit sehr vielem Interesse gelesen. Was da über die Festigung der Verbände der Reserveformationen und über die Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht gesagt ist, unterschreibe auch ich. Ebenfalls

[Seite 2] ist mir das aus dem Herzen geschrieben, was über die Übungen der Kavallerie gesagt ist. An 10 Wochen im Jahr dürfen wir aber wohl nicht denken, dazu reichen unsere Übungsplätze nicht aus, und die Übungen als solche ... in das Gelände zu legen, würde Flurschäden verursachen, die niemand bezahlen kann.

Auch das über die Feldartillerie gesagte trifft voll zu.

Sie sehen also, daß Herr v. Wrochem aus sich heraus das gefunden hat, das der Armee m. E. not tut. Wenn aber nach Ihrem Schreiben nur Kavallerie Ballonabwehrkanonen (?) erhalten sollen, das weiß ich nicht. Die feindl. Luft Flugzeuge werden uns weit überfliegen, deutsche Zeitungen halten schon die Rheinbrücken für bedroht.

Noch eines, lieber Tepelmann, ich fürchte, wir machen uns nicht klar, was solche

[Seite 3] Etatserhöhungen bei allen Waffen an Mannschaften und Pferde, die Aufstellung ... Bataillone u.s.w. kosten wird. Das sind ganz gewaltige Summen, aber die das Volk auf sich nehmen wird, wenn es den nach meiner Ansicht so hohen Ernst der Stunde verstehen wird. Gott weiß es! Es fehlt nur an Verständnis, daß dies Erstarken der Südslaven uns trifft, daß wir Deutschen als solche in Mitleidenschaft gezogen werden müssen, wenn Österreich sich duckt. Hier fehlt es an der richtigen Aufklärung. Gewiß gibt es Blätter, die das schreiben, aber die liberalen Zeitungen bringen das wohl nicht und in allen Kreisen muß diese Erkenntnis da sein. Ohne eine gründliche politische Aufklärung erreicht der Wehrverein nicht sein Ziel!

[Seite 4] In Verbindung mit den Slaven rückt die Bedeutung Rußlands schärfer hervor, wir sehen nur nach Westen, denken wenig an den Osten, wohl an die engl. Flotte nicht aber an das vortreffliche, etwa 3 Armeekorps starke engl. ... korps. Nur wenn wir alle Feinde sehen, kommen wir zu einer richtigen Einschätzung dessen, was uns not tut. Allerdings muß auch Österreich ran, aber das wird mehr zu tun haben, um eine Kräfteverteilung (?) gegen das Erstarken der Balkanstaaten zu schaffen. Ich bin kein Politiker, aber das sieht jeder ein! 

Die Angaben über Frankreich in der Anlage. Ich bitte Sie herzlich, sorgen Sie dafür, daß nie der Generalstab genannt wird, nie meine Person! Wenn ich hier auch rein persönlich gesprochen habe, so werden meine lieben Feinde, denen ich sehr unbequem bin, meine amtliche - persönliche Eigenschaft nicht auseinanderhalten und mir einen Strick drehen. Was ich ihnen i. S. m. Feindes nicht verdenken kann. Verzeihen Sie die Eile.

Gute Feiertage

Ihr Ludendorff 

Woher taucht dieser, bislang unbekannte Brief auf? Im Jahr 2021 erfaßte die Landesbibliothek Niedersachsen in Hannover - die "Gottfried Wilhelm Leibnitz-Bibliothek" - das ihr überlassene "Reimar Hartge Archiv" (Kall), und zwar, wie es heute schon häufiger üblich und vorbildlich ist, auch gleich in digitaler Form für das Internet. In diesem vormaligen Privatarchiv fand sich nun der hier zitierte vierseitige, handschriftliche Brief Erich Ludendorffs an Bernhard Tepelmann. Zwar hat der Schreiber auf dem Brief weder Ort noch Datum verzeichnet. Das machte Erich Ludendorff sein ganzes Leben lang sehr häufig so. Deshalb muß auch gefragt werden, ob der Brief von Seiten der Landesbibliothek Niedersachsen richtig datiert worden ist in das Jahr 1913, und zwar in den Dezember 1913. Könnte er seinem Inhalt nach nicht eigentlich viel paßgenauer in das Jahr 1912 datiert werden? Zumal es doch sehr ungewöhnlich wäre, wenn man am Ende des Jahres 1913 noch auf einen Zeitungsartikel des Jahres 1912 hinweist!?! Und zumal Ludendorff am Ende seines Briefes doch recht deutlich macht, daß er sich zu jenem Zeitpunkt noch im Amt, als im Großen Generalstab in Berlin befand. Als Regimentskommandeur in Düsseldorf hätte er diese Phrase über das Auseinanderhalten von "amtlich" und "persönlich" gar nicht sinnvoll benutzen können.

Der Empfänger verzeichnete ebenfalls nur, daß er den Brief am 27.12. beantwortet hat. Der Schlußwendung des Briefes nach konnte er durchaus kurz vor Weihnachten verfaßt worden sein (1).**) Und mit weitaus größerer Wahrscheinlichkeit im Jahr 1912 als im Jahr 1913.

In jedem Fall ordnet sich dieser Brief nahtlos ein in die bislang schon bekannte zeitgeschichtliche Zusammenhänge, die oben schon geschildert worden sind. Er korrigiert den Aufsatz von 1979 (3) dahingehend, daß er eine direkte Verbindungen zwischen Generalstab und Wehrverein schon im Dezember 1912 sehr deutlich macht. Zum Wehrverein sei noch zitiert (Wiki):

Der Deutsche Wehrverein (DWV) wurde 1912 gegründet, um die deutsche Bevölkerung von der Notwendigkeit einer wesentlich stärkeren Heeresrüstung zu überzeugen. (...) Die Gründung des Vereins erfolgte am 28. Januar 1912 in Berlin. Gleich nach seiner Gründung begann der Verein mit einer regen publizistischen Arbeit. Vorstandsmitglied des Wehrvereins (war) Generalleutnant Alfred Wrochem. (...) Der Kronprinz bekannte sich offen zum Wehrverein. Ein anderer Grund für seinen Erfolg war, daß er durch seine Vorstandsmitglieder direkten Zugang zu mehreren großen Zeitungen besaß.

Aber schon aus dem ersten Satz des Briefes von Ludendorff geht hervor, daß dieser Deutsche Wehrverein bis zu dieser Kontaktaufnahme nicht über sehr gute Verbindungen in den Generalstab verfügte. 

Abb. 5: General Josias von Heeringen - Sein Sohn war 1933 leitender Freimaurer in Deutschland

Der vormalige Kriegsminister von Heeringen ist dann bis August 1916 Oberbefehlshaber der 7. deutschen Armee im Elsaß gewesen. Diesen Posten mußte er - auffälliger Weise - abgeben einen Tag bevor Erich Ludendorff 1916 in die Oberste Heeresleitung eintrat. 

Mindestens zweimal ist Erich Ludendorff dem von Heeringen noch in späteren Jahren persönlich begegnet, nämlich beim Trauerzug für Kaiserin Augusta am 19. April 1921 (Stgr2012), sowie bei der Enthüllung des wieder errichteten Moltke-Denkmals in Halle, auf dem sogenannten "Deutschen Tag" in Halle am 11. Mai 1924. In der Erinnerung an letztere Begegnung schrieb Erich Ludendorff (Stgr2011):

Generaloberst v. Heeringen, als ältester General, hielt die Ansprache, die die Bedeutung des Heeres und die Arbeit der Generale für das Heer hervorhob, er vergaß aber völlig, den Obersten Kriegsherrn zu erwähnen, der sich für die Ausbildung des Heeres doch wahrlich eingesetzt und sie gefördert hatte. Daß er seinen Willen dem Kriegsminister, eben diesem Generaloberst von Heeringen gegenüber leider nicht durchgesetzt hatte, lag in einem Handeln, das dieser dem Kaiser wohl kaum hat verargen können. Bekanntlich hat Generaloberst v. Heeringen dem Streben des Kaisers nach einer Heeresverstärkung und auch meinem Streben vor dem Weltkriege, die allgemeine Wehrpflicht durchzuführen, entschiedenen Widerstand gegenübergestellt. 

Das war alles, was er zu diesem Zeitpunkt noch über von Heeringen zu sagen wußte. Die Geschichte war über diese Vorkriegsauseinandersetzungen hinweg gegangen. Auf den Verlauf des Ersten Weltkrieges sollten sie sich vor allem dahingehend auswirken, daß Erich Ludendorff bei Kriegsbeginn nicht mehr die rechte Hand des Generalstabschefs von Moltke war. Wenn der Mord von Sarajewo ein Freimaurermord war (was längst klar ist) und wenn der Erste Weltkrieg ein Freimaurerkrieg war (was mehr als naheliegend ist), dann wird - zumindest für die Freimaurerei - die eigentliche Bedeutung der Vorgänge rund um die Wehrvorlage darin bestanden haben, daß Ludendorff noch vor Kriegsausbruch von der Seite des Generals von Moltke entfernt worden war.  

"Die Luft der Freimaurerei, die von Grund auf böse war"

Der Sohn des Kriegsministers von Heeringen, der Freimaurer Kurt von Heeringen*), war 1914 schon 36 Jahre alt. Vielleicht hat er in den Logen in der Zeit vor 1914 dasselbe erlebt wie der Freimaurer Ernst Jünger. Ernst Jünger schrieb über die Monate und Jahre vor dem August 1914 (Stgr2016):

Bei den Mauretaniern (Freimaurern) aber herrschte unberührte Stille wie im Zentrum des Zyklons. Wenn man in den Abgrund stürzt, soll man die Dinge in dem letzten Grad der Klarheit wie durch überschärfte Gläser sehen. Diesen Blick, doch ohne Furcht, gewann man in der Luft der Mauretania, die von Grund auf böse war.

Die Luft der Logen war also von Grund auf böse. Ähnlich hat es Thomas Mann wahrgenommen, als er seinen Bruder, den Freimaurer Heinrich Mann während der ersten Jahre des Ersten Weltkrieges erlebte (siehe seine "Betrachtungen eines Unpolitischen" aus dem Jahr 1918). Eine der Folgen solcher böser Luftzüge wird die Versetzung Ludendorffs Ende Januar 1913 gewesen sein. Nicht der erste und nicht der letzte böse Luftzug, der aus der "unberührten Stille im Zentrum des Zyklons" entwich .... 

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*) Der Sohn des Kriegsministers war 1933 jener Landesgroßmeister der "Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland" (Wiki), mit dem sich Hermann Göring auf das Nichtverbot der Freimaurerei einigte, wenn sie alle alttestamentarischen Bezüge in ihrem Ritual entfernen würde. Sie wurde daraufhin umgewandelt zum "Deutsch-Christlichen Orden der Tempelherren" und erhielt durch dieses Nebelwerfen noch einmal zwei Jahre Zeit, um sich besser auf die Zeit des Verbotes nach 1935 vorzubereiten.  
**) Über die Suchmaschinen zu Archivalien in Deutschland kann man auf bislang unbekannte Archivalien zum Leben Erich und Mathilde Ludendorffs aufmerksam werden (Kalliope). - Als Datum steht über dem Brief: "27.12. beantw.". Das dürfte aber eine Bemerkung des Briefempfängers sein, nicht des Absenders.
***) Zur Person Alfred von Wrochem's: Der oberschlesische Landrat Karl von Wrochem (1809-1872) war verheiratet mit Agnes Baronin von der Recke (EgF). Das Paar hatte fünf Söhne, von denen mindestens vier preußische Offiziere wurden (s. arekkp). Der jüngste der Söhne war nun der Generalleutnant Alfred von Wrochem (1857-1915). Dieser hatte aber außerdem auch noch einen Neffen 2. Grades gleichen Namens, nämlich den Major Alfred von Wrochem (1883-1964) (s. arekkp). Der letztere dürfte es gewesen sein, der in den 1920er Jahren als völkischer Schriftsteller in Erscheinung getreten ist (4-7) und dann auch im Propagandaministerium von Goebbels gearbeitet hat (GB2010). Der hier interessierende Generalleutnant Alfred von Wrochem hingegen dürfte schon 1915 gestorben sein. Seit 1954 taucht in zeithistorischen Darstellungen immer einmal wieder ein Zitat von diesem Alfred von Wrochem auf, das da lautet (GB1954): "Ein vorwärtsstrebendes Volk wie wir, das sich so entwickelt, braucht Neuland für seine Kräfte, und wenn der Friede das nicht bringt, so bleibt schließlich nur der Krieg. Dieses Erkennen zu wecken, sei der Wehrverein berufen." Offenbar veröffentlicht in den Danziger Nachrichten am 13.3.1913. Solche Zitate flossen schon in Veröffentlichungen der britischen Kriegspropaganda von 1915 ein (GB1915). Selbstredend, daß ein solches Zitat aus dem Zusammenhang gerissen ist. - In der Literatur werden immer wieder andere Vornamen jener von Wrochem genannt, die im Wehrverein tätig waren: Johannes, Hans und Alfred. In zeitgenössischen Quellen ist oft auch nur von "General von Wrochem" oder "Generalleutnant von Wrochem" die Rede. Der nächstältere Bruder von Alfred von Wrochem war General Hans von Wrochem (1853-1914). Vielleicht war dieser auch im "Deutschen Wehrverein" tätig. Und Hans könnte die Kurzform von Johannes gewesen sein. 

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  1. Brief von Erich von Ludendorff an Bernhard Tepelmann, Dezember 1913. In: Reimar Hartge Archiv in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek - Niedersächsische Landesbibliothek; Signatur: Noviss. 450:A 360 (DigSam)
  2. Ludendorff, Erich: Mein militärischer Werdegang. Blätter der Erinnerung an unser stolzes Heer. Ludendorffs Verlag, München 1934 (Archive) (GB)
  3. Chickering, Roger: Der "Deutsche Wehrverein" und die Reform der deutschen Armee 1912-1914. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 1/1979, S. 7ff (freies pdf)
  4. Wenninger an den Bayerischen Kriegsminister Otto Freiherr Kress v. Kressenstein, 25. 11. 1912, Bayer. HStA München, Abt. IV (Kriegsarchiv), Μ Kr 41 zit. in: Röhl, John C.: An der Schwelle zum Weltkrieg. Eine Dokumentation über den "Kriegsrat" vom 8. Dezember 1912. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 1/1977, S. 77ff (freies pdf)
  5. Erich Schwinn: Die Arbeit des deutschen Wehrvereins und die Wehrlage Deutschlands vor dem Weltkriege. Druckerei wissenschaftlicher Werke K. Triltsch, 1940 (87 S.) (GB)
  6. Alfred von Wrochem: Die Bosch-Lüge. Vortrag, gehalten am 4. März 1925 vor einem geladenen Kreise. Verlag Wirtschaftspolitische Korrespondenz S. v. Lüttwitz, Berlin 1925 (über die französische Kriegspropaganda gegen den "Boche"]
  7. Alfred von Wrochem: Kampf. Auslieferung durch Reimann, Berlin 1926 (150 Seiten)
  8. Alfred von Wrochem: Das neue deutsche Führertum. 1927  (GB2011)
  9. Alfred von Wrochem: Planmäßige Zersetzung des deutschen Volkes. Heft 69 der Reihe "Der völkische Sprechabend" (Herausgeber: Hans Weberstedt-Lichterfelde). Theodor Weicher Verlag, Leipzig um 1929

Frontsoldat und "Mitkämpfer" Erich und Mathilde Ludendorffs

Der deutsche Dichter Erich Limpach (1899-1965) 

Abb. 1: Erich Limpach 1919
Der deutsche Dichter Erich Limpach (1899-1965) (Wiki) durchlief im äußeren beruflichen Leben eine Laufbahn in der deutschen Zollverwaltung. Er lebte während dieser Laufbahn in Würzburg, Marburg, Hanau und zuletzt in Coburg. 

Diese bürgerliche Laufbahn steht aber weit zurück hinter der Erfahrung, als Jahrgang 1899 mit 17 Jahren in die Materialschlachten des Ersten Weltkrieges geworfen worden zu sein. Sein ganzes weiteres Leben blieb von der Auseinandersetzung mit dieser Kriegserfahrung geprägt. In einem Nachruf hieß es 1966 (Frankld. 1966):

Er entstammte altem fränkischen Geschlechte und fühlte sich zeitlebens dem heimischen Boden verwurzelt. Der Mutter niederdeutsche Herkunft hielt er für Glück, denn so bekannte er: "Was von ihr in mir pulst, zügelt mein jähes fränkisches Temperament und nimmt meinem Leben das Unstete." (...) Seine Prosa, von verhaltenem Pathos getragen, enthält Geschichten, in denen er das Erhabene, das Grausame, das Erschütternde und die fränkisch durchsonnte Heiterkeit in den Zauber seiner unverwechselbaren Sprache kleidet. 

In einer anderen Lebensdarstellung aus dem Jahr 1979 heißt es (Beb1979):

Die äußeren Stationen dieses Weges begannen am 27.6.1899 in Berlin, mit Jugendtagen in Franken, der Schulbank, von der ihn der erste Krieg holte in die Materialschlachten der Westfront. Danach machte er sein Abitur, studierte in Würzburg Volkswirtschaft und trat dann in den Staatsdienst der Zollverwaltung. Dieser führte ihn für lange Jahre nach Marburg, nach Hanau, nach Münchberg und endete mit der Leitung des Amtes in Coburg. Dazwischen riß ihn der zweite Weltkrieg noch einmal in seine Strudel. (...) In der dichterischen Gestaltung des Kriegserlebnisses veröffentlichte er sein erstes Werk im Jahre 1924, dem im Laufe der Zeit über vierzig weitere Werke folgten und denen sich in diesen Tagen (1979) aus dem Nachlaß noch ein letztes Werk anschließt. 

Als der Erste Weltkrieg 1918 endete, war Erich Limpach erst 19 Jahre alt. Das weitere, zeitgeschichtlich so stürmische Jahrzehnt der 1920er Jahre sollte er also als ein Mitzwanziger erleben. Als ein Mensch also, der noch auf alles Zeiterleben sehr unmittelbar reagiert. Früh hat Erich Limpach nach dem Krieg geheiratet. Seine erste Veröffentlichung aus diesem Jahr 1924 widmete er seiner Frau. 

Abb. 2: Aufrecht schreiten - Gedicht von Erich Limpach (Postkarte)

Erich Limpach hat sich spätestens im Jahr 1926 als ein politischer - und später auch weltanschaulicher - Anhänger des "Feldherrn" Erich Ludendorff angesehen. In der Wochenzeitung von Ludendorffs Tannenbergbund, der "Deutschen Wochenschau", erschien in der Folge vom 29. August 1926 ein Gedicht von Erich Limpach:

Der General.
Zum Gedenken an Tannenberg.
Von Erich Limpach.

Hier einige Zeilen daraus: 

Es rollt und flutet und brandet schwer
Gen Deutschlands Grenzen das Russenheer.
Der blaffe Tod und die bitt're Pein
Sind sein Gefolge beim Flammenschein ...
Die Schlacht wird geschildert. Schließlich heißt es am Ende:
Und des Kampfes Gedröhn verklingt,
Ein jauchzend "Sieg" sich zum Himmel schwingt,
der Feind geschlagen, vorbei die Not,
Der mächt'ge Himmel glüht brandig rot,
Wachtfeuer flackern im weiten Land
Uns schirmte Gottes allmächt'ge Hand.
Nur einer schweigt. - Mit hartem Mund
Blickt ernsten Aug's er ins weite Rund,
die Nerven eisern, der Wille Stahl:
's ist Ludendorff, der General.

Zu diesem Zeitpunkt ist Erich Limpach noch Christ ("Uns schirmte Gottes allmächtige Hand"). Aber er sollte in den nächsten Monaten und Jahren Erich Ludendorff auf seinen weltanschaulichen Wegen weg vom Christentum begleiten und ihm folgen hin zu der Philosophie der zweiten Ehefrau Erich Ludendorffs.

1926 - Ludendorffs Widmung für Limpachs Gedichtband

Erich Limpach hat im Herbst 1926 Erich Ludendorff um eine Widmung zu seinem Gedichtband "Zwischen Tod und Trümmern - Die Front im Spiegel der Seele" gebeten. Erich Ludendorff schrieb eine solche (3, 49, 52):

„Bewahrt den Frontgeist als Erbe des alten Heeres, nur so erhält die Seele die Kraft, aufbauend Neues zu gestalten.
Weihnachten 1926.
Ludendorff“

Limpach wurde also sehr früh ein Anhänger Erich Ludendorffs und ist es bis an sein Lebensende geblieben. Der Vorspruch Erich Ludendorffs wurde auch in den Auflagen des Gedichtbandes von 1930, 1932, 1937 und 1940 als Faksimile erneut abgedruckt.

1920er Jahre

Auch noch als Mittzwanziger blickte Erich Limpach in persönlichen Begegnungen mit Erich Ludendorff zu diesem mehr als ehrfürchtig auf. So schreibt er über einen ersten Besuch bei Ludendorff in den 1920er Jahren in München (1966, S. 31f):

.... Aber dann löste sich in einer improvisierten Teestunde, bei der der General in einer entzückend liebenswürdigen Weise den Gastgeber spielte, die Spannung sehr schnell und mündete in ein Antwortgeben auf präzise Fragen.

In dieser Unterhaltung hatte Limpach die eigenen Fragen, die er selbst hatte stellen wollen, ganz vergessen. Deshalb nahm er sich für den nächsten Besuch einen Spickzettel mit. Mit diesem konnte alles ganz gut geklärt werden. Als er einen solchen bei einem dritten Besuch wieder unbemerkt benutzen wollte, habe Ludendorff zu ihm gesagt:

"Bedienen Sie sich ruhig Ihres Spickzettels, dann wird wenigstens nichts vergessen." Von da ab habe ich mich dann dieses Hilfsmittels völlig ungeniert bedient.
Limpach scheint in Gegenwart Ludendorffs immer sehr befangen gewesen zu sein wie auch aus weiteren Berichten hervor geht.

1928 - "Na gut, Limpach, dann wollen wir uns wieder vertragen"

Er berichtet - vermutlich über Marburg (1966, S. 33f):

Es war im Jahre 1928, als ich in einer alten Universitätsstadt dem Ehepaar Ludendorff eine Vortragsveranstaltung vorzubereiten hatte. (...) Ein großer, 2000 Personen fassender Saal war gemietet. (...) Eine Viertelstunde vor dem Anfang war der Riesensaal bis auf den letzten Platz gefüllt. (...) Der anschließende Buchverkauf übertraf alle Erwartungen. Der Büchertisch war in kürzester Frist restlos ausverkauft.

Erich und Mathilde Ludendorff signierten dann Bücher. Erich Limpach und ein Mitarbeiter reichten die Bücher heran. Darunter befand sich aber auch eine Broschüre, von der Erich Ludendorff zuvor gesagt hatte, daß sie keinesfalls mehr zum Verkauf kommen sollte. Infolge des Büchermangels habe man sie nun aber doch verkauft. Limpach weiter:

In diesem Augenblick erfuhr ich blitzartig, was es heißt, einen Befehl des Generals Erich Ludendorff zu mißachten. (...) Ich erhielt (...) "vor versammelter Mannschaft" - einen solch schneidenden schneidigen Anpfiff, daß ich mich nur wie unter Hagelwetter ducken konnte, um nach alter militärischer Sitte zunächst einmal das Unwetter schweigend zu ertragen. Auch die Marter dieser Stunde ging vorüber. Nach der Veranstaltung fand das übliche Zusammensein in kleinem Kreise statt. Erich Ludendorff hatte sich wortlos mir gegenüber niedergelassen. (...) Ich ging nun mutvoll daran, etwas für meine Rehabilitierung zu tun. Ich wurde anfangs zwar etwas widerstrebend, aber ruhig angehört und erfuhr die abschließende Bereinigung mit folgenden, mir unvergeßlich bleibenden Worten: "Na, ist gut, Limpach, dann wollen wir uns wieder vertragen."

Um das Jahr 1930 herum habe es bei Erich Ludendorff in kleinem Kreis eine ernsthafte Besprechung und dann eine lockere Pause am Kaffeetisch gegeben. 

1930 - "Nur kein Dogma"

Ludendorff habe aus diesem Anlaß etwas hintergründig gefragt: "Meine Herren, Ihnen fehlt doch etwas?" Auf die Verneinung habe er nochmals gefragt "Aber meine Herren, Ihnen fehlt doch ganz bestimmt etwas." Schließlich habe er gesagt (1966, S. 32):

"Zünden Sie sich ruhig eine Zigarette an, meine Herren. Nur kein Dogma." Der General wußte recht gut, daß wir (...) noch nicht den in unseren Kreisen erstrebten Vollkommenheitszustand der Zigarettenlosigkeit erreicht hatten.

"Anekdötchen". Für den Historiker interessanter ist da schon der folgende Bericht: Limpach mußte allerhand Briefe mit Erich Ludendorff wechseln (1966, S. 34). Wohin dieser Briefwechsel gelangt ist, wäre noch einmal gesondert zu klären. Die handgeschriebenen Briefe Ludendorffs wären oft schwer zu enträtseln gewesen, meist sei dies aber doch gelungen. Nur einen, den er wirklich nicht lesen konnte, habe Limpach zu einer persönlichen Besprechung mitgebracht. Ludendorff nannte ihm ohne Kommentar die richtige Lesart. Von diesem Zeitpunkt an habe er dann von Ludendorff nur noch Briefe in Maschinenschrift erhalten.

Ein Teil des persönlichen Buchnachlasses von Erich Limpach konnte vom Bloginhaber durchgesehen werden. Es handelt sich dabei um die "Hand-"Exemplare der eigenen Werke Erich Limpachs. Diese sind - soweit übersehbar - weitgehend chronologisch jeweils auf der Vorderseite des Umschlages handschriftlich durchnummeriert worden. (Es ist dies entweder geschehen durch Erich Limpach selbst oder durch seine Frau oder einen Familienangehörigen nach dessen Tod.) In dieser Nummerierung werden sie auch am Ende dieses Beitrages im Literaturverzeichnis aufgeführt. 

Diese Bücher enthalten zudem oft handschriftliche Widmungen an seine Frau, zumeist ebenfalls in Gedichtform. Dabei sind sie oft, wie aus dem Widmungen hervorgeht, als Weihnachtsgeschenk überreicht worden. Auch sind in diesen Buchexemplaren oftmals die Entstehungstage der einzelnen Gedichte unter denselben jeweils handschriftlich mit Datum verzeichnet worden.

Abb. 3: Erich Limpach - Nichts läßt sich zwingen (Postkarte)

Im Jahr 1933 erschien ein Gedichtbändchen, das in den nachfolgenden Jahren am häufigsten wieder aufgelegt worden ist. Es trug den Titel "An der Wende". Dieses Bändchen dürfte einige der mitreißendsten Gedichte Limpachs enthalten.

Ob sie unter dem Eindruck der "Machtergreifung" Adolf Hitlers verfaßt worden sind, bliebe noch zu klären. Wesentlicher aber noch ist, daß sie sich bezogen auf die allgemeineren kulturellen und weltanschaulichen Entwicklungen im damaligen Deutschland, das heißt, weg vom Christentum und hin zu einer neuen "deutschen" Weltanschauung. Zu einer Weltanschauung also, die als der Eigenart des deutschen Volkes gemäß empfunden wurde, im Gegensatz zum Christentum, das als "international", bzw. "orientalisch" empfunden worden war, und das dem deutschen Volk "aufgepfropft" worden sei.

1933 - "An der Wende"

Dieses Gedichtheft "An der Wende" ist in mindestens sechs Auflagen erschienen, zum Teil in veränderter Form. Einige Gedichtbeispiele aus der sechsten Auflage, wohl Mitte oder Ende der 1930er Jahre erschienen, sollen im folgenden gebracht werden.

Des Großen Königs Grab

So hat man deinen letzten Wunsch mißachtet:
Das Grab im Freien ward dir nicht gegeben,
Dir, der in Ehrfurcht die Natur betrachtet,
Nahm man im Tod, was heilig dir im Leben.

In Kirchenenge ward dein Leib begraben,
Als Hohn auf das, wofür du stets gestritten,
Doch immer bleibt dein großes Werk erhaben
Ob Haß und Neid - und lebt in unrer Mitten.

Dies bezieht sich auf die Beerdigung Friedrichs des Großen. Erst nach 1990 wurde Friedrich der Große dort bestattet, wo er ursprünglich hatte bestattet werden wollen, nämlich neben seinen Hunden auf der Schloßterrasse von Sanssouci. Das titelgebende Gedicht lautet:

An der Wende
Fühlt ihr sie beben,
Die alte Erden,
Spürt ihr das Leben,
Das neue Werden?
An allen Enden
Dringt es zu Tag
Und legt in Trümmer,
Was hindern mag. -
Reget die Hände,
Steht nicht beiseit,
Nutzet die Wende -
Seid Herren der Zeit!

Ein anderes lautet:

Freiheitswille

Wille zur Freiheit erwache!
Liebe zur heiligen Sache
Fülle die Herzen und ganz:
Leuchte mit strahlendem Glanz
Siegglaube hell uns zuvor,
Trag uns're Seelen empor
Aus Knechtschaftsbeschwerde,
Daß Freiheit uns werde.
Und ein Spruch:
Wenn du dich gibst, dann gibt dich ganz,
Und sinnvoll wird dein Tun und Streben. -
Die Halbheit macht zum Totentanz
Und sinnlos dein vermeintlich Leben.
Und ein anderer:
Nichts läßt sich zwingen

Nichts läßt sich zwingen!
Alles Gelingen
Will seine Zeit.
Wirklich befreit,
Was schwer errungen.
Was leicht gelungen,
Gleicht Spreu und Sand -
Hat nicht Bestand.

 Oder:

Anruf

Bedenk es gut und höre zu:
Nie wieder wird ein Mensch wie du
auf dieser Erde leben.

Es liegt an dir und deiner Tat,
Die tief in dich gesenkte Saat
Zur Reife zu erheben. 

Oder:

Wer sich nicht selbst die Antwort sagt,
wenn ihn das Leben fordernd fragt,
der wird in seiner Tage Treiben
stets nur ein Blatt im Winde bleiben.

Der Band enthält auch das Wort:

Das schnelle und allzu frühe, heute fast ungehinderte Hinfinden der Geschlechter zueinander raubt der Beziehung junger Menschen jenen Schmelz der stillen Werbung, der zu dem Schönsten gehört, was liebenden Herzen zuteil werden kann.

Er enthält auch das Wort:

Es kommt nicht darauf an,
daß du viel erlebst,
sondern wie du es erlebst.

Oder auch das Wort:

Wer viel zu sagen hat, faßt sich kurz.

Man könnte insgesamt den Eindruck haben, daß das dichterische Schaffen von Erich Limpach mit diesem Band seinen Höhepunkt erreicht hatte.

Abb. 4: Erich Limpach, 1935

Für die 1930er Jahre wäre an dieser Stelle natürlich noch viel nachzutragen.

Dezember 1937 - Wacht am Sarg Erich Ludendorffs

Am 25. Dezember 1937 berichtet Erich Limpach in einem Brief an seinen Freund Kurt Meyer-Boehm über seine Teilnahme am Staatsakt aus Anlaß des Todes von Erich Ludendorff (zit. n. MuM 1974):

Vorgerstern bin ich von München zurückgekehrt, wo ich dem großen Mann auch im Tode noch einmal letzten Dienst erweisen durfte. Vier ernste Stunden habe ich im Generalkommando mit wenigen Freunden an seinem Sarge stille Wacht gehalten. (...) Der Staatsakt, dem ich an bevorzugter Stelle beiwohnen konnte, war einfach, würdig und ohne Mißklang. (...) Eine klare winterliche Sonne stand versöhnend über dem Ganzen. Der letzte Weg nach Tutzing führte durch eine winterliche Rauhreiflandschaft (...). Einmal noch zogen wir im Haus am Sarg vorbei, dann verließ der Feldherr die Stätte seines gewaltigen Wirkens.

Auch dies nur als ein kleiner, flüchtiger Einblick in diese Zeit.

Abb. 5: Erich Limpach - Deutschland (Postkarte)

Dieser Beitrag befindet sich schon über zehn Jahre in der Vorbereitung und soll wenigstens erst einmal in einer ersten Version veröffentlicht sein, auch wenn noch vieles unvollständig ist.

Abb. 6: Erich Limpach - Fronterleben, gewidemt "Dem Feldherrn Ludendorff", 1940

1959 sollte Erich Limpach ein kleines Erinnerungsbändchen heraus bringen über das, was er während des Zweiten Weltkrieges erlebt hat. Aus ihm wollen wir weiter unten Auszüge bringen.

Dezember 1951 - Mathilde Ludendorff schreibt an Limpach

In einem der von ihm hinterlassenen Bücher findet sich ein handschriftlicher Brief Mathilde Ludendorffs (Abb. 7). Erich Limpach hatte offenbar zum Weihnachtsfest Mathilde Ludendorff eines seiner Bücher geschenkt, vermutlich also das Kalender-Bändchen "Daseinsmelodie - Blätter des Gedenkens. Bilder und Verse (Verlag der Freunde, Wiesbaden-Kostheim 1951). 

Abb. 7: Mathilde Ludendorff schreibt an den Erich Limpach, 28.12.1951

Der Dankesbrief wurde geschrieben am 28. Dezember 1951 und lautet:

Sehr geehrter Herr Limpach,
Nehmen Sie herzlichen Dank für den Blumenkalender und Ihre Weihnacht- und Neujahrswünsche, die ich für Sie und Ihre Frau herzlich erwidere!
Es lebe die Freiheit
Mathilde Ludendorff

Auch für die 1950er und 1960er Jahre wäre an dieser Stelle noch viel nachzutragen. Laut Coburger Adressbuch der Jahre 1955 und 1961 wohnte der "Oberzollinspektor Erich Limpach" in diesen Jahren im Röntgenweg 11 in Coburg (Gen12).*) Die Wohnung befindet sich in einem der etwa 30 Reihenhäuser oberhalb der Klinik von Coburg südlich der Altstadt. Zu dieser Zeit war er Leiter des Zollamtes Coburg.

1958 - Ehrung durch das Deutsche Kulturwerk europäischen Geistes

Im Jahr 1958 erhält er vom "Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes" den goldenen Ehrenring "Dem deutschen Gedicht". Womöglich wollte er gegenüber den Menschen dieses "Kulturwerkes" keine zu krassen weltanschaulichen Gräben aufreißen.

Denn ein Jahr später bringt er sein kleines Büchlein "Volk im Sturm - Aus einem Menschenleben" heraus, das zwar einiges über das enthält, was Erich Limpach nach dem Ersten und während des Zweiten Weltkrieges erlebt hat. Auch während des Zweiten Weltkrieges war Limpach ja erst 45 Jahre alt. In diesem Bändchen fällt aber auffallenderweise kein einziges mal der Name Ludendorff. Nur derjenige, der zuvor schon etwas von der Anhängerschaft Limpachs zu Erich und Mathilde Ludendorff wußte, konnte als Leser die Worte verstehen (1959, S. 25f):

Der erste große Krieg entließ die Vielheit der Denkenden und Suchenden in das Vacuum der Weltanschauungslosigkeit und machte damit den Weg zu neuem Aufbruch frei. So konnte dem Dürsten wacher Seelen die erlösenden Fluten einer auf der Grundlage von Wissen und Erkennen in genialer intuitiver Schau gestalteten Weltdeutung Rettung werden in letzter Stunde. Daneben enthüllte sich ernstem Forschen der geheime politische Zusammenhang zwischen sichtbaren Ergebnissen und unsichtbaren Triebkräften.

Da hat sich Erich Limpach freilich mehr als zurückhaltend ausgedrückt. Das wird nicht jedem Limpach-Freund damals nachvollziehbar gewesen sein, daß hier so auffällig die Nennung des Namens Ludendorff vermieden wurde.

1959 - Zeitzeugenbericht zum Zweiten Weltkrieg

Abb. 8: Erich Limpach, 1959

Das Bändchen enthält ansonsten einen durchaus lesenswerten Zeitzeugen-Bericht zum Zweiten Weltkrieg (1959, S. 27):

Unvergessen jenes erstarrte Schweigen über ziehenden Kolonnen am Tage des Kriegsausbruchs. - Welch erschütternder Kontrast zu jenem spontanen Jubel fünfundzwanzig Jahre zuvor.

Für den Kriegsdienst ist er selbst anfangs noch als untauglich eingestuft. Ende 1944, Anfang 1945 ist er aber schließlich doch noch zu einer Nachschubeinheit eingezogen worden. Er schreibt über seine Fahrt zur Front:

Das herrliche Prag stand leuchtend am Wege und wurde unter guter Führung zu einem letzten Lichtblick vor langen Monden des Schreckens.
Dann kam der Gegenstrom der Flüchtlinge aus Schlesien. Unvergessene Bilder des vom Wintersturm überbrüllten Grauens. Hunger und Not, Entsetzen und Tod. Erstarrte, fortgeworfene Kinder neben den Schienen. Ungeheizte Lazarettzüge bei 20 Grad Kälte.
Die weitere Fahrt in das fast friedensmäßige Kroatien wirkte wie die Erlösung von einem Albtraum (...). Agram wurde zum Sinnbild einer Etappenstadt, in der sich dreisteste Profitgier mit einem fast schon sichtbaren Untergrund vermählte, dieweil der Landser, der von vorne kam, sich für eine Monatslöhnung zwei Stücke Torte kaufen konnte.
Und weiter ging die Fahrt durch dieses reiche Bauernland auf jener berüchtigten Bahnstrecke zwischen Agram und Brod, deren Damm sich als ein einziger, fast lückenloser Friedhof ausgebrannter und zusammengeschossener Eisenbahnwaggons erwies. Die Stationen waren zu Mehl zermahlen von zahllosen Bomberverbänden, die meistens aus Italien kamen. (...) In der von 500 Bombern im Ausweichanflug für Wien fast völlig zerstörten Stadt Brod waren es rattenbevölkerte Kasematten aus der Zeit Maria Theresias, die als besonders eindrucksvolles Quartier im Gedächtnis haften blieben.
Das Ziel war die Drau, über die ein letzter verzweiflungsvoller Versuch nach Ungarn hinein versucht worden war. Erschütternd die nun leeren, einst von Volksdeutschen bewohnten sauberen Gehöfte - auf den ersten Blick von denen der Kroaten zu unterscheiden. (...) Neben der Straße Scharen von verzweifelten, aus dem Raum Sarajewo geflohenen Muselmanen. (...)
Schließlich erster Nachschubeinsatz hin zur Drau. Im Vergleich zum anderen Weltkrieg waren es Spazierfahrten in ein von den Russen nur sparsam befeuertes Gebiet. (...) Unvergessen eine Fahrt, bei der die Fahrzeugbesatzungen nach der Abladung von Benzin buchstäblich gezwungen werden mußten, am Ufer liegende Schwerverwundete nach rückwärts mitzunehmen. (...) Immer bleibt das Bild gegenwärtig, da sich um ein brennendes Proviantfahrzeug, das mit Fruchtkonserven beladen war und neben dem die erschossene Mannschaft lag, eine gierig schlingende Masse von Landsern und Hiwis schattenhaft bewegte, während aus einem nahen Lastkraftwagen eine Balaleika gespenstisch dazu aufspielte.

Schließlich wurde er an die steierische Grenze zurückgerufen:

Hier hauste in einem alten Schloß ein General mit einer beachtlichen Leibwache an frontdienstfähigen Unteroffizieren. Es gab eine erlesene Kapelle aus Musikern von Rang, die zum Essen aufspielten, auch fehlte ein Feldwebel nicht, der, aus dem Forstfach kommend, die Wälder nach schmackhaftem Wild zu durchstreifen hatte, und einer, der, von Hause aus mit dem Angeln vertraut, den Bächen seine Aufmerksamkeit zuwenden mußte. Ein Renaissancebetrieb, der sich in den Randgefilden des totalen Krieges bis kurz vor der Stunde 3 zu halten verstand. (...)
Am 8. Mai wurden lange stark bewachte Spirituosenbestände aus Frankreich freigegeben, so daß der böse Tag von Deutschlands völligem Zusammenbruch in einer würdelosen Orgie taumelnder Gestalten zu einem fessellosen Sichtbarwerden weltanschauungsloser Massenwesen wurde. Darüber flammten die brennenden Akten und das Mobilar des Stabes, zuckte vereinzelt brünstiges Geschrei, während ausgeschüttete Orden und Ehrenzeichen von torkelnden Füßen in das Gras getreten wurden. Und das Herz der machtlosen Anständigen brannte vor wilder, grenzenloser Scham.

Mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter versuchte er sich dann, in den Westen durchzuschlagen, um der russischen Gefangenschaft zu entgehen. Der Weg ...

... wurde zu einer Odyssee ohnegleichen durch vom Feinde besetztes Gebiet, zu einer unvorstellbaren Strapaze wegen der notwendigen Vermeidung vielbenutzter Pfade und Straßen, zu einem tödlich gefahrvollen Unternehmen für die verhaßten Einzelgänger, die jetzt noch wagten, die Freiheit dem Lager vorzuziehen.
Kartenlos, des Weges unkundig, nur mit einem Kompaß versehen, begann der Marsch über den noch tief verschneiten Tauernpaß und über das Tennengebirge auf einsamen, schwierigen Bergpfaden. Schnee war das Getränk, das Essen eine durch das notwendige geringe Gepäck bestimmte Hungerration und das nächtliche Quartier ein eng zusammengeigeltes Menschenknäuel unter kaltem, freiem Himmel. (...)
Die Salzach wurde ein besonders schwer zu nehmendes Hindernis. (...) Dann wurde die häufig zerstörte, von niemandem beobachtete Bahnstrecke zu einem gangbaren Weg mit geringen Gefahren. Regenburg beschenkte bei einem alten Freund mit so bitter nötigem erstem Ausruhen - und mit Zivilkleidern.

Schließlich sprang Limpach in Coburg von dem fahrenden Zug ab:

Gute Freunde verbrachten den gänzlich Erschöpften und Abgemagerten in ein Lazarett, aus dem er nach kurzer Frist mit ordnungsmäßigen Papieren in den Irrsinn eines vollendeten Chaos übergehen konnte. Raub und Totschlag, Plünderung und Rechtlosigkeit, nutznießende Verbrecher und verbrecherische Nutznießer, ungehört verhallende Rufe der sauberen Anständigen und als einzig gültiger Halt die unsichtbare Front der Volksbewußten, die sich gegenseitig selbstverständlich halfen, wo es irgend möglich war - und dazwischen vereinzelt objektive Feinde.
Dann warf die abgefeimte Perfidie des Fragebogens ihre volkszerstörenden Schatten über das ganze Land. (...) Die Masse der bestraften Kleinen und oft gänzlich Unschuldigen verdeckte die Aussicht auf die wirklich Bösen, die sich geschickt zu tarnen wußten - oder untertauchten. Entlastende Konfessionen, die eben noch für den Sieg gebetet hatten, waren plötzlich sehr gefragt.

Sein vergleichsweise kurzer Lebensbericht endet mit den Worten:

Welcher Weg durch welche Zeit! Es könnte die Spanne dieses Lebens der Übermächtigkeit des Inhalts nach wohl ein Jahrtausend überbrücken.

Das kann der Sache nach so empfunden werden, durchaus. 

1964 - Pensioniert - Reise nach Verdun und Paris

1964 wird Limpach pensioniert worden sein. In der ersten Jahreshälfte des Jahres 1965 fährt Limpach für fünf Tage nach Frankreich, unter anderem nach Verdun, ...

... das vor fast 50 Jahren in einem unsagbaren Inferno meine Jugend verschlang. (...) Eine Umwandlung in Ackerland machte die millionenfache Durchsetzung des Bodens mit Eisensplittern des Krieges unmöglich.

Von Verdun fuhr er weiter nach Paris (Frankreich 1965). Zur selben Zeit fuhr auch ein anderer Mitarbeiter des Verlages Hohe Warte nach Paris, nämlich Hermann Rehwaldt.

Ein Jahr später schon ist Erich Limpach gestorben. Er wurde 66 Jahre alt. Ob das oben erwähnte Zigarettenrauchen zu dem frühen Tod etwas beigetragen hat?

Abb. 9: Gedenkfeier für Erich Limpach, gestorben am 14. Dezember 1965

Dem Heft "Der letzte Weg", im Nachlaß handschriftlich nummeriert mit der Nummer 48, sind schließlich eingelegt das Programm zur "Gedenk-Feier" an Erich Limpach aus dem Jahr 1965, sowie der Schreibmaschinen-Durchschlag eines Gedichtes von Christine Koeniger "Im Gedenken an Erich Limpach".

Erich Limpachs Jahrzehnte langer Freund Kurt Meyer-Böhm berichtet 1975 viele Einzelheiten aus den letzten Lebensjahren Limpachs. Durch sie bekommt man einen besseren Eindruck von der Art seines Lebens. Meyer-Böhm berichtet dann auch von Limpachs Kreislaufzusammenbruch nach der öffentlichen Feier seines 65. Geburtstages im Jahr 1964 in Coburg. Er berichtet davon, wie sich Limpach wieder erholte und einige kleine Reisen und Lesungen veranstalten konnte, sowie Urlaub in Mittenwald machen konnte. Dennoch kam es zu einem Rückschlag, dem der Tod folgte. Meyer-Böhm schreibt:

Der feierliche Abschied auf dem Friedhof in Coburg am 14. 12. 1965 bleibt in unvergeßlicher Erinnerung, nicht zuletzt dank der eindrucksvollen und ergreifenden Worte, mit denen Franz von Bebenburg die Bedeutung der Persönlichkeit des lieben Toten und sein Werk würdigte.

1979 - Mißlungener Vergleich durch einen Verleger  

Vierzehn Jahre später, im Jahr 1979 schreibt sein Verleger Franz von Bebenburg:

Die alten Bäume auf dem Coburger Friedhof breiten schützend ihre weiten Äste über seine Grabstätte.

Erich Limpach ist, soweit übersehbar, jener namhaftere Angehörige der Ludendorff-Bewegung gewesen, dem in Periodika derselben vor und nach seinem Tod die meisten Gedenkartikel und Nachrufe gewidmet worden sind.

Von vielen Menschen innerhalb und im Umfeld der Ludendorff-Bewegung wurde er als eine Art "Hausdichter" dieser Bewegung empfunden (siehe auch: abc). Immer wieder auch tauchen im Schrifttum der Ludendorff-Bewegung Gedichte von Erich Limpach auf. Auf Postkarten, in Grabreden oder in Todesanzeigen.

Die große Zahl der Gedenkartikel auf ihn mag aber nicht zuletzt auch daran gelegen haben, daß sein Verleger Franz von Bebenburg am reichen Absatz der Bücher von Limpach weit über dessen Tod hinaus Interesse hatte. 1979 bemüht der Verleger Franz Karg von Bebenburg gar folgenden geschichtlichen Vergleich (Beb1979):

Wie einst Volker von Alzey den Zug der Nibelungen begleitete, so stand der Dichter Erich Limpach zur Seite dem Höheflug der Menschenseele, dem deutschen Volk, dem Feldherrn Erich Ludendorff und seinen Gefährten im Geisteskampf, der auch der seine war. Sein Dichterwort macht ihn unsterblich.

Da dürfte der Schwung der Begeisterung jemanden allerdings etwas gar zu weit über sich hinaus getragen haben. Bekanntlich endete der Nibelungenzug im Untergang. Und so viel nüchterne Selbsteinschätzung und so viel Realitätssinn wird dem Dichter Limpach wohl doch verblieben sein, daß er sich selbst weder als einen "Volker von Alzey" wird empfunden haben, noch auch als jemanden, der einen Nibelungenzug würde besungen haben wollen. 

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*) Im Coburger Adreßbuch von 1934 und 1937 ist der Name Erich Limpach nicht enthalten (Gen12). In diesen Jahren lebte er also noch anderwärts.

/ Erster Entwurf: 13.8.2014 /
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Bücher von Erich Limpach

Für diesen Aufsatz konnte der eigene Buchnachlaß von Erich Limpach ausgewertet werden, in dem seine Werke sicherlich am vollständigsten enthalten sein werden. An ihm ist die folgende Übersicht jedenfalls orientiert. 

  1. Deutschland erwache! Vaterländische Gedichte. Deutschhaus-Verlag, Marburg a.L. 1924 (32 S.) (mit handschriftlicher Widmung des Autors an seine Frau)
  2. Die Front im Spiegel der Seele. Erich Matthes, Verlagsbuchhandlung, Leipzig und Hartenstein-Erzgebirge 1927 (110 S.)  / nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
  3. Schwerter und Rosen. Heinrich Wilhelm Hendriok Verlag, Berlin 1929 (109 S.)
  4. Zwischen Tod und Trümmern. Die Front im Spiegel der Seele. 2. verbesserte Auflage, mit Faksimile Widmung von Erich Ludendorff auf Vorsatz. Ludendorffs Volkswarte-Verlag, München 1930 (96 S.) /nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
  5. Die Patriotin. Novelle. Edelgarten-Verlag Horst Posern, Beuern in Hessen 1931 (16 S.)
  6. Zwischen Tod und Trümmern. Die Front im Spiegel der Seele. Dritte vermehrte, verbesserte Auflage. Wolf Heyer Verlag, Berlin, Leipzig 1932 (mit faksimilierter, handschriftlicher Widmung von E. Ludendorff); 3. vermehrte, verbesserte Auflage, Ludendorffs Verlag, München 1937 (151 S.); Ludendorffs Verlag, München 1940 (152 S.) (nach Justbooks)
  7. „In Flandern reitet der Tod!“ Dramatische Kriegsdichtung in 3 Akten. Ludendorffs Volkswarte Verlag, München 1932 (40 S.)
  8. An der Wende. Ludendorffs Verlag, München 1933 (30 S.); 3., vermehrte Aufl.. Pfeffer & Balzer, Darmstadt 1934 ( 6.-8. Tsd.);  4. vermehrte Auflage, Pfeffer & Balzer, Darmstadt 1937 (38 S.);  5. völlig veränderte Aufl. Pfeffer & Balzer, Darmstadt o. J. (38 S.); 6. unveränderte Auflage,  Druck und Verlag Pfeffer & Balzer, Darmstadt o.J. (15.-18. Tsd.) (nach Justbooks)
  9. Von neuem Werden. Gedichte, Sprüche und Worte. Dritte veränderte Auflage, 7.-11. Tausend. Druck und Verlag Pfeffer und Balzer, Darmstadt o.J. (63 S.)
  10. Gestalter Krieg. Gedichte. Zweite veränderte und vermehrte Auflage. Druck und Verlag Pfeffer und Balzer, Darmstadt o.J. (1935, 1940) (31 S.)
  11. Von Ringen und Rasten. Gedichte und Sprüche. Ludendorffs Verlag, München 1936 (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte) (s.a. Archive)
  12. Leuchtende Stunden. Bilder nach feinsinnigen Naturstudien mit Geleitworten von Erich Limpach. Verlag Bischof u. Klein, Lengerich/Westfalen o.J.
  13. Lebensblätter. Für Tage des Gedenkens. Kunstverlag Bischof & Klein, Lengerich/Westf. o.J. (1939) (ein Kalenderbuch)
  14. Fronterleben. Gedichte vom Kriege. Mit Bildern nach Originalen von Otto Engelhardt-Kyffhäuser. Bischof & Klein Verlag, Lengerich i. Westfalen o.J.  (1940) („Dem Gedächtnis des Feldherrn“) (45 S.) (Archive)
  15. Es blühen Blumen. Nach Originalen von Professor Walter Sträter, Otto Vaeltl, München und Ernst Sobotka, München mit Versen von Erich Limpach. Bischof & Klein Verlag, Lengerich in Westfalen o.J.
  16. Wunder am Wege. Bilder und Verse. Verlag Bischof u. Klein, Lengerich/Westfalen o.J. (1941) (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte)
  17. Nordisches Schöpfertum. Gedanken um Unsterbliches. Bischof & Klein Verlag, Lengerich i. Westfalen o.J. (1941) (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte)
  18. Stille Rast. Blätter des Gedenkens. Bischof & Klein Verlag, Lengerich i. Westfalen o.J. (Kalenderbuch)
  19. Die Weihenacht ist kommen. Verlag Bischof u. Klein, Lengerich/Westfalen o.J. (1941) (mit handschriftlichen Eintragungen des Autors zum Entstehungsdatum der Gedichte)
  20. Beseeltes Sein. Gedichte, Sprüche und Gedenken. Titel und Textzeichnungen von Professor W. Sträter. Bischof & Klein, Buch- und Kunstverlag, Lengerich i. Westf. o.J.
  21. Der Schicksalsweg des Leutnants Holst. Novelle. Als Manuskript gedruckt bei Pfeffer & Balzer, Darmstadt o.J. (1942)
  22. Von Minne und Meiden. Lieder der Liebe. Verlag A. Roßteutscher, Coburg o.J.
  23. Wunder der Wandlung. Gedichte. Graphische Kunstanstalt Bischof & Klein, Lengerich (Westfalen) o.J. (70 S.) (Book)
  24. Das Herz verweilt. Erzählungen. Klein's Buch- und Kunstverlag GmbH, vorm. Bischof & Klein, Lengerich (Westf) 1948
  25. Nimmer ruhen die Gedanken. 2. veränderte Auflage. Graphische Kunstanstalt Bischof & Klein, Lengerich (Westfalen) 1948 (70 S.)
  26. /nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
  27. Webendes Leben. Gedichte. Verlag Hohe Warte, Stuttgart 1950 (47 S.)
  28. Im Bann des Seins. Gedichte. Verlag der Freunde, Wiesbaden-Kostheim 1951 (80 S.)
  29. Daseinsmelodie. Blätter des Gedenkens. Bilder und Verse. Verlag der Freunde, Wiesbaden-Kostheim 1951 (Kalenderbuch)
  30. Unter kreisenden Gestirnen. Gedichte. Verlag der Freunde, Wiesbaden 1953 (56 S.)
  31. Wirbelnde Welt. Eine Philosophie in Versen. Mit 49 Vignetten von Hans-Günther Strick. Verlag Hohe Warte, Pähl o.J. (48 S.)
  32. Immer ist der Mensch die Mitte. Epigramme und Aphroismen. Verlag Hohe Warte, Pähl o.J. (208 S.)
  33. Tanz auf dem Globus. Der heiteren Philosophie in Versen 2. Teil. Verlag Hohe Warte, Pähl o.J. (78 S.)
  34. Der Weg ins Wesentliche. Erzählungen, Aphroismen, Gedichte. Verlag Hohe Warte, Pähl 1958 (205 S.)
  35. Vermächtnis der Zeit. Gedichte. Türmer Verlag, München 1959 (55 S.)
  36. Volk im Sturm. Aus einem Menschenleben. Verlag Hohe Warte, Pähl 1959 (45 S.) (Luehe) (autobiographisch)
  37. Die Stille lebt. Gedichte. Verlag Hohe Warte, Pähl 1960 (82 S.)
  38. Zeiten sind das. Achilles-Verse. Verlegt bei Franz von Bebenburg, Pähl 1962
  39. Felsen im Strom. Epigramme und Aphroismen. Türmer Verlag, München 1962 (158 S.)
  40. Ich rufe. Gedichte. Türmer Verlag, München 1963 (62 S.)
  41. Nicht nur zum Lachen. Verse zum Denken und zum Verschenken. Orion-Verlag, Heusenstamm bei Offenbach 1963 (79 S.)
  42. /nicht im Buchnachlaß enthalten - ? /
  43. Wegzeichen. Gedanken zur Zeit. Orion-Verlag, Heusenstamm bei Offenbach 1964 (159 S.)
  44. Im späten Licht. Erlebnisse aus 6 Jahrzehnten. Verlegt bei Franz von Bebenburg, Pähl 1965 (79 S.)
  45. Gegenwart im Rampenlicht. Satirische Verse. Pfeiffer Verlag, Hannover 1965 (78 S.)
  46. Die Fackel brennt. Gedichte. Orion-Verlag, Heusenstamm bei Offenbach 1965 (92 S.)
  47. Weiße Flocken sinken. Lieder zur Weihnacht und Verse. Franz von Bebenburg, Pähl 1965
  48. Der letzte Weg. Gedanken und Gedichte zur Gestaltung von Totenfeiern. Franz von Bebenburg, Pähl o.J.
  49. Vom Adel der Seele. Gedichte aus dem Nachlaß zum 80. Geburtstag des Dichters. Verlag Mein Standpunkt, Westerstede 1979
  50. Zitate von Erich Limpach 1899-1965. Zu seinem 100. Geburtstag zusammengestellt und herausgegeben von Friedrich Witte. (Eigenverlag) Stuttgart 1999
  51. Erich Limpach für jeden Tag. Sinngedichte und Spruchweisheiten zum 100. Geburtstag des Dichters zusammengestellt von Friedrich Witte. Verlag Bund für deutsche Schrift und Sprache e.V., Ahlhorn 2000

Aufsätze von Erich Limpach

  1. Limpach, Erich: Rezensionen in Ludendorffs Volkswarte, zum Beispiel vom 10.4.1932 
  2. Limpach, Erich: Frankreich 1965. Eindrücke einer Fünftagefahrt. In: MuM, Folge 14, 23.7.1966, S. 662f
Bücher und Aufsätze über Erich Limpach
  1. Hiller, Hermann: Erich Limpach und sein Werk. Biographische Darstellung eines Freundes des Dichters. Verlag Max Meiner, Großdeuben – Gotland-Verlag, 1936
  2. Meyer-Boehm, Kurt: "Vermächtnis der Geistesfreiheit". Gedanken zu Erich Limpachs neuestem Werk ("Volk im Sturm"). In: Die Volkswarte (33) 12. Aug. 1960
  3. v. Bebenburg, Franz Karg: Nachruf für Erich Limpach, in: Mensch & Maß (24) 1965, S. 1120 
  4. von Bebenburg, Franz: Erich Limpachs letzter Weg. In: MuM, Folge 1, 9.1.1966, S. 25
  5. D. C. (= Hans Kopp?): Erinnerungen an Erich Limpach. In: MuM, Folge 1, 9.1.1966, S.30
  6. Hauptmann, Richard: Im Gedenken an Erich Limpach. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege, 2/1966, S. 56 (pdf)
  7. Meyer-Boehm, Kurt: Erich Limpach. Zur 75. Wiederkehr seines Geburtstages am 27.6.1974. In: Mensch & Maß, Folge 12, 23.6.1974, S. 555 - 557
  8. Meyer-Boehm, Kurt: Erich Limpach - Dichter der Deutschen. Zu seinem 10. Todestag. In: Mensch & Maß, Folge 23, 9.12.1975, S. 1078 - 1082
  9. von Bebenburg, Franz: Mit Leier und Schwert. Zum 80. Geburtstag des Dichters Erich Limpach. In: MuM, 23.6.1979, S. 535-537 
  10. Göllner, Uta: "Die Fackel der Wahrheit..."  Gotterkenntnis im Werk Erich Limpachs. Ein Vortrag zum 100. Geburtstag des Dichters (1899-1965). In: Mensch & Maß, Folge 23, 9.12.1999, S. 1057 - 1073
  11. Brief Mathilde Ludendorffs an Erich Limpach (Coburg) vom 28.12.1951 (1 Blatt Din A 4, Vorderseite handschriftlich beschrieben 

Balbine Kaltenbach, eine Mitschülerin Mathilde Ludendorffs (1901)

Ein in Teilen paralleler Lebensweg zu Mathilde Ludendorff

Für einige Wochen weilte die 24-jährige Mathilde Spieß, spätere von Kemnitz, spätere Ludendorff (1877-1966) (Wiki), nach ihrem Abitur in dem Malteserschloß Heitersheim in der Nähe von Freiburg im Breisgau. 

Ihre Karlsruher Mitschülerin Balbine Kaltenbach (1876-1933) hatte sie dazu eingeladen. 

Abb. 1: Malteserschloß Heitersheim von Osten (Wiki) - Fotograf: "Xocolatl"

Im zweiten Band ihrer Lebenserinnerungen nennt Mathilde Ludendorff diese zwar immer nur mit dem Kürzel "B. K.". So schreibt sie dort zum Beispiel (Bd. 2, S. 40, GB, a):

Schon lange hatte B. K. mich für die Ferien auf den Landsitz der Familie in Heitersheim eingeladen. (...) Ein großes, uraltes Gebäude, das einst dem Johanniterorden gehört hatte. (...) Alle Kinder durften ihre Gäste einladen und wahrlich, die Schlafsäle, die da bereit standen, waren von den Johannitern in stattlichen Ausmaßen vorgesehen worden.

Balbine hatte übrigens acht Geschwister wie wir gleich weiter unten sehen werden. Da wird also ein so großes Gebäude schon notwendig gewesen sein, um alle Geschwister und ihre Sommergäste unterbringen zu können. 

Aber mit der Suchmaschine Google läßt sich heute leicht heraus bekommen, daß es sich bei dieser "B. K." um eben die genannte Balbine Kaltenbach, verheiratete Neumann (1876-1933) gehandelt hat. Denn auf sie stößt man recht bald, wenn man auf "Google Bücher" nach den Suchworten "Heitersheim Ferien" sucht. Und über diese Balbine Kaltenbach finden wir dann auch leicht die Angabe (1):

1902 Abitur am Mädchengymnasium in Karlsruhe.

Ihr Vater war der Professor für Gynäkologie Rudolf Kaltenbach (geb. 1842 in Freiburg im Breisgau; gest. 1892 in Halle/Saale) (Wiki). Dessen Mutter hieß Balbine Maria Walburga Sautier (1818-1874). Von dieser wird seine Tochter also den Vornamen erhalten haben. In einem Nachruf auf diesen früh verstorbenen, sehr arbeitssamen Professor heißt es 1892 (5):

Eine Witwe und neun Kinder in zum Teil noch zartem Alter beweinen seinen Heimgang. (...) Seine sterbliche Hülle wurde auf seinem Gute Heitersheim bei Freiburg im Breisgau der endgültigen Ruhestätte übergeben.

1993 wird über diesen Professor geschrieben (4):

Zahlreiche Enkel, Urenkel und Ururenkel leben aber heute noch in Freiburg, Heitersheim, im Markgräflerland, weithin in ...

In diesem Zusammenhang kommt einem der Gedanke, daß es nicht nur eine besondere kulturgeschichtliche und demographische und eugenische Bedeutung des protestantischen Pfarrhauses zu erforschen geben könnte, sondern ebenso eine solche von Mediziner-Familien oder auch allgemeiner von Professoren-Familien während des 19. Jahrhunderts.

Die Mutter von Balbine Kaltenbach findet sich 1904 erwähnt in einer Aufzählung (vielleicht von Abonennten) der Zeitschrift "Die Biene und ihre Zucht" (GB):

Frau Geheimrat Kaltenbach, Heitersheim

Da der zu dem Schloßgebäude zugehörige Garten ein Obstgarten war (siehe unten), lag Bienenzucht nahe. 

Erst Studium beendet, dann geheiratet, dann Kinder bekommen

Balbine Kaltenbach hat ihr Medizinstudium früher abgeschlossen als ihre vormalige Schulkameradin Mathilde Spieß. Sie hat erst danach geheiratet und Kinder bekommen. All das im Gegensatz zu der nachmaligen Mathilde Ludendorff, die noch mitten in ihrem Studium heiratete und das Studium um mehrere Jahre unterbrach, um nur für die Kinder da zu sein. Über Balbine Kaltenbach lesen wir jedenfalls (1):

1902 soll ihr Aufnahmeantrag von der medizinischen Fakultät in München (zusammen mit dem von Babette Steininger) abgelehnt worden sein. Noch heute ist ihre Dissertation, z.B. wegen der Angaben über die Ursachen von Bleivergiftungen in einer Großstadt um die Jahrhundertwende, sehr interessant. Nach dem Tode ihres Mannes 1924 gab sie ihren Beruf auf, um für ihre Kinder da zu sein.

Balbine Kaltenbach studierte nach ihrer Ablehnung in München zunächst vier Semester in Heidelberg, dann zwei Semester in München und danach erneut zwei Semester in Heidelberg. Dort legte sie 1908 das Staatsexamen ab (1). Im selben Jahr promovierte sie in Leipzig (1). 

1909 heiratete sie in Heitersheim den Mainzer Chirurgen und Chefarzt Max Neumann (gest. 1924). Mit diesem hatte sie drei Söhne (1):

Nach dem Tode des Mannes lebte sie mit ihren 3 Söhnen von einer kleinen Witwenrente. 

Die oben genannte Babette Steininger war übrigens Anfang der 1920er Jahre die Halsärztin von Adolf Hitler, die ihn in einem überlieferten Brief als "Armanenbruder" ansprach.

Zwei von den drei Söhnen der Balbine Kaltenbach sind dann im Zweiten Weltkrieg als Soldaten gefallen. Da sie aber schon sehr früh im Jahr 1933 gestorben ist, hat sie das nicht mehr erlebt. Wir lesen (3, S. 37 und 38):

In Heitersheim/Baden besaßen ihre Eltern ein großes Anwesen mit Obstbäumen, auf dem die kinderreiche Familie stets die Ferien verbrachte ... Die Ferien verbrachte Balbine mit ihren drei Söhnen meist in Heitersheim, wo die Lebenshaltungskosten niedriger waren. Als sie sich entschloß, wieder nach Freiburg zu ziehen, dauerte es eine Weile, bis sie eine bezahlbare Wohnung ....

Noch heute gibt es in der Johanniterstraße in Heitersheim eine Gärtnerei Kaltenbach. Das Malteserschloß Heitersheim verfügt heute noch über einen beträchtlichen, weitgehend geschlossenen Gebäudebestand. Über seine Geschichte lesen wir (Wiki):

Das Schloß wurde vom letzten Fürsten Ignaz Balthasar Rinck von Baldenstein bis zu dessen Tode 1807 bewohnt. Danach zogen großherzogliche Beamten ein, die später von Pensionären und Beamtenwitwen abgelöst wurden. (...) Die restlichen Schloßgebäude wurden 1845 an verschiedene Besitzer verkauft.

Mathilde Spieß hatte selbst vier Geschwister. Die Erfahrung einer kinderreichen Familie mußte sie also nicht erst in Heitersheim machen. Und auch ihr Vater hatte ja zeitweise eine Professoren-Laufbahn ins Auge gefaßt und stand mit verschiedenen Professoren seit seiner Studienzeit in freundschaftlicher Verbindung.

Sie berichtet in ihren Lebenserinnerungen dennoch sehr lebendig von den vielfältigen Erfahrungen, die sie in den Ferienwochen in Heitersheim sammeln konnte. Balbine übermachte ihr eine Geige und sie versuchte eine Weile, das Geigenspiel zu erlernen. Auch wurde sie in Heitersheim erstmals mit skandinavischer Literatur bekannt (Lebenserinnerungen Bd. 2, S. 40):

Der Garten mit den herrlichen alten Bäumen, seinen schattigen Sitzplätzen, seiner alten Mauer und das Haus selbst waren sofort mein großes Entzücken. (...) Ich lernte hier zum ersten mal schwedische, norwegische und dänische Literatur kennen.

Tragen wir noch nach, wie sie Balbine Kaltenbach kennenlernte während der für beide sehr schweren Aufnahmeprüfung zur Oberstufe des Gymnasiums in Karlsruhe (Bd. 2, S. 16):

In dem kleinen, engen Klassenraum, den ich nie im Leben vergessen werde, saß ein zweites Opfer, B. K. aus Freiburg, die Tochter eines damals schon verstorbenen, berühmten Gynäkologen. Welche Erleichterung, nicht allein auf enger Flur zu sein! Wir stellten uns einander vor, beide in gleicher Erlösung, und hatten uns dann bald in knappen Worten versichert, in den alten Sprachen blutwenig zu wissen, in Mathematik besser auf dem laufenden zu sein, in den neuen Sprachen mehr als nötig glänzen zu können. Großer Schreck! Mit einer sinnvollen Ergänzung war es also nichts.

Nach den Prüfungen wurden sie beide "probeweise" zur Unterprima, das entspricht heute der 12. Klasse des Gmynasiums zugelassen. Balbine war darüber glücklich, Mathilde aber entsetzt, da sie nur Geld angespart hatte für ein einziges Schuljahr, nach dem sie das Abitur machen wollte. Sie sagte zu Balbine (Bd. 2, S. 16):

"... Aber jetzt vor allen Dingen eine Tasse Schokolade zur Feier der gründlich verdienten Schlappe, und dann wollen wir beraten, was wir anfangen müssen, um doch noch in die Oberprima zu kommen." B.K. kannte mich erst seit einem Tage und dachte, ich sei irgendwie nicht normal oder habe soeben durch die Prüfung den Verstand verloren. 

Am nächsten Tag ging sie zum Direktor und bat in einem einstündigen Gespräch um die probeweise Aufnahme in die Oberprima, da sie nicht genug Geld für zwei Schuljahre habe. Dieser Wunsch wurde eine Woche später nach einer Schulkonferenz bewilligt. In den nächsten vier Wochen mußte gebüffelt werden, um tatsächlich auch in der Oberprima bleiben zu können. Da hat Balbine wohl nicht ganz mitgehalten, denn wir erfahren (Bd. 2, S. 18):

So wurde ich tatsächlich nach Ablauf von vier Wochen probeweise in die Oberprima aufgenommen, ohne meinen Kameraden B. K. mit in diesen Himmel ziehen zu können. 

Zu Weihnachten, nach einer weiteren Zeit angefüllt mit hoffnungslos viel "Büffeln" wurde Mathilde Spieß dann endgültig in die Oberprima aufgenommen. Und man versteht jetzt, warum Balbine erst ein Jahr später ihr Abitur in Karlsruhe gemacht hat als Mathilde Spieß. Mathilde Ludendorff schreibt von (Bd. 2, S. 40) ...

... meine(r) Kameradin B. mit ihrer leicht rötlich überzogenen politischen Einstellung ...,

während sie sich selbst in jener Zeit als politisch völlig "weltfremd" und naiv bezeichnet. Als Balbine bei ihr einmal in den Sommermonaten vor ihrem Abitur zu Besuch war, kam es aufgrund solcher Weltfremdheit zu der folgenden Erfahrung (Bd. 2, S. 30):

B. K. war politisch geweckt und brachte Zeitungsnachrichten, um die ich mich überhaupt nicht gekümmert hätte. So las sie denn auch eines Tages, als meine Wirtin uns den Kaffee auftrug, aus der Zeitung vor, daß ein Schüler eines Gymnasiums, der, wie sein Vater, ein Sozialdemokrat, es ihm befohlen hatte, die Kaiserhymne nicht mitsang und sich auch weigerte, dies zu tun, aus der Schule ausgewiesen wurde. Das fand ich ungeheuerlich, denn des Kindes Zukunft war ihm wegen seines Gehorsams dem Vater gegenüber zerschlagen, den doch allein die volle Verantwortung traf. (...) Daher sagte ich an diesem Tage, so etwas sei ungeheurlich und könne auch nur unter diesem undankbaren Kaiser geschehen.

Von diesem Kaiser hatte sie, wie sie schreibt, nur in Erinnerung, daß er Bismarck entlassen hatte, weshalb sie ihn als undankbar empfand. Die Wirtin/Vermieterin versuchte sie daraufhin jedenfalls mit der Drohung mit einer Klage wegen Majestätsbeleidigung zu erpressen. Das konnte abgewendet werden, indem Mathilde Spieß einen Rechtsanwalt nahm, der im Gegenzug mit einer Klage wegen Erpressung drohte. Daraufhin nahm die Vermieterin entsetzt alles zurück. Aber der Rechtsanwalt hatte viel Geld gekostet. 

Von den Ferien in Heitersheim aus plante Mathilde Spieß dann auch die Finanzierung der ersten Semester ihres geplanten Medizinstudiums in Freiburg durch Stipendien und dem Geben von Nachhilfe-Stunden (Bd. 2, S. 43):

"Sie sind ja wahnsinnig," meinte B. K. wieder, aber ich erinnerte sie an meine Erfolge in Karlsruhe nach mißratener Aufnahmeprüfung und machte mir selber hierdurch Mut zum kühnen Unternehmen.

Intressant übrigens auch, daß sich beide immer noch mit Sie angesprochen haben.

_______

  1. Balbine Kaltenbach (1876-1933). In: Ärztinnen im Kaiserreich, Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin, Charité, Berlin 2015, https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00480
  2. Mathilde von Kemnitz (1877-1966),+. n: Ärztinnen im Kaiserreich, Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin, Charité, Berlin 2015, https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00130
  3. Ebert, Monika: Zwischen Anerkennung und Ächtung. Medizinerinnen der Ludwig-Maximilians-Universität in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Verlagsdruckerei Schmidt, 2003 
  4. Rudolf Kaltenbach zum 150. Geburtstag und 100. Todestag. In: Geburtsh. u. Frauenheilk. 53, 1993, S. 209  
  5. Haeberlin, C.: Rudolf Kaltenbach. Nachruf. In: Leopoldina 1892, S. 43-45 (GB)

Die Deutsche Volkshochschule

„Spießerseelen und ihre kleinen Seelenwehwehs“

Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen

Teil 2

(zu Teil 1 --> hier)

Inzwischen fegte das große geschichtliche Schicksal über Deutschland und Ostpreußen. Nämlich während des Ersten Weltkrieges. Dieses schlägt sich nun vor allem in den Gedichten von Agnes Miegel nieder. 

Abb. 1: Agnes Miegel - Lithographie aus dem Jahr 1930 (Bildarchiv Ostpreußen)

Für diese bekommt sie im Juli 1918 den Preis der Schiller-Stiftung. 

„Lauter Schlampen und Schweinchen zu Töchtern und Frauen“ (1918)

Hierüber schreibt sie an Hans Georg von Münchhausen, den jüngeren Bruder von Börries (Poschmann, S. 33): „Ja, ich war auch sehr erbaut darüber, bins noch. Übrigens ist diese Stiftung so reich, daß sie mir getrost das Dreifache hätte geben können, aber so viel Erfahrung habe ich nun schon mit all so was - als Frau kriegt man immer höchstens die Hälfte. Das geht nicht nach der Leistung, sondern wie beim Jahresgehalt nach der mir nie begreiflichen Idee, daß eine Frau nicht annähernd so viel braucht wie ein Mann ... Sie muß ebenso Steuern zahlen, genau dieselben Preise in Bahn, Elektrische, Droschke, Theater, Konzert - woher also dieser Wahn??? All diese Beamten und Komiteeleute, die so was verteilen, haben entweder lauter Schlampen und Schweinchen zu Töchtern und Frauen oder die berühmte, an allen Stammtischen gepriesene Gattin, die mit 20 Mark Wirtschaftsgeld sich bei der 1. Schneiderin anzieht und Diners wie Uhl gibt - alles kraft ihres hervorragenden Wirtschaftstalents. So - ich unterbreite Ihnen diese wahrhaftigen Ansichten, da Sie gewiß später auch mal Komitee bei so was sein werden.“ 

Auf dem Memeldeich (September 1919)

Für ein tieferes, verbessertes Verständnis von Dichtungen ist es oft wertvoll zu erfahren, welche Anlässe das Schaffen derselben hervorgerufen haben. Das berühmte Gedicht „Die Fähre“ von Agnes Miegel etwa entstand im September 1919 auf einem Memeldeich. Ohne das Wissen um diesen Tatbestand nimmt man eher an, das Gedicht wäre auf die Weichsel oder auf einen anderen Fluß bezogen (Margarete Haslinger in: Wagner, S. 31):

„Fünfundzwanzig Jahre vor der Vertreibung, im September 1919, trafen wir Agnes und zwei ihrer Freundinnen in Schwarzort auf der Kurischen Nehrung. Mein Mann lud die drei Damen ein, mit uns auf einem unserer Tourenschiffe über das Kurische Haff nach Königsberg zurückzufahren. Wir übernachteten in dem Fährkrug in Tawellningken an der Memel und wollten uns am nächsten Sonntagmorgen in Lappienen die schöne sechseckige Kirche ansehen. Agnes kam nicht mit. Sie blieb oben auf dem Memeldeich sitzen. Sie sah die Fuhrwerke, die mit der Fähre auf das südliche Ufer übersetzten, um zur Kirche zu fahren. Drüben lag das Gebiet, das wenig später an Litauen abgetreten werden mußte. An jenem stillen Sonntag an der Memel entstand ihre Dichtung Die Fähre mit den Versen, die das Schicksal der Vertreibung vorwegnahmen.“

Dieses Gedicht ist zu lang, um hier vollständig wiedergegeben zu werden. Es handelt davon, wie zu nächtlicher Stunde die Ordensritter und in ihrem Gefolge Siedler, Männer, Frauen und Kinder, wieder die ostpreußische Heimat in Richtung Westen verlassen: „Die Krügersfrau fuhr auf im Bett, / die Uhr schlug Mitternacht ...“, so beginnt das Gedicht. Und den Höhepunkt erreicht es, als die auf der Fähre überfahrenden Menschen in die helle, warme, sommerliche Mondnacht hinaus die Worte miteinander wechseln:

„Was ist so weich wie Mutterschoß,
     so mild wie Mutterhand?“
Und Antwort kam: „Das Wiesenheu
     und der Wind im flachen Land!“

„Was ist so süß wie der Kuß der Braut?
     was ist blonder als sie?“
„Die Linde über dem Strohdachfirst -
     viel süßer und blonder ist die!“

„Was ist blanker als ihr weißer Leib?
     was ist so fruchtbar jung?
Was trägt mich so geduldig?“
     „Der Strom der Niederung!“

„Was ist für Götter und Menschen Glück
     Das Glück, dem keines gleicht?“
„O das ist: den eignen Boden sehn
     soweit das Auge reicht!

Und Gruß und Rede hören
     wie altvertrautes Wiegenlied,
Und Wege gehn, wo jeder uns
     wie Kind und Bruder ähnlich sieht!“

„Und was ist allerschwerste Last?
     was ist ewige Pein?
Was ist den Kindern der Ebne verhaßt
     und wird es immer sein?“

„Von der Heimat gehn ist die schwerste Last,
     die Götter und Menschen beugt,
Und unstät zu schweifen ist allen verhaßt,
     die die grüne Ebene gezeugt!“

Agnes Miegel hatte immer viele „Vorausahnungen“. 

Abb. 2: Agnes Miegel in Tollmingkehmen in der Rominter Heide nahe der Grenze zu Litauen, etwa 1907/09 (Bildarchiv Ostpreußen)

Im Jahr 1921 - es sind die Jahre der Russischen Revolution, des polnisch-sowjetischen Krieges und der kommunistischen Putsche in Deutschland - hatte sie in einem Gasthaus in Cadinen (am Frischen Haff) einen Traum, über den sie viel später einmal in einem Brief berichtete  (Wagner, S. 32): „Er kam dreimal, ganz deutlich, wie eine Vision, in keiner Einzelheit je vergessen. Ich sehe den Moskowitersaal im Königsberger Schloß in tiefer Winterabenddämmerung, er wächst ins Ungeheure, in seiner Mitte steht ein Richtblock. Hand in Hand, im Reigen, umschreiten ihn feierlich riesige Frauen, gekleidet wie slawische Bäuerinnen, in weiten bunten Röcken, losen Jacken, Kopftüchern. Sie singen dazu nach einer alten, eintönigen, schwermütigen Melodie auf russisch (ich verstehe es aber Wort für Wort):

Wenn der hölzerne Mund rot schäumen wird,
O zarte Jungfrau,
Zerfleischen werden wir Dein Herz,
Aus der Brust Dir gerissen,
Es verschlingen wie Wölfe,
O zarte Jungfrau! (...)

Ich wußte, daß diese Jungfrau Ostpreußen meinte. Nie vergaß ich das Grauen, nie die fürchterliche, abgründige Trauer dieses Traums, nie die Worte des Liedes ...“

In den 1920er Jahren verfaßte sich viele Zeitungsartikel unter ihrer Rubrik „Spaziergänge einer Ostpreußin“. Mit diesen schrieb sie sich weiterhin in die Herzen ihrer Landsleute ein (s. Wagner, S. 44f).

Abb. 3: Agnes Miegel in den 1920er Jahren (Bildarchiv Ostpreußen)

Über die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg schrieb die Schriftstellerin Helene Voigt-Diederichs (1875-1961), die erste Frau des Verlegers Eugen Diederichs, wohl Ende 1939 - Westpreußen und der sogenannte „polnische Korridor“, der zuvor Ostpreußen vom übrigen Reich getrennt hatte, waren gerade wieder in das Deutsche Reich eingegliedert worden (zit. n. Ulf Diederichs, S. 25): „Die persönliche Begegnung mit Dir, liebe Agnes, kam spät. Der große Krieg lag hinter uns, unbewältigt. Dein Blick war feucht von Schmerz und Liebe um Dein von der großen Mutter abgesondertes Ostland. Es hat manches Jahr gedauert, bis ihre Kraft sich sammelte und erstarkte, so daß sie wie in alten Tagen hinüberreicht zur meeresnahen Pregelstadt. Wessen Glück sang lauter als das Deine?

Nicht nur Dichterin, ein naher warmer Mensch bist Du seither (...) mir und den Meinen. Du warst unter uns zu den Festen des Lebens und zu des Todes unerbittlichem Spruch. Du ließest es Dir nicht nehmen, bei Hausweihe da zu sein, Du mit dem schwingenden Freimut Deiner Stimme, Deinem Lachen, warm wie Drosselschlag im Vorfrühling. (...)

Vor Jahresfrist geschah es, daß Dein Arm den Sohn meines Sohnes, des Knäbleins, das mit frohlockendem Brauseschritt heut an Deinem hohen Tage auch dabei sein will, über der Taufe dem heiligen Wasser hinbot. Fromm dem alten Brauch zugetan lächelte Dein Atem über das junge Kind zugleich den allereigensten Segen: aus urtümlichem Hellsinn, der da war vor Wissen und Wort, namenlos, und von dem Dein Werk unverlierbare Weisung trägt.“

Im März 1922 schreibt sie an Lulu (zit. n. Ulf Diederichs, S. 25): „Für mich ist fern von Ostpreußen alles Verbannung, ob Bamberg oder Sewastopol.“

Die Märchentante war viel besser“ (um 1926)

1926 wechselt Agnes Miegel zur „Königsberger Allgemeinen Zeitung“  (Neumann, S. 10f): „Ihre Beiträge sind Begebenheiten aus dem Alltag, einfühlsame Natur- und Landschaftsbeschreibungen, interessante Reiseberichte und sachkundige Stadtführungen in ganz Deutschland - Beiträge, die nahezu ausnahmslos in der anspruchsvollen Unterhaltungs-Beilage der ‚Königsberger Allgemeinen Zeitung‘ zusammen mit Essays, Kurzgeschichten und Gedichten von Thomas, Heinrich und Claus Mann, Hermann Hesse, Franz Werfel, Max Brod, Lion Feuchtwanger, Julius Bab, Kurt Tucholsky, Ina Seidel, Georg Britting und Joachim Ringelnatz in illustrer Gesellschaft erscheinen.“

Abb. 4: Börries und Agnes auf der Herbsttagung der Dichterakademie in der Akademie der Künste am Pariser Platz 4 in Berlin im Jahr 1933 - stehend v.l.n.r. Will Wesper, Börries v. Münchhausen, Hans Grimm, Kolbenheyer, Wilhelm Schäfer, sitzend vlnr: Werner Beumelburg, Hans-Friedrich Blunck, Agnes Miegel, Hanns Johst, Emil Strauss, Rudolf Binding (Bundesarchiv)

Aus dieser Zeit gibt es einen Bericht, der aufzeigt, welch schnelles, selbstverständliches und warmherziges Verhältnis die kinderlose Agnes Miegel zu ihr fremden Kindern fand. Eine Königsbergerin erinnert sich an die folgende schöne Anekdote (Ena Benze: Die verzauberten Kinder. In: Wagner, S. 99f): „Wir haben immer gern Besuch gehabt und die Kinder waren daran gewöhnt, guten Morgen oder guten Tag zu sagen und dann mit Rosi, dem Liebling aller in der Familie, wieder ins Spielzimmer zu gehen. Nur in seltenen Fällen wurde ihnen gesagt, wer kam, damit sie sich besonders frisch gewaschen vorstellen möchten. So geschah es an einem herrlich sonnigen Wintertag, daß der Vater morgens beim Fortgehen sagte: ‚Heute kommt eine große Frau zu uns; eine Dichterin. Macht der Mutter kein Schande und seid unsere besten Kinder.‘

Nach Tisch gingen sie, wie meistens, mit ihren kleinen Körben hinaus und sammelten Holz, das der Sturmwind abgezaust, oder das noch friedlich im trockenen Winkel lag. Es brachte nicht viel; aber sie hatten das frohe Gefühl dabei, daß sie zum Kaminfeuer beitrugen, das alle in der Familie so liebten, auch, wenn es manchmal nur selbstgesuchten Pfefferminzteee gab. Dafür gab es aber immer etwas Vorgelesenes oder Erzähltes.

An diesem Nachmittag kamen die Kinder herrlich durchgefroren gleichzeitig mit dem Besuch die Treppe herauf. Sie waren schon mitten im Gespräch miteinander. Ausziehen und an den hellflackernden Kamin setzen war eins, und der Besuch gehörte mitten hinein in den kleinen, glücklichen Kreis. Die trockenen Zweige aus den Kinderkörbchen wurden von ihnen ins Feuer geworfen; es flammte auf und sie freuten sich sehr. Es war auch ein grünes Tannenreislein darunter; der Gast nahm es in die Hand und zündete es an, so daß es wunderbar duftete im Raum, so als ob einer am Tannenbaum ein Zweiglein in die Kerzen hält. Die Kinder saßen unversehens auf dem Schoß des Gastes und der begann, ohne jede Vorrede, mit warmer Stimme zu erzählen: Vom Bäumlein, das andere Blätter hat gewollt.

Die Scheite knisterten; die Kinder saßen mucksmäuschenstill und das Rückert’sche Märchen ließ alle Bäume reden, von denen die Kinder tote Ästchen gesammelt hatten. Nun lebten sie alle wieder auf; durch den Mund der Erzählerin sprachen sie und man sah, wie alle gefesselt wurden von der wunderbaren Geschichte, der Art, zu erzählen und der Wärme, die vom Kamin und dem Gast ausging.

Abends in ihren Bettchen, erzählten die Kinder mir das Märchen noch einmal. Sie waren noch wie verzaubert.

‚Mutter, wie gut, daß heute die große Frau nicht gekommen ist. Die Märchentante war viel besser. Wir haben ihr gesagt: es soll heute eine Dichterin kommen. Hoffentlich kommt sie nicht. Die stört uns doch.‘

Jetzt wußte ich, was sie da miteinander getuschelt hatten - die mütterliche Frau, die einmalige Erzählerin, der warme, gütige Mensch Agnes Miegel und die verzauberten Kinder.“ 

Die gleiche Königsbergerin berichtet über ein anderes Erlebnis (Ena Benze, in: Wagner, S. 103): „Ein anderes Mal hatte Elly Ney vor Jugend gespielt und gesprochen im Marmorpalais am See. Agnes Miegel war unter den Zuhörern und sichtlich ergriffen; so sehr, daß sich ihr ein Gedicht an Elly Ney formte, dessen Stimmung und Inhalt ich ganz mitfühlen durfte. Es begann mit den Worten:

Immer denke ich nun, wenn deinen Namen ich höre,
An den Abend zurück, da in dem marmornen Saal
In dem schweigenden Schloß - es lag in herbstlicher Mondnacht
Wie verwunschen in einem silbernen See -
Du vor der Jugend standest ...“

„O Du schönes Tal, göttergeliebter, grüner, heiliger Streifen Land zwischen Weimar und Jena“

Zu Eugen Diederichs 60. Geburtstag, zur Sommersonnenwende und zu einem Sommerfest war Agnes Miegel 1927 nach Jena eingeladen. Für ihre Zeitung „Königsberger Allgemeine“ schrieb sie darüber einen Aufsatz, in dem sie sich auch noch einmal an ihre Pensionatszeit in Weimar als junges Mädchen erinnerte. Diesen Aufsatz schickte sie 1953 an den Enkelsohn Eugen Diederichs, der ihn im Jahr 2004, zum 125. Geburtstag Agnes Miegels, erstmals wieder der Öffentlichkeit zugänglich machte (Ulf Diederichs, S. 44f).

„Sommerfest

Linden, Jasmin und Rosen duften durch die gewitterschwüle Luft. Im Garten flammen erste Feuerlilien, mannshoher Rittersporn schlägt dunkelblaue und lichte Augen auf, überschwenglich ist die Blüte, die Üppigkeit des Lebens auf den Kalkfelsen des Saaletales nach diesem feuchten Frühling. Deutlicher noch als sonst zeigen es die grünen Waldhänge mit den weißen Landhäusern, die bunten Terrassengärten. Die Wiesen breiten um den sanftgeschwungnen glänzenden Fluß die fast süddeutsche Lieblichkeit dieses gesegneten Tals, dem kein Industrieschlot, kein Kalkofen ganz seine holde Schönheit nehmen kann.

O Du schönes Tal, göttergeliebter, grüner, heiliger Streifen Land zwischen Weimar und Jena, über den wie heute die lichten Wolkenschatten, Schatten der Genien gehen ‚wandelnd im Licht,’ segnend und immer noch formend auch ein entgöttertes Geschlecht. Spürbar in einer Form, die eben nicht Form war, sondern gelebtes und ehrfürchtig-begriffenes, eigentlichstes Wesen bei den Staub-Gewordenen, bei denen ich hier lebte, als ich Kind war. Spürbar heute noch in dem jungen Geschlecht, dessen kühles Denken ihr Leuchten erwärmt, ihm die Sehnsucht gibt nach all dem, was der große Zaubermeister ‚edel’ nannte.“ 

Und an anderer Stelle spricht sie das Geburtstagskind und seine Frau selbst an (Ulf Diederichs, S. 30): „… Und Du, Antlitz, das väterlich-gütig ein Menschenalter über meinem Geschick stand, und Du, geliebtes helläugiges Gesicht neben ihm, so verschlungen in mein Leben durch tausend Fäden von Jugendtagen an - ja, nun sind wir die Alten … .“

„Davon erfährt man nie ein Wort“ (1929)

Aus der gleichen Zeit sind Briefe zwischen Börries von Münchhausen und seinem Freund Levin Schücking, bzw. zwischen den Ehefrauen der beiden erhalten. In ihnen kommt auch immer wieder einmal die Sprache auf Agnes Miegel. Dadurch wird das Verhältnis, in dem sie weiterhin zu Börries von Münchhausen stand, deutlich.

Abb. 5: Agnes und Börries auf der Herbsttagung der Dichterakademie in der Akademie der Künste am Pariser Platz 4 in Berlin im Jahr 1933 - v.l.n.r. Rud. Binding, Werner Beumelburg, Hanns Johst, Hans Friedrich Blunck, Agnes Miegel, Boerries von Münchhausen, Erwin Guido Kolbenheyer, Will Vesper (Bildarchiv)

Am 18. Oktober 1926 schrieb Börries (von seiner Wohn-Burg Windischleuba in Thüringen aus) an seinen Freund Levin, der ihm zuvor zu dessen Zweifeln und Skeptizismus hinsichtlich seiner künstlerischen Arbeiten geschrieben hatte  (Schücking, S. 267) : „Liebster Levin, unsere Freundschaft bedarf keines Beweises, wenn Du ihr aber einen geben wolltest, so konnte wohl nichts zarter und stärker sein als dieser liebe Brief. (...) Ja, Du hast gewiß recht mit allem, was Du sagst.“ Und dann schreibt er etwas später unvermittelt weiter: „Agnes Miegel hat mir in meinem ganzen Leben gepredigt: ‚Du zerstörst mit Selbstvorwürfen Dein Leben und Deine Kunst, sei doch, was Du bist, sei doch böse, laß Dich doch gehen, wirf doch die Zügel hin, und Du wirst merken, daß Du nicht fährst, sondern fliegst.‘ “

Münchhausen setzt fort: „Aber man merkt, wenn es im Leben einmal ganz hart auf hart geht (...) erst, wie einsam der Einzelne ist.“

Am 1. März 1929 schreibt Anna von Münchhausen (die Frau von Börries) mit einem Anhauch von Traurigkeit aus Windischleuba an Liese Schücking, die Frau von Levin, über Sorgen bezüglich ihres nun etwa 22-jährigen Sohnes. Er ist ihr ein Trost bei all den Frauen, mit denen sie ihren Ehemann Börries immer wieder teilen muß, und worüber sie sich oft bei ihrer Freundin Liese ausspricht. Und so schreibt sie diesmal dann weiter über ihren Ehemann (Schücking, S. 280):

„Mein Papa schreibt fortgesetzt Aufsätze über Agnes Miegel. Seit er sie nun besucht hat, geht ihm das glatt von der Seele. Weißt Du, sie wird fünfzig - aber der Seelenkontakt ist immer geblieben. Die bin ich nie ganz losgeworden, trotz aller Neuen die da kamen. Und nun ist’s ihm beinahe Ehrensache, daß das auch immer sous entendu so bleibt, wie er zu ihr stand. Und was die so geredet haben, wenn er einen Nachmittag bei ihr sitzt - davon erfährt man nie ein Wort, jedenfalls nie das Richtige, und da er allen Leuten nur zu Liebe und Gefallen redet, wird er ihr nur sagen, was sie hören mag, sonst würde er nicht hingehen. - So ist langsam das Kind, mehr wie sich’s gebührt, meine große Liebe und Hoffnung geworden.“ 

Die allgemeine Enttäuschung der Ehefrau von Börries scheint sich bei ihr fast auch auf Agnes Miegel zu übertragen. Doch eine Woche später schreibt sie (Schücking, S. 283): „Ja, Du hast ja recht, wenn Du mich mahnst, nicht zu viel vom Leben zu verlangen, und den anderen die Brosamlein zu gönnen. (...) Na - Schwamm drüber! (...) Nun ist man begierig, wie Obst und Beeren und Schlingpflanzen diesen Abstecher nach Sibirien überstanden haben.“ Und diese Worte beziehen sich wohl auf eine Geschenk-Sendung an Agnes Miegel in Königsberg zu ihrem 50. Geburtstag: „- Wir feiern, egal, Agnes Miegel. Bössi hat sozusagen silberne Hochzeit mit ihr. Einen ganzen Abend haben wir uns ihre Gedichte vorgelesen. Es sind doch sehr schöne darunter! Nur Bössies Stimme erschallt in allen Zeitungen über sie.“

Kurz hinter Hindenburg (1929/30)

Am 23. Juni 1929 druckt die „Königsberger Allgemeine Zeitung“ das bedeutende Gedicht von Agnes Miegel „Letzte Stunde“ ab. Es handelt von dem Tod eines Soldaten ostpreußischer Herkunft an der Tiroler Front während des Ersten Weltkrieges. Die Zeitung schreibt dazu (Neumann, S. 233): „Die ostpreußische Dichterin weilt augenblicklich in Tirol. Unter dem Eindruck einer Erzählung in Bozen entstand das hier abgedruckte Gedicht. Die Redaktion.“ 

Und wir erfahren (Neumann, S. 11-13): „Ende 1929 veranstaltete die ‚Königsberger Allgemeine Zeitung‘ ein Preisausschreiben mit der Frage nach den sechs bekanntesten lebenden Ostpreußen, Männern oder Frauen. Ausgelobt wurden 3000 RM in bar sowie 200 Trostpreise. Das Ergebnis der Preisfrage gab die Sonntagsausgabe der ‚Königsberger Allgemeinen Zeitung‘ vom 26. Januar 1930 bekannt. Bei insgesamt 10.433 Einsendungen mit je sechs Stimmen erhielten Stimmen:

  • Reichspräsident von Hindenburg   9.742
  • Agnes Miegel                                  9.088

Auf den weiteren Rängen folgen so bekannte Persönlichkeiten wie Emil Hirschfeld aus Allenstein, der Weltrekordmann im Kugelstoßen (7.734), Filmstar Harry Liedtke (5.871), Oberpräsident Siehr (4.219) und der Schauspieler Paul Wegener (4.215). (...) Ab dem Jahre 1930 läßt Agnes Miegel ihre journalistische Mitarbeit bei dieser Zeitung auslaufen.“

1932 oder 1933 schreibt Agnes Miegel in einem Brief an die Schriftstellerin Ruth Schaumann anläßlich von deren Veröffentlichung ihrer Kindheitserinnerungen unter dem Titel „Amei“ (Wagner, S. 79): „Als junges Mädchen bin ich zu einer Hochzeit, es war im Juni 1899, in der kleinen Dir gewiß unbekannten Garnisonsstadt Hagenau (sie liegt nicht weit von Straßburg mit dem herrlichen Münster) im Elsaß gewesen. Unter den Hochzeitsteilnehmern war nun ein junges Paar, ein riesenhaft großer Kavallerieoffizier, dunkel wie ein Araberscheik, seine junge Frau aschblond, reizend, sie stammt aus der Lüneburger Heide, und war in der Hoffnung mit dem zweiten Kind. Beide haben es mir damals so sehr, sehr angetan, daß ich glückselig war, von ihnen zum Tee eingeladen zu sein.“ Agnes Miegel bat um Aufklärung, ob es sich bei diesem Paar um Verwandte der Schriftstellerin handelte. In der Antwort stellte sich dann für Agnes Miegel, die sich nur undeutlich an den Namen Schaumann des Ehepaares hatte erinnern können, heraus, daß die Schriftstellerin selbst die zweite Tochter dieses Ehepaares gewesen ist, über das nun auch in ihren Kindheitserinnerungen berichtet wurde.

Abendlicher Spaziergang in Jena 1932

Immer wieder verbringt Agnes Miegel frohe, unbeschwerte Stunden in Jena bei den Diederichs. Im Advent 1929 schreibt sie ins Gästebuch  (Ulf Diederichs, S. 30f): „Reiner Seelenjungbrunnen. Aber dieses Mal bin ich so gerne bei Euch als käme nie mehr solch gute Zeit.“ Und tatsächlich stirbt gut ein halbes Jahr später ganz überraschend Eugen Diederichs. Der „dem Andenken Eugen Diederichs“ gewidmete Gedichtband Agnes Miegels „Herbstgesang“ erschien dann Ende 1932. Er war benannt nach dem ersten darin enthaltenen Gedicht. Dieses hatte sie am Tag der Beerdigung Eugen Diederichs verfaßt („… Wandernde Jugend, so rank und schlank, / wie rot ist dein Mund! …“).

In das Exemplar für Lulu setzte Agnes Miegel noch handschriftlich ein Gedicht hinein, das bis heute unveröffentlicht geblieben war (Ulf Diederichs, S. 32f). Es beschreibt einen abendlichen Spaziergang in Jena, vorbei am Grab Eugen Diederichs zur Familienvilla der Diederichs: 

Am Abend

Durch die ladenhellen, lärmenden Gassen
Dringt der lachenden Kinder Mummerei.
In der Dämmerung
Schwingen am Stadtturm die Glocken aus.
Langsam wandern wir Zwei
Durchs Johannistor nach Haus. -
Einmal waren wir jung, -
Nun gehen wir gelassen
Heim. Immer leerer werden die Straßen.
Die mit uns gingen
Trinkt Epheuwand und dunkelnder Waldhang auf.
Über den Bergen, die sich verdämmernd schwingen
Steigen die Wintergestirne herauf.
Weiße Pforte schimmert im letzten Licht.
Und wir stehn
Eh sie sich auftut, Hand in Hand.
Wissen einer der andern Gesicht
Wie das eigne gewandt
Auf zu den klaren
Unwandelbaren
Die dort oben die ewigen Bahnen gehen!

Agnes Miegel und der Nationalsozialismus

Agnes Miegel begrüßte den Nationalsozialismus. Während der Zeit des Dritten Reiches war sie eine gefeierte Dichterin. Oft nahm sie mit großer Freude vor allem von der Hitler-Jugend - aber auch von manchen anderen NS-Verbänden - Einladungen zu Dichterlesungen, Gedenkfeiern und Ehrungen an. So schrieb sie auch ein ergreifendes Gedicht auf sozusagen die damalige „Frauenbeauftragte“ der nationalsozialistischen Partei, auf Gertrud Scholtz-Klink, in der sie vor allem deren mütterlichen Sinn betonte, und zwar deren mütterlichen Sinn auch und vor allem gegenüber den Kulturschaffenden.

Aber es gibt nur wenige und erst in den späten 1930er Jahren entstandene Dichtungen, die zeigen, daß die freundliche Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus auch sehr konkret in Dichtung umgesetzt werden konnte. Ein Gesamtbild der Persönlichkeit von Agnes Miegel kann diese Dichtungen natürlich nicht ausklammern. Die Biographie von Anni Piorreck etwa versucht, diesen Werken den künstlerischen Wert abzusprechen. Aber damit liegt sie doch ganz falsch. Der künstlerische Wert bleibt voll erhalten, auch wenn man den Inhalt heute nicht mehr anerkennen kann.

Diese Dichtungen finden sich vor allem in dem im Jahr 1940 erschienen Bändchen „Ostland“. Aber selbst das dieses Bändchen einleitende Gedicht „An den Führer“, das wohl heute sicherlich als das Kompromittierendste empfunden wird, bezeugt noch die ganz eigenwilligen Gedanken von Agnes Miegel, ja auch ihre zweiseitigen Gefühle: erinnert sie doch vor allem an Deutschlands (und Westpreußens) schwere Vergangenheit  vor 1933 und vor 1939.

1940, nach den überraschend schnellen militärischen Siegen über Polen und Frankreich, sahen viele Menschen in Europa, die den langwierigen, opfervollen Ersten Weltkrieg miterlebt hatten, voller Zuversicht auf eine lange, frohe, friedensvolle Periode des Aufbaus und der gedeihlichen Weiterentwicklung in Europa. Gerade wegen dieser schnellen militärischen Entscheidungen, die so viele Menschenleben schonte, war man weithin von tiefer Dankbarkeit gegenüber „dem Führer“ erfüllt  - nicht aus imperialistischen Gelüsten, sondern aus Friedenssehnsucht heraus.

Den eigentlichen Grundgedanken des Gedichtes „An den Führer“, der mit Politik gar nichts zu tun hat, hat Agnes Miegel auch in Gesprächen nach dem Zweiten Weltkrieg noch oft wiederholt. Eine Freundin berichtet (Wagner, S. 125): „Aber nicht nur der eigne Familienkreis, auch die weithin reichende Kette der Vorfahren spielte in ihrer Gedankenwelt eine wichtige Rolle. Wir sprachen davon, daß sie und ich die Letzten von aussterbenden Familien wären. Agnes meinte, unter bestimmten Voraussetzungen könnten in diesen Letzten die Geisteskräfte einer langen Ahnenreihe, aus Urgründen in ihrer Vielfalt aufsteigend, noch einmal aufleben und sie zu besonderen Leistungen aufrufen. Aus diesen Kraftströmen gewirkt zu haben, empfand und erkannte sie als sichtbar gewordene Erfüllung ihres Lebens.“ 

Überhebe sich also nur ja keiner in eilfertigem Übermut, wenn er im folgenden das Gedicht von Agnes Miegel „An den Führer“ liest. Es kann gerade an ihm erkennbar werden, wieviel Idealismus im Jahr 1945 in Deutschland verloren gegangen sein muß, nachdem erkennbar geworden war, auf welche Art von verwerflicher Person dieser Idealismus in den Jahren zuvor fokussiert gewesen war. Das Gedicht behält ganz unabhängig von seinem - nur zum Teil - zeitgebundenen Inhalt einen tiefen künstlerischen Wert. Und die heutige Generation hat genug Abstand zu der damaligen Zeit, daß man diesen Wert auch unbefangen anerkennen kann:

An den Führer

Nicht mit der Jugend
Überschäumendem Jubel erlebt ich das Wunder
Deines Nahns.
Mit dem schweigend ehrfürchtigen Staunen
Leidgeprüften Herzens, geläutert im Opfer,
Das seiner Kindheit Welt in Krieg und Stürmen vergehn sah, -
Und das anders, groß und glühend ergriffen,
Stumm Dich grüßte!

So mit jedem Morgen fühl ich’s aufs neue -
- Wenn in der Tiefe der Nacht, aus der Tiefe des Herzens
Schweres Erinnern stieg, wie Schatten mich ängstend:
Krieg und Aufruhr und grauer Tage Verzweiflung,
Untergangsnot und Schreckbild verkommener Jugend, --
O Befreiung, zu spüren im Lichte der Frühe,
Alles dies ist fern und für immer vergangen!
Fortgewischt wie Tränen vom Antlitz der Witwe
Von Deinen Händen!
Übermächtig
Füllt mich demütiger Dank, daß ich dieses erlebe,
Dir noch dienen kann, dienend den Deutschen
Mit der Gabe, die Gott mir verlieh!
Daß die Meinen
Die gefallnen, geliebten Gefährten der Kindheit,
Daß die Toten, die Dein Kommen ersehnten,
Daß die Ahnen, deren verlassene Heimat
Wiedergekehrt durch Dich,-
  Daß sie alle
Mir in der Seele, mir im Blute noch lebend,
Mit mir Dich segnen!

Nicht der Jugend brausendes Überschäumen
Kann ich Dir geben.
Doch ich liebe das Leben,
Wie nur der es liebt, mit dem alle der Seinen
Fortgehn von Heimat und Volk. Heimkehrend zur Erde,
Draus sie stiegen.
                             Doch dies wäre
Höchste Erfüllung mir und Ehre den Ahnen:
Heilige Fackel, nie mehr weitergereichte,
Dir zu opfern!

Ulf Diederichs, der Agnes Miegel immer verbunden gebliebene Enkelsohn Eugen Diederichs, schreibt im Jahr 2004 (Ulf Diederichs, S. 36): „In den Gratulations-Prachtband zu Hitlers 50. Geburtstag trugen sich Agnes Miegel und auch die Freundinnen Lulu von Strauß und Torney und Ina Seidel mit Gedichten ein. (…) Auch Börries Freiherr von Münchhausen war dabei, auch Helene Voigt-Diederichs und noch so mancher (…), Hans Carossa, Wilhelm von Scholz. Kaum einem anderen hat man das später so verübelt wie Agnes Miegel. Freilich stand sie, nächst Carossa und Weinheber, an sehr exponierter Stelle.“ Im März 1940 wurde um Goebbels erwogen, entweder Agnes Miegel oder Josef Weinheber den Nationalen Buchpreis zu verleihen, Agnes Miegel deshalb, weil - wie es in einem Gutachten hieß - sie „mit Leib und Seele“ hinter den „Entscheidungen der letzten Zeit“ stehen würde (also der Rückkehr Westpreußens an das Deutsche Reich). Dieses Vorhaben wurde aber wieder fallengelassen (Ulf Diederichs, S. 36).

- - - Der Rundfunkautor Martin A. Borrmann (1895-1974), der 1933 auch Dramaturg am Königsberger Schauspielhaus war, berichtet aus der Zeit der beiden ersten Jahre des Dritten Reiches (Wagner, S. 82): „Im April des für uns alle so einprägsamen Jahres 1933 wurde mir neben mancherlei Bedrohung auch ein  Lebensgeschenk zuteil: das uneingeschränkte Vertrauen der Dichterin“ (Agnes Miegel). „Ich war zu ihr, die ich persönlich kaum kannte, in die Luisenallee gegangen, um ihre Unterschrift zu erbitten unter eine Eingabe für den künstlerischen Leiter unseres Ostmarkenrundfunks; dieser war ohne Entschädigung, dazu in besonders tückischer Art und Weise, von Goebbels auf die Straße gesetzt worden. Agnes Miegel, es ist wichtig, das heute zu betonen, unterschrieb sofort. Darüber war ich froh - und wurde es noch mehr, als ich spürte, daß diese Begegnung, bei allem sogleich offen dargelegten Gegensatz unserer Ansichten, der Beginn einer Freundschaft zu werden versprach.

In den folgenden zwei Jahren lud mich die Dichterin fast jede Woche zu sich. Wir sprachen kaum über Literatur, stritten aber stundenlang freundschaftlich über Zeit und Umwelt, die beide trotz äußerem Freudentaumel in unserem Lande immer gefährlicher wurden. So weiß ich wie wohl nur wenige – und vielleicht gerade, weil ich auf der anderen Seite stand - von den Kämpfen, die Agnes Miegel damals in ihrem Innern durchzufechten hatte. Sie erhoffte sich von dem Neuen eine Verjüngung und Erneuerung unseres Volkes, ahnte aber zugleich mit balladenhafter Kraft, was schon damals in den Konzentrationslagern geschah.

Ich erlebte ihre Verzweiflung, als man in der Provinz eine Schule, die bisher den Namen von Käthe Kollwitz trug, nunmehr Agnes-Miegel-Schule nennen wollte. Sie war glücklich über die Begeisterung der Jugend und teilte sie, wußte aber als Dichterin vom schlimmen Ende jeder Nibelungenfahrt. Sie hatte Visionen, oftmals solche schrecklicher Art. (...)

Wer in Agnes Miegel nur heitere Mütterlichkeit und warmherzigen Humor sieht, verkleinert ihr Bild. Gewiß, dies waren ihre Eigenschaften, aber darunter  lagen, gut verborgen, die Wesenszüge einer Seherin. ‚Es ist kein Glück‘, sagte sie einmal bitter, ‚als Kassandra geboren zu sein. In Troja nicht.‘ Und dann las sie mir, nun wieder lachend, den Satz, den ich sprechen wollte, selber vom Mund ab: ‚Und im Dritten Reich schon gar nicht!‘ “ - - - 

Hierzu ist noch folgendes zu bemerken. Der Vortrag ihrer berühmten Ballade „Die Nibelungen“ ist bei fast jeder ihrer öffentlichen Lesungen vom Publikum gewünscht worden. Zu Anfang einer öffentlichen Lesung, die nach der Schlacht von Stalingrad stattfand, bat sie um Verständnis dafür, daß sie diese Ballade nicht mehr öffentlich vortragen könne. Sie hätte sie zum letzten male vor Soldaten gelesen, die in Stalingrad zum Einsatz gekommen waren. -

Zur Entstehung des Reclambüchleins „Das Bernsteinherz“ (im März 1937) (Wagner, S. 60f)

Mit dem letzten Friedens-Flugzeug über den Korridor (1938/39)

Wie hatte Agnes Miegel die Kriegsgefahren im Jahr 1938 und dann den Kriegsausbruch 1939 erlebt? Eine Freundin berichtet (Gertrud Zippel-Fuchs in Wagner, S. 42): „Ich denke an jenen Septembertag des Jahres 1938, als Krieg und Friede auf des Messers Schneide standen. Agnes war den ganzen Nachmittag bei mir, unvergeßliche Stunden der Angst und der Hoffnung, ach, mehr noch der Angst: ‚Wir wollen ja den Korridor in Kauf nehmen, auch weiterhin, wenn nur Friede bleibt, wenn nur das Land gerettet ist.‘ “ An der Frage des Korridors, der Ostpreußen vom übrigen Reich trennte, brach der Zweite Weltkrieg aus. An diesen Worten wird klar deutlich, aus welcher Haltung allein Agnes Miegel auch solche Gedichte wie jenes „An den Führer“ geschrieben haben kann.

Am 9. März 1939 feierte Agnes Miegel ihren 60. Geburtstag. In den „Stimmen der Freunde“, die der Eugen Diederichs Verlag zu diesem Tag herausgab, schrieb Börries von Münchhausen (s. Stimmen d. Freunde): „Und ihr herrlicher Humor - Agnes, so herzlich wie vor wenigen Wochen bei Deinem letzten Besuch in Windischleuba haben wir alle doch seit langem nicht gelacht! Ich kenne wenig Menschen, die so gern lachen, keinen, den ich lieber lachen sehe als Dich! -“

Die letzten Tage und Abende vor Beginn des Zweiten Weltkrieges erlebte Agnes Miegel zusammen mit dem niederdeutschen Schriftsteller Moritz Jahn. Besonders an einen jener Abende erinnerte sie später noch oft. Im Frühjahr 1946, nach der Flucht, schrieb sie aus Dänemark an Moritz Jahn, der ihr aus Göttingen seine tatkräftige Hilfe angeboten hatte (Wagner, S. 93): „Was hab‘ ich Ihnen sonst zu erzählen? Ach, so vieles - aber vielleicht sehen wir uns einmal, sitzen zusammen wie damals auf dem Seesteg in Heiligendamm, ach wäre das schön!“ Moritz Jahn war auch ein verständnisvoller Freund des Wiener Dichters Josef Weinheber gewesen. Er erläutert diesen Satz Agnes Miegels mit dem folgenden Bericht (Wagner, S. 92f):

„Auf eine unserer Begegnungen kam unsere liebe Agnes Miegel in ihren Briefen an mich immer wieder zurück, auf unsere Begegnung in Doberan (Doberaner Dichtertag) im Spätsommer 1939. Ich hatte dort am 19. August den Festvortrag über ‚Niederdeutsche Sprache als Ausdruck niederdeutschen Wesens‘ gehalten. (...) Erst während der Rede war mir der Gedanke gekommen, daß ich so sehr schön den Bogen spannen könnte von meiner eigenen nordwestdeutschen Heimat über die Mitte des norddeutschen Raumes hin bis zu seinem östlichen Grenzland: ‚Ich begann meine Darlegungen mit Glückwünschen (...). Ich möchte sie schließen mit einer Huldigung an die Dichterin, die, nicht minder im plattdeutschen Grunde ihrer preußischen Heimat verwurzelt, die niederdeutsch-nordische Kunstform der Ballade um eine lange Reihe von Kostbarkeiten bereichern durfte, und die uns in ‚Henning Schindekopf‘ das herrliche Bild und Vorbild plattdeutschen Bauernkriegertums schuf, vor dessen Tatkraft und Opfermut die Waffen des feindlichen Ostvolkes klirrend zersplitterten. Sein Wahlspruch gibt, im markigen, volkhaften Laut der Heimat, die schönste Kennzeichnung niederdeutschen Wesens; so soll er auch hier den Schluß bilden. Möchte der niederdeutsche Mensch, möchte auch der niederdeutsche Künstler nach Leistung und Forderung an sich selbst immer ein Recht haben zu dem stolzen Wort: ‚Ök sülvst!‘ ‘

Der vorletzte Satz wollte nichts, als bei den Hörern die Erinnerung an jenes schöne Gedicht wachrufen; erst im Laufe des Nachmittags machten mich Freunde darauf aufmerksam, daß gerade diese Worte in diesem Augenblick eine besondere politische Aktualität gehabt hätten: Das Verhältnis des Reiches zum polnischen Nachbarn wäre sehr kritisch geworden; man erwöge deshalb schon den Plan, Agnes Miegel am Schluß der Tagung mit einem Flugzeug in ihre Heimat zurückzubringen. (...)

Am Abend des letzten Doberaner Tages saß ich noch lange mit Agnes Miegel auf dem Seesteg in Heiligendamm; ein klarer, zu dieser Tageszeit schon herbstlich kühler Mondglanz lag auf der sich nur leise regenden Flut; wir sprachen nur dann und wann ein Wort - es war soviel geredet worden in all den Tagen, und ein Abend am Meer war uns beiden ein seltenes Geschenk, das nicht zerredet werden durfte. Zudem: was würde nun morgen sein, morgen ... ‚Ich war sicher, daß ich die Freunde nie wiedersehen würde‘, schrieb mir die Freundin nach langen Jahren; sie hatte die geliebte Heimat noch erreichen können, mit dem letzten Flugzeug, das den Korridor überqueren konnte, ohne beschossen zu werden.“

„Das kann doch nicht sein!“ (1940-1944)

Moritz Jahn berichtet weiter (Wagner, S. 42): „Immer wieder war die Angst um Volk und Land in unseren Gesprächen, blieb es auch nach den ersten trügerischen Siegesnachrichten, nachdem 1939 wirklich der Krieg ausgebrochen, und sie wurde im Lauf der nächsten Jahre immer stärker. Agnes kannte doch sonst keine Angst. (...) Es lag etwas Lähmendes in dieser Angst, etwas nicht Greifbares, zum Teil schon Geahntes, was immer drohender sich breit machte. Miteinander wenigstens konnten wir davon sprechen. Ich sehe noch die Bestürzung, ja das Entsetzen in ihren Augen, als sie mir kurz eine Äußerung wiedergab, die so ganz nebenbei, aber selbstverständlich jemand über die erhoffte Ausdehnung Deutschlands nach Osten gemacht hatte. ‚Was für eine Hybris!‘ sagte sie, ‚wohin soll das noch führen!‘ “ 

Abb. 6: Agnes Miegel im Jahr 1944 (Bildarchiv Ostpreußen)

Und (Wagner, S. 42): „Es war im September 1944, nach der nahezu vollständigen Zerstörung Königsbergs“ (durch Luftangriffe). „Wir hatten uns in Neukuhren verabredet. (...) Wir gingen hoch oben die Steilküste entlang, in Richtung Rauschen. Es war ein unirdisch klarer Septembertag. All die Schönheit ringsum legte sich uns aufs Herz.

‚Es kann doch nicht sein‘ - das klang wie ein leiser Aufschrei, ich wußte gleich, was sie meinte. ‚Nein, es kann nicht sein‘, aber wir wußten beide, daß es nur verzweifelter Schmerz um unser Land war, der uns so sprechen ließ, ahnten beide, daß wir zum letzten Mal unsere See zusammen sahen.“ 

Andere Königsberger berichten (Wagner, S. 59): „Natürlich waren wir auch immer unter den Hörern, wenn sie“ (Agnes Miegel) „öffentlich sprach, zuletzt im Dezember 1944 im Neuen Schauspielhaus, da die anderen großen Säle schon alle durch Bomben zerstört waren.

‚... es forderte zum Fackeltanze dich,
Gekrönte Vaterstadt, der grimme Tod ...‘

Wie eine Seherin, wie eine der großen Sibyllen mit dem Blick, der über die Gegenwart hinausgreift, so sprach Agnes Miegel diese Verse aus dem Erleben jener furchtbaren Bombenangriffe - abgeklärt, ruhig, scheinbar über allen Schmerz erhaben, während uns die Tränen über die Wangen liefen.“

Agnes Miegel floh mit zehntausend anderen Königsbergern 1945 über die Ostsee nach Dänemark.

„Heute kommt kein Hall mehr über die Grenze“

Sie weilte nach der Flucht lange Zeit unter ärmlichen Verhältnissen in einem Flüchtlingslager in Dänemark.

Abb. 7: Agnes Miegel in Oxböl, Dänemark, 1945/46 (Bildarchiv Ostpreußen)

Börries von Münchhausen, mit dem sie lebenslang über so zwiespältige Gefühle hinweg verbunden blieb, und der selbst äußert vielschichtig und emotional schwankend war, nahm sich am 16. März 1945 in Windischleuba in Thüringen das Leben. Es war das noch einen Monat, bevor am 15. April 1945 die westlichen Alliierten in Altenburg einrückten. Seine Frau war kurz zuvor an einem Schlaganfall gestorben, sein einziger Sohn schon Jahre zuvor bei einem Autounfall. Noch kurz vor seinem Lebensende hatte er große Zweifel an dem eigentlichen Wert seines dichterischen Schaffens geäußert. Kurz zuvor schrieb er noch das folgende Gedicht über seine Mutter, mit der ja auch Agnes Miegel so gut bekannt gewesen war:

Meiner toten Mutter

Gott hat es gnädig mit dir gemeint,
als er dich zu sich genommen,
die Sonne, die heute auf Deutschland scheint,
ist aus der Hölle gekommen!
Du konntest noch Märchen sammeln im Land,
von Lippen, welk und befangen,
du hast noch Lieder des Volkes gekannt,
die sie abends am Thingplatz sangen.
Du konntest als gütige Herrin noch
In die Hütten der Armen gehen.
Du wußtest beim Gruß im Dorf doch:
Sie freuten sich, dich zu sehen.
Hast Uhland und Grimm noch die Hand gereicht
für das Deutschtum, das sie uns erworben
und als der Tod dir die Wange erbleicht, -
du bist noch in Deutschland gestorben!

Wir aber leben - was leben so heißt! -
in den Trümmern, die Reich einst geheißen,
und wer die Zähne zusammenbeißt,
der hat auch noch was zu beißen!
Und wer auf dem Friedhof die Namen liest,
der kann auch noch Deutsche erspähen,
und wer recht fest die Augen schließt,
der kann auch noch Deutschland sehen!
Ja, Gott hat es gnädig mit dir gemeint,
als er deine Seele umfangen,
die Tränen um dich waren leichter geweint,
als die, denen du entgangen.

Agnes Miegel zog nach Nenndorf in Niedersachsen, nahe dem Münchhausen-Gut Apelern. Die Heimat Ostpreußen blieb das unentwegte Thema ihrer Dichtungen und vieler, vieler Gespräche mit Landsleuten (Ilse Reicke-von Hülsen, in: Wagner, S. 63f): „So sprach sie einmal von den alten Ordensburgen in Ostpreußen: ‚Die Steine wurden zweimal gebrannt, das Ziegenmehl zweimal mit Ochsenblut gemischt, das gab den Purpurton und große Härte. Der Mörtel wurde mit Buttermilch angerührt ... Heut kommt kein Hall mehr herüber über die Grenze‘, fügte sie hinzu. ‚Hinübergehen ist der Tod. Dagegen ist Ninive gar nichts ...‘ “ Ihre damalige Gesprächspartnerin sagt über solche Äußerungen (Ilse Reicke-von Hülsen, in: Wagner, S. 64): „Der große Odem der Geschichte, der aus ihren Balladen weht, packt auch im Gespräch den Besucher wie eine plötzliche Bö.“ 

Am 12. Februar 1949 konnte sie ihren Freunden ihre „Entbräunung“, wie sie das nannte, also ihre „Entnazifizierung“ mitteilen. Ina Seidel hatte in der Eingabe an die Spruchkammer zu Gunsten ihrer Freundin die richtigen Worte gefunden  (Ulf Diederichs, S. 40): „Nie hat sie daran gedacht, Propaganda für die Partei zu machen, wenn ihre Liebe zu Deutschland und der engeren Heimat sie zu einer phantastisch idealisierenden Anschauung der Persönlichkeit Hitlers hinriß.“ Im Urteil hieß es (Ulf Diederichs, S. 40): „Sowohl Motive wie Handlungen haben niemals NS-Geist verraten.“ 

Wir erfahren (Wagner, S. 100): „Im Dezember 1955 brachte die Monatsschrift Merian ein Sonderheft über Königsberg, und darin ein Erinnerungsblatt von Agnes Miegel, überschrieben Mein Dom. In einem Begleitbrief an die Schriftleitung sagte sie dazu, es sei ihr nicht gelungen, etwas nur objektiv Historisches zu schreiben. ‚Zu stark‘, schrieb sie, ‚ist meine persönliche Bindung. Und ich habe in meinem langen Leben gefunden, daß eine der dümmsten Lügen die vom Vergessen ist. ‚Zeit bringt Rosen‘ konnte bloß eine Spießerseele sagen über ihre kleinen Seelenwehwehs. Die Heimat zu verlieren, sie vernichtet zu sehen, geschändet, verwandelt, ferne alt zu werden, das eigene Volk zerstreut - was das bedeutet, wußten die alten Propheten, wußten Homer und Vergil.‘ “

1956 starb Lulu in Jena, wo sie verblieben war, während ihre Stiefkinder den Verlag in Westdeutschland weiterführten und auch das Werk Agnes Miegels betreuten, ihre Gesammelten Werke herausgaben.

Die künstlerische Deutung der Stadt Frankfurt am Main

Agnes Miegel beschäftigte sich - noch ganz aufgeschlossen für alles Neue - mit vielen Zeitfragen und künstlerischen Fragen. So schreibt sie 1959 in einem Brief  (Wagner, S. 68): „Ich war in einem Neubau bei einem jungen Ehepaar: sehr schlicht, sehr leer, aber doch wohl das Gegebene, wenn diese Schlichtheit von einem tiefen Allgefühl beseelt wird - alles Symbol des Höheren wird - sonst bleibt es Nüchternheit, die ins Triviale, ins Ärmliche absinkt.“ Wie greift die - noch in biedermeierlicher Bürgerlichkeit Aufgewachsene so vorurteilslos-aufgeschlossen, schnell und kühn aus einer einfachen Alltagsbeobachtung heraus in den großen Zeitenverlauf, wie gibt sie in wenigen Worten eine tief betroffen machende Deutung, ja: letztlich des seelischen Verfalls der Kulturvölker des Abendlandes (und der Wege des - möglicherweise - in ihm beschlossenen Wiederaufstiegs derselben).

Und (Wagner, S. 84): „Sie hatte viel gelesen und war viel gereist, und es war herrlich, sie davon erzählen zu hören. Ich erinnere mich noch deutlich daran, wie sie bei Professor Ziesemer von ihrem geliebten Frankfurt sprach, von Hölderlin und Diotima, und wenn ich später durch Frankfurt kam und am Mainufer stand, fiel mir ihre künstlerische Deutung dieser Stadt ein.“ Wie also dem „göttergeliebten, grünen, heiligen Streifen Land zwischen Weimar und Jena“ stand sie auch der Stadt Frankfurt mit großer Ehrfurcht gegenüber. Auch heute noch kann man in Frankfurt Stätten des Lebens und Dichtens von Friedrich Hölderlin aufsuchen. Heute aber braucht man schon viel Phantasie, um sich das alte Frankfurt und die früheren örtlichen Gegebenheiten zu rekonstruieren. - Und kein Museum, kein Gedenkstein, keine Erinnerungstafel hilft einem dabei, soweit es dabei um die Persönlichkeiten von Friedrich Hölderlin und „Diotima“ geht. (Diese Zeilen wurden 2002 geschrieben.)

Wie ist es da um so bemerkenswerter, daß Agnes Miegel in ihrer eigenen künstlerischen Deutung der  Stadt Frankfurt nicht an erster Stelle der (zit. n. Wagner, S. 115) „Sehnsucht nach all dem, was der große Zaubermeister ‚edel’ nannte,“ gedenkt, sondern der Liebe zwischen Diotima und Hölderlin. Das Werk und Leben Hölderlins scheint ihr, was Frankfurt am Main betrifft, im Vordergrund zu stehen. Dies ist auch heute noch, im Jahr 2002, eine sehr fortschrittliche Auffassung, zu der sich Frankfurt selbst - zumindest seit 1945 - nie bekannt hat.

- Und wie behielt sie immer sich ihr Herz für die Jugend! So wird ganz unmittelbar frisch berichtet (Wagner, S. 141): „Ich fahre“ (in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg) „mit ihr in Hannover in der Straßenbahn. Als wir zum Ausgang gehen, sehe ich, wie sie sich zu einem jungen Paar hinunterbeugt und etwas sagt. Vielleicht Ostpreußen, die sie am Dialekt erkannt hat? An der Tür wendet sie sich noch einmal um und nickt den beiden zu. Draußen berichtet sie: ‚Ich habe den beiden gesagt, sie sollen sich ein Los nehmen!‘ – ‚Ein Lotterielos?‘, frage ich erstaunt. – ‚Nun ja‘, meint sie, ‚ich hatte doch vorher gehört, wie sie zu ihm gesagt hat: Du, ich hab‘ heute nacht von sehr viel Geld geträumt ...‘ “  

Über den Ausklang der Feier ihres 80. Geburtstages spät am Abend nach dem Ende aller offiziellen Feierlichkeiten - und schon während des Aufbruchs - wird berichtet (Wagner, S. 141): „Aber in der großen Veranda standen im Halbkreis vor Agnes Miegel wohl noch etwa fünfzig Menschen, viel jugendliche, und sangen von Muskaten und braun‘ Nägelein. Und immer, wenn bei einer neuen Strophe die Jugend den Anfang nicht wußte, fiel Agnes als erste ein. Als das Lied schließlich zu Ende war, drehte Agnes sich zur Tür: ‚Jetzt muß ich aber gehen, auf Wiedersehen!‘ “ 

Am Sterbebett (1964)

Eugen Diederichs, den schon 1930 gestorbenen bedeutenden deutschen Verleger,  hatte Agnes Miegel sehr geschätzt, um so mehr, nachdem er seit 1916 mit ihrer engen Freundin Lulu von Strauß und Torney verheiratet war. Sein Sohn Niels Diederichs schreibt, wie er im Jahr 1964 am Sterbebett von Agnes Miegel weilte (Wagner, S. 105):

„Dann sprach sie davon, daß sie sich nun bald ‚zu den Vätern versammeln‘ werde. Es schien mir, daß sie bei diesen Worten an Gott-Vater wie auch an ihren eigenen Vater dachte - und schon brachte sie das Gespräch auf meinen Vater Eugen, dem sie so manches verdanke und den sie in seiner groß angelegten Natur immer bewundert habe. Als er im September 1930 in Jena starb, da war ganz unmittelbar das ihm gewidmete Gedicht Herbstgesang entstanden. Mit den Worten vom ‚Vater Diederichs‘ war auch ein Gedenken an ihre alte Lebensfreundin Lulu von Strauß und Torney verbunden, ohne daß ihr Name besonders erwähnt wurde. Es gibt Dinge, die lassen sich auch ohne Worte sagen. ... Ein stiller Kuß zum Abschied und ein langer Blick aus den tiefen, traumhaften Augen. Zu einem Winken mit der Hand, wie sie es so oft beim Fortgang an ihrer eigenen Haustür getan hatte, langte die Kraft nicht mehr.“ - - -

Der Diederichs-Verlag, vor allem auch Angehörige der Familie Diederichs selbst, betreuen noch heute - und stellen neu zusammen - wertvolle Ausgaben der Werke von Agnes Miegel. (.., ..) Ulf Diederichs, der „erstgeborene Enkel von Eugen Diederichs“, wie ihn Agnes Miegel nannte (Ulf, S. 46), schreibt 2004 (Ulf, S. 43): „daß  mir seit Jenaer Kindertagen Agnes Miegel wie selbstverständlich lieb und vertraut war“. Er schreibt über seinen Vater Niels (Ulf, S. 42): „In der Tat hat es für meinen Vater ein hohes Glück bedeutet, ihr Werk zu betreuen und zu dokumentieren, ‚in sozusagen vererbter Freundschaft’. Er hat sie intensiv teilnehmend erlebt, vornehm und großzügig, ‚frei von allen kleinlichen Erwägungen’; in all den Jahren habe es nie Differenzen gegeben.“ Und weiter schreibt Ulf Diederichs wie er (Ulf, S. 46) „für sie posthum zu ihrem Verleger in der dritten Familiengeneration wurde. Dank Anni Piorreck, meiner Mutter Inge Diederichs und dank der Mitstreiterin Christa Hinze gelang es unserem Trupp, immer neue kleine Miegeleien herauszubringen.“ Die Durchsicht des Familien- und Verlagsarchives, das inzwischen größtenteils an das Literaturarchiv in Marbach abgegeben wurde, brachte Ulf Diederichs die Erkenntnis (Ulf, S. 6): „Manche Sachverhalte, so wurde mir klar, sind noch unerforscht, manches Sprachgebilde noch kaum erschlossen, und auch das Leben Agnes Miegels hält immer noch Überraschendes und Unbekanntes bereit.“

Die intuitive Begabung von Agnes Miegel

Die Schriftstellerin Ina Seidel (1885-1974) ist wohl unter den langjährigen Freundinnen Agnes Miegels diejenige, die den künstlerischen Kern ihrer Persönlichkeit in der Deutung am anschaulichsten formuliert hat. Eine weitere Freundin Agnes Miegels berichtet hierüber  (Wagner, S. 124): „In diesen stillen Stunden vertraute sie“ (Agnes Miegel) „mir manches an, was sie im Bereiche des Zweiten Gesichtes erlebte. Es steht mir nicht zu, Offenbarungen so besonderer Art preiszugeben. (...) Einmal fragte ich sie, ob all dieses seltsame Erleben ganz der Verborgenheit und damit der Verlorenheit anheimfallen solle, worauf sie antwortete: ‚Ich habe alles in die Hände von Ina Seidel niedergelegt.‘

Sie schwieg versonnen, und ihr Blick war in weite Fernen entrückt. Ich fühlte es: das war ein großes Vermächtnis an eine sehr geliebte Freundin, und ganz nach den Bestimmungen, die sie getroffen, würde es von dorther einmal in Erscheinung treten oder verborgen bleiben.“

Ina Seidel hatte Agnes Miegel mit 27 Jahren im Jahr 1912 kennengelernt. Sie hatte schon kurz nach diesem Kennenlernen in einem Gedicht über ihre „Erste Begegnung“ geschrieben (Stimmen 1939):

(...)
Ihre Augen sahn hinter Tod und Grab
Und kannten nicht Raum und Zeit.
Ich fuhr an ihren Worten hinab
In den Brunnen der Ewigkeit.
(...)

Am 3. Januar 1914 schrieb Agnes Miegel an ihre Freundin Lulu (zit. n. Inge Diederichs, S. 266): „Da will ich dir noch sagen, daß ich Ina Seidel sehr mag, trotzdem mir diese Art übersensitiv-gute Naturen sonst gar nicht liegt, ich bin zu derb und heftig dafür, aber sie hat so was unendlich Rührendes, ich suche immer in ihrer Gegenwart ‚gut‘ zu sein, wie bei einem kranken Kind, sie hat so wunderbar klare Augen, wie ein guter Geist, ich muß mich immer wundern, daß sie einen wirklichen Mann und ein wirkliches Kind hat, ich komme mir daneben so erdenklebend vor.“

Wohl entsprechend dem obengenannten Vermächtnis verglich Ina Seidel nach dem Tod von Agnes Miegel dieselbe mit der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. - Im Jahr 1959 hatte Agnes Miegel sogar noch einen langen, leuchtenden Herbsttag lang Gelegenheit gehabt, den schriftlichen Nachlaß von Annette von Droste-Hülshoff einzusehen  (Wagner, S. 119): „Wie sie versunken am Fenster saß, Blatt um Blatt umwendete, und dann wieder den Blick in die stille, von Abendsonne durchleuchtete Landschaft versenkte.“ Beim Abschied sagte sie: „Ich habe mich heute vollgesogen wie eine Biene ...“ - Und Ina Seidel berichtet nun: „Beide sind als Dichterinnen im weitesten und höchsten Sinn zu betrachten, nicht allein, was die schöpferische Imagination und die gestaltende Sprachgewalt betrifft, sondern auch im Hinblick auf eine seherische Gabe, die in der ihnen eigenen Form häufiger Frauen als Männern verliehen zu sein scheint, aber nur selten in Verbindung mit hochgradig dichterischer Veranlagung auftritt. Es ist die geheimnisvolle Gabe, die als ‚zweites Gesicht‘ bezeichnet wird, und die im Bereich der Literaturgeschichte kaum nachweisbar ist. (...)

Was in dieses Gebiet hineingehört: Vorahnungen, Wahrträume, Empfänglichkeit für Gedankenübertragung und Fernwirkungen, auch für Stimmen und Geräusche, denen mit physikalischen Erklärungen nicht beizukommen ist; ebenso die Fähigkeit, Erscheinungen, die den meisten Menschen verborgen bleiben, optisch wahrzunehmen - kurz, alles, was über die fünf Sinne und den ‚Verstand der Verständigen‘ hinausgeht, wirkt sich dort, wo es bei durchschnittlicher oder mangelnder geistiger Begabung auftritt, meist als zwiespältig oder als Belastung schlechthin aus, da es das innere Gleichgewicht der damit Stigmatisierten stört.“ 

Mit diesen Worten ist auf eine große Zahl von Erscheinungen in der Kultur- und Religionsgeschichte der Völker angespielt, aufgrund derer sich etwa religiöse Menschen Selbsttäuschungen hingaben und -geben, und aufgrund derer „Priester“ und sonstige Personen aller Facetten danach strebten, unter Vorspiegelung angeblicher Kontakte zum „Übersinnlichen“ Macht zu gewinnen über andere, in ihrer Denk- und Urteilskraft geschwächte Menschen.

Die „Geradheit und Klarheit“ ihres „nüchternen Denkens“

Ina Seidel schreibt dann aber weiter und versucht dabei sicherlich, die eigenen Gedanken von Agnes Miegel zusammenzufassen (zit. n. Wagner, S. 13): „Wenn aber solche Fähigkeiten in Verbindung mit hohem geistigen Niveau auftreten und von ihrem Träger ständig kontrolliert werden - wenn dann noch überdurchschnittliche künstlerische Gestaltungskraft hinzukommt, die ausgleichend und positiv den Gefahren einer einseitigen und passiven medialen oder somnambulen Veranlagung entgegenwirkt, da ist die Voraussetzung gegeben, daß der Kreis der inneren Schau sich über das sinnenhaft Faßbare erweitert, daß die Imagination - das bildhafte Sehen - aufs höchste gesteigert wird. (...)

Schon seit unserer ersten“ (brieflichen) „Begegnung, 1911, hatten Gegenstände dieser Art im Mittelpunkt unserer Gespräche und unseres Briefwechsels gestanden. (...) Wie Agnes selbst darüber dachte, geht aus einem ihrer Briefe aus dem Jahr 1915 hervor, in dem sie sich zunächst für unfähig erklärt, einen Roman zu schreiben, und dann fortfährt:

‚Manche Leute würden lachen, wenn ich sage, ich habe keine Phantasie – aber es ist so. Meine Träume und Gedichte sind durchaus nicht Phantasie, sind das Gegenteil, eine Art medialer Kraft, die mich erfüllt wie ein Gefäß und gerade durch die Geradheit und Klarheit meines nüchternen und in diesen Dingen geschulten Denkens besonders gut ausgedrückt wird.‘

Daß sie selbst hier, in diesem Zusammenhang mit ihrer Gabe, von der ‚Geradheit und Klarheit meines nüchternen Denkens‘ spricht, offenbart, wie ihre Beziehung zum Übersinnlichen nicht allein durch ihre dichterische Gestaltungskraft im Gleichgewicht gehalten wurde, sondern wie darüber hinaus dieses Zusammenspiel geistiger Kräfte durch einen unbeirrbaren Blick für die Realität des sie umgebenden Lebens mit Einschluß der eigenen Person kontrolliert wurde. Dieser Wirklichkeitssinn ging, was ihre Menschenkenntnis und ihre Beurteilung menschlicher Zustände betrifft, so weit, daß er sich gelegentlich in unbarmherziger Schärfe auswirkte und jedenfalls damals Illusionen nicht zuließ, die sich zuweilen mit aggressiver Bitterkeit gegen sie selbst wandte oder sich in Resignation äußerte. Gerade dieser unerbittliche Realismus aber schien mir zu beweisen, daß auch hinsichtlich ihrer Erlebnisse der ‚anderen Seite‘ - ihrer Visionen, Gesichte und Träume - Selbsttäuschung ausgeschlossen war.“ Auch dem Autor dieser Zeilen scheint gerade diese „aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“ ein deutlicher Prüfstein für den nüchternen Realitätssinn von Agnes Miegel zu sein. Für diese „aggressiven Bitterkeit gegen sich selbst“ sollten deshalb Beispiele gebracht werden. Und: Nicht zuletzt ihre falsche Einschätzung des Nationalsozialismus macht deutlich, daß intuitive Begabung keineswegs - sozusagen ganz selbstverständlich - vor weitreichenden Irrtümern behütet.

Ina Seidel weiter (zit. n. Wagner, S. 15f): „Wenn sie von ihrer ‚Gabe‘ sprach, meinte sie nie ihre Kunst, immer ausschließlich ihre Gabe der Träume und Gesichte, die sie als eine Begnadung, ein Charisma, eine ihr zuteil gewordene Einweihung in Randgebiete der großen Geheimnisse betrachtete. (...) Ebensowenig läßt sich bezweifeln, daß eine Genialität dieser Art die damit Begnadeten nicht zu Glückskindern im landläufigen Sinne macht. Sie sind leidensfähiger als der Durchschnitt ihrer Zeitgenossen, sie sind im rein Menschlichen immer wieder Prüfungen unterworfen, die zu bestehen Opfer und Entsagung erfordert, sie sind wie alle Menschen, und vielleicht in noch stärkerem Ausmaß, Versuchungen und Irrtümern ausgesetzt, und dem allen standzuhalten und es zu überwinden, erfordert einen Charakter, der die Vielfalt der sie auszeichnenden Gaben zugleich kontrapunktlich in Einklang bringt. Wo es, wie bei Agnes Miegel, zu diesem Einklang der künstlerischen und menschlichen Persönlichkeit gekommen ist, zu jener von ihr ausstrahlenden Harmonie der Versöhnung mit dem Geschick, die nur in aller Stille von ‚einer Seele, die gearbeitet hat‘, errungen werden kann, da stehen wir in Ehrfurcht vor dem Wunder einer wahrhaft erfüllten Berufung.“

Die „Aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“

Die hier genannte „aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“ ist an mancherlei Stellen in Berichten über ihr Leben und aus manchen ihrer Briefe ablesbar. Und gerade sie ist wohl eines der besten Zeugnisse dafür, daß hier tatsächlich ein Mensch immer wieder bei der Rückkehr von einem Flug seiner Seele ins „Jenseits“ (von Raum und Zeit - wie das von der Philosophie benannt wird) in den vormaligen „Seelenkerker“ in „aggressiver Bitterkeit gegen sich selbst“ Mauerstücke dieses Seelenkerkers wegzureißen drängte und die Fenster des Kerkers auch wirklich „aggressiv“ (und nicht nur „bürgerlich lahm“) zu erweitern suchte.

Agnes Miegel war sich bewußt, daß diese „Aggressivität gegen sich selbst“ nicht so weit gehen durfte, das eigene Licht gegenüber anderen, allzu „bürgerlichen“ Menschen unter den Scheffel zu stellen und dadurch allzu kleingläubig zu werden. Dies scheint gerade gegenüber ihrer großen, enttäuschenden Jugendliebe Börries von Münchhausen immer wieder Gegenstand des Gespräches gewesen zu sein (s. o.).

Wenn wir nach den in diesen Aufsätzen gebrachten Lebenszeugnissen von und über Agnes Miegel wieder in ihr erzählerisches Werk und in ihre Dichtungen schauen, ist uns vielleicht die Möglichkeit gegeben, vieles davon noch besser als zuvor in seinen tieferen Wurzeln zu verstehen.

Dann werden uns vielleicht auch die gelungene Lebensgestaltung und das Werk Agnes Miegels eine Ermutigung zur eigenen Entscheidung im eigenen Leben darstellen.

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Benutzte Literatur:

  1. Miegel, Agnes: Spaziergänge einer Ostpreußin. Feuilletons aus den zwanziger Jahren. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Köln 1985
  2. Miegel, Agnes: Wie ich zu meiner Heimat stehe. Ihre Beiträge in der „Königsberger Allgemeinen Zeitung“ (1926-1932). Hrsg. v. Helga und Manfred Neumann. Verlag Siegfried Bublies, Schnellbach 2000
  3. Miegel, Agnes: Gedichte. J.G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger (14. und 15. Tsd.) Stuttgart und Berlin 1927
  4. Miegel, Agnes: Herbstgesang. Neue Gedichte. Eugen Diederichs Verlag (9. - 18. Tsd.) Jena 1933
  5. Miegel, Agnes: Geschichten aus Alt-Preußen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1942 (1. Aufl. 1934) [enthält die Erzählungen „Landsleute“, „Die Fahrt der sieben Ordensbrüder“, „Engelkes Buße“, „Der Geburtstag“]
  6. Miegel, Agnes: Gesammelte Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, (21.-25. Tsd.) Jena 1940 (1. Aufl.: 1936)
  7. Miegel, Agnes: Werden und Werk. Mit Beiträgen von Prof. Dr. Karl Plenzat. Hermann Eichblatt Verlag, Leipzig 1938 [„Durch Dichtung zum Dichten“, Bildnisse von 1905 u. 1938]
  8. Miegel, Agnes: Ostland. Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält Gedichte wie: „An den Führer“, „Hymne an Ostpreußen“ (1937), „Sonnwendreigen“ (Danzig 1939), „An Deutschlands Jugend“ (Herbst 1939)]
  9. Miegel, Agnes: Im Ostwind. Erzählungen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält die Erzählung „Lotte“]
  10. Miegel, Agnes: Und die geduldige Demut der treuesten Freunde ... Nächtliche Stunde mit Büchern. Verlag Wilhelm Langewiesche-Brandt, Ebenhausen bei München 1941
  11. Miegel, Agnes: Mein Bernsteinland und meine Stadt. (Mit 32 Farbtafeln.) Gräfe und Unzer Verlag, Königsberg/Pr. 1944 [eine große, lange, wenig bekannte Versdichtung]
  12. Miegel, Agnes: Gedichte und Prosa. Auswahl von Inge Diederichs. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1977 [darin auch Briefe A. M.s]
  13. Miegel, Agnes: Gedichte aus dem Nachlaß. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1979
  14. Miegel, Agnes: Es war ein Land. Gedichte und Geschichten aus Ostpreußen. (Redaktion: Ulf Diederichs und Christa Hinze) Eugen Diederichs Verlag, München 1983 (3. Aufl.: 1988)
  15. Agnes Miegel. Stimmen der Freunde zum 60. Geburtstage der Dichterin 9. März 1939. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1984 (Eine Auswahl aus dem gleichnamigen Sonderdruck: Eugen Diederichs Verlag, Jena 1939)
  16. Wagner, Ruth Maria (Hrsg.): Leben, was war ich dir gut. Agnes Miegel zum Gedächtnis. Stimmen der Freundschaft. [Ostpreußisches Mosaik, Band X], Verlag Gerhard Rautenberg, Leer/Ostfriesland o. J. (Unveränd. Nachdruck der gleichnam. Ausgabe: Verlag Gräfe und Unzer, München 1965)
  17. Piorreck. Anni: Agnes Miegel. Ihr Leben und ihre Dichtung. Eugen Diederichs Verlag, Korrigierte Neuauflage, München 1990 (1. Aufl.: 1967)
  18. Seidel, Ina: Lebensbericht 1885-1923. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1970
  19. Starbatty, Ursula (Bearbeiterin): Begegnungen mit Agnes Miegel. Jahresgabe 1989/90 der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1989
  20. Poschmann, Brigitte: Agnes Miegel und die Familie Münchhausen. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Bad Nenndorf 1992
  21. Schücking, Beate E. (Hrsg.): „Deine Augen über jedem Verse, den ich schrieb“. Börries von Münchhausen - Levin Schücking - Briefwechsel 1897-1945. Igel Verlag Literatur, Oldenburg 2001
  22. Diederichs, Ulf: Agnes Miegel, Lulu von Strauß und Torney und das Haus Diederichs. Die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft. Jahresgabe 2005 der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Überarbeiteter Festvortrag zu Agnes Miegels 125. Geburtstag, gehalten am 6. März 2004 in Bad Nenndorf

Eine "große Liebende in Schmerz, Seligkeit und Hingabe ..."

In unserem jüngsten Video (Yt) und in dem dazu gehörigen Blogartikel (Stg25) ist auf die frühe Liebeserfahrung der Dichterin Agnes Miegel (1879-1964) Bezug genommen worden und auf ihre bis ans Lebensende frische, unverbrauchte Schaffenskraft. Dazu hat der Verfasser dieser Zeilen schon um 2002 einen Aufsatz verfaßt, der bislang noch nie veröffentlicht worden ist. Er soll hier erstmals in leicht überarbeiteter Form zugänglich gemacht werden. Voran gestellt seien die beiden Endzeilen eines Gedichtes von Agnes Miegel aus dem Jahr 1903 (s. FüK21):

"Ich weiß, daß der Herr meine Sünden vergibt,
Denn ich liebte, wie nur eine Stuart liebt!"


Abb. 1: Agnes Miegel, 1902 (Bildarchiv Ostpreußen)

Im Jahr 1936 brachte die Dichterin Agnes Miegel eine Ausgabe „Gesammelte Gedichte“ heraus. Die Abfolge der darin zusammen gestellten Dichtungen kann wie eine Lebensbeschreibung der Dichterin gelesen werden. In der ungefähren Abfolge, in der „Lebensthemen“ im Leben der Dichterin selbst bedeutend geworden waren und dann wieder abgeklungen sind, klingen auch in dieser Ausgabe abschnittsweise jeweilige Lebensthemen in Gedichtform an.

„Aggressive Bitterkeit gegen sich selbst“

Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen

Am Anfang stehen - wie auch ungefähr in ihrem Erwachsenenleben - die berühmten Balladen Agnes Miegels, die lange Zeit in jedes deutsche Schulbuch gehörten. Mit diesen war sie um 1900 herum bekannt geworden (S. 3-72). Als solche war sie bekannt geworden zusammen mit zwei ihrer bedeutendsten, lebenslangen Freunde, nämlich zusammen mit den beiden Balladendichtern Börries von Münchhausen (1874-1945) und Lulu von Strauss und Torney (1873-1956). Unter anderem wird in diesen Balladen die tiefe Grausamkeit der Kriemhild der Nibelungen-Sage dichterisch neu gefaßt. Zugleich auch der Schmerz der Kriemhild über ihre eigene Grausamkeit. Schon die Zeitgenossen haben empfunden, daß diese Ballade auch dem tieferen Wesensgehalt der Nibelungen-Sage selbst sehr nahe gekommen ist. Und dies galt und gilt für viele historische Themen, die Agnes Miegel in ihren Balladen und Gedichten aufgegriffen hat.

Es folgen in einem weiteren Abschnitt dann eher persönlich gehaltene Gedichte. Unter anderem sind diese an die eigenen Vorfahren gerichtet. Außerdem folgen Gedichte über die Kinderheimat und über die Lebenszeit als heranwachsendes Mädchen (S. 73-79). Es folgt dann ein Abschnitt mit elf Liebesgedichten. Alle elf sind sehr persönlich gehalten (S. 80-90). Wie sollte es da ausgeschlossen sein - und das soll im folgenden begründet werden -, daß diese elf Gedichte dem Inhalt nach aus dem ersten - und wohl einzigen - großen Liebeserleben im Leben der Dichterin heraus entstanden sind. Bei diesem handelt es sich um ihre stolze und heftige Zuneigung zu dem für damalige Zeiten sehr unkonventionell lebenden Dichter Börries von Münchhausen.

Börries von Münchhausen (1874-1945)

Agnes Miegel blieb mit Börries von Münchhausen lebenslang befreundet. Ebenso bestand lebenslang ein herzliches, freundschaftliches Verhältnis zu seiner ganzen Familie, die in Niedersachsen beheimatet war. Nach ihrer Flucht aus Ostpreußen im Jahr 1945 siedelte sich Agnes Miegel deshalb in der Nähe dieses Familiensitzes an. Börries von Münchhausen selbst setzte sich immer wieder - sowohl im privaten Kreis wie öffentlich - für seine Dichterfreundin Agnes Miegel ein. Diese Umstände werden mit dazu beigetragen haben, daß Agnes Miegel sich zu ihren Lebzeiten niemals besonders deutlich über ihre frühe Leidenschaft für diesen Mann äußerte, ebenso wenig über die außerordentlich tiefe Verletzung, die dieselbe mit sich gebracht hat. 

Abb. 2: Agnes Miegel, 1902 (Bildarchiv Ostpreußen)

Die genannten elf Liebesgedichte lassen, würden sie tatsächlich aus der Zuneigung zu Börries von Münchhausen heraus entstanden sein, denselben auch keineswegs in einem guten Licht erscheinen. Zumindest soweit er nicht als Freund, sondern als Liebender angesprochen wäre. Wollte Agnes Miegel die bleibende Freundschaft zu ihm und seiner Familie nicht aufs Spiel setzen, durfte sie deshalb auch keine eindeutige Deutung dieser Gedichte für die Öffentlichkeit geben. Es fragt sich hinwiederum auch, warum ihr das überhaupt hätte wichtig erscheinen sollen. Diese Gedichte stehen auf eigenen Füßen, auch wenn man nicht um diese persönlichen Hintergründe rund um ihre Entstehung weiß.  

Agnes Miegel konnte über derartige Dinge zwar völlig freimütig sprechen - aber eher im vertrauten Kreis und nicht jedem Menschen, bzw. und „Philister“ gegenüber. Oftmals sprach sie nur verschlüsselt und in Andeutungen. So sagte sie einer guten Bekannten: „Man muß es für sich behalten, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister!“

Selbst in der ausführlichen, detailreichen Biographie über Agnes Miegel, die nach ihrem Tod 1967 von ihrer nahestehenden Freundin Anni Piorreck heraus gebracht worden ist, wird ihre jugendliche Zuneigung - bzw. flammende Zuneigung - zu Börries von Münchhausen nur in wenigen Sätzen angedeutet. Dasselbe gilt von der 1990 heraus gekommenen, korrigierten Neuauflage derselben. Bei dieser Gelegenheit wird keinerlei Name genannt. Diese Biographie ist aus der Kenntnis vieler wesentlicher Einzelheiten im Leben von Agnes Miegel heraus geschrieben. Und sie ist, zumal sie bisher die einzige geblieben ist (Stand 2002), außerordentlich wichtig und verdienstvoll.

Eine unbefriedigende Biographie über Agnes Miegel (1967/1990)

Heute (2002) jedoch, vierzig Jahre nach dem Tod von Agnes Miegel und nach dem Hinwegsinken ihrer ganzen Zeitepoche spätestens in der Kulturrevolution von 1968, läßt die Biographie von Anni Piorreck den Leser unbefriedigt zurück. Die ganze Zeit- und Kulturepoche, in der Agnes Miegel gelebt und gewebt hat, wird letztlich doch nicht in einem „großen Wurf“ gezeichnet, wie es notwendig wäre, um ein kraftvolles Lebensbild zu geben. Es wird nicht ein mit vollen Pinselstrichen gemaltes Lebensbild gegeben, wie es einer so bedeutenden Dichterin wie Agnes Miegel angemessen wäre.

Der vorliegende Aufsatz möchte in Richtung einer neuen, zeitgemäßen Auffassung des Lebensbildes von Agnes Miegel hinwirken. Sie war und ist eben nicht nur die allseits verehrte „große Dichterin“ Ostpreußens - vor allem unter den ostpreußischen Vertriebenen. Sondern sie war vor allem ein Mensch mit seiner Freude und seinem Schmerz. Ein Mensch, den man viel besser versteht, wenn man über prägende Phasen, Erlebnisse seines Lebens nicht nur in Andeutungen erfährt. Und zwar in Andeutungen, die man fast überliest. Nein, sie müssen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt werden. Dann kommt uns ein solcher Mensch vielleicht in manchen Lebensinhalten auch viel „moderner“, „zeitgemäßer“ vor, als dies sonst der Fall sein mag.

Die Titel der genannten elf Liebesgedichte  lauten: „Liebe“ („Ich warf wie tote Muscheln / Liebe und Treu in den Sand ...“), „Wer ruft die Rose zurück“, „Flieder“, „Der es gegeben“ (entstanden 1927), „Der Garten“, „Johanni“, „Weit in der Fremde“, „Neumond“, „Frühling“ und „Dämmerung“ („Du sprichst -  ich höre schweigend hin / Wie fremd ist deiner Stimme Klang! / Und ich zermartre meinen Sinn / Was so an dir mein Herz bezwang. ...“).

Nach diesen elf Gedichten folgen in dem Gedichtband von 1936 noch weitere "Lebensthemen". Sozusagen das große Leid dieser Liebe ausklingen lassend und die Gedanken allmählich wieder auf andere Erlebnisinhalte richtend, folgen weniger persönliche Gedichte über das Erleben einer Witwe, einer späten Frauenliebe und ähnliches (S. 91-95).

Es folgt dann das berühmte Gedicht „Heimweh“, das schon im Jahr 1907 entstanden war („Ich hörte heute morgen / Am Klippenhang die Stare schon ...“). Ein Gedicht ist an eine gestorbene alte Frau gerichtet, möglicherweise die Mutter von Börries von Münchhausen, die, wovon noch die Rede sein wird, eine sehr enge Freundin von Agnes Miegel geworden war. Außerdem folgen Gedichte an Jugendfreundinnen und -freunde (etwa gefallen im Ersten Weltkrieg) und an Kinder in der Verwandtschaft, an deren Schicksal die kinderlose Agnes Miegel Anteil genommen hat.

Abb. 3: Agnes Miegel, Sommer 1901 (Bildarchiv Ostpreußen)

Dann folgt wieder fast eine Zäsur mit dem Gedicht „Aufschrei“ aus dem Jahr 1927 („Für dies verzettelte Leben, / Das wie Wasser durch meine Hände rann ...“). Dieses Gedicht gibt auch die Stimmung wieder, die sich in vielen brieflichen Äußerungen Agnes Miegels aus dieser Zeit widerspiegelt. Damals mußte sie - in der Blütezeit ihres Lebens - fast nur für und mit ihren beiden alten, kranken Eltern und in deren Alt-Königsberger „Bürgerlichkeit“ leben. Sie tat das in treuer Pflichterfüllung, zugleich aber auch immer wieder in „aggressiver Bitterkeit gegen sich selbst“. Über diesen bis heute wenig beachteten Charakterzug Agnes Miegels wird weiter unten ebenfalls noch zu handeln sein.

Immer wieder beschlich sie der ungeheure Verdacht, daß sie diesen Kindes-Pflichten letztlich ihre große Begabung als Dichterin aufopfern würde. Aus ähnlichen Stimmungen heraus entstand wohl das Gedicht „Ich“ (im Jahr 1920) („In dem Geschwätz und Gewühl / vor dem plätschernden Brunnen am Markte ...“). Dann folgt ein Gedicht, das man eigentlich nur anti-christlich nennen kann:  „Heimat“ (ebenfalls aus dem Jahr 1920) („Nicht in euren Himmel will ich kommen / Wo die weißen Engel Harfe spielen, / In die alte Heimat werd ich wandern ...“).

Und nun stehen da einige der großen, stolzen Gedichte auf die vielfältige Geschichte Ostpreußens und auf seine berühmten Gestalten (S. 109-141), um derentwillen sich Agnes Miegel in die Herzen ihrer Landsleute und der Deutschen eingeschrieben hat („Kynstudt“, „Hennig Schindekopf“ [entstanden schon 1901], „Heinrich von Plauen“ und andere). Dann folgen Gedichte auf die Zeitereignisse des Ersten Weltkrieges und die unmittelbare Nachkriegszeit, etwa: „Über der Weichsel drüben ...“ (aus dem Jahr 1927) („Über der Weichsel drüben, Vaterland höre uns an! / Wir sinken wie Pferd und Wagen versinken im mahlenden Sand ...“), „Die Fähre“ (entstanden an der Memel im Jahr 1920, kurz bevor das Memelland an Litauen abgetreten wurde).  Außerdem: „England 1918“ („Weißbrüstige Tochter Alfreds / die ihm die Keltin gebar ...“ ) (S. 142-168).

Das sind Anklagen an die Ereignisse der Zeit und an die Mißhandlung ihrer Heimat, die Abtrennung des Memellandes und Westpreußens an fremde Staaten - während die kalte, „weißbrüstige Tochter Alfreds“ „am Pool von London“ sitzt und große Völker und Volksgruppen durcheinanderschüttelt wie bunte Perlen in ihrer Hand. - - - 

„Von da an haben wir uns zwei Jahre lang sehr lieb gehabt“ (1898)

Doch zurück zu dem Eingangsthema: Wer war Börries von Münchhausen, den Agnes Miegel mit 19 Jahren kennenlernte? Dazu muß eine Literaturhistorikerin angehört werden, deren Veröffentlichung die Anregung zur Erarbeitung des vorliegenden Aufsatzes gegeben hat. Über diesen Mann berichtet sie folgendes (Poschmann, S. 8): „Zu Beginn seiner Göttinger“ (Studien-) „Zeit hatte er seinen ersten Gedichtband veröffentlicht, der enthusiastische Besprechungen auslöste und außer seinem ohnehin sehr ausgeprägten Selbstbewußtsein bei ihm das Gefühl dichterischer Berufung unabweisbar bestätigte. Man gab sich als Bohemien und verachtete alles Bürgerliche und Konservative, vor allem die hannoversche adlige Gesellschaft. Diese Lebenshaltung steigerte sich noch, als Münchhausen mit einigen seiner Dichterfreunden im Wintersemester 1897 nach Berlin übersiedelte mit dem Vorsatz, sein Jurastudium abzuschließen. Doch ehe es soweit war, stürzte er sich in ein - nach seinen eigenen Worten - ‚ausbordendes Kunstzigeunertum‘, wurde Sozialdemokrat, trat aus der Hannoverschen Landeskirche aus und trug in ‚frechster Herausforderung einen Rosenkranz als Pfeifenschnur‘. Nächte hindurch saß er in den Kriminellenkellern im Norden Berlins mit üblem Volk zusammen, in der Hoffnung, ‚bei ihnen Güte und Edelsinn ..., Selbstlosigkeit und Hingabe an irgendeinen Gedanken‘ zu finden. Er ließ sich als Chefredakteur für die ‚Münchhausen‘ benannte satirische Zeitschrift gewinnen und brachte alttestamentarische Balladen unter dem Titel ‚Juda‘ heraus - beides Provokationen für die Familie und für die hannoversche Gesellschaft, vor allem, als er aus dem Büchlein ‚Juda‘ noch Dichterlesungen in dem Zionistischen Verein in Hannover hielt.“ 

Auch noch weitere, ähnliche Schilderungen zeigen insgesamt einen Mann, der in seiner lässigen Nonchalance auf ein ähnlich oberflächlich gesinntes, aber ebenfalls doch auch begabtes Mädchen von 19 Jahren Eindruck machen konnte. Das geschah, als die junge Agnes zusammen mit ihrem Vater auf der Reise nach Paris nach Berlin kam, um mit Börries von Münchhausen über die Veröffentlichung ihrer Gedichte persönlich zu sprechen.

Abb. 4: Börries von Münchhausen (wohl um 1899 herum)

Im kulturellen Gedächtnis blieb Agnes Miegel als alte, verehrte Dichterin der Stadt Königsberg und des Landes Ostpreußen, sowie der ostpreußischen Vertriebenen in Erinnerung. Obwohl sie ihre heftige Leidenschaft für den exzentrischen Dichter um die Jahrhundertwende niemals völlig geheim gehalten hat, ist dieselbe bis heute in ihren Lebensbeschreibungen höchstens vage angedeutet worden.

Und doch klingt auch durch ihre starke Heimatverbundenheit bis an ihr Lebensende jene Verachtung für alle Bürgerlichkeit hindurch, jene „Bohemienhaftigkeit“, von der auch die Leidenschaft für Börries von Münchhausen bestimmt gewesen sein muß. Wenn es um ihre Heimatliebe ging, konnte sie noch an ihrem Lebensende sprechen von „Spießerseelen und ihren kleinen Seelenwehwehs“ - als wäre sie immer noch eine 19-Jährige.

„Sie sagte einfach ‚Wie du willst‘ “

In seinen eigenen, autobiographischen Aufzeichnungen aus den 1930er Jahren hat Börries von Münchhausen über seine Liebe zu Agnes Miegel das folgende geschrieben (zit. n. Poschmann, S. 10f): „Im Jahre 1898 hatte ich von einem jungen Mädchen aus Königsberg Gedichte zugeschickt bekommen, die mich mehr als begeistert hatten. Ich sah auf den ersten Blick: Eines der ganz seltenen weiblichen Genies legte diese Verse und die Worte dieser Briefe aufs Papier. Wundervolle hell-dunkle Stimmungen klangen auf, wunderlicher Aberglauben rankte um einen kindisch-kindlichen Glauben.“ In dieser, gegenüber dem weiblichen Geschlecht natürlich kraß überheblichen Art schreibt Börries von Münchhausen weiter. Er berichtet dann:

„Unser Briefwechsel nahm in wenigen Wochen sehr herzliche Formen an. Im August kam sie mit ihrem Vater, der sie in eine Pariser Pension brachte, durch Berlin und blieb drei Tage hier.“ Münchhausen berichtet wie er - nachdem eine erste Verabredung nicht zustande gekommen sei -, seiner selbst unbewußt wie ein Blinder durch die Großstadt und das Menschengedränge Berlins geradewegs zu ihr „hingeführt“ worden sei - in einen vollgedrängten Bierkeller Unter den Linden. Dieses „blinde“ Hinfinden paßt durchaus zu manchen Inhalten von Gedichten Agnes Miegels und der darin enthaltenen „Ahnungen“ und „Gesichte“. Börries von Münchhausen schreibt: „Als ich den Kopf hob, da wußte ich, daß dieses dunkelhaarige Mädchen, das mit seinem Vater am Tisch saß, meine Briefschreiberin sei. Und ich streckte ihr die Hand hin und sagte: ‚Guten Tag, Agnes Miegel!‘ Und sie sagte in ganz selbstverständlichem Tone: ‚Börries von Münchhausen.‘ Ihre Stimme war weich, tief und voll, gar nicht so wie ihre 19 Jahre.

Sie war sehr schön.

Dann begleitete ich sie in ihr Gasthaus. Im Gewühl der Friedrichstraße wurde sie einen einzigen Augenblick von ihrem Vater abgedrängt, und in dieser einzigen Sekunde sagte ich: ‚Morgen um 10 am Theater des Westens‘.

Sie sagte einfach: ‚Wie du willst‘. Von da ab haben wir uns zwei Jahre lang sehr lieb gehabt. Wir haben uns freilich nur selten gesehen. Als sie aus Paris kam, holte ich sie in Köln ab, und wir machten eine kleine Rheinreise.“ - Und auf diese Rheinreise - als Unverheiratete - wird sich noch eine viel spätere Äußerung oder Andeutung von Agnes Miegel bezogen haben, die weiter unten gebracht werden wird. - „Und dann, als sie in Berlin Pflegerin im Friedrich-Kinder-Krankenhaus war. Aber die kargen Stunden wurden uns zu Jahren, und ein täglicher Briefwechsel vertiefte unser Verhältnis.“ Börries von Münchhausen behauptet dann:

„Wir haben alles miteinander geteilt, am innigsten unsere künstlerische Arbeit. In meinen Gedichten stecken viele Verse, die sie mir sagte, in ihren Büchern viele von mir, und wir haben oft gelacht, wenn wir dachten, ob die Gelehrten des Schrifttums wohl die Anteile auseinandertrennen könnten. In einzelnen Fällen ging die Arbeit des anderen fast an die Hälfte heran.“ - Und weiter schreibt er:

Abb. 5: Agnes Miegel, 1902

„Schließlich haben wir uns getrennt, wie wir uns zusammengefunden hatten: Als freie Menschen, aus freien Stücken. Und nicht ein Tropfen Bitterkeit ist in den Kelch der Freundschaft gefallen, die uns seither brieflich verbindet.“ 

Wenn man diese Aussage vergleicht mit den Briefen von Agnes Miegel an ihre Freundinnen oder auch mit ihren Gedichten zu diesem Thema, wird deutlich, wie unterschiedlich diese Trennung „aus freien Stücken“ von beiden Seiten aufgefaßt worden ist - und wie wenig Börries von Münchhausen sich das bewußt gemacht hat. Er schreibt: „Wir haben es vom ersten Tag an gewußt und haben es wiederholt besprochen, daß diese Trennung einmal kommen müsse. Und trotzdem haben wir getan, als ob jene Monate ewig wären.“

Nach allem, was erkennbar wird, hat Agnes Miegel dieses Verhältnis und sein Ende - ganz für sich - noch in einer ganz anderen Weise empfunden.

Diese autobiographischen Aufzeichnungen von Börries von Münchhausen sind erstmals 1990 veröffentlicht worden (Poschmann, S. 10f) und geben - wohl bei mancher Beschönigung des eigenen Verhaltens von Seiten Börries’ von Münchhausen - eine ganz neue und andere Sicht vor allem auf die junge Agnes Miegel frei.

Lebenslang unverheiratet - „An mir hat es nicht gelegen“

Eine Freundin berichtet über ein Gespräch, das sie mit Agnes Miegel irgendwann in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg geführt hatte  (Ilse Reicke-von Hülsen in: Wagner, S. 63): „ ‚Man muß es für sich behalten, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister!‘ Mit leisem Lachen klingt die Stimme Agnes Miegels durch das vertraute Zimmer. Wir haben davon gesprochen, daß heut so überraschend oft Brautleute miteinander auf Reisen gehen. Heut, nach Jahren, stellt sich die Erinnerung an ein anderes Gespräch daneben; damals sagte Agnes Miegel: ‚Meine Ahnen haben sich nicht noch einmal verkörpern wollen. An mir hat es nicht gelegen ...‘ “ Hier ist sehr behutsam das angedeutet, was Börries von Münchhausen in seinen Aufzeichnungen deutlich ausspricht. Einerseits - wohl - die gemeinsame Rheinreise, andererseits die spätere Trennung.

Und auch Anni Piorreck, die Königsberger Freundin und erste Biographin Agnes Miegels, deutet sehr zurückhaltend - aber doch wohl treffend - diese Geschehnisse an (Piorreck, S. 46): „Ihre Schönheit und Anmut verschaffen ihr zwar manche Bewunderer, doch es scheint gerade bei diesen ersten frühen Begegnungen, als ob von vornherein jede Partnerschaft, die bei den anderen bald zur Verlobung und Ehe führt, ausgeschaltet sein müsse. Sie hat später oft darüber berichtet, und ihr Gedicht ‚Der Schatten‘ aus dem zweiten Gedichtband“ (von 1907) „hat dies verschlüsselt ausgesprochen.“

Weiter schreibt Anni Piorreck (Piorreck, S. 48f) von der „jungen Agnes als der großen Liebenden in Schmerz, Seligkeit und Hingabe. Der Mann aber, dem diese Liebe gehörte, war zwar künstlerisch hochbegabt, menschlich jedoch unzuverlässig - eine Don-Juan-Natur von verwöhnter Überlegenheit und Arroganz. Er war nicht der ebenbürtige Gefährte für das schwerblütige Mädchen, das er ständig betrog. ‚Herz, das mich immer verriet!‘ Obwohl Agnes bald seine menschlichen Schwächen erkannte, hat es fast anderthalb Jahrzehnte gedauert, bis sie sich von dieser Liebe hat lösen können. Dann aber schrieb sie (an Lulu von Strauß und Torney am 2. 3. 1914): ‚Ich habe mich mit einer Enttäuschung nach der andern abgefunden. Jetzt am Ende bin ich nur über eines erstaunt: wie unbedeutend, wie nebensächlich in meiner geistigen Entwicklung das war, was man Liebe nennt ...‘ “

Vermutlich wäre es aber ein großes Mißverständnis, wenn man zu der Einschätzung neigen würde, daß hier ein „Herz, das nie gelernt hat zu entsagen“, schon die letzte und vollständige Wahrheit über sein Leben ausgesprochen hätte. Im Jahr 1914 war Agnes Miegel erst 35 Jahre alt. Lulu von Strauss und Torney (1873-1956), das muß hier ergänzt werden, war die gemeinsame Freundin von Börries und Agnes, die dritte damals bekannte Balladendichterin in ihrer Runde. Auch sie hatte zeitweilig ein Verhältnis mit Börries gehabt, das noch sehr viel später (in den 1930er Jahren) zu sehr tiefgreifenden Auseinandersetzungen mit dessen auch sonst noch oft betrogener Ehefrau Anlaß geben sollte.

An Reaktionen Agnes Miegels zu der hier behandelten Thematik sind etwa auch bekannt (Margarete Haslinger, in: Wagner, S. 31; dazu auch: Piorreck, S. 47f): „Einmal fragte ich sie in den letzten Jahren, weshalb sie ein frühes Liebesgedicht, das ich sehr liebte, nicht in ihre Gesammelten Werke aufgenommen habe. Mit einer abwehrenden Handbewegung sagte sie: ‚Nachempfunden! Es gibt Verse, die man nur in der Jugend schreibt. Aus Mangel an eigenem Erleben gibt man dann nur von anderen gehörte Worte und Gefühle wieder, hingerissen von ihrer Magie ...‘ “

„Daß sich nicht freuen die Töchter der Philister ...“

Konkreter ist von der Literaturhistorikerin zusammenfassend zu erfahren (Poschmann, S. 11.13): „Bis über beide Ohren verliebt, lernte sie auf der Rückreise von Paris in Berlin sein“ (Börries‘) „Leben und seine Lebensverhältnisse kennen. Und das kann nur ein Schock für sie gewesen sein: An jedem Finger eine Freundin, von denen die eine oder andere zeitweise seine Wohnung teilte, eine andere Dichterin, Anna Richter, die ihn anbetete und deren Gedichte er in der Zeitschrift ‚Münchhausen‘ veröffentlichte. Sein flottes Leben spiegelt sich in dem Briefwechsel mit seinen Eltern, in dem sich Karten wie diese befinden:

‚Komme Freitag 15 Uhr 24 in Hannover an. Bringe Anna mit.‘ Darauf antwortete der Vater: ‚Anna Ritter wird uns natürlich hier als Gast sehr willkommen sein, ebenso wie Agnes Miegel.‘ Dann die postwendende Karte des Sohnes: ‚Ei herrje - nee, alter Herr, nicht Anna Richter, sondern Anna Sahlis!‘

Agnes Miegel blieb nichts anderes übrig, als sich zurückzunehmen, ihre Gefühle auf ein freundschaftliches Verhältnis zu reduzieren, um das künstlerische Miteinander zu retten. (...) Dennoch gibt es einige Verse, die ihre unglückliche Situation gegenüber Börries von Münchhausen so konkret widerzuspiegeln scheinen, daß man darin eine Umsetzung des eigenen Erlebens vermuten darf, so das Gedicht:

Liebe
Ich warf wie tote Muscheln
Liebe und Treu in den Sand,
Vergaß wie welke Blumen
Vater und Vaterland.

Dachte an Leid und Reue
Fluch und Segen nicht,
Dachte nur an dein schönes
Hochmütiges Gesicht.

Und all meine Liebe
Achtest du so gering
Wie einen blinden schmalen
Unechten Krämerring!“

Von Seiten der Literaturhistorikerin ist über Börries zu erfahren: „Seinem Vater, der ihn drängte, endlich Examen zu machen und standesgemäß zu heiraten, schrieb er“ (Börries) „1899, er halte nichts von der ‚durch das beständige Dienen veredelten christlichen Frau ... Diese Frauen sind immer Sklaven oder Tyrannen ... Mein Ideal als Frau ist in vielem die Tante Frieda Lipperheide. Daneben Agnes Miegel.‘ “ Die genannte Tante war eine Freundin der Mutter von Börries v. M. und Herausgeberin einer modernen Frauenzeitung. Es sei noch ein anderes Gedicht Agnes Miegels aufgeführt, das wohl als Ausdruck des Erlebens der Liebe zu Börries von Münchhausen aufgefaßt werden kann:

Der es gegeben

Der es gegeben
Daß ich so jung dich fand,
Gott hielt dein und mein Leben
Wie Blumen in seiner Hand.

Daß er die eine
Verwarf und zertrat,
Er weiß alleine
Warum er es tat.

Der nimmt und der gibt
Weiß, warum er uns schied - 
Herz, das mich immer geliebt,
Herz, das mich immer verriet.

So kurz nur gegeben
Die Frist, die uns band -
Gott hielt dein und mein Leben
Wie Blumen in seiner Hand!

Börries von Münchhausen hingegen schrieb ein Gedicht ganz anderer Art und ganz anderen Inhalts über sein Verhältnis zu Agnes Miegel (zit. n. Poschmann, S. 18):

Meiner Freundin (A. M.)

Wohl brach ich oft die Treue,
Die ich so fest versprach,
Und gab den Schwur aufs neue,
Bis wieder ich ihn brach.

Dir hab ich nicht gegeben
Das oft gebrochne Wort,
Und weiß: mich hält fürs Leben
Das ungesprochne Wort.

Wenn man aus der Perspektive von Agnes Miegel auf diesen Börries von Münchhausen schaut, dann erscheint er als ein durch und durch unsympathischer Mann. Wohl ein nicht ganz leicht zu durchschauender Charakter, dieser Börries von Münchhausen.

Der Brief- und Besuchkontakt zwischen Agnes Miegel und Börries von Münchhausen hielt bis zu dem Freitod des letzteren nach Kriegsende 1945 an. Und auch noch die Wahl des Alterswohnsitzes von Agnes Miegel in Bad Nenndorf ist von der Nähe zu dem Stammsitz Apelern der Familie von Münchhausen und von dem engen Verhältnis, das Agnes Miegel Zeit ihres Lebens zu dieser Familie unterhielt, bestimmt.

„Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung ...“

Das Leben Agnes Miegels (1879-1964) - Neue Zeugnisse und Sichtweisen - 2. Teil

„Was seid ihr beiden für verständige Leute“

Abb. 6: Agnes Miegel, 1906 (Bildarchiv Ostpreußen)
Im ersten Teil dieser Aufsatzreihe ist von der Jugendliebe Agnes Miegels zu Börries von Münchhausen berichtet worden. In diesem zweiten Teil wird durch lose Anführung wenig bekannter Lebenszeugnisse aus den weiteren Lebensjahrzehnten sowohl eine Charakterisierung des weiteren Lebensganges und der inneren Entwicklung von Agnes Miegel gegeben wie auch eine Charakterisierung der Art des „Nachzitterns“ dieser großen Jugendliebe durch die weiteren Lebensjahrzehnte.

Nebenbei sei erwähnt: Die Bebilderung dieser Aufsatzreihe profitiert von jenen Funden, die man auf dem Bildarchiv Ostpreußen machen kann.

Von Seiten der Literaturwissenschaft wird zu der Trennung von Börries von Münchhausen noch einmal die Reaktion der Mutter von Börries berichtet (Poschmann, S. 14-16): „Trotz aller Boheme, trotz aller nach außen demonstrierten Ablehnung der bürgerlichen und erst recht adligen Konvention war Börries von Münchhausen sich in seiner jugendlich-genialischen Schizophrenie“ (oder einfacher: seiner egoistischen Arroganz) „immer bewußt, daß ihm als Angehörigen des niedersächsischen Uradels nur eine standesgemäße Heirat anstand. Das hatte er in ehrlicher und unbarmherziger Offenheit seiner verliebten Freundin wohl von Anfang an zu verstehen gegeben. (...)

Als die Begeisterung des Berliner Studenten für seine Freundin im fernen Königsberg immer höhere Wellen schlug, fragte seine Mutter schließlich an, was er mit dem Mädchen vorhabe, und Börries klärte sie - unterstützt durch beiderseitige Briefe - darüber auf, daß er von vornherein klare Verhältnisse geschaffen hätte und Agnes Miegel das genauso sähe.

‚Tausend noch mal‘, entfuhr es seiner Mutter im Antwortschreiben, ‚was seid Ihr beiden für verständige Leute, Du und Agnes Miegel, nämlich Du für sie und sie für Dich. Aber weißt Du, daß das Mädel mir ganz leid tut? Wer so ideal empfindet, wie sie nach ihren Versen tun muß, und hat dabei so unbarmherzig klare Augen fürs Reale, dem muß das Leben manchmal schwer sein zu leben! Aber sie muß durchaus gesund sein - von innen heraus und im höheren Sinne gemeint - und so wird sie der Zwiespalt nicht brechen.‘ “

Einerseits scheint die Mutter hier doch viel über Agnes Miegel verstanden zu haben. Andererseits sind ihre Worte wohl nicht geeignet, die Leichtfertigkeit ihres Sohnes scharf und eindeutig genug zu charakterisieren. Die in Sprachen und manchem anderem hochbegabte Mutter von Börries von Münchhausen, Clementine (gestorben im Jahr 1913), die in Apelern wohnte, ist wenig später eine enge mütterliche Freundin Agnes Miegels geworden.

Clementine von Münchhausen (1901)

Diese Freundschaft ist durch Börries vermittelt worden, der seiner Mutter, so berichtet uns die Literaturwissenschaft (Poschmann, S. 26), „im Mai 1901 aus Sahlis“ (dem Wohnort seiner künftigen Frau Anna) „schrieb, daß er seiner zukünftigen Frau Gedichte von  ‚Bulck und Miegel vorgelesen hatte, die beide in diesen Tagen erschienen‘  sind.  ‚Mutti, willst Du vielleicht der Tutt‘ - das war der Kosename der Dichterin - ‚mal ein paar Worte über ihr Buch schreiben? Sie hat doch eigentlich so recht keine Mutter, und da möchte ich sie an meine mal anbeißen lassen.‘

Clementine packte ein Paket voll Lavendel und Gartenblumen und schrieb einen Brief dazu, der das Mädchen beglückte ob der ‚Freude und des Interesses an meinem Talent‘. Schon dieser erste Brief der jungen Dichterin an die Unbekannte ist von einer entwaffnenden Offenheit, und sie erklärte das so:  ‚Weil Sie mir so gar nicht fremd waren. Der Brief sieht mich so freundlich an. Ich habe solche Angst vor Ihnen gehabt. Börries und Lange und Hans von der Gabelentz sagten, Sie seien so schrecklich klug. Aber die 3fache Großmutterschaft beruhigten mich.‘ Sie entschuldigt ihr Herzausschütten: ‚Wem soll ich alles sagen, was mir durch den Kopf geht und im Herzen steht: - ich hab keinen. - Und es schreibt sich sehr schön.‘ “

Abb. 7: Agnes Miegel "und Lise", zwischen 1900 und 1905

Börries von Münchhausen ging also seine „standesgemäße“ Ehe ein. Er lebte fortan auf der Burg Windischleuba in Thüringen. Aber auch seine standesgemäß angetraute Ehefrau hatte ihr ganzes Leben über unter den vielen „Nebenfrauen“ ihres Mannes zu leiden. Zu diesen „Nebenfrauen“ gehörte letztlich auch - aber wohl in distanzierterem Sinne als gute Freundin - weiterhin Agnes Miegel. Mit ihr blieb er in stetigem Briefwechsel und beriet sie auf ihren Wunsch hin auch in geschäftlichen und Verleger-Fragen.

Im April 1901 versucht Agnes Miegel in einem Brief an ihre Freundin Lulu, ihr eigenes sich andeutendes Lebensschicksal von der heiteren Seite zu nehmen (Inge Diederichs, S. 250): „Komm und erzähle mir mehr von der Lou Salome und ihren Ansichten über die Ehe. Ich schwanke seit vorgestern, ob ich später ins Kloster gehen soll oder meinem Jugendfreund Carl Bulcke einen Heiratsantrag machen. Ich verstehe ihn so gut. - Ich weiß noch nicht recht, was von beidem ich tun werde. Ich denke zuerst das zweite, da kann ich mich immer noch mal anders besinnen.“ Lou Andreas Salome war die Freundin Friedrich Nietzsches und Rainer Maria Rilkes gewesen, später auch von Sigmund Freud. Carl Bulcke, ein Königsberger, hatte 1900 seinen ersten Roman und 1901 einen Gedichtband herausgegeben.

„In diesem Augenblick gingst Du für immer ganz in mein Leben ein“

Lulu von Strauss und Torney-Diederichs - seit 1916 war sie mit dem Verleger Eugen Diederichs verheiratet und 1930 Witwe geworden - veröffentlichte im Jahr 1939 zum 60. Geburtstag Agnes Miegels das folgendes Gedicht (St. d. Fr.):

Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung!
Denkst Du der Stunde? Die Großstadt dröhnte von ferne -
Zögernd in fremder Tür, fragendes Lächeln im Auge,
Bräunlichdunkel und schmal, immer noch seh‘ ich Dich stehn!
...
Als wir uns fanden, Schwester, wie waren wir jung!
Wo beginnt und wo endet strömend Geben und Nehmen
Zwischen denen, die früh Wahl und Schicksal verband?
Ferne ist nicht mehr Ferne, Eins weiß tief um das Andre,
Auch getrennt auf dem Weg Eins des Andern Geleiter:
Immer lauschend tief innen der schwestervertrauten Stimme,
Grüßend im Auge des Andern unvergangene Jugend,
Grüßend in Werk und Gesang schwestervertrautes Herz.

An einem solchen Gedicht wird deutlich, daß auch - oder gerade? - jene für Deutschland im Nachhinein nur als „Schreckenszeit“ charakterisierte Zeit - ein Jahr wie das von 1939 - eine ganze Fülle von hochwertigem kulturellem Schaffen hervorbrachte, das wohl, soweit dies Literatur betrifft, von der Zeit nach 1945 nicht mehr erreicht worden ist. Es war dies auch eben jene Zeit, in der Lulu von Strauss und Torney für die sogenannten „Deutschen Christen“ eine „deutsche“ Bibel ganz neu dichtete.

Aber zurück in die Anfangszeit dieser Freundschaft kurz nach der Jahrhundertwende. Agnes Miegel berichtete zum 60. Geburtstag ihrer Freundin im Jahr 1933 über eine ihrer frühen Begegnungen im August 1901 in einer Försterei bei Nienstedt am Deister, wo Agnes Miegel auf einem Genesungsurlaub weilte (Ulf Diederichs, S. 18): „Du hattest Dich angekündigt, es kam ein heftiges Gewitter nach heißem Tag und so konnte ich Dir erst entgegengehen, als es zu spät war, Dich noch auf der weit abgelegenen kleinen Bahnhaltestelle zu erreichen. Ich dachte, eins der Dorfwägelchen würde Dich mitbringen (…). Da standest Du auf einmal oben vor mir, so als ob Du mitten aus dem grünen Wald tratest, triefend naß in einem bläulichen Kleid und heiß vom raschen Lauf mit einem frohen, überraschten Willkommsruf, lachend und voller Wiedersehensfreude - während der warme silberne Sommerregen in großen Tropfen wie Tränen über Dein Gesicht strömte. - Immer, wenn ich fühle, daß auf mein Suchen Deine Gedanken mir antworten, sehe ich Dich so wieder vor mir, - in dem rauschenden grünen Wald des Landes, das für mich DEIN Land ist und bleibt, in dem silbernen Schein und quellenden Duft von trinkender Erde und gesättigtem Laub, ein einziger Gruß Dein ganzes Wesen und Dein Gesicht so froh und blühend unter diesem strömenden sommerwarmen Schauer.

In diesem Augenblick, wie Du den Waldweg herunter gingst, gingst Du für immer ganz in mein Leben ein.“ 

„ ... ein Hauch der großen Geschichte, fern wie Meerwind“ (um 1902)

Am 17. Februar 1902 schreibt Agnes Miegel an ihre Freundin Lulu über den Vortrag einer gefeierten Schriftstellerin (Gertrud Prellwitz) in Königsberg (Inge Diederichs, S. 251): „Die Königsberger sind ihre begeisterten Anhänger und hören mit Wonne ihre Vorträge. Für die ist das auch gerade die richtige geistige Sonntagsschule. Ich hör zu - wie ich immer zuhöre (darauf ist man heutzutage dressiert), aber es stört mich weiter nicht, es ist keine geistige Massage für mich. H. G. sagt nämlich: Der Philister ist da, um Kinder zu zeugen und das viele Bier auszutrinken, das gebraut wird - den Künstler braucht der Philister als Masseur, wenn er zu fett wird.“ - Sie war sich bewußt, daß auch sie manchmal einen solchen „Masseur“ brauchte, schreibt sie doch über ihre alten Eltern, deren einzige Tochter sie ist, in dem gleichen Brief: „Es gibt eine schöne Rede von der unsterblichen Seele. Meine Angehörigen, glaub ich, haben noch nie daran gedacht, daß ich auch so eine habe. Mutter versorgt meinen Küchenschrank, Vater meinen Geldbeutel - und dadurch mein Bücherspind, aber die sogenannte Seele, die etwas ganz für sich ist, unabhängig von Klugheit oder Küchenodeur - nein, die ist ihnen ganz fremd an mir.“

Abb. 8: Die junge Agnes Miegel
Und nach weiteren Ausschweifungen über die Königsberger, zu denen sie selbstverständlich zum Teil auch ihre Eltern zählt: „Und hinter diesem kleinen Gekribbel - so klein sind sie, daß sie es nicht sehn - groß, grau und lastend, die blutdunkle Geschichte des Koloniallandes - der ewige Kampf zwischen schwarzem und dem weißen Adler, ein Hauch der großen Geschichte fern wie Meerwind.“

Was für Worte. Im Dezember 1902 schreibt Agnes Miegel aus Berlin, wo sie an einem Kinderkrankenhaus arbeitet, an ihre Freundin Lulu von Strauß und Torney (Poschmann, S. 18f): „Ja, Kleines, es geht mir polizeiwidrig gut ... Ich lebe entschieden intensiv, verjünge mich mal wieder - für mich hat die Welt immer einen Jungbrunnen irgendwo ... Die Misere zu Hause, der Herr von Münchhausen auf Windischleuba, das Kinderkrankenhaus - alles ist in einem tiefen schwarzen Brunnen versenkt, dessen Stein ich schnell herunterdrücke, wenn er sich mal heben will. Das meiste ist oublie ...“ „oublie“ ist Französisch und heißt „vergessen“.

In den weiteren Jahren machte Agnes Miegel oft Besuch in Apelern. In das dortige Gästebuch ist sie eingetragen am 3. September 1901, am 18. September 1902 und für einen Aufenthalt vom 8. Juli bis 8. August 1904. Ein weiterer Aufenthalt ist durch Briefe für das Jahr 1903 belegt. Und was waren die Inhalte der Gespräche in Apelern? Etwa auch die mangelnde Erziehung, die Clementine ihrem Sohn hat angedeihen lassen - zumal was Frauen betrifft? Darüber ist wenig bekannt.

Wir hören über den Briefwechsel von Agnes Miegel mit Clementine von Münchhausen (Poschmann, S. 30): „Einen breiten Raum nimmt in der Korrespondenz auch die Situation der Frau in der damaligen Gesellschaft ein, an der beide litten, vor allem an der Arroganz der adligen und bürgerlichen männlichen Führungsschicht und der Professoren. Schon in ihrem ersten Brief an Agnes Miegel, in dem die Baronin den ersten Gedichtband begeistert begrüßte, erzählte sie eine Episode, die sie gerade bei einem literarischen Abend in Göttingen erlebt hatte, dessen Thema eben dieser kleine Gedichtband der unbekannten jungen Frau war. Als man sich über das ‚Entartete‘ eines Gedichtes wie ‚Das ungeborene Leben‘ erregte, konnte die Baronin nicht umhin, einzuwerfen, gerade diese Verse seien ihr ‚besonders lieb‘, woraufhin Professor Ehrenberg ihr folgendermaßen assistierte: ‚Wir müssen ja das Weib erst kennenlernen. Erst die moderne Frauenbewegung hat uns Frauen erstehen lassen, die einmal zu sagen wagen und wissen, wie ein Weib empfindet.‘ - ‚Ich dachte im Stillen‘, bemerkte die Baronin abschließend, ‚das hättet ihr auch früher erfahren können, wenn es einem von euch einmal eingefallen wäre, nachzufragen.‘ “

Eine Erzählung über das Lachen von Agnes Miegel handelt in dieser Zeit auf einem ostpreußischen Gut (Erna Siebert: Die Linde von Corben. In: Wagner, S. 21): „Einmal, es war noch im Anfang des Jahrhunderts, kamen wir wieder von der alten Linde, die so viel zu erzählen wußte, daß Agnes ihr immer zuhören mußte. Da kam uns ein junger Verwandter entgegen. Als er hörte, wer unser Gast war, sagte er ehrerbietig: ‚Gnädiges Fräulein, Ihr erstes Buch war gerade erschienen, als ich mich verlobte, es war auch das erste Geschenk für meine Braut.‘ Mit ihrem schönen offenen Lachen (wir sagten immer, sie konnte Fanfaren lachen), meinte sie schlagfertig: ‚Da habe ich ja 1,50 Mark an Ihnen verdient! Danke!“ So also versuchte Agnes Miegel also, schnell alle falsche, gestelzte, männliche „Ehrerbietigkeit“ auszuhebeln.

„Die Leute haben hier alle den Bildungsstand von S. M.“ (1907-1909)

Auch noch später (1907) schreibt Agnes Miegel nach Apelern (Poschmann, S. 28f): „Königsberg ist eine Hochburg des Dilettantismus, so außerhalb, so kulturlos. Die Leute haben hier alle den Bildungsstand von S. M..“ Mit „S.M.“ (Abkürzung für „Seine Majestät“) war damals immer - sehr respektlos - der deutsche Kaiser gemeint. Es handelte sich hier um eine „Majestätsbeleidigung“, die die Familie Münchhausen in Apelern recht vergnügt zur Kenntnis nahm. Denn die Münchhausens waren - als Angehörige des niedersächsischen Uradels - hohenzollern- und preußenfeindliche Anhänger des (hannoverschen) Welfen-Hauses, das 1866 von Bismarck entmachtet worden war.

Im übrigen aber hat Agnes Miegel gegenüber der Familie Münchhausen die Hohenzollern verteidigt. So schrieb im August 1909 Emmy Lange, die Erzieherin der Münchhausen-Kinder, mit der Agnes Miegel auch Freundschaft geschlossen hatte (Poschmann, S. 28): „Mir kann schon Agnes leid tun – das arme Lamm! Wenn wir über ihre hochverehrten Hohenzollern mit vereinten Kräften herfallen.“ 

Und dann kam irgendwann der Erste Weltkrieg. Aber das soll einem weiteren Teil vorbehalten bleiben. 

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Benutzte Literatur:

  1. Miegel, Agnes: Spaziergänge einer Ostpreußin. Feuilletons aus den zwanziger Jahren. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Köln 1985
  2. Miegel, Agnes: Wie ich zu meiner Heimat stehe. Ihre Beiträge in der „Königsberger Allgemeinen Zeitung“ (1926-1932). Hrsg. v. Helga und Manfred Neumann. Verlag Siegfried Bublies, Schnellbach 2000
  3. Miegel, Agnes: Gedichte. J.G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger (14. und 15. Tsd.) Stuttgart und Berlin 1927
  4. Miegel, Agnes: Herbstgesang. Neue Gedichte. Eugen Diederichs Verlag (9. - 18. Tsd.) Jena 1933
  5. Miegel, Agnes: Geschichten aus Alt-Preußen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1942 (1. Aufl. 1934) [enthält die Erzählungen „Landsleute“, „Die Fahrt der sieben Ordensbrüder“, „Engelkes Buße“, „Der Geburtstag“]
  6. Miegel, Agnes: Gesammelte Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, (21.-25. Tsd.) Jena 1940 (1. Aufl.: 1936)
  7. Miegel, Agnes: Werden und Werk. Mit Beiträgen von Prof. Dr. Karl Plenzat. Hermann Eichblatt Verlag, Leipzig 1938 [„Durch Dichtung zum Dichten“, Bildnisse von 1905 u. 1938]
  8. Miegel, Agnes: Ostland. Gedichte. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält Gedichte wie: „An den Führer“, „Hymne an Ostpreußen“ (1937), „Sonnwendreigen“ (Danzig 1939), „An Deutschlands Jugend“ (Herbst 1939)]
  9. Miegel, Agnes: Im Ostwind. Erzählungen. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1940 [enthält die Erzählung „Lotte“]
  10. Miegel, Agnes: Und die geduldige Demut der treuesten Freunde ... Nächtliche Stunde mit Büchern. Verlag Wilhelm Langewiesche-Brandt, Ebenhausen bei München 1941
  11. Miegel, Agnes: Mein Bernsteinland und meine Stadt. (Mit 32 Farbtafeln.) Gräfe und Unzer Verlag, Königsberg/Pr. 1944 [eine große, lange, wenig bekannte Versdichtung]
  12. Miegel, Agnes: Gedichte und Prosa. Auswahl von Inge Diederichs. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1977 [darin auch Briefe A. M.s]
  13. Miegel, Agnes: Gedichte aus dem Nachlaß. Hrsg. v. A. Piorreck. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf, Köln 1979
  14. Miegel, Agnes: Es war ein Land. Gedichte und Geschichten aus Ostpreußen. (Redaktion: Ulf Diederichs und Christa Hinze) Eugen Diederichs Verlag, München 1983 (3. Aufl.: 1988)
  15. Agnes Miegel. Stimmen der Freunde zum 60. Geburtstage der Dichterin 9. März 1939. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1984 (Eine Auswahl aus dem gleichnamigen Sonderdruck: Eugen Diederichs Verlag, Jena 1939)
  16. Wagner, Ruth Maria (Hrsg.): Leben, was war ich dir gut. Agnes Miegel zum Gedächtnis. Stimmen der Freundschaft. [Ostpreußisches Mosaik, Band X], Verlag Gerhard Rautenberg, Leer/Ostfriesland o. J. (Unveränd. Nachdruck der gleichnam. Ausgabe: Verlag Gräfe und Unzer, München 1965)
  17. Piorreck. Anni: Agnes Miegel. Ihr Leben und ihre Dichtung. Eugen Diederichs Verlag, Korrigierte Neuauflage, München 1990 (1. Aufl.: 1967)
  18. Seidel, Ina: Lebensbericht 1885-1923. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1970
  19. Starbatty, Ursula (Bearbeiterin): Begegnungen mit Agnes Miegel. Jahresgabe 1989/90 der Agnes-Miegel-Gesellschaft, Bad Nenndorf 1989
  20. Poschmann, Brigitte: Agnes Miegel und die Familie Münchhausen. Jahresgabe der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Bad Nenndorf 1992
  21. Schücking, Beate E. (Hrsg.): „Deine Augen über jedem Verse, den ich schrieb“. Börries von Münchhausen - Levin Schücking - Briefwechsel 1897-1945. Igel Verlag Literatur, Oldenburg 2001
  22. Diederichs, Ulf: Agnes Miegel, Lulu von Strauß und Torney und das Haus Diederichs. Die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft. Jahresgabe 2005 der Agnes-Miegel-Gesellschaft. Überarbeiteter Festvortrag zu Agnes Miegels 125. Geburtstag, gehalten am 6. März 2004 in Bad Nenndorf

Der prägende Charakter des Ersterlebnisses der Geschlechtlichkeit als Paar

Das gemeinsame Entdecken der Sexualität als Paar
- Das Erleben der Urgewalt der Geschlechtlichkeit
- Die Ersterfahrung der Sexualität prägt tiefgehender für das weitere Leben
- Das "Erste Mal" wirft Licht oder Schatten auf das weitere Leben

Frauen, die bei ihrem "Ersten Mal" einen Orgasmus erleben, haben fünf bis zehn Jahre später genauso viel Lust auf Sex wie Männer. Allerdings sind das aktuell nur 12 % aller heterosexuellen Frauen. (Und dabei sind solche, die das Erste Mal als Kind und/oder erzwungen erlebt haben, schon heraus gerechnet.) (1)*)

Abb. 1: Ein Mann und eine Frau - Skulptur von Stephan Abel Sinding (1846-1922), 1889

Das ist - kurz gefaßt - das Ergebnis einer kanadischen Forschungsstudie, die 2022 prominent erschienenen ist (1). Sie will darauf aufmerksam machen, daß die beträchtlichen Geschlechtsunterschiede in der Sehnsucht nach geschlechtlicher Vereinigung (das sogenannte "gender gap" diesbezüglich) zu größeren Teilen "erlernt" sein könnten und nicht "naturgegeben", sprich angeboren sind. Und zwar erlernt und "geprägt" in beträchtlichem Umfang während der "sensiblen Phase" des Ersterlebnisses der Geschlechtlichkeit mit einem anderen Partner.

Schon seit hundert Jahren ist in der Sexualpsychologie davon die Rede, daß das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit mit einem Partner eine starke, prägende Macht für beide Geschlechter besitzt. Seit Konrad Lorenz entdeckte, daß es Prägung und prägungsähnliches Lernen gibt, und noch mehr seit die besondere Rolle des Bindungshormons Oxytocin erkannt worden war nicht nur für die Bindung zwischen Eltern und Kind, sondern auch für die Bindung der Geschlechter untereinander, hatte schon immer gemutmaßt werden können, daß das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit als Paar ein prägungsähnlicher Lernvorgang sein könnte. Und diese Vermutung erhält nun durch die neue Studie deutliche Bekräftigung.

Aus wissenschaftsgeschichtlicher Sicht kann gesagt werden: Daß das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit ein sehr prägender Vorgang sei, war schon im Jahr 1919 einer der Grundgedanken eines damals erschienenen Buches, nämlich von Seiten einer deutschen Psychiaterin und Frauenrechtlerin. Diese hat zu jener Zeit über die Inhalte ihres Buches auch viel besuchte Vorträge an der Universität München gehalten. Sie schrieb über ein ernstes Gesetz der Geschlechtlichkeit, der Sexualität, von ihr auch "Paarungswillen" benannt, das sagt (2, S. 63) ..

... daß die Art und Weise, in der der einzelne Mensch zum ersten mal in seinem Leben die Beglückung erlebte, weitgehend den Ausschlag gibt für die Art und Weise, in der sich dies Erleben am sichersten wiederholt.

Oder an anderer Stelle (2, S. 78):

Die Gesetzmäßigkeit der Eigenart des Erlebens im Einzelleben wird für das ganze Leben in hohem Grade bestimmt durch die Art der ersten Erlebnisse der Beglückung in der Jugendzeit.

Das Wort Beglückung war in späteren Auflagen ihres Buches als Eindeutschung des Wortes Orgasmus benutzt worden. Dieses Buch beschäftigt sich über viele, viele Seiten und Kapitel hinweg mit der scheinbar geringeren Orgasmus-Fähigkeit der Frauen im Vergleich zu der der Männer. Sie schreibt darüber etwa einleitend auch (2, S. 37):

Angesichts der Versuchung für die ärztliche Wissenschaft, einen allerdings "unnatürlichen" Zustand mit Krankheit zu verwechseln, müssen wir es fast begrüßen, daß erst in allerjüngster Zeit die Tatsache beachtet und bemerkt und mit einem Namen benannt wurde, daß sich überhaupt erst ein einziger Mediziner (O. Adler) eingehend mit der sogenannten "Frigidität" oder "Kälte" der Frauen befaßt hat.

Sie bezieht sich hier auf ein klassisches Werk der Sexualforschung mit dem Titel "Die mangelhafte Geschlechtsempfindung des Weibes" (1906, 1910 und 1919) (Arch). Der Autor Otto Adler (geb. 1864) wirkte als Sanitätsrat und Arzt in Berlin.

Abb. 2: Der Kuß - Skulptur von Auguste Rodin, 1880

Einige Seiten weiter wurde ausgeführt, beim weiblichen Geschlecht zeige sich (2, S. 83) ...

... innerhalb des Einzellebens ein Anwachsen der Hormonbildung, also auch die Eignung zum Erleben der Beglückung (der orgastischen Fähigkeit), welche ihren Höhepunkt erst ein Jahrzehnt später als beim männlichen Geschlecht, also in dem dritten und vierten Jahrzehnt erreicht. (...) Die Abgabe der betreffenden Hormone an den Blutkreislauf wird bis zu gewissen Grenzen neu angeregt durch das Erleben der Beglückung, so daß also allmählich durch ein häufiges Erleben derselben (...) auch vom weiblichen Geschlechte eine dauernde Erregbarkeit erworben werden kann.

Die genannte Studie aus dem Jahr 2022 hatte nun nur Männer und Frauen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr befragt.

Nach den eben zitierten Worten könnten sich die Zahlenverhältnisse in späteren Lebensjahrzehnten womöglich noch einmal verändern. Das scheint zwar durch Forschungsstudien wie jene von 2022 noch nicht ähnlich gut erforscht zu sein. Allerdings wird dieses Thema ja inzwischen in einer umfangreichen Literatur auch umfangreich behandelt, oft auch nur aufgrund von einzelnen Lebensgeschichten. Greifen wir aus dieser willkürlich ein Fallbeispiel heraus:

Frau, Jahrgang 1955, DDR, uneheliches Kind, als Erwachsene langjährige Bankangestellte. Die Mutter war immer sehr verklemmt. Noch am Badestrand hat die Mutter sorgsam darauf geachtet, daß ihr Rock nicht über die Knie hoch gerutscht ist. Mit 17 Jahren erlebte die Tochter ihr Erstes Mal. Es war für sie "nichts", weder positiv noch negativ in irgendeiner Weise bemerkenswert. Mit demselben Partner war sie dann 25 Jahre verheiratet und hatte mit ihm zwei Kinder. Die Pille, die sie nahm, roch schrecklich. Sie wollte oft auf der anderen Seite aus dem Bett wieder hinaus, da sie so gar keine Lust auf Sex hatte. Der Sex fand auch immer unter der Decke statt, geziert und "geschamig". Einen Orgasmus, so sagt sie, hat sie dabei vermutlich nie erlebt. Die Lust auf Sex nahm auch immer mehr ab, da sie eben gar keinen Orgasmus erlebt hat. Das wurde ihr aber, so sagt sie, erst später klar: "Wenn beide keine Ahnung haben, verklemmt aufgewachsen sind, woher soll dann die Erfahrung, das Wissen kommen? Wir lebten in der Ehe wie unter einer Glocke, waren beide verklemmt und auch nicht experimentierfreudig." Schließlich ist ihr Mann nach 25 Ehejahren gestorben. Es gab eine längere Trauerzeit.

Dann hatte sie eine Affäre mit einem Mann, in der sie den Sex zum ersten Mal als spektakulär, außergewöhnlich, ungehemmt und mit Orgasmus erlebt hat. Seither ist sie sexuell sehr aktiv, rege, interessiert,  sie hat Orgasmen wie Tsunamis, wie überwältigende Naturereignisse, die für sie selbst wie für den Mann als zutiefst befriedigend erlebt werden.

Ein solches Fallbeispiel erscheint uns wesentlich, um das Ergebnis der Forschungsstudie von 2022 auch noch in einen größeren Rahmen einordnen zu können. Zwischen ihrem zwanzigsten und dreißigsten Lebensjahr würde die beschriebene Frau genau zu dem passen, was in der Studie festgestellt worden war. Aber die Lebensphase danach ist eben von der genannten Studie noch nicht in Augenschein genommen worden und sie zeigt, daß sich da doch noch etwas sehr beträchtlich weiter entwickeln konnte. 

Abb. 3: Gemälde von Michelangelo in der Sixtinische Kapelle (Das erste Menschenpaar), 1509 (Wiki)

Schon 1919 aber war vermutungsweise geäußert worden, daß Frauen, die eine solche volle orgastische Fähigkeit entwickelt hätten, das Klimakterium nicht mit so starken hormonellen Schwankungen erleben würden, wie dies eben viele Frauen erleben, bei denen sich diese Fähigkeit nicht entwickelt hätte (2, S. 83):

Das ist auch der Grund, weshalb diese Jahre des Klimakteriums für alle die Frauen, deren Paarungwille voll entwickelt ist, die Beglückung erlebt haben, allem Anschein nach nicht die große und plötzliche Umwälzung bedeutet wie für die ungeweckten Frauen.

Und einige Seiten weiter hieß es in diesem Buch von 1919 (2, S. 89):

Leider ist die Art der Gemeinschaft, die das Mädchen zur Frau erwecken soll, oft sehr wenig dazu angetan, die Vorstellung von der Sündhaftigkeit und Unreinheit der "Sinne" siegreich beseitigen zu können. Denn in sehr vielen Fällen ist der betreffende Mann gerade zur Erfüllung dieser Aufgabe (...) auffallend wenig geeignet.

Und an diesem Umstand hat sich mehr als hundert Jahre später - nach "sexueller Revolution" und nach gesellschaftsweiter sexueller Aufklärung in allen Formen und Varianten, nach Pornographisierung ganzer Gesellschafts- und Kulturbereiche so gut wie gar nichts geändert. So daß der letztzitierte Satz ebenso gut auch von den beteiligten Forscherinnen der Studie von 2022 hätte stammen können, die sich nämlich in ganz ähnlichem Sinne äußern.

Einiges zum Stand des Nachdenkens und Forschens über diese Thematik im Jahr 1919

1919 wurde weiter ausgeführt (2, S. 89):

Wäre nicht die Vorbedingung, daß das männliche Geschlecht die zarteste Rücksicht nähme auf die langsame, so sehr verschiedene Entfaltung der orgastischen Fähigkeit beim Weibe? (...) Wäre es nicht Vorbedingung, daß der Mann seine Wünsche durch diejenigen der Frau ebenso sehr bestimmen ließe, wie sie sich von seinen Wünschen leiten läßt? (...) Wäre es nicht von ungeheurer Wichtigkeit, daß auch beim männlichen Geschlecht die Vergeistigung möglichst unterstützt würde, statt daß man sie verhindert? So sehen wir durch die heute herrschenden unnatürlichen und unerfreulichen Gewohnheiten die Vollentwicklung vieler Frauen sehr erschwert. (...) Entwickelt werden beim weiblichen Geschlechte selbstverständlich, ebenso wie beim männlichen, der Paarungwille und auch die Minne nur durch das Erleben der Beglückung.

Auch mit den letztzitierten Worten wird schon 1919 fast diesselbe Aussage getätigt wie sie nun durch eine kanadische Forschungsstudie des Jahres 2022 bestätigt worden ist, wo auch festgestellt wird: nur durch das Erleben des Orgasmus während des Ersterlebnis entsteht in der Frau in den weiteren Lebensajahren ebenso viel Lust an der Geschlechtlichkeit wie beim Mann.

Abb. 4: Zwei Menschen, Skulptur von Josef Thorak, 1938

Über die Folgen des womöglich vor allem durch Umwelteinflüsse entstandenen Geschlechterunterschiedes in Bezug auf die Lust auf geschlechtliche Vereinigung hieß es 1919 weiter (2, S. 91):

Die Zahl der Frauen, die bei der Paarung an sich die Beglückung nicht oder nur selten erlebt, wird wohl ungefähr mit 60 % angegeben werden. Viele Erfahrungstatsachen der ärztlichen Sprechstunde weisen allerdings daraufhin, daß in Wirklichkeit ihre Zahl ganz erheblich größer ist. (...) (Denn) wegen der gänzlich falschen Vorstellungen machen fast alle ungeweckten Frauen in diesem Punkte zunächst auch vollständig falsche Angaben. (...) Selbstverständlich bewirkt die Gemeinschaft bei den meisten Frauen eine starke Erregung und erweckt auch Wohlempfinden bei fast allen ungeweckten Frauen dank der "erogenen Zonen", was dann mit dem Erleben der Beglückung einfach verwechselt wird. (...) Diese Gesetzmäßigkeit (...) lastet wie ein Fluch des Mißverstehens und der Zerstörung über unzähligen Ehen. All diese Frauen leben unter ungesunden Verhältnissen, ihre nervöse Reizbarkeit, ihre ungeklärte Bitterkeit und andere Folgeerscheinungen unterwühlen die Zuneigung zum Mann. Aber gerade die gesteigerte Erregung, die viele dieser armen Frauen zeigen, verbirgt ihnen und dem Mann die Tatsache ihrer Ungewecktheit meist vollends.

Es wird auch heute noch keinerlei Zweifel unterliegen können, daß sich der genannte - offenbar zu nicht geringen Teilen während des Ersterlebnisses erworbene (!?!) - Geschlechtsunterschied in Bezug auf die Lust zur geschlechtlichen Vereinigung weitreichende Auswirkungen auf die eheliche Zufriedenheit und damit das familiäre Glück von Millionen Menschen weltweit und schließlich auch auf die Erfahrung von Scheidungskindern hat.

An anderer Stelle wird noch einmal deutlich hervorgehoben (2, S. 92):

Aus diesen Tatsachen geht nun klar hervor, daß die Beglückung der Frau im hohen Grade abhängig ist von der Stärke des Wunsches beim Manne, ihr dieselbe zu bereiten.

Ja, schon im Jahr 1919 ist man noch viel weiter gegangen (2, S. 96):

Auch für die geistige Schöpferkraft des weiblichen Geschlechtes muß es von weittragender Bedeutung sein, daß ein großer Teil der Frauen ungeweckt durchs Leben geht. (...) Wir finden von schaffenden Geistern häufig beteuert, daß die Beglückung eine erhöhte Schaffenskraft auslöst, während wieder andere versichern, daß das Entbehren der Beglückung den Schaffensdrang steigert und die schöpferische Leistung ein Ersatzausgleich sei. So widerspruchsvoll diese Angaben auch sind, so viel läßt sich heute schon mit Sicherheit aus der Lebensgeschichte der Schaffenden ableiten: die Minne muß zu vollem Leben erweckt, die Beglückung irgendwann einmal erlebt sein, oder aber sie muß bewußt entberhrt und ersehnt sein, wenn die Schaffenskraft zur vollen Blüte gelangen soll. Aber ein Erleben der Paarung ohne Erleben der Beglückung stumpft die Schaffenskraft ab.

Man wird sich womöglich an die lebenslang entfaltete starke Schaffenskraft einer Dichterin wie Agnes Miegel erinnert fühlen, die durch ein offenbar sehr leidenschaftlich und vergeistigt erlebtes Ersterlebnis mit dem Dichter Borries von Münchhausen zumindest nicht abgestumpft worden ist. In einer Fülle von Gedichten des dritten Lebensjahrzehnts von Agnes Miegel zittert diese leidenschaftliche Begegnung mit Borries von Münchhausen nach, obwohl die Dichterin diesen Umstand vor der Öffentlichkeit bis an ihr Lebensende sorgsam verborgen gehalten hat (s. Stg25).

Abb. 5: Gemälde von Hermann Körschner (1907-1945) (Titel "Zwei deutsche Menschen"), 1938 (Inv)

Schon in früheren Kapiteln des Buches von 1919 wird auf Gesetzmäßigkeiten der Beglückung beider Geschlechter hingewiesen wie sie aus der Evolution der Geschlechtlichkeit abgeleitet werden können. Schon bei den Fischen nämlich sei ein "Nacheinander" von Eiablage durch das Weibchen und Besamung durch das Männchen zu beobachten, was beides schon zumindest mit Wohlempfinden auf Seiten der beteiligten Tiere verbunden sei. Daraus leitet die Autorin für das Wohlempfinden, bzw. den daraus evoluierten Orgasmus ab (2, S. 23):

Wir begreifen, daß es zeitlich nacheinander folgen muß, so zwar, daß das männliche Geschlecht es erst später erlebt. Dieses Grundgesetz des zeitlichen "Nacheinander der Beglückung" bleibt bis in die höchsten Entwicklungsformen in der Mehrheit der Fälle erhalten. (...) Endlich wollen wir nicht vergessen (...), daß der Zeitpunkt der geschlechtlichen Betätigung in den stammesgeschichtlich ältesten Zeiten vom weiblichen Tiere bestimmt wurde, da sich ja die Absonderung der männlichen Fortpflanzungszellen mit Gesetzmäßigkeit der weiblichen Eiablagerung anschließt.

Und einige Seiten weiter heißt es diesen Gedanken weiter führend (2, S. 32):

Deshalb blieb die Ungleichzeitigkeit bis auf den heutigen Tag in der großen Mehrheit der Fälle bestehen, und die Beglückung ist für das weibliche Geschlecht nur dann gesichert, wenn sie bei der Gemeinschaft früher eintritt als beim männlichen Geschlecht.

Der Orgasmus der Frau soll also eintreten vor dem Orgasmus des Mannes, ein Gedanke, der inzwischen auch in der heutigen Ratgeber-Literatur sehr häufig benannt ist. 

In einem weiteren Kapitel ("Entwicklung des Paarungswillens zur Minne") wird sehr ausführlich darauf eingegangen, wie es beim Menschen zur Vergeistung des Paarungswillens, zur Beseelung der Geschlechtlichkeit, der Sexualität kommen kann, zum Erleben beseelter Vereinigung, zu Erotik, eingedeutscht zu "Minne". Hierbei wird dem Schönheitswillen, der schon in der Tierwelt eine so große Rolle spielt, eine große Bedeutung zugesprochen, ebenso den aus Minnebegeisterung geborenen, bzw. von Minnebegeisterung handelnden Kunstwerken in Bild, Ton, Wort und Schrift (etwa schon in der "Ilias" des Homer). Und es wird dem Gedanken nachgegangen, inwiefern (2, S. 74) ...

... die natürliche Vergeistigung innerhalb des Menschengeschlechtes der drohenden Gefahr des Verlustes des Beglückung beim Weibe entgegenarbeitet.

Es mag hier erneut ein wesentlicher Gedanke angesprochen sein, der von den heute Denkenden und von den heutigen Kulturgestaltern und -übermittlern wohl noch viel zu selten in Augenschein genommen worden ist, zumal in einer atheistisch-materialistisch und platt-hedonistisch geprägten geistigen und kulturellen Atmosphäre.

Abb. 6: Skulptur von Edmund Moiret (Ungarn/Österreich) (1883-1966) (Titel: "Die Quelle"), 1940

Es wird dazu aber einschränkend weiter ausgeführt (2, S. 75f):

Wenn der Mensch die höchsten Entwicklungsstufen der Minne erleben will, so ist es für ihn von größter Bedeutung, daß die zunächst erforderliche körperliche Erweckung zur ("orgastischen" Fähigkeit) Beglückung von der gleichen Persönlichkeit ausgeht, die auch seelische Verwebungen der Minne auszulösen imstande ist. (...) Neben dem vielseitigen seelischen Austausch werden die Ausdrucksformen des Paarungswillens - die körperlichen Liebkosungen - zum Gleichnis der seelischen Verschmelzung und sind als solche geheiligt! -
Der Blick auf die Entwicklung des Paarungswillens zur Minne hat uns die überaus wichtige Erkenntnis gebracht, daß die natürliche Vergeistigung eine große Verinnerlichung und Bereicherung der Beglückung ermöglicht, die sich um so mehr verwirklichen kann, je häufiger die freie aus Minnebegeisterung geschlossene Wahl wird.

Es sei noch ein weitere Station aus der Wissenschaftsgeschichte zu diesen Fragestellungen heraus gegriffen. 

Einiges zum Forschungsstand von 1986

Da heißt es 1986 (10, S. 316-318):

Daß schließlich der weibliche Orgasmus, wie Symons (1980) meint, keine Funktion erfülle, weil ihn die Frauen viel zu selten erlebten, sollte man auch nicht unkritisch hinnehmen.
Immerhin erleben ihn nach den verschiedenen Erhebungen in England, den USA und Deutschland zwischen 31 und 50 Prozent und nur 2-14 Prozent der befragten Frauen niemals (...). Ferner ergibt die differenzierte Auswertung, daß vor allem Frauen in einer guten sexuellen Partnerschaft einen Orgasmus erleben. Nur 3 Prozent der Frauen, die mit ihrem Partner regelmäßig zum Orgasmus kommen, sind bereit, mit anderen Männern zu schlafen, gegenüber 10 Prozent der Frauen, die mit ihrem Partner keinen Orgasmus erleben (E. Chesser 1957). Die Bindung über die sexuelle Befriedigung ist demnach sicher von Bedeutung. (...)
Als bindendes Erlebnis scheint der Geschlechtsverkehr für die Frau einen besonderen Stellenwert einzunehmen. Möglicherweise besteht hier sogar ein Zusammenhang mit dem Geburtserlebnis. (...) Es kommt dabei auch zur Ausschüttung von Oxytocin. (...)
Es scheint mir, als würde der Zustand der Verliebtheit bei der Frau oft über den Orgasmus getriggert, als erfolgte mit ihm oft ein reflektorisches Einlinken in den physiologisch-psychologischen Ausnahmezustand, in dem eine fast irrationale Bindung an einen und nur diesen einen Geschlechtspartner stattfindet. Ich möchte das als Hypothese äußern.

Und (10, S. 331):

Der Mensch ist biologisch auf sexuelle Dauerpartnerschaft angelegt. Romantische Liebe ist nicht erst eine Erfindung der Neuzeit. Sie findet vielmehr bereits bei Naturvölkern vielfältigen Ausdruck, unter anderem auch in Liedern und Gedichten. (...) Mann und Frau sind in ihrer Sexualphysiologie auf sexuelle Dauerbindung programmiert; die Frau (...) durch die Fähigkeit, einen Orgasmus zu erleben, der sie emotionell bindet. (...) Bei einigen Säugern induziert die Geburt über einen hormonalen Mechanismus die Bereitschaft, das Kind anzunehmen und eine starke Bindung einzugehen. Es wäre zu prüfen, ob ein ähnlicher Bindungsmechanismus über den weiblichen Orgasmus aktiviert wird. Die hier entwickelte Bindungstherorie nimmt einen solchen Zusammenhang an.

Es wird deutlich, daß der Erkenntnisstand von 1986 noch nicht gar so weit über den hinaus ging, den es schon 1919 gegeben hat.

/ Ergänzung: Im Nachgang zur Veröffentlichung dieses Blogartikels wurde noch ein Video dazu aufgenommen (12): 

Ende Ergänzung. / 

Einiges zum Forschungsstand von etwa 2020

Vieles wird noch 1986 als "Hypothese" formuliert. Wenn man feststellen möchte, ob der Erkenntnisstand bezüglich der Rolle des Oxytocin's inzwischen weiter gekommen ist, kann der entsprechende Wikipedia-Artikel helfen (Wiki). Nach diesem spielt Oxytocin in den Bereichen Bindung, Liebe, Vertrauen, Lust und Orgasmus eine sehr beträchtliche Rolle. Dort heißt es (Wiki):

Die Forschungsergebnisse haben dazu geführt, daß Oxytocin in der Öffentlichkeit gelegentlich als Orgasmushormon, Kuschelhormon oder Treuehormon diskutiert wird. Tatsächlich ist die Signifikanz von Oxytocin für Fühlen und Handeln in zahlreichen Studien bestätigt.

Auf dem englischsprachigen Wikipedia heißt es noch deutlicher (Wiki):

Oxytocin beeinflußt den sozialen Abstand zwischen erwachsenen Männern und Frauen und ist möglicherweise zumindest teilweise für romantische Anziehung und die anschließende monogame Paarbindung verantwortlich. Ein Oxytocin-Nasenspray-Stoß führte dazu, daß Männer in einer monogamen Beziehung, jedoch nicht alleinstehende Männer, den Abstand zwischen sich und einer attraktiven Frau bei einer ersten Begegnung um 10 bis 15 Zentimeter vergrößerten. Die Forscher schlugen vor, daß Oxytocin dazu beitragen könnte, die Treue in monogamen Beziehungen zu fördern. Aus diesem Grund wird es manchmal als „Bindungshormon“ bezeichnet.
Oxytocin affects social distance between adult males and females, and may be responsible at least in part for romantic attraction and subsequent monogamous pair bonding. An oxytocin nasal spray caused men in a monogamous relationship, but not single men, to increase the distance between themselves and an attractive woman during a first encounter by 10 to 15 centimeters. The researchers suggested that oxytocin may help promote fidelity within monogamous relationships.

Interessanterweise spielt Oxytocin also auch für das Bindungsverhalten von Männern eine Rolle. Soweit ein zum Teil vielleicht sogar erhellender Blick in die Wissenschaftsgeschichte.

Die Presseerklärung zur Forschungsstudie von 2022

Nun soll zu der eingangs erwähnten kanadischen Forschungsstudie zurück gekehrt werden, nach der sich Frauen im dritten Lebensjahrzehnt genauso häufig nach inniger, körperlicher Vereinigung mit einem Mann sehnen wie sich umgekehrt Männer nach einer solchen mit einer Frau sehnen, wenn ..., ja wenn das Ersterlebnis der Geschlechtlichkeit für die Frau mit einer tiefen körperlichen (und womöglich auch seelischen) Befriedigung und Beglückung, mit einem Orgasmus einher gegangen ist (1). Wenn dies nicht der Fall ist, hat dies für Frauen hinsichtlich der Sehnsucht nach einer Wiederholung dieses Ereignisses Folgen für viele Lebensjahre. Das "Erste Mal" wird diesbezüglich von Seiten der Studie als eine "sensible Phase" beschrieben und charakterisiert, in der eine Prägung für viele weitere Lebensjahre stattfindet. In der Pressemitteilung der Universität Toronto heißt es zu dieser Studie (4):

Für die meisten Menschen ist der erste Sex mit einem anderen Menschen ein Lebensereignis von großer Bedeutung. Es bleibt unvergeßlich.
Doch Diana Peragine, eine Doktorandin in Psychologie an der Universität Toronto, hat kürzlich herausgefunden, daß diese Erfahrung auch nachhaltige Auswirkungen auf das geschlechtliche Verlangen heterosexueller Frauen im späteren Leben hat.
"Im Allgemeinen herrscht die Meinung vor, daß Frauen einen schwächeren Geschlechtstrieb haben als Männer - daß die Libidolücke groß und über die gesamte Lebensspanne hinweg stabil ist, weil Frauen grundsätzlich weniger Lust auf körperlich-seelische Vereinigung hätten als Männer", so erklärt Pergaine.
Peragine hat ihre Ergebnisse zusammen mit anderen Forscherinnen der Universität Toronto, mit Malvina Skorska und Jessica Maxwell, sowie mit den Professoren Emily Impett und Doug VanderLaan in der Studie "A Learning Experience? Enjoyment at Sexual Debut and the Gender Gap in Sexual Desire among Emerging Adults" ausführlich dargelegt. Sie wurde kürzlich im "Journal of Sex Research" veröffentlicht.
An der Studie nahmen 838 heterosexuelle Erwachsene teil, viele davon vom Campus der Universität Toronto. Und sie kam zu dem Ergebnis, daß sich Frauen in ihrem Verlangen nach Sex mit einem Partner nur dann von Männern unterschieden, wenn ihre erste geschlechtliche Erfahrung keine angenehme war - das heißt, wenn es bei ihrem „ersten Mal“ nicht zur Erfüllung, zum Orgasmus kam.

Der Familienname der leitenden Forscherin Diana Peragine (Resg) stammt übrigens aus Süditalien.**)

Abb. 7: Gemälde von Alfred Bernert (1893-1991) (Titel: "Erntezeit und junge Liebe"), 1941

Weiter heißt es in der Presseerklärung (4): 

"Frauen gaben im Vergleich zu Männern nur halb so häufig an, beim ersten Geschlechtsverkehr befriedigt worden zu sein, und hatten etwa achtmal seltener einen Orgasmus", sagt Peragine und fügt hinzu, daß Frauen, die beim ersten Mal einen Orgasmus erlebt haben, mehr an Sex mit einem Partner interessiert waren und ihr seitheriges Verlangen dem der Männer entsprach.
Sie sagt, dies lege nahe, daß wenn (ganz allgemein) die jeweils ersten Erfahrungen Lektionen von großer Auswirkung darstellen, der erste Geschlechtsverkehr darin keine Ausnahme bildet. 
"Für viele kann er als ‚Lernerfahrung‘ dienen und eine wichtige, um Erwartungen zu entwickeln, daß Sex angenehm sein kann, und Überzeugungen, daß wir es verdienen und ein Anrecht darauf haben, ihn zu genießen", sagt sie.
Die Studie ergab auch, daß die erste sexuelle Erfahrung von Männern keinen erkennbaren Einfluß auf ihr nachheriges sexuelles Verlangen hatte.

Und es wird weiter ausgeführt (4):  

"Anstatt wirklich von festen Geschlechtsunterschieden im sexuellen Verlangen zu sprechen, legen unsere Ergebnisse die Möglichkeit nahe, daß ein sexuelles Erstes Mal ohne Orgasmus ein häufiger Teil der sexuellen Sozialisation von Frauen sein könnte, bei dem sexuelle Aktivität möglicherweise nicht gefördert wird", sagt Peragine. "(Es handelt sich um ein) geschlechtliches Erstes Mal, das eher frustrierend denn erfüllend ist."
Sie weist darauf hin, daß frühere Untersuchungen gezeigt haben, daß Männer häufiger als Frauen unter Problemen mit hohem sexuellem Verlangen leiden, während Frauen eher Probleme mit geringem sexuellem Verlangen haben, und daß die Lustlücke zwischen gesunden Männern und Frauen auch im Erwachsenenalter bestehen bleibt - was den Mythos aufrechterhält, daß Frauen von Natur aus einen schwächeren Sexualtrieb hätten als Männer.
Peragine sagt, sie wollte diese Untersuchung durchführen, weil sie sich fragte, ob das geringere sexuelle Verlangen von Frauen nicht besser durch ihren Mangel an Freude während ihrer ersten Erfahrungen mit Geschlechtsverkehr erklärt werden könnte als allein durch ihr Geschlecht.
"Früher gab es die Vorstellung, daß sexuelles Verlangen wie Hunger oder Durst sei, der im Inneren entsteht und spontan auftritt", sagt sie. "Aber offensichtlich verstehen wir jetzt, daß es sich um ein dynamischeres Geschehen handelt, das auf Erfahrungen reagiert und daß lohnende sexuelle Erfahrungen unsere sexuellen Erwartungen prägen."

Und weiter (4): 

Letztlich hofft sie, daß die Studie, die zeigt, daß geringeres sexuelles Verlangen bei Frauen eher auf Erfahrungsunterschiede als auf Geschlechtsunterschiede zurückgeführt werden kann, weitere Forschungen zum „Geschlechtergefälle“ des sexuellen Verlangens anregt.
Sie fügt hinzu, daß die Forschung auch wichtige Auswirkungen auf die Sexualerziehung hat, die sich oft auf sexuelle Gesundheit und die Förderung von gesundem Sex konzentriert.
"Ich denke, diese Art von Arbeit könnte uns näher an Sexualerziehungsmaßnahmen bringen, die eine gesunde sexuelle Entwicklung im ganzheitlichen Sinne des Wortes fördern", sagt Peragine und fügt hinzu, daß die Forschung auch zeige, daß die erste Erfahrung des Geschlechtsverkehrs selbst eine Quelle der Sexualerziehung sein könnte. "Wir erkennen die realen, praktischen Erfahrungen junger Männer und Frauen mit Sex oft nicht an - obwohl sie vielleicht die am lehrreichsten von allen sind."

Beim Lesen entsteht ein wenig der Eindruck, als ob noch die leitende Forscherin selbst das volle Ausmaß der Schlußfolgerungen, die ihre Studie mit sich bringt, zögert zu benennen.

Abb. 8: Gemälde von Max Pietschmann (1865-1952) (Titel "Adam and Eva", 1894, (heute Nationalgalerie Prag)

Denn nachdem man das alles eine Weile auf sich hat wirken lassen, könnte doch auch langsam offensichtlich werden, was notwendig sein könnte, um diesen so tiefgreifenden und möglicherweise gar nicht natürlichen Geschlechtsunterschied zwischen Männern und Frauen zu vermindern. Eines Unterschiedes, der doch - offensichtlich - erhebliche Auswirkungen hat auf die eheliche Zufriedenheit, bzw. auf die Zufriedenheit von Paaren und damit auch auf familiäres Glück und Zufriedenheit.

Frauen müssen sich in vollem Umfang "mitgenommen" fühlen, akzeptiert fühlen, bereit fühlen, angenommen fühlen, geliebt fühlen, sicher fühlen, respektiert fühlen, verehrt fühlen, um das Erste Mal in vollem Umfang als beglückend, erfüllend und befriedigend erleben zu können, und zwar das alles nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. 

Sollte eine längere Phase der Werbung des Mannes um die Frau, ein sehr gutes gegenseitiges Kennenlernen beider dafür nicht eine besonders gute Voraussetzung bilden? Sollte dafür eine "ganzheitliche" seelische Aufwertung der Geschlechtlichkeit nicht hilfreich sein? Solle es dafür nicht hilfreich sein, daß in Kulturen weniger das Glück des Mannes im Mittelpunkt der Kulturgestaltung steht, sondern viel eher das Glück, die Zufriedenheit und die Erfüllung der Frauen? Denn die letzteren sind das sensiblere Geschlecht, das leichter auf negative oder bedeutungslose Erfahrungen reagiert als Männer. Warum wohl? Weil es womöglich im menschlichen Leben überhaupt vor allem um die Erfahrung des Sensiblen, Verletzlichen geht?

Männer und Frauen in der westlichen Welt entscheiden heute im Normalfall frei, selbstständig und autonom, ob und wie sie ihr Erstes Mal erleben. Aber natürlich sind sie abhängig davon, in welchem kulturellen "Setting" sie sich bewegen, was für eine authentische, kulturelle Wertschätzung und Hochwertung ein Geschehen erfährt und was nicht, ob es der Gesellschaft wichtig ist, daß das Ersterlebnis familienfördernd, gemeinschaftsfördernd erlebt wird oder nicht. "Hochzeit" des Lebens nannten unsere Vorfahren deshalb schon seit uralten Zeiten dieses Erleben. Wollen wir nicht wieder dahin zurück kehren?***)

Im Oktober 2022 wurde das Forschungsergebnis von dem evangelikalen Internetblog "Bare Marriage" aufgegriffen (6).****) Vereinzelt wurde auf das Studienergebnis seither auch auf Podcasts aufmerksam gemacht (s. Helen03-23).

Wohl schon seit Jahrtausenden messen viele Völker auf der Erde dem "Ersten Mal" eine große Bedeutung zu. Und zwar wird schon seit Jahrtausenden auch gesagt, daß das "Erste Mal" für Frauen eine noch größere Rolle spielen würde als für Männer.

Abb. 9: Eine kecke junge Dame: Die Sexualforscherin Diana Peragine

Nun gibt es erste, sehr eindeutige empirische Belege für diese Vermutung. 2023 wurde dann noch konkreter zu dem Thema ausgeführt (The Medium03/23):

Frauen und Männer sehen ihr sexuelles Erstes Mal unterschiedlich. Eine aktuelle irische Studie der "Crisis Pregnancy Agency" zeigt, daß Frauen ihren ersten sexuellen Kontakt eher bereuen als Männer, obwohl sie im gleichen Alter (16-17 Jahre) mit dem Sex beginnen. Männer empfinden ihr sexuelles Erstes Mal angeblich auch zufriedener und lustvoller als Frauen. Dieser Genußunterschied gehört zu den größten geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Sexualforschung überhaupt.
Women and men differ in how they view their sexual debut. A recent Irish study by the Crisis Pregnancy Agency shows that women tend to regret their first sexual encounter to a higher degree than men, despite beginning to have sex at around the same age (16–17 years old). Men are also said to experience more satisfaction and pleasure when it comes to their sexual debut than women. This enjoyment gap is among the largest gender differences in sexuality research.

Abschließend noch ein Blick in den - wegen des statistischen Fachjargons nicht leicht zu lesenden - Text der Forschungsstudie selbst.

Der Text der Studie selbst (2022)

Der Unterschied zwischen Mann und Frau in Bezug auf die Erfahrung des "Ersten Males" hat sich zwischen 1990 und 2012 nur ganz wenig verringert wie Preragine et.al. einleitend zitieren (anhand von: Sprecher2014). Sie schreiben (1):

Es gehört in der Sexualforschung zu den größten Geschlechtsunterschieden, ob Menschen dieses Ereignis (...) als erfreulich erleben (d = 1,08; Sprecher, 2014), es übertrifft in dieser Hinsicht noch die Häufigkeit von Selbstbefriedigung (d = 0,53) und die Einstellung zu unverbindlichem Sex (d = 0,45; Petersen & Hyde, 2010).
Enjoyment at this event, often cast as a young person’s “sexual debut,” is among the largest gender differences in sexuality research (d = 1.08; Sprecher, 2014), surpassing masturbation (d =0.53) and attitudes toward casual sex (d = 0.45; Petersen &Hyde, 2010).

Preragine et. al. gehen einer Frage nach, die schon länger in der Forschung im Bereich der Lerntheorie erörtert wird, nämlich (1), ...

... daß die ersten Erfahrungen eines Individuums mit sexueller Belohnung eine „sensible Phase“ bilden, in der instrumentelle (Handlungs-Belohnungs-) und Pawlowsche (Reiz-Belohnungs-)Assoziationen leicht konditioniert werden (Pfaus et al., 2012).
an individual’s first experiences with sexual reward form a “sensitive period” during which instrumental (actionreward) and Pavlovian (stimulus-reward) associations are readily conditioned (Pfaus et al., 2012).
Abb. 10: Erstauflage von 1919

Unter anderem referieren sie aus der bisherigen Forschungsliteratur auch folgende Zusammenhänge (1):

Woods et al. (2018) haben (...) gezeigt, daß die Häufigkeit sexueller Aktivität im Erwachsenenalter nicht nur mit frühen Kontakten zusammenhängt, sondern auch mit solchen, die als lohnend empfunden werden. Männer und Frauen, die vor dem 18. Lebensjahr Oralsex hatten, taten dies als Erwachsene nicht unbedingt häufiger; sie übten Oralsex jedoch eher aus, wenn dies vor dem Erwachsenenalter zu einem Orgasmus geführt hatte. Daher ist sexuelle Stimulation möglicherweise nicht ausreichend verstärkend, um bestimmte sexuelle Handlungen zu fördern, und muß möglicherweise von einem Orgasmus begleitet werden.
Woods et al. (2018) recently extended these findings, showing that rates of adulthood sexual activity are not just related to early exposures, but to ones experienced as rewarding. Men and women who received oral sex prior to age 18 years did not necessarily engage in it more frequently as adults; however, they were more likely to engage in oral sex if it had resulted in orgasm prior to adulthood. Thus, sexual stimulation is perhaps not sufficiently reinforcing to incentivize particular sexual acts, and might need to be accompanied by orgasm.

Hier wird noch einmal deutlich, daß nicht sexuelle Aktivität an sich bedeutsam ist für Prägung, sondern die Erfahrung des Orgasmus. Ansonsten ist uns der Fachjargon zugegebenermaßen zu statistisch, um gar zu einfach noch weitere Erkenntnisse aus der Studie selbst heraus destillieren zu können.

Und welche Rolle spielen ... Sehnsucht, Schwärmerei, Romantik, Liebe, Begeisterung?

Soweit übersehbar, wird in der Studie allerdings so gut wie gar nicht versucht, sich der Frage anzunähern, wodurch sich die Gruppe jener Frauen, die beim Ersten Mal einen Orgasmus erlebte, von den anderen Frauen unterschied oder wodurch sich die Situation unterschieden haben konnte, in denen sie ihn erlebte (1). Aber Hinweise darauf bieten zwei nachfolgende Studien derselben Forscherin. Nach diesen war die spätere Orgasmushäufigkeit bei Frauen höher, wenn sie ihren ersten Orgasmus mit einem Partner in früherem Lebensalter erlebt hatten. Allerdings war das deutlich mit negative Faktoren korreliert wie häufigerer Unfreiwilligkeit, häufigerer unfreiwilliger Schwangerschaft und ähnlichem (8). Wir haben es hier also mit einem Hinweis zu tun aber nicht wirklich mit einem "Lösungsvorschlag". Der Hinweis mag darin liegen, daß ein solches frühe Erleben oft einfach mehr "Instinkt-geleitet" geesen sein mag und weniger "rational", und daß allein schon ein solcher Umstand hilfreich gewesen sein mag.

Nach einer anderen Studie erleben Frauen mit einem weiblichen Partner beim Ersten Mal ähnlich häufig einen Orgasmus wie Männer mit einem weiblichen Partner (9). Daraus möchten wir die Schlußfolgerung ziehen, daß es auf ein eher weibliches Einfühlungsvermögen auch auf Seiten des männlichen Partners ankommen könnte bei der innigen Vereinigung. Und sicherlich weniger auf männliches Macht-, Protz- und Leistungsgehabe.

All diese Hinweise ziehen aber insgesamt nur ein klotz-materialistisches Weltbild zum Verständnis und zur Einordnung solcher Dinge heran. Das war in der Wissenschaftsgeschichte zum Teil auch schon einmal deutlich anders, weshalb sie so wichtig sein mag (2). Denn: Was ist mit der Schwärmerei junger Menschen, insbesondere auch Mädchen? Spielt diese gar keine Rolle? Welche Rolle spielt "Romantik", welche Rolle spielt Beseelung, Vergeistigung ganz allgemein? Welche Rolle spielt die Hochwertung der Frau durch den Mann (Stichwort: "Das ewig Weibliche zieht uns hinan" [Goethe]). Welche Rolle spielt der Wunsch, selbst ein edler Mensch zu sein und Edles im anderen sehen zu wollen? Welche Rolle spielen Herzenskräfte? Sind wir Menschen denn wirklich nur Tiere? Wozu hätten dann aber Frauen wie Jane Austen Romane schreiben sollen? Warum gibt es dann so viele wertvolle Kulturworte auf diesem Gebiet?*)

Um auf denkbare Folgen des hier behandelten, doch sehr beträchtlichen, aber offenbar erworbenen Geschlechtsunterschiedes aufmerksam zu machen, sei in aller Vorläufigkeit abschließend nur noch einmal darauf hingewiesen: Jemand, der das tiefe Leid, das aus einer unsicheren, einer unglücklichen Paarbindung entstehen kann, am vielleicht deutlichsten zum Ausdruck gebracht hat, war der norwegische, expressionistische Maler Edvard Munch (1863-1944) (GAj2017, GAj2018).

___________ 

*) In der heutigen Zeit wird das Wort "Sex" inflationär benutzt. Es hat damit alle Charakteristika eines "Plastikwortes" (Wiki) (3). Das Wort reduziert das damit Benannte auf das rein körperliche Geschehen, obwohl in vielen Fällen die seelische Anteilnahme an diesem Geschehen die viel wesentlichere Seite des Geschehens darstellt, also seine "Innenseite". Das Wort Sex ersetzt und verdrängt Worte wie "innige, körperlich-seelische Vereinigung" und viele andere Kulturworte, die die Sprachen der Welt für dieses so wesentliche und wertvolle menschliche Geschehen aufweisen. Da sich die Menschen aber angewöhnt haben, so zu sprechen, soll im vorliegenden Artikel keine völlig andere Sprache gesprochen werden, um nicht weltfremd oder verquastet zu klingen. Es sollen jedoch immer einmal wieder auch andere, im Grunde viel angemessenere Worte für das Benannte benutzt werden. Auch die Bebilderung des Artikels soll ein Gegengewicht bilden gegen die auch hier vorliegende Gefahr, in Bezug auf das seelische Erleben in eine "Plastikwelt" abzurutschen oder sich seelisch nur noch auf einer "tierischen" Ebene zu bewegen. Die abendländische Kunstgeschichte hat ja nun wirklich "gepraßt und gewuchert" in Bezug darauf, diesem zutiefst menschlichen Geschehen im Ausdruck seelischen Gehalt zu schenken.
**) Der Familienname Peragine stammt aus Bari an der Adriaküste in Apulien (Her), oberhalb des Stiefelabsatzes in Italien und ist abgeleitet von dem Salento-Dialektwort (Wiki) für "Wilde Birne" "perascinu" (s. 23andme).
***) Der Text der Presseerklärung wurde fast wortidentisch von Seiten der Malayischen, englischsprachigen Tageszeitung "The Star" übernommen (5).  
****) Der Blog "Bare Marriage" kennzeichnet sich so: "Down-to-earth, practical Christian help for sex and marriage--when you're scared to Google it." Der Blog setzt sich für eine Sexualmoral in der evangelikalen Bewegung der USA und weltweit ein, in der Frauen in Ehen einfach nur menschenwürdig behandelt werden. Es ist geradezu schauderhaft, mit was sich dieser Internetblog alles auseinander setzen muß. Es scheint danach Usus unter den Evangelikalen zu sein, daß Frauen verpflichtet sind, ihren Ehemännern beizuwohnen, damit diese nicht "anderen" (größeren) Sünden verfallen (Fb). Wenn man den Blog und die hier behandelten Probleme ein wenig durchgesehen hat, wird man verstehen, warum dieser Blog womöglich noch mehr Veranlassung als andere gesehen hat, dieses Forschungsergebnis aufzugreifen.  

__________________

  1. Peragine, Diana E., Skorska, Malvina N., Maxwell, Jessica A., Impett, Emily A., & VanderLaan, Doug P. (2022). A Learning Experience? Enjoyment at Sexual Debut and the Gender Gap in Sexual Desire among Emerging Adults. The Journal of Sex Research, 59(9), 1092-1109. Published online: 26 Jan 2022, https://doi.org/10.1080/00224499.2022.2027855 (pdf)
  2. von Kemnitz, Dr. M. (später Ludendorff): Erotische Wiedergeburt. Verlag Ernst Reinhardt, München 1919, 1923 (3., umgearb. Aufl. 4.-7. Tsd.); Der Minne Genesung. Ludendorffs Verlag, München 1932 (umgearb. Aufl., 11.-13. Tsd.), 1933 (umgearb. Aufl., 14.-15. Tsd.), 1935, 1936 (18. u. 19. Tsd.), 1938 (20. u. 21. Tsd.), Verlag Hohe Warte 1959 (22. u. 23. Tsd.) (Arch)
  3. Pörksen, Uwe: Plastikwörter. Die Sprache einer internationalen Diktatur. Stuttgart 1988
  4. Kristy Strauss: First sexual experience influences women's future sexual desire: study. University of Toronto Mississauga. (UToronto) February 21, 2022
  5. Wanjiru, Margaret: Your 'first time' affects future sexual experience - study. It may serve as a ‘learning experience’ for many, and an important one for developing expectations (Star23.02.2022)
  6. Rebecca Lindenbach: How does a couple’s First Time affect her Libido? Oct 5, 2022 (BareMarriage)
  7. Olga Fedossenko: Learning from experience: Why are women less satisfied about their sexual firsts? (The Medium03/23, March 20, 2023)
  8. Diana Peragine, Malvina Skorska, Jessica A Maxwell, ... Doug P. Vanderlaan: The Risks and Benefits of Being “Early to Bed": Toward a Broader Understanding of Age at Sexual Debut and Sexual Health in Adulthood, Journal of Sexual Medicine, July 2022, DOI: 10.1016/j.jsxm.2022.06.005
  9. Peragine, D.E., Kim, J.J., Maxwell, J.A. et al. (2023). Not who you are, but who you are with: Re-examining women’s less satisfying sexual debuts. Archives of Sexual Behavior. https://link.springer.com/article/10.1007/s10508-023-02667-7
  10. Eibl-Eibesfeldt, Irenäus: Die Biologie des menschlichen Verhaltens. Grundriß der Humanethologie. 2. überarb. Aufl., Piper, München, Zürich 1986 (zuerst: 1984)
  11. Simons, Donald: The Evolution of Human Sexuality. Oxford University Press, New York 1979, 1980
  12. Bading, Ingo: Dein Erstes Mal - Es beeinflußt dein Glück und das Glück von Mitmenschen für viele Jahre. Live übertragen am 10.01.2025 (Yt)

Preußenblog

"Mein Herz, das ist ein Bienenhaus!" (1898)

Unsere Vorfahren waren sangesfreudige Menschen.

Abb. 1: Familie Bading im Jahr 1917 - Gustav Bading (1870-1941), Emma Bading, geb. Mohr (1882-1968) mit ihren Kindern Emma (geb. 1904), Otto (1906-1979), Elfriede (geb. 1913) und Lucie (geb. 1916)*)

Und sie erzählten sich auch gerne Geschichten. Wenn meine westhavelländische Großeltern-Generation von ihrer Jugend erzählte, wurde fast immer auch Singen, Tanz und Musik erwähnt. Meine Großtante Emma Lindenberg, geb. Bading (Abb. 1. oben links) hat mir einmal Ende der 1970er Jahre aus Wusterwitz in der damaligen DDR über ihre Jugend auf einem Bauernhof in Bahnitz an der Havel geschrieben (zit. n. Stgr2012):

Meine Kindheit war Arbeit. Bis 14 Jahren ging ich in die Schule. Als ich raus kam (1918), wurde hart gearbeitet. Die Arbeitskräfte und wir mußten arbeiten: die Kühe melken, schleudern, buttern, alles mit der Hand, wir hatten keine Maschinen, die Schweine füttern, Kartoffeln dämpfen für das Vieh, für Gänse, Hühner, Enten. Die wurden dann im Herbst geschlachtet und verkauft. Holz und Kohle reinholen, heizen. Im Winter wurde das Korn gedroschen, immer ein paar Stunden vormittags und nachmittags. Denn Geld wurde auch gebraucht und Futter brauchten wir für das Vieh auch. (...) Wir hatten noch keinen Fernseher noch Radio und haben gesungen aus voller Kehle.

Meine Oma (1910-1984) hat 1981 über ihre Kindheit in Zollchow aufgeschrieben (zit. n. Prl2017):

Unsere Kindheit war schön! Ich habe gerade einen Brief meiner Schwester Friedel in der Hand, sie schreibt, weißt Du noch ... Und Großvater Eggert, er besaß einen Schleppkahn, schipperte damit auf Elbe und Havel Frachtgut. Bis Hamburg kam er. Er konnte so viel Geschichten von seinen Fahrten erzählen. Wenn er bei uns war, fand sich auch die Jugend ein. Es dauerte nicht lange und er nahm sein Schifferklavier. Und während die Eltern und Freunde sich vor dem Haus auf der Bank unter der Linde von der schweren Arbeit ausruhten, tanzten die Jungen unter der Friedenseiche all die alten Volkstänze "Mutter Wisch", "Ich nahm die Brille von meinen Augen", "Ick sehe di", "Dreimal Samtband um Rock" oder wie all die alten Volkstänze hießen, bis mein Vater "Schluß" sagte. Am nächsten Tag früh um fünf Uhr begann ja die Arbeit wieder. Es waren schöne Jahre ...

Zu dem kurzen Liedchen "Ich nahm die Brille vor meine Augen" finden sich Belege. Als dessen Entstehungsjahre finden sich die Angaben 1924 (Volksliedarchiv) und 1930 (Schwaben-Kultur) (s.a. "Kinderspiele und Spiellieder", GB1979). Zu den anderen hier genannten "Tänzen" (?) finden sich zunächst keine Angaben. Dabei klingt doch zumindest "Dreimal Samtband um Rock" sehr spezifisch ... Es scheint sich aber doch mehr um Kinderlieder und -spiele gehandelt zu haben, von denen meine Oma berichtete.

Abb. 2: "Mein Herz, das ist ein Bienenhaus" (Postkarte, um 1898)

Aus der Urgroßeltern-Generation des Verfassers dieser Zeilen hat sich überliefert, daß der Urgroßvater Gustav Hermann Otto Bading (geb. 1870 in Bahnitz; gest. 1941 in Bahnitz) (Abb. 1 oben rechts) in den 1890er Jahren seinen Vetter in Köln besucht habe und dort "mit der reichsten Jüdin Kölns" getanzt habe nach dem Schlager "Mein Herz, das ist ein Bienenhaus". In der mündlichen Familienüberlieferung war immer vom "Bienenkorb" die Rede, was zeigt, daß dieser Schlager lange wieder vergessen war. Aber dank Internet kann man ja dieser Angabe nun leicht nachgehen. 

Der "Bienenhaus-Marsch" war schon 1860 von dem deutschböhmischen Kapellmeister und Komponisten Hermann Josef Schneider (1862 in Tepl,  gestorben 1921 in Saaz) komponiert worden (GB) (DtLied). Sein Text lautet (s. Yt, 1930):

Mein Herz, das ist ein Bienenhaus,
Die Mädchen sind darin die Bienen,
Sie fliegen ein, sie fliegen aus,
So wie es ist im Bienenhaus.
Du meines Herzens Klause
Refrain: Holdria holdrio
Holdria holdrio
Holdria ho, Holdria ho,
Holdria ho, Holdria ho.

Sie fliegen aus, sie fliegen ein,
Die lieben kleinen Bienen,
Und bringen auf den Lippen fein,
Den süßen Honig mir herein
In meines Herzens Klause.
Refrain

Doch eine ist die Königin,
Sie liebe ich vor allem,
Und wenn sie mit mir ziehen will,
Dann blieb ja keine andre drin.
In meines Herzens Klause.
Refrain

Und wenn ihr Auge trübe blickt,
Und geht zum Weinen über,
Dann, süße Königin, vergib,
Ich hab' ja alle Mädchen lieb.
Doch dich, dich liebe ich vor allen.
Refrain

Wirklich populär scheint dieser Schlager aber in ganz Deutschland erst im Jahr 1898 geworden zu sein (s. Yt, 1930). Zahlreiche Bildpostkarten erschienen in diesen Jahren mit Motiven zu diesem Lied (s. Abb. 2). Sie zeigen ebenfalls auf, wie populär es war. Und auf Google Bücher finden sich zahlreiche Bezugnahmen auf diesen "Gassenhauer" in der Literatur jener Jahre und später. Ein Willi Ostermann in Berlin parodierte das Lied sogar schon im selben Jahr mit dem Text (Kellendr):

Mein Herz, das ist ein Bienenhaus,
so hört man nur noch auf den Straßen.
Man lärmt's und singt's in jedem Haus
das schöne Lied vom Bienenhaus.
In jeder Damenkapelle
Auch singt die Großmama
Holdria holldria
Und alte Jungfrau'n rufen's aus:
Mein Herz, das ist ein Bienenhaus!

Um 1900 entstand der Wandervogel. Und zur gleichen Zeit, 1901, schrieb etwa ein Wilhelm Teichmann in einem Aufsatz zum Thema "Unsere elsässischen Volkslieder" ("Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Literatur Elsaß-Lothringens") (GB):

Wo ist das Volkslied zu Hause? (...) Steigen wir etwas weiter hinab zu den unteren städtischen Schichten. An Sangeslust fehlt es ihnen durchaus nicht. Was uns aber in der Stadt in die Ohren tönt, ist mehr der Gassenhauer. Von der Bühne, oft auch nur aus dem Tingeltangel unter die Leute geworfen, werden Worte und Weisen begierig aufgefangen, eine Zeitlang von jedermann gesungen und gepfiffen, - und dann wieder vergessen. Welcher ordentliche Gassenjunge pfeift jetzt noch: Mein Herz, das ist ein Bienenhaus - ? Hinter diesem von der jeweiligen Mode getragenen Singsang tritt das eigentliche Volkslied in der Stadt sehr zurück ...  

1898 war mein Urgroßvater 28 Jahre alt, von daher paßt die Familienüberlieferung ganz gut. Aber ansonsten kann er sich das gut und gerne auch nur ausgedacht haben, der leichtfertige Vogel, um all die Frauen zu erheitern, wenn sie beim Rübenhacken auf dem Feld versammelt waren. Daß er solche und andere Dinge beim Rübenhacken erzählt hätte, wird zumindest in der "Familiensaga" überliefert.

Sogar daß dieser Gassenhauer auch unter den "oberen Zehntausend" populär war, ist belegt. Etwa durch eine Illustration von Ferdinand von Reznicek mit dem Titel "Der Frahsee (La Française) / Mein Herz, das ist ein Bienenhaus" (Meistdr).

Wie auch immer. Schietegal! Unsere Vorfahren, das waren sangesfrohe Menschen. Und ihrem Gustav wird seine Emma (s. Abb. 1) schon Mohres gelehrt haben, was all die lieben Bienen betrifft!

Soweit zum Volksleben in Brandenburg in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eine weitere Großmutter des Verfassers dieser Zeilen (1910-1995) stammte aus Wien (Strg2014) und wurde früh mit ihren vier Schwestern Mitglied im "Wandervogel". Auch sie hat natürlich ihr Leben lang gerne all die vielen Volkslieder gesungen und insbesondere auch zu Weihnachten sehr gerne auch so manches gehaltvollere Weihnachtslied. 

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*) Fuhr ein Fotograf über die Dörfer und bot Familienfotografien an? Oder fuhr die Familie nach Brandenburg, um sich beim Fotografen fotografieren zu lassen? Da alle etwas steif wirken, ist eher letzteres zu vermuten.

"Erschlagen von österreichischen Reitern" (1628)

Rekatholisierung in Schlesien im Dienste der Jesuiten (1628)

Familiengeschichtliche Forschungen führen einen zurück auf einen Hans Jenetschke, der 1628 in Dobersdorf "im Jägerndorfischen" von Lichtensteiner "Seligmachern" erschlagen worden sein soll, und dessen Frau mit sieben Kindern dann nach Jordansmühl am Zobten geflohen ist, wo sich die Familiengeschichte dann bis 1945 fortsetzt.

Diese wenigen Angaben werfen mit einem Schlag so viele Fragen auf, wie sie nur durch aufwendige Recherchen nach und nach beantwortet werden können. In diesem Beitrag sollen zunächst die näheren historischen Umstände dieses Geschehens im Jahr 1628 ausgelotet werden. Da der Familienname Jenetschke aber offensichtlich aus dem Tschechischen stammt und da das Herzogtum Jägerndorf schon seit dem Mittelalter und bis 1945 die Heimat sowohl von deutschsprachigen wie tschechischsprachigen Menschen war (offensichtlich in höherem Anteil als sonst im Sudetenland und in Mähren-Schlesien), möchten wir in weiteren Beiträgen auch alle Fragen rund um diesen Umstand näher verstehen lernen.   

Abb. 1: Terrorherrschaft im Dreißigjährige Krieg

Der Graf Mansfeld hatte 1626 seinen Zug nach Schlesien unternommen  (s. Prbl2022ab). Wallenstein konnte 1628 die in Schlesien eingedrungenen protestantischen Truppen wieder vertreiben. Aber nun hatte die kaiserliche Partei - endlich - eine Handhabe, hart gegen die "Ketzer" in Schlesien vorgehen zu können. Jedenfalls sprach sie sich diese zu. Jägerndorf war eine bis dahin fast gänzlich protestantische Stadt gewesen. So wie die meisten anderen Städte und Dörfer Schlesiens und Oberschlesiens.

Nun sollte das bald anders werden. Karl Hannibal Burggraf von Dohna (1588-1633) (Wiki, ADB) sollte eine wichtige Rolle spielen bei der nun folgenden Rekatholisierung Schlesiens im Jahr 1628. Er war Landvogt der Oberlausitz und hatte auch die Finanzverwaltung Schlesiens unter sich. Wir lesen über ihn (J. Berg: Die Geschichte der schwersten Prüfungszeit der evangelischen Kirche Schlesiens und der Oberlausitz. Jauer 1857, S. 116, GB):

Den 28. August 1628 machte der Graf Dohna den gemessenen Befehl bekannt, daß alle und jede Prediger, so der römisch-katholischen Religion nicht zugetan wären, aus den Fürstentümern Jägerndorf und Troppau abgeschaffen werden, alsbald ihr Amt einstellen und binnen 14 Tagen die Fürstentümer verlassen sollten. (...) Der Befehl wurde unterm 10. September 1628 in Jägerndorf wiederholt, es wurden wirklich die Geistlichen und Lehrer vertrieben und als das immer noch nichts half, die Lichtensteiner Dragoner dazu gebraucht, um die Leute mit Gewalt zum Abfall zur römischen Kirche zu zwingen (Caraffa a.a.O. p. 335).

Die in diesem Zitat enthaltene Bezugnahme auf Caraffa könnte sich auf einen Nuntiaturbericht aus dem Jahr 1628 beziehen. 1628 mußte die Stadt Jägerndorf also vier "donawische Kompagnien" aufnehmen (n. Leiden der Stadt Jägerndorf im 30jähr. Kriege. In: Notizen-Blatt mähr.-schles.Gesell., 1860, S. 22, GB). Das werden die berüchtigten Lichtensteiner Dragoner unter dem Befehl des Grafen Dohna gewesen sein, von den Zeitgenossen "Seligmacher" genannt.

Abb. 2: Troplowitz (Wiki) am Flüßchen Goldoppa im Landkreis Leobschütz im Leobschützer Lößhügelland in der Schlesischen Tiefebene, Oberschlesien (Postkarte) - Das Dorf liegt acht Kilometer westlich von Dobersdorf. Im Norden von Troplowitz und Dobersdorf liegt das Zuckmanteler Bergland (Wikienglpol), gelegen zwischen Reichensteiner Gebirge und Altvatergebirge (Ostsudeten)

In einer neueren geschichtlichen Studie lesen wir dazu (Deventer, Jörg: Nicht in die Ferne - nicht in die Fremde? Konfessionsmigration im schlesisch-polnischen Grenzraum im 17. Jahrhundert. In: J. Bahlcke (Hrsg): Glaubensflüchtlinge - Ursachen, Formen und Auswirkungen frühneuzeitlicher Konfessionsmigration in Europa. Lit Verlag, Berlin 2008, S. 102, GB; ähnlich: ders. 2012, GB):

Die unter dem Oberkommando des Standesherrn Karl Hannibal I. von Dohna stehenden Liechtensteiner Dragoner traten im Spätherbst 1628 zunächst in oberschlesischen Städten wie Troppau, Jägerndorf und Leobschütz in Erscheinung und tauchten dann auch in den niederschlesischen Fürstentümern Glogau, Sagan, Schweidnitz-Jauer und Münsterberg auf. Die zu Beginn der Besatzungstruppen ergriffenen Maßnahmen waren in allen betroffenen Städten ziemlich identisch: Lutherische Pfarrer, Diakone und Lehrer wurden ausgewiesen, evangelische Schulen geschlossen, Kirchen "rekonciliert" und mit katholischen Geistlichen bzw. Jesuiten besetzt. 

(Zu diesem Zitat wird auch umfangreiche, neuere wissenschaftliche Literatur angeführt, so daß diese Ausführungen als recht zuverlässige werden gelten können. Außerdem könnte die dort angeführte Literatur als Ausgangspunkt für weitere Forschungen gewählt werden.) 

Abb. 3: Jägerndorf und Troppau - Ihre Geographische Lage in Österreichisch-Schlesien

Ein schlesischer Historiker des 19. Jahrhunderts schrieb dazu (Biermann Protestantismus, S. 58):

Nun konnte die Gegenreformation auf die empörendste Weise unter dem nichtigen Vorwand durchgeführt werden, daß die Oberschlesier während der Anwesenheit des Feindes (Mansfelds) sich des Hochverrates und der Rebellion schuldig und des Accords verlustig gemacht haben. Die Prediger wurden verjagt, die Kirchen genommen, die Schulen geschlossen. Mit Hilfe des liechtensteinischen Dragoner-Regimentes unter dem Befehl des Baron Goes suchte man die Bevölkerung mürbe zu machen, Einquartierungen, welche die Betroffenen an den Bettelstab brachten, wurden so lange fortgesetzt, bis die Bürger ihren Glauben abschwuren. Die Hartnäckigen wurden mit blanker Waffe zur Messe getrieben. so verfuhr man in Glogau, so in vielen anderen Städten. - Die Meute fanatisierter und beutegieriger Soldknechte wurde auch auf unseren Teil von Schlesien gehetzt, Troppau und Jägerndorf wurden ihrer Habe von den "Seligmachern" unter dem Vorwande beraubt, daß sie an dem Einfall des Mansfelders sich beteiligt hätten. Die Jesuiten kehrten, von Wallenstein gerufen, nach Troppau zurück, er übergab ihnen alle Kirchen der Stadt. 

In Glogau scheinen die Lichtensteiner Dragoner dann am fürchterlichsten gehaust zu haben. In jeder ausführlicheren Darstellung zur Geschichte Schlesiens in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ist von diesen Geschehnissen die Rede. In Glogau wurde jenes abschreckende Beispiel geschaffen, das dann unzählige weitere Städte und Dörfer zur knirschenden Bekehrung zum Katholizismus brachte in Schlesien.

Oktober 1628 - Rekatholisierung in Glogau

Wir lesen darüber etwa (Robert Berndt: Geschichte der Stadt Gross-Glogau, Band 1, 1879, Seite 93, GB):

In der Nacht vom 29. zum 30. (Oktober 1628) wurden nämlich die Lichtenstein'schen Dragoner unter dem Obersten von Goes, welche von der Bekehrung in Mähren angelangt, ihre ersten schlesischen Bekehrungs-Versuche in Troppau und Jägerndorf gemacht und bereits seit einiger Zeit in den Dörfern um Glogau gelegen hatten, 3000 Köpfe stark (...) in die Stadt eingelassen. 

In der damaligen Stadt Glogau hatten "140 katholische Bürger 7 Kirchen und 967 evangelische Bürger nur eine Kirche". Und diese eine Kirche sollte ihnen auch noch weggenommen werden. 

Abb. 4: Dobersdorf, Landkreis Leobschütz in Oberschlesien - Eindruck von der landschaftlichen Lage des Dorfes im Leobschützer Lößhügelland - Fotograf: Ralf Lotys (Sicherlich) (Wiki

Dazu finden wir unter der Überschrift "Die Dragonaden der 'Seligmacher'" folgenden zeitgenössischen Bericht angeführt (zit. n. Karl Friedrich Hanser: Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. Band 3, 1862, S. 152ff  GB):

"Es war das Lichtensteinsche sehr starke Regiment, welches niemals vor einigen Feind geführet, sondern bloß und allein in Mähren wider unschuldige evangelische Christen, solche zum Papsttum zu zwingen, gebraucht worden, (...) in Schlesien und von da in die Lausitz geführt (...) zu dem Intent und zu sonderbarem Fleiß, daß man dadurch die armen Leute in Schlesien auch reformieren sollte, weil diese Seligmacher, wie sie genannt worden, gar einen besonderen Griff und Kunst aus langer Übung gelangt hatten. (...) Ward unterm Schein als sollte es über Crossen auf die Mark Brandenburg zu marschieren ins Großglogausche neben der Stadt hingeführt, daß es den 26. Oktober 1628 nicht weit von dieser Stadt logierte. (...) Man mußte den Dohna zur Nacht aus den Toren von Breslau lassen, damit er ja solche seine Freude nicht versäumte, weil er einen großen Weg zu fahren hatte und der Abrede nach gleich wohl gern wollte dabei sein. Oppersdorf aber schrieb vorhin an Dohna: er wolle ja verziehen bis er könne dabei sein und wolle doch so denken wie ers sonsten beim Pater Lamormain werde verantworten können, daß er sich bei einem so guten Werke nicht hätte sollen finden lassen."

Der Jesuitenpater Wilhelm Lamormaini (1570-1648) (Wiki) war der Beichtvater Kaiser Ferdinands II., einer der schlimmsten Einpeitscher des 30-jährigen Religionskrieges, in dessen Gunst sich also diese beiden schlesischen Rekatholisierer erhalten wollen. 

Abb. 5: Jägerndorf in Schlesien - Kupferstich von Johann Adam Delsenbach (1687-1765), gezeichnet 1720, veröffentlicht 1733 

In dem zeitgenössischen Bericht heißt es weiter (Hanser 1862, S. 152ff  GB):

"Der Abrede gemäß wurden die Soldaten des Lichtenstein'schen Regiments in der Nacht eingelassen, da sich die armen Leute im Schlafe gar nichts befahreten."

Die evangelischen Bürger wurden dann überrumpelt und mit Einquartierung bedroht (Hanser 1862, S. 152ff  GB):

"Wolle er quartierfrei sein, und nicht so übel geplagt und behandelt werden, so solle er beichten oder nur Beichtzettel holen und sich katholisch erklären: sonst wäre ihm nicht zu helfen. Dannhero ihrer viele aus Furcht, Angst und Schrecken, viele aus Unverstand und Unwissenheit, viele aber auch aus Leichtsinnigkeit hinliefen, sich beim Herrn v. Dohna als Generalseligmacher angaben, der ihnen denn alsbald einen Beichtzettel unterschrieben erteilte. Wenn der vorgezeigt wurde, räumte der Soldat das Haus und logierte sich bei einem anderen, der noch keinen Beichtzettel genommen, ein. (...) Also, daß zuletzt diejenigen, die sich eifrig und beständig erzeigten, wohl ganze Kompagnien und mehr einquartiert wurden.  (...) Inzwischen aber war er geprügelt, geschlagen, im Haus und auf der Gassen auf- und niedergejagt, daß er Wein, Traktament und Geld schaffen mußte, so lange, bis er bewilligte zu beichten oder einen Beichtzettel zu holen. (...)
Weil zuvor, als der Landeshauptmann v. Oppersdorf den Lutheranern die Nikolaikirche wegnehmen wollte, diese solchem Unternehmen sich widersetzt hatten, so mußten jetzt etliche dafür mit dem Leben bezahlen; denn es wurde zu Glogau eine öffentliche Exekution gehalten und zwei oder drei Bürger, die fürnehmlich sich der Übergebung der Kirche widersetzt hatten, hingerichtet.
Wie grausam man hernächst mit dem damaligen Pastor Valentin Preibisch verfahren habe, ist auch noch beizufügen. Bald nach Ersteigung der Stadt setzte man ihn gefangen und legte ihm ein Schwert und ein Kruzifix vor, um entweder den Tod oder den Abfall zu erwählen. Wie dies seine Frau erfuhr, ließ sie ihm entbieten, er möchte doch ja lieber das Schwert erwählen. Er ist auch wirklich standhaft geblieben. (...)
Es verließen daher viele sobald sie nur konnten, Haus und Hof, Habe und Gut und flohen nach Polen."

Preibisch entließ man aus der Haft gegen eine Geldbuße von 200 Gulden und verwies ihn aus Stadt und Land.

Wir lesen weiterhin (Robert Berndt: Geschichte der Stadt Gross-Glogau, Band 1, 1879, Seite 93, GB):

Nach den eignen Erzählungen der Jesuiten sind auf diese Weise in Glogau allein im Jahre 1628 gegen 6000, in dem nächstfolgenden Jahre nochmals über 400 Personen zur katholischen Religion zurück geführt worden. Ein gleiches Bekehrungsgeschäft setzten die Jesuiten oder auch die teilweise zu diesem Zweck entsendeten Dragoner in Begleitung mit Hilfe von Jesuiten in den Dörfern um Glogau, in den Weichbildstädten des Fürstentums, selbst in entfernteren Orten fort.

Im 19. Jahrhundert gab es in Glogau neben 4.300 Protestanten 2.500 Katholiken. Bis 1939 verfünffachte sich aber die evangelische Einwohnerschaft, während sich die katholische Einwohnerschaft nur verdreifachte. Dadurch verschob sich das Zahlenverhältnis zugunsten der Protestanten in der Stadt (s. Wiki). Aber ohne die Jesuiten, ohne die Lichtensteiner Dragoner hätte es bis 1945 wahrscheinlich kaum Katholiken in Glogau gegeben. 

In Grünberg trug sich am 7. November 1628 ähnliches zu (zit. n. Karl Friedrich Hanser: Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. Band 3, 1862, S. 155, GB):

"Vor allen Dingen riefen die Soldaten in den Pfarrhäusern: 'katholisch, katholisch oder fort'. (...) Zu Mitternacht suchten sie den Pastor auf und nannten sich Seligmacher und sagten, sie könnten die Leute selig machen. (...) Da wäre es Zeit gewesen, in die Kirche zu gehen. (...) Die ruchlosen Priesterplacker taten unterschiedliche Schüsse, damit sie das Volk vom Kirchhofe abtrieben. Jedoch ermunterte der Pastor Willich, ließ sich die Kirchtür aufmachen und ging mit etlichen hundert Personen da hinein. Es folgen auch zum Teil Soldaten nach. Der Pastor fing vor dem Altar an, aus dem Liede 'In dich hab ich gehoffet, Herr' die zwei letzten Verse 'Herr, meinen Geist befehl' ich dir' usf. zu singen. Als er sich zurück wandte, sagte er von der Kanzel: 'bei einem guten Liede pflegt man auch sonst eine gute Predigt zu hören. Das aber wird mir anstatt eines Valets nicht gegönnt. Jedoch merket zum Beschluß diesen Spruch aus Gal. 1,8: 'So Euch jemand ein anderes Evangelium predigen wird, anders denn wir euch gepredigt haben: der sei verflucht, sollte es auch ein Engel vom Himmel oder ein Jesuit sein.' "

Unter solchen Flüchen und Gegenflüchen wurde der Pfarrer gezwungen, seine Sachen zu packen und samt seiner Familie die Stadt zu verlassen. 

Abb. 6: Der Landkreis Leobschütz (erstellt von Schlesinger) (Wiki)

In dem angegebenen Buch aus dem Jahr 1862 werden noch viele weitere angewandte Bekehrungsmethoden geschildert. Der nächstfolgende Abschnitt in dem Buch trägt dann als Überschrift: "Zwangsbekehrungsmittel gegen das Landvolk". 

Andernorts lesen wir (Johann Adam Hensel: Protestantische Kirchen-Geschichte der Gemeinen in Schlesien. 1768, S. 272, GB):

Man erwählte zu gewaltsamer Ausführung dieser Reformation drei Hauptpersonen: 1) Herrn Carl Hannibal Burggrafen von Dohna, 2) Herrn George Reichsgrafen von Oppersdorf, Landshauptmann in Glogau und 3) Herrn Baron von Bibra, Landshauptmann im Schweidnitzischen und Jauerschen. Diese drei Herren erhielten vom Wiener Hofe ihre Instruktion, wie sie sich in diesem Handel in denen Städten und auf dem platten Lande verhalten sollten. Diesen Commissarien gab man, um die Stadtkirchen wegzunehmen und die Bürger zur katholischen Religion zu zwingen, vom Hofe das Lichtensteinische Regiment zu Hilfe, welches schon in Mähren eben diese Dienste getan hatte. Der Oberste desselben (war) Baron Góes.

Eine Antwort auf Beschwerden der Stände Schlesiens wegen des geschilderten gewaltsamen, brutalen "Reformationswesens" (der Gegenreformation), insbesondere wegen der Geschehnisse in Glogau leitete der Kaiser Ferdinand II. in Wien bezeichnenderweise folgendermaßen ein (zit. n. Robert Berndt: Geschichte der Stadt Gross-Glogau, Band 1, 1879, Seite 95, GB):

Wann wir denn, was das Herzogtum Teschen und diejenigen Orte in Oberschlesien betrifft, so bei dem Mansfeldischen Einfalle von dem Feinde eingenommen (...) uns weder Ziel noch Maß, was diesfalls deren Orten vorzunehmen von jemanden vorschreiben zu lassen, keineswegs gemeint ...

Er will sich also weder Ziel noch Maß vorschreien lassen, was seine Rekatholisierungs-Maßnahmen in Oberschlesien betrifft. Und in den weiteren Formulierungen wird dann klar, daß er weitere Maßnahmen bezüglich Glogau grollend einstweilen "bewenden lassen" will - nicht aber ohne weitere drohende und grollende Worte zu gebrauchen.  

Die Ereignisse in Glogau hatten die gewünschte abschreckende Wirkung (Faustin Ens: Das Oppaland, oder der Troppauer Kreis, nach seinen geschichtlichen ... Eigentümlichkeiten, Band 1, Wien 1835, S. 130, GB):

Um ähnlichen Schrecknissen zu entgehen, wandten sich die Untertanen der Fürstentümer Troppau und Jägerndorf in Demut an ihren Herzog Maximilian mit der Bitte, die drohenden Übel von ihnen abzuwenden. Er stellte eine Vollziehungskommission in Troppau auf, an deren Spitze Burggraf Dohna stand. Sie verhieß die Abhaltung (=Fernhaltung) der Seligmacher gegen Annahme des Statutum religionis. 

Vielleicht bringt hier der Autor auch die Zeitabfolge durcheinander. Aber die Rekatholisierungsmaßnahmen zogen sich noch über Jahre weiter hin. Nur durch dauerhaften Druck gegen die protestantischen Schlesier gelang es langfristig, sie zu Katholizismus zu bekehren.

Familiengeschichte im Jahr 1628 in Schlesien

Mit den Ausführungen dieses Blogartikels wollten wir das Rahmengeschehen kennzeichnen, das man kennen muß, wenn man einordnen will, was man in familiengeschichtlichen Aufzeichnungen finden kann, nämlich solche Angaben:

"Hans Jenetschke war Schulmeister und Kirchenschreiber zu Stirnau bei Dobersdorf. Während der Gegenreformation wurde er von österreichischen Reitern erschlagen. Er hinterließ eine Witwe mit sieben Kindern, die nach Jordansmühl zog."

In anderen familiengeschichtlichen Aufzeichnungen finden sich dazu die folgenden Ausführungen:

Hans Jenetschke, Schulmeister und Kirchenschreiber zu Dobersdorf im Jägerndorfischen, ist mit einiger Sicherheit in der Gegenreformation als Protestant totgeschlagen worden. Seine Witwe, Barbara Jenetschke, ist mit den Kindern aus dem Jägerndorfischen (was katholisch blieb) nach Jordansmühl am Zobten geflohen. (...) Die Angaben über (...) ihren Mann, sind der Kirchenbucheintragung der Kirche von Jordansmühl anläßlich der Beurkundung ihres Todes entnommen.

Die Lebensdaten des Sohnes dieser beiden, Hans Jenetschke (1627-1668), deuten darauf hin, daß der Vater durchaus im Jahr 1628 erschlagen worden sein kann. Das ist auch genau das Jahr, in dem die Gegenreformation "im Jägerndorfischen", sprich im Herzogtum Jägerndorf - und auch sonst in Schlesien - gewaltsam durchgeführt worden ist - wie schon dargestellt. 

Eine solche Angabe ergänzt und veranschaulicht unsere bisherigen Forschungen zum Dreißigjährigen Krieg, insbesondere auch zu Schlesien, die wir bis Ende letzten Jahres hier auf dem Blog schon betrieben hatten (siehe Schlagwort Gegenreformation, bzw. Beiträge zum Westhavelland [Prbl2017], zur Geschichte Riga's, zum Grafen Mansfeld [Prbl2022a] und zu seinem Wirken in Schlesien [Prbl2022b]). 

Familiengeschichte in Nordeuropa, so stellt man bei dieser Gelegenheit - einmal erneut - fest, kann nicht selten zurück verfolgt werden bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Und man kann dann gerade dort auf die vergleichsweise aufwühlensten Vorgänge stoßen (abgesehen von jenen im 20. Jahrhundert). 

Ist der Jesuitenorden, der für all das damalige Geschehen verantwortlich war, heute denn weniger mächtig und einflußreich als damals? Verfolgt er seine Ziele heute mit weniger Fanatismus als damals? Sind doch auch heute genügend Personen aus Politik und Medien bekannt, die in ihrer Jugend Jesuiten-Gymnasien besucht haben. Siehe z.B. das Schlagwort Jesuiten auf unserem Parallelblog "Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!" mit den ersten Beiträgen dort im Januar 2010, als die umfangreiche Pädokriminalität des Jesuitenordens und der katholischen Kirche weltweit erstmals - wieder - öffentlich behandelt worden sind (seit 1945) (s. GAj2010aGAj2010b, uvam.). 

So mag denn auch diese familiengeschichtliche Entdeckung einmal erneut zum Anlaß gewählt werden, uns unserer Vorfahren und ihrer erschütternden Schicksale zu erinnern und sie geschichtlich einzuordnen.

Das preußische und das österreichische Schlesien (seit 1742)

Um das genannte Geschehen geographisch-historisch noch etwas genauer einzuordnen: 1742 eroberte Friedrich der Große Schlesien für Preußen, wodurch den 1628 begonnen Rekatholisierungsmaßnahmen in Schlesien für die weiteren 200 Jahre ein Ende gemacht worden war. Durch die Eroberung durch Friedrich den Großen war es zur Teilung von Schlesien gekommen in einen größeren preußischen Teil und einen kleineren österreichischen Teil. Letzterer Teil war seither "Österreichisch-Schlesien" genannt worden (Wiki) und zählte - als deutsch besiedelte Region - seit 1920 zum "Sudetenland".

Abb. 7: Österreichisch-Schlesien 1746 nach dem zweiten Schlesischen Krieg (Wiki)

Österreichisch-Schlesien ist insbesondere ab 1628 gewaltsam rekatholisiert worden (wie oben angedeutet). Es hat seit jener Zeit bis 1945 katholisches Gepräge gehabt. Bis 1918 gehörte es ja auch zur Habsburger Monarchie. Die Grenzziehung von 1742 hat sich erstaunlicherweise bis heute erhalten. Denn das preußische Schlesien kam 1945 an Polen und das Österreichische Schlesien war schon 1920 als Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges an Tschechien gekommen. 

1945 und 1946 wurde die angestammte deutsche Bevölkerung aus beiden Teilen Schlesiens fast gänzlich aus ihrer Heimat entfernt.

Das in den familiengeschichtlichen Angaben genannte Dorf Dobersdorf (poln. Dobieszów) (Wiki) liegt im Leobschützer Lößhügelland und gehört zum Landkreis Leobschütz. Es hatte aber bis 1742 zum Herzogtum Jägerndorf gehört. Ab 1742 gehörte es zum preußischen Schlesien (s. 1837, S. 21, GB).

"Dobersdorf im Jägerndorfischen" liegt nahe der Grenze zwischen Preußisch-Schlesien (heute Polen) und Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien). Es liegt in der Mitte eines Dreiecks zwischen den folgenden drei Städten (s. GMaps):

  • Jägerndorf (Wiki), gelegen zehn Kilometer südlich in Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien)  
  • Olbersdorf (Wiki), gelegen elf Kilometer westlich in Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien) und 
  • Leobschütz (Wiki), gelegen elf Kilometer nordöstlich in Schlesien (heute Polen). 

Es könnte noch ein fünfzehn Kilometer weiter im Norden des Dorfes Dobersdorf liegendes Städtchen angeführt werden, das den Namen Hotzenplotz (Wiki) trägt. Hotzenplotz gehörte ebenfalls zu Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien).

Das Herzogtum Troppau

Alle drei, bzw. vier Städte gehörten im Hochmittelalter zum Herzogtum Troppau (Wiki). Die Herzöge gehörten zum böhmischen Herzogsgeschlecht der Premysliden (Wiki). Dieses Herzogsgeschlecht entstand im Frühmittelalter in einer Zeit, in der sich  - nach neuesten archäogenetischen Erkenntnissen (Stgen2019) - der Hochadel Rußlands, Pommerns, Polens, Schlesiens  und Böhmens mit handelsreisenden Wikingern vermischte, die die großen Flüsse Oder, Weichsel, Wolchow, Dnjepr bereisten und dort dauerhafte Handelssiedlungen gründeten. Für die Premysliden gilt damit ähnliches wie für die Rurikiden in Rußland, die mittelalterlichen Herzogshäuser in Pommern und Westpreußen und die Piasten in Polen und Schlesien: Sie waren in Teilen wikingischer Herkunft. Das war schon aufgrund von Schriftquellen und Namensforschung von der Wissenschaft angenommen worden, war aber bis heute umstritten geblieben. 

Das mittelalterliche Herzogtum Troppau nun ist 1367 und 1377 aufgeteilt worden auf mehrere Söhne. Dabei entstanden neben Herzogtum Troppau noch die Herzogtümer Jägerndorf (Wiki), Leobschütz  und Freudenthal. Die Stadt Freudenthal liegt 22 Kilometer südwestlich von Jägerndorf. 1523 konnte eine Hohenzollern-Linie das Herzogtum Jägerndorf kaufen. 

Jesuiten können warten - Es ist "noch nicht an der Zeit"

Dieses kam aufgrund der Kinderlosigkeit des Herzogs 1603 an den Kurfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg. Dessen Sohn Johann Georg war dann Oberbefehlshaber der Truppen des pfälzischen "Winterkönigs" Friedrich V.. Und das hatte hinwiederum zur Folge (Wiki):

Nachdem es den Kaiserlichen in der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 gelungen war, den böhmischen Truppen schwere Verluste zuzufügen, wurde Prag von den Habsburgern besetzt. Am 28. Februar 1621 wurde in Dresden unter Vermittlung des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen der sogenannte Dresdner Akkord unterzeichnet. Die schlesischen Fürsten schworen Treue gegenüber dem Kaiser und brachen die Beziehungen zu dessen Feinden vollständig ab. Darüber hinaus zahlten sie zur Wiedergutmachung Ferdinand II. 300.000 Gulden wegen ihrer Teilnahme am Aufstand. Ausgenommen war der Anführer der Schlesier, Herzog Johann Georg von Jägerndorf, der geächtet wurde.

Im Gegenzug konnte der sächsische Kurfürst mit diesem "Akkord" sozusagen noch eine gewisse schützende Hand über die Protestanten in Schlesien halten (Wiki): 

Am 15. März 1623 übertrug der Kaiser das Herzogtum Jägerndorf seinem treuen Anhänger Karl I. von Liechtenstein, dem bereits seit 1613 das Herzogtum Troppau gehörte. Er vereinte die beiden Herzogtümer zum Herzogtum Troppau-Jägerndorf.

Nach diesem Adelsgeschlecht ist auch das genannte Lichtensteiner Regiment benannt. Die Einwohnerschaft von Jägerndorf war damals "bis auf ein Dutzend Personen protestantisch" (Zukal 1912, S. 8). Das sollte sie nun nicht mehr so lange bleiben.

Wir lesen  (s. Gottlieb Biermann: Geschichte der Herzogthümer Troppau und Jägerndorf, 1874, S. 523f, GB):

Man fand es jedoch noch nicht an der Zeit, die sogenannte Gegenreformation im Troppauischen, für dessen protestantische Bevölkerung der Kurfürst von Sachsen intervenierte, schon jetzt durchzuführen. (...) Mansfeld's Einfall in Schlesien bot die heiß ersehnte Gelegenheit, auf welche die in Wien alles vermögende Jesuitenpartei längst schon ungeduldig harrte, um sich des lästigen Akkords zu entledigen.

Aus Rücksicht auf den Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen und den mit ihm abgeschlossenen "Dresdener Akkord" war man also nicht schon 1623 in Schlesien gegen die Protestanten ebenso vorgegangen wie man dies zeitlich in Böhmen und sonst in Österreich tat. Aber was für bezeichnende und deutliche Worte der österreichisch-schlesische Historiker Gottlieb Biermann (1828-1901) (Wiki) wählt. 

Im Juli 1626 zog dann also endlich der Graf Ernst von Mansfeld (1580-1626) (Wiki) - so heiß ersehnt von den Jesuiten in Wien (und nicht selten auch von ihnen bezahlt!) - von Brandenburg aus nach Schlesien ein. Der andere Führer dieses Zuges war der Herzog Johann Ernst von Sachsen-Weimar (1594-1626) (Wiki). 

Am 19. August 1626 erscheint Weimarische Kavallerie vor den Toren von Troppau und wenig später die gesamte Kriegsmacht des Herzogs von Weimar. Schließlich muß ihm die Stadt die Tore öffnen. Der Herzog läßt als Stadthauptmann Joachim Mitzlaw zurück, bevor er weiter gen Ungarn zieht. Auch Jägerndorf ist in dieser Zeit in die Hand der der Dänen gekommen. Und die protestantischen Truppen können bis zum Sommer 1627 ihre Machtbasis in Oberschlesien nach und nach noch weiter ausbauen. Daran können zunächst auch kleinere kaiserliche Vorstöße nichts ändern (G. Biermann: Geschichte der Herzogthümer Troppau und Jägerndorf, 1874, S. 528, GB):

Im Februar 1627 erscheint Oberst Dohna mit fünf Kompagnien vor Jägerndorf, er plündert die Vorstädte, wird jedoch überfallen und ihm die Beute abgejagt.

Und genauer dazu (1912, S. 17):

Heinrich von Dohna, ein jüngerer Bruder des Obersten Karl Hannibal (von Dohna), gewöhnlich der junge Dohna genannt, versuchte mit einem Reiterhaufen in die Vorstadt von Jägerndorf einzudringen. Als ihm dies mißlungen war, fiel er auf dem Rückzug bei dem Dorfe Türmitz in einen Hinterhalt, verlor 20 Mann und wurde selbst gefangen.

Das hier genannte Dorf Türmitz (Wiki) liegt drei Kilometer nördlich von Jägerndorf. 

Juni 1627 - Wallenstein besetzt Jägerndorf

Dohna hatte auf Befehl Wallensteins gehandelt, der nun selbst ins Herzogtum Troppau kommt (30jK):

Wallenstein war fest entschlossen, dem dänischen Spuk in Schlesien ein Ende zu machen. Am 2. Juni 1627 verließ er Prag und erreichte acht Tage später das Lager seiner Armee in Neiße. Von hier aus setzten sich am 19. Juni zweiundzwanzig Regimenter mit etwa 40.000 Mann gegen die Dänen in Bewegung. Einer solchen Übermacht waren diese nicht gewachsen. Es fiel eine Stadt nach der anderen, am 21. Juni Leobschütz, am 23. Jägerndorf. Am 5. Juli erschienen Wallensteins Regimenter im Weichfeld der Festung Kosel. 

Soweit zu den geschichtlichen Geschehnissen rund um Jägerndorf und Schlesien in den Jahren 1626 bis 1628. 

Der Landkreis Leobschütz

Noch kurz zu dem erwähnten Ort Stirnau. Stirnau wird als "Kolonie" bezeichnet und als Dobersdorf zugehörig (Genea), bzw. als zugehörig zum Dorf Raden (Wiki). Auf einer Karte des Jahres 1736 ist sie eingezeichnet (Wiki), ebenso 1830 (MusDig). 1865 hatte Stirnau 31 Einwohner (GB):

Westlich des Hauptdorfes auf der Höhe liegt die Kolonie Stirnau.

Es scheint, als ob diese Kolonie nach 1945 aufgehört hat zu bestehen und als ob dort heute Wald wächst. Dobersdorf selbst gehört seit 1988 zu dem "Landschaftsschutzgebiet Mocker-Löwitz" (Wiki), das sich von Dobersdorf über 14 Kilometer nach Südosten bis zum Dorf Löwitz (Wiki) zieht (Wiki):

Die Landschaft aus steilen, teilweise bewaldeten Hängen, malerischen Tälern und kleinen Stauseen lockt zahlreiche Touristen hierher. (...) Die mit attraktiven Wäldern bedeckten Hügelhänge sind ein Zufluchtsort für Waldtiere (Wildschweine, Rehe). (...) Es ist geplant, den Landschaftspark Zuckmanteler Bergland um das Landschaftsschutzgebiet Mocker-Löwitz zu erweitern.

Acht Kilometer westlich von Dobersdorf (auf der anderen Seite des Waldes) liegt Troplowitz (Wiki), von dem sich Postkarten-Darstellungen finden (Abb. 2). Man wird Stirnau als zu klein ansehen müssen, als daß es für sich genommen sich einen eigenen "Schulmeister und Kirchenschreiber" hätte leisten können um 1628. Wahrscheinlicher wird sein, daß Hans Jenetschke Schulmeister und Kirchenschreiber von Dobersdorf war, aber in Stirnau mit seiner Frau Barbara und seinen sieben Kindern wohnte. Denn selbst im größeren Dobersdorf gab es damals noch keine Kirche, sondern nur ein Bethaus. Die dortige Kirche wurde erst hundert Jahre später gebaut. 

Mit all dem sollte ein Eindruck gegeben werden von jenen Umständen, unter denen Hans Jenetschke vielleicht im September 1628 im abgelegenen Stirnau bei Dobersdorf erschlagen worden sein könnte. In der Literatur wird auch die Anwendung von Folter durch die Jesuiten erwähnt (Hanser 1862, S. 158f  GB). Auf einen erschlagenen protestantischen Schulmeister mehr oder weniger in der Welt kam es den Jesuiten damals nicht an. 

Jägerndorf war bis 1945 eine deutsche Stadt mit zum Schluß knapp 25.000 Einwohnern. Sie waren fast alle katholischer Religion. Viele ihrer Nachfahren werden längst ausgetreten sein. Patenstadt von Jägerndorf ist Ansbach. Dort findet sich auch eine Jägerndorfer Heimatstube.

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  1. Henselm Johann Adam: Protestantische Kirchen-Geschichte der Gemeinen in Schlesien. 1768, S. 272 (GB)
  2. Berg, J.: Die Geschichte der schwersten Prüfungszeit der evangelischen Kirche Schlesiens und der Oberlausitz. Jauer 1857 (GB)
  3. Hanser, Karl Friedrich: Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. Band 3, 1862 (GB)
  4. Biermann, Gottlieb: Geschichte der Herzogthümer Troppau und Jägerndorf, 1874 (GB)
  5. Biermann, Gottlieb: Geschichte des Protestantismus in Österreich-Schlesien. Prag 1897 (GB)
  6. Zukal, Josef: Die Liechtensteinsche Inquisition in den Herzogtümern Troppau und Jägerndorf aus Anlaß der Mansfeldschen Rebellion 1626-1627. In: Zeitschrift für Geschichte und Kulturgeschichte Österreichisch-Schlesiens. 7. Jahrgang, 1912 
  7. Loesche, Georg: Zur Gegenreformation in Schlesien, Troppau, Jägerndorf, Leobschütz. In: Neue archivalische Aufschlüsse, Band 32, Ausgaben 117-118, Verein für Reformationsgeschichte (Rudolf Haupt), 1915 (GB) [könnte noch konkretere Hinweise enthalten]
  8. Deventer, Jörg: Nicht in die Ferne - nicht in die Fremde? Konfessionsmigration im schlesisch-polnischen Grenzraum im 17. Jahrhundert. In: J. Bahlcke (Hrsg): Glaubensflüchtlinge - Ursachen, Formen und Auswirkungen frühneuzeitlicher Konfessionsmigration in Europa. Lit Verlag, Berlin 2008, S. 102 (GB
  9. Deventer, Jörg: 2012 (GB) [ähnlich wie 2008]

Kontroverse

NachDenkSeiten

Leserbriefe zu „„Wir brauchen Waffensysteme, die weit in die Tiefe des russischen Raumes reichen“ – unfassbare Aussagen eines Generalmajors im heute journal“


In diesem Beitrag diskutiert Marcus Klöckner über das Interview, das Dunja Hayali vom „ZDF heute journal“ mit Generalmajor Christian Freuding geführt hat. Darin habe er die in der Überschrift zitierte Forderung aufgestellt. Gefragt wird, ob allen klar sei, was seine Aussagen bedeuten. Von kritischem Journalismus im Interview sei in dieser

Bundeswehr-General will russische „Führungseinrichtungen“ angreifen – und die historische Ignoranz der Bundesregierung

Vor dem Hintergrund der Aussage des Leiters des Führungsstabs des Bundesministers der Verteidigung, Generalmajor Christian Freuding, der von Kiew aus via ZDF erklärt hatte, „wir“ bräuchten Waffensysteme, die „in die Tiefe des russischen Raumes reichen“, um dortige Führungseinrichtungen zu attackieren – wollten die NachDenkSeiten unter anderem wissen, wen einer der ranghöchsten deutschen Militärs mit „wir“

Deutschland ist seit 70 Jahren NATO-Mitglied: 70 Jahre Lüge, Eskalation und Zerstörung

Es ist kein Grund zum Jubeln: Die Geschichte der NATO ist von Kriegsverbrechen und Desinformation begleitet. Die 70-jährige NATO-Mitgliedschaft Deutschlands feierte die Bundeswehr am 9. Juli unter anderem mit einer Rede von Boris Pistorius. Er begann mit dem Loblied, die NATO sei vor 76 Jahren gegründet worden, denn „Frieden, Freiheit und Demokratie müssen geschützt und

Ex-CIA-Analytiker McGovern appelliert an die Bundesregierung: „Werdet endlich erwachsen“

In einem exklusiven Interview in Berlin gewährte der Ex-CIA-Analytiker Ray McGovern Einblicke in die aktuelle Weltlage. Gemeinsam mit seiner Kollegin Elizabeth Murray war McGovern für Gespräche und Veranstaltungen nach Deutschland gekommen. Als erfahrene Geheimdienstmitarbeiter setzen sie sich mit der Gruppe Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS) für den Frieden ein. McGovern, bekannt für seine kritische

Feind wider Willen: Gibt es eine Alternative zum antirussischen Kurs der Bundesrepublik Deutschland?

Zurzeit zeigt sich ein Riss im scheinbar festen antirussischen Konsens Deutschlands. Ein kontroverser SPD-Parteitag hat jüngst offenbart, dass die Kritik am aktuellen Kurs auch im politischen Mainstream wächst. Trotz harter Rhetorik führender Politiker häufen sich die Stimmen, die eine Überprüfung der Außenpolitik gegenüber Moskau fordern. Artem Sokolow analysiert aus Moskau die komplexen Triebkräfte hinter Berlins

Multipolar

„Das ganze Konstrukt ist eine Biowaffe“

Neue peer-reviewte Forschungen, die in diesem Jahr erstmals auch von der WHO diskutiert wurden, zeigen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass das Coronavirus menschengemacht ist. Bislang so gut wie unbekannt: Mit mindestens 15 auf den Menschen angepassten Bindungswegen ist es auf maximale Schadwirkung konstruiert. Das Virus – aber auch die Impfstoffe –, sind, so zeigen die Erkenntnisse, tatsächlich „Langzeitbiowaffen“, deren Wirkung sich erst über Jahre entfaltet, da Krankheitsprozesse ausgelöst werden, die oft nicht unmittelbar tödlich sind. Multipolar hat den Rechercheur Dirk Gerhardt interviewt, der die Studienlage kennt. Fazit: Alle müssen umdenken – nicht nur die Impfbefürworter, sondern auch diejenigen, die das Virus bislang für kaum gefährlich hielten.

Lebendige Erde

Der Landwirt Hubert Stark setzt mit seinem Bio-Bauernhof im österreichischen Waldviertel auf regenerative Landwirtschaft. Dort hält er nicht nur Schweine und Rinder, sondern befasst sich auch mit der Erhaltung gesunder Böden durch Humusaufbau. Um sein Wissen weiterzugeben, hat er die „Humusbewegung“ mitgegründet, die Bauern „aus dem Kampfmodus bringen“ möchte. Multipolar hat ihn interviewt.

Bargeld im freien Fall

Die Nutzung des Bargelds geht zurück. Was einigen als natürlicher, unumkehrbarer Trend erscheint, wird forciert durch Kampagnen der Kreditkartenunternehmen, Schließung von Bankfilialen und zunehmende Ausgrenzung von Barzahlern, auch durch staatliche und kommunale Einrichtungen. In seinem neuen Buch „Krieg gegen das Bargeld“ beschreibt Multipolar-Autor Hakon von Holst die Hintergründe. Multipolar veröffentlicht Auszüge.

Herzerkrankungen nach Corona-Impfung: Wann wusste das Paul-Ehrlich-Institut Bescheid?

Das Paul-Ehrlich-Institut sieht bis heute „kein Risikosignal“, doch schon im Februar 2021 kamen Warnungen aus Israel und ab Mai 2021 registrierten die Notaufnahmen deutscher Kliniken einen starken Anstieg „kardiovaskulärer Vorstellungsgründe“ – zeitgleich zur Massenbehandlung mit den Corona-Präparaten. Ab wann wusste die Behörde Bescheid? Eine Chronologie.

De-Banking von Regierungskritikern: Eine Chronologie gekündigter Bankkonten

Oppositionellen Journalisten, Politikern und Privatpersonen werden in den letzten Jahren zunehmend und ohne Angabe von Gründen Bankkonten gekündigt. Laute Kritik an diesem Vorgehen gibt es weder von Journalistenverbänden noch von etablierten Medien oder Politikern. Multipolar hat das weithin totgeschwiegene Phänomen für den deutschsprachigen Raum erstmals chronologisch aufgearbeitet – und wird diesen Beitrag regelmäßig aktualisieren. (Letztes Update: 11.7.2025)

Novo Argumente

Maja und Marla

Zwei Gerichtsprozesse – einer in Leipzig, einer in Budapest – werfen ein Schlaglicht auf die Situation im Deutschland des Jahres 1 nach Inkrafttreten des sogenannten Selbstbestimmungsgesetzes.

Diskursverengung und Lagerbildung (Teil 2/2)

Die Polarisierung der gesellschaftlichen Debatte kann sich durch Ausgrenzung verstärken, indem sich moderate Stimmen weniger trauen und nur noch Menschen mit gefestigtem Weltbild Widerspruch wagen.

Die woken Freunde des politischen Islam

Woke Israelfeinde im Westen, die Hamas & Co. unterstützen, sollte man nicht als Naivlinge betrachten, die die Islamisten fehleinschätzen. Ihre Ideologien ähneln sich vielmehr.

Deutschlands nächster Ausflüchter?

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist nicht der neue Sheriff der EU, sondern nutzt wie seine Vorgänger Brüssel als Vorwand, um der nationalstaatlichen Verantwortung zu entgehen.

Diskursverengung und Lagerbildung (Teil 1/2)

Einschränkungen der Meinungsfreiheit und gesellschaftliche Spaltung von oben stoßen auf Gegentendenzen, die sich z.B. in rechtspopulistischen Wahlerfolgen manifestieren.

Club der klaren Worte

Die Würde des Menschen

von Peter Löcke // Die Würde des Menschen ist unantastbar. So lautet Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Ganz oben steht dieser Satz als juristisches Grundprinzip. Die unantastbare Menschenwürde scheint das Fundament zu sein für das großartige Gebäude, was wir demokratischen Rechtsstaat nennen. Ich habe lange an all das geglaubt. Heute nicht mehr. Welch ein […]

Mit Brosius-Gersdorf an den Abgrund

von Diana-Maria Stocker Wie schnell normative Prinzipien durch Ideologie untergraben werden können hat die NS-Zeit gezeigt und es zeigt sich auch heute erneut. Dass wir die Schoah, den Holocaust, trotz dicker Lehrbücher, Denkmäler und Gedenktagen nicht aufgearbeitet haben, sondern lediglich als Keule gegenüber politisch Kritischer und Andersdenkender verwenden, offenbart das unwürdige Theater mit unreflektierten Akteuren […]

Exklusive Inklusion

von Peter Löcke // Köln und Büren, zwei Orte in Nordrhein-Westfalen, sorgten in der vergangenen Woche für großes Aufsehen. Für jene Leser, die sich aus nachvollziehbaren Gründen im Medien-Detox befanden, seien die Geschehnisse in Kürze nacherzählt, beginnend mit der Episode aus der Metropole am Rhein. Die Kölner Stadtverwaltung möchte die Bezeichnung „Spielplatz“ abschaffen, die entsprechenden […]

Wenn Weidel Wagenknecht will

Kommentar von Markus Langemann Über Koalitionsphantasien, Pragmatismus und die Chance auf eine Lady-Legislatur Es gibt diese seltenen, kostbaren Momente in der Politik, da flackert plötzlich ein Hauch von Wahrheit auf – zwischen Nebelgranaten, Rhetorik und parteitaktischer Plattitüde. Es flackert. „Ich finde Wagenknecht und Weidel klasse. Gemeinsam in Regierungsverantwortung – das würde Deutschland guttun.“ Ein Satz, […]

Aktionstag schwarzer Humor.

von Peter Löcke // Am 25. Juni 2025 war es soweit. Der 12. Aktionstag gegen Hass und Hetze im Netz stand wortwörtlich vor der Tür. Pünktlich um 6 Uhr morgens klingelte und klopfte es konzertiert an deutschen Wohnungstüren. Bei der Terminauswahl zeigte der Staat schwarzen Humor, denn der 25. Juni ist gleichzeitig der Geburtstag von […]

Heise Telepolis

Demokratie in Bewegung: Wie sich das Wählerverhalten in Deutschland verändert

Immer weniger Menschen bleiben einer Partei treu. Was bedeutet das für die Parteien und die Demokratie in Deutschland?

Tomorrowland-Festival: Hauptbühne brennt zwei Tage vor Beginn nieder

Schock für Tomorrowland-Fans: Die Mainstage des belgischen Elektrofestivals wurde durch ein Feuer zerstört. Verletzt wurde niemand. Das Event soll trotzdem stattfinden.

Weniger ist mehr: Warum ethische Datenverarbeitung effizienter ist

Ethisches Datenmanagement schützt nicht nur Nutzer, sondern spart auch Energie. Experten erklären, wie es geht.

Geschlechtertrennung und Extremismus: Islam-Gruppe verliert Uni-Status

Die Uni Kiel entzieht einer islamischen Hochschulgruppe den offiziellen Status. Grund sind Vorfälle bei einer Aktionswoche im Mai. Den Verantwortlichen droht noch mehr.

Der Wels-Krimi vom Brombachsee: Wie ein Fischvater zum Staatsfeind wurde

Der Satiriker George Bernard Shaw hätte seine helle Freude an dem Trauerspiel in Bayern gehabt. Denn was folgte, war ein Paradebeispiel menschlicher Unvernunft.

Babyflaute in Deutschland: Geburtenrate erreicht neuen Tiefpunkt

Die Geburtenrate in Deutschland ist 2024 erneut gesunken. Allerdings hat sich der Rückgang deutlich verlangsamt. Die Gründe für den Trend sind vielfältig.

Report24.news

Studie macht “Chinas sauberere Luft” für die Klimaerwärmung verantwortlich

Mittlerweile ist vielen Wissenschaftlern klar, dass man dem CO2 in Sachen Klima zu viel Bedeutung zumisst. Eine neue Studie weist auf die Verbesserung der Luftqualität in China hin, was insbesondere im östlichen Asien zu mehr Erwärmung geführt habe. Die Beobachtungen decken sich auch mit anderen Studien.

Gleiche Herausforderungen: FPÖ-Favoriten und AfD-Landtagsklub Berlin arbeiten zusammen

Europäische Großstädte kämpfen mit ähnlichen Problemen: Im Zuge der illegalen Massenmigration werden die Straßen immer unsicherer. Die Zustände in Wien ähneln entsprechend jenen in Berlin. Die AfD und die FPÖ nehmen das zum Anlass einer verstärkten Zusammenarbeit: Am Dienstag schloss der Berliner Landtagsklub der AfD eine Kooperationsvereinbarung mit der FPÖ-Wien. Auch Favoritens Bezirksvorsteher-Stellvertreter Christian Schuch traf sich mit der AfD-Fraktion. Schuch betont: „Die AfD und die FPÖ eint das klare Ziel: Unsere Heimat darf keine No-Go-Zone werden!“

Wahlbeeinflussung: Britische Regierung bezahlte ausländische YouTuber für Propaganda

Erinnern Sie sich noch daran, wie Russland beschuldigt wurde, sich in die Wahlen in Rumänien eingemischt zu haben? Nun, dies basierte vor allem auf wilden Behauptungen ohne Belege. Anders sieht es mit der britischen Einflussnahme im Ausland - darunter in der Slowakei - aus. Der Wertewesten verbreitet selbst Propaganda und Desinformation zur Wahlbeeinflussung im Ausland.

Corona-Aufarbeitung: Südtiroler Landeshauptmann steht im Herbst vor Gericht

Jürgen Wirth Anderlan kämpft mit seiner Liste JWA in Südtirol unermüdlich für die Aufarbeitung der Corona-Politik. Doch auch in Südtirol wird widerständigen Kräften die Arbeit nicht leicht gemacht. Eine Strafanzeige gegen Landeshauptmann Arno Kompatscher sollte eigentlich archiviert werden - doch ein Richter lehnte den Antrag ab: Im September steht Kompatscher nun vor Gericht. Die Vorwürfe wiegen schwer: Sie reichen von der Verbreitung falscher, beunruhigender Nachrichten bis zu Betrug.

“ProtectEU” – Brüsseler Eurokraten planen Zugriff auf private Daten

Geht es nach den Brüsseler Eurokraten, soll es künftig umfassende behördliche Zugriffsrechte auf private Daten geben. Verschlüsselungstechnologien, wie beispielsweise VPN-Verbindungen, sollen dann von den Polizeibehörden einfach so geknackt werden dürfen. Doch das Missbrauchspotential ist riesig.

Die Kolumnisten

Global gerecht?

Das Weltrechtsprinzip im deutschen Recht und seine Schwierigkeiten. Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.

Weg mit dem C!

Kritik an der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte. Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.

Die Apologie des Pessimismus? Vergleichende Betrachtungen über Wendepunkte der Geschichte

Seit der russischen Annexion der Krim, vor allem aber seit dem von Putin am 24. Februar 2022 begonnenen Angriffskrieg gegen die Ukraine, verdüstert sich die Stimmung im Westen unentwegt. Man spricht zwar nicht vom „Ende der Geschichte“ wie Francis Fukuyama dies 1989 noch euphorisch verkündet hat, jedoch vom „Ende des Westens“. Dies vor allem nach dem erneuten Sieg Donald Trumps bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Die These vom „Ende des Westens“ ist aber nicht neu. Im Verlauf der letzten 100 Jahre wurde sie in den besonders dunklen Stunden der europäischen Geschichte immer wieder geäußert. Mit einigen solchen Phasen möchte ich mich in dieser Kolumne befassen. Von Leonid Luks.

Völkerrecht: Frieden durch Paragraphen?

Eine Kolumne über die noble Geburt, die brüchige Karriere und das paradoxe Leben des internationalen Rechts von Heinrich Schmitz.

Dobrindt und die Gewaltenteilung

Bundesinnenminister Dobrindt lässt Asylbewerber an den Grenzen zurückweisen. Dass das rechtswidirg ist, kümmert ihn nicht die Bohne. Gewaltenteilung interessiert ihn nicht. Legal, illegal, scheißegal? Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.

Rock’n’Roll Suicide – Notiz aus der Zwischenwelt

Hamburg: Wind, Nieselregen, die Frisur sitzt und auf der gegenüberliegenden Straßenseite ertönen alte Bowie-Songs. Die neue Hörmal-Kolumne von Ulf Kubanke.

Der nicht endende Kreuzzug gegens Rauchen oder …

... warum wird bei Tabak und Alkohol beharrlich mit zweierlei Maß gemessen? Eine Lasst-die-Raucher-in-Frieden-rauchen-Kolumne vom Nichtraucher Henning Hirsch.

Apolut • Jetzt erst recht!

Das Schreckgespenst einer russischen Invasion

Ein Auszug aus dem Buch »Geopolitik im Überblick« von Wolfgang Bittner.

Deutschland soll »kriegstüchtig« werden, und die Berliner Regierung hat astronomische Ausgaben für die Aufrüstung bereitgestellt. Denn angeblich will Russland nach der Ukraine Westeuropa erobern, auch wenn es daf&

Whistleblower statt Völkermörder bestrafen | Von Jochen Mitschka

Wenn jene verfolgt werden, welche staatliche Verbrechen offenlegen und Gräueltaten der Öffentlichkeit zugänglich machen, was die offiziellen Medien verweigerten, weiß man, dass alle Sonntagsreden über „Meinungsfreiheit“ gelogen waren. Denn ohne Wissen gibt es keine Freiheit der Meinung.

Der Hitzetod naht

Ein Meinungsbeitrag von Uwe Froschauer.

„Dürre in Deutschland so schlimm wie nie“, titelte die Bild. Es darf wieder einmal gelacht werden. Lachen ist gesund. Insofern unterstützen die Mainstreammedien alias Propagandaorgane der von Eliten instruierten Regierungen die Gesundheit der selbstdenkenden Bürger. Nur, einige

Kaja Kallas ist eines der größten Probleme der EU | Von Thomas Röper

Die EU-Chefdiplomatin wird für die EU immer mehr zum Problem, denn sie verprellt den globalen Süden, den die EU im Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte dringend braucht. 

ÖRR-Prüfung – Lackmustest für die Demokratie

Weshalb das Bundesverwaltungsgericht ein ganzes System prüfen muss

Kann der Öffentlich-rechtliche Rundfunk wieder echte Debatten ermöglichen? In Leipzig wird geprüft, ob er Meinungsvielfalt gewährleistet – trotz globaler Blockaden wie der UNO-Kontrolle über Informationsräume. Ist jetzt die Zeit

Warum eigentlich Krypto? Kayvan Soufi-Siavash und Paul Brandenburg

Egal was man von ihnen hält, ein schlagendes Argument spricht für Bitcoin & Co.: Sie halten freie Medien am Leben, egal wie sehr der Staatsterror eskaliert. Kayvan Soufi-Siavash und Paul Brandenburg erklären das Nötigste für absolute Anfänger.

Overton

Fall Peggy: Schützt die Polizei die potenziellen Täter?

Die Schmerzensgeldklage der Mutter wird derzeit vor dem Oberlandesgericht Bamberg verhandelt, lenkt aber vor allem von den offenen Fragen und den Manipulationen der Ermittler ab.

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EU-Sprachenrechte dürfen nicht „an einer deutschen Ablehnung scheitern“

In einem Offenen Brief an die Bundesregierung haben Professoren von deutschen Universitäten Bundeskanzler Merz aufgefordert, seine Blockadehaltung gegen den Antrag Spaniens aufzugeben, damit auch die katalanische Sprache EU-Amtssprache werden kann. Overton dokumentiert den Brief.

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Was ist mit den US-Demokraten los?

Was ist eigentlich in die US-Demokraten gefahren? Wie konnten sie nur ganze Wählerschichten verlieren?

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„Versöhnen muss man, leben nicht!“

Einzelne Menschen sind nicht machtlos. Sie können unendlich viel auf die Beine stellen, wenn sie von einem Anliegen beseelt sind. Der Bremer Stefan Semken hat Unfassbares  für die deutsch-russischen Beziehungen getan. Vor fünf Jahren, am 19. Juli 2020, starb er überraschend im Alter von 60 Jahren.

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Gefährliches Deutschland, schlafwandelndes Europa

Halb Europa fürchtete sich 1990 vor einem Deutschland, dass zusammengewachsen wieder gefährlich würde. 35 Jahre später vernimmt man in Deutschland Stimmen, die die neue Gefährlichkeit der Bundesrepublik stolz betonen.

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Frankreich: Tiefe Einschnitte ins Sozialsystem für Verdoppelung der Militärausgaben

Gerne behauptet der französische Präsident Macron, steigende Militärausgaben würden keine sozialen Einschnitte bedeuten. Der Ankündigung von Macron zum Nationalfeiertag, die Militärausgaben deutlich anzuheben, sekundierte dessen Regierungschef Bayrou am Dienstag mit der Ankündigung von noch drastischeren Sparplänen.

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Maja T. beendet Hungerstreik im ungarischen Gefängnis

Die in Ungarn inhaftiert Maja T. hat ihren Hungerstreik abgebrochen, nachdem sich ihr Gesundheitszustand dramatisch verschlechtert hat. Die Solidaritätsaktionen für ihre Rückführung nach Deutschland und damit die Umsetzung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gehen weiter.

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50-Tage-Ultimatum von Trump

Der US-Präsident droht mit einem totalen Wirtschaftskrieg gegen Russland und die BRICS-Staaten. Und die Bundesregierung erklärt sich bereit zur Konfrontation. Wird am 1. September wieder einmal „zurückgeschossen“? 

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Tapfer im Nirgendwo • Gerd Buurmann

Selenskyj und Trump

Im Rahmen der Beerdigung von Papst Franziskus haben sich Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj zu einem Gespräch getroffen, das von vielen Beobachtern als überraschend und unerwartet empfunden wurde. Aber ist das wirklich so überraschend? Am 26. April 2025 trafen sich … Weiterlesen

Seid ihr denn wahnsinnig?

„Schützen wir unsere Demokratie und stoppen wir Elon Musk! Seine Plattform X muss abgeschaltet werden.“ So steht es in einer Petition, die mittlerweile über 400.000 Personen unterzeichnet haben. Seid ihr denn wahnsinnig? Die größten Zensoren der Geschichte haben sich immer … Weiterlesen

Faktencheck zu Mark Zuckerberg und den Faktencheckern

Behauptung: Mark Zuckerberg hat für seine sozialen Meta-Netzwerke wie Facebook und Instagram die Faktenchecks abgeschafft, um Desinformation zu unterstützen. Faktencheck: Diese Aussage ist falsch! Im Gegenteil: Zuckerberg will Zensur verhindern und Meinungsfreiheit unterstützen. Die Faktenchecks werden nun lediglich demokratisiert. Am … Weiterlesen

Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann!

Der folgende Text erschien zum ersten Mal in der New York Sun am 21. September 1897 und wurde von Francis Pharcellus Church verfasst. Mit diesen wunderbaren Worten wünsche ich allen Leserinnen und Lesern eine frohe und gesegnete Weihnacht: „Mit Freude … Weiterlesen

BühnenMenschen

Gerd Buurmann zu Gast bei Pierre Schäfer.

Mathias Bröckers

Vergessene und angekündigte Kriege

In ihrer “Chronik eines angekündigten Kriegs” haben Marc Trachtenberg und Marcus Klöckner zusammengestellt, mit welchen  Schlagzeilen und Narrativen die deutsche Bevölkerung kriegsbereit und zahlungswillig gemacht wurde, um in der Ukraine gegen Russland zu kämpfen. Entstanden ist, so Michael Meyen in seiner Rezension, “ein einzigartiges Zeitdokument, in dem der Kriegsgegner Marcus Klöckner die allermeiste Zeit in...

Sommernotizen

Gestern feierten die Vereinigten Staaten ihren Idependence Day, die Unabhängigkeit vom Britischen Empire. Aber sind sie wirklich unabhängig, oder  – fragt Alex Krainer, – lassen sie sich, wenn es um Krieg geht,  etwa noch immer von der alten Kolonialmacht drangsalieren ? * 2017 schrieb ich hier über “Russiagate” als “Geburtsstunde der verrücktesten Verschwörungstheorie unserer Tage:...

Highway To Hell im Heiligen Land (3)

Wenn  dank Trumps “großartigen” Bombardements iranischer Nukleareinrichtungen diese jetzt “vollständig zerstört”  sind, sollte es eigentlich keinen Anlass mehr geben, das Land weiter mit Krieg und Sanktionen zu überziehen. Zumal das “Ja, aber..”, dass der Iran als  “Sponsor des internationalen Terrorismus”eine Bedrohung darstellt, von den Statistiken des US-Statedepartmernts selbst widerlegt wird: “Thirteen of the 14 Muslim...

Highway To Hell im Heiligen Land (2)

“Die Perser sind die Franzosen Asiens. Sie haben eine lebhafte Einbildungskraft, sprechen in blumiger Sprache, sind höflich, gefällig und haben eine Neigung zu einem verfeinerten Geschmack, jedoch ohne die Tiefe der Moralität, die man bei anderen Völkern findet.“ notierte 1798 Immanuel Kant in seiner”Anthropologie in pragmatischer Hinsicht”.  Wobei mein Assistent Grok  als “wichtig” hinzufügt: “Seine...

3. JT 118: DRECKSARBEIT

Schon wieder ein brutaler, unprovozierter Angriffskrieg – aber so darf man ihn nicht nennen, denn…Israel hat den Iran angegriffen und erledigt damit für uns die „Drecksarbeit“, nicht wahr? Aber geht es hier wirklich um eine iranische Atombombe oder einmal mehr um einen Regime Change? Und was bedeutet das für uns? Wie steht es um die...

Die Blaue Hand

Wer sind die Rothschilds?

Das unglaubliche Vermögen der Familie Rothschild Aufgrund der über 200-jährigen Konzerngeschichte mit ihren vielfältigen Verflechtungen, ist es nicht möglich, das Vermögen der Familie Rothschild exakt zu benennen. Fest steht, dass es weit über die genannten Bilanzsummen aus dem Bankengeschäft hinausgeht. Ein Schätzwert liegt bei einem Vermögen von mindestens 350 Milliarden Dollar. Ebenso ist ein Wert […]

Der Beitrag Wer sind die Rothschilds? erschien zuerst auf Die Blaue Hand.

Die Spielregeln des Lebens | Rüdiger Dahlke

Die Spielregeln des Lebens: Verändere Dein Schicksal und erkenne den Sinn des Lebens! Rüdiger Dahlke   Der Arzt und Bestsellerautor Dr. Rüdiger Dahlke spricht beim Welt im Wandel Kongress Klartext über Lebensprinzipien und die Schicksalsgesetze. Nichts lohnt mehr als das Erlernen der Gesetze des Lebens und die Anwendung in der richtigen Reihenfolge: Das Gesetz der […]

Der Beitrag Die Spielregeln des Lebens | Rüdiger Dahlke erschien zuerst auf Die Blaue Hand.

HARODIM – Nichts als die Wahrheit?

Die Neue Weltordnung: Die Filmindustrie zeigt uns diesmal die ganze Wahrheit uns tatsächlich alles. Das ist leider keine Verschwörungstheorie. Dieser Film lief nicht in deutschen Kinos, wohl aus Angst vor dem Erwachen.   Harodim — Nichts als die Wahrheit? ist ein österreichischer Thriller aus dem Jahr 2012 von Filmregisseur Paul Finelli. Kinostart war der 8. […]

Der Beitrag HARODIM – Nichts als die Wahrheit? erschien zuerst auf Die Blaue Hand.

Mittelmeer in Gefahr – Massentourismus, Überfischung, Umweltverschmutzung, Ölförderung und der Boom der Kreuzfahrtschiffe

„Das Mittelmeer ist in Gefahr: Massentourismus, Überfischung, Umweltverschmutzung, Ölförderung und der Boom der Kreuzfahrtschiffe bedrohen das Lieblingsferienziel vieler Europäer. Kann die Katastrophe um das größte Binnenmeer der Welt noch abgewendet werden? Eine Investigation – mitten in der Hochsaison, der Zeit der Exzesse.   Das Mittelmeer ruft in uns oft die schönsten Urlaubsgefühle in Erinnerung. Doch […]

Der Beitrag Mittelmeer in Gefahr – Massentourismus, Überfischung, Umweltverschmutzung, Ölförderung und der Boom der Kreuzfahrtschiffe erschien zuerst auf Die Blaue Hand.

Black Ops Coffee

Die Ökodiktatur – Wenn Klimaschutz zur neuen Unterdrückungsideologie wird

Sie kommen nicht mit Stiefeln und Uniform. Sie kommen mit Weltklimabericht und CO₂-Zähler. Sie reden nicht von Zwang, sondern von Verantwortung. Nicht von Verbot, sondern von Transformation. Und während du glaubst, du würdest die Welt retten, verlierst du Schritt für Schritt deine Freiheit. Willkommen in der neuen grünen Ordnung.Willkommen in der Ökodiktatur – dem vielleicht […]

Der Beitrag Die Ökodiktatur – Wenn Klimaschutz zur neuen Unterdrückungsideologie wird erschien zuerst auf Black Ops Coffee.

Demokratie als Theater – Wie wir zwischen Wahlkabine und Realität betrogen werden

Alle vier Jahre. Oder alle fünf. Je nach Land, je nach Ebene. Dann darfst du es wieder tun: dein Kreuz setzen. Eine Partei wählen. Deine Stimme abgeben. Und für einen kurzen Moment das Gefühl haben, dass du etwas bewirkst. Dass du „mitbestimmst“. Dass du Teil eines demokratischen Prozesses bist. Doch was passiert danach? Nach der […]

Der Beitrag Demokratie als Theater – Wie wir zwischen Wahlkabine und Realität betrogen werden erschien zuerst auf Black Ops Coffee.

Gender, Sprache & Identität – Wenn Wirklichkeit zum Konstrukt wird

Es beginnt mit Worten. Kleinen Veränderungen. Ein Sternchen hier, ein neues Pronomen da. Aus „Mann“ und „Frau“ wird „Menschen mit Penis“ oder „Personen mit Uterus“. Aus Sprache wird Kampfzone. Aus Biologie wird Meinung. Aus Wirklichkeit wird Erzählung. Was zunächst wie ein inklusiver Fortschritt aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als radikale Umdeutung der Realität. Eine, […]

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Von der Selbstoptimierung zur Selbstentfremdung – Der Mensch als Maschine

Es beginnt harmlos. Du willst ein bisschen produktiver werden, ein bisschen fokussierter, gesünder, disziplinierter. Du installierst eine App, stellst deine Ernährung um, planst deine Zeit effizienter. Alles im Namen der Verbesserung. Alles freiwillig. Alles scheinbar positiv. Doch irgendwann merkst du: Du funktionierst – aber du lebst nicht mehr. Denn was als Selbstverwirklichung begann, wird zur […]

Der Beitrag Von der Selbstoptimierung zur Selbstentfremdung – Der Mensch als Maschine erschien zuerst auf Black Ops Coffee.

Die stille Enteignung – Warum der Mittelstand bald Geschichte ist

Man hört keinen Knall. Kein Gesetz wird erlassen, das „Enteignung“ auf dem Titel trägt. Kein Politiker würde offen sagen, was wirklich geschieht. Und doch findet sie statt – die systematische, schleichende Enteignung des Mittelstands. Nicht über Nacht. Nicht mit Gewalt. Sondern langsam, durch bürokratische Erschöpfung, steuerliche Strangulation und wirtschaftspolitische Entwurzelung. Es ist ein Prozess, der […]

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Leichte
Gebrauchsspuren

Jürgen Fritz

Die Atmosphäre im Oval Office erinnert uns an kommunistische Gerichtssäle

(Dokumentation, 04.03.2025) Der ehemalige polnische Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa hat einen Brief an Donald Trump verfasst, der von 38 weiteren ehemaligen politischen Gefangenen des kommunistischen Regimes in Polen mitunterzeichnet wurde. Sie alle verurteilen die Behandlung von Wolodymyr Selenskyj und der Ukraine durch den US-Präsidenten.

Warum der NGO-Sumpf komplett trockengelegt werden muss

(Jürgen Fritz, 04.03.2025) Die Trockenlegung des NGO-Sumpfes ist die transzendentale Bedingung der Möglichkeit der Demokratie. Und Ähnliches gilt für die Massenmedien, vor allem den ÖRR, der grundlegend reformiert und herunter gestutzt oder völlig eingestampft werden muss, falls nicht mehr reformierbar. Denn...

Trump hat kein Interesse am Kriegsende, ihm geht es um gute Beziehungen zu Putin

(Jürgen Fritz, 04.03.2025) Michael McFaul, Professor für Politikwissenschaft, US-Botschafter in Russland 2012-2014, schreibt: "Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Trump jemals wirklich daran interessiert gewesen wäre, ein Ende des Krieges in der Ukraine zu vermitteln. Er möchte seine Beziehung zu Putin wieder in Gang bringen. Das ist sein Schwerpunkt."

Anschlag in Mannheim: Fahrer rast mit Auto in Menschenmenge

(Jürgen Fritz, 03.03.2025) Gegen 12:15 Uhr ist ein Mann vermutlich absichtlich mit einem Ford Fiesta im Zentrum Mannheims in eine Menschenmenge gerast. Es gibt viele Verletzte. Innenminister Strobl bestätigte, dass es mindestens zwei Todesfälle gibt. Der Tatverdächtige soll sich bei der Festnahme mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben.

Geplant oder aus dem Ruder gelaufen? Wie es zu dem Eklat im Weißen Haus kam

(Jürgen Fritz, 02.03.2025) Nach dem Eklat im Oval Office zwischen US-Präsident Donald Trump, Vizepräsident JD Vance und dem Präsidenten der Ukraine Wolodymyr Selenskyj fragten sich viele, wie es möglich war, dass diese gemeinsame Pressekonferenz derart eskalieren konnte. Zwei Erklärungsansätze konkurrieren miteinander.

Cora Stephan

Wir Untertanen.

&nbsp;Reden wir mal nicht über das Versagen der Bundes- und Landesregierungen, einzelner Minister, der Frau Kanzler. Dazu ist im Grunde alles gesagt: der Umgang mit der Coronakrise und erst recht die Impfstrategie sind ein Trauerspiel für ein Land, das man einst rühmte für seine Effizienz. Und nun? Nichts klappt. Sehen wir es positiv: im Zuge unserer Mutation zu einer Gefühlskultur haben wir

Die Stimme der Provinz: Weniger Rindviecher!

&nbsp;Seit Wochen machen sich Bauern aus allen Ecken der Republik auf, dieseln mit ihren Traktoren nach Berlin und hupen vor dem Kanzleramt. Unterstützung erhalten sie von Berlinern, die wärmende Getränke und was zu essen vorbeibringen. Nur in den Qualitätsmedien kommen sie nicht vor. Kein Thema? Dabei wird aus Frankreich, der Schweiz und den USA schon lange gemeldet, was auch für uns gelten

50 Jahre dressierter Mann: Über Esther Vilar

&nbsp;Wer ist unterdrückt und müsste dringend befreit werden? Der dressierte Mann. Und das könnte er eigentlich seit 50 Jahren wissen.Wenn man sich antut, was radikalfeministische Mädels neuerdings so alles in die Welt blasen, fragt man sich, warum Männer noch immer nicht begreifen wollen, dass die kleine Frau auch eine reißende Hyäne sein kann. Sie seien alt, weiß, toxisch, Abfall und gehören

Die Stimme der Provinz: Die verdammte Heimat

&nbsp;Heimat! Ach. Wohl dem, der eine hat, hieß es einst. Verdammt lang her.Heute sprechen Misstrauische lieber von „Heimatt“ oder bekennen vorsorglich: „Eure Heimat ist unser Albtraum.“ Zu deren Beruhigung: Davon, dass wir in Deutschland ein „Heimatministerium“ haben, merkt man nicht viel. Und manch ein Siedlungsgebiet bekennt sich schon auf dem Ortsschild einfühlend zu bunter Weltoffenheit,

Die Stimme der Provinz: Was tun! Mit den Händen.

&nbsp;Was tun? Was tun! Das ist die Lingua Franca auf dem Land. Respekt verdient, wer etwas tut – mit den Händen. Nicht, wer etwas meint oder behauptet, dies oder jenes zu sein. Es ist das Tun, das verbindet.Und das gilt auch für Zäune. Auch Zäune verbinden. So jedenfalls war das bei uns, als R. 1993 unser Grundstück umzäunte, das seit Jahren keine klar ersichtliche Kontur hatte. Es war lange

Monika Hausammann • Frank Jordan

Weltformel als Ziel

Die Meldung, dass das Schweizer Gesundheitspersonal sich in einem offenen Brief an die Regierung wendet mit der Forderung, einen nationalen Klima-, Gesundheits- und Umweltnotstand auszurufen, lässt aufhorchen. Nicht nur, seien die Angehörigen der Gesundheitsberufe täglich mit den Folgen der Klimakrise konfrontiert, heisst es in dem Schreiben, Corona sei ausserdem ein Vorbote neuer klimabedingten Gesundheitskatastrophen. Ja … Weltformel als Ziel weiterlesen

Ideen sind stärker als Dogmen

Von Robert Nef Meine in der heutigen NZZ abgedruckte unbeliebte und provokative These der relativen Unvereinbarkeit von Freiheitsprinzip und Mehrheitsprinzip stützt sich auf Erfahrungen und auf einen kleinen und kaum beachteten Nebensatz des grossen und pessimistischen liberalen Staatsrechtslehrers Zaccaria Giacometti, den ich leider als akademischen Lehrer nicht mehr erlebt habe. „Die Frage nach der Demokratie … Ideen sind stärker als Dogmen weiterlesen

Nominalwert-Fetischismus

Von Clemens Schmale (Godmode Trader) Unlängst veröffentlichte die US-Notenbank die neusten Zahlen zum Vermögen der USA. Alle Sektoren gehören dazu, ob Privathaushalte, Unternehmen oder der Staat. Die Bilanz des Staates ist so rot wie man es sich vorstellt. Das Nettovermögen des US-Staates liegt bei -28 Billionen Dollar. Die Rechnung, die von der Notenbank angestellt wird, ist … Nominalwert-Fetischismus weiterlesen

Expertengremium der US-Gesundheitsbehörde lehnt Booster-Impfung mit grosser Mehrheit ab

in Expertengremium der US-Arzneimittelbehörde FDA hat nach einer mehr als achtstündigen Sitzung mit 16 zu 2 Stimmen einen umfassenderen Antrag auf Genehmigung von Auffrischungsdosen des Pfizer-Impfstoffs für alle Personen ab 16 Jahren sechs Monate nach einer vollständigen Durchimpfung abgelehnt. Die Mitglieder des Gremiums äußerten Zweifel an der Sicherheit einer Auffrischungsdosis bei jüngeren Erwachsenen und Jugendlichen und beklagten den Mangel … Expertengremium der US-Gesundheitsbehörde lehnt Booster-Impfung mit grosser Mehrheit ab weiterlesen

Lymphozyten laufen Amok

Auf einer Pressekonferenz stellten heute zwei erfahrene Pathologen ihre Untersuchungen von zehn Todesfällen vor, die im Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen stehen. Sie waren erstaunt über die Ergebnisse. Professor Arne Burkhardt und Professor Walter Lang, die heute auf einer Pressekonferenz ihre Ergebnisse präsentierten, sind beide langjährig erfahrene Pathologen. Burkhardt leitete 18 Jahre lang das Pathologische Institut in Reutlingen, Lang … Lymphozyten laufen Amok weiterlesen

Die Freiheit des Einzelnen endet…ja wo eigentlich?

Wie könnte ein liberaler Umgang mit einem Virus aussehen? Von Olivier Kessler Wer die exklusive Vergabe von Grundrechten an Geimpfte befürwortet, begründet dies oft damit, dass die Freiheit des Einzelnen nun einmal dort ende, wo die Freiheit des Anderen beginne. Diese Binsenweisheit verdeutlicht richtigerweise, dass die individuelle Freiheit nicht grenzenlos sein kann. Doch ist dieses … Die Freiheit des Einzelnen endet…ja wo eigentlich? weiterlesen

Sozialismen aller Couleur…

Von Carlos A. Gebauer Wer interessiert ist, im Selbststudium etwas über historische Kontinuitäten und historische Brüche zu erfahren, dem empfehle ich stets, das „Kommunistische Manifest“ von 1848 und den „25-Punkte-Plan“ der Nationalsozialisten von 1920 nebeneinander zu legen. Hat man dort die Parallelen einerseits und die Unterschiede andererseits farblich markiert, ergibt sich ein erster Eindruck. Egal … Sozialismen aller Couleur… weiterlesen

No Treason

Von Lysander Spooner Jeder Mensch, der einer „Regierung“ (so genannt) Geld in die Hände legt, legt ihr ein Schwert in die Hand, das gegen ihn selbst eingesetzt wird, um noch mehr Geld von ihm zu erpressen und zugleich, um ihn seinem willkürlichen Willen zu unterwerfen. Mehrheiten als solche bieten keine Garantien für Gerechtigkeit. Sie sind … No Treason weiterlesen

Ramin Peymani • Liberale Warte

Welt ohne Vernunft: Wird man den Wahnsinn unserer Zeit jemals verstehen?

Liebe Leser, nach 640 Beiträgen in diesem Blog leite ich meine heutige Kolumne mal mit einem ganz besonderen Dank an Sie ein. Es gäbe die Liberale Warte ohne Sie längst nicht mehr. Seit über einem Jahrzehnt geben Sie mir die nötige Kraft, den Finger in die Wunde zu legen, unbequeme

The Deal: Ein beklemmender Blick in eine nicht mehr ferne Zukunft

Am Wochenende war ich zu einer Welturaufführung eingeladen. In Anwesenheit der Hauptdarstellerin konnte ich den zum ersten Mal gezeigten Film „The Deal“ sehen. Die nur unzureichend mit dem Genre Science Fiction beschriebene Geschichte lässt mich seither nicht mehr los. Handelt es sich bei dem Meisterwerk der Produzenten von „Independence Day“

Die Farce von Turin: Ein geschenkter Sieg ohne Gewinner, aber mit vielen Verlierern

Es war eine Farce mit Ansage. Wochenlang hatten es die Spatzen bereits von den Dächern gepfiffen, und niemand konnte ernsthaft daran zweifeln, dass es beim europaweiten Sängertreffen diesmal nur noch um die Frage ging, wer den Rest des Feldes hinter der Ukraine anführen würde. Nie zuvor ist der Eurovision Song

Hungrig im Bunker: Mein Interview mit dem Europäischen Institut für Klima und Energie

Liebe Leser, heute gibt es von mir an dieser Stelle einen Link auf ein am Wochenende erschienenes Interview bei den Kollegen von EIKE, die sich mit Themen der Umwelt-, Klima- und Energiepolitik sowie einer Reihe anderer gesellschaftlicher Fragen auseinandersetzen und dabei die gängigen Dogmen immer wieder detailliert und kenntnisreich widerlegen.

Hinter Gittern: Warum Boris Becker besser in die Politik gegangen wäre

Es war der 7. Juli 1985. Völlig überraschend hatte es ein 17-Jähriger ins Wimbledon-Finale geschafft und gewann das vielleicht bedeutendste Tennisturnier der Welt. Für das deutsche Tennis begann eine neue Zeitrechnung. Wimbledon sollte fortan sein Wohnzimmer sein und er kürte sich dort noch zwei weitere Male zum Sieger. „Ich wäre

Giuseppe Gracia

Wenn Israel fällt, fällt auch der Westen

Warum der Antisemitismus uns alle bedroht Seit 3000 Jahren gibt es kein Volk, das so gehasst wurde wie die Juden. Giuseppe Gracia zeigt, warum Judenhass keine Ideologie braucht, um zu überleben, warum er scheinbar gegensätzliche extreme Gruppen verbindet und warum der Kampf gegen ihn ein Kampf um die Seele des Westens ist.

Das Einstehen für Israel ist in Deutschland sehr schwach

Schuler! Fragen was ist (28.01.2025) Der Publizist Giuseppe Garcia schreibt u.a. monatlich für das Feuilleton der NZZ, war Gastautor bei Focus Online und Welt, ausserdem ist er Kolumnist beim Schweizer Blick. Sein aktueller Roman «Auslöschung» ist Gesellschaftskritik und Liebesgeschichte zugleich, angelegt in einer politisch brisanten Komposition. Im Interview bei «Schuler! Fragen, was ist» erklärt er,...

Sterben in der High-Tech-Erstickungsmaschine darf nicht zur Normalität werden: Es wäre eine Niederlage des Menschlichen

Die Sterbekapsel Sarco zwingt zum Nachdenken: In einer Gesellschaft, die Suizid zu einer Sache der Effizienz macht, kann man nicht würdevoll leben. Giuseppe Gracia, Nzz.ch, 13.08.2024 In der Schweiz ist der assistierte Suizid legal, wenn er nicht aus eigennützigen Motiven erfolgt. In den letzten Jahren haben die Gerichte auch in Deutschland und Österreich Beihilfe zum...

Antisemitismus existiert seit der Antike. Was ist die Wurzel des Judenhasses?

Die «Neidtheorie» und andere Erklärungsmodelle bieten nur lückenhafte Erklärungen für Antisemitismus. Vielleicht liegt die Ursache tiefer: Der Wunsch nach Auslöschung der Juden hängt mit dem Wunsch zusammen, den Gott der Bibel auszulöschen, der die Juden zum auserwählten Volk gemacht hat. Giuseppe Gracia, Nzz.ch, 03.07.2024 Nie in der Menschheitsgeschichte waren die Juden etwas anderes als eine...

«Die Ohnmacht bei Mobbing macht mich wütend»

Der Autor Giuseppe Gracia über sein neues Buch, seine Radiosendung und 28 Jahre Glück Jede Woche stellen wir Ostschweizer Kulturschaffenden sieben Fragen und wollen wissen: Was macht sie wütend? Wann hassen sie ihren Beruf? Was machen sie in zehn Jahren? Heute mit dem St.Galler Autor Giuseppe Gracia, dessen neuer Roman «Auslöschung» am 1. Februar erscheint....